Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Wirtschaftsminister Dr. Seidel.
I. Neuregelung der Lehrer- und Richterbesoldung. II. Aufstellung des ao. Haushalts 1954. III. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes. IV. Beschluß des Bayer. Senats vom 22.7.1953 betreffend Abgrenzung der Zuständigkeiten der Staatsministerien des Innern und der Finanzen in Finanzausgleichsfragen. V. Landesjugendplan. VI. Gesetz über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener. VII. Entnazifizierungsschlußgesetz. VIII. Entwurf eines Vergnügungssteuergesetzes. IX. Bundesratsangelegenheiten. X. Lawinenunglück im Kleinen Walsertal.
Zu Beginn der Sitzung teilt Ministerpräsident Dr. Ehard mit, daß Herr Staatsminister Dr. Seidel am 8. Februar 1954 an der Gallenblase operiert worden sei. Wie er von den Ärzten gehört habe, sei die Operation befriedigend verlaufen.
Dr. Ehard verweist auf den vom Staatsministerium der Finanzen jetzt vorgelegten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Lehrer- und Richterbesoldung), sowie auf die Denkschrift über die Neuregelung der Lehrer- und Richterbesoldung.2 Offenbar sei jetzt auch eine Einigung zwischen den Staatsministerien der Justiz und der Finanzen hinsichtlich der Richterbesoldung zustande gekommen.
MinisterpräsidentDr. Brenner äußert Bedenken gegen die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Regelung der Lehrerbesoldung, insoweit die Zulagen nur widerruflich und nichtruhegehaltsfähig seien.
StaatssekretärDr. Ringelmann begründet diese Regelung und betont, daß ein Vergleich mit anderen Ländern nicht gezogen werden könne, weil dort völlig andere Besoldungsordnungen bestünden.
StaatssekretärDr. Schwalber erklärt, auch er könne dem Entwurf nicht ohne ernste Vorbehalte zustimmen. Insbesondere bleibe er bei den Volksschullehrern soweit hinter den Regelungen anderer Länder zurück, daß niemand damit zufrieden sein werde; andererseits würden die Lehrer an den höheren Lehranstalten in einer fast übertriebenen Weise berücksichtigt.
StaatsministerWas die Denkschrift betreffe, so könne er dieser nicht zustimmen, insbesondere was ihren Ton betreffe, der die Lehrer verstimmen müsse. Es sei ein so starker Gegensatz zwischen der Stellung der Lehrer und der der gehobenen Beamten vorhanden, daß politische Vorwürfe kaum zu vermeiden seien.
Dr. Ehard wirft ein, er habe diesen Gesetzentwurf zweimal wegen der noch fehlenden Übereinstimmung hinsichtlich der Richterbesoldung zurückgestellt und sich dabei jedesmal erkundigt, ob hinsichtlich der Lehrer keine Schwierigkeiten mehr auftreten könnten. Dabei sei stets ausdrücklich erklärt worden, hier sei alles zufriedenstellend geregelt; heute habe es nun den Anschein, als ob wieder von vorne angefangen werden müsse.
MinisterpräsidentDr. Schwalber erwidert, die Denkschrift sei ihm gestern erst zugestellt worden.
StaatsministerZietsch führt aus, die Denkschrift habe nur das Staatsministerium der Finanzen herausgegeben, das wohl wisse, daß politische Schwierigkeiten kaum zu umgehen seien. Bei den Forderungen komme es nicht so sehr auf die notwendigen Beträge an, sondern darauf, daß mit überhöhten Wünschen das gesamte Besoldungsgefüge ins Wanken gerate. Er stehe nicht an, die Denkschrift zu unterschreiben, die klar und deutlich die tatsächlichen Verhältnisse schildere und sei auch bereit, sie mit den Interessenten zu diskutieren.
StaatsministerDr. Hoegner bedauert, daß der Entwurf des Finanzministeriums vorzeitig bekanntgeworden sei und eine entsprechende Reaktion hervorgerufen habe. Jetzt heiße es bereits, der Bayerische Staat besolde die Lehrer am schlechtesten von allen Ländern der Bundesrepublik. Damit sei zu befürchten, daß auch der Landtag entsprechende Wünsche äußern werde. Sei es nicht möglich, sich nach Baden-Württemberg zu richten, das offenbar eine vernünftige und sparsame Ordnung eingeführt habe?
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard bedauert nochmals, daß entgegen den bisherigen Erklärungen noch keine Einigung zustande gekommen sei.
MinisterpräsidentDr. Brenner bemerkt, die Referenten des Kultusministeriums hätten zwar verhandelt, sich aber nicht einigen können, weil die Vertreter des Finanzministeriums in keiner Weise nachgegeben hätten.
StaatssekretärDr. Ehard stellt fest, daß es kaum einen Sinn habe, sich heute weiter zu unterhalten, am besten wäre es, den Punkt abzusetzen und ihn erst wieder zu erörtern, wenn ein Übereinkommen erzielt sei.
MinisterpräsidentZietsch und Staatssekretär Dr. Ringelmann erklären, das Finanzministerium habe sich bei der Abfassung der Denkschrift genau an die Beschlüsse des Ministerrats gehalten. Dabei sei man sich einig gewesen, daß das Schwergewicht auf die Oberlehrerstellen3 gelegt werden solle.
StaatsministerZietsch fügt hinzu, er sei durchaus bereit, die Verantwortung für die Denkschrift allein zu übernehmen.
StaatsministerDr. Ehard wendet ein, bei den überaus schwierigen Haushaltsberatungen müsse im Ministerrat Klarheit geschaffen werden. Es gehe seiner Meinung nach nicht an, daß sich in einer so wichtigen Sache das Staatsministerium für Unterricht und Kultus vom Finanzministerium distanziere.
MinisterpräsidentDr. Nerreter äußert sein Erstaunen, daß heute diese Schwierigkeiten aufgetreten seien, nachdem in den letzten Sitzungen nur mehr von der Richterbesoldung die Rede gewesen sei und jedermann die Frage der Lehrerbesoldung als erledigt habe betrachten müssen.
StaatssekretärDr. Schwalber entgegnet, der Unterschied in der Behandlung der Volksschullehrer und der Lehrer an den höheren Schulen sei ihm bisher nicht bekannt gewesen.
StaatsministerDr. Brenner meint, daß eine Einigung zu erzielen sei, allerdings enthalte die Denkschrift eine Reihe sachlicher Ungerechtigkeiten, die abgeändert werden müßten.
StaatssekretärStaatsminister Zietsch stellt fest, daß es sich vor allem4 um den Gesetzentwurf handle, der in allen Einzelheiten abgesprochen worden sei, während er nichts dagegen habe, die Denkschrift wieder zurückzuziehen.
Dr. Ehard stimmt zu und empfiehlt, zunächst einmal eine Abgleichung. hinsichtlich des Entwurfs zu erzielen. Man befinde sich anscheinend heute in der Lage, daß die Beschlüsse vom 22. Dezember 1953 wieder in Frage gestellt würden, obwohl sie in dem Entwurf schon enthalten seien. Offenbar beanstande das Staatsministerium für Unterricht und Kultus, daß die Vorlage überhaupt unbefriedigend sei und insbesondere die Lehrer der höheren Schule im Verhältnis zu den Volksschullehrern zu sehr begünstige.
MinisterpräsidentDr. Schwalber entgegnet, in erster Linie müsse er sich dagegen wenden, daß die Volksschullehrer zu schlecht eingestuft seien. Er halte es nicht für gut, in solch schwierigen Fragen nur die Personalreferenten verhandeln zu lassen.
StaatsministerDr. Ringelmann betont, er habe sich von Anfang an eingeschaltet und alle Einzelheiten mitgeprüft.
StaatssekretärSenat zur gutachtlichen Stellungnahme zuzuleiten, damit der Senat dann unabhängig sein Urteil abgeben könne. Offenbar sei jetzt im Landtag die Stimmung zu Gunsten der Lehrerverbände umgeschlagen, weil die Denkschrift, auf welche Weise sei ihm unbekannt, vorzeitig bekannt geworden sei.
Es sei doch beabsichtigt gewesen, die Denkschrift mit dem Entwurf demDr. Schwalber erklärt sich bereit, sich mit dem Finanzministerium auseinanderzusetzen und genaue Formulierungsvorschläge zu machen.
StaatsministerDr. Ehard wiederholt seine Auffassung, daß das Finanzministerium nicht allein die Verantwortung übernehmen könne und ersucht nach Möglichkeit, schon heute zu einem Ergebnis zu kommen.
MinisterpräsidentDr. Schwalber erwidert, er sei bereit, die Denkschrift nochmals zu besprechen, er glaube aber, daß die Frage der Lehrerbesoldung heute nicht abgeschlossen werden könne.
StaatsministerDr. Brenner sei er darüber überrascht gewesen, daß die Zulagen als widerruflich und nichtruhegehaltsfähig bezeichnet würden.
Am besten sei es wohl, die Denkschrift zunächst überhaupt nicht zu veröffentlichen, wenn nicht eine völlige Übereinstimmung zu erzielen sei. Ebenso wie Herr StaatssekretärZietsch sichert zu, den Versuch zu machen, eine andere Formulierung zu finden.
StaatsministerVorbereitungen bis dahin noch nicht abgeschlossen seien, müsse jedoch eine Sondersitzung vereinbart werden.
Der Ministerrat beschließt, die Lehrerbesoldung auf die Tagesordnung der nächsten Ministerratssitzung vom 16. Februar 1954 zu setzen. Wenn dieDr. Ehard geht dann zu der Frage der Richterbesoldung über und erkundigt sich, ob hier tatsächlich das Einvernehmen hergestellt sei.
MinisterpräsidentWeinkamm bejaht diese Frage, während Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, das Staatsministerium des Innern trage Bedenken, daß jetzt nicht nur die Hälfte sondern alle bisher in Besoldungsgruppe A 2 b eingestuften Amtsgerichtsdirektoren, Landgerichtsdirektoren, Oberstaatsanwälte und Oberlandesgerichtsräte in die Besoldungsgruppe A 1 b gehoben werden sollten. Auch gegen die Zulage von 600 DM bei den Richtern in Besoldungsgruppe A 1 b bestünden Bedenken, wie überhaupt festgestellt werden müsse, daß jetzt die Justiz gegenüber der inneren Verwaltung begünstigt werde.
StaatsministerZietsch meint, als Chef der Finanzverwaltung müsse er sich eigentlich diesen Bedenken anschließen.
StaatsministerDr. Schwalber stellt fest, daß das Finanzministerium offenbar in den Fällen nachgegeben habe, wo es sich nur um wenige Stellen handle, also haushaltsmäßig keine allzu große Belastung zu erwarten sei.
StaatsministerDr. Ringelmann erwidert, der Hauptgrund für die Hebung aller in A 2 b eingestuften Beamten in A 1 b sei der, daß es mißlich sei, in einem Senat verschieden eingestufte Rechter zu haben.
StaatssekretärWeinkamm fügt hinzu, auch das Staatsministerium der Justiz habe nachgegeben, z.B. hinsichtlich der Stellenzulage von 300 DM für Oberamtsrichter und 1. Staatsanwälte.
StaatsministerDr. Nerreter stellt fest, bei der Justiz und bei der inneren Verwaltung wäre der gleiche Prozentsatz den gehobenen Stellen erreicht worden, wenn nur – wie ursprünglich vorgesehen – die Hälfte der Stellen nach A 2 b gehoben worden wären.
StaatssekretärWeinkamm unterstreicht die Tatsache, daß bisher das Besoldungsgefüge zweifellos zu Ungunsten der Justiz verschoben gewesen sei und jetzt erst wieder in Ordnung komme. 29% aller Beamten hätten bisher überhaupt nicht befördert werden können, er empfehle dringend, es bei der jetzigen Regelung zu belassen und bitte den Herrn Staatsminister des Innern, seine Bedenken zurückzuziehen.
StaatsministerDr. Ehard schlägt vor, diesen Punkt abzuschließen und keine Änderungen mehr vorzunehmen.
Auch MinisterpräsidentDr. Oechsle erklärt, bei der Sozialgerichtsbarkeit sehe es gleichfalls nicht günstig aus. Er bitte, ihm hier entgegenzukommen und die Hebung von einigen Planstellen zu genehmigen.
StaatsministerZietsch ersucht Herrn Staatsminister Dr. Oechsle, seine Referenten mit entsprechenden Vorschlägen, die dann geprüft werden könnten, in das Finanzministerium zu schicken.
StaatsministerMinisterpräsident Dr. Ehard faßt die bisherige Aussprache dann in folgenden Punkten zusammen:
1. Die Lehrerbesoldung wird am nächsten Dienstag oder in einer Sondersitzung nochmals besprochen.
2. Die Denkschrift über die Neuregelung der Lehrer- und Richerbesoldung wird dann vorgelegt, wenn alle beteiligten Ressorts damit einverstanden sind.
3. Kann die Richterbesoldung nach den jetzt abgeschlossenen Vereinbarungen zwischen den Staatsministerien der Justiz und der Finanzen abgeschlossen werden?
Dr. Nerreter regt an, auch die Frage der Richterbesoldung zurückzustellen, damit die von Herrn Staatsminister Dr. Hoegner vorgebrachten Gesichtspunkte noch schriftlich mitgeteilt und geprüft werden können.
StaatssekretärDr. Ehard bittet dringend, sämtliche etwa noch zu machenden Einwendungen bis zur nächsten Sitzung mitzuteilen und sich dabei auf das Notwendigste zu beschränken.
MinisterpräsidentEr schlage also vor, den ganzen Fragenkomplex auf die Tagesordnung der Sitzung vom Dienstag, den 16. Februar 1954 zu setzen, wobei er hoffe, daß bis dahin das gesamte Material zusammengestellt werden könne. Wenn dies nicht möglich sei, müsse eben dann im Laufe der nächsten Woche, vielleicht am Dienstag Abend, eine Sondersitzung abgehalten werden. Dabei bitte er, etwaige Einwendungen rechtzeitig allen Mitgliedern des Kabinetts zugänglich zu machen.
5
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Zietsch führt aus, die Beratungen der Banken über die Höhe der aufzulegenden Staatsanleihe hätten das Ergebnis gebracht, daß es sehr schwierig sein werde, einen Betrag von 200 Millionen DM auf einmal unterzubringen, zumal in diesen Tagen auch Anleihen verschiedener Länder und Industrie-Anleihen auf den Kapitalmarkt kämen. Trotzdem sei das Finanzministerium der Meinung, daß die geplante Anleihe von 200 Millionen DM auf einmal aufgelegt werden müsse, da eine Teilung in zwei Tranchen von je 100 Millionen noch weniger zweckmäßig sei.
StaatsministerVor der heutigen Beratung des ao. Haushalts müsse er mit Nachdruck darauf hinweisen, daß jeder Gedanke, über 200 Mio DM hinauszugehen, aufgegeben werden müsse.
Auf Frage von Staatsminister Dr. Oechsle erwidert Staatsminister Zietsch, die Anleihe werde mit 7½% verzinst werden, einen Ausgabekurs von 98% und einen Rückzahlkurs von 103% haben; unter Umständen könnten sich diese Zahlen auf 97 bezw. 102 verringern. Vorgesehen seien ferner fünf tilgungsfreie Jahre, dann werde die Tilgung mit 10 oder 12½% beginnen, so daß die durchschnittliche Laufzeit etwa 13 Jahre betrage. Nach Meinung der Banken würde mit einer Provision von 2½% durchzukommen sein. Es handle sich hier also um die üblichen Bedingungen, mehr sei keinesfalls zu erreichen.
Dr. Nerreter erklärt, in der gestrigen Sitzung der CSU-Fraktion sei der ao. Haushalt beraten worden. Dabei habe man insbesondere die Tatsache erörtert, daß bei einer Anleihe von 200 Mio DM der Betrag von 50 Mio DM für den Straßenneubau nicht zum Zuge kommen werde. Man sei von der Überlegung ausgegangen, daß hiefür 30 Mio DM im ordentlichen Haushalt und von einer Anleihe von 100 Mio DM 50 Mio DM für das Jahr 1954 sowie weitere 50 Mio DM für das Jahr 1955 bereitgestellt werden könnten.
StaatssekretärZietsch verweist auf die der Note des Finanzministeriums vom 30. Januar 1954 beigelegte Übersicht, welche die drei Alternativen aufzeigt, die sich bei einer Anleihe von 100 bezw. 150 oder 200 Mio DM ergäben.7 Die Aufteilung richte sich nach der bisher üblichen Reihenfolge, es bleibe natürlich dem Ministerrat unbenommen, die Beträge auszuwechseln und beispielsweise den sozialen Wohnungsbau zugunsten des Straßen-Neubaues zu kürzen.
StaatsministerDr. Nerreter fährt fort, wenn die beantragten 50 Mio DM für den Straßen-Neubau nicht berücksichtigt würden, so blieben lediglich 20 Mio DM im ao. und 4,7 Mio DM im o. Haushalt übrig. In der Fraktion sei außerdem beklagt worden, daß bei der Wasserversorgung 10 Mio DM nicht mehr zum Zuge kämen, ferner daß von den beantragten 7,4 Mio DM für den Hochbau in der inneren Verwaltung nur mehr 4,2 Mio DM vorgesehen seien, also eine Reihe von Baumaßnahmen eingestellt werden müßten.
StaatssekretärDr. Ehard stellt fest, daß wohl von einer Anleihe von 200 Mio DM ausgegangen werden müsse. Es handle sich also nur noch darum, die vom Staatsministerium der Finanzen vorgeschlagene Aufteilung dieses Betrages entweder zu genehmigen oder zugunsten einzelner Ansätze zu verbessern.
MinisterpräsidentDr. Schwalber weist darauf hin, daß in seinem Ressort für Hochbaumaßnahmen 6,7 Mio DM wegfallen würden, er stelle deshalb die Frage, ob im kommenden Haushaltsjahr im Woge der Sonderfinanzierung ein gewisser Ausgleich geschaffen werden könne.
StaatsministerZietsch erwidert, dies sei nicht mehr möglich.
StaatsministerEr empfehle, dem Landtag zu erklären, die Aufteilung sei genau überlegt, eine Diskussion sei höchstens noch über einzelne Posten möglich, nicht mehr aber über das Gesamtvolumen von 200 Mio DM.
Dr. Ehard stellt daraufhin die verschiedenen Anforderungen der Ressorts zusammen und kommt dabei zu einem Ergebnis von 216 Mio DM.
MinisterpräsidentZietsch erläutert die Begründung zu dem Entwurf eines vorläufigen Kreditermächtigungsgesetzes 1954, in der die Verteilung im einzelnen vorgenommen sei.8
StaatsministerU.a. seien für den Verwaltungshochbau insgesamt 20,7 Mio DM vorgesehen. Wenn man diesen Betrag erhöhen wolle, müßten andere Posten gekürzt werden. Er mache aber darauf aufmerksam, daß bei einer ganzen Reihe von Beträgen, wie z.B. dem sozialen Wohnungsbau Bundesmittel zur Verfügung stünden, denen der bayerische Staat entsprechende Beträge entgegensetzen müsse.
Dr. Schwalber bedauert es, daß im Bereich des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus eine Reihe von Bauten, z.B. Schulen, Kliniken, Staatsbibliothek usw., eingestellt werden müßten und befürchtet starke Widerstände im Landtag.
StaatsministerDr. Schlögl erkundigt sich, ob nicht doch eine Möglichkeit bestehe, die Anleihe auf 250 Mio DM zu erhöhen und damit wenigstens den Straßenbau zu sichern.
StaatsministerZietsch entgegnet, dies sei ausgeschlossen, zumal Bayern bei seinem ao. Haushalt ganz allein auf sich angewiesen sei. Es sei völlig vergeblich zu versuchen, mehr als 200 Mio DM zu erreichen; die Banken gingen schon bei diesem Betrag kaum mehr mit, da der Kapitalmarkt zur sehr stark beansprucht sei. Er halte es auch nicht für vertretbar, durch die Aufnahme einer zu hohen Anleihe die nächste Regierung zu zwingen, überhaupt auf einen ao. Haushalt zu verzichten. Auf die Frage des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle könne er mitteilen, daß die Quoten, welche die einzelnen Banken übernehmen sollten, noch nicht vereinbart seien.
StaatsministerStaatsminister Dr. Oechsle bemerkt, auch von der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge gehe ein gewisser Teil an den Straßenbau.
Zietsch bestätigt dies und stellt fest, daß in den Mitteln für die Instandsetzung von Straßen auch erhebliche Beträge für Neubauten enthalten seien. Insgesamt handle es sich um etwa 80 Mio DM, so daß nach Abzug der Personalkosten usw. etwa 70 Mio DM verbaut werden könnten, natürlich auch für den Straßen-Neubau.
StaatsministerDr. Nerreter entgegnet, für Unterhaltung stünden 41,7, für Neubau nur 4,7 Mio DM zur Verfügung.
StaatssekretärWeinkamm kommt dann auf die Mittel für den sozialen Wohnungsbau in Höhe von 50 Mio DM zu sprechen. Es handle sich doch hier um Darlehen, die auf dem Umweg über die Landesbodenkreditanstalt ausgegeben würden, wobei dieser Bank die Rückflüsse zur Verfügung gestellt würden, die dann wieder ausgegeben werden könnten.
StaatsministerDr. Ringelmann wirft ein, die Rückflüsse beliefen sich auf etwa 5,2 Mio DM.
StaatssekretärWeinkamm fährt fort, damit sei das 50-Millionen-Programm in Wirklichkeit um etwa 5 Mio DM überschritten.
StaatsministerDr. Hoegner bemerkt, die 5,2 Mio DM würden für Zwecke verwendet, die sonst überhaupt nicht befriedigt werden könnten.
Stv. MinisterpräsidentWeinkamm stellt die Frage, ob nicht jedenfalls die 50 Mio DM in irgendeiner Form an die Landesbodenkreditanstalt zurückkämen. Es handle sich doch hier um Grundstocksvermögen. Die Darlehen, die ausgegeben würden, flössen zurück, sie würden Kapital der Landesbodenkreditanstalt, die im Eigentum des Staates stehe.
StaatsministerDr. Ringelmann erwidert, was die 50 Mio DM betreffe, so flössen diese in 30 Jahren zurück; die Landesbodenkreditanstalt sei nur Durchleitungsstelle, sie könne kein Vermögen ansammeln.
StaatssekretärZietsch meint, wenn die Rückflüsse sehr zunähmen, könne man vielleicht in einigen Jahren sagen, die Bank müsse diese Beträge abliefern, die daunn für die Tilgung des entsprechenden Anteils an der Anleihe verwendet werden könnten.
StaatsministerDr. Ehard stellt fest, daß die Beratung zu keinem Erfolg führen könne, wenn man nicht die Anleihe auf 300 Mio DM erhöhen wolle. Man müsse aber doch wohl von 200 Mio DM ausgehen, was ja immerhin schon ein Zugeständnis des Finanzministeriums sei, nachdem dieses eigentlich ¼ der Anleihe für die Konsolidierung von Schatzwechseln usw. habe verwenden wollen. Er bitte, die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 8. Februar, insbesondere die Begründung zum vorläufigen Kreditermächtigungsgesetz 1954 zu prüfen und ihm bis zur nächsten Ministerratssitzung mitzuteilen, in welcher Art und Weise die Aufteilung verbessert werden könne.
MinisterpräsidentStaatsminister Zietsch bittet heute noch um eine Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Anleihe, da diese jetzt sehr rasch aufgelegt worden müsse.
Der Ministerrat beschließt folgendes:
1. die Staatsanleihe auf 200 Mio DM zu beschränken und
2. die Verteilung in der Ministerratssitzung vom 16. Februar vorzunehmen.
Zietsch macht noch darauf aufmerksam, daß der Entwurf des Kreditermächtigungsgesetzes auch erst im nächsten Ministerrat verabschiedet werden könne, nachdem sich die Begründung unter Umständen noch ändere. Im übrigen sei Art. 4 falsch gefaßt; hier müsse ein bestimmter Tag für das Inkrafttreten des Gesetzes festgelegt werden.9
StaatsministerBayer. Staatsbank noch in dieser Woche mitteilen kann, daß die endgültige Höhe der Anleihe 200 Mio DM ausmache.
Abschließend erklärt sich der Ministerrat damit einverstanden, daß der Herr Staatsminister der Finanzen dem Banken-Konsortium unter der Federführung derDr. Oechsle erkundigt sich, ob man die Anleihe nicht mit einer Prämienverlosung außtatten könne, um sie leichter unterzubringen?
StaatsministerZietsch antwortet, die Finanzminister hätten ausdrücklich vereinbart, keine ihrer etwaigen Anleihen mit günstigeren Bedingungen auszustatten.10
StaatsministerWeinkamm führt aus, durch die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Regelung solle die Möglichkeit eröffnet werden, auch richterliche Beamte bei vorzeitiger Dienstunfähigkeit zwangsweise in den Ruhestand zu versetzen, was nach dem derzeitigen Recht nicht möglich gewesen sei. Die Angelegenheit sei eilig, da durch den Entwurf ein zur Zeit schwebender Fall erledigt worden müsse.
StaatsministerDr. Nerreter erkundigt sich, ob nicht der Einwand gebracht werden könne, daß durch die geplante Regelung die richterliche Unabhängigkeit gefährdet werde.
StaatssekretärWeinkamm verneint dies und macht darauf aufmerksam, daß auch die Ruhestandsversetzung nur auf Grund eines richterlichen Urteils erfolge.
StaatsministerDr. Ehard empfiehlt, den Entwurf nicht in Artikel, sondern in Paragraphen einzuteilen, da das zu ändernde Gesetz in Artikel gegliedert sei.
MinisterpräsidentStaatsminister Weinkamm erklärt sich damit einverstanden.
12
Der Ministerrat beschließt, dem Entwurf mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die Artikel durch Paragraphen ersetzt werden.Dr. Hoegner erinnert an die Besprechung dieser Angelegenheit im Ministerrat vom 26. Januar 1954 und erkundigt sich, ob das Staatsministerium der Finanzen seine Stellungnahme bereits abgeben könne.
Stv. MinisterpräsidentZietsch antwortet, er habe in dieser Sache an den Herrn Ministerpräsidenten geschrieben.14 Inzwischen habe sich Herr Abg. Eberhard15 dazu geäußert.16 Es müßten nun noch einige Fragen mit den kommunalen Spitzenverbänden geklärt werden.17 Bis dahin wolle sein Ministerium noch keine Äußerung abgeben.18
StaatsministerDr. Nerreter fügt hinzu, Herr Abg. Eberhard habe offenbar die Befürchtung, daß die Vereinbarungen mit den Spitzenverbänden hinsichtlich des Finanzausgleichs in irgendeiner Form berührt werden könnten, eine Befürchtung, die aber keineswegs begründet sei.
StaatssekretärZietsch betont noch, Herr Eberhard habe im Namen der Spitzenverbände gesprochen, was Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner veranlaßt, zu erklären, ihm sei von einem Auftrag der Spitzenverbände in dieser Hinsicht nichts bekannt.
Staatsminister19
Der Ministerrat vereinbart, die Frage der Zuständigkeitsabgrenzung auf die Tagesordnung der nächsten Ministerratssitzung zu setzen.Dr. Hoegner teilt mit, Herr Staatssekretär Dr. Nerreter und er hätten in der Ministerratssitzung vom 26. Januar 1954 dem neuen Landesjugendplan zugestimmt. Dabei sei aber übersehen worden, daß noch ein Ansatz für den Ausbau von Sondereinrichtungen der Jugendfürsorge hätte gefordert werden müssen, wofür ursprünglich ein Betrag von 880 000 DM genannt worden sei. Auf den Betrag von 500 000 DM, der für die Neuerrichtung des Landesjugendhofs Weihersmühle bestimmt gewesen sei,21 könne verzichtet worden, dagegen bestehe ein dringendes Bedürfnis für den Restbetrag von 380 000 DM. Diese Summe sei für den Ausbau der Heck’schen Anstalt in München22 und des Landerziehungsheimes für psychopathische Mädchen in Kochel gedacht.23
Stv. MinisterpräsidentEr richte nun an den Herrn Finanzminister die Frage, ob noch eine Möglichkeit bestehe, diese Beträge nachträglich noch in den Landesjugendplan hineinzubringen? Er bedauere, daß dieses Versehen in einer der Abteilungen des Innenministeriums vorgekommen sei.
Zietsch antwortet, wenn sich der Ministerrat darüber einig sei, könnte bei den Verhandlungen im Landtag dieser Punkt nachträglich noch mit aufgenommen werden. Der Vertreter des Staatsministeriums des Innern könne im Landtag eine entsprechende Erklärung abgeben.
Staatsminister24
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Oechsle erinnert daran, daß bei dem jetzt in Kraft getretenen Gesetz über die Entschädigung ehemaliger Kriegsgefangener die Länder zu bestimmen hätten, wer es durchzuführen habe. Der Bundesminister für Vertriebene hat nun zur Klärung dieser Frage die Vertreter der Länder nach Bonn einberufen, was doch ein recht ungewöhnlicher Vorgang sei. Er bitte den Ministerrat zu beschließen, wer in Bayern diese Aufgaben durchführen solle, damit Herrn Bundesminister Dr. Oberländer eine entsprechende Mitteilung zugehen könne. Federführend sei an sich das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge, die Frage sei aber, wer die Entschädigungsmaßnahmcn im einzelnen durchführen solle, nachdem etwa 80–100 000 Anträge zu erwarten seien. Dabei könne man an die Versorgungsämter denken, dies würde allerdings einem Wunsche des Bundestagsausschusses widersprechen. Man könne auch etwa 50 Kräfte einstellen und sie den Regierungspräsidenten angliedern; jedenfalls glaube er, daß etwa diese Zahl von Leuten zur Durchführung des Gesetzes gebraucht würde. Nachdem er bei den Versorgungsämtern etwa 220 Angestellte abbauen müsse, könne man sie vielleicht auf diese Weise wieder verwenden, zumal dies einem Wunsche des Landtags entspreche. Im übrigen glaube er, daß es etwa 5 Jahre dauern werde, bis die gesamte Entschädigung durchgeführt sei.
StaatsministerZietsch erkundigt sich, ob man nicht insofern zusammenfassen könne, daß in Nord- und Südbayern je eine Stelle errichtet werde.
StaatsministerDr. Guthsmuths spricht sich dafür aus, die Versorgungsämter zu betrauen.
StaatssekretärDr. Oechsle entgegnet, Schwierigkeiten könnten dann aber mit den Landräten und Oberbürgermeistern entstehen, da diese vielfach keine Verbindung mit den Heimkehrern hätten.
StaatsministerDr. Ehard schlägt vor, doch bei den Versorgungsämtern anzufangen, die übrigen Fragen könne man im Wege der Amtshilfe regeln.
Ministerpräsident26
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.Dr. Ehard erkundigt sich, wann das Entnazifizierungsschlußgesetz dem Ministerrat vorgelegt werde.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann erwidert, er habe bereits angeordnet, daß die Stellungnahme des Staatsministeriums der Finanzen so rasch als möglich abgegeben werde.
StaatssekretärDr. Ehard ersucht, die Sache möglichst zu beschleunigen, da auch im Landtag verschiedentlich nach dem Stand der Sache nachgefragt worden sei.28
MinisterpräsidentDr. Guthsmuths macht darauf aufmerksam, daß die hinsichtlich des Vergnügungssteuergesetzes noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten bereinigt werden könnten, falls das Staatsministerium der Finanzen nochmals die Initiative ergreife.30
StaatssekretärDr. Hoegner stellt fest, daß für das Vergnügungssteuergesetz das Staatsministerium des Innern federführend sei. Er sei aber gerne bereit, nochmals zu einer Besprechung einzuladen.31
Stv. Ministerpräsidenta) Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn32
Staatssekretär Dr. Guthsmuths teilt mit, der Verkehrsausschuß des Bundesrats müsse sich morgen mit der Frage beschäftigen, wer als neuer Ländervertreter für den Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn zu benennen sei. Baden-Württemberg schlage den jetzt ausgeschiedenen Minister Renner33 wieder vor, Schleswig-Holstein habe einen Gegenvorschlag eingereicht. Nach Meinung des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr sollte die Kandidatur Renner unterstützt werden.
34
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.Dr. Oechsle verweist auf die Ministerratssitzung vom 19. Januar 1954, in der beschlossen worden sei, zu diesem Punkt der Tagesordnung die Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik zu unterstützen. Im Gegensatz dazu habe Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann beantragt, sich der Vorlage der Bundesregierung anzuschließen. Er wäre dankbar, wenn er eine Aufklärung erhalten könnte.
StaatsministerDr. Ringelmann erwidert, in dieser Sache hätten noch Vorbesprechungen mit Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stattgefunden, wobei man zu der Auffassung gekommen sei, daß es doch zweckmäßig sei, sich der Vorlage der Bundesregierung anzuschließen.36
StaatssekretärDr. Hoegner erinnert daran, daß er einen Betrag zur Unterstützung der Opfer des Lawinenunglücks im Kleinen Walsertal zugesichert habe. Er bitte den Ministerrat, über die Höhe des Betrages einen Beschluß zu fassen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard schlägt 15 000 DM vor.
MinisterpräsidentSchwend berichtet, der Münchner Merkur habe etwa 40 000 DM gesammelt und angeregt, die Staatsregierung möge einen entsprechenden Betrag dazu geben; eine Kommission könne dann nach Österreich fahren, um diesen Betrag zu übergeben. Vielleicht sei es möglich, die Sammlung des Münchner Merkur auf eine runde Summe von etwa 60 000 DM zu erhöhen.
MinisterialdirektorZietsch erklärt sich damit einverstanden, worauf beschlossen wird, auf Einzelpl. XIII Kap. 02 Tit. 302 den Betrag zu übernehmen, der an der Summe von 60 000 DM noch fehlt.
StaatsministerNach der Ministerratssitzung wurde festgestellt, daß die Sammlung des „Münchner Merkur“ bereits ein Ergebnis von über 50 000 DM gebracht habe.
Herr Staatsminister Zietsch erklärt sich daraufhin damit einverstanden, daß der Beschluß des Ministerrats wie folgt abgeändert wird:
Auf Einzelpl. XIII Kap. 02 Tit. 302 wird der Betrag übernommen, der an der Summe von 65 000 DM noch fehlt.