Projektgeschichte – Pilotprojekt

Inhalt

Projektstart

Die Arbeit an Oxydition begann im Herbst 2014. Inspiration für das Projekt war ediarum, die Anpassung des Oxygen XML Editors als Editionsumgebung durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW). Als Pilotprojekt diente die Edition der Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1962. An ihnen sollte die Einrichtung einer Editionsumgebung in Oxygen und die Entwicklung der dazugehörigen Methoden und Workflows erprobt werden. Ziel war es, dass der 9. Band der Edition (Das Kabinett Ehard III, Band 3 [1953]), dessen Veröffentlichung für 2019 geplant war, als erstes Editionswerk bei der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, auf TEI-XML-Basis hergestellt werden sollte.

Planungsphase

Der erster Arbeitsschritt für Oxydition war die Prüfung der Machbarkeit. Das erste Jahr des Projekts verbrachten die Mitarbeiter der Abteilung für Digitale Publikationen bei der Historischen Kommission damit, die Anforderungen der Ministerratsprotokolle zu erheben und die Möglichkeiten von Oxygen zu prüfen. Als technischer Ausgangspunkt für die Einrichtung der Arbeitsumgebung dienten die Java-Klassen der ediarum-Version 1.1, die die BBAW open source zur Verfügung gestellt hatte. Dabei standen sie in stetigem Austausch mit Dr. Oliver Braun, dem Bearbeiter der Edition, der parallel dazu den achten Band der Edition fertigstellte. Er gab den Technikern Auskunft über den inhaltlichen und editorischen Feinheiten der Edition und über seine Wünsche und Anforderungen an den digitalen Workflow und begutachtete mehrere Prototypversionen der Editionsumgebung. Letztendlich erarbeitete man eine Reihe von Zielsetzungen für den Oxydition-Ansatz, auf deren Grundlage der neunte Band der Ministerratsprotokolle hergestellt werden sollte:

  • Die Edition soll mit einem Fokus auf die digitale Veröffentlichung im Internet hergestellt werden. Hierfür wird der Editionstext mit zusätzlichen Metadaten und Verlinkungen angereichert.
  • Gleichzeitig soll der neunte Band auch wie bisher gedruckt erscheinen. Das Druckbild soll dabei so weit wie möglich unverändert bleiben.
  • Online- und Druckversion sollen mit möglichst wenig Zusatzaufwand und ohne zwischengeschaltete Dateiformate aus denselben XML-Dateien erzeugt werden können. Dies spart das Nachhalten von Änderungen über mehrere Dateiversionen hinweg.
  • Die Drucklegung soll außerdem komplett intern stattfinden. Der Verlag bekommt ein druckfertiges PDF ausgeliefert.
  • Eine Registerdatenbank (RDB) soll als zentraler Informationsspeicher für Quellen, Literatur, Personen, Orte und Sachschlagwörter dienen. Sie unterstützt die Erstellung des Druckregister, soll aber vor allem in der digitalen Version dazu dienen, zusätzliche Such- und Erschließungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
  • Die Editionsumgebung soll so funktionieren, dass der Bearbeiter alle Änderungen an der XML-Syntax über vorgefertigte Funktionen ausführen und sich so vollständig auf den Text konzentrieren kann. Dennoch müssen alle relevanten Informationen für den Bearbeiter sichtbar sein.
  • Die Weiterverarbeitung der Dateien hin zu den Präsentationsformen, sowie die technische Betreuung der Editionsumgebung soll für den gesamten Projektzeitraum bei der digitalen Abteilung der Historischen Kommission verbleiben.

Beta-Entwicklung

Während der Bearbeiter den achten Band der Edition finalisierte, begann 2016 die konzentrierte Arbeit der Techniker zur Bereitstellung einer einsatzfähigen Betaversion der Editionsumgebung. Neben der Festlegung der XML-Kodierungsmuster in den digitalen Editionsrichtlinien und der Ausgestaltung der Arbeitsumgebung in Oxygen zur Optimierung des Workflows, wurden vor allem die bisher prototypischen Operationen in Java zu Ende programmiert. Dabei entwickelte sich die Java-Komponente von Oxydition immer mehr von der Vorlage aus ediarum weg. Zuletzt blieb nur eine der ursprünglichen Klassen, in abgewandelter Form, in Oxydition erhalten.

In diese Phase fiel auch eine Grundsatzentscheidung für den Projektaufbau. Man entschloss sich dazu für die Haltung und Bereitstellung der Editionsdateien während der Bearbeitung keine eXist-Datenbank einzusetzen. Stattdessen werden sowohl die Dokumentendateien, als auch die RDB als einfache XML-Dateien bereitgestellt. Eine zentrale Datenverwaltung schien unnötig, da für die Edition kein kollaboratives Arbeiten zwischen mehreren Bearbeiter*innen vorgesehen ist. Diese Lösung spart Einrichtungs- und Betreuungsaufwand und erlaubt dem Bearbeiter das Arbeiten unabhängig von einer aktiven Internetverbindung. Datensicherung und -austausch mit der Abteilung für Digitale Publikationen geschieht stattdessen über Sync+Share, den Cloudservice des Leibniz-Rechenzentrums.

Arbeitseinsatz

2017 begann der Bearbeiter in vollem Umfang mit der Arbeit an Band 9 der Ministerratsprotokolle. Während der nächsten zwei Jahre konnte die Arbeitsumgebung so in der Praxis erprobt werden. Dabei blieb der Austausch zwischen Bearbeiter und Technikern aufrechterhalten. Durch das Feedback wurden zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten für die Arbeitsumgebung offenbar. Außerdem ergaben sich im Projektverlauf immer wieder neue Anforderungen, die bei der ursprünglichen Erhebung nicht aufgefallen waren und nun noch nachgetragen werden konnten.

Die Arbeit mit den neuen Editionsmethoden verlief weitgehend problemlos. Dr. Braun musste seine Arbeitsweise, gegenüber dem vorherigen Ansatz, nur vergleichsweise geringfügig anpassen und hatte kaum Schwierigkeiten, sich in den neuen Workflow einzufinden. Wo es Probleme gab leistete die technische Betreuung Support. Dem Tempo der Editionsarbeiten war die Umstellung ebenfalls nicht abträglich, so dass der Band wie geplant Anfang 2019 in die Abschlussphase gehen konnte.

Abschluss und Drucklegung

In der Schlussphase der Banderstellung wirkten Matthias Reinert und Maximilian Schrott aktiv an den finalen Arbeitsschritten mit. Zum einen war es ihre Aufgabe, die XML-Struktur hinter dem Editionstext zu prüfen und zu korrigieren. Mit Regulären Ausdrücken und XPath-Anfragen suchten sie systematisch nach manuell nur schwer erkennbaren Fehlern, wie Verlinkungen ohne Ziel oder falsch formatierten XML-Elementen.

Vor allem aber waren sie dafür zuständig, die XML-Editionsdateien in eine druckfähige PDF-Version zu überführen. Dies war ein noch unerprobter Teilaspekt des Oxydition-Konzepts. Dazu gehörten systematische und manuelle Methoden zu Optimierung des Druckbilds, die Erzeugung abgeleiteter Editionsabschnitte wie das Verzeichnis der Protokolle und Tagesordnungspunkte, sowie die automatisierte Erstellung der Druckregister auf Basis der RDB und der Metadaten im Text.

Fazit und Ausblick

Das Pilotprojekt für Oxydition wird seitens der Historischen Kommission als voller Erfolg eingestuft. Band 9 der Ministerratsprotokolle konnte pünktlich im August 2019 an den Verlag übergeben werden und erschien wie geplant im Herbst 2019 im Druck. Die Online-Veröffentlichung erfolgt aufgrund einer Übereinkunft mit dem Verlag noch bis voraussichtlich 2022.

Der nächste Band der Protokolledition (Kabinett Ehard III, Band 4 [1954]) ist bereits in Arbeit, wieder mit Oxydition. Der Betreuungsaufwand ist, nun da die Pilotphase abgeschlossen ist, deutlich geringer als beim Vorgängerband. Ab Band 11 (Kabinett Hoegner II, Band 1 [1955]) sollen die Ministerratsprotokolle nur noch Online erscheinen.

Das Oxydition-Konzept wurde inzwischen auch auf andere Editionsprojekte der Historischen Kommission übertragen. Diese befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Bearbeitung.


Maximilian Schrott [zuletzt geändert: 16.12.2020]