PDF
Nr. 60MinisterratssitzungDienstag, 13. Dezember 1955 Beginn: 8 Uhr Ende: 11 Uhr 15
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Kultusminister Rucker.

Tagesordnung:

I. Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956). II. Zusicherungen des Freistaates Bayern an die Pfalz für den Fall ihrer Rückkehr zu Bayern. III. Abkommen der Länder zur Sicherung der Grundlage für die Erhaltung der Besoldungseinheit. IV. Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Hamilkar Hofmann im Staatsministerium des Innern zum Ministerialrat. V. Graphitwerke Kropfmühl. VI. Deutsche Pfandbriefanstalt Wiesbaden. VII. Kurze Anfragen im Landtag. VIII. Besprechung über die Jugendarbeit in Bayern. IX. Fall Volkholz. X. Institut für Zeitgeschichte. XI. Staatsbeauftragter Dipl. Kaufmann Heinrich Emmert. XII. Bundesgrenzschutz. XIII. Tagung der Internationalen elektrotechnischen Kommission in München im Juni 1956. XIV. Neugliederungsgesetz. XV. Vernehmung des Staatsministers a.D. Dr. Seidel. XVI. Antrag des Dr. med. Georg Englert, prakt. Arzt in Gars am Inn und sieben anderer vom 22.1.1953 auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Art. 19 des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 16.6.1952 (GVBl. S. 181). XVII. Juliusspital Würzburg, Direktor Dr. Diener. XVIII. Schäfflertanz 1956.

Zu Beginn der Sitzung ersucht Ministerpräsident Dr. Hoegner die Herren Staatsminister und Staatssekretäre, in der heutigen Vollsitzung des Landtags vollzählig anwesend zu sein und möglichst schon vor 15 Uhr zu erscheinen, damit auf keinen Fall beim Fernbleiben der CSU-Fraktion die Beschlußfähigkeit des Hauses angezweifelt werden könne. Die Sitzungen dieser Woche müßten völlig normal durchgeführt werden, so daß die von der CSU erhoffte Wirkung ihres Auszuges aus dem Landtag ausbleibe.1

Staatsminister Bezold gibt zu bedenken, daß er zur Konferenz der Wirtschaftsminister fahren müsse, worauf Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, zunächst die heutige Sitzung abzuwarten, in der festgestellt werden könne, wieviele Abgeordnete der Koalitionsparteien anwesend seien. Er wiederhole nochmals, daß die Beschlußfähigkeit unter allen Umständen gewahrt bleiben müsse.

I.Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956)2

Staatsminister Zietsch berichtet zunächst über das Ergebnis der Sitzung des Vermittlungsausschusses am 8. Dezember 1955, in der endgültig beschlossen worden sei, den Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf 33⅓% zu begrenzen und zwar auf die Dauer von drei Haushaltsjahren. Ab 1958 soll der Anteil dann auf 35% erhöht werden, wobei allerdings schon für das Haushaltsjahr 1958 eine Revisionsmöglichkeit vorbehalten werde. Was die Ergänzungsabgabe betreffe, so habe keine Möglichkeit bestanden, den Standpunkt der Länder durchzusetzen.

Die Vorschläge des Vermittlungsausschusses würden zweifellos im Bundesrat eine Mehrheit finden. Die Begrenzung des Bundesanteils auf 33⅓% mache für Bayern allein eine Einsparung von 42 Mio DM aus. Er müsse aber darauf hinweisen, daß der Staatshaushalt 1956 bereits von einem Anteil von 33⅓% ausgehe.

Er benütze diese Gelegenheit, um dem Kabinett zu danken, daß es die Auffassung des Finanzministeriums stets unterstützt habe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, die Staatsregierung könne nicht damit einverstanden sein, daß die erste Vollsitzung des Landtags nach Weihnachten erst am 31. Januar 1956 stattfinde, wie der Ältestenrat beschlossen habe. Es gehe nicht an, daß ein rechtzeitig vorgelegter Haushaltsplan vom Landtag sechs Wochen nicht behandelt werde;3 infolgedessen werde er sich an den Präsidenten des Landtags wenden und Vorstellungen erheben.

Staatsminister Zietsch fügt hinzu, der gesamte Haushaltsplan werde spätestens Mitte Januar druckfertig vorliegen, so daß er etwa am 20. Januar behandelt werden könne. Auf diese Weise werde es gelingen, die Beratungen bis zum März abzuschließen. Was nun die Aufstellung des Haushaltsentwurfs 1956 betreffe, so danke er allen Herren Kabinettsmitgliedern für das Verständnis, daß sie gegenüber dem Staatsministerium der Finanzen aufgebracht hätten. Auf diese Weise sei es gelungen, trotz einer Reihe von Schwierigkeiten einen ausgeglichenen Haushaltsplan vorzulegen, der mit je 2,765 Milliarden DM in Einnahme und Ausgabe das bisher höchste Volumen darstelle. Die Besprechung hinsichtlich des ao. Haushalts sei allerdings noch nicht abgeschlossen, er hoffe aber, auch diesen bald vorlegen zu können. Die jetzige Vorlage sei übrigens gegenüber 1955 im Saldo um 150 Mio DM höher.

Wegen der Einzelheiten dürfe er auf die Note des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 7. Dezember 1955 verweisen. Es stehe fest, daß alles, was vorgesehen sei, auch erreicht werden könne, wobei allerdings einschränkend zu bemerken sei, daß bei der Schätzung der Steuereinnahmen immer eine gewisse Unsicherheit vorhanden sei.

Bei der Aufstellung des Haushaltsplans sei man, wie er dem Gesamtplan zu entnehmen bitte, vom Haushaltsplan 1955 ausgegangen, ausgenommen natürlich den Forstetat, wo bekanntlich im letzten Haushaltsplan die Einkünfte eines halben Wirtschaftsjahres dazu gerechnet worden seien.

Wie auf Seite 4 der Note ausgeführt, halte er sich für verpflichtet, auf das Risiko, das in der kühnen Veranschlagung der Steuereinnahmen stecke, ausdrücklich hinzuweisen und um einen Beschluß des Ministerrats zu bitten, ob dieser die Veranschlagung der Steuereinnahmen in der angegebenen Höhe billige.

Auf der Ausgabenseite sei ein Punkt besonders zu beachten, nämlich die Personalausgaben, hier seien die Erhöhungen, die im Jahre 1956 zu erwarten seien, berücksichtigt. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge müsse mit einer Mehrung um 40 Mio DM gerechnet werden. Wenn die Bezüge der Beamten im Vergleich zu 1927 auf 150% erhöht würden, kämen noch weitere 50–35 Mio DM dazu; hier seien die Dinge aber noch im Fluß.

Was die Beschwerde der kommunalen Spitzenverbände angehe, so sei demgegenüber festzustellen, daß eine Reihe von Positionen, die für die Kommunen von Bedeutung seien, erhöht worden seien.

Auch die in Art. 4 Abs. 6 vorgesehene Erhöhung der Schlüsselmaße nach Art. 1 des Finanzausgleichsgesetzes um 4 Mio DM auf 100 Mio DM sei erfolgt, um den Wünschen der Gemeinden und Landkreise trotz der angespannten Haushaltslage soweit als möglich zu entsprechen. Man dürfe nicht übersehen, daß sich die Steuereinnahmen der Gemeinden in den letzten Jahren auf 173%, die des Landes auf nur 132% erhöht hätten. Alle Fragen des Finanzausgleichs seien mit den Vertretern der Spitzenverbände eingehend erörtert worden, es sei also unrichtig, wenn jetzt behauptet werde, das Finanzministerium habe mit den Verbänden keine Fühlung genommen. Er müsse hinter dieser Beschwerde parteipolitische Gründe vermuten. Die Staatsregierung müsse s.E. in dieser Frage fest bleiben und dürfe sich nicht dadurch beeinflußen lassen, daß der Landkreisverband sich auf den abgelehnten Antrag der CSU auf Erhöhung der Schlüsselzuweisungen berufe. Innerhalb der Koalition sei vereinbart worden, die Gesamtleistungen auf dem Finanzausgleich um 10 Mio DM zu erhöhen, dies sei geschehen.

Weiter mache er darauf aufmerksam, daß in den Entwurf des Haushaltsgesetzes einige Punkte neu aufgenommen worden seien, z.B. Art. 4 Abs. 2, wonach – wie in früheren Jahren – wieder die Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen über die Verfügung der letzten 10% der allgemeinen Ausgaben vorgesehen sei; dies entspreche der Regelung, die beim Bund und bei einer Reihe von Ländern üblich sei. Von dieser Bestimmung, die lediglich eine Sicherung bedeute, werde natürlich nur Gebrauch gemacht, wenn es unbedingt notwendig sei. Das Finanzministerium glaube aber doch, nicht darauf verzichten zu können.

Eine weitere Änderung stellten Art. 5 Abs. 3 und 4 des Haushaltsgesetzes dar, wodurch die Bewirtschaftung der Personalausgabetitel 100 bis 105, für die bindende Stellenpläne vorhanden seien, praktisch als gegenseitig deckungsfähig erklärt werde.

Die nähere Regelung werde in Nr. 5 der Durchführungsbestimmungen getroffen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner dankt Staatsminister Zietsch persönlich und im Namen des Kabinetts für seine erfolgreichen Bemühungen in der Frage des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Daß sich der Vermittlungsausschuß schließlich auf den Standpunkt der Länder gestellt habe, sei zum großen Teil das Verdienst des bayerischen Finanzministers. Auch der Bundesfinanzminister habe sich dessen Ausführungen schließlich nicht mehr verschließen können. Allerdings sei es unerfreulich, daß die Ergänzungsabgabe nun doch beibehalten werde, es handle sich aber hier tatsächlich um eine neue Steuer des Bundes, die eines Gesetzes bedürfe. Der Bundesfinanzminister habe übrigens erklärt, er werde die Ergänzungsabgabe keinesfalls in den nächsten Jahren erheben.

Soweit es bisher zu übersehen sei, bestünden aber immerhin noch einige Differenzpunkte hinsichtlich des Haushaltsplans und zwar

a) die Beschwerde der kommunalen Spitzenverbände

Wie schon Herr Staatsminister Zietsch ausgeführt habe, beschwerten sich diese über die Verfahrensweise und behaupteten, man habe nicht ausreichend mit ihnen verhandelt. Angeblich sei ihnen nur am 9. Dezember 1955 mitgeteilt worden, die Aufstellung des Haushalts sei abgeschlossen. Er werde nun eine Abschrift der Beschwerde dem Herrn Finanzminister zuleiten und ihn bitten, dazu Stellung zu nehmen.4

b) Ein weiterer Differenzpunkt sei die Verbesserung der Richterbesoldung5

In einem Schreiben vom 12. Dezember 1955 führe der Herr Staatsminister der Justiz Klage darüber, daß die Versprechungen hinsichtlich der Richterbesoldung nicht eingehalten worden seien.6

Das Justizministerium fordere, daß noch vor dem 1. April 1956 die bayerische Richterbesoldung an die Regelung in den anderen Ländern angeglichen werden müsse. Das bedeute natürlich eine eigene Gesetzesvorlage.

Staatsminister Zietsch erwidert, hier müsse ein Mißverständnis vorliegen. Bayern habe ja im Besoldungsausschuß beantragt, bei der Richterbesoldung vom Stillhalteabkommen7 ausgenommen zu werden, dieser Antrag sei auch angenommen worden.

Staatsminister Dr. Koch führt aus, der Verbesserung der Richterbesoldung komme in der Tat besondere Bedeutung zu, nachdem die jetzige Staatsregierung ausdrücklich erklärt habe, sie betrachte die Verbesserung der früheren Regierung, die nur auf eine Vermehrung der Beförderungsstellen hinauslaufe, nicht als ausreichend. Wiederholt sei diese Sache in Landtag und Senat besprochen worden, auch der Herr Ministerpräsident habe sich im August 1955 dazu geäußert.

Das Stillhalteabkommen habe niemals die Angleichung an die anderen Länder verhindert. Schon am 3. November habe das Finanzministerium erfahren, daß gegen die geplante Verbesserung in Bayern die Besoldungskonferenz keinen Einspruch erhebe. Dem Justizministerium sei eine Mitteilung über diese Tatsache aber erst einen Monat später zugegangen. Er halte es für unmöglich, die Sache noch weiter hinauszuzögern; nachdem das Finanzministerium federführend sei, müsse aber dieses eine Vorlage ausarbeiten. Aus diesem Grunde habe er auch am 12. Dezember 1955 an den Herrn Ministerpräsidenten geschrieben und betont, daß ein weiteres Zurückstellen bis zum nächsten Jahr bedeuten würde, daß die bayerischen Richter wiederum gegenüber den Richtern in anderen Ländern benachteiligt würden.

Im übrigen halte sich der Betrag, um den es sich drehe, in sehr mäßigen Grenzen, er beziffere sich nämlich nur auf 1,2 Mio DM.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß die Genehmigung der Besoldungskonferenz vorliege und kein Grund mehr bestehe, die Verbesserungen aufzuschieben. Dies könne sogar schon ab 1. Januar 1956 geschehen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob die Vorlage dem Landtag schon vor diesem Termin zugehen könne.

Staatsminister Zietsch sichert zu, sich sofort zu erkundigen, worauf Ministerpräsident Dr. Hoegner mit Zustimmung des Ministerrats feststellt, daß die Vorlage so rasch als möglich erfolgen soll, zumal die finanzielle Frage keine Rolle spiele.8

c) Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt dann fort, der dritte Differenzpunkt betreffe auch das Staatsministerium der Justiz, das sich mit Note vom 7. Dezember 1955 darüber beschwere, daß eine Reihe von Baumaßnahmen an Justizgebäuden im Gesamtbetrag von 1,5 Mio DM angeblich in den ao. Haushalt 1956 nicht aufgenommen werden sollten.9

d) Dazu komme dann noch als 4. Punkt der Staatszuschuß von 3 Mio DM für die Innstufe Rosenheim der Innwerke AG10 und

e) ein Betrag für die Akademie für politische Bildung.

Staatsminister Zietsch ersucht, die Behandlung dieser Punkte noch zurückzustellen, da der ao. Haushalt noch nicht ganz fertiggestellt sei. Er glaube, daß auch hier eine Einigung zustande kommen werde.

Staatssekretär Dr. Haas erkundigt sich, ob die Personalausgaben gegenüber 1955 weiter gestiegen seien. Bayern sei leider das einzige Land, in dem Personalausgaben mehr als 50% des gesamten Staatshaushalts ausmachten. Bei Württemberg z.B. belaufe sich der Prozentsatz auf 45,5, auch in Hessen, das sich besser mit Bayern vergleichen lasse, werde die 50% Grenze nicht überschritten.

Er glaube, es handle sich hier um ein wirklich vordringliches Problem, das untersucht werden müsse. Auf die Dauer müsse ein Weg gefunden werden, die Personalausgaben zu verringern.

Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, die Verhältnisse in den einzelnen Ländern ließen sich nicht vergleichen, in Baden-Württemberg z.B. bestünden Gemeindegerichte, die eine Unzahl von Bagatelle-Sachen erledigten, die in Bayern zu den ordentlichen Gerichten gehörten. Auch sonst bestünden erhebliche Unterschiede im Aufbau der Verwaltungen, so daß die Personalkosten allein keinen Beweis für eine sparsame oder eine verschwenderische Verwaltung darstellten.

Staatssekretär Dr. Haas kommt dann auf Art. 5 Abs. 2 zu sprechen, wonach jede dritte freiwerdende Stelle für Beamte und Angestellte nicht besetzt werden dürfe. Er bitte das Staatsministerium der Finanzen dringend, möglichst wenig Ausnahmen zuzulassen und den Wünschen der Ressorts nicht nachzugeben.

Was Art. 4 Abs. 2 anlange, so halte er es für bedenklich, dem Staatsministerium der Finanzen die Vollmacht einzuräumen, daß nur mit seiner Zustimmung über die letzten 10% der Bewilligungen verfügt werden dürfe. Man habe doch auch 1955 davon abgesehen, diese Bestimmung aufzunehmen.

Staatsminister Zietsch antwortet, was die Personalausgaben betreffe, so habe sich das Finanzministerium nach Möglichkeit bemüht, die Zahl der Beamten und Angestellten nicht zu erhöhen.

Durch einige unabweisbare Aufgaben, z.B. die Flurbereinigung, sei dieses Ziel nicht völlig erreicht worden, an dem Grundsatz werde aber natürlich festgehalten. Er räume ein, daß hier noch eine gewisse Einsparungsmöglichkeit bestehe. Wie schon der Herr Ministerpräsident festgestellt habe, sei ein Vergleich mit den anderen Ländern schwierig. Eine Untersuchung des Ministerialdirigenten i.R. Dr. Trassl habe ergeben, daß Bayern keinen übergroßen Verwaltungsapparat habe, wenn auch die Größe des Landes und z.B. die hohe Zahl der Landkreise sehr viele Behörden erfordere. Es werde jedoch nicht einfach sein, zu Einsparungen zu gelangen.

Staatsminister Dr. Geislhöringer schließt sich den Bedenken des Herrn Staatssekretärs Dr. Haas zu Art. 4 Abs. 2 an und empfiehlt, nicht die Zustimmung des Finanzministeriums, sondern der gesamten Staatsregierung vorzusehen.

Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, Abs. 2 des Art. 4 zu streichen.

Staatsminister Zietsch erklärt ausdrücklich, nicht widersprechen zu wollen.

Staatsminister Dr. Geislhöringer fährt fort, das Staatsministerium des Innern wünsche, daß in Art. 5 Abs. 1 die Worte „vor dem 1. Januar 1957“ durch die Worte „vor dem 1. Oktober 1956“ ersetzt würden. Auch Abs. 2 des Art. 5 bringe für das Staatsministerium des Innern große Schwierigkeiten mit sich. Gerade dieses Ministerium werde immer wieder mit neuen Aufgaben betraut, so daß es kaum möglich sei, Posten einzusparen. Die Klagen, daß die Beamten, z.B. in der Staatsbauverwaltung, überlastet seien, halte er für durchaus begründet.

Staatsminister Zietsch entgegnet, gewisse Erleichterungen ergäben sich aus dem Ansatz 3 und 4 des Art. 5, er verweise hierbei auf die Ausführungen unter Ziff. 7 d in der Note vom 7. Dezember 1955.

Staatssekretär Dr. Meinzolt führt aus, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe auf zwei Differenzpunkte hinzuweisen, von denen der erste den Pauschbetrag an die Kirchen betreffe.

Hier sei vorgesehen, daß man bei dem Ansatz des Vorjahres von 1,94 DM pro Kopf der Bekenntnisangehörigen verbleibe. Dieser Betrag habe sich in den vergangenen Jahren ständig gesteigert, beginnend mit 0,50 DM, bis er im vergangenen Jahr 1,94 DM erreicht habe. Dabei sei aber immer in Aussicht gestellt worden, ihn einmal auf 2 DM zu erhöhen.

Wenn allerdings behauptet werde, auch ein Kopfbetrag von 2 DM stelle noch nicht das dar, was während des Dritten Reiches geleistet worden sei, so verkenne man den Umstand, daß sich die Beträge während des Dritten Reiches aus freiwilligen und Pflichtleistungen zusammengesetzt hätten. Es bestehe also kein Grund dafür, auf die Leistungen zwischen 1933 und 1945 zurückzugehen. Er schlage aber vor, die bisherige Tendenz der Erhöhung beizubehalten und für 1956 den Ansatz von 1,94 DM auf 1,95 DM zu erhöhen. Dafür seien Mittel von lediglich 92 000 DM für beide Kirchen notwendig, der Eindruck werde aber gut sein.

Staatsminister Zietsch erklärt, wenn der Ministerrat die Erhöhung auf 1,95 DM beschließe, werde er sich nicht dagegen wenden.

Es wird daraufhin einstimmig beschlossen, den Pauschbetrag pro Kopf des Bekenntnisangehörigen von 1,94 DM auf 1,95 DM zu erhöhen.

Staatssekretär Dr. Meinzolt fährt dann fort, ein weiterer Punkt sei die Erhöhung der Zuschüsse für die nichtstaatlichen Theater. Der Haushaltsentwurf gehe von dem Ansatz des Vorjahres in Höhe von 1,68 Mio DM aus. Bestehe keine Möglichkeit, diese Summe auf etwa 2 Mio DM zu erhöhen?

Staatsminister Zietsch antwortet, die Frage der Zuschüsse an die nichtstaatlichen Theater beschäftige jedes Jahr längere Zeit den Haushaltsausschuß. Bei dieser Position sei er bereit, den Abgeordneten der Koalitionsparteien die Möglichkeit zu geben, Verbesserungen zu beschließen. Er werde die Vertreter des Finanzministeriums anweisen, sich nicht dagegen zu stellen.

Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.

In der weiteren Aussprache macht Staatsminister Bezold darauf aufmerksam, daß die in Art. 5 Abs. 4 vorgesehene Regelung im Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr für bedenklich gehalten werde.

Ein Beschluß wird nicht gefaßt.

Staatssekretär Vetter kommt nochmals auf den Finanzausgleich (Art. 4 Abs. 6) zu sprechen und gibt zu überlegen, ob nicht eine andere Verteilung der 4 Mio DM möglich sei und zwar in der Weise, daß dieser Betrag aufgeteilt werde und zwar in 2 Mio DM zur Erhöhung der Polizeikostenzuschüsse und 2 Mio DM für die Verbesserung der Straßenbauzuschüsse. Damit könnten die steuerschwächeren Gemeinden stärker entlastet werden.

Staatsminister Zietsch entgegnet, die Straßenbaumittel seien an sich schon verbessert worden, die Erhöhung der Polizeikostenzuschüsse würden nur ganz wenige Gemeinden bevorzugen. Er bitte, diese Vorschläge nicht weiter zu verfolgen.

Staatsminister Dr. Koch ersucht, in Ziff. 5 der Durchführungsbestimmungen das Wort „Justizreferendare“ durch „Gerichtsreferendare“ zu ersetzen.

Staatsminister Zietsch erklärt sich bereit, diese Änderung vorzunehmen.

Abschließend stellt Ministerpräsident Dr. Hoegner nochmals fest, daß Abs. 2 des Art. 4 des Gesetzentwurfs gestrichen, im übrigen aber der Vorlage des Finanzministeriums zugestimmt wird.11

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956) vom 24. Juli 1956

II.Zusicherungen des Freistaates Bayern an die Pfalz für den Fall ihrer Rückkehr zu Bayern12

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid anläßlich der Neugliederung des Bundesgebiets werde es notwendig sein, einen Aufruf von Staatsregierung, Landtag und Senat an die Bevölkerung der Pfalz zu erlassen. Dieser Aufruf müsse außer der Aufforderung, sich am Volksbegehren für die Rückkehr der Pfalz zu Bayern zu beteiligen, zugleich ein Programm für die Zeit nach der Rückkehr der Pfalz enthalten.13

Es werde nun vorgeschlagen, den Pfälzern eine Reihe von Zusicherungen zu geben und zwar sei daran gedacht

a) ein besonderes Pfalzministerium zu schaffen;

b) als Regierungspräsidenten einen Pfälzer zu ernennen und bei der Ernennung den Bezirkstag mitwirken zu lassen;

c) Behörden und Gerichtsorganisationen in der Pfalz unverändert zu erhalten und alle Staatsbediensteten zu übernehmen;

d) den Pfälzern die Entscheidung zu überlassen, ob an der Ernennung der Landräte festgehalten oder das bayerische Recht übernommen werden solle;

e) eigene Landeszentralbehörden in das Gebiet der Pfalz zu verlegen oder Zweigstellen der Münchner Zentralbehörden dort zu errichten;

f) die pfälzische Wirtschaft bei der Vergabe staatlicher Aufträge und Leistungen bevorzugt zu berücksichtigen;

g) zuzusichern, daß die in der Pfalz aufkommenden Steuern dort verbleiben sollen.

Er glaube, daß heute dieses Programm mit allen Einzelheiten nicht mehr besprochen werden könne und schlage deshalb vor, endgültige Beschlüsse erst in der nächsten Kabinettssitzung zu fassen.

Von besonderer Bedeutung sei die Frage, ob tatsächlich die in der Pfalz aufkommenden Steuern den Pfälzern selbst zugute kommen sollten. Wenn man dieses Zugeständnis mache, so müsse es zumindest zeitlich befristet sein.

Staatsminister Bezold erhebt ernste Bedenken gegen diesen Vorschlag.

Abschließend wird vereinbart, die Pfalzfrage auf die Tagesordnung der nächsten Ministerratssitzung zu setzen.14

Pfalzfrage/Rückkehr zu Bayern

III.Abkommen der Länder zur Sicherung der Grundlage für die Erhaltung der Besoldungseinheit15

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, der Präsident des Bundesrats, Ministerpräsident von Hassel, habe in einem Schreiben vom 6. Dezember 1955 an die Herren Ministerpräsidenten vorgeschlagen, die Gültigkeit des am 31. Dezember 1955 ablaufenden Stillhalteabkommens bis 31. März 1956 zu verlängern. Der Bundesratspräsident erkläre, wenn dazu noch ein formeller Akt erforderlich sein sollte, könnte dieser in der letzten Bundesratssitzung am 21. Dezember 1955 vollzogen werden. Er bitte deshalb, eine Entschließung der Länderregierungen herbeizuführen.

Der Ministerrat beschließt einstimmig, der Verlängerung des Stillhalteabkommens bis 31. März 1956 zuzustimmen und Herrn Staatsminister Zietsch zu ermächtigen, das Abkommen am 21. Dezember 1955 zu unterzeichnen.

IV.Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Hamilkar Hofmann im Staatsministerium des Innern zum Ministerialrat16

Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat mit Zustimmung des Finanzministeriums beschlossen habe, Regierungsdirektor Dr. Hamilkar Hofmann ab 1. Januar 1956 zum Ministerialrat zu ernennen.

Staatsminister Dr. Geislhöringer bemerkt, er habe zwar zugestimmt, damals aber keine Kenntnis davon gehabt, daß die Stelle eigentlich einem anderen Beamten bereits zugesagt gewesen sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest daraufhin den Auszug aus dem Protokoll des Ministerrats vom 6. Dezember 1955, demzufolge ein formeller Beschluß über die Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Hofmann gefaßt worden sei. Er müsse mit Nachdruck darauf hinweisen, daß es nicht angehe, Ministerratsbeschlüsse nachträglich wieder in Frage zu stellen.

Der Ministerrat nimmt von dieser Feststellung zustimmend Kenntnis.

V.Graphitwerke Kropfmühl

Ministerpräsident Dr. Hoegner macht darauf aufmerksam, daß sich englische und amerikanische Stellen bemühen, die für die Ausnutzung der Atomkräfte bedeutungsvolle Produktion der Graphitwerke Kropfmühl in die Hand zu bekommen.

Staatsminister Bezold erwidert, die Vorgänge um Kropfmühl seien in seinem Ministerium bekannt, er sei selbst dort gewesen und habe sich vergewissert, daß ein Verkauf des Werkes bezw. seiner Produktion wohl nicht in Frage komme.

Nach weiterer Aussprache wird der Beschluß gefaßt, daß die Bayerische Staatsregierung versuchen soll, mit den Eigentümern der Graphitwerke Kropfmühl über eine Regelung des Absatzes und gegebenenfalls über einen Verkauf der Werke zu verhandeln.17

VI.Deutsche Pfandbriefanstalt Wiesbaden18

Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bnzug auf die Ministerratssitzung vom 22. November 1955, in der vereinbart worden sei, Herrn Staatssekretär Vetter an seiner Stelle als Mitglied des Verwaltungsrats der Deutschen Pfandbriefanstalt Wiesbaden zu benennen. Er habe nun ein Schreiben des Vorstands erhalten, wonach Bayern bei einem Wechsel in der Vertretung Gefahr laufe, seinen Platz im Verwaltungsrat zu verlieren, da in einem solchen Fall andere Länder, besonders Baden-Württemberg und Niedersachsen, ihre Ansprüche anmelden würden; die Entscheidung obliege dem Bundesrat.

Staatsminister Zietsch empfiehlt, trotzdem den Antrag aufrecht zu erhalten, er glaube, daß es ihm gelingen werde, den bayerischen Vorschlag in der Finanzministerkonferenz und damit im Bundesrat durchzusetzen.

VII.Kurze Anfragen im Landtag

a) Abg. Dr. Brücher zu den Ergebnissen der Einstellungsprüfungen im Landespersonalamt

Staatssekretär Dr. Haas teilt mit, diese Anfrage werde wahrscheinlich zurückgezogen werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob das Landespersonalamt im Zuge der Verwaltungsvereinfachung aufgelöst werden könne.

Staatsminister Zietsch spricht sich dafür aus und betont, zumindest müßten die Aufgaben des Landespersonalamts so begrenzt werden, daß sinnvolle Arbeit möglich sei.

Staatsminister Dr. Koch und Staatssekretär Weishäupl stimmen zu.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, das Bundesbeamtengesetz sehe vor, daß kein Beamter ohne Erlaubnis seiner Vorgesetzten eine Aussage machen könne. Das Bayerische Beamtengesetz enthalte diese Vorschrift nicht, eine Sonderbestimmung gelte nur für die Beamten des Landesamts für Verfassungsschutz.

Er rege nun an, daß das Staatsministerium der Finanzen eine entsprechende Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes ausarbeite und im Ministerrat vorlege. Außerdem sei auch ein Zusatz zum Ministergesetz erforderlich, wonach nur der Ministerrat ein Mitglied der Staatsregierung vom Amtsgeheimnis entbinden könne.

Diese beiden Änderungen seien dringend notwendig, er bitte, die Vorlage möglichst bald fertigzustellen.

Staatsminister Zietsch sichert zu, das Entsprechende zu veranlassen.

b) Eine Anfrage betr. Bundestagsabgeordneten Donhauser soll vom Staatsministerium der Justiz beantwortet werden.19

c) Abg. Sichler betr. Grenzlandfragen

Die Antwort wird durch das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr übernommen.20

Anschließend werden noch weitere Anfragen kurz besprochen, die sich mit der Flurbereinigung,21 dem Ehrensold für die Inhaber des Max-Joseph-Ordens,22 der Mieterhöhung,23 dem Luftschutz,24 den Erkrankungen in der Guldeinschule25 und Oberbürgermeister Bärnreuther von Nürnberg befassen.26

Anfragen

VIII.Besprechung über die Jugendarbeit in Bayern

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, daß er die Vertreter der Staatsministerien des Innern, für Unterricht und Kultus und für Arbeit und soziale Fürsorge für Montag, den 19. Dezember 1955 zu einer Besprechung über den Ausbau der Jugendarbeit in Bayern eingeladen habe. Er bitte die zuständigen Herren Staatsminister, ihm bis Freitag eine kurze Darstellung zuzuleiten, aus der hervorgehe, in welcher Weise die Jugendarbeit bisher gefördert werde und welche Pläne für die Zukunft bestünden.

Staatsminister Bezold bittet, auch das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr einzuladen, das für die berufliche Förderung der Jugend in der gewerblichen Wirtschaft zuständig sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden und schlägt dann vor, die Besprechung am 19. Dezember 1955 um 17 Uhr in der Bayer. Staatskanzlei abzuhalten.

Der Ministerrat nimmt zustimmend Kenntnis.27

Der Ministerrat beschließt dann noch im Hinblick auf die bereits am 21. Dezember 1955 stattfindende Bundesratssitzung, die nächste Sitzung des Ministerrats ebenfalls auf Montag, den 19. Dezember 1955 und zwar auf 20 Uhr anzusetzen.

IX.Fall Volkholz

Staatsminister Dr. Koch teilt mit, in der Angelegenheit Volkholz seien jetzt alle Rechtsmittel erschöpft, die gegen Volkholz ausgesprochene Gefängnisstrafe müsse nun vollstreckt werden.28

Staatsminister Dr. Baumgartner weist darauf hin, daß die Familie Volkholz bisher einen Unterhaltszuschuß erhalten habe, der offenbar aber jetzt eingestellt werden solle. Er frage nun, ob nicht doch eine Möglichkeit bestehe, vor allem im Hinblick auf die vier Kinder des früheren Abgeordneten, gewisse Bezüge weiter zu bezahlen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt gleichfalls, für die Familie müsse gesorgt werden. Es frage sich, ob überhaupt ein Disziplinarverfahren durchgeführt worden sei; nach bisheriger Übung sei in einem solchen Verfahren immer über die Familienunterstützung mitentschieden worden.

Staatsminister Dr. Baumgartner bittet daraufhin um das Einverständnis des Ministerrats, daß er im Benehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen zunächst prüfe, ob das Disziplinarverfahren durchgeführt sei, und dann eine entsprechende Regelung anordne.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, dies sei Sache des zuständigen Staatsministers, er bitte also Herrn Staatsminister Dr. Baumgartner, die Angelegenheit abzuschließen.29

X.Institut für Zeitgeschichte30

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er habe mit Schreiben vom 22. Oktober 1955 den Bundesfinanzminister gebeten, seine Zustimmung zur Neuorganisation des Instituts für Zeitgeschichte in Form einer Stiftung des öffentlichen Rechts zu geben, nachdem das Institut bisher einer eigenen Rechtsform entbehre. Auf diese Weise werde es dann möglich sein, das Institut in das Königsteiner Abkommen31 aufzunehmen.32

Bundesfinanzminister Schäffer habe nun am 7. Dezember 1955 geantwortet, er trage gegen eine Beteiligung des Bundes als Träger der geplanten Stiftung aus verfassungsrechtlichen Gründen Bedenken, der Bund sei aber gleichwohl bereit, dem Institut für mehrere Jahre verbindlich einen laufenden Zuschuß zur Verfügung zu stellen.33

An sich glaube er auch, daß für Bayern kein zwingender Grund bestehe, eine Beteiligung des Bundes als Träger der Stiftung zu fordern. Den Interessen Bayerns werde wohl auch damit gedient, daß sich der Bund wie bisher an der Finanzierung der Aufgaben des Instituts beteilige. Zunächst bitte er aber Herrn Staatssekretär Dr. Meinzolt, sich zu äußern.

Staatssekretär Dr. Meinzolt antwortet, das Kultusministerium müsse zunächst auch die Stellungnahme des Bundesinnenministeriums hören und dessen Antwort an den Bundesfinanzminister abwarten.

Für die Aufnahme des Instituts für Zeitgeschichte in das Königsteiner Abkommen sei es wahrscheinlich sowieso zu spät. An sich glaube er auch, daß man den Vorschlägen des Bundesfinanzministers zustimmen könne, wenn dadurch die Errichtung einer Stiftung nicht gefährdet werde. Er bitte, ihm einen Durchschlag des erwähnten Briefes zuzuleiten, damit eine genauere Prüfung erfolgen könne.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden.34

XI.Staatsbeauftragter Dipl. Kaufmann Heinrich Emmert35

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß der Ministerrat am 22. November 1955 beschlossen habe, Herrn Emmert als Staatsbeauftragten für den Ausschuß zur Durchführung des Art. 160 der Bayer. Verfassung zu entlassen,36 weil der Ausschuß seit einem Jahr nicht mehr zusammengetreten sei. Am Tage dieses Beschlusses habe nun der Landtag seinerseits beschlossen, den 160er Ausschuß wieder wirksam werden zu lassen. Es sei also eine neue Lage entstanden, so daß der Beschluß vom 22. November nochmals erwogen werden müsse.37

Staatsminister Bezold erklärt, Herrn Emmert sei angeboten, weiterhin als Sonderbeauftragter für das Grenzland mit einer Vergütung nach TOA III tätig zu bleiben. Dies habe Emmert aber mit dem Hinweis abgelehnt, daß er eine Beschäftigung in der Wirtschaft annehmen werde.

Das Wirtschaftsministerium beabsichtige, den Tätigkeitsbereich des Staatsbeauftragten für die Durchführung des Art. 160 dem ohnehin mit diesem Gebiet befaßten Leiter des Oberbergamtes, Oberbergamtsdirektor Barth, zu übertragen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, es sei eine neue Sachlage eingetreten, nachdem der Ausschuß seine Tätigkeit wieder aufgenommen habe. Er halte es deshalb für richtig, zunächst Verhandlungen mit dem Vorsitzenden des Ausschusses zu führen und dann im nächsten Ministerrat endgültig Beschluß zu fassen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.38

XII.Bundesgrenzschutz39

Staatsminister Dr. Geislhöringer teilt mit, das Bundeskabinett habe den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über den Bundesgrenzschutz vorgelegt, dessen § 4 vorsehe, daß der Bundesgrenzschutz als Institution aufrecht erhalten bleibe.40 Hessen beabsichtige nun, in der nächsten Bundesratssitzung einen Vorstoß gegen den Regierungsentwurf zu unternehmen mit der Begründung, der Bundesgrenzschutz habe nach dem Aufgehen in der neuen Wehrmacht keine Aufgaben mehr, diese könnten vielmehr auf die Länder übergehen. Der Standpunkt Hessens werde wahrscheinlich auch von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen unterstützt werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schließt sich mit Nachdruck dem hessischen Vorschlag an besonders im Hinblick darauf, daß die bisherigen Aufgaben des Bundesgrenzschutzes ohne weiteres von der Bayerischen Grenz- und Bereitschaftspolizei41 übernommen werden könnten. Er sei im übrigen auch der Meinung, daß neben der jetzt errichteten Wehrmacht eine eigene Polizeimacht des Bundes nicht bestehen dürfe.

Der Ministerrat stellt sich einstimmig auf den Standpunkt, daß der Bundesgrenzschutz aufgelöst werden soll, wenn er in die Wehrmacht überführt wird.

Gleichzeitig wird vereinbart, die bayerische Auffassung Hessen mitzuteilen.42

Zweites Gesetz über den Bundesgrenzschutz vom 30. Mai 1956

Ministerpräsident Dr. Hoegner verläßt die Sitzung, den Vorsitz übernimmt Staatsminister Dr. Baumgartner.

XIII.Tagung der Internationalen elektrotechnischen Kommission in München im Juni 1956

Staatsminister Bezold führt aus, die Tagung dieser Kommission, der sehr große internationale Bedeutung zukomme, werde erfreulicherweise im nächsten Jahr in München stattfinden; man rechne mit einer Teilnehmerzahl von etwa 700–800 Vertretern aus allen Ländern. Das Vorbereitende Komitee bitte um einen Empfang der Staatsregierung. Die Höhe der Kosten sei nicht bekannt, er müsse aber heute schon fragen, ob ein solcher Empfang durch den Herrn Ministerpräsidenten gegeben werden könne.

Auf Vorschlag des Herrn stellv. Ministerpräsidenten Dr. Baumgartner wird folgender Beschluß gefaßt:

Der Ministerrat ist einstimmig der Auffassung, daß für die Teilnehmer der Tagung der Internationalen elektrotechnischen Kommission ein Staatsempfang gegeben werden soll.

Der Ministerrat bittet deshalb den Herrn Ministerpräsidenten, sich damit einverstanden zu erklären und die erforderlichen Mittel aus Tit. 300 zur Verfügung zu stellen.

XIV.Neugliederungsgesetz43

Ministerialrat Dr. Gerner bittet um einen Beschluß, wonach Bayern keinesfalls einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses unterstützen und auch keinen Abänderungsanträgen hinsichtlich der Durchführungsbestimmungen zum Neugliederungsgesetz zustimmen werde.

Der Ministerrat beschließt einstimmig, so zu verfahren.44

XV.Vernehmung des Staatsministers a.D. Dr. Seidel45

Staatsminister Bezold teilt mit, Herr Staatsminister a.D. Dr. Seidel solle in einem Schadensersatzprozeß der Deutschen Metallwarenfabriken gegen den Freistaat Bayern als Zeuge vernommen werden. Er bitte nun den Ministerrat, die Genehmigung zu erteilen, daß Dr. Seidel in dem Verfahren aussagen kann.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

Der Ministerrat erteilt die Genehmigung, daß der frühere Wirtschaftsminister Dr. Seidel in dem Prozeß Deutsche Metall Warenfabriken gegen den Freistaat Bayern aussagen kann.

XVI.Antrag des Dr. med. Georg Englert, prakt. Arzt in Gars am Inn und sieben anderer vom 22.1.1953 auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Art. 19 des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 16.6.1952 (GVBl. S. 181)46

Staatsminister Dr. Baumgartner gibt bekannt, das Staatsministerium des Innern habe als Vertreter der Staatsregierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichishof am 14. Dezember 1955 Regierungsrat Karl Mann benannt und bitte nun um Zustimmung des Ministerrats zu dessen Bevollmächtigung.

Der Ministerrat beschließt, die Zustimmung zu erteilen.

XVII.Juliusspital Würzburg, Direktor Dr. Diener47

Staatsminister Dr. Geislhöringer erklärt, der Direktor des Juliusspitals, Dr. Diener, sei im Juni 1955 65 Jahre geworden, das Staatsministerium des Innern habe seine Dienstzeit bis 31. Dezember 1955 verlängert.48 Der Generalvikar der Diözese Würzburg sei nun vor kurzem bei ihm gewesen und behaupte, nach dem Stiftungsgesetz sei für die Verlängerung der Dienstzeit Dr. Dieners nicht die Bayerische Staatsregierung, sondern der Stiftungsvorstand zuständig.49 Wenn Dr. Diener also ab l. Januar 1956 in den Ruhestand versetzt werde, müsse der Stiftungsvorstand, hier der Oberpflegrat, einen Rechtsstreit mit dem Bayerischen Staat beginnen.

Er halte es für notwendig, das Stiftungsgesetz, das in diesem Punkt unklar sei, zu ergänzen und schlage vor, deshalb zunächst die Amtszeit Dr. Dieners um ½ Jahr zu verlängern.

Staatssekretär Vetter empfiehlt, die Entscheidung in dieser Sache zurückzustellen, da der Herr Ministerpräsident, dem die näheren Umstände des Falles genau bekannt seien, heute nicht mehr anwesend sei.

In dieser Frage bestehe im übrigen eine Meinungsverschiedenheit zwischen Innen- und Kultusministerium; letzteres sei der Auffassung, daß die Staatsregierung nicht mehr Stiftungsorgan sei, sondern der Oberpflegrat.50 Allerdings sei ihm nicht bekannt, ob diese Meinung von Beamten des Ministeriums auch von Herrn Staatsminister Rucker geteilt werde. Er glaube übrigens, daß zunächst eine Verlängerung von ¼ Jahr ausreiche.

Auf Vorschlag des Stellv. Ministerpräsidenten Dr. Baumgartner wird beschlossen, die Behandlung dieses Punktes bis zur nächsten Kabinettssitzung zurückzustellen.51

Juliusspital

XVIII.Schäfflertanz 1956

Staatsminister Dr. Geisihöringer teilt mit, die Schäffler-Innung habe angeboten, den Schäfflertanz im Hofe des Staatsministeriums des Innern vorzuführen. Er frage nun, ob eine ähnliche Anfrage auch den anderen Herren Staatsministern zugegangen sei.

Es wird festgestellt, daß der Herr Ministerpräsident schon genehmigt hat, daß der Schäfflertanz alter Tradition entsprechend voraussichtlich am 6. Januar 1956 vor der Bayer. Staatskanzlei getanzt wird.

Der Ministerrat ist der Meinung, daß diese Vorführung vor dem Herrn Ministerpräsidenten gleichzeitig für die gesamte Staatsregierung gilt und deshalb von einer Vorführung vor den einzelne Staatsministerien, abgesehen werden kann.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Wilhelm Hoegner
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Dr. Albrecht Haas Staatssekretär