Die bayerischen Ministerpräsidenten

Fritz Schäffer (1888-1967)

Fritz Schäffer (1888–1967) | Bundesarchiv Bild 183/R 94916

Fritz Schäffer wurde am 12. Mai 1888 in München geboren. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München und Teilnahme am Ersten Weltkrieg trat er 1917 in den bayerischen Verwaltungsdienst ein. Er begann seine Laufbahn zunächst im Innenministerium, wurde 1918 Bezirksamtsassessor in Kelheim, von 1920 bis 1931 war er Regierungsrat, dann Oberregierungsrat im bayerischen Kultusministerium. Von 1931 bis 1933 amtierte Schäffer als Staatsrat und Leiter des Finanzministeriums der geschäftsführenden Regierung des Ministerpräidenten Heinrich Held (BVP).

Daneben war Fritz Schäffer von 1920 bis 1933 Landtagsabgeordneter der Bayerischen Volkspartei (BVP) und zählte zu den profiliertesten Nachwuchspolitikern der Partei, die er von 1929 bis 1933 auch als Vorsitzender führte. Als Parteipolitiker kann Schäffer dem rechten, konservativeren Flügel des politischen Katholizismus der Weimarer Zeit zugerechnet werden: mit einer gleichzeitig nationalen wie ausgeprägt bayerisch-föderalistischen Grundhaltung und dezidiert etatistischen politischen Ordnungsvorstellungen; auch monarchistische Positionen waren ihm nicht fremd. Über die bayerischen Landesgrenzen hinaus bekannt wurde er im Laufe der Reichsreformdebatte in den späten 1920er Jahren, die sich um die fiskalischen und staatsrechtlichen Beziehungen zwischen Reich und Ländern drehte und in der Schäffer pointiert für eine föderale Umgestaltung des Reich-Länder-Verhältnisses eintrat.

Trotz seiner grundsätzlichen weltanschaulichen Gegnerschaft zum Nationalsozialismus gehörte Schäffer 1932/33 demjenigen Flügel der BVP an, der nach den Wahlerfolgen der NSDAP diese auf dem Verhandlungswege in eine parlamentarische Regierungslösung einzubinden versuchte. Aber auch Fritz Schäffer wurde nach der „Machtergreifung“ 1933 aus dem Staatsdienst entlassen und kurzzeitig in Stadelheim inhaftiert. Nach dem 20. Juli 1944 kam es zur erneuten Verhaftung und Internierung im Konzentrationslager Dachau vom 24. August bis zum 8. Oktober. Während der NS-Herrschaft war Schäffer als Rechtsanwalt – vornehmlich als Vertreter kirchlicher Einrichtungen – in München tätig.

Am 28. Mai 1945 wurde Fitz Schäffer von der amerikanischen Besatzungsmacht und auf Empfehlung des Münchner Kardinals Michael Faulhaber als erster bayerischer Ministerpräsident der Nachkriegszeit eingesetzt. Bereits am 28. September jedoch kam es zur Amtsenthebung durch die Amerikaner. Ursächlich war hier vor allem die aus Sicht der Besatzungsmacht unzureichende Kooperationsbereitschaft Schäffers bei der Entnazifizierung wie auch der Ruch des „Militaristen und Nationalisten“, der Fritz Schäffer in den Augen der Amerikaner aus seiner Zeit als BVP-Politiker anhing. Für die Zeit vom 24. April 1946 bis zum 26. Januar 1948 verhängte die Militärregierung ein politisches Betätigungsverbot.

Vor dem Betätigungsverbot gehörte Fritz Schäffer zum Gründerkreis der Christlich-Sozialen Union (CSU) in Bayern und amtierte kurzzeitig als Vorsitzender des CSU-Bezirksverbandes München. Im Zuge der innerparteilichen Auseinandersetzungen in der jungen CSU und mit einem schwebenden Parteiausschlußverfahren konfrontiert, verließ Schäffer am 14. September 1948 die Partei, trat vor der Bundestagswahl 1949 jedoch wieder in die CSU ein und vertrat von 1949 bis 1961 den Wahlkreis Passau als Abgeordneter des Deutschen Bundestages, kurzzeitig war er 1949 auch Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag. In den ersten beiden Legislaturperioden (1949-1957) gehörte er dem Kabinett unter Bundeskanzler Adenauer als Bundesfinanzminister an, in der dritten Legislaturperiode von 1957 bis 1961 war Schäffer Bundesjustizminister.

Fritz Schäffer verstarb am 29. März 1967 in Berchtesgaden.

Deutsche Biographie

Wilhelm Hoegner (1887-1980)

Wilhelm Hoegner (1997-1980)

Wilhelm Hoegner wurde am 23. September 1887 in München geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Berlin, München und Erlangen, der Promotion zum Dr. jur. im Jahre 1911 und der Ablegung der beiden Staatsexamina 1914 und 1917 war Hoegner zunächst kurz als Rechtsanwalt tätig. Am Ersten Weltkrieg hatte er aus gesundheitlichen Gründen nicht teilgenommen. Zum 1. Mai 1920 trat Hoegner in die bayerische Justizverwaltung ein, 1925 wurde er Amtsrichter, 1929 Zweiter Staatsanwalt und am 1. Januar 1933 Landgerichtsrat in München.

Im Jahre 1919 war Wilhelm Hoegner in die SPD eingetreten, für die er von 1924 bis 1933 als Abgeordneter im Bayerischen Landtag, von 1930 bis 1933 auch im Reichstag saß.

Die Landtagsarbeit Wilhelm Hoegners stand von Anbeginn im Zeichen des Kampfes gegen den Nationalsozialismus. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Bayerischen Landtags im Jahre 1924 zur Aufarbeitung des Hitler-Putsches und des Hitler-Prozesses ging wesentlich auf die Initiative Hoegners zurück. Die mageren Ergebnisse und stark beschönigenden Tendenzen des offiziellen Untersuchungsberichts veranlaßten ihn zur anonymen Veröffentlichung einer dokumentarischen Gegendarstellung. Hierin attestierte Hoegner der bayerischen Justiz im Umgang mit Hitler ein Rechtsversagen, ja einen eindeutigen Rechtsbruch und klagte die mannigfachen engen Verflechtungen zwischen Militär, bayerischer Polizei, Justiz und dem politischen Rechtsextremismus an. Nachdem Wilhelm Hoegner auch in seiner vielbeachteten ersten Rede als Reichstagsabgeordneter am 18. Oktober 1930 eine direkte und scharfe Auseinandersetzung mit der NSDAP geführt und am 23. März 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, geriet er nach der „Machtergreifung“ von 1933 umgehend ins Visier der Nationalsozialisten. Ab dem 9. März 1933 per Haftbefehl gesucht, lebte Hoegner zunächst im Untergrund und gelangte nach der Flucht aus München im Juli 1933 zunächst nach Österreich und im Februar 1934 ins schweizerische Exil.

Das basisdemokratische und föderale politische System der Schweiz vor Augen, legte der Exilant die politischen und verfassungsrechtlichen Fundamente für die Neuorganisation der bayerischen Staatlichkeit für die Zeit nach dem Ende der NS-Herrschaft. In engem Kontakt zu früheren Weimarer Politikern, zu amerikanischen Geheimdienstkreisen oder zu dem ebenfalls emigrierten Münchener Staatsrechtler Hans Nawiasky fertigte Hoegner zur künftigen Verwendung im Nachkriegsdeutschland zahlreiche verfassungsrechtliche Expertisen an. Für den früheren Reichskanzler Heinrich Brüning erarbeitete Hoegner 1939/40 den Entwurf einer neuen Reichsverfassung, und für die Amerikaner skizzierte er 1943 Pläne für eine künftige Neugestaltung eines föderalen Deutschland. Im Exil wandelte sich Hoegner – unter Abkehr vom Paradigma des historischen Materialismus – vom Verfechter der unitaristischen Einheitsstaates hin zum überzeugten Föderalisten.

Am 6. Juni 1945 kehrte Hoegner nach München zurück und wurde von Ministerpräsident Schäffer umgehend mit dem Wiederaufbau der bayerischen Justiz beauftragt – zunächst ohne Besoldung. Daher erfolgte im September rückwirkend zum 15. Juni die Ernennung zum Senatspräsidenten am Oberlandesgericht München. Seit August 1946 war Hoegner als Honorarprofessor für Bayerisches Verfassungsrecht an der Universität München tätig.

Am 28. September 1945 folgte Hoegner dem von der Militärregierung entlassenen Fritz Schäffer als Bayerischer Ministerpräsident, seit dem 9. Oktober 1946 war er zugleich auch Justizminister. Nach der Wahl des ersten bayerischen Nachkriegslandtags am 1. Dezember 1946 und der Bildung der Regierung Ehard I am 21. Dezember 1946 gehörte er dem Kabinett bis zum Austritt der SPD aus der großen Koalition am 20. September 1947 als Justizminister an. Nach erneuter Tätigkeit als Senatspräsident am Oberlandesgericht München und der Ernennung zum Staatsrat und Generalstaatsanwalt beim Bayerischen Obersten Landesgericht am 1. Juli 1948 war Hoegner von 1950 bis 1954 im Kabinett Ehard III, einer Neuauflage der großen Koalition, bayerischer Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident. Als nach den Landtagswahlen 1954 die Viererkoalition aus SPD, Bayernpartei, FDP und dem Gesamtdeutschen Block/Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten zustandekam und die CSU in die Opposition gehen mußte, wurde Hoegner vom 14. Dezember 1954 bis zum 16. Oktober 1957 zum zweiten Male Ministerpräsident.

Wilhelm Hoegner gilt als der zentrale Verfassungsvater des Freistaates. In kürzester Zeit hatte er 1946 den „Vorentwurf einer Verfassung des Volksstaates Bayern“ verfaßt, der zur Grundlage der Beratungen wurde – zunächst im Vorbereitenden Verfassungsausschuß, in dem Hoegner den Vorsitz führte, dann in der Verfassunggebenden Landesversammlung und deren Verfassungsausschuß, denen Hoegner ebenfalls angehörte. Elemente der Bayerischen Verfassung, die unmittelbar Hoegners Initiative entspringen, sind beispielsweise die Betonung der Eigenstaatlichkeit Bayerns durch Festlegung der bayerischen Staatsfarben oder die Schaffung einer bayerische Staatsbürgerschaft – zu welcher allerdings kein Ausführungsgesetz erlassen wurde –, die Einführung des basisdemokratischen Volksentscheids, die Festigung der Stellung und Eigenständigkeit der Gemeinden, die Verankerung der Umweltschutzes und der Bewahrung der Naturschönheiten Bayerns, die verfassungsmäßige Garantie der Rechte der Kirchen, aber auch – moderate – planwirtschaftliche und sozialistische Ideen.

Hoegner gehörte von 1946 bis 1970 als Abgeordneter des Wahlkreises Burghausen-Altötting dem Bayerischen Landtag an, in den Jahren 1958 bis 1962 war er Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, von 1958 bis 1970 stellvertretender Landtagspräsident; kurzzeitig war er 1961/62 auch Mitglied des Deutschen Bundestages.1946/47 – bis zum gegen seinen Willen erfolgten Austritt der SPD aus der Regierungskoalition – war Hoegner SPD-Landesvorsitzender in Bayern, 1958 bis 1967 einer der beiden stellvertretenden Parteivorsitzenden. Innerhalb der Bundes-SPD spielte Wilhelm Hoegner stets eine Sonderrolle: die organisatorische Unabhängigkeit, in die er die bayerische SPD geführt hatte, sein bayerischer Eigensinn, seine föderalistische Grundüberzeugung wie auch seine pragmatische Koalitionspolitik in Bayern waren der SPD-Parteizentrale in Hannover höchst suspekt, in der Bundespartei konnte – und wollte – Hoegner keine zentralen Posten besetzen.

Wilhelm Hoegner verstarb am 5. März 1980 in München.

Deutsche Biographie

Hans Ehard (1887-1980)

Hans Ehard (1887–1980) | Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abteilung V, Bildersammlung

Hans Ehard wurde am 10. November 1887 in Bamberg geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg und München, juristischem Prädikatsexamen und der Promotion zum Dr. jur. im Jahre 1912 nahm Ehard von 1914 und 1918 am Ersten Weltkrieg teil, im Anschluß an die Große Juristische Staatsprüfung 1919 trat er in den bayerischen Justizdienst ein. Ehard fand zunächst u.a. Verwendung am Landgericht München, wo er in den Jahren 1923/24 als zweiter Staatsanwalt am Hitler-Prozeß beteiligt war. In der Folge war Ehard ausschließlich im Justizministerium tätig; hier wurde er rasch befördert – 1926 zum Landgerichtsrat, 1928 zum Oberregierungsrat, 1931 war er der jüngste Ministerialrat in der bayerischen Staatsverwaltung. Während der Zeit im Justizministerium wurde Hans Ehard von 1925 bis 1928 nach Berlin abgeordnet, wo er als Sachverständiger an dem Projekt der Strafrechtsreform des Reichsjustizministeriums beteiligt war. Nicht zuletzt durch diese Tätigkeit gewann Ehard tiefe Einblicke in die Föderalismusproblematik der Weimarer Republik, diese Eindrücke sollten sein politisches Denken nach 1945 nachhaltig prägen.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten schied Ehard auf eigenen Antrag hin aus dem Justizministerium aus und wurde bis zum Kriegsende Senatspräsident am Oberlandesgericht München. Ehard, der von 1919 bis 1933 Mitglied der Bayerischen Volkspartei gewesen war, vermochte während seiner Amtszeit als Richter am Oberlandesgericht eine NSDAP-Mitgliedschaft zu vermeiden, wurde allerdings 1937 Vorsitzender des Erbhofgerichts München und 1942 Vorsitzender des Deutschen Ärztegerichtshofs. Im März 1946 wurde er im Spruchkammerverfahren als vom Befreiungsgesetz nicht betroffen eingestuft.

Als letzter im Amt belassener Senatspräsident am Oberlandesgericht erhielt Ehard zunächst von den Amerikanern, dann von Ministerpräsident Fritz Schäffer den Auftrag, die bayerische Justizverwaltung wieder aufzubauen. Im ersten Kabinett des SPD-Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner (22.10.1945 bis 21.12.1946) wurde Hans Ehard zum Staatssekretär im Justizministerium berufen.

Als Mitglied des Vorbereitenden Verfassungsausschusses sowie als zentrales Mitglied des Verfassungsausschusses der Verfassunggebenden Landesversammlung war Ehard maßgeblich an der Ausarbeitung der Bayerischen Verfassung vom 8. Dezember 1946 beteiligt.

1945 schloß sich Ehard der CSU an, ohne jedoch zum engeren Gründungskreis zu gehören und ohne in der Folge aktiv höhere Parteiämter anzustreben. Am 28. Mai 1949 allerdings übernahm er bis zum 18. Dezember 1954 den Parteivorsitz – als Kompromißkandidat zwischen den verfeindeten Parteiflügeln um Josef Müller auf der einen und Alois Hundhammer und Fritz Schäffer auf der anderen Seite und nicht zuletzt auf Drängen von Konrad Adenauer, der aus Sorge um eine künftige bürgerliche Mehrheit im Bundestag ein Auseinanderbrechen der CSU verhindern wollte.

Von 1946 bis 1954 amtierte Hans Ehard als Bayerischer Ministerpräsident. Zunächst als Chef einer großen Koalition aus CSU, SPD und Wirtschaftlicher Aufbau-Vereinigung (WAV), seit September 1947 als Ministerpräsident einer reinen CSU-Regierung und seit Dezember 1950 wieder einer großen Koalition, die Ehard gegen die Option einer Koalition aus CSU und Bayernpartei und gegenüber erheblichen parteiinternen Widerständen durchgesetzt hatte. Als Ministerpräsident leitete Ehard kurzzeitig und formell auch noch das Landwirtschaftsministerium (1948), das Finanzministerium (1950) und das Verkehrsministerium (1951/52).

Das Hauptverdienst des Ministerpräsidenten Hans Ehard liegt in seinem nachhaltigen Beitrag zur föderalen Ausgestaltung der bundesrepublikanischen Staatsordnung. Es waren die Initiative und die Mitwirkung Ehards, durch die der Bundesrat als Verfassungsorgan im Grundgesetz verankert wurde, und es ging auch auf die Intervention des Ministerpräsidenten Hans Ehard zurück, daß die Ablehnung des Grundgesetzes durch den Bayerischen Landtag im Mai 1949 an die gleichzeitige Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit der neuen Verfassung gekoppelt wurde. Die gesamte Amtszeit Ehards nach 1949 war dann von dem steten Bestreben geprägt, den Freistaat nach den Erschütterungen durch Nationalsozialismus und Weltkrieg zu konsolidieren und gleichzeitig unter stetem Verweis auf föderalistische Prinzipien die Eigenständigkeit Bayerns zu bewahren, Mitwirkungsrechte in Bundesangelegenheiten zu erlangen und gleichzeitig zentralstaatliche Bestrebungen und den kontinuierlich wachsenden Kompetenz- und Machtansprüchen aus Bonn entgegenzutreten. In den Jahren 1950 und 1961 hatte Ehard das Amt des Bundesratspräsidenten inne.

Noch einmal, in den Jahren 1960 bis 1961, übernahm Hans Ehard nach dem Rücktritt des schwer erkrankten Ministerpräsidenten Hanns Seidel, das Ministerpräsidentenamt. Im ersten Kabinett Goppel (11.12.1962 bis 5.12.1966) war Ehard Justizminister.

Hans Ehard gehörte dem Bayerischen Landtag von 1946 bis 1966 als Abgeordneter des Stimmkreises Bamberg-Stadt an. Von 1954 bis 1957, als die CSU von der Viererkoalition unter dem Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner auf die Oppositionsbänke verwiesen worden war, amtierte er als Landtagspräsident.

Hans Ehard verstarb am 18. Oktober 1980 in München.

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