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Nr. 59MinisterratssitzungDienstag, 6. Dezember 1955 in Augsburg Beginn: 11 Uhr 45 bzw. 14 Uhr 15 Ende: 12 Uhr 30 bzw. 16 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Wirtschaftsminister Bezold (zeitweise anwesend), Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium (zeitweise anwesend)), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Arbeitsminister Stain.

Tagesordnung:

I. Entwurf eines Wehrpflichtgesetzes. II. Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik der Wohn- und Mietverhältnisse und des Wohnungsbedarfs (Wohnungsstatistik 1956). III. Entwurf einer Verordnung über die Anwendung der Dienststrafordnung auf Landräte, ihre Stellvertreter und Bürgermeister. IV. Personalangelegenheiten. V. Rundschreiben der Jungen Union. VI. Schreiben des Bundesministers für Verteidigung. VII. Parlamentskommentar des Bayer. Rundfunks vom 26. November 1955. VIII. Bericht der Staatsregierung über ein Jahr Regierungstätigkeit. IX. Beleidigung der Staatsregierung durch Dr. Gerhard Kroll. X. Stellungnahme der evang.-luth. Landeskirche rechts des Rheins zum Entwurf eines Lehrerbildungsgesetzes. XI. Regelung des Dienstes am 1. Januar 1956. XII. Neubau einer evangelischen Kirche in Gangkofen. XIII. Fortführung der Flurbereinigung in Bayern. XIV. Besprechung des Staatshaushalts 1956/57. XV. Errichtung einer Kurzschule in den bayerischen Bergen durch die Deutsche Gesellschaft für europäische Erziehung e.V.. XVI. Bavaria-Filmkunst GmbH. XVII. Innstufe Rosenheim. XVIII. Spielbankausschuß des Bayer. Landtags. XIX. Landeszentrale für Heimatdienst. XX. Vorsitz bei internationalen Verhandlungen. XXI. Verbot des Auftretens der Kulturgruppen aus der Sowjetzone.

I.Entwurf eines Wehrpflichtgesetzes1

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet eingehend über die Besprechung des Entwurfs im Koordinierungsausschuß und betont,2 soweit Verwaltungsbefugnisse von Bundesstellen in Betracht kämen, könnten diese Befugnisse nach der bisher vom Bundesrat vertretenen Auffassung erst nach vorheriger Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes begründet werden.3 Insoweit könne auf die Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten vom 22. Juli 1955 verwiesen werden.4

Für die nach dem vorliegenden Entwurf vorgesehene Errichtung von bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden (Wehrersatzbehörden) biete Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG5 nach der bisher von Bayern und der Mehrheit des Bundesrats vertretenen Auffassung ohne vorherige Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes keine Rechtsgrundlage.

Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird folgender Beschluß gefaßt:

„Der Ministerrat beschließt, daß das Wehrersatzwesen soweit wie möglich durch die Länder in eigener Zuständigkeit durchgeführt wird.“

Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, dieser Beschluß binde nur im grundsätzlichen, mit den Einzelheiten des Entwurfs, nämlich insbesondere der Musterung, der Einberufung und der Wehrüberwachung der Wehrpflichtigen,6 müsse man sich natürlich noch gründlich befassen. Fast alle Länder, insbesondere auch Nordrhein-Westfalen, seien der Auffassung, daß alle diese Aufgaben in Form der Auftragsverwaltung erledigt werden könnten, dafür sei aber die Änderung des Grundgesetzes Voraussetzung.

Ministerialrat Dr. Gerner bemerkt, auf der Koordinierungssitzung habe der Vertreter des Staatsministeriums des Innern7 festgestellt, daß die Aufgaben der Musterung auch ohne Errichtung neuer Behörden durch bereits bestehende Landesbehörden in Auftragsverwaltung wahrgenommen werden könnten.8 Auch die späteren Aufgaben, nämlich Verteilung und Einberufung der Wehrpflichtigen, Steuerung des Einsatzes der Wehrreservisten, Wehrüberwachung, Mobilmachungsvorbereitungen und Kräfteausgleich, könnten in Auftragsverwaltung durchgeführt werden, wenn eine eigene Behördenorganisation durch die Länder errichtet werde. In Betracht komme dafür nach Meinung des Staatsministeriums des Innern ein diesem Ministerium nachgeordnetes Landesamt und in der Mittelstufe Wehrersatzämter, die diesem Landesamt unterstellt seien.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß hinsichtlich des Wehrersatzwesens noch alles in Fluß sei und endgültige Beschlüsse nicht gefaßt werden könnten.

Ministerialrat Dr. Gerner kommt dann auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 und in § 15 Abs. 3 des Entwurfs vorgesehene Regelung zu sprechen, die nach Auffassung des Koordinierungsausschusses einen Eingriff in das Kommunalverfassungsrecht darstelle.9

Eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes hierfür sei weder aus Art. 73 Ziff. 1 GG noch aus Art. 84 Abs. 1 GG herzuleiten. § 15 beziehe sich offenbar nur auf das in der britischen Zone geltende Kommunalverfassungsrecht und berücksichtige die Verhältnisse in Süddeutschland überhaupt nicht.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

„Der Ministerrat lehnt einen Eingriff in das Kommunalverfassungsrecht ab.“

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet weiter, bei den in § 18 vorgesehenen Musterungsausschüssen handle es sich nach dessen Aufgaben um bundeseigene Verwaltungsbehörden.

Vorgesehen sei, daß in den Ausschüssen die leitenden Verwaltungsbeamten der kreisfreien Städte oder der Landkreise im Nebenamt tätig würden, also mittelbare oder unmittelbare Landesbeamte. Rechtlich seien nun diese Landesbeamten bei ihrer Tätigkeit in den Musterungsausschüssen als Bedienstete des Bundes zu erachten; es sei sehr zweifelhaft, ob durch Bundesgesetz Landesbeamte in die rechtliche Stellung von nebenamtlich Bediensteten des Bundes gebracht werden könnten, ganz abgesehen davon, daß eine solche Regelung einen Eingriff in die Personalhoheit der Länder bedeuten würde.

Der Ministerrat stellt übereinstimmend fest, daß die in § 18 vorgesehene Regelung sowohl rechtlich fragwürdig als auch unzweckmäßig sei.

Ministerialrat Dr. Gerner macht dann darauf aufmerksam, daß durch verschiedene Bestimmungen des Entwurfs Grundrechte eingeschränkt würden, nämlich das Grundrecht der Freiheit der Person und der körperlichen Unversehrtheit, sowie das Grundrecht der Freizügigkeit. Die eingeschränkten Grundrechte müßten im Gesetz unter Angabe der entsprechenden Artikel des Grundgesetzes genannt werden; dies sei aber bisher nicht der Fall.

Im Koordinierungsausschuß habe sich ferner der Vertreter des Arbeitsministeriums10 dafür ausgesprochenen, in § 3 Abs. 2 Satz 2 die Zahl „60“ durch die Zahl „50“ zu ersetzen.11 Zur Begründung werde angeführt, die Jahrgänge vom 50. bis zum 60. Lebensjahr seien in erhöhtem Maße anfällig und körperlichen Anstrengungen nicht mehr gewachsen, hieraus würden Versorgungsansprüche in einem Umfange entstehen, der in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Wert der Dienstleistungen der älteren Jahrgänge stehe.

Der Ministerrat beschließt, sich hier die Entscheidung noch vorzubehalten.

Zu § 5 führt Ministerialrat Dr. Gerner aus, das Wirtschaftsministerium trete dafür ein, in § 5 Abs. 1 Satz 1 den auf die Dauer von 18 Monaten festgesetzten Grundwehrdienst auf 12 Monate zu verkürzen, da sonst mit Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, nach Meinung des Bundesverteidigungsministers sei ein Grundwehrdienst von 18 Monaten unbedingt erforderlich. Trotzdem könne man sich aber zunächst wohl dem Vorschlag des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr anschließen.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, zu § 24 habe der Vertreter des Arbeitsministeriums angeregt:

a) in Abs. 1 Satz 2 das Wort „herzustellen“ aus redaktionellen Gründen durch das Wort „anordnen“ zu ersetzen und

b) den letzten Satz von Abs. 3 durch folgenden Satz zu ersetzen: „Gegen die Nichtzulassung der Revision ist Beschwerde zulässig.“

Diesem Vorschlag habe sich der Koordinierungsausschuß mit der Begründung angeschlossen, daß es notwendig sei, die Rechtsstellung des Wehrpflichtigen zu stärken.12

Der Ministerrat beschließt einstimmig, diesen Abänderungsvorschlag zu bringen.

Eine längere Aussprache ergibt sich über § 30 des Entwurfs.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt abschließend fest, daß der Ministerrat die Frage der Wehrpflicht und damit auch der Kriegsdienstverweigerung noch nicht grundsätzlich behandelt habe; eine Aussprache darüber werde noch erforderlich sein.

Ministerialrat Dr. Gerner weist zu § 33 Abs. 2 Satz 3 darauf hin, daß im Koordinierungsausschuß der Vertreter des Arbeitsministeriums13 Bedenken dagegen erhoben habe, daß abgesehen von den Ärzten der Streitkräfte nur „beamtete“ Ärzte mit der Untersuchung beauftragt werden konnten.14 Die Möglichkeiten, auch Vertragsärzte mit dieser Untersuchung zu beauftragen, sollten gewahrt werden.

Außerdem halte das Arbeitsministerium im Interesse der versorgungsrechtlichen Betreuung der Wehrpflichtigen die Einfügung eines § 33 a für zweckmäßig, der folgenden Wortlaut tragen solle:

„§ 33 a Die Versorgung der Wehrpflichtigen und der ehemaligen Wehrpflichtigen und ihrer Hinterbliebenen wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer durch den Wehrdienst (§ 4) oder den zivilen Ersatzdienst oder den waffenlosen Dienst bei den Streitkräften (§ 29) erlittenen gesundheitlichen Schädigung richtet sich nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Sie obliegt den Stellen, die mit der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes betraut sind.“

Zur Begründung werde erklärt, durch die Einfügung einer solchen Vorschrift würde sich der Erlaß eines weiteren Rahmengesetzes für die Versorgung der Wehrpflichtigen erübrigen.

Der Vertreter des Justizministeriums habe hiegegen Bedenken geäußert im Hinblick auf die in § 26 des Entwurfs des Soldatengesetzes vorbehaltene gesetzliche Regelung.15 Vielleicht wäre zu prüfen, ob nicht die in § 26 des Entwurfs des Soldatengesetzes vorgesehene Regelung vor, zumindest aber gleichzeitig mit der Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes getroffen werden müßte.16

Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, das Wehrpflichtgesetz werde kaum vor Sommer 1956 verabschiedet werden, während das Soldatengesetz voraussichtlich im Januar in Kraft treten werde. Er halte es für richtig, dem Vorschlag des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge entsprechend den Versuch zu machen, diesen neuen § 33 a einzufügen.

Der Ministerrat beschließt einstimmig, so zu verfahren.

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, das Arbeitsministerium weise auch noch darauf hin, daß der vorliegende Entwurf die Frage offen lasse, welche Auswirkungen die Einberufung zum Wehrdienst auf ein ziviles Arbeitsverhältnis habe und wie nach dem Ende des Wehrdienstverhältnisses eine beschleunigte Vermittlung in das Arbeitsleben gesichert werden könne. Es sei notwendig, diesen Gesichtspunkt bereits im Wehrpflichtgesetz zu klären.

Staatssekretär Weishäupl unterstreicht die Notwendigkeit, Arbeitsplätze zu sichern.

Auch Ministerpräsident Dr. Hoegner spricht sich dafür aus, wenn möglich den zivilen Wehrpflichtigen ihren Arbeitsplatz vorzubehalten, er glaube aber nicht, daß dies in allen Fällen möglich sein werde. Jedenfalls sei es wohl nicht notwendig, diese Frage heute schon zu entscheiden.

Ministerialrat Dr. Gerner kommt dann auf § 41 des Entwurfs zu sprechen und schlägt vor, entsprechend der bisherigen Übung des Bundesrats auch bei den in § 41 aufgeführten Rechtsverordnungen ausdrücklich die Zustimmungsbedürftigkeit festzustellen.

Der Ministerrat faßt daraufhin einstimmig den Beschluß, Abs. 3 des § 41 durch folgende Bestimmung zu ersetzen:

„Die Rechtsverordnungen nach Abs. 1 und 2 bedürfen der Zustimmung des Bundesrats.“17

Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956

II.Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik der Wohn- und Mietverhältnisse und des Wohnungsbedarfs (Wohnungsstatistik 1956)18

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, bei diesem Gesetzentwurf handle es sich um einen im Bundesministerium für Wohnungsbau erstellten Referentenentwurf, der dem Bundeskabinett noch nicht vorgelegt worden sei.19 Der Sonderausschuß Statistik bei der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Länder habe die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Entwurfs bejaht, während sich die Konferenz der Innenminister dagegen ausgesprochen habe, weil die vorgesehene Erhebung überflüssig und zu kostspielig sei und dazu noch in ihren Ergebnissen alsbald überholt sein werde.

Der Bundesminister für Wohnungsbau bitte nun bis zum 8. Dezember 1955 um eine Mitteilung über die Auffassung der Länderkabinette.

Staatsminister Dr. Geislhöringer betont, auch im Sonderausschuß Statistik habe sich der Vertreter des Bayer. Staatsministeriums des Innern stets gegen den Entwurf ausgesprochen. Er empfehle, nach wie vor an der ablehnenden Stellungnahme festzuhalten.

Der Ministerrat beschließt daraufhin einstimmig, den Gesetzentwurf abzulehnen, weil die vorgesehene Erhebung überflüssig ist und nach kurzer Zeit überholt sein wird.20

III.Entwurf einer Verordnung über die Anwendung der Dienststrafordnung auf Landräte, ihre Stellvertreter und Bürgermeister

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, diese vom Staatsministerium des Innern im Entwurf vorgelegte Verordnung solle an die Stelle der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte vom 30. März 195321 treten und wie diese die Ausübung des Beisitzeramtes bei den Dienststrafkammern und beim Dienststrafhof regeln. Die Neufassung der Verordnung sei wegen der Neufassung des Art. 38 der Dienststrafordnung notwendig geworden.

Bedenken gegen den Entwurf seien nicht erhoben worden, das Staatsministerium des Innern sei auch damit einverstanden, daß in § 6 des Entwurfs das Datum des Inkrafttretens auf den 15. Dezember 1955 abgeändert werde, um eine Rückwirkung der Verordnung zu vermeiden.

Der Ministerrat beschließt, der Verordnung in der vorliegenden Form mit der Maßgabe zuzustimmen, daß § 6 Satz 1 folgende Fassung erhält:

„Diese Verordnung tritt am 15. Dezember 1955 in Kraft.“

IV.Personalangelegenheiten

Versorgung ehem. Mitglieder 1. Anfechtungsklage des Staatssekretärs a.D. Wolfgang Jaenicke gegen den Freistaat Bayern wegen Feststellung der Ruhegehaltsbezüge22

Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf die eingehende Note des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 28. November 1955, die zu dem Ergebnis komme, daß eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits nach dem Vorschlag des Anfechtungsklägers nicht befürwortet werden könne. Sie würde gegen Art. 11 des Gesetzes Nr. 5223 verstoßen und in ihren finanziellen Auswirkungen eine erhebliche Belastung für den Bayerischen Staat bedeuten.

Der Ministerrat beschließt einstimmig, in der Anfechtungsklage des Staatssekretärs a.D. Wolfgang Jaenicke gegen den Freistaat Bayern keinen Vergleich abzuschließen.

2. Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Franz Steiner vom Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Ministerialrat

Der Ministerrat beschließt auf Vorschlag des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Regierungsdirektor Dr. Franz Steiner mit Wirkung vom 1. Januar 1956 ab zum Ministerialrat zu ernennen.

3. Ernennung eines Vizepräsidenten der Regierung von Oberbayern

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß der bei der Regierung von Oberbayern tätige Regierungsdirektor Dr. Moos acht Jahre dienstälter sei als Regierungsdirektor Dr. Hamilkar Hofmann im Staatsministerium des Innern. Dr. Moos sei Pfälzer, übrigens ein sehr erfahrener Verwaltungsbeamter.24 Die durch die Ernennung des jetzigen Regierungspräsidenten Dr. Fellner freigewordene Ministerialratsstelle könnte Regierungsdirektor Dr. Hofmann gegeben und an seiner Stelle Dr. Moos zum Vizepräsidenten von Oberbayern ernannt werden. Notwendig sei die Zustimmung des Finanzministeriums, daß die ab 1. Dezember 1955 freigewordene Ministerialratsstelle schon am l. Januar 1956 besetzt werden.könne.

Staatsminister Dr. Geislhöringer erklärt sich mit dem Vorschlag einverstanden, während Staatssekretär Dr. Panholzer bemerkt, das Staatsministerium der Finanzen werde keinen Widerspruch erheben.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

Die im Staatsministerium des Innern freigewordene Ministerialratsstelle wird mit Wirkung vom l. Januar 1956 ab von Regierungsdirektor Dr. Hamilkar Hofmann besetzt.25

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt dann mit Zustimmung des Ministerrats fest, daß die Stelle des Regierungsvizepräsidenten von Oberbayern am 1. Januar 1956 frei werde und als neuer Regierungsvizepräsident Regierungsdirektor Dr. Moos in Aussicht genommen werde.26

Staatsminister Dr. Geislhöringer stimmt zu, weist aber darauf hin, daß die Ernennung eines Regierungsvizepräsidenten in die Zuständigkeit des Staatsministeriums des Innern, nicht aber des Ministerrats falle.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt diese Auffassung, erklärt aber, daß der Ministerrat die Sperrfrist von drei Monaten abkürzen könne, was hier geschehen sei.

4. Bayerische Staatszeitung; hier: Chefredakteur, J.H. Mauerer27

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, der neue Anstellungsvertrag für Chefredakteur J.H. Mauerer liege jetzt vor, er enthalte keine Bestimmung über eine Probezeit von einem halben Jahr.28 Er empfehle, auch, eine solche Klausel in den Vertrag nicht aufzunehmen, und es bei der normalen Kündigungsmöglichkeit zu belassen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

V.Rundschreiben der Jungen Union

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, die Junge Union verschicke ein Rundschreiben an die bayerischen Landräte, in denen diese aufgefordert würden, sich an einer Glückwunschaktion zum 80. Geburtstag des Bundeskanzlers zu beteiligen.

Er halte es für völlig unangebracht, daß gerade die Junge Union in dieser Form an die Landräte herantrete. Er schätze den Bundeskanzler, eine Aktion zu dessen Geburtstag könne aber nicht von einer parteipolitischen Gruppe organisiert werden, das müsse vielmehr Aufgabe einer überparteilichen Vereinigung sein. Er bitte den Herrn Staatsminister des Innern, diesen Vorfall zu prüfen.

Der Ministerrat stimmt der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten einstimmig zu.29

VI.Schreiben des Bundesministers für Verteidigung

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, Bundesminister Blank habe jetzt auch schriftlich mitgeteilt, daß Angehörige seiner militärischen Abteilung eine Vorbereitungsstelle für das spätere Wehrbereichskommando VI in München einrichten würden, um die ersten Maßnahmen für die Aufstellung der späteren territorialen militärischen Dienststellen in Bayern zu treffen.

Herr Blank erkläre ausdrücklich, die Dienststellen blieben vorerst Teile seines Ministeriums und würden es als vornehmste Aufgabe ansehen, alle Arbeiten im engsten Einvernehmen mit den zuständigen Landesbehörden durchzuführen. Ferner versichere er, daß er in der Zustimmung des Bayerischen Ministerpräsidenten zur Arbeitsaufnahme dieser Aussenstellen keine Präjudizierung der bayerischen Stellungnahme zu dem kommenden Organisationsgesetz und insbesondere zu der Frage der Errichtung einer bundeseigenen Wehrverwaltung sehe. Es sei selbstverständlich, daß die endgültige Entscheidung durch Bundesrat und Bundestag getroffen werde.

Abschließend bitte Herr Blank um das Einverständnis mit der Verwendung des Oberregierungsrats Dr. Bernklau als ersten Gehilfen des Leiters der Wehrbereichsverwaltung.

Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis.

VII.Parlamentskommentar des Bayer. Rundfunks vom 26. November 195530

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest einen Auszug aus dem Parlamentskommentar vom 26. November 1955, in dem ausschließlich die angeblichen Verdienste des Abg. Dr. Lippert um die Verlegung der Regierung von Regensburg nach Landshut herausgestellt und die Bemühungen des Ministerpräsidenten kaum erwähnt würden.31 Über diesen völlig einseitigen Bericht habe sich Herr von Knoeringen bei Herrn von Cube beschwert, dieser lehne aber eine Berichtigung ab.32 Er werde diese Angelegenheit im Koalitionsausschuß besprechen.33

Staatsminister Dr. Baumgartner empfiehlt, in diesem Falle nicht nachzugeben, sondern wegen dieser zweifellos besonders einseitigen Berichterstattung beim Rundfunkrat vorstellig zu werden.

VIII.Bericht der Staatsregierung über ein Jahr Regierungstätigkeit34

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, das Presse- und Informationsamt der Bayer. Staatskanzlei beabsichtige, nach Ablauf des ersten Jahres seit der Regierungsbildung der Presse eine Gesamtübersicht über die bisherige Tätigkeit zu übergeben. Es werde deshalb gebeten, daß die Staatsministerien dem Presseamt bis Donnerstag, den 15. Dezember 1955, einen 4–6 Seiten umfassenden Auszug aus ihren Tätigkeitsberichten übermitteln. Die Unterlagen würden dann vom Presseamt zusammengefaßt und in der Weise veröffentlicht werden, daß sie der Presse zwischen den Feiertagen als Material zur Verfügung stünden.35

Er bitte also zu veranlassen, daß die Berichte der Staatskanzlei rechtzeitig zugingen.36

IX.Beleidigung der Staatsregierung durch Dr. Gerhard Kroll37

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, der frühere Abg. Dr. Gerhard Kroll, der beim Institut für Zeitgeschichte sei, habe die Bayer. Staatsregierung als „Panoptikum“ bezeichnet.38

Es frage sich nun, ob gegen diese Beleidigung etwas unternommen werden solle.

Staatsminister Dr. Baumgartner stellt den Antrag, Strafantrag zu stellen.

Der Ministerrat faßt folgenden Beschluß:

Gegen Dr. Kroll wird wegen der in der Presse veröffentlichten beleidigenden Äußerungen gegen die Bayer. Staatsregierung Strafantrag gestellt.

Staatsminister Bezold empfiehlt noch, sich auch an das Institut für Zeitgeschichte zu wenden.

Staatssekretär Dr. Meinzolt erklärt dazu, Dr. Kroll habe keinen Vertrag mit dem Institut, sondern erhalte nur Arbeitsaufträge. Er werde aber mit dem derzeitigen Vorsitzenden des Kuratoriums des Instituts, Ministerialdirektor Dr. Hübinger, über diesen Fall sprechen.39

Verunglimpfung ders./Beleidigungsverfahren

X.Stellungnahme der evang.-luth. Landeskirche rechts des Rheins zum Entwurf eines Lehrerbildungsgesetzes40

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, daß der evang.-luth. Landeskirchenrat am vergangenen Samstag, den 3. Dezember 1955, seine Äußerung zu dem Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes übergeben habe.

Er schlage nun für die Führung der Verhandlungen mit der evang.-luth. Kirche Herrn Staatssekretär Dr. Meinzolt und Herrn Professor Dr. Nawiasky vor.

Staatssekretär Dr. Meinzolt erklärt sich bereit, die Verhandlungen zu führen, bittet aber als weiteren Verhandlungsführer auch Herrn Staatsminister Dr. Koch zu bestimmen.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

Zur Führung der Verhandlungen mit der evang.-luth. Kirche r.d. Rheins werden Staatsminister Dr. Koch, Staatssekretär Dr. Meinzolt und Professor Dr. Nawiasky bestimmt.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er werde diesen Beschluß der evang.-luth. Kirche offiziell mitteilen, die ihrerseits wohl Lizentiat Dr. Schmitt und Oberkirchenrat Dr. Fischer bestimmen werde.

In diesem Zusammenhang bemerkt Staatsminister Dr. Baumgartner, im Hirtenbrief der katholischen Bischöfe Bayerns sei der Wegfall der Worte „christliche Grundlage“ im Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes besonders beanstandet worden. Im Land herrsche auch eine gewisse Erregung darüber, weshalb er es für notwendig halte, eine Aufklärung zu schaffen. Vor allem müsse wohl festgestellt werden, daß diese Worte auch im Schulorganisationsgesetz, dessen Fassung auf die CSU zurückgehe, nicht enthalten seien.

Dort stehe der Ausdruck „christlich-abendländische Kultur“, der in dem Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes übernommen worden sei.41

Staatssekretär Dr. Haas schlägt vor, zu dieser Frage auf der nächsten Pressekonferenz eine vorbereitete Erklärung abzugeben, die im Wortlaut auch in die Staatszeitung übernommen werden könne.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

Staatssekretär Dr. Meinzolt erkundigt sich noch, ob die Veröffentlichung der Stellungnahme der evang.-luth. Landeskirche r.d. Rheins erst erfolgen solle, wenn die Äußerung der katholischen Kirche vorliege.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bejaht diese Frage.

Abschließend teilt Ministerpräsident Dr. Hoegner noch mit, Dekan Heckel habe der Bayer. Staatsregierung schriftlich für die Förderung des Wiederaufbaues der Matthäuskirche und die Teilnahme an der Einweihung gedankt.42

Gesetz über die Ausbildung für das Lehramt an Volksschulen (Lehrerbildungsgesetz) vom 14. Juni 1958

XI.Regelung des Dienstes am 1. Januar 1956

Staatssekretär Dr. Panholzer macht darauf aufmerksam, daß die Betriebsräte der Ministerien gebeten hätten, Samstag, den 7. Januar 1956 allgemein freizugeben und im übrigen den freien Samstag im Monat Januar entfallen zu lassen. Das Staatsministerium der Finanzen halte diesen Vorschlag für richtig, da bekanntlich Freitag, der 6. Januar 1956 ein Feiertag sei.

Der Ministerrat faßt folgenden Beschluß:

Der 7. Januar 1956 wird als der freie Samstag des Monats Januar 1956 erklärt. Den Staatsministerien bleibt es vorbehalten, in welchem Umfange ein kleiner Jourdienst eingerichtet wird.

XII.Neubau einer evangelischen Kirche in Gangkofen43

Ministerpräsident Dr. Hoegner äußert die Befürchtung, daß Schwierigkeiten mit der evangelischen Kirche entstehen könnten, wenn die Genehmigung des Neubaues der evangelischen Kirche in Gangkofen weiter verzögert werde. In der letzten Ministerratssitzung habe Herr Staatssekretär Dr. Meinzolt erklärt, es werde wohl gelingen, in einer Besprechung zwischen Vertretern der Ministerien und des Landeskirchenrats eine befriedigende Lösung zu finden. Aus einem Schreiben des Herrn Staatsministers des Innern vom l. Dezember 1955 entnehme er aber, daß diese Aussprache noch nicht stattgefunden habe und der Landesbaukunstausschuß44 nochmals mit dem Bauplan befaßt werde.45

Staatsminister Dr. Geislhöringer erwidert, er habe es für notwendig gehalten, den Landesbaukunstausschuß nochmals zu einer Stellungnahme aufzufordern, da dieser zwischen dem 24. Juni und Dezember 1954 seine Meinung über dieses Projekt völlig geändert habe.46 Er betone jedoch, daß für die Verzögerung nur ästhetische Gründe maßgebend seien, in keiner Weise aber konfessionelle.

Staatssekretär Vetter fügt hinzu, er sei damit einverstanden, wenn der Ausschuß nochmals angehört werde, er werde wohl an seiner zustimmenden Äußerung vom 2. Dezember 1954 festhalten.

Der erste Beschluß vom 24. Juni sei nicht begründet gewesen, der damalige Herr Staatsminister Dr. Hoegner habe daraufhin den Ausschuß aufgefordert, seine Gründe anzugeben. Daraufhin sei dann ein zustimmender Beschluß zustande gekommen, in dem verschiedene Änderungen verlangt worden seien.

Er halte es jedoch für dringend notwendig, daß der Ausschuß so rasch als möglich entscheide und diese Entscheidung auch dann durchgeführt werde, wenn sich neuerdings Widerspruch aus Niederbayern ergebe.

Im übrigen stehe fest, daß zwar ein begünstigender Verwaltungsakt zustande gekommen sei, dieser aber noch keine Rechtskraft |erlangt habe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt abschließend, keinesfalls dürfe der Eindruck entstehen, daß konfessionelle Gründe auch nur die geringste Rolle spielten.

Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird dann folgender Beschluß gefaßt:

Der Ministerrat stellt sich auf den Standpunkt, daß hinsichtlich des Kirchenbaues in Gangkofen keinesfalls der Eindruck entstehen darf, als werde die evangelische Konfession in irgendeiner Weise benachteiligt.47

XIII.Fortführung der Flurbereinigung in Bayern

Staatsminister Dr. Baumgartner dankt Ministerpräsident Dr. Hoegner dafür, daß er in der Frage der Flurbereinigung den Standpunkt des Landwirtschaftsministeriums dem Bund gegenüber nachdrücklich unterstützt habe. Bekanntlich habe Herr Bundesminister Dr. Lübke in einem Schreiben vom 25. Oktober 1955 behauptet, Bayern leiste von allen Ländern für die Flurbereinigung den geringsten Beitrag. Diese Auffassung sei falsch, weil Bayern das einzige Land sei, in dem die Mittel für den Bau von Hauptwirtschaftswegen, die Regelung der Wasserverhältnisse usw. nicht im Landwirtschaftsministerium, sondern im Etat des Innenministeriums enthalten seien. Selbstverständlich müßten aber diese Beträge zu den besonderen Mitteln für die Flurbereinigung hinzugerechnet werden. Bundesminister Dr. Lübke habe jetzt die bayerischen Zahlen anerkannt.

1955 seien 2,3 Mio DM Bundesmittel gesperrt gewesen, weil Bayern angeblich zu wenig geleistet habe; nunmehr werde dieser Betrag aber Bayern überwiesen werden. Außerdem weise er daraufhin, daß Bayern in ha pro Dienstkraft das Doppelte anderer Länder leiste.

Die Meinungsverschiedenheit zwischen Bayern und dem Bundesernährungsminister sei dadurch entstanden, daß der frühere Staatsminister Dr. Schlögl die Bereinigung von 90 000 ha pro Jahr zugesichert habe, während in Wirklichkeit nur 60 000 ha bereinigt werden konnten.

Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis.

XIV.Besprechung des Staatshaushalts 1956/57

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, Herr Staatsminister Zietsch habe zunächst eine Sondersitzung des Ministerrats zur Besprechung des Staatshaushalts 1956/57 für den 8. Dezember vorgeschlagen.

Er bitte aber jetzt wegen einer Sitzung des Vermittlungsausschusses die Aussprache auf kommenden Dienstag zu verlegen.

Staatssekretär Dr. Panholzer erklärt, es werde auch kaum mehr möglich sein, die Vorlage den Herren Kabinettsmitgliedern vor Donnerstag zuzustellen.

Der Ministerrat beschließt, den Staatshaushalt 1956/57 auf die Tagesordnung der Ministerratssitzung vom Dienstag, den 13. Dezember 1955 zu setzen.48

Rechnungsjahr 1956

XV.Errichtung einer Kurzschule in den bayerischen Bergen durch die Deutsche Gesellschaft für europäische Erziehung e.V.

Im Hinblick auf die Abwesenheit des Herrn Staatssekretärs Dr. Meinzolt wird vereinbart, die Behandlung dieses Punktes bis zur nächsten Ministerratssitzung zurückzustellen.49

XVI.Bavaria-Filmkunst GmbH50

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, die Direktion der Bavaria-Filmkunst GmbH habe am 26. November 1955 mitgeteilt, sie beabsichtige, einen Farbfilm herauszubringen, der das Bayern unserer lebendigen Gegenwart zeigen solle, also vor allem den Aufbau der Industrie nach den Kriege im alten Kulturland Bayern.

Die Direktion bitte, das Filmvorhaben wirksam zu fördern.

Staatssekretär Dr. Panholzer bemerkt, grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, ein Dokumentar-Filmvorhaben im Rahmen des Dritten Sicherheitsleistungsgesetzes zu fördern. Eine Stellungnahme zu den Plänen der Bavaria-Filmkunst sei aber noch nicht möglich, vor allem müsse darauf geachtet werden,51 daß kein Werbefilm entstehe.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths fügt hinzu, dieser Filmplan sei bereits im Filmbürgschaftsausschuß des Landtags besprochen und für gut befunden worden. Nachdem die Bavaria-Filmkunst mehr und mehr zurückgehe, halte er es schon für nötig, hier mitzumachen; die Verhandlungen seien allerdings noch im Gange. Er schlage vor, die Eingabe der Bavaria-Filmkunst durch das Finanzministerium prüfen zu lassen und zunächst die Vorlage der Pläne zu verlangen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, an sich sei beabsichtigt, einen ähnlichen Film durch die Landesanstalt für Heimatdienst herausbringen zu lassen. Er werde aber das Schreiben der Bavaria Filmkunst vorsorglich den Staatsministerien der Finanzen und für Wirtschaft und Verkehr zuleiten.

Bavaria Film

XVII.Innstufe Rosenheim52

Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf ein Schreiben des Herrn Staatsministers des Innern vom 19. November 1955, in dem mitgeteilt werde, der Staatszuschuß von 3 Mio DM an die Innwerk AG zum Ausbau der Innstufe Rosenheim könne im Haushalt 1956/57 nicht mehr untergebracht werden.53

An sich habe die Innwerk AG beschlossen, mit dem Bau im Herbst 1956 zu beginnen unter der Voraussetzung, daß der bayerische Staat einen Zuschuß leiste, weil er erhebliche Summen für den Hochwasserschutz einsparen werde. Er sei der Meinung, man müsse doch nochmals versuchen, den Betrag von 3 Mio DM im ao. Haushalt unterzubringen.

Staatssekretär Dr. Panholzer schlägt vor, heute noch keinen Beschluß zu fassen, die Angelegenheit könne vielleicht am kommenden Dienstag im Zusammenhang mit der Aussprache über den Haushaltsplan 1956/57 erörtert werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden.54

XVIII.Spielbankausschuß des Bayer. Landtags55

Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, er müsse zu den Vorgängen im Untersuchungsausschuß folgende persönliche Bemerkung machen:

Im Untersuchungsausschuß sei er gefragt worden, ob er im Jahre 1951 jemand nach Lindau geschickt habe, um Erkundigungen über die dortige Spielbank einzuholen. Er habe daraufhin unter Eid festgestellt, daß er niemals einen solchen Auftrag gegeben habe. Der frühere Abg. Saukel56 habe dann im Untersuchungsausschuß unter Eid eine gegenteilige Erklärung abgegeben.

Er müsse ausdrücklich hier vor dem Ministerrat feststellen, daß er niemals jemand nach Lindau geschickt habe.

Er werde nun eine Gegenüberstellung mit Herrn Saukel im Ausschuß verlangen. Dazu komme noch, daß früher schon Verfahren gegen diesen wegen Meineid gelaufen seien.57 Diese Tatsache müsse s.E. auch bekanntgegeben werden.

Staatssekretär Dr. Haas stellt fest, daß diese Sache mit den Aufgaben des Untersuchungsausschusses überhaupt nichts zu tun habe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, jedenfalls hätte die Vereidigung Saukels zurückgestellt und eine Gegenüberstellung veranlaßt werden müssen.

Staatssekretär Eilles bestätigt, daß verschiedene Verfahren gegen Saukel gelaufen seien, einige Fälle seien auch noch nicht abgeschlossen. Es handle sich dabei um Falschbeurkundungen und Eidesverletzungen, die Saukel als damaligem Bürgermeister von Hofheim in Unterfranken vorgeworfen worden seien.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt abschließend nochmals, er verstehe nicht, wie der Ausschuß die Vereidigung vor einer Gegenüberstellung habe vornehmen können.

Staatsminister Dr. Geislhöringer teilt in diesem Zusammenhang mit, Abg. Dr. Lippert habe den Antrag gestellt, den Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz, Riedmayr,58 zu vernehmen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, das Gesetz über die Einrichtung eines Verfassungsschutzamtes enthalte die ausdrückliche Bestimmung, daß die Beamten des Amtes zu völligem Stillschweigen verpflichtet seien, ausgenommen gegenüber dem Staatsminister des Innern.59 Es sei also gar nicht möglich, Präsident Riedmayr über eine Angelegenheit vernehmen zu lassen, die das Verfassungsschutzamt angehe.60

Spielbankausschuß

XIX.Landeszentrale für Heimatdienst61

Staatsminister Dr. Geislhöringer macht darauf aufmerksam, daß von katholischer Seite Vorwürfe gegen den Leiter der Landeszentrale62 für Heimatdienst, Dr. Ellwein, wegen seines Buches „Klerikalismus und Kirche“ erhoben würden.63

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, das Buch enthalte die Vorgeschichte des Lehrerbildungsgesetzes und setze sich mit der Haltung der CSU auseinander.64 Der Titel sei vielleicht nicht besonders glücklich, das Buch selbst enthalte aber keinerlei Beleidigung der katholischen Kirche.

Staatsminister Dr. Baumgartner schlägt vor, daß er bei der katholischen Kirche anfrage, in welchen Punkten dieses Buch Unwahrheiten enthalte; wenn die Antwort vorliege, könne dann mit Dr. Ellwein gesprochen werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden und betont, es könne keinem Protestanten verwehrt werden, seine Meinung über die katholische Kirche zu äußern.

Landeszentrale für Heimatdienst

XX.Vorsitz bei internationalen Verhandlungen

Staatsminister Dr. Geislhöringer teilt mit, am 1. Dezember 1955 hätten in München wasserwirtschaftliche Verhandlungen zwischen Bayern, Österreich und der Schweiz stattgefunden, an denen auch Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums teilgenommen hätten. Bundesminister Dr. von Brentano habe nun in einem Fernschreiben an den Herrn Ministerpräsidenten gebeten, den Vorsitz dem Vertreter des Bundes zu überlassen. Das Innenministerium habe daraufhin nachgegeben, um keine Schwierigkeiten zu bereiten, man müsse aber darauf bestehen, daß in Zukunft die Frage des Vorsitzes eindeutig geklärt werde.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, die Frage des Vorsitzes, die in allen Fällen vom Auswärtigen Amt in Anspruch genommen werde, spiele schon seit längerer Zeit eine Rolle. Auch er sei der Auffassung, daß bei Sitzungen in München in Zukunft Bayern den Vorsitz zu führen habe.

XXI.Verbot des Auftretens der Kulturgruppen aus der Sowjetzone65

Staatsminister Dr. Geislhöringer fährt fort, die KPD habe angefragt, ob das bisher bestehende Verbot des Auftretens von Kulturgruppen aus der Sowjetzone aufgehoben werde. Er sei der Meinung, daß hierzu kein Anlaß bestehe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt dieser Auffassung zu und unterstreicht die Gefahr der Infiltration in der Bundesrepublik. Das Ergebnis der Betriebsratswahlen in der Westfalen-Hütte, einem Schlüsselwerk der Eisenindustrie, sei besonders beunruhigend; bekanntlich sei es der KPD gelungen, dort die absolute Mehrheit zu erreichen.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Wilhelm Hoegner
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Dr. Albrecht Haas Staatssekretär