Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Ministerpräsident Dr. Ehard, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl.
I. Bundesratsangelegenheiten. II. Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, religions- und weltanschauliche Gemeinschaften (Kirchensteuergesetz). III. Beschluß des Bayer. Senats vom 22. Juli 1953 betr. Abgrenzung der Zuständigkeiten der Staatsministerien des Innern und der Finanzen in Finanzausgleichsfragen. IV. Vorlage eines neuen Landesjugendplans an den Bayer. Landtag. V. Federführung auf dem Gebiet der Luftfahrtforschung. VI. Entwurf eines Stiftungsgesetzes. VII. Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete des kommunalen Wahlrechts. VIII. Landeswahlgesetz. IX. Personalangelegenheiten. X. Niederlassung des Erzherzogs Otto von Habsburg in Bayern. XI. Anleihen des Bayerischen Staates. XII. Äußerungen des Münchner Faschingsprinzen. XIII. Vollzug des Lastenausgleichsgesetzes; hier: Ernennung von Mitgliedern des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt. XIV. Ministerpräsidentenkonferenz am 5./6. Februar 1954. XV. Ankauf des Botticelli-Gemäldes „Madonna mit singenden Engeln und Lilien“ des Grafen Raczynski. XVI. Richterbesoldung.
Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner weist einleitend darauf hin, daß bei diesem Gesetzentwurf die Neufassung des § 1354 BGB entscheidend sei;2 er persönlich halte die in dem Entwurf vorgesehene Regelung für recht unbefriedigend.
Dr. Gerner berichtet dann eingehend über den Entwurf und die in der BR-Drucks. Nr. 532/1/53 zusammengefaßten Empfehlungen der beteiligten Ausschüsse. Die Fassung des § 1354 sei freilich sehr umstritten, er glaube aber doch, daß die Regierungsvorlage unterstützt werden sollen.3
MinisterialratWeinkamm erklärt, die Entscheidungsgewalt des Mannes sei nach wie vor vorgesehen, wenn auch zu Gunsten der Frau etwas eingeschränkt. Wie weit dies noch mit Art. 3 Abs. 2 GG übereinstimme,4 sei fraglich, er meine aber auch, daß der Regierungsvorlage nicht widersprochen werden solle.
StaatsministerDer Ministerrat beschließt daraufhin, der Regierungsvorlage zuzustimmen.
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Außerdem wird beschlossen, sämtliche Empfehlungen zu unterstützen, mit Ausnahme derjenigen unter Ziff. II 2 a und b, 3 a und b, 15 und 16.2. Entwurf eines Gesetzes über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen6
Dr. Gerner fährt fort, der Koordinierungsausschuß empfehle, die in der BR-Drucks. Nr. 529/1/53 in Ziff. I enthaltene Empfehlung nicht zu unterstützen, dagegen sich der Empfehlung des Finanzausschusses in Ziff. II anzuschließen, die darauf abziele, den Gesetzentwurf abzulehnen.7
MinisterialratDr. Seidel fügt hinzu, auch er sei der Meinung, daß es weder notwendig noch berechtigt sei, hier einen überregionalen Verwaltungsakt zu setzen, die Länder könnten sich bemühen, Richtlinien auszuarbeiten, damit eine gleichmäßige Behandlung erfolge. Er schließe sich deshalb der Auffassung des Finanzausschusses an, daß die Gesetzesvorlage abzulehnen sei.
Staatsminister8
Der Ministerrat beschließt, den Entwurf gemäß der Empfehlung der BR-Drucks. Nr. 529/1/53 abzulehnen.3. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht9
Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.
4. Entwurf eines Gesetzes zur Überleitung der Beteiligung des ehemaligen Landes Preußen am Grundkapital der Deutschen Pfandbriefanstalt auf den Bund10
Art. 76 Abs. 2 GG mit Unterstützung der in der BR-Drucks. Nr. 1/1/54 enthaltenen Empfehlungen der beteiligten Ausschüsse.11
Stellungnahme gemäß5. Entwurf einer Verwaltungsanordnung der Bundesregierung über die besondere Anerkennung steuerbegünstigter Zwecke12
Zustimmung gemäßund
8. Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Steuerberatungsgesetz)17
Dr. Gerner führt aus, die Empfehlungen unter Ziff. I 1 bis 3 enthielten allgemeine Bemerkungen, in denen das Bedenken zum Ausdruck komme, daß das Bestreben, bestimmte Berufsgruppen in ständischer Form zu ordnen, mehr und mehr um sich greife.18
MinisterialratStaatsminister Dr. Seidel entgegnet, die wirtschaftsberatenden Berufe seien von sehr großer Bedeutung und der Staat habe ein Interesse daran, daß diese Berufsstände sich aus einwandfreien Leuten zusammensetzten. Genau so, wie für Rechtsanwälte, Apotheker usw. eine gesetzliche Regelung bestehe, sollte man für diesen Beruf die gleichen Grundsätze gelten lassen.
Der Ministerrat beschließt daraufhin, die Empfehlungen unter Ziff. I 1 und 2 nicht zu unterstützen, dagegen diejenigen unter Ziff. I 3.
Dr. Gerner berichtet dann weiter über die übrigen Empfehlungen, wobei beschlossen wird, sämtliche zu unterstützen, mit Ausnahme derjenigen unter Ziff. II 5 b, 8 b, 10 b, 17 und 28 b.
MinisterialratDr. Gerner weist darauf hin, daß zu § 11 der Regierungsvorlage der Vertreter des Finanzministeriums19 vorgeschlagen habe, folgenden Landesantrag zu stellen:
Ministerialrat1. Abs. 2 des § 11 erhält folgende Fassung:
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„Dem Zulassungsausschuß bei der Obersten Landesbehörde gehören an: 1 Beamter des höheren Dienstes der Finanzverwaltung als Vorsitzender, 2 Steuerberater und 1 Vertreter der Wirtschaft, der von der Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern vorgeschlagen wird.“2. Abs. 3 des § 11 erhält folgende Fassung:
erbevollmächtigte und 1 Vertreter der Wirtschaft, der von der Industrie- und Handelskammer vorgeschlagen wird.“21
„Dem Zulassungsausschuß bei der Oberfinanzdirektion gehören an: 1 Beamter des höheren Dienstes der Finanzverwaltung als Vorsitzender, 2 Steu22
3. Im Abs. 5 des § 11 sollte folgender Satz eingefügt werden: „Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.“Vertreter des Finanzministeriums habe den Antrag damit begründet, daß gewisse Vorkehrungen zu treffen seien, um bei der Entscheidung des Zulassungsausschusses sachfremde Gesichtspunkte auszuschließen. Die Hinzuziehung eines Vertreters der Wirtschaft erscheine im Interesse der beteiligten Wirtschaftskreise geboten.
Der23 ferner dem Abs. 5 des § 13 folgenden weiteren Satz anzufügen:
Das Finanzministerium schlage außerdem vor, einen Antrag zu stellen, wonach in § 13 Abs. 2 Ziff. 4 das Wort „drei“ durch das Wort „zwei“ zu ersetzen wäre,„Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.“
24 folgender § 39 a angefügt werde:
Schließlich rege das Finanzministerium noch an, einen Antrag zu stellen, wonach hinter § 39 der Regierungsvorlage
Steuerberater und Steuerbevollmachtigte sind zu berufswürdigem Verhalten bei der Kundmachung ihrer Tätigkeit und bei der Auftragsübernahme verpflichtet. Werbung ist ihnen nicht gestattet.“
Begründet werde dieser Antrag damit, daß die Angehörigen der steuerberatenden Berufe schon bisher bei der Kundmachung ihrer Tätigkeit zu berufswürdigem Verhalten verpflichtet gewesen seien; der neu einzufügende Paragraph sei dem § 64 der Wirtschaftsprüferordnung nachgebildet, er beschränke sich auf die Grundsatzbestimmung des Verbots berufswidriger Werbung.
Der Ministerrat beschließt, diese drei Anträge zu stellen.
Dr. Oechsle kommt dann auf § 8 Abs. 2 zu sprechen, der davon handle, daß unter gewissen Voraussetzungen Befreiung von dem Erfordernis der Gehilfenprüfung gewährt werden könne.25
StaatsministerMinisterialrat Dr. Gerner meint, daß auch hier ein weiterer Antrag gestellt werden müsse.
Dr. Seidel schließt sich dieser Auffassung an.
Staatsminister26
Der Ministerrat beschließt, zu § 8 Abs. 2 ebenfalls einen Landesantrag zu stellen, der aber im einzelnen noch formuliert werden müsse.9. Entwurf eines Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung)27
Dr. Gerner beschließt der Ministerrat, einen Landesantrag zu stellen, mit dem Ziele, den Gesetzentwurf mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes abzulehnen.
Nach Vortrag von MinisterialratWeiter wird beschlossen, falls dieser Antrag keine Mehrheit finde, die Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 526/1/53 zu unterstützen, mit Ausnahme derjenigen unter Ziff. I 1 b und Ziff. III 1 und 2.
10. Entwurf eines Gesetzes über eine Berufsordnung der vereidigten Buchprüfer (Buchprüferordnung)28
29
Auch hier wird beschlossen, einen Landesantrag auf Ablehnung des Gesetzentwurfs mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu stellen. Für den Fall, daß dieser Antrag keine Mehrheit finden sollte, wird beschlossen, mit Ausnahme der in Ziff. I 1 b, 7 a und b, sowie III 1 und 2 enthaltenen Empfehlungen, die in der BR-Drucks. Nr. 527/1/53 enthaltenen Empfehlungen zu unterstützen.11. Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung der Handwerksrolle und den Wortlaut der Handwerkskarte30
Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß dieser Punkt von der Tagesordnung abgesetzt werde.
Ministerialrat12. Entwurf eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts31
Ausschuß für Arbeit und Sozialpolitik vorgeschlagene Entschließung (BR-Drucks. Nr. 2/1/54) wird unterstützt.32
Die vom13. Entwurf einer Verordnung über die Kennzeichnung gesundheitsschädlicher Lösemittel und lösemittelhaltiger anderer Arbeitsstoffe (Lösemittelverordnung)33
34
Es wird festgestellt, daß auch dieser Punkt voraussichtlich von der Tagesordnung abgesetzt werde.14. Entwurf einer Ersten Verordnung zur Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes35
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der in der BR-Drucks. Nr. 4/1/54 enthaltenen Empfehlung zu § 1 Abs. 1.36
Zustimmung gemäß15. Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes 37
Dr. Gerner führt aus, die Empfehlung unter Ziff. 3 der BR-Drucks. Nr. 5/1/54, die vom Wirtschaftsausschuß herrühre, rege an,38 den Kreis der Betriebe zu erweitern, für welche der Pflichtsatz nach § 3 Abs. 1 Buchstabe c des Schwerbeschädigtengesetzes vom 16. Juni 1953 auf 6% herabgesetzt werden solle.39 Gegen diese Empfehlung habe sich im Koordinierungsausschuß der Vertreter des Arbeitsministeriums40 ausgesprochen.41
MinisterialratStaatsminister Dr. Oechsle stellt fest, daß er keine Bedenken habe, wenn der Vorschlag des Wirtschaftsausschusses unterstützt werde.
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Der Ministerrat beschließt daraufhin, sämtliche Empfehlungen in der genannten Bundesratsdrucksache zu unterstützen.16. Entwurf einer Verordnung zur Erstreckung der Verordnung über die Durchführung der deutschen Sozialversicherung bei Auslandsaufenthalt auf das Gebiet des Landes Berlin43
Zustimmung gemäß17. Antrag auf Änderung der Verordnung über die Festsetzung und Verteilung des Pauschbetrages in der Krankenversicherung der Rentner vom 27.8.1953 (BGBl. I S. 1082)44
Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik in der BR-Drucks. Nr. 536/1/53.45
Unterstützung der Empfehlung des18. Benennung eines ordentlichen und eines stellvertretenden Mitglieds für den Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung an Stelle der ausgeschiedenen Senatoren Neuenkirch46 und Fleischmann47
Gegen die vom Ausschuß für Arbeit und Sozialpolitik in der BR-Drucks. Nr. 10/1/54 vorgeschlagenen Benennungen werden keine Bedenken erhoben.
19. Entwurf einer Prüfungsordnung nach § 10 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde48
Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung sämtlicher in der BR-Drucks. Nr. 471/1/53 niedergelegten Empfehlungen.49
Zustimmung gemäß20. Entwurf einer Verordnung über die Erstreckung von Recht der Ernährung, Land- und Forstwirtschaft auf das Gebiet des Landes Berlin50
Art. 80 Abs. 2 GG. nach Maßgabe der Empfehlungen des Agrarausschusses in der BR-Drucks. Nr. 393/1/53.
Zustimmung gemäßDr. Hoegner stellt fest, daß dieser Gesetzentwurf vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus neuerdings vorgelegt worden sei, nachdem sich der Senat dazu gutachtlich geäußert habe.52 Bedenken gegen den jetzigen Entwurf seien von keiner Seite erhoben worden.
Stv. Ministerpräsidentter Dr. Schwalber fügt hinzu, auf Grund des Senatsgutachtens sei der ursprüngliche Entwurf in einigen Punkten geändert worden, insbesondere sei jetzt durch Art. 1 Abs. 2 die Einführung einer Kirchengrundsteuer durch die Kirchen, religions- und weltanschauliche Gemeinschaften zugelassen.53
54
Die Kirchen könnten über die Voraussetzungen, die Art und den Umfang der Erhebung einer Kirchengrundsteuer im Rahmen besonderer Steuerordnungen, vergl. Art. 17, weitgehend selbst bestimmen.Der Ministerrat erklärt sich mit dem vorliegenden Entwurf einverstanden und beschließt, ihn dem Landtag zuzuleiten.
Dr. Hoegner weist noch darauf hin, daß der Entwurf dem Senat lediglich noch zur Kenntnisnahme übersandt werden müsse.55
Stv. MinisterpräsidentDr. Hoegner fährt fort, der Senat habe am 22. Juli 1953 einen Beschluß gefaßt, wonach er es für zweckmäßig erachte, daß auf dem Gebiet des kommunalen Finanzausgleichs und der Bewirtschaftung der Finanzausgleichsmittel die alleinige Zuständigkeit des Staatsministeriums des Innern klar ausgesprochen werde.
Stv. MinisterpräsidentSenats entsprechend für die Bewilligung folgender Einzelleistungen zuständig sein:
Eine Einigung zwischen den Staatsministerien des Innern und der Finanzen sei nur zum Teil zustande gekommen. Sein Ministerium wolle vor allem die Zuständigkeitsregelung aus der Zeit vor 1945 wieder hergestellt wissen und deshalb dem Beschluß desa) Grundsteuerausfallvergütung (nach Art. 8 des FAG),57
b) Zuschüsse zur Trümmerbeseitigung usw. (nach Art. 10 FAG),
c) Bedarfszuweisungen (nach Art. 11 FAG),
d) Polizeikostenzuschüsse (nach Art. 12 FAG),
e) Straßenbauzuschüsse (nach Art. 13 Abs. 5 FAG)
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Im übrigen verweise er auf die Note des Staatsministeriums des Innern vom 24. Dezember 1953.59 Er verweise dabei auf Art. 51 Abs. 1 der BVerf.60 wonach jeder Staatsminister seinen Geschäftsbereich selbständig führe.
In diesem Zusammenhang müsse er feststellen, daß das vorgeschlagene Verfahren auch weitgehend der Staatsvereinfachung dienen könne. Das Staatsministerium des Innern müsse sich jetzt einmal dagegen wenden, daß sich das Staatsministerium der Finanzen mehr und mehr zu einer Art Kontrollorgan der übrigen Ministerien entwickle und bei einer Reihe von Entscheidungen der Ressorts mitwirken wolle.Staatsminister Zietsch ersucht, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen, da er die Vorschläge des Staatsministeriums des Innern noch nicht habe ausreichend prüfen können.
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Es wird vereinbart, die Angelegenheit in der nächsten Ministerratssitzung am Dienstag, den 26. Januar 1954 zu behandeln.Dr. Oechsle erklärt, der Landesjugendplan müsse dem Landtag auf Grund seines Beschlusses vom 15. Oktober 1953 vorgelegt werden.63 Es komme nun darauf an, ob es gelinge, sich endgültig mit dem Staatsministerium der Finanzen zu einigen, ferner sei auch noch die Übereinstimmung mit den Staatsministerien des Innern und für Unterricht und Kultus zu erzielen.
StaatsministerZietsch macht darauf aufmerksam, daß am kommenden Montag, den 25. Januar 1954 eine Sondersitzung wegen des Haushaltsplans stattfinden werde, bei dieser Gelegenheit könne dann auch der Landesjugendplan behandelt werden.
Staatsminister64
Der Ministerrat erklärt sich mit der Verschiebung bis zum 25. Januar 1954 einverstanden.Dr. Hoegner erinnert daran, daß das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr am 3. September 1953 um eine Entscheidung des Ministerrats über die Federführung auf dem Gebiet der Luftfahrtforschung gebeten habe. Dabei werde vorgeschlagen, daß die Federführung für die angewandte oder Zweckforschung auf das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr übertragen werde, während die Federführung für die Grundlagenforschung beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus verbleiben solle. Dieses Ministerium habe sich mit Schreiben vom 31. Dezember 1953 mit dieser Anregung grundsätzlich einverstanden erklärt, mache allerdings seine Zustimmung davon abhängig, daß ein enges Benehmen zwischen den beiden Ministerien hergestellt werde.66
Stv. MinisterpräsidentAußerdem nehme das Staatsministerium für Unterricht und Kultus weiterhin die ausschließliche Federführung in Anspruch für Fragen
Technischen Hochschule München sowie für Fragen, die mit der Errichtung einer Zentrale für Wissenschaftliches Berichtswesen auf dem Gebiet der Luftfahrtforschung (ZWB)
1. der Forschung im Rahmen der Lehr- und Forschungsaufgaben derTechnischen Hochschule München zusammenhängen,
bei der2. der Jugendpflege, auch insoweit als die Jugendpflege in der Förderung eines – nicht kommerziell betriebenen – Segelflugsports besteht.
Dr. Seidel erklärt sich mit diesen Bedingungen ausdrücklich einverstanden, betont jedoch, daß auch das Kultusministerium an das enge Benehmen mit seinem Ministerium gebunden sein müsse, was Staatsminister Dr. Schwalber zusichert.
Staatsminister67
Der Ministerrat beschließt daraufhin, die Federführung dem Vorschlag des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr entsprechend aufzuteilen.Dr. Hoegner gibt bekannt, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe jetzt den Beschlüssen des Ministerrats vom 5. Januar 1954 folgend69 den geänderten Text des Stiftungsgesetzes vorgelegt. Im einzelnen handle es sich um Änderungen der Art. 6 Abs. 2, 15, 20, 31 Abs. 3 Satz 1, 34 und 39 Abs. 2.
Stv. MinisterpräsidentSenat vor der Zuleitung an den Landtag zur gutachtlichen Stellungnahme gemäß Art. 40 BV zuzuleiten.70
Der Ministerrat erklärt sich mit dem geänderten Text des Entwurfs einverstanden und beschließt, ihn demDr. Hoegner verweist auf die Besprechung dieses Punktes in der letzten Ministerratssitzung vom 12. Januar 1954 und teilt mit, bei den Beratungen in seinem Ministerium habe sich gezeigt, daß es zweckmäßig sei, im Gesetzentwurf von Voraussetzungen für die Wahl zum Landrat abzusehen, also § 4 Abs. 4 Landkreiswahlgesetz (neu) völlig zu streichen und nur noch in der Begründung die bisherige Formulierung des Abs. 4 im Hinblick auf den Landtagsbeschluß vom 6. Mai 1953 anzuführen.
Stv. MinisterpräsidentFür § 4 Abs. 4 LkrWG werde deshalb folgende Fassung vorgeschlagen:
„(3) Als Landrat ist außer den in Art. 5 des Gemeindewahlgesetzes aufgeführten Personen nicht wählbar:
1. Wer zu Zuchthaus oder wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu Gefängnis von 1 Jahr oder längerer Dauer rechtskräftig verurteilt ist,
2. wer die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter durch Richterspruch rechtskräftig verloren hat,
3. wer von einem Dienststrafgericht zur Entfernung aus dem Dienst rechtskräftig verurteilt ist,
4. wer in einem sonstigen behördlichen Verjähren, in einem ehrengerichtlichen oder berufsgerichtlichen Verfahren von der weiteren Ausübung eines Berufes, dessen Voraussetzungen rechtlich geregelt sind, rechtskräftig ausgeschlossen ist.“
Außerdem sei es noch notwendig, eine dem Art. 4 Abs. 3 LKrWG entsprechende Ergänzung auch bei § 1 Ziff. 13 des Entwurfs (Art. 29 Abs. 2 Gemeindewahlgesetz/Wählbarkeit zum Bürgermeisteramt) vorzunehmen.
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Der Ministerrat erklärt sich mit diesen beiden Vorschlägen einverstanden.Dr. Hoegner fährt fort, er halte es für notwendig, in diesem Zusammenhang nochmals auf den vom Staatsministerium des Innern am 5. März 1951 den Ministerrat vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über Landtagswahl, Volksbegehren und Volksentscheid (Landeswahlgesetz) zurückzukommen. Dieser Entwurf, der unter anderem vorsehe, daß die Zahl der Abgeordneten auf 150 verringert werde, sei verschiedentlich im Ministerrat behandelt, dann aber, mit Ausnahme einiger Punkte, wie z.B. die Streichung der Nachwahlen, nicht weiter behandelt worden, da der Herr Ministerpräsident vor allem die Frage der Verringerung der Zahl der Abgeordneten selbst mit den Vertretern der Koalitionsparteien habe besprechen wollen. Die erbetenen äußerungen der Fraktionen seien aber nicht eingelaufen, er glaube auch nicht, daß irgendeine Aussicht bestehe, die Zahl der Abgeordneten zu verringern, so daß man diesen Punkt besser wohl nicht weiter verfolge.
Stv. MinisterpräsidentIn dem Entwurf seien aber auch noch eine Reihe von Verbesserungen technischer Art enthalten, so daß er Vorschläge, sich nochmals damit zu beschäftigen und den Gesetzentwurf dann dem Landtag zuzuleiten,
Zietsch hält es nicht für aussichtslos, daß die Zahl der Abgeordneten vermindert werde, zumal sich auch der Landtagspräsident gegen die Vermehrung der Abgeordnetenzahl in Bonn gewandt habe.
StaatsministerDr. Hoegner erwidert, das lässt sich nicht vergleichen, Herr Landtagspräsident Hundhammer habe im wesentlichen hinsichtlich des bayerischen Entwurfs verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 14 der BVerf. gehabt, die er selbst allerdings nicht teile. Jedenfalls glaube er nach wie vor, daß eine Vorlage mit dem Ziel, die Zahl der Abgeordneten zu verringern, wenig Aussicht auf Erfolg habe.
Stv. MinisterpräsidentDr. Nerreter empfiehlt die Vorlage, die sich auf die technischen Verbesserungen beschränke, bald zu machen, da sie als Muster für das Bezirkstagswahlgesetz74 diene. Was die Zahl der Abgeordneten betreffe, so halte er es für besser abzuwarten, ob nicht eine entsprechende Anregung aus den Reihen des Landtags selbst komme.
StaatssekretärDr. Hoegner schlägt vor, zunächst in der morgigen Koalitionsbesprechung auch diese Frage anzuschneiden, dann könne man sehen, in welcher Form der Entwurf dem Landtag vorgelegt werden könne.
Stv. Ministerpräsident75
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Bayer. Obersten Rechnungshof76
1. Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten desBayer. Obersten Rechnungshofs, Richard Kallenbach, bis auf weiteres, vorerst bis zum Ablauf dieses Rechnungsjahres, zu verlängern.77
Der Ministerrat beschließt, die Amtszeit des Präsidenten des78
2. Ernennung eines Präsidenten des Landesarbeitsamtes NordbayernDr. Oechsle führt aus, die Stelle eines Präsidenten des Landesarbeitsamtes Nordbayern müsse neu besetzt werden. An sich sei kein Zweifel gewesen, daß der bisherige Vizepräsident, Alfred May,79 der praktisch schon seit zwei Jahren die Geschäfte führe, Nachfolger des verstorbenen Präsidenten80 werden solle. Nun habe ihm Herr Bundesarbeitsminister Storch81 gesagt, aus politischen Erwägungen könne Herr May nicht vorgeschlagen werden. Daraufhin seien die Mitglieder des Verwaltungsausschusses, also des zuständigen Selbstverwaltungsorgans, an ihn herangetreten, mit dem Vorschlag, sie wollten eine Art Vertrauenskundgebung für May herbeiführen, vorausgesetzt, daß sich auch das bayerische Kabinett, das ja bei der Neubesetzung gehört werden müsse, ebenfalls positiv zu May einstelle. Er bitte deshalb, sich heute zu äußern, wobei er noch bemerke, daß an Herrn Dipl. Kaufmann Emmert82 als Vizepräsident gedacht sei.
StaatsministerDr. Hoegner stellt fest, daß in erster Linie fachliche Gesichtspunkte ausschlaggebend sein müßten.
Stv. MinisterpräsidentEr glaube aber nicht, daß man sich heute in Abwesenheit des Herrn Ministerpräsidenten abschließend mit dem Fall befassen könne.
Dr. Oechsle erwidert, er habe mit dem Herrn Ministerpräsidenten schon gesprochen und sei mit ihm grundsätzlich darüber einig, daß für May eingetreten worden solle, zumal Herr Landrat Dr. Neff,83 der auch in Betracht komme, abgelehnt habe. Ein Beschluß binde das Kabinett nicht, der Verwaltungsausschuß wolle nur eine gewisse Sicherheit haben, daß das Kabinett der gleichen Meinung sei.
StaatsministerDr. Seidel erklärt; er könne nicht glauben, daß der Bundesarbeitsminister Herrn May wegen seiner Zugehörigkeit zur SPD ablehne. Im übrigen habe er von dieser Sache noch nichts gehört und müsse sich erst erkundigen.
StaatsministerDr. Oechsle macht darauf aufmerksam, daß die Sache eilig sei, nachdem der Verwaltungsausschuß am Freitag zusammentrete.
StaatsministerDr. Hoegner erklärt nochmals, daß heute nicht abschließend Stellung genommen werden könne. Der Ministerrat stehe aber wohl auf dem Standpunkt, daß jedenfalls die fachliche Eignung den Vorzug vor politischen Erwägungen haben müsse.
Stv. Ministerpräsident84
Der Ministerrat stimmt dieser Auffassung zu.Dr. Oechsle erkundigt sich, was mit der Personalsache Dr. Meissinger85 sei, die er schon vor einiger Zeit an die Staatskanzlei herübergegeben habe.
3. Staatsministervon Gumppenberg erwidert, der Akt sei noch nicht zu den Ministerratsakten gekommen, er werde der Sache aber nachgehen.86
MinisterialratDr. Hoegner teilt mit, der Landrat des Landkreises Landshut88 habe eine Anfrage der Deutschen Vertretung in Paris erhalten, ob für drei Angestellte Otto von Habsburgs, der sich in Bayern und zwar auf dem Schloss Niederaichbach des Fürsten Urach89 niederlassen wolle, die Aufenthaltsgenehmigung erteilt werde.90 Er habe dem Landrat, der ihn sofort verständigt habe, mitgeteilt, die Entscheidung könne nicht getroffen werden, ohne daß sich der Ministerrat damit befaßt habe. Otto von Habsburg wolle sich offensichtlich für dauernd in Bayern niederlassen, nachdem in Österreich ein Gesetz bestehe, wonach ihm dort der Aufenthalt versagt sei.91
Stv. MinisterpräsidentParis dem Bundeskanzler als Bundesminister des Äußeren zuzuleiten.
Er schlage vor, im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung dieser Angelegenheit, die Anfrage der Deutschen Vertretung inDr. Oechsle meint, wenn es sich nur um Angestellte handle, könne allein das Arbeitsamt in Landshut entscheiden.
StaatsministerDr. Hoegner entgegnet, er teile diese Ansicht nicht, es handle sich vielmehr um die grundsätzliche Frage der Niederlassung Otto von Habsburgs in Bayern, der wie er gehört habe, ein Haus in Ambach kaufen oder bauen wolle.
Stv. MinisterpräsidentDr. Koch empfiehlt, sich zunächst mit der Bundesregierung in Verbindung zu setzen.
Auch StaatssekretärStaatssekretär Dr. Brenner wirft die Frage auf, ob man nicht zum Ausdruck bringen wolle, welchen Standpunkt der Ministerrat einnehme.
Dr. Hoegner hält es dagegen für richtig, zunächst nur beim Bundeskanzler anzufragen, ob er der Meinung sei, daß Schwierigkeiten politischer Art92 aus der Übersiedlung Otto von Habsburgs nach Bayern entstehen könnten.
Stv. Ministerpräsident93
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Schwend übermittelt den Wunsch des Herrn Ministerpräsidenten, im nächsten Ministerrat die Frage einer Anleihe für den Straßenbau zu erörtern. Dabei möchte der Herr Ministerpräsident auch Auskunft darüber haben, welche Anleihen bisher aufgenommen seien und welche Verpflichtungen daraus bestünden. Er bitte deshalb die Herren Staatsminister des Innern und der Finanzen, bis zur nächsten Sitzung die notwendigen Feststellungen zu treffen.
MinisterialdirektorDr. Hoegner erklärt unter Zustimmung des Ministerrats, man könne diese Frage mit der Besprechung des Haushalts 1954 verbinden.94
Stv. MinisterpräsidentDr. Hoegner berichtet, der Herr Ministerpräsident habe ihm gesagt, daß er an Veranstaltungen, zu denen der Faschingsprinz komme, nicht teilnehmen werde und die Kabinettsmitglieder bitten lasse, ebenso zu verfahren.95
Stv. MinisterpräsidentEr selbst könne nur bedauern, daß derjenige, der für Zucht und Sitte eintrete, in der Presse heruntergezogen werde.
Die Geschichte lehre, daß mit der Herabsetzung von Ehe und Familie noch jedesmal der Untergang eines Volkes eingeleitet worden sei.
Der Ministerrat beschließt, dem Wunsche des Herrn Ministerpräsidenten Rechnung zu tragen, wobei festgestellt wird, daß bei Wohltätigkeitsveranstaltungen Eintrittskarten gekauft werden könnten, um den guten Zweck zu fordern, aber von einer persönlichen Beteiligung abgesehen werden solle.
Stain macht darauf aufmerksam, daß ein Unterausschuß zur Prüfung der Arbeitsplatzdarlehen gegründet worden sei, so daß es notwendig sei, noch einen weiteren bayerischen Stellvertreter zu benennen; er schlage hier Herrn Ministerialrat Dr. Reuter vor.
Staatssekretär97
Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden, für den Fall, daß der Ausschuß tatsächlich gebildet werde.Schwend teilt mit, im Laufe der Konferenz sei ein offizielles Mittagessen und ein Staatsempfang für die Konferenzteilnehmer und die Mitglieder des Kabinetts vorgesehen und außerdem am Freitag, den 5. Februar abends eine Theatervorstellung. Er bitte die Herren Minister und Staatssekretäre, für diesen Abend auf ihre Karte zu verzichten, damit ein Überblick über die zur Verfügung stehenden Plätze gewonnen werden könne. Selbstverständlich würden die Herren Kabinettsmitglieder für diese Vorstellung dann Karten erhalten.
Ministerialdirektor99
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Bundesinnenministers,101 in dem die Länder nochmals gebeten würden, ihre endgültige Zustimmung zum Ankauf dieses Bildes zu geben.
Stv. MinisterpräsidentSchwend fügt hinzu, das Kabinett von Baden-Württemberg habe beschlossen, sich nach dem Schlüssel des Königsteiner Staatsabkommens102 an dem Kauf zu beteiligen, es müsse aber noch der Landtag zustimmen und die Frage des Miteigentums geklärt werden.103
MinisterialdirektorNach kurzer Aussprache wird folgender Beschluß gefaßt:
Botticelli-Gemäldes nach dem Schlüssel des Königsteiner Staatsabkommens zu beteiligen, unter der Voraussetzung, daß der Bayerische Staat Miteigentum an dem Bild erhält.104
Die Bayerische Staatsregierung ist bereit, sich an dem Ankauf desWeinkamm erinnert daran, daß im Ministerrat vom 22. Dezember 1953 beschlossen worden sei, die Frage der Richterbesoldung durch Justiz- und Finanzministerium prüfen zu lassen. Das Justizministerium habe heute allen Kabinettsmitgliedern eine Note zugehen lassen, er bitte nun auch den Herrn Staatsminister der Finanzen, seine Stellungnahme abzugeben.
Staatsminister106
Es wird vereinbart, diese Frage in der Ministerratssitzung vom Dienstag, den 26. Januar 1954 zu besprechen.Weinkamm fährt fort, außerdem bitte er das Finanzministerium, seine Stellungnahme zum Entwurf des Entnazifizierungsschlußgesetzes107 abzugeben, um die das Staatsministerium der Justiz schon vor längerer Zeit gebeten habe.
StaatsministerAbschließend wird festgestellt, daß am Montag, den 25. Januar 1954, abends 19 Uhr, eine Sondersitzung mit der Tagesordnung: Haushaltsplan 1954 abgehalten wird.
Die nächste regelmäßige Ministerratssitzung findet – wie üblich – am Dienstag, den 26. Januar 1954, vormittags 9 Uhr, statt.