Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Dr. Müller, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirigent Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei).
Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium).
Dr. Ehard erklärt einleitend, daß heute wohl die Beratungen über den Entwurf der Gemeindeordnung abgeschlossen werden könnten. Zunächst halte er es für zweckmäßig, den bisherigen Art. 18 (nunmehr Art. 19) vorweg zu behandeln, der Gemeindeentscheid und Gemeindebegehren festlege.
MinisterpräsidentDr. Hoegner weist darauf hin, daß der Landtag am 27. Januar 1949 ohne Gegenstimme beschlossen habe, wichtige Gemeindeangelegenheiten der Entscheidung der Gemeindebürger zu unterstellen.2
Stv. MinisterpräsidentDr. Nerreter hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen Art. 19 aufrecht.
StaatssekretärDer Ministerrat beschließt mit Mehrheit, Art. 19 in der vorliegenden Form zuzustimmen.
Dr. Hoegner fährt fort, außerdem stehe noch Art. 17 (bisher Art. 16) zur Debatte, in dem die Wahl des ersten Bürgermeisters geregelt werde. Bekanntlich habe sich der Senat dafür ausgesprochen, die bisherige Regelung nach dem Gesetz von 1948 beizubehalten,3 wonach in Gemeinden über 10000 Einwohner die Wahl des ersten Bürgermeisters durch den Gemeinderat zu erfolgen habe.
Stv. MinisterpräsidentDer Ministerrat beschließt zunächst mit Mehrheit, der Bestimmung des Entwurfs, wonach in allen Gemeinden neben dem Gemeinderat auch der erste Bürgermeister durch die Gemeindebürger zu wählen sei, nicht zuzustimmen.
Abschließend wird die Frage erörtert, ob man an der alten Regelung festhalten oder die Grenze für die Wahl des ersten Bürgermeisters durch die Gemeindebürger auf 20000 Einwohner erhöhen solle.
Der Ministerrat beschließt einstimmig, Art. 17 Abs. 1 folgende Fassung zu geben:
„(1) Die Gemeindebürger wählen den Gemeinderat, in Gemeinden bis zu 20000 Einwohnern auch den ersten Bürgermeister.“
Dr. Nerreter weist sodann darauf hin, daß in Verbindung mit Art. 17 auch Art. 35 (bisher Art. 33) zu betrachten sei, in welcher Bestimmung zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Bürgermeistern unterschieden werde.
StaatssekretärNach eingehender Aussprache beschließt der Ministerrat einstimmig, Art. 35 Abs. 1 wie folgt zu fassen:
„(1) Der erste Bürgermeister wird in Gemeinden bis zu 20000 Einwohnern in ehrenamtlicher, in anderen Gemeinden in ehrenamtlicher oder hauptamtlicher Eigenschaft gewählt. In Gemeinden über 20000 Einwohnern wählt den ersten Bürgermeister der Gemeinderat. Dieser entscheidet in solchen Gemeinden auch darüber, ob der erste Bürgermeister ehrenamtlich oder hauptamtlich sein soll. Die Amtszeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters entspricht der Wahlzeit des Gemeinderats; die Amtszeit hauptamtlicher Bürgermeister beträgt sechs Jahre.“
Dr. Ehard erklärt daraufhin die Beratungen über die Gemeindeordnung für abgeschlossen und sichert zu, den jetzt endgültigen Entwurf sofort dem Landtag zuzuleiten.
MinisterpräsidentDr. Hoegner macht darauf aufmerksam, daß die Begründung erst bis Anfang nächster Woche fertiggestellt werden könne. Er halte es aber trotzdem für richtig, den Entwurf sofort dem Landtag zu übergeben und dabei zu erwähnen, daß die Begründung sobald als möglich nachgereicht werde.4
Stv. MinisterpräsidentDr. Oechsle weist darauf hin, daß Anfang September der Vermittlungsausschuß dieses Gesetz beraten werde; er bitte darum, ihn mit der Vertretung im Vermittlungsausschuß zu beauftragen, da es sich hier um eine für die bayerische Arbeitsverwaltung außerordentlich wichtige Angelegenheit handle.
StaatsministerDr. Ehard schlägt vor, zunächst zu prüfen, ob es möglich sei, Herrn Staatsminister Dr. Oechsle für diesen einen Fall als Vertreter im Vermittlungsausschuß zu benennen. Man müsse vorsichtig sein, da an sich nur ein zweimaliger Wechsel bei den ständigen Vertretern der Länder zugelassen sei.6
MinisterpräsidentDr. Hoegner erkundigt sich, ob Bayern die Möglichkeit habe, einen Einfluß auf die Besetzung des Präsidentenpostens der Bundesbahndirektion München auszuüben, der jetzt nach der Pensionierung des Herrn Präsidenten Rosenhaupt7 unbesetzt sei. Gegebenenfalls sei es wohl notwendig, sich darüber klar zu werden, wen man als Nachfolger vorschlagen wolle. Soviel er gehört habe, käme insbesondere der Präsident der Direktion Nürnberg, Herr Dr. Fischl,8 in Betracht.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard erwidert, er habe wiederholt mit dem Bundesverkehrsministerium über diese Frage gesprochen und erst kürzlich einen Brief an Bundesminister Seebohm9 geschrieben, auf den er aber noch keine Antwort erhalten habe. Präsident Fischl sei von einer Reihe von Seiten vorgeschlagen worden. Sobald er eine Antwort aus Bonn erhalten habe, werde er das Kabinett unterrichten.
MinisterpräsidentDr. Oechsle führt aus, bekanntlich seien die Jugendausbildungsstätten der IRO in Ingolstadt auf den bayerischen Staat übertragen worden, bisher habe man aber noch keinen gemeinnützigen Träger dafür gefunden. In letzter Zeit bemühe sich nun die Stadt Ingolstadt selbst darum, die Trägerschaft zu übernehmen, was er auch für zweckmäßig halte.11 Nun höre er aber, daß Herr Staatssekretär Dr. Oberländer, der heute leider nicht anwesend sei, beabsichtige, die ganzen Einrichtungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft zu übertragen, ein Plan, gegen den er Einspruch erheben müsse.12
StaatsministerDr. Hoegner erwidert, er habe von dieser Absicht noch keine Kenntnis gehabt und halte gleichfalls eine Übertragung auf die Landsmannschaft nicht für möglich, eine Auffassung, die auch von Herrn Staatsminister Zietsch geteilt wird.13
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Der Ministerrat beschließt, die Angelegenheit bis zur Rückkehr des Herrn Staatssekretärs Dr. Oberländer zurückzustellen.Dr. Seidel erklärt, er halte es für wirtschaftlich untragbar, wenn man, wie z.B. jetzt in Garmisch, Kasernen räume und an Ort und Stelle wieder Wohnblocks errichte, nachdem dort keinerlei Arbeitsmöglichkeiten vorhanden seien. Herr Staatssekretär Dr. Oberländer habe sicher dafür Verständnis, daß in solchen Fällen Wohnungen nur in Orten mit entsprechender Industrie oder sonstigen Arbeitsplätzen errichtet würden. Die Schwierigkeit bestehe aber darin, daß die Gemeinden die Bauten bei sich verlangten. Das Wirtschaftsministerium werde von der Landesplanung her diese Dinge an das Innenministerium herantragen, da sonst die Gelegenheit für eine vernünftige Planung verpaßt werde.
StaatsministerDr. Guthsmuths stimmt zu und betont, daß noch 380000 qm freier Arbeitsraum in Bayern zur Verfügung seien, man brauche deshalb keine Fabriken, sondern lediglich Wohnungen für Arbeitnehmer zu errichten.
StaatssekretärDr. Seidel fährt fort, das Wirtschaftsministerium habe der Obersten Baubehörde eine Karte mit allen Standorten von Industrien gegeben, bei denen Wohnsiedlungen entstehen sollten. Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths werde von der Landesplanungsbehörde aus mit dem Ministerium des Innern und der Obersten Baubehörde verhandeln; wenn kein Erfolg erzielt werden könne, müsse er die Sache nochmals vor den Ministerrat bringen.16
Staatsminister