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Nr. 7MinisterratssitzungMittwoch, 22. August 1945 Beginn: 15 Uhr 14 Ende: 18 Uhr 25
Anwesend:

Ministerpräsident Schäffer, Reichsminister a.D. Dr. Geßler, Ministerialdirektor Fischer (Staatsministerium des Innern), Staatsrat Dr. Müller (Staatsministerium der Finanzen), Kultusminister Dr. Hipp, Dr. Hoegner (Justizverwaltung), Wirtschaftsminister Dr. Lange, Arbeitsminister Roßhaupter, Staatsrat Rattenhuber (Amt für Ernährung und Landwirtschaft), Dr. Rosenhaupt (Präsident der Reichsbahndirektion München), Dr. Geiger (Präsident der Oberpostdirektion München), Landesforstmeister Dr. Hoepffner, Oberbürgermeister Dr. Scharnagl; Referent (zum Notgesetz zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs): Staatsanwalt Dr. Leusser.

Tagesordnung:

I. Notabgabe-Verordnung. II. Erlaß der Militärregierung über Bayerische Wirtschaftskontrollstellen. III. Personalfragen. IV. Erlaß des Arbeitsministeriums vom 16. Juli 1945. [V. Entnazifizierung]. [VI. Staatsbürger-Austausch Bayern-Österreich]. [VII. Überfremdung]. [VIII. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums]. [IX. Zulassung politischer Parteien]. [X.] Bezahlung von Arbeitern der Besatzungsmacht. [XI.] Entwurf Nr. 5 eines Notgesetzes zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs.

[I. Notabgabe-Verordnung]

Ministerpräsident Schäffer eröffnet die Ministerratssitzung mit der Besprechung der Notabgabe-Verordnung, wobei er einleitend auf die Entstehungsgeschichte des neuen Steuergesetzes eingeht,1 dessen Erlaß notwendig geworden sei, um den Etat auszugleichen. Im Bezirk des Oberfinanzpräsidenten München hätten die Steuereingänge der letzten vier Monate 40% der Steuereingänge vor der Besatzung betragen, was seinen früheren Schätzungen entspreche. Die Notabgabe sollte zunächst in Form einer Lohn- und Gehaltskürzung mit einer unteren Grenze von 150.- Reichsmark erhoben werden. Dem seien aber Instruktionen des großen Hauptquartiers entgegengestanden, daß die Löhne und Gehälter unverändert bleiben sollten. Aus diesem Grunde sei man auf den Gedanken gekommen, eine allgemeine Steuer zu erheben, die sich nicht nur auf die Arbeiter, Angestellten und Beamten der öffentlich-rechtlichen Körperschaften beschränken solle, sondern die auf sämtliche Einkommen ausgedehnt werde. Da man daher mit einem größeren Aufkommen als ursprünglich geplant rechnen könne, sei es möglich gewesen, die Freigrenze von 150.– Reichsmark auf 180.– Reichsmark monatlich oder 2.160.– jährlich herabzusetzen. Der gesamte Ertrag der Notabgabe sei auf 250 Millionen Reichsmark jährlich veranschlagt, für das laufende halbe Etatsjahr also etwa 125 Millionen Reichsmark. Unter dieser Voraussetzung schließe der Etat dann mit einem Defizit von 47 Millionen Reichsmark ab. Zu bedenken sei aber, daß bereits neue Ausgaben drohten, vor allem sei mit einer wesentlichen Steigerung der Soziallasten, vor allem bei den Gemeinden und Landkreisen zu rechnen, von denen das Land einen Teil übernehmen müsse. Nach den Instruktionen der amerikanischen Militärregierung dürfe, wie ihm ein Offizier mitgeteilt habe, den Kriegsversehrten keine Kriegsrente gezahlt werden. Es sei aber selbstverständlich möglich, Kriegs- und Zivilversehrte ohne Unterschied einfach als Versehrte in der Wohlfahrtsunterstützung zu betreuen. Er nehme an, wenn er als Finanzminister diesen Gedanken vertrete, daß er auch vom Ministerrat gebilligt werde. Es sei unmenschlich, die Kriegsversehrten nicht einmal mit einer Drehorgel zu versehen und sie arm- und beinlos auf der Straße herumlungern zu lassen. Der Etat werde diese Ausgabe noch tragen können, wenn, was er jedoch nicht wisse, die Frage der Stützungsgelder für die Landwirtschaft2 doch günstig verbeschieden werde.

Der Ministerpräsident verliest nun die Verordnung über die Notabgabe vom Einkommen.

Im Einvernehmen mit der Militärregierung wird folgendes verordnet:

§ 1

Angesichts der gegenwärtigen nationalen Notlage wird im Bereich des rechtsrheinischen Bayern bis auf weiteres neben der Einkommensteuer eine Notabgabe vom Einkommen erhoben.

§ 2

1.) Notabgabepflichtig sind alle Personen, die im rechtsrheinischen Bayern der Einkommensteuer unterliegen.

2.) Personen, die im rechtsrheinischen Bayern weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen der Notabgabe nur insoweit, als sie im Wege des Steuerabzuges erhoben wird.

§ 3

Die für die Einkommensteuer geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.

§ 4

1.) Die Notabgabe beträgt 25 vom Hundert des Einkommens.

2.) Die Notabgabe wird bei Arbeitnehmern vom einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn abgezogen; lediglich von dem Restbetrag wird die Lohnsteuer berechnet. Bei den übrigen Steuerpflichtigen ist entsprechend zu verfahren (§ 10 des Einkommensteuergesetzes).

3.) Arbeitslohn, der den Betrag von 2.160 Reichsmark jährlich (180 Reichsmark monatlich) nicht übersteigt, unterliegt nicht der Notabgabe. Übersteigt der Arbeitslohn den Betrag von 2.160 Reichsmark jährlich (180 Reichsmark monatlich), so wird die Notabgabe nur soweit erhoben, daß der Betrag von 2.160 Reichsmark jährlich (180 Reichsmark monatlich) freibleibt. Entsprechendes gilt für die übrigen Steuerpflichtigen.

§ 5

Die Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. September 1945 in Kraft.

§ 6

Die Ausführungsbestimmungen zu dieser Verordnung erläßt das Ministerium der Finanzen.3

München, den 10. August 1945.

Der Ministerpräsident fügt ergänzend hinzu, daß die Notabgabe bis auf weiteres erhoben werde, d.h. bis zu einem Zeitpunkt, wo sie durch ein neues Steuergesetz, das den jetzigen vollkommen veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung trage, abgelöst werde. In dieses neue Steuergesetz werde die Notabgabe in irgendeiner Form eingebaut.4 Die Formulierung in § 4 Absatz 2 sei etwas schwerfällig. Das rühre daher, daß die Amerikaner ausdrücklich gewünscht hätten, daß im Nachsatz noch einmal festgelegt werde, daß die Notabgabe bei Arbeitnehmern vom Arbeitslohn abgezogen und die Lohnsteuer nur vom Restbetrag erhoben werde.5

Zu § 4 Absatz 3 bemerkt der Ministerpräsident, daß die Notabgabe zwischen 180.- Reichsmark und 270.- Reichsmark keine vollen 25% betrage, um nicht eine zu große Härte in dieser Einkommensgruppe zu schaffen. Näheres darüber gehe aus den Ausführungsbestimmungen hervor.

Er werde zu dieser Verordnung voraussichtlich am kommenden Samstag eine Rundfunkrede halten.6 Die Rede stimme gedanklich mit dem § 1 der Verordnung überein, der die Verordnung mit der gegenwärtigen schweren nationalen Notlage begründe. Um die gegenwärtige Notlage meistern zu können, müsse man vor allem einmal den Haushaltsplan in Ordnung bringen.7 Wenn man das könne, könne man auf Grund des gewonnenen Kredites weitere Schritte unternehmen. Allerdings höre die Zuständigkeit der Landesregierung von diesem ersten Schritt an ziemlich auf, weil alles andere, also Kriegssachschäden, Wiederaufbauprogramm, Bankensanierung und Währungssanierung im bayerischen Gebiet nie allein zu machen sei. Man könne in diesen Fragen nur Vorschläge nach Frankfurt geben, wo sich der Kontrollrat8 dann damit befasse.

Staatsrat Müller behandelt die Frage der Durchführungsbestimmungen zur Verordnung über die Notabgabe vom Einkommen. Die Verordnung entspreche nicht dem Ideal eines Steuergesetzes. Sie sei praktisch eine Umgehung einer an sich fällig gewesenen Lohn- und Gehaltskürzung. Die Durchführungsbestimmungen würden am Freitag Vormittag in 15 bis 20.000 Exemplaren gedruckt verfügbar sein. Die Veröffentlichung erfolge in der Münchener Zeitung9 und in einer anderen neuen Zeitung, ferner in dem neuen Gesetz- und Verordnungsblatt.10 Die Durchführungsbestimmungen erstreckten sich zunächst lediglich auf die Lohnsteuerpflichtigen, wie sie sich überhaupt sehr stark an die Durchführungsbestimmungen über die Lohnbesteuerung anlehnten. Um Unklarheiten zu beseitigen, habe man eine Anzahl Beispiele eingefügt und Richtlinien für die Lösung von Zweifelsfällen gegeben. Eingehend behandelt sei die Frage der Besteuerung der Einkommen zwischen 180.- Reichsmark und 270.- Reichsmark, wodurch man verhindern wolle, daß nicht alle Gehaltsempfänger in dieser Stufe auf 180.- Reichsmark monatlich herabgedrückt würden. Notwendig sei jetzt eine starke Kontrolle der lohnsteuerpflichtigen Betriebe, um zu gewährleisten, daß die Notabgabe-Beträge, die ja ziemlich erheblich seien, auch tatsächlich hereinkämen. Von der Wirtschaft werde wahrscheinlich geltend gemacht werden, daß eine Anzahl von Betrieben bereits Kürzungen des Lohnes und Gehaltes vorgenommen habe. Diese Kürzungen hätten aber nach den Richtlinien der Militärregierung nicht erfolgen dürfen. Es sei daher zweckmäßig, die Kürzung von den ursprünglichen Löhnen aus vorzunehmen. Nach dem Vorgang von Oberbürgermeister Scharnagl11 werde nun von den Städten wohl die Forderung erhoben werden, sie an diesen Einkünften zu beteiligen. Das könne aber nur über den Weg des Finanzausgleichsgesetzes durchgeführt werden, wobei man besonders notleidenden Städten in irgendeiner Form helfen werde. An den Durchführungsbestimmungen für die Nicht-Lohnsteuerpflichtigen, die sehr schwierig seien, müsse noch etwa drei bis vier Wochen gearbeitet werden. Es müsse genau geprüft werden, auf welcher Grundlage diese Steuerpflichtigen von ihrem Einkommen nach dem 1. September dieses Jahres herangezogen werden. Bei freien Berufen sei die Veranlagung leichter, schwierig dagegen bei Gewerbebetrieben, weil hier die Einkünfte sehr stark zurückgegangen seien.12 Die Feststellungen nach dieser Richtung hin bildeten gleichzeitig eine gewisse Grundlage dafür, wie man im nächsten Jahre die Besteuerung dieser Betriebe vornehmen wolle. Er habe schon einmal daran gedacht, die Betriebe nach ähnlichen Grundsätzen heranzuziehen, wie das durch eine Notverordnung im Jahre 1924 geschehen sei, wo die Betriebe teils nach dem Umsatz und teils nach dem Vermögen herangezogen worden seien. Angesichts des erheblichen Umsatzrückganges könne man aber diese Grundsätze auf die Wirtschaft nicht anwenden. Die Sache sei deshalb so wichtig, weil an dieser Besteuerung nicht nur die Einkommensteuer und die Körperschaftssteuer, sondern auch die Gewerbesteuer hänge. Es müsse dafür gesorgt werden, daß die kommunalen Verwaltungen nicht zu viel Ausfälle bei den Gewerbesteuern hätten, die ohnedies erheblich zurückgegangen seien. Man könne vielleicht daran denken, Ausfälle durch eine Erhöhung der Umsatzsteuer auszugleichen. Er fürchte aber, daß man damit bei der Besatzung auf keine Gegenliebe stoße, denn eine Erhöhung der Umsatzsteuer habe eine Erhöhung des gesamten Preisniveaus zur Folge. England habe zwar nach den napoleonischen Kriegen seinerzeit wesentliche Teile seiner Kriegsbelastungen auf diese Weise abgedeckt. Für die bayerische Wirtschaft sei aber dieser Weg zur Zeit nicht gangbar. Er werde nach Fertigstellung der Grundlagen für die Durchführungsbestimmungen zur Notabgabe der Nicht-Lohnsteuerpflichtigen dem Kabinett noch einmal Vortrag halten.13

Wirtschaftsminister Dr. Lange macht auf die großen Schwierigkeiten aufmerksam, in die jetzt Betriebe kämen, die im gegenseitigen Einvernehmen mit den Angestellten die Löhne und Gehälter herabgesetzt hätten, um überhaupt die Gesamtheit durchzubringen. Wollte man nun nach dem Vorschlag von Staatsrat Müller in diesen Fällen die Löhne wieder auf die alte Höhe zurückführen, so müßte eine Anzahl Angestellter ausscheiden, weil sonst die Betriebe nicht mehr gehalten werden könnten. Er denke dabei in erster Linie an die großen Institute, die seinerzeit vom Reich finanziert worden seien und die noch ein bißchen Restvermögen besäßen und ihre Betriebsangehörigen mit den kleinsten Gehältern abfinden müßten, um überhaupt noch bestehen zu können.

Staatsrat Müller gibt zu bedenken, daß solche niedrigen Gehälter ja von der Notabgabe gar nicht erfaßt würden. Im übrigen sei die Besatzungsbehörde ja mit Lohnsenkungen gar nicht einverstanden.

Ministerpräsident Schäffer weist darauf hin, daß man in diesen Fällen die Besatzungsbehörden wohl nicht gefragt habe, und daß er überhaupt Bedenken hätte, diese Fragen aufzurollen. Um eine Umgehung der Notabgabe-Verordnung zu verhindern, würden Kürzungen der Löhne und Gehälter durch die Betriebe nach dem 15. August 1945 nicht mehr anerkannt.

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl gibt seiner Enttäuschung über die Nichtbeteiligung der Gemeinden an der Notabgabe Ausdruck. Für die Münchener Stadtverwaltung hätte sich bei einer Senkung der Gehälter und Löhne anstelle einer Notabgabe eine monatliche Einsparung von zwei Millionen Mark, also jährlich 24 Millionen Mark ergeben.

Ministerpräsident Schäffer verweist hier wieder auf den Finanzausgleich.14 In welcher Form den Gemeinden geholfen werde, sei ja gleichgültig, die Hauptsache sei, daß den Gemeinden überhaupt geholfen werden könne. Wahrscheinlich werde man die Zuschüsse für die Gemeinden unter der Überschrift Wohlfahrtspflege laufen lassen.15

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl wendet ein, daß Zuschüsse immer Gnadensache seien. Der Ausfall der Gehaltskürzung sei für die Gemeinden immerhin empfindlich.

Präsident Rosenhaupt weist ebenfalls darauf hin, daß die Kürzungen jetzt ausschließlich dem bayerischen Staat zugute kämen.

Ministerpräsident Schäffer kommt in diesem Zusammenhang auf die Frage zu sprechen, ob die Reichsbahn im bayerischen Etat bleibe oder nicht.

Präsident Rosenhaupt stellt einen Bericht dieserhalb für Freitag in Aussicht, da diese Frage heute wahrscheinlich in Frankfurt besprochen werde.16

[II. Erlaß der Militärregierung über Bayerische Wirtschaftskontrollstellen]

Ministerpräsident Schäffer erklärt die Diskussion zur Notabgabe-Verordnung für beendet und wendet sich dem Punkt II der Tagesordnung „Bayerische Wirtschaftskontrollstellen“ zu.17 Vom Hauptquartier der Militärregierung sei gestern eine allgemeine Anweisung über die Reorganisation der bayerischen Wirtschaftskontrollstellen eingegangen.18 Es sei notwendig, daß alle Ressorts diese Anweisung durchstudierten.

Wirtschaftsminister Dr. Lange gibt seinen Bedenken Ausdruck, daß durch diese Anweisung die Einrichtung der Fachverbände zerschlagen werde. Es sei infolgedessen nicht mehr möglich, die Wirtschaft zu steuern.19 Er habe heute mit dem zuständigen Referenten der Militärregierung20 gesprochen. Dieser wolle seine Einwendungen bis Freitag haben. Der Grundgedanke der Anweisung sei, daß alle Anordnungen, seien es marktregelnde, preisregelnde oder Verteilerfunktionen, in den Händen des Staates bleiben sollten. Infolgedessen habe kein Fachverband irgendetwas zu sagen, er könne höchstens eine beratende Meinung abgeben. Das würde für das Wirtschaftsministerium ein Personal von etwa 2.500 Menschen erfordern. Er werde sich daher alle Mühe geben, wenigstens die Fachverbände aufrecht zu erhalten.21 Das Landeswirtschaftsamt,22 das gerade auf dem Aussterbeetat gestanden habe, solle wieder errichtet werden und auch das Landeswirtschaftsamt Fürth solle noch vorübergehend weiter in Funktion bleiben. Bei allen Regierungen sollen Zweigwirtschaftsämter errichtet werden. Unter diesen Zweigwirtschaftsämtern stünden dann wieder örtliche Wirtschaftsämter bei sämtlichen Landräten und bei den Städten. Unter diesen Wirtschaftsämtern stünden dann Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern als rein örtliche Organisationen. Im Gegensatz zu dieser Regelung, die rein regional gedacht sei, sei die Zusammenfassung der Wirtschaft in Fachverbänden für ihn das Gegebene. Was aus den Industrie- und Handelskammern Bayreuth und Nürnberg werde, hätte man ihm nicht sagen können. Diese Frage sei aufgetaucht, weil nach der neuen Anweisung23 ein Wirtschaftsamt nur bei der Regierung in Ansbach errichtet werden solle.

Völlig in der Luft hänge der Verkehr,24 der überhaupt nicht eingegliedert sei, jedenfalls nicht in seinem Ministerium. Vielleicht würde er dem Herrn Ministerpräsidenten direkt unterstellt werden. Ebenso sei in den Anweisungen kein Wort von Banken und Versicherungen enthalten. Ferner sollten die Leitstellen als Überbleibsel der alten Reichsstellen25 verschwinden. Bisher seien diese mit Fachkräften aus der Wirtschaft besetzt gewesen, die jetzt alle Beamte oder wenigstens Angestellte werden sollten, obwohl sie fast alle eigene Betriebe hätten. Der Referent der Militärregierung hätte seinen diesbezüglichen Einwand damit beseitigt, daß er erwidert hätte, dergleichen Personen könnten als Angestellte behandelt werden, wenn sie auch eigene Betriebe hätten.

Wirtschaftsminister Dr. Lange bezeichnet die Anweisung vor allem deswegen als unpraktisch, weil jetzt eine direkte Verbindung des einzelnen Produzenten über den Fachverband zur Reichsstelle fehle. Er habe einen Plan ausgearbeitet, wie die Einteilung jetzt gemäß Anweisung der Militärregierung aussehe. Er werde ihn vorlegen.26

Ministerpräsident Schäffer ersucht die Ressorts, jeweils zu den Punkten der Anweisung der Militärregierung Stellung zu nehmen, die die Ressorts berührten. Die Frage der künftigen Unterstellung der Holzwirtschaftsämter müsse zwischen Landesforstverwaltung und Wirtschaftsministerium besprochen werden.

Landesforstmeister Hoepffner stellt die Klärung einer Zweifelsfrage betreff Übernahme der Sägewerke, die weniger als 10 Kubikmeter Holz täglich verarbeiten, im Benehmen mit Dr. Meyer27 in Aussicht.

[III. Personalfragen]

Staatsrat Dr. Müller behandelt im folgenden Personal-Vorschläge. Er schlägt vor, der Beförderung von Professor Dr. Seiffert,28 Medizinalrat I. Klasse im Innenministerium, zum Ministerialrat zuzustimmen.

Ministerpräsident Schäffer stellt fest, daß dagegen keine Erinnerung erhoben werde.

Staatsrat Dr. Müller schlägt weiter Beförderung des Regierungsbaurates I. Klasse Fischer,29 des Leiters der Obersten Baubehörde, zum Ministerialrat vor.

Ministerpräsident Schäffer stellt fest, daß dagegen keine Erinnerung erhoben werde.

Bezüglich der Beföderung von Regierungsrat Martini30 von der Bayerischen Versicherungskammer zum Präsidenten der Bayerischen Versicherungskammer gibt Staatsrat Müller zu bedenken, daß bei einer solchen Beförderung ein zu großer Gehaltssprung eintrete. Er schlage daher vor, den Regierungsrat Martini zunächst zum Ministerialrat zu befördern und ihn mit der kommissarischen Leitung der Geschäfte des Präsidenten der Bayerischen Versicherungskammer zu betrauen.

Ministerpräsident Schäffer erklärt, daß für ihn in derlei Fragen immer der entscheidende Gesichtspunkt sei, welche Stellung ein solcher Mann heute einnähme, wenn man seit 1933 vollkommen normale Verhältnisse gehabt hätte.31 In diesem Falle wäre Regierungsrat Müller [Martini] heute wohl Ministerialrat. Nach einiger Zeit könne Ministerialdirektor Fischer dann einen Vorschlag auf weitere Beförderung einreichen.

Reichsminister a.D. Dr. Geßler schneidet die Frage der Beförderung des Oberregierungsrats Kreisselmeyer32 zum Regierungspräsidenten des Regierungsbezirkes Augsburg an. Nach einer kleinen Aussprache darüber wird die Erledigung dieser Angelegenheit auf die nächste Ministerratssitzung vertagt.33

Ministerpräsident Schäffer weist auf Grund eines Einzelfalles darauf hin, daß in noch ungeklärten Fragen keine Stelle irgendeines Ministeriums sich vor Klärung mit der Militärregierung ins Benehmen setzen solle.

[IV. Erlaß des Arbeitsministeriums vom 16. Juli 1945]

Sodann tritt er [Schäffer] in die Behandlung des Punktes IV der Tagesordnung ein, „Auswirkungen des Erlasses des Arbeitsministeriums vom 16. Juli 1945“.34 In diesem Erlaß des Arbeitsministeriums an die Landesarbeitsämter seien diese angewiesen worden, den aktiven Nazis sogenannte minderwertige Arbeit zuzuweisen. Zu den aktiven Nazis seien gemäß diesem Erlaß grundsätzlich alle aktiven Offiziere zu rechnen.35 Der Erlaß sei inzwischen ziemlich allgemein bekannt geworden. Er habe, wie er dem Kollegen Roßhaupter gegenüber schon betont habe,36 gegen diesen Erlaß sehr schwere Bedenken. Wenn man den Nazismus ausrotten wolle, dürfe man das nicht mit Methoden tun, die die Nazis selbst erfunden und angewandt hätten. Das, was ihn als Jurist wie als anständigen Menschen innerlich am schwersten treffe, sei, wenn Gesetze nicht im Sinne ihrer Einrichtung angewandt, sondern für einen politischen Zweck mißbraucht würden. Die Arbeitsvermittlung sei eine sehr wohltätige Einrichtung. Er könne aber keinesfalls unterschreiben, daß man die Arbeitsvermittlung dazu benütze, um gewisse Bevölkerungskreise dauernd zu diffamieren und gewissermaßen als Arbeitssklaven zweiter Ordnung zu behandeln. Im übrigen könne man nicht sagen, daß jeder aktive Offizier ein aktiver Nazi gewesen oder als Militarist einem aktiven Nazi gleichzustellen sei. Es sei nur an die Zehntausende von jungen Leuten erinnert, die aus ihren Berufen herausgerissen worden seien und nichts als ihren Abituriententitel gehabt hätten und die schließlich aus wirtschaftlichen Gründen, um für den Fall einer Verwundung besser gestellt zu sein, aktiver Offizier geworden seien. Sie seien dabei von der Überlegung ausgegangen, daß es im Kriege ja schließlich gleichgültig gewesen sei, ob einer Reserve- oder aktiver Offizier gewesen sei.37 Jetzt zu sagen: Du bist dein Leben lang ein Mensch zweiter Klasse, der mit minderwertiger Arbeit zu beschäftigen ist, sei nach seinem Dafürhalten nicht zu verantworten und gehe gegen jedes Menschlichkeitsgefühl. Er wisse genau, daß diese Regelung nicht vom Kollegen Roßhaupter selbst stamme, sie sei aber von ihm unterzeichnet im Auftrage der Militärregierung. Es erhebe sich die Frage, ob man nichts zur Abänderung dieses Erlasses tun könne.

Arbeitsminister Roßhaupter weist darauf hin, daß diese Regelung nicht von ihm stamme, sondern auf einer Anordnung der Militärregierung beruhe.38 Der Abschnitt bezüglich der aktiven Offiziere sei ausdrücklich auf Verlangen der Militärregierung (Capt. Bolds)39 aufgenommen worden. Bei der Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen, die vom Präsidenten des Landesarbeitsamtes München40 vorgenommen worden sei, habe er diesen gebeten, er möchte insbesondere bezüglich der Offiziere Bestimmungen aufnehmen, die diese scharfe Ausnahmestellung für die Offiziere milderten. Er habe die Ausführungsbestimmungen der Militärregierung zur Genehmigung vorlegen müssen und dabei sei ihm bedeutet worden, daß sie in dieser Form von der Militärregierung keinesfalls genehmigt werden könnten, weil sie im großen und ganzen das wieder aufheben würden, was in der Verordnung selber vorgesehen sei. Er habe dann einen anderen Weg einzuschlagen versucht, indem er in den Ausführungsbestimmungen gesagt habe, daß der Offizier von der betreffenden Bestimmung ausgenommen sei und gleich den übrigen Arbeitssuchenden behandelt werde, wenn er zwei Gewährsmänner dafür beibringe, daß er sich nicht im nationalsozialistischen Sinne betätigt habe. Auf das Ersuchen des Herrn Ministerpräsidenten, dieserhalb noch einmal mit der Militärregierung ins Benehmen zu treten, habe Capt. Bolds seinem Dolmetscher gegenüber die von ihm vorgeschlagene Regelung mit den zwei Zeugen angenommen.41 An dem Erlaß selbst ändere sich nichts. Darauf bleibe die Militärregierung, wie seinem Dolmetscher erklärt worden sei, strikte bestehen.42

Ministerpräsident Schäffer ersucht, diese neue Regelung sofort an die Landesarbeitsämter hinauszugeben.

Arbeitsminister Roßhaupter sagt dies für den nächsten Tag zu.

Ministerpräsident Schäffer kommt auf die Auswirkung solcher Erlasse im politischen Leben zu sprechen. Man müsse an die Folgen denken, die sich ergäben, wenn nach Wiederzulassung der Parteien eine solche Entschließung, gezeichnet von einem Minister, in der Öffentlichkeit verlesen würde. Selbst Leute, die die stärksten Antimilitaristen seien, würden sagen, das sei das Gegenteil von Demokratie, das sei eine Art Sklavenstaat. Er verstünde außerdem gar nicht, wie man zu dem Wort minderwertige Arbeit komme. In einer sozialen Zeit wie der heutigen könne man doch überhaupt eine Arbeit nicht als minderwertig bezeichnen und noch weniger Leute zu einer minderwertigen Arbeit verurteilen. Es gebe Dinge, wo man auch gegenüber der Militärregierung sagen müsse, daß man hier nicht mitmache. Die Minister seien in einer viel leichteren Lage als er, da er die Pflicht habe, dem Gouverneur gegenüber die Verantwortung zu übernehmen. Es sei die große Gefahr vorhanden, daß durch derlei Regelungen, wie sie in dem Erlaß vom 16. Juli 1945 vorgesehen seien, viele Menschen in ein staatsfeindliches Fahrwasser hineingetrieben würden, insbesondere Leute, die bereits einmal eine Republik gestürzt hätten. Er hoffe, daß in der Praxis eine Milderung eintrete und daß bei den Arbeitsämtern auch menschlich fühlende Beamte säßen, die die zwei Zeugen anerkennen würden.

Arbeitsminister Roßhaupter beantwortet die Anfrage des Oberbürgermeisters Dr. Scharnagl betreffend Verwendung von Militärmedizinern dahin, daß diese nicht unter die Bestimmungen des Erlasses vom 16. Juli 1945 fielen.

Ministerpräsident Schäffer bezweifelt, ob sie damit auch in einem Krankenhaus tätig sein dürften. Man könne allerdings deshalb nicht eine eigene Durchführungsbestimmung erlassen, sondern es sei empfehlenswert, derlei Dinge bei Besprechungen den in Frage kommenden Dienststellen bekanntzugeben. Er habe selbst den Fragebogen eines aktiven Offiziers,43 der nicht Parteimitglied gewesen sei, bei der Militärregierung eingereicht, und der Offizier sei abgelehnt worden. Doch bestehe der Eindruck, daß die Handhabung nicht allerorts gleich sei. Jedenfalls sei zu empfehlen, derlei Bewerber nicht gleich für leitende Posten vorzuschlagen.

Reichsminister a.D. Geßler mißt der Frage der Verwendung von aktiven Offizieren besonders beim Aufbau der Polizei Bedeutung bei.44 Bei dem derzeitigen Stand der Sicherheit müßte man Offiziere haben, die mit der Waffe umgehen und energisch zugreifen könnten. Allerdings sei das künftighin eine Angelegenheit der Kreise.

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl teilt mit, daß in der Schutzpolizei Offiziere bis zum Oberstleutnant mit jüngerem Parteieintrittsdatum belassen worden seien.

Reichsminister a.D. Dr. Geßler erinnert daran, daß die Offiziere, die wirkliche Nazi gewesen seien, im allgemeinen in der Waffen-SS gedient hätten und zu dieser auf Grund besserer Beförderungs- und Verpflegungsaussichten hinübergeholt worden seien, abgesehen davon, daß sie häufig nicht in dem Maße eingesetzt worden seien wie die Offiziere der anderen Wehrmachtsteile. Jene Offiziere, die bei der Wehrmacht geblieben seien, seien bis auf Ausnahmen Gegner der Nazi-Partei gewesen.

[V. Entnazifizierung]

Ministerpräsident Schäffer kommt in diesem Zusammenhang dann auf die Denazifizierung zu sprechen und erklärt, daß er bei Gegenvorstellungen jetzt viel mehr Entgegenkommen gefunden habe als früher.45 Er halte es für empfehlenswert, die Beamten zu Gegenvorstellungen aufzufordern.

Präsident Geiger gibt dazu bekannt, daß die Vertrauensleute der Reichspost mit den Amerikanern einen Kompromiß geschlossen hätten auf der Basis, daß die entlassenen Beamten, soweit sie benötigt würden und nicht wirklich Nazis gewesen seien, zunächst auf Widerruf und in der Besoldungsgruppe wieder eingestellt würden, die sie im Jahre 1933 gehabt hätten. Die Reichspost dürfe dabei bis auf das Jahr 1933 zurückgehen, wenn einwandfrei nachgewiesen werden könne, daß der Betreffende gesinnungsmäßig kein Nazi gewesen sei.46 Das sei derselbe Vorschlag, den der Herr Ministerpräsident schon im Juni 194347 gemacht habe.

Ministerpräsident Schäffer stellt fest, daß seine Abschrift der Besprechung zwischen der Reichspost und der Militärregierung bereits in seinen Händen sei.48 Man könne diese Vereinbarung bei Gegenvorstellungen allerdings nur bedingt verwenden, da man sonst Gefahr laufe, etwas Gutes zu zerstören. Es sei daher empfehlenswert, sich lediglich darauf zu beziehen, daß in anderen Verwaltungszweigen schon ähnliche Regelungen getroffen worden seien.

Präsident Dr. Geiger legt Nachdruck auf die Feststellung, daß man eine schriftliche Anweisung nicht habe, wohl aber sei zugesagt, man würde Vorschlägen auf Wiedereinstellung solcher Leute unter diesen Bedingungen wohlwollender gegenüberstehen als bisher.

Dr. Hoegner schildert die Personalverhältnisse bei der Justiz mit Bezug auf die Denazifizierung.49 Bei der Justiz ruhten zunächst alle Funktionen und die Beamten bekämen keine Bezahlung. Mit der Wiedereröffnung der Gerichte50 würden die Leute nacheinander herbeigeholt, gewisse natürlich überhaupt nicht mehr. Lediglich bei der Gefängnisverwaltung seien bisher Entlassungen ausgesprochen worden, in größerem Umfange bei den Gefängnisverwaltungen Landsberg und Bernau.51 Die Wiedereinberufungen würden verschieden gehandhabt werden. Im Landgerichtsbezirk Augsburg würde man überhaupt keine PG's zulassen. Man habe dort von den Arbeitsämtern weibliches Hilfspersonal verlangt, das von den bisherigen mittleren Beamten eingearbeitet werden sollte. In anderen Bezirken sei man großzügiger vorgegangen, teilweise sei eine Bereinigung des mittleren Personals überhaupt noch nicht vorgenommen.

Nach Erörterung einer Personalfrage (Einstellung eines gewissen Staatsanwalts Schmucker52 als sogenannten Chef der Gefängnisverwaltung) wird kurz die Frage der Errichtung eines Staatsministeriums für Justiz gestreift,53 wobei Ministerpräsident Schäffer darauf hinweist, daß er gelegentlich einer Anfrage von zwei Offizieren des Großen Hauptquartiers auf die Errichtung eines Bayerischen Justizministeriums gedrängt habe.

Hoegner nimmt zu dieser Frage dahingehend Stellung, daß nach seinen Informationen man dieserhalb im Großen Hauptquartier geteilter Meinung sei.54

Kultusminister Dr. Hipp fragt an, wie er sich in Fällen zu verhalten habe, wo Leute nur deshalb nicht angestellt bzw. wieder eingestellt werden könnten, weil die betreffenden Schulen noch nicht zugelassen seien.

Ministerpräsident Schäffer beantwortet die Anfrage dahingehend, daß in Bayern am 16. Juni die Regelung getroffen worden sei, daß Beamte nur bezahlt werden könnten, wenn sie mit Genehmigung der Militärregierung tätig seien. Ob sie tätig seien, stelle der jeweilige Amtsvorstand fest, den die Kasse daher zu befragen habe. Es werde dabei nicht verlangt, daß der Beamte in seiner Dienststellung beschäftigt werde.

Kultusminister Dr. Hipp fragt weiter an, ob es richtig sei, daß Nicht-Bayern nicht verwendet werden sollten.

Ministerpräsident Schäffer betont, daß davon nicht gesprochen worden sei, sondern daß im Einvernehmen mit der Militärregierung lediglich die Gehälter der rückwandernden Beamten, die von Österreich oder sonst irgendwoher nach Bayern hereinkommen, durch eine Anweisung an die Finanzverwaltung nicht mehr bezahlt werden sollten.

[VI. Staatsbürger-Austausch Bayern-Österreich]

Mit Österreich habe man jetzt vereinbart, daß bis 1. September beide Regierungen keine Angehörigen des anderen Landes ausweisen würden.55 In der Zwischenzeit sollten Besprechungen stattfinden mit dem Ziel, daß erstens die nicht-bayerischen Reichsdeutschen, die Österreich abschieben wolle, nicht über Kufstein, sondern über Bregenz abgeschoben würden und daß zweitens die Bayern in Österreich und die Österreicher in Bayern Pässe für eine Rückwanderung bekommen sollten. Je nach dem Ergebnis der Rückwanderung werde dann eine Regelung betreffend eventueller zwangsweiser Ausweisung getroffen56. Wenigstens hätte man diese Regelung mit dem Landeshauptmann von Tirol in Gegenwart eines französischen Offiziers getroffen. Weitere Verhandlungen mit Innsbruck stünden unmittelbar bevor.57 Er bittet daher, mit Ausweisungen bis zum 1. September zu warten.

Präsident Geiger fragt an, was mit den österreichischen Beamten gemacht werden solle.

Ministerpräsident Schäffer spricht sich für Belassung im Dienst bis 1. September aus.58

Präsident Rosenhaupt teilt mit, daß die Reichsbahn die Entlassung der Österreicher bereits ab 1. August ausgesprochen habe, daß man aber nach Dazwischentreten der Amerikaner die Entlassungen zunächst aufgeschoben habe. Inzwischen habe er gehört, daß die Military Railway Service keine Erinnerung gegen die Entlassungen erhebe. Die österreichischen Arbeiter wollten die Amerikaner hier behalten, weil Mangel an Facharbeitern bestehe. Eine Reihe von Österreichern sei freiwillig abgefahren. Mit Tirol seien die Verhältnisse geklärt. Schwieriger sei es dagegen mit Linz, Salzburg, Klagenfurt und Villach. Allerdings hätte man auch hier erreicht, daß in nächster Zeit die bayerischen Eisenbahner durch vier große Züge abgeholt würden, wobei diese nicht nur einige Koffer, sondern möglichst ihre gesamte Habe mitnehmen könnten.

Staatsrat Rattenhuber weist darauf hin, daß Österreich ständig Viehlieferungen von Bayern bekomme. Er bitte bei eventuellen Schwierigkeiten um genaue Unterlagen.

In seinem Amt Ernährung und Landwirtschaft habe man ihm alle entlassenen Beamten und Angestellten auf weitere vier Wochen belassen, soweit sie lediglich zahlende PG's waren. Die Militärregierung habe sogar die örtlichen Militärregierungen angewiesen, daß die Angestellten und Beamten in den Ernährungsämtern weiter arbeiten dürften. Außerdem hätten zwei entlassene höhere Beamte wieder eingestellt werden können.59

[VII. Überfremdung]

Dr. Hoegner kommt auf die Überfremdung der bayerischen Behörden zu sprechen.60 In der Justiz würden die Verhältnisse geradezu grotesk werden. Angeblich sei keiner der nicht aus Bayern Stammenden Parteigenosse gewesen. Es sei ein unmöglicher Zustand, daß die bayerischen Beamten entlassen würden, und daß Herren aus den von den Russen besetzten Gebieten, denen man nicht nachweisen könne, daß sie einmal in der späteren Zeit der Partei beigetreten seien, inzwischen die leitenden Stellen besetzten. In einem einzigen fränkischen Oberlandesgerichtsbezirk seien von 300 Richtern lediglich 7 Nichtparteigenossen,61 in Nürnberg sei es noch schlimmer. Dort gebe es bei den mittleren Beamten nur Parteigenossen. Er verstehe, daß einer unter dem Druck der Not oder der Befürchtung, daß er wieder in das von den Russen besetzte Gebiet abgeschoben werde, eine falsche Aussage mache. Aber trotzdem müsse hier etwas geschehen, etwa daß auf dem Umweg über Berlin auch die Verhältnisse dieser Herren nachgeprüft würden. Diese Frage sei brennend und spiele besonders in der Justiz eine große Rolle.

[VIII. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums]

Weiter müsse die Frage der Behandlung der Beamten aufgerollt werden, die 1933 oder später auf Grund des Gesetzes über die sogenannte Wiederherstellung des Berufsbeamtentums62 oder aus einem anderen politischen Grunde entlassen worden seien. Diese Beamten bzw. ihre Angehörigen hätten heute noch keine Pension.63

Redner führt einen besonders krassen Fall an, wo ein Staatsanwalt zu fünf Jahren verurteilt worden sei und dann in einem Bewährungsbataillon gefallen sei. Die Witwe bekomme noch heute keine Pension. Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums halte er aus staatspolitischen und staatsrechtlichen Gründen für nichtig und als solches müsse es behandelt werden. In der Praxis sei es zwar aus finanziellen Gründen unmöglich, die vollständigen rechtlichen Konsequenzen daraus zu ziehen, zumindest aber müßte die Wiederanstellung und entsprechende Beförderung dieser Leute durchgeführt werden. Seines Wissens habe die Stadt das bereits getan.

Ministerpräsident Schäffer hat gegen diesen Vorschlag nichts einzuwenden.

Dr. Hoegner sagt auch die Einstellung von Leuten über 65 Jahren zu, da der Bedarf an Nicht-Parteigenossen besonders für Nordbayern außerordentlich groß sei.

Man könne sich übrigens schwer vorstellen, daß man Hunderte von hochqualifizierten Beamten für dauernd ohne Pension auf die Straße werfe. Er habe einem hohen alliierten Beamten gegenüber den Vorschlag gemacht, die Fälle individuell zu behandeln und einen Ausschuß einzusetzen, wie es in der Stadt geschehen sei, gegebenenfalls unter Vorsitz eines amerikanischen Offiziers.

Ministerpräsident Schäffer gibt die Zahl von 50% entlassener Beamter in der Finanzverwaltung bekannt. Unter den 50% seien seiner Schätzung nach etwa 30%, die gesinnungsmäßig keine Nazis seien. Er werde auch dem Col. Reese gegenüber, wenn dieser Ende August seinen Abschlußbericht über die Denazifizierung mache, ganz klar zum Ausdruck bringen, daß die Landesregierung sich bemüht habe, die Denazifizierungsanordnungen durchzuführen, daß sie aber feststellen müsse, daß auf die Dauer der Apparat der Landesverwaltung so nicht arbeiten könne. Es sei auch ungerecht, so vorzugehen. Er werde daher den Vorschlag machen, daß die Bayerische Landesregierung ermächtigt werde, einen bestimmten Prozentsatz von Beamten zur Wiederanstellung in Vorschlag zu bringen. Dabei könnten die herausgesucht werden, die nach bestem Wissen und Gewissen als gesinnungsmäßige Antinazis oder Nichtnazis bezeichnet werden müßten.64 Diese würden zur Wiedereinstellung vorgeschlagen werden. Die Militärregierung könne den Vorschlag des Ausschusses überprüfen. Bei den zweifelhaften Fällen, wo nichts besonderes vorliege, könnte die Landesregierung das Recht erhalten, ihnen wenigstens teilweise Ruhegehalt zu gewähren, so daß sie nicht hungern müßten, soweit sie nicht die Möglichkeit hätten, in der freien Wirtschaft unterzukommen. Dies sei aber jetzt bei keinem der Fall. Wenn er aber doch verdienen könne, bekomme er natürlich kein Ruhegehalt. Übrig bleibe der Prozentsatz der wirklichen Nazi, der Nazi, die unter die volle Härte unserer Zeit fallen würden.65 Er werde dann um die Möglichkeit bitten, diesen Vorschlag in Frankfurt an entscheidender Stelle persönlich vertreten zu können.66

Jedenfalls könne die Regierung auf die Dauer die Verantwortung dafür nicht tragen, insbesondere wenn die politische Betätigung wieder gestattet werde.

[IX. Zulassung politischer Parteien]

Bei dieser Gelegenheit gab der Ministerpräsident bekannt, daß er auf Ansuchen von Col. Reese eine kleine Denkschrift ausgearbeitet habe, wie er sich die Frage der Zulassung der politischen Parteien und deren Rückwirkung auf die Bayerische Landesregierung denke.67 Er habe dabei erklärt, daß die Mitglieder der Bayerischen Landesregierung nicht als Exponenten irgendwelcher politischen Parteien, sondern als Deutsche bestellt worden seien, die in dieser Notstunde ihre Pflicht täten. Mit der Zulassung von politischen Parteien stünden die Mitglieder der Landesregierung vor einer sehr schwierigen Frage, da die meisten Mitglieder der Landesregierung noch gewisse Beziehungen zu politischen Parteien hätten und nun vor die Frage gestellt würden, ob sie sich nach der Willensmeinung ihrer früheren Parteiangehörigen richten sollten oder nicht. Er habe Col. Reese gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß er die Erklärung abgebe, daß die Mitglieder der Landesregierung nach wie vor ohne Rücksicht auf politische Parteien ihre Pflicht erfüllten. Er schlage den Mitgliedern der Landesregierung vor, darüber vielleicht einmal gesondert zu sprechen, ob er diese Erklärung aufrecht erhalten könne. Sie sei von ihm zunächst persönlich gedacht gewesen.

Im gegenwärtigen Zeitpunkt halte er die Zulassung politischer Parteien zumindest für sehr gefährlich,68 insbesondere mit Rücksicht auf die Verhältnisse im russisch besetzten Gebiet. Es bestünde die Gefahr, daß auf Grund von Verhältnissen, wofür die Mitglieder der Landesregierung nicht verantwortlich gemacht werden könnten, eine Unmenge von Leuten in ein absolut negatives Lager getrieben würden. Man denke an die Kriegsversehrten, an die aktiven Offiziere, man denke an die 50% entlassener Beamter, an viele Gewerbetreibende, an die Leute, die aus ihrer Wohnung hinausgesetzt worden seien. Alle diese Leute stünden vor dem Nichts. Wer vor dem Nichts stehe, der werde leicht Nihilist, denn er habe nichts mehr zu verlieren, und er ist leicht geneigt, ein weiteres Experiment mitzumachen. Es ist leicht möglich, daß auf dem Wege der Denazifizierung die Nazi hinausgeworfen würden und daß sie auf dem Wege über die Demokratie wieder zur anderen Türe hereinkämen.

Col. Reese habe dann davon gesprochen, daß man das Programm der Parteien genehmigen müsse. Seine Erwiderung sei die gewesen, daß man es 12 Jahre lang erlebt habe, daß die scheußlichsten Verbrechen mit den schönsten Phrasen gedeckt worden seien. Die Überwachung eines Programms, einer Phraseologie helfe nichts.

Es sei sogar denkbar, daß eine politische Partei der anderen ehemalige Nazi als Mitglieder zuführe, um diese Partei dadurch zu diffamieren.

Allen diesen Erwägungen verdanke das Treuedankgesetz seine Entstehung. Darin würden nicht in negativer Weise Diskriminierungen ausgesprochen, sondern es würde umgekehrt die Loyalität von 12 Jahren belohnt, und diejenigen, die auf Grund dieses Gesetzes das Landesbürgerrecht erhielten, würden von gewissen allgemeinen Lasten befreit.69

Er habe außerdem vorgeschlagen, mit der Zulassung von Vertretern der politischen Parteien zuerst in den unteren Selbstverwaltungskörpern anzufangen. Nur Leute, die sich bereits in kleineren Verwaltungskörpern bewährt hätten, kämen später für größere Aufgaben in Frage.

Im Zusammenhang mit dem ganzen Fragenkomplex habe er der Militärregierung eine vorläufige Liste von nationalsozialistischen Gesetzen vorgelegt, die entweder ganz aufgehoben oder entsprechend abgeändert werden sollten.70

Die Denkschrift werde, wie er erfahren habe, in Frankfurt vorgelegt werden. Sie sei seine persönliche Stellungnahme und nicht eine Stellungnahme der Landesregierung. Wohl aber werde die Landesregierung als solche noch einmal dazu Stellung nehmen müssen.

Redner gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die Demokratisierung und Politisierung nicht die schöne Einheit zerstören möge, die bisher im Ministerrat geherrscht habe.

Dr. Hoegner betont, daß auch er immer auf dem Standpunkt gestanden habe, daß den Nazis kein Wahlrecht gegeben werden dürfe. Deutschland sei an der falschen, an der mißverstandenen Demokratie zugrunde gegangen. Man habe früher den geschworenen Gegnern der Demokratie die gleichen Rechte eingeräumt, obwohl diese die anderen Staatsbürger selbst darauf aufmerksam gemacht hätten. Das beste Beispiel dafür sei, daß man das Redeverbot für Hitler71 auf Grund der Demokratie aufgehoben hätte.

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen nimmt Redner zur Verhaftung zahlreicher höherer Beamter Stellung. Diese seien lediglich verhaftet worden, weil sie höhere Beamte seien.

Ministerpräsident Schäffer bringt in diesem Zusammenhang ausführlich den Fall Ringelmann72 zur Sprache, wo eine Verhaftung nur unter der Begründung vorgenommen worden sei, daß Ringelmann 1934 zum Ministerialrat befördert worden sei. Der Partei sei Ringelmann aber erst im Dezember 1939 beigetreten. Alle Bemühungen, Ringelmann frei zu bekommen, seien bisher gescheitert, auch nachdem es augenscheinlich geworden sei, daß Ringelmann wahrscheinlich einer Verwechslung zum Opfer gefallen sei.73

Staatsrat Müller teilt zu dem Fall Ringelmann noch mit, daß dem Sohn von Ringelmann74 vom CIC gesagt worden sei, sein Vater sei verhaftet worden, weil er höherer Beamter der Finanzverwaltung sei.

Zu der Frage der Verhaftung von höheren Beamten nehmen noch Reichsminister a.D. Geßler und Dr. Hoegner Stellung.

Reichsminister a.D. Geßler verweist insbesondere darauf, daß immer noch führende Nationalsozialisten in München frei herumliefen.

[X. Bezahlung von Arbeitern der Besatzungsmacht]

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl schlägt nach ausführlicher Begründung vor, in Erwägung zu ziehen, die bei der amerikanischen 3. Armee beschäftigten Arbeiter grundsätzlich nach dem Bauarbeitertarif zu bezahlen. Für die Einstufung dieser Arbeiter in den Tarif B (Tarif für Gemeindearbeiter) fehle jede Voraussetzung. Betroffen würden nicht nur Arbeiter auf den Flugplätzen, sondern u.a. auch 837 bei Maffei beschäftigte Arbeiter.

Ministerpräsident Schäffer will der Militärregierung einen konkreten Vorschlag auf eine Änderung unterbreiten dahingehend, daß der Tarif B keine Anwendung finde, wenn der Arbeiter praktisch im gleichen Arbeitsverhältnis bleibe und früher einen höheren Tariflohn bezogen habe.

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl erwidert, daß es schwierig sei, bei 8.000 Arbeitern festzustellen, ob sie früher nach einem höheren Tarif entlohnt worden seien.

Ministerpräsident Schäffer entgegnet, daß bei einer generellen Regelung viele Arbeiter den Bauarbeitertarif bekämen, die weder Bauarbeiter gewesen seien noch jetzt als solche beschäftigt würden.

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl erklärt, daß die Differenz gegenüber dem Metallarbeiter-Tarif, der um 15 Pfennig die Stunde höher liege, den Beteiligten tragbar erscheine.

Staatsrat Müller schlägt vor, daß je ein Referent des Finanzministeriums und der Stadt (für diese Bürgermeister Wimmer) die Angelegenheit bespreche.

Ministerpräsident Schäffer ist damit einverstanden. Nur müsse der Vorschlag dann für das ganze Land verwendbar sein.

Der Ministerpräsident erklärt in großen Zügen, wie es zu der Einstufung der bei der amerikanischen 3. Armee beschäftigten Arbeiter in den Tarif B gekommen sei. Ursprünglich hätten die Amerikaner sehr hohe Gehälter bezahlt und, da das Land die Besatzungskosten zu tragen hätte, sei man froh gewesen, eine Vereinheitlichung zu erreichen. Er lege überhaupt prinzipiell größten Wert darauf, daß die Anordnungen des Regional Military Government for Bavaria auch für die unteren Instanzen Geltung hätten. Auch sein Fiscal Officer75 stehe auf diesem Standpunkt.

[XI. Entwurf Nr. 5 eines Notgesetzes zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs]

Ministerpräsident Schäffer geht dann zum Punkt VI [XI.] der Tagesordnung, der Beratung des Notgesetzes zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleiches76 über. Er stellt eingangs Ausführungen des Münchener Stadtrates Preis richtig, der in einer Rundfunkrede und auch ihm persönlich gegenüber gesagt hätte, daß ein Gesetzentwurf von ihm schon lange bei der Landesregierung vorliege, aber noch nicht beantwortet worden sei. Im Büro des Ministerpräsidenten sei er vor etwa zwei Wochen eingegangen. Er hätte vollkommen umgearbeitet werden müssen. Der Referenten-Entwurf sei dem Stadtrat Preis wieder zugestellt worden und erst am Montag nachmittag sei er zur gleichen Stunde, in der Stadtrat Preis bei ihm vorgesprochen habe, in seine Hände gelangt.

Bei der Aussprache mit Stadtrat Preis habe Redner auf die Klagen Bezug genommen, die bei der Militärregierung über das Wohnungsamt München77 vorgetragen worden seien und die nicht unbegründet erschienen. Nach Aussage der Militärregierung gebe es am Wohnungsamt München Organe, die beschlagnahmte Wohnungen guten Freunden zuweisen würden.

Der Ministerpräsident bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine Unterredung mit dem Nürnberger Oberbürgermeister Treu,78 in der dieser klar zum Ausdruck gebracht habe,79 daß man in Nürnberg, wo die Wohnungsnot80 genau so groß sei wie in München, bei Wohnungsbeschlagnahmen sich streng an die gesetzlichen Grundlagen halte. Selbst wenn man nach dem Reichsleistungsgesetz81 vorgehe, das er als Anwalt immer bekämpft habe, so sei das wenigstens nach außen hin ein gesetzlicher Boden. Im übrigen habe man für München ein Zuzugsverbot erlassen.82 Er glaube, daß die Wohnverhältnisse auch in München sich besserten, wenn einmal die Reisebeschränkungen83 aufgehoben würden, da dann viele ihren Wohnsitz in der näheren Umgebung von München nehmen könnten. Das würde für den nächsten Winter eine wesentliche Erleichterung in der schwierigen Frage der Brennstoffversorgung ergeben. Für diese Zeit müßte man wohl noch das Rückkehrverbot für Nichtberufstätige aufrecht erhalten.

Zum Gesetz[es]vorschlag selbst gibt der Ministerpräsident bekannt, daß verschiedene Entwürfe84 vorlägen, die er aber noch nicht alle habe lesen können, weil sie heute erst eingetroffen seien. Er halte es auch für fraglich, ob man heute bereits in dieser Frage zu einem Entschluß kommen könne, den man dann vielleicht als übereilt ansehen müsse. Er würde vorschlagen, sich heute über die Grundsätze zu einigen.

Staatsanwalt Leusser (Referent) führt aus, daß die Raumbewirtschaftung bisher durch eine Reihe von Einzelverordnungen geregelt worden sei, die sich zum Teil widersprochen hätten und auch in der Allgemeinheit nicht bekannt geworden seien. Auch sei deren Handhabung nicht einheitlich gewesen. Die grundsätzliche Neuregelung erfordere seines Erachtens längere Zeit, da es sich um schwerwiegende Eingriffe in die Rechtssphäre des einzelnen handle.

Andererseits sei die Wohnungsnot in München und anderen Großstädten Bayerns so groß, daß Sofortmaßnahmen ergriffen werden müßten. Diesem Zweck sollte die Notverordnung dienen, die von vorneherein bis zum Erlaß des neuen Wohnraumgesetzes befristet sei, längstens bis 31. Dezember dieses Jahres. Die Verordnung, die vom Stadtrat München eingereicht worden sei, sei vom Ministerpräsidenten als ungeeignet bezeichnet worden, weil sie sich im wesentlichen darauf beschränkt habe, die Wohnraumlenkungsverordnung85 und ähnliche Verordnungen lediglich abzuändern und mit neuen Maßgaben zu versehen. Diese Verordnungen müßten vollständig umgebaut werden. Drei Gesichtspunkte seien dabei zu beachten: 1. müsse die Wohnungsbehörde und zwar ausschließlich diese über den Wohnraum verfügen können, 2. müsse die Frage der Zuzugssperre geregelt werden, was schon geschehen sei und 3. müsse man eine Verfügung über die sogenannten Naziwohnungen treffen. Bei diesem Punkte gelte es, sich zu überlegen, ob den Nazis die Wohnungen prinzipiell weggenommen werden sollten oder ob lediglich ein strengerer Maßstab bei unterbelegten Nazi-Wohnungen angelegt werden solle. Ferner müsse man sich entscheiden, ob man eine solche Wohnung wegnehme, auch wenn der Hauptschuldige nicht mehr da sei, also lediglich die Familie darunter leide. In dieser Frage schwankten die Vorschläge sehr weitgehend. Die Ausführung von Vorschlägen, die sich an das Gesetz Nr. 52 der Militärregierung86 anlehnten, hätte zur Folge, daß der Kreis der Betroffenen sehr weit gezogen würde. Er umfasse alle entlassenen Beamten, auch diejenigen, die zu unrecht entlassen worden seien, ferner leitende Beamte, die, wie vorhin dargelegt, verhaftet worden seien, ohne daß sie Parteigenossen gewesen seien. Auf alle Fälle müsse der Kreis der Betroffenen genau festgelegt werden.

Der Referent verliest den Entwurf Nr. 587 eines Notgesetzes zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs und erläutert dabei die einzelnen Paragraphen.

Der § 1 lege die Wohnungsbehörden fest und lediglich deren Aufgabe sei die Bewirtschaftung der Wohnräume und deren Zuteilung und nicht die Aufgabe von wilden Ausschüssen, die sich da und dort gebildet hätten. In den Paragraphen 2 und 3 seien die bevorrechtigten und begünstigten Personen festgelegt. Der Entwurf des Arbeitsministeriums spreche lediglich von bevorrechtigten Personen. Das Wohnungsamt München aber halte eine Trennung von bevorrechtigten und begünstigten Personen für zweckmäßig. Den Bevorrechtigten stünde sofort eine Wohnung zu, die Begünstigten würden erst nach und nach nach Maßgabe des verfügbaren Wohnraumes herangezogen.

Ministerpräsident Schäffer macht darauf aufmerksam, daß man bereits bei § 2 Absatz 2 Schwierigkeiten bekommen könnte. Es sei daher zweckmäßig, den Absatz „insbesondere dann, wenn ihre Versehrung auf den zweiten Weltkrieg oder den Luftkrieg zurückzuführen ist“ wegzulassen.

Staatsanwalt Leusser weist in seinen weiteren Ausführungen darauf hin, daß dieselben Bedenken wohl auch bei § 3 Absatz 1 auftauchen könnten.

Zu § 10 Absatz 3, der bei einem auffälligen Mißverhältnis der Größe des unterbelegten Wohnraumes zum Bedarf des Inhabers unter Umständen die Zuweisung einer neuen Wohnung an diesen vorsieht, bemerkt der Referent, daß diese Maßnahme sehr weitgehend sei und daß hier besondere Kautelen eingebaut werden müßten, vielleicht in der Richtung, wie das Innenministerium vorgeschlagen habe, daß eine Einweisung in eine andere Wohnung nur mit Zustimmung des Betroffenen erfolgen dürfte. Es wäre möglich, daß der Betroffene freiwillig aus der Wohnung gehe und lieber in eine kleine abgeschlossene Wohnung ziehen wolle, als daß er seine große Wohnung noch mit anderen Familien teile.

Als besonders wichtig bezeichnet Staatsanwalt Leusser § 10/IV, der die Verfügung über die sogenannten Nazi-Wohnungen enthalte. Hier sei der Fall denkbar, daß der Hauptbelastete, beispielsweise ein SS-Führer, verhaftet sei und nicht mehr in Erscheinung trete und daß die Familie mit den Kindern in der Wohnung zurückbleibe. Diesem Fall trage Abschnitt 2 von § 10/IV Rechnung. Es sei durchaus möglich, daß lediglich der Familienvorstand eifriges Parteimitglied gewesen sei, daß die Familie schon immer darunter gelitten und sich bemüht habe, den Familienvorstand zu beeinflussen, allerdings vergeblich. Wenn er nun sowieso verhaftet sei, erscheine es unbillig, daß die Familie jetzt noch zu leiden habe. Jedenfalls solle eine Ersatzunterkunft auf jeden Fall zugewiesen werden. Bei Ersatzunterkünften sei zu unterscheiden zwischen Wohnungsunterkünften und Notunterkünften. Unter letzteren seien Wohnungen zu verstehen, die gerade noch als tragbare Behausung anzusprechen seien. § 10/IV sei so auszulegen, daß, wer als Untermieter bei einem Nazi gewohnt habe, damit rechnen müsse, daß er gleichzeitig mit ihm ausziehen müsse, da sonst Umgehungen des Gesetzes Tür und Tor geöffnet wären.

Zu § 10, VII sei vom Arbeitsminister der Vorschlag eingegangen, die zeitweise Überlassung von Möbeln und sonstigen Bekleidungsgegenständen auch auf Wäsche auszudehnen.

Der § 15 betreffend Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften über die Zustellung sei auf ausdrücklichen Antrag des Wohnungsamtes München wegen zu befürchtender späterer Haftungsprozesse gegenüber Beamten des Wohnungsamtes aufgenommen worden.

Im Entwurf des Wohnungsamtes sei mit Bezug auf § 16 (Strafbestimmungen) vorgeschlagen worden, die anfallenden Geldstrafen an die Gemeinde für verfallen zu erklären. Er glaube aber nicht, daß der Ertrag dieser Geldstrafen so hoch sei, daß er den Verwaltungsmehraufwand rechtfertige. Die Geldstrafen würden daher am besten den allgemeinen Bestimmungen entsprechend verwendet werden.

Arbeitsminister Roßhaupter vertritt die Vorschläge, die im Benehmen mit dem Referenten vom Arbeitsministerium ausgearbeitet worden seien. Bezüglich der bevorrechtigten und begünstigten Personen einschließlich der Kriegsversehrten stehe er auf dem Standpunkt, daß diese Vorschriften für viele Gemeinden, z.B. Landgemeinden, überhaupt nicht zuträfen. Bezüglich der Kriegsversehrten habe er dieselben Bedenken wie der Ministerpräsident. Die endgültige Verabschiedung könne dadurch sehr hinausgezögert werden.

Der § 4 neuer Fassung würde lauten:

Zur Deckung des Wohnraumbedarfs werden herangezogen alle vorhandenen und neugeschaffenen Wohnungen und Einzelräume, insbesondere die unterbelegten Wohnräume im Sinne der Wohnraumlenkungsverordnung vom 27. 2. 43.

Die Erfassung erstreckt sich auch auf den bisher von der Wohnungsbewirtschaftung ausgenommenen Wohnraum (Dienst- und Werkwohnungen u. dergl.).

Damit erhielte dieser Paragraph eine kürzere Fassung, wobei noch auf die Ausführungsbestimmungen Bezug genommen werden sollte, soweit solche von den Gemeinden und Landratsämtern als notwendig angesehen würden.

Im § 5 sei nach den Vorschlägen des Arbeitsministeriums Absatz II zu streichen, da sonst zu befürchten sei, daß eine Reihe von Durchbrüchen durch das Gesetz vorgenommen würden. Der Entwurf sei ohnedies nur bis zum 31. Dezember 1945 vorgesehen, so daß man diese Frage am besten bis zum endgültigen Erlaß eines Wohnungsgesetzes zurückstelle. Dadurch könnten manche Wohnungen gewonnen werden, insbesondere für Facharbeiter, die heute in den Städten dringend gebraucht würden.

Redner spricht sich weiterhin für Streichung des Zusatzes, „es sei denn, daß dies zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde“, in § 10, IV, 2 aus. Das Arbeitsministerium habe ferner vorgeschlagen, die Vorschrift bei § 10, VII auch auf Kleider und Wäsche auszudehnen, sofern größere Bestände davon vorhanden seien. Er gebe allerdings zu, daß es nicht hineinpasse, denn Kleider und Wäsche seien keine Wohnungseinrichtungen.

Arbeitsminister Roßhaupter spricht sich ferner für Streichung von „Auf Antrag“ in § 8, 4 (Entwurf Nr. 4) aus.

In § 11 (Entwurf Nr. 4) oder § 13, IV u. V (Entwurf Nr. 5) solle folgende Fassung festgelegt werden:

Auf Grund der Meldung entscheidet die Wohnungsbehörde, ob und unter welchen Bedingungen die eigenmächtige Raumnutzung nachträglich zu genehmigen ist. Wohnraum, der vorschriftswidrig in Benutzung genommen wurde, kann im Wege polizeilichen Zwanges geräumt werden.

Das bedeutet lediglich eine Verlegung des zweiten Satzes nach vorne, wo er besser hineinpasse.

An § 15 schlägt er vor, anzufügen:

Die Wohnungsbehörden werden ermächtigt, soweit es örtlich oder räumlich besonders gelagerte Verhältnisse notwendig erscheinen lassen, Ausführungsbestimmungen zu dieser Notverordnung zu erlassen.

Dr. Hoegner vertritt in längeren Ausführungen mit Nachdruck die Forderung, daß nicht nur unterbelegte Nazi-Wohnungen, sondern die Nazi-Wohnungen grundsätzlich zur Deckung des Wohnraumbedarfs herangezogen werden müßten. Über das Ausmaß könne man selbstverständlich verschiedener Meinung sein. Er verweist darauf, daß das Notgesetz mit der Regelung der Frage der Nazi-Wohnung eine politische Seite habe. In der Bevölkerung errege es lebhaften Unwillen, daß viele Nazi-Burgen heute noch voll besetzt seien, als ob sich gar nichts geändert hätte. Er sei weit davon entfernt, eine kollektive Schuld der Nazi oder überhaupt des deutschen Volkes anzuerkennen und er habe diesen Standpunkt auch im Auslande vertreten. Die Nazis hätten aber die Vorteile des 3. Reiches in größtem Maße für sich und ihre Angehörigen genossen. Es sei nur gerecht, wenn sie jetzt die Folgen für die eingetretenen Verhältnisse zu tragen hätten. Es scheine vielfach bereits wieder vergessen zu werden, was die Nationalsozialisten nicht nur ihren politischen Gegnern, die sich ihrem despotischen Willen und ihren Grundsätzen nicht gefügt hätten, angetan hätten, sondern darüber hinaus dem ganzen deutschen Volke. Wenn man hier keine Schuldbestimmungen schaffe, werde bei der praktischen Auslegung nichts herausschauen, besonders wenn die Ausführung von Beamten vorgenommen würde, die den Nazis wohlgesinnt seien. Er sei nicht der Meinung, daß die Amerikaner grundsätzlich jede Diskriminierung der Nazi verwerfen würden, im Gegenteil, wie aus ihrem Verhalten eindeutig hervorgehe. Er habe übrigens nie davon gehört, daß Mitglieder aus der Partei ausgetreten seien, weil anderen Leuten Unrecht geschehen sei, ganz im Gegenteil, alle seien bestrebt gewesen, aus ihrer Parteizugehörigkeit Nutzen zu ziehen.

Auch wenn eine Nazi-Wohnung voll belegt sei, müsse sie unter Umständen abgenommen werden.

Was die Geldstrafen anbelange, so sei die Justizverwaltung ebenfalls dagegen, die anfallenden Geldstrafen den Gemeinden zu überlassen.

Gemäß den Ausführungen von Oberbürgermeister Dr. Scharnagl liege der Nachdruck des Notgesetzes auf dem Vollzug, nicht auf der Formulierung. Die Frage der Notunterkünfte sei schwierig, da Baracken nur in geringem Umfange zur Verfügung stünden. Auf alle Fälle müsse aber der Vollzug einer Nachprüfung unterzogen werden. Die Stadt München habe bereits eine Kommission, die den Wohnungsreferenten in der Frage der Wohnungszuteilung unterstütze. Die Kommissionsberatungen seien außerordentlich schwierig, wenn man objektiv vorgehen wolle. Man müsse die Tätigkeit des Betreffenden in der Partei durch Zeugenaussagen erhärten, man müsse ein möglichst zutreffendes Bild von seiner Stellung in der Partei gewinnen. Wenn nun noch die Beschlagnahme der Wohnungen dazukomme, an der man nicht Vorbeigehen könnte, so müsse unbedingt eine Stelle geschaffen werden, an der der Betroffene Einspruch erheben könne.

Arbeitsminister Roßhaupter glaubt, daß dazu doch die Kommission da sei.

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl erwidert, daß die Kommission lediglich beschließe. Ob man die Einspruchstelle bei der Regierung oder beim Gericht errichte, sei eine untergeordnete Frage. Auf alle Fälle sei eine Überprüfung des Vollzugs notwendig, denn es sei auch möglich, daß die Beamten im Vollzug so radikal vorgingen, daß sie die Objektivität vernachlässigten.

Im ganzen gesehen seien die Schwierigkeiten so ungeheuer, daß man in München trotz aller möglichen Beratungen und Besprechungen noch keine tragbare Grundlage gefunden habe, wie man einigermaßen gerecht vorgehen und dabei gleichzeitig die Volksstimmung berücksichtigen und der Wohnungsnot abhelfen könne. Im übrigen stimme er mit Dr. Hoegner überein, daß man an der Nazi-Wohnung als solcher nicht vorübergehen könne.

Ministerpräsident Schäffer erklärt, er habe bereits dem Stadtrat Preis mitgeteilt, daß Fälle bekannt geworden seien, in denen Leute von der Wohnungsbehörde einen viel zu großen Wohnraum samt Möbeln zur Verfügung gestellt bekommen hätten und wo sich das ganze Haus aufrege, weil die neuen Wohnungsinhaber die Möbel zerhackten und einheizten. Das sei ein ganz unmöglicher Zustand. Stadtrat Preis habe darauf verwiesen, daß er durch die Entlassungen im Wohnungsamt 126 Neueinstellungen habe vornehmen müssen. Für alle diese neuen Kräfte könne er unmöglich eintreten.

Auf alle Fälle müßte zuerst einmal festgelegt werden, was überhaupt als Nazi-Wohnung zu gelten hätte. Die Stadt müsse doch wissen, mit welchem Wohnraum sie überhaupt rechnen könne. Jedenfalls müsse Klarheit geschaffen werden, schon mit Rücksicht auf die zum Teil zu Unrecht entlassenen Beamten.

Dr. Hoegner spricht sich ebenfalls dafür aus festzulegen, um welchen Personenkreis es sich handle. Im Gesetz Nr. 52 werde von Beamten oder leitenden Mitgliedern oder Gönnern der NSDAP gesprochen.88

Ministerpräsident Schäffer vertritt die Forderung, daß nach Feststellung, ob einer als Nazi in diesem Sinne zu gelten habe, der Betreffende eine Mitteilung erhalten müsse, damit er gegebenenfalls von dem befristeten Einspruchsrecht Gebrauch machen könne.

Dr. Hoegner wendet dagegen ein, daß die Beschwerde ja ohnedies vorgesehen sei.

Ministerpräsident Schäffer verweist darauf, daß nach der bisherigen Fassung eine Beschwerde gegen die Beschlagnahme möglich sei. Er vertrete aber den Standpunkt, daß bereits vorher ein Einspruchsrecht gegeben werden müsse, sobald vor dem Ausschuß festgestellt sei, daß ein Wohnungsinhaber unter diese Bestimmungen falle. Er spreche sich daher für eine Art Vorverfahren aus.

Staatsrat Rattenhuber und Ministerialdirektor Fischer verweisen darauf, daß zur Zeit auch Nichtparteigenossen zum Teil kurzfristig aus der Wohnung gewiesen würden.

Ministerpräsident Schäffer fordert, daß der Nachweis erbracht werden müsse, daß der neue Wohnungsinhaber nicht nur wegen der schönen Möbel einziehe.

Dr. Hoegner schlägt für § 10, IV statt der Formulierung

Bei Personen, die infolge der eigensüchtigen Ausnützung ihrer Stellung in Partei, Staat oder Wirtschaft oder der sonstigen durch den Nationalsozialismus geschaffenen besonderen Verhältnisse schwer belastet sind, ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen vor, zu sagen:

Bei Personen, die infolge ihrer Stellung in Partei, Staat oder Wirtschaft oder der sonstigen durch den Nationalsozialismus geschaffenen besonderen Verhältnisse belastet sind, ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen.

Er legt Wert darauf, daß statt „schwer belastet“ lediglich „belastet“ gesagt werde.

Ministerpräsident Schäffer betont, daß es ihm ganz wesentlich darauf ankomme, das allgemeine Gefühl der Rechtlosigkeit zu beseitigen. Es müsse eindeutig festgelegt werden, welche Kreise unter die Bestimmungen fielen und die Betreffenden müßten Mitteilung erhalten. Das Schlimmste in der Nazizeit sei gewesen, daß man sich nicht einmal hätte verteidigen können. Nazimethoden wolle er nicht.

Er trete daher dafür ein, daß ein kleiner Ausschuß die genaue Formulierung in einer hieb- und stichfesten Form festlege. Der Vorschlag dieses Ausschusses würde dann im nächsten Ministerrat besprochen werden.

Besonders schwierig sei noch die Frage der Werk- und Dienstwohnungen.

Staatsrat Rattenhuber, Präsident Dr. Rosenhaupt und Präsident Dr. Geiger sprechen sich für Herauslassung der Werk- und Dienstwohnungen aus dem Notgesetz aus.

Präsident Dr. Geiger schlägt schließlich vor, unterbelegte Werk- und Dienstwohnungen in erster Linie den Werksangehörigen vorzubehalten und sie erst dann von der Wohnungsbehörde belegen zu lassen, wenn sie das Werk innerhalb einer angemessenen Frist nicht selbst belegt.

Präsident Dr. Rosenhaupt weist mit Nachdruck darauf hin, daß die Eisenbahn bei ihrem Tag- und Nachtbetrieb unbedingt eine Anzahl von Wohnungen haben müsse, über die sie insbesondere angesichts der günstigen Lage der Wohnungen in der Nähe der Eisenbahn ständig verfügen müsste. Diese Frage sei auch wegen des jetzigen Ausgangsverbotes wichtig.

Ministerpräsident Schäffer verweist die Formulierung der Regelung betreff Dienst- und Werkwohnungen ebenfalls an den Ausschuß, der aus einem Vertreter der Justizverwaltung, des Innen-Ministeriums, des Arbeitsministeriums und der Reichsbahn bestehen solle. Er ersucht, den Entwurf so rechtzeitig vorzulegen, daß er noch im nächsten Ministerrat beraten werden könne. Er wolle einen eigenen Ministerrat dafür ansetzen.89

Der Ministerpräsident bringt nochmals seinen Wunsch zum Ausdruck, daß der Kreis der Betroffenen möglichst in einem Vorverfahren festgelegt werde.

Zur Frage des Personals des Wohnungsamtes München bemerkt er, daß man dieses doch einmal sieben müsse.90

Oberbürgermeister Dr. Scharnagl bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine Äußerung von Stadtrat Preis, daß dieser niemals dulden werde, daß ungesetzliche Verfahren vorkämen.

Abschließend bittet Ministerpräsident Schäffer Dr. Hoegner, den Vorsitz für den Ausschuß zu übernehmen, der am Freitag nachmittag 4 Uhr im Justizpalast Zimmer 11 den Entwurf Nr. 5 noch einmal durchberate.91