Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium).
I. Bundesratsangelegenheiten. II. Entwurf einer Verordnung über die Bildung einer Bayerischen staatlichen Kommission zur friedlichen Nutzung der Atomkräfte. III. Errichtung einer Bayerischen Landeszentrale für Heimatdienst. IV. Armeemuseum, Kriegerdenkmal und ehem. Preysing-Palais in München. V. Bayerische Staatszeitung. VI. Ausbau der Kraftstufe Rosenheim der Innwerk AG. VII. Neubau einer evangelischen Kirche in Gangkofen, Landkreis Eggenfelden. VIII. Verordnung über die Altersgrenze der Beamten vom 18. März 1948 (GVBl. S. 50). IX. Sonderleistungsprogramm der Koalitionsregierung (Bayern-Programm). X. Ausbau der Straßen München – Bodensee. XI. Stresemann-Ehrenmal in Mainz. XII. Instandsetzung der ehemaligen Herrentrinkstube „Neue Waag“ in Regensburg. XIII. Zuwendungen aus dem Bayer. Fußballtoto und Einführung des Zahlenlottos in Bayern. XIV. Ausbau des oberen Lechs. XV. Deutscher Evangelischer Kirchentag 1956 in Frankfurt/Main. XVI. Antrag des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge auf vorgriffsweise Bewilligung von Mitteln des Staatshaushalts 1956 für die Gewährung von Darlehen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge (verstärkte Förderung).
1.Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung1
Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, daß sich die Kosten für die gesamte Wiedergutmachung auf ca. 14 Milliarden DM beliefen. Die in dem Entwurf vorgesehenen Regelungen beanspruchten davon einen Betrag von ca. 7 Milliarden DM. Darin seien die von Bund und Ländern für die Wiedergutmachung bisher geleisteten Aufwendungen noch nicht enthalten.
Vor dem Inkrafttreten des Bundesentschädigungsgesetzes vom 18. September 1953 seien von den Ländern insgesamt etwa 1 Milliarde DM Wiedergutmachungsleistungen erbracht worden, die auf die nach dem BEG zu erbringenden Leistungen angerechnet würden. Darüber hinaus sehe aber der vorliegende Entwurf eine Leistung von mindestens 6,5 bis 7 Milliarden DM vor. Der Jahresaufwand für 1956 belaufe sich auf 810 Millionen DM, davon entfielen auf Bayern etwa 140 Mio DM. Beginnend mit der Währungsreform habe Bayern bis Ende Oktober 1955 224,3 Mio DM geleistet; für 1955 stünden insgesamt 134 Mio DM zur Verfügung. Wenn man von dem Entwurf ausgehe, müsse die Gesamtleistung Bayerns mit mindestens 1 Milliarde DM berechnet werden und zwar unter der Voraussetzung, daß die Verteilung der Last nach § 77 so bleibe, wie sie jetzt im Entwurf vorgesehen sei.2 Danach werde der Bund Bayern insgesamt 400 Mio DM erstatten, sodaß die verbleibende Belastung sich auf 600 Mio DM belaufe.
Eine längere Aussprache ergibt sich über die Empfehlung unter 11 a der BR-Drucks. Nr 336/1/55.3
Ministerialrat.Dr. Gerner berichtet dazu, nach dieser Empfehlung, die vom Finanzausschuß stamme, sollten sämtliche Entschädigungsansprüche , die nicht auf Tatbestände des Entwurfs gegründet würden, ausgeschlossen werden. Es handle sich hierbei vor allem um die Forderungen, die von Zwangsarbeitnehmern gegenüber Industrieunternehmen geltend gemacht würden. Er dürfe an den Musterprozeß Wollheim/IG Farben erinnern.4 Die Industrie schätze diese Entschädigungsansprüche auf mehrere 100 Milliarden DM. Im Wiedergutmachungsausschuß sei gegen den Vorschlag des Finanzausschusses eingewendet worden, daß es nicht angehe, Entschädigungsansprüche einfach gesetzlich auszuschließen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner wendet sich dagegen, daß immer wieder versucht werde, die politisch Verfolgten zu benachteiligen.
Der Gesetzgeber solle sich nicht dagegen stellen, wenn Gerichte zugunsten der Geschädigten entschieden.
Der Ministerrat beschließt, an der Regierungsvorlage festzuhalten und deshalb die Empfehlung unter Ziff. 11 a nicht zu unterstützen.
Nach der Besprechung der übrigen Empfehlungen wird beschlossen, diejenigen unter Ziff.1 mit 5 a, 7 a, 8, 9, 10, 12 a, 13, 14 a, 15 mit 28 a, 29 mit 32 a, b, 34, 35, 36, 37 b, 39 a, 40 mit 44 a, 45, 46, 47 b, 48 mit 51, 53 mit 61, 63 mit 67 a, 68 mit 74 zu unterstützen, dagegen nicht diejenigen unter Ziff. 6 a, 11 a, 33, 37 a, 38, 47 a, 52, 62 und 67 b.5
Kein Antrag nach Art. 76 Abs. 2 GG.
3.Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1955 (Nachtragshaushaltsgesetz 1955)7
Dem Vorschlag des Koordinierungsausschusses entsprechend wird beschlossen, die in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 350/1/55 unter Ziff. 1 und 2 enthaltenen Abänderungsvorschläge zu unterstützen, im übrigen aber gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.8
4.Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl)9
Kein Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG.
5.Entwurf einer Fünften Verordnung zur Durchführung des Feststellungsgesetzes (Fünfte FeststellungsDV)10
und
6.Entwurf einer Ersten Verordnung zur Ergänzung der Dritten Verordnung zur Durchführung des Feststellungsgesetzes11
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG.
7.Verkauf des ehemals reichseigenen Gesandtenwohnhauses in Athen, Akademiestr. 17 (jetzt Franklin Roosevelt-Str. 23)12
Der Empfehlung des Finanzausschusses folgend wird beschlossen, von diesem Verkauf nachträglich Kenntnis zu nehmen.
8.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes13
Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, der Vermittlungsausschuß habe beschlossen, die vom Bundestag am 29. September 1955 beschlossene Fassung des Entwurfs zu bestätigen.14 Das Arbeitsministerium spreche sich nach wie vor dafür aus, allerdings im Gegensatz zu der Meinung der übrigen Staatsministerien, dem Gesetzesbeschluß die Zustimmung zu versagen.
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, die Mehrheit im Vermittlungsausschuß sei nur gering gewesen. Er schlage vor, daß Bayern bei seiner ablehnenden Haltung verbleibe, zumal es durchaus möglich sei, daß sich die Mehrheit des Bundesrates dem anschließe.
Im gleichen Sinne spricht sich Staatssekretär Weishäupl aus.
Ministerpräsident Dr. Hoegner sieht keinen Anlaß, die frühere Haltung aufzugeben.
Der Ministerrat beschließt daraufhin einstimmig, die Zustimmung gemäß Art. 84 Abs. 1 GG zu versagen.15
Kein Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG.
10.Entwurf einer Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes17
Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1 und 2 a und b der BR-Drucks. 346/1/55. Dagegen wird die Empfehlung unter Ziff. 3 a nicht unterstützt.18
11.Entwurf einer Vierten Verordnung zur Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes19
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. l und 2 a und b der BR-Drucks. Nr. 347/1/55.20
Ministerialrat Dr. Gerner berichtet zu diesem Punkt, der Koordinierungsausschuß habe sich mit Mehrheit dafür ausgesprochen, einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen.22
Nach kurzer Aussprache beschließt der Ministerrat, keinen bayerischen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen, sich aber anzuschließen, wenn ein solcher Antrag durch ein anderes Land gestellt wird.23
13.Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit24
Die Empfehlungen in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 337/1/55 werden unterstützt.25
Kein Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG.
15.Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 33 d der Gewerbeordnung27
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1 mit 5 der BR-Drucks. Nr. 354/1/55.28
16.Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Sechsten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz29
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG.
17. Regelung der verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten30
Nach der Besprechung der Tagesordnung der Bundesratssitzung vom 11. November 1955 macht Ministerialrat Dr. Gerner noch darauf aufmerksam, daß ein Initiativgesetzentwurf über die Regelung der verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten (Bundestagsdrucksache Nr. 1817) vorliege.
Staatsminister Zietsch empfiehlt, nur zwei Sonntage für den Verkauf freizugeben und von Bayern aus zuzustimmen, wenn der Bund eine entsprechende Regelung vorschlage.
Der Ministerrat erklärt sich einstimmig damit einverstanden.31
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf den von der Bayer. Staatskanzlei ausgearbeiteten Vorentwurf einer Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Bildung einer Bayerischen staatlichen Kommission zur friedlichen Nutzung der Atomkräfte.33 Zur Bildung der Kommission sei weder ein Gesetz noch eine Verordnung notwendig, es genüge vielmehr ein bloßer Organisationsakt der Staatsregierung durch einen Beschluß des Ministerrats, der in Form einer „Bekanntmachung“ veröffentlicht werden könne.
Der Ministerrat erklärt sich mit der Bekanntmachung einstimmig einverstanden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, mit Schreiben vom 5. November 1955 habe Herr Staatsminister Rucker vorgeschlagen, folgende Wissenschaftler in die Kommission zu berufen:
1. Professor Dr. Walther Gerlach,
2. Professor Dr. Georg Joos,
3. Professor Dr. Heinz Maier-Leibnitz,
4. Professor Dr. Werner Heisenberg,
5. Professor Dr. Wolfgang Finkelnburg,
6. Professor Dr. Egon Wiberg,
7. Professor Dr. Feodor Lynen,
8. Professor Dr. Richard Wagner,
9. Professor Dr. Hans v. Braunbehrens,
10. Professor Dr. Rudolf Geiger,
11. Professor Fischer.
Was die aus dem Bereich der Wirtschaft auszuwählenden Persönlichkeiten betreffe, so lägen bisher noch keine endgültigen Vorschläge des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vor.
Staatsminister Bezold teilt daraufhin mit, einige Herren habe er in der letzten Sitzung schon genannt, er könne sie heute auch förmlich vorschlagen. Außerdem habe aber auch der Präsident der Industrie- und Handelskammer München, Direktor Pfülf, einige Vorschläge gemacht und zwar:
Direktor Berg von der Wacker-Chemie,
Direktor Enzensberger für die Energiewirtschaft,
Dr. Knott von der Firma Siemens-Schuckert und
sich selbst als Vertreter der Ernährungswirtschaft.
Nach längerer Aussprache wird beschlossen, folgende Vertreter der Wirtschaft in die Kommission zu berufen:
1. Ernst von Siemens, als Vertreter Dr. Knott (Elektrotechnik),
2. Generaldirektor Dr. Meyer (Maschinenbau),
3. Dr.-Ing. e.h. Dipl. Ing. Friedrich Jähne (Chemie),
4. Präsident Rodenstock34 (Feinmechanik und Optik),
5. Direktor Beckenbauer (Bergbau),
6. Direktor Enzensberger (Energiewirtschaft),
7. Direktor Pfülf (Ernährungswirtschaft),
8. Direktor Russ (AEG),
9. Direktor Wolf (Bayernwerk).
Staatsminister Dr. Baumgartner empfiehlt noch, auch einen Professor für Pflanzenzucht in den Beirat zu berufen, da der Atomwissenschaft große Bedeutung für die Landwirtschaft zukomme; er beabsichtige, den Dekan der landwirtschaftlichen Fakultät in Weihenstephan zu benennen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden,
Staatsminister Stain regt an, dazu noch einen Vertreter aus der Sozialwissenschaft zu berufen, da die Nutzung der Atomkräfte auch zahlreiche Fragen des Arbeitsschutzes, der Arbeitszeit usw. aufwürfe. Vielleicht könne an Professor Dr. Schimmert gedacht35 werden, einen endgültigen Vorschlag wolle er jedoch noch nicht machen.
Auch diese Anregung findet die Zustimmung des Ministerrats.
Außerdem wird auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten beschlossen, auch je einen Vertreter der Gewerkschaften und des Bayer. Bauernverbands in die Kommission aufzunehmen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner kommt dann auf Einzelheiten des Vorentwurfs zu sprechen und schlägt zunächst vor, in § 3 Satz 2 die Worte „er kann sich hierin ständig oder in Einzelfällen vertreten lassen“ zu streichen, da bei seiner Verhinderung der Vorsitz auf den Herrn Stv. Ministerpräsidenten übergehe.
Der Ministerrat stimmt einstimmig zu.
Weiterhin wird auf Anregung des Herrn Ministerpräsidenten beschlossen, in § 4 Ziff. 3 die Worte „für Unterricht und Kultus, für Wirtschaft und Verkehr, des Inneren und der Finanzen“ zu streichen, da sämtliche Ministerien in der Kommission vertreten sein sollen.
In der folgenden Aussprache wird noch vereinbart, daß sämtliche Herren Staatsminister und Staatssekretäre Mitglieder der Kommission sein sollen, dazu noch je ein Beamter der Staatskanzlei und der Ministerien, die von den zuständigen Ressortministern zu benennen sind. Ferner soll ein interministerieller Ausschuß gebildet werden, der Ministerrat ist jedoch der Auffassung, daß dies in die Bekanntmachung nicht aufgenommen werden soll.
Zu § 8 „Kostenerstattung“ wird nach kurzer Aussprache beschlossen, Ziff. 2 zu streichen. Dabei wird festgestellt, daß Tagegelder und Reisekosten im Einzelfall auf Antrag vergütet werden können.
Zu § 6 „Geschäftsführung“ führt Ministerpräsident Dr. Hoegner aus, es sei wohl zweckmäßig, als Geschäftsführer einen jüngeren Atomphysiker zu berufen, der die Geschäfte der Kommission wahrnimmt; eine eigene Geschäftsstelle brauche wohl nicht errichtet zu werden.
Staatsminister Zietsch empfiehlt, Dr. Kranz als Geschäftsführer zu benennen, der vor allem die Verbindung mit anderen wissenschaftlichen Gesellschaften usw. halte. Die übrigen Aufgaben könnten von der Staatskanzlei übernommen werden.
Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einstimmig einverstanden.36
Staatsminister Dr. Geislhöringer äußert Bedenken gegen den von der Staatskanzlei ausgearbeiteten Entwurf einer Verordnung über die Errichtung einer Bayerischen Landeszentrale für Heimatdienst und meint, es handle sich hier um eine Ressortangelegenheit, die nach der Bayerischen Verfassung nicht von der Staatskanzlei übernommen werden könne. Auch die Bundeszentrale für Heimatdienst unterstehe nur dem Bundesministerium des Innern.
Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, bei der Landeszentrale für Heimatdienst handle es sich um eine Einrichtung, die die Richtlinien der Politik betreffe und deshalb dem Ministerpräsidenten unterstehen könne.38
Auch Staatsminister Dr. Baumgartner ersucht Staatsminister Dr. Geislhöringer, seine Bedenken zurückzustellen und empfiehlt, die Landeszentrale schon deshalb dem Ministerpräsidenten zu unterstellen, weil damit eine ungestörte Fortentwicklung gewährleistet sei und außerdem die bayerischen Interessen besonders gut gefördert werden könnten.
Staatsminister Dr. Geislhöringer zieht daraufhin seine Bedenken zurück.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest den Text der Verordnung, der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf dahin abgeändert wird, daß in § 4 nach dem Wort „Arbeitsausschüsse“ die Worte „mit Zustimmung des Ministerpräsidenten“ eingefügt werden und § 5 folgende Fassung erhält:
„Der Geschäftsführer legt spätestens am 1. Mai jedes Jahres der Staatsregierung einen Tätigkeitsbericht über das abgelaufene Haushaltsjahr vor.“
Der Ministerrat beschließt einstimmig, der Verordnung in der verlesenen Form zuzustimmen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt dann fest, daß im Haushaltsplan 1956/57 für die Landeszentrale ein eigener Titel bei der Staatskanzlei geschaffen werden müsse.
Staatsminister Zietsch erwidert, der Titel „Förderung der demokratischen Erziehung“ beim Staatsministerium des Innern müsse auf die Bayer. Staatskanzlei übertragen werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt abschließend, die nächsten Aufgaben der Landeszentrale für Heimatdienst bestünden in erster Linie darin, eine Staatsbürgerfibel zu schaffen und ein Buch über Bayern herauszugeben. Vorläufig sei es wohl noch verfrüht, weitergehende Pläne zu fassen. Als Vorbild für das Bayernbuch könne ein in Niedersachsen herausgekommenes Werk dienen, das sehr gut gelungen sei.39
Staatsminister Zietsch verweist auf seine Note vom 27. Oktober 1955,41 in der er den ablehnenden Beschluß des Stadtrats München vom 4. Oktober 1955 mitgeteilt42 und um die Entscheidung des Ministerrats gebeten habe, ob dem Bayer. Rundfunk auf sein Schreiben vom 16. Mai 1955 eine rechtsverbindliche Nachricht gegeben werden solle.43 Diese Nachricht müsse etwa so lauten, daß das Armeemuseum nur unter Belassung des Kriegerdenkmals zur Verfügung gestellt werden könne oder daß dem Bayer. Rundfunk das Gelände ungeachtet der Beschlüsse des Bauausschusses der Stadt München und des Stadtrats gemäß dem verbindlichen Optionsvertrag zur freien Verfügung überlassen werde.
Das Finanzministerium habe sich seit langem bemüht, eine Lösung zu finden, nachdem aber jetzt der Stadtrat beschlossen habe, gegen eine etwaige Verlegung des Kriegerdenkmals Verwahrung einzulegen, bleibe nichts anderes übrig, als dem Rundfunk in dem vorgeschlagenem Sinne zu antworten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest dann eine Stellungnahme des Herrn Staatsministers Rucker vom 7. November 1955,44 in der es u.a. heiße, der Rundfunk zeige keine Neigung mehr, am Platze des Armeemuseums zu bauen und würde eine Rückerstattung der vorgelegten Mittel bezw. die Bereitstellung anderer Grundstücke vorziehen.45 Auf den Vorschlag, das Kriegerdenkmal um etwa 15 Meter nach Westen zu verlegen, sei der Rundfunk überhaupt nicht eingegangen. Weiter rege Herr Staatsminister Rucker an, die Stadt München zur Übernahme des Geländes des Armeemuseums für das Kulturhaus der Stadt zu bestimmen, da dieses Gelände weit geeigneter sei als das von der Stadt eigentlich angestrebte Grundstück des früheren Wittelsbacher Palais. Der Herr Kultusminister spreche sich auch deshalb gegen die Verlegung des Denkmals in die Feldherrnhalle aus, da dies den Verlust des Hofes des Preysing-Palais und damit eine beträchtliche Entwertung des Grundstücks bedeute. Zusammenfassend empfehle er, aus allen diesen Gründen das Denkmal im Hofgarten zu belassen.
Der Ministerrat beschließt daraufhin einstimmig, daß das Kriegerdenkmal an dem bisherigen Platz im Hofgarten verbleiben soll.
Die Mitteilung dieses Beschlusses an den Bayer. Rundfunk erfolgt durch das Staatsministerium der Finanzen.46
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er habe Herrn Mauerer nach der Besprechung im letzten Ministerrat erklärt, der in Aussicht genommene neue Chefredakteur, Herr Helmut Bauer, sei bereit, mit ihm noch einige Zeit zusammenzuarbeiten. Herr Mauerer habe diesen Vorschlag jedoch abgelehnt und dann betont, sein unter dem Pseudonym „Faber“ erschienener Artikel im „Münchner Merkur“48 sei völlig mißverstanden worden.
Herr Bauer könne immer noch zurücktreten, er sei auch bereit, dies zu tun, bitte aber um rasche Entscheidung des Ministerrats.
Die Frage sei nun, ob der Wechsel des Chefredakteurs doch noch hinausgeschoben werden solle und ob Herrn Mauerer eine Art Bewährungsfrist von einem halben Jahr gegeben werden könne oder nicht.
Staatsminister Dr. Baumgartner und Staatsminister Zietsch sprechen sich dafür aus, Herrn Mauerer nochmals eine Gelegenheit zur Bewährung zu geben und zwar dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend auf ein halbes Jahr.
Der Ministerrat beschließt daraufhin einstimmig, Herrn Mauerer zunächst auf die Dauer eines halben Jahres als Chefredakteur der Bayerischen Staatszeitung weiter zu beschäftigen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt abschließend fest, er werde also Herrn Mauerer kommen lassen und ihm mitteilen, unter welchen Voraussetzungen der Ministerrat seiner Weiterbeschäftigung zugestimmt habe.49
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 31. Oktober 1955, in der gebeten werde, die Frage des Baues dieser Kraftstufe noch zurückzustellen. Die Finanzierung dieses Bauvorhabens sei sehr schwierig, auch aus technischen Gründen könne die Innwerk AG an den Bau erst im nächsten Herbst gehen.51
Staatsminister Dr. Geislhöringer unterstreicht dagegen die Notwendigkeit, bei Rosenheim Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz durchzuführen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, die Innwerk AG sei auch bereit zu bauen, sie könne aber jetzt nicht mehr beginnen und auch im Frühjahr wegen des hohen Wasserstandes die Bauarbeiten nicht in Gang setzen; sie werde aber aller Voraussicht nach im Herbst 1956 anfangen.
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, nach der Aufsichtsratssitzung habe er in seinem Ministerium die Weisung erteilt, daß alle Fragen unverzüglich geprüft und diese Prüfung bis zum Ende des Jahres abgeschlossen werden müßte. Wenn der Staat schon erhebliche Mittel aufwende, müsse auf alle Fälle auch die Stufe Feldkirchen gebaut werden. Insoweit werde jetzt der Vorstand der Innwerk AG die erforderlichen Vorarbeiten veranlassen. Wegen der Finanzierung finde eine Fühlungnahme mit der Bayernwerk AG statt, so daß spätestens bis März 1956 ein umfassender Überblick vorliege. Er bitte, daß das Staatsministerium des Innern unverzüglich wegen der Konzessionserteilung tätig werde. Er würde es sehr begrüßen, wenn in der nächsten Aufsichtsratssitzung der Innwerk AG der Herr Ministerpräsident mitteilen könnte, daß alle Vorarbeiten abgeschlossen seien.
Staatsminister Dr. Geislhöringer sichert zu, das Erforderliche zu veranlassen.52
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, der evangelisch-lutherische Landeskirchenrat habe ihm am 4. November 1955 den Abdruck einer Beschwerde an das Staatsministerium des Innern übersandt.54 Dabei handle es sich um folgendes:
Seit Mai 1954 bemühe sich das Evang.-Luth. Expon. Vikariat Gangkofen um die Genehmigung eines Bauvorhabens zur Errichtung einer evangelischen Kirche in Gangkofen. Die Baupläne seien von den zuständigen Behörden und schließlich auch vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit Entschließung an die Regierung von Niederbayern vom 1. Oktober 1954 genehmigt worden. Daraufhin habe das Staatsministerium des Innern an das Landratsamt Eggenfelden, das die Baugenehmigung mit Beschluß vom 11. Oktober 1954 versagt habe, eine Entschließung vom 16. Dezember 1954 gerichtet, die folgenden Wortlaut trage:
„Da für den Bau der Kirche Mittel aus einer amerikanischen Stiftung zur Verfügung gestellt worden sind, die am 31. Dezember 1954 verfallen, wolle das baurechtliche Verfahren nach der Weisung der Regierung von Niederbayern in der genannten Entschließung beschleunigt weitergeführt und die beantragte Bauerlaubnis, falls andere Versagungsgründe nicht vorliegen, unverzüglich erteilt werden.“
Trotzdem habe das Landratsamt seinen ablehnenden Bescheid aufrecht erhalten und die Beschwerde des Vikariats Gangkofen der Regierung von Niederbayern vorgelegt. Diese habe dann mit Beschwerdebescheid vom 7. Oktober 1955 den ablehnenden Bescheid des Landratsamts Eggenfelden aufgehoben und dem Bauvorhaben unter einer Reihe von Auflagen unmittelbar die Genehmigung erteilt.
Gegen diese Entscheidung habe das Landratsamt Eggenfelden erneut beim Staatsministerium des Innern Vorstellungen erhoben, das seinerseits die Regierung von Niederbayern mit Entschließung vom 24. Oktober 1955 angewiesen habe, ihren Beschwerdebescheid vom 7. Oktober 1955 aufzuheben. Dagegen wende sich nun der Evang.-Luth. Landeskirchenrat mit Nachdruck und erkläre u.a., durch die Weisung des Staatsministeriums des Innern sei die Regierung von Niederbayern zu einer Maßnahme veranlaßt worden, die als rechtlich unzulässig angesehen werden müsse. Der Landeskirchenrat erwarte, daß das Innenministerium seine Entschließung vom 24. Oktober 1955 zurücknehme.
Staatsminister Dr. Geislhöringer stellt fest, daß für die Entscheidung des Innenministeriums konfessionelle Gründe in keiner Weise maßgebend gewesen seien, sondern der Umstand, daß der geplante Bau überhaupt nicht in die Landschaft passe. Über die ganze Angelegenheit habe er bereits mit Herrn Staatssekretär Dr. Meinzolt gesprochen.
Staatssekretär Vetter wirft ein, er sei bei der Behandlung der Sache nicht unterrichtet worden. Fest stehe, daß das Staatsministerium des Innern bereits am 16. Dezember 1954 die Genehmigung zu dem Bauvorhaben erteilt habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, bei dem Beschwerdebescheid des Staatsministeriums des Innern vom 16. Dezember 1954 handle es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der nicht einseitig zurückgezogen werden könne. Er rate dringend, die Sache nicht auf die Spitze zu treiben, zumal er – wie gesagt – der Auffassung sei, daß das Staatsministerium des Innern seine frühere Entscheidung nicht habe aufheben können.55
Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:
Das Staatsministerium des Innern wird gebeten, die Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des begünstigenden Verwaltungsaktes vom 16. Dezember 1954 nachzuprüfen im Hinblick auf die allgemeine Rechtsauffassung, daß begünstigende Verwaltungsakte nicht einseitig widerrufen werden können.
Es wird dann vereinbart, den Evang.-Luth. Landeskirchenrat über diesen Beschluß des Ministerrats zu unterrichten.56
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, der III. Senat des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs habe mit Urteil vom 10. Oktober 1955 festgestellt, daß die Verordnung über die Altersgrenze der Beamten vom 18. März 1948 (GVB1. S. 50) „gegen die Bestimmungen des Bayer. Beamtengesetzes verstößt und deshalb nichtig ist“. In dem Urteil wird weiter festgestellt, daß die einzige Rechtsgrundlage, den Eintritt in den Ruhestand über das 65. Lebensjahr hinauszuschieben, in Art. 92 Abs. 2 BBG gegeben, d.h. daß für Verlängerungen der Dienstzeit über die Altersgrenze hinaus allein das Landespersonalamt zuständig sei.
Ministerialrat Dr. Gerner berichtet dann über die Frage Abänderung des Art. 92 Abs. 2 BBG.
Staatsminister Zietsch empfiehlt im Anschluß daran, die Verordnung aufzuheben und gleichzeitig Art. 92 Abs. 2 BBG abzuändern. Das Staatsministerium der Finanzen werde einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, allerdings müsse es noch den Entwurf des Beamtenrahmengesetzes abwarten.
Der Ministerrat erklärt sich einstimmig mit diesem Vorschlag einverstanden.58
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat mit Beschluß vom 30. August 1955 den Entwurf einer Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern über das Sonderbauprogramm der Bayerischen Staatsregierung (Bayern-Programm) gebilligt habe. Nun teile die Oberste Baubehörde am 28. Oktober 1955 mit, daß dieser Entwurf nochmals in einem interministeriellen Ausschuß behandelt und in formaler Hinsicht geändert und ergänzt worden sei. Die Oberste Baubehörde betone, daß der sachliche Inhalt der Bekanntmachung unberührt geblieben sei, und die endgültige Formulierung erst nach der Beratung des Nachtragshaushalts erfolgen könne.
Er habe dagegen festgestellt, daß die neue Fassung des Entwurfs doch auch in sachlicher Hinsicht nicht unerheblich von der früheren abweiche und deshalb veranlaßt, daß dieser Punkt auf die Tagesordnung des Ministerrats gesetzt werde. Z.B. heiße es jetzt in Ziff. 2 wie folgt:
„Das monatliche Familienbruttoeinkommen (ohne Kindergeldzuschläge) der zu berücksichtigenden Wohnungsbewerber soll DM 400,- nicht überschreiten.“
In der alten Fassung habe statt „soll“ das Wort „darf“ gestanden, Hier handle es sich um eine sachliche, nicht nur um eine formale Änderung.
Der Ministerrat beschließt, die alte Fassung mit dem Wort „darf“ aufrecht zu erhalten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, Ziff. 2 werde neuerdings durch einen weiteren Absatz ergänzt, der festlege, welche Auflage der Bewilligungsbescheid zu enthalten habe.
Staatssekretär Vetter begründet die Notwendigkeit dieser Ergänzung, mit der sich dann der Ministerrat einverstanden erklärt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist dann auf Ziff. 3, die sich mit der Förderung eigentumsbildender Maßnahmen befasse; auch hier weiche die neue Fassung von der alten nicht unerheblich ab.
Staatssekretär Vetter spricht sich dafür aus, an der alten Fassung festzuhalten.
Es wird dem nicht widersprochen.60
Staatsminister Zietsch erklärt, die neue Fassung sei mit dem Staatsministerium der Finanzen nicht abgesprochen worden.
In der Einleitung habe es früher geheißen, daß die Bayerische Staatsregierung unter der Bezeichnung „Bayern-Programm“ eine Sondermaßnahme durchführe, während jetzt von einem zusätzlichen Sonderbauprogramm die Rede sei. Das Wort „zusätzlich“ sei nicht notwendig, es stünden auch nicht 60 Mio DM, sondern nur 15 Mio DM zur Verfügung. Die Einleitung könne also in der jetzigen Form nicht stehen bleiben, eine Absprache mit dem Staatsministerium der Finanzen hierüber sei erforderlich.
Die Oberste Baubehörde scheine sich auch über die Möglichkeiten der Finanzierung nicht im klaren zu sein, wenn sie zusätzlich 60 Mio DM fordere. Er stelle ausdrücklich fest, daß nur von einem Sonderprogramm für einen bestimmten Personenkreis, nie aber von einem zusätzlichen Programm die Rede gewesen sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert mit Nachdruck, es habe niemals ein Zweifel darüber bestanden, daß das Bayern-Programm ein zusätzliches Programm darstelle, mit welchem die Staatsegierung unabhängig von den üblichen Baumaßnahmen zusätzliche Mittel für Wohnungen für Evakuierte, Landarbeiter, Obdachlose und für die Grenzgebiete bereitstellen wolle. Das Staatsministerium der Finanzen müsse sich darüber im klaren gewesen sein und hätte die Verpflichtung gehabt, von Anfang an Einspruch einzulegen, wenn es die Finanzierung für unmöglich gehalten hätte.
Staatsminister Zietsch stellt fest, er habe nur die Frage aufgeworfen, ob man in der Lage sei, die notwendigen Gelder zu beschaffen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, die Staatsregierung habe doch in aller Form ein zusätzliches Programm angekündigt, gestützt auf den Ministerratsbeschluß vom 30. August 1955, in dem ausdrücklich erklärt werde, daß zusätzlich 8000 Wohnungseinheiten errichtet würden, es sei also unmöglich, jetzt auf einmal bekanntzugeben, daß der Plan zurückgezogen werden müsse.
Bei den Besprechungen im Ministerrat habe der Herr Staatsminister der Finanzen auch nur betont, daß nicht der ganze Betrag in den Nachtragshaushalt aufgenommen werden müsse.
Staatsminister Zietsch antwortet, er müsse das zur Kenntnis nehmen und versuchen, die Mittel bereit zu stellen. Allerdings könne er nicht sagen, was dann noch für das Haushaltsjahr 1957/58 geschehen könne.
Staatssekretär Vetter bemerkt zunächst, daß das Staatsministerium des Innern mit dem Staatsministerium der Finanzen die neue Fassung der Bekanntmachung abgesprochen habe.
Ein Antrag auf vorgriffsweise Bewilligung der Mittel durch den Landtag sei im Hinblick auf den Nachtragshaushalt zurückgezogen worden. Es zeige sich aber jetzt, daß nicht auf die Verabschiedung im Landtag gewartet werden könne, da jetzt jeder Tag kostbar sei. Um sofort mit dem Bau beginnen zu können, sei es notwendig, noch in dieser Woche vom Haushaltsausschuß ermächtigt zu werden, die ersten Mittel zu verbrauchen. Er bitte, daß das Staatsministerium des Innern von dem Vertreter des Finanzministeriums hierbei unterstützt werde. Die Ermächtigung des Landtags sei deshalb notwendig, weil sonst keine Bescheide herausgegeben werden könnten.
Abschließend wird der Entwurf der Bekanntmachung im einzelnen behandelt.
Der Ministerrat faßt folgenden Beschluß:
Der Ministerrat ist der Auffassung, daß in der Einleitung das Wort „zusätzlich“ beibehalten werden muß.
Zu Ziff. 2 wird nochmals beschlossen, das Wort „soll“ durch das Wort „darf“ zu ersetzen.
Ziff. 5 bleibt unverändert.
Zu Ziff. 8 wird nach kurzer Aussprache beschlossen, auch hier der neuen Fassung zuzustimmen.
Zu Ziff. 9 empfiehlt Staatsminister Dr. Baumgartner, folgende Fassung zu nehmen: „5 Mio DM für Landarbeiterwohnungen.“
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, und beschließt im übrigen, Ziff. 9 der neuen Fassung mit der Maßgabe zuzustimmen, daß der letzte Satz „Diese letzteren 30 Mio DM sind übertragbar“ gestrichen wird, da dies beim außerordentlichen Haushalt selbstverständlich sei.61
Staatsminister Dr. Baumgartner fährt fort, die Oberste Baubehörde beabsichtige, die Mittel für Landarbeiterwohnungen gegebenfalls auch für andere Zwecke zu verwenden; dagegen müsse er Bedenken äußern.
Staatssekretär Vetter macht darauf aufmerksam, daß diese Mittel bisher nie voll in Anspruch genommen worden seien, deshalb solle vorgesehen werden, daß sie auch für andere Zwecke verwendet werden könnten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, daß diese Angelegenheit zwischen den Staatsministerien des Innern und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geregelt wird.
Eine längere Aussprache ergibt sich dann noch über den ersten Absatz der Einleitung, der auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten dann folgende Fassung erhält:
„Zur Linderung von Wohnungsnotständen, die bisher nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt werden konnten, führt die Bayerische Staatsregierung unter der Bezeichnung ‚Bayern- Programm 1955‘ ein zusätzliches Sonderbauprogramm durch. Der Bayerische Landtag hat die Mittel für die erforderlichen Baudarlehen im Nachtragshaushalt 1955 genehmigt.“
Staatsminister Stain bemerkt noch, wie er höre, würden von den Regierungen Grenzlandmittel auf das Sonderbauprogramm angerechnet. Dies könne doch nicht richtig sein, da jeder Fonds nach den für ihn geltenden Richtlinien verteilt werden solle, also auch das Grenzland seine eigenen Mittel zu behalten habe.
Staatssekretär Vetter ersucht, ihm die Unterlagen über solche Vorfälle zu übersenden, das Staatsministerium des Innern werde dann die Angelegenheit prüfen und Verstöße abstellen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, in Kempten habe er erfahren, daß ein Landtagsbeschluß über den Ausbau der Straßen zum Bodensee über Memmingen bestehen solle. Damit würde die Verbindung zum Teil über württembergisches Gebiet führen. Andererseits habe sich die Staatsregierung Lindau gegenüber verpflichtetc, sich für den Ausbau der Bundesstraße 12 ( Lindau – Kempten) einzusetzen. Er sei der Auffassung, daß der Landtagsbeschluß wohl auf die Bemühungen von Abgeordneten aus Memmingen zurückgehe.
Staatssekretär Vetter bemerkt, der Leiter der Abt. Straßenbau in der Obersten Baubehörde habe sich gegen den Ausbau der Strecke über Memmingen ausgesprochen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, der Ausbau der Strecke über Kempten bringe noch den Vorteil mit sich, daß auch das ganze Sonthofener Gebiet besser erschlossen werde.
Er bitte das Staatsministerium des Innern, die Auffassung der Obersten Baubehörde festzustellen, damit diese Angelegenheit in einer der nächsten Kabinettssitzungen behandelt werden könne.
Staatsminister Dr. Geislhöringer sichert zu, die erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Staatsminister Zietsch führt aus, in der letzten Finanzministerkonferenz sei der Plan des Landes Rheinland-Pfalz, das Stresemann-Ehrenmal in Mainz wieder zu errichten, erörtert worden. Der jetzige Vorschlag gehe davon aus, daß für die Wiederherstellung ein Betrag von 200 000 DM erforderlich sei, wovon der Bund die Hälfte übernehmen werde. Der Rest von 100 000 DM solle von den Ländern nach dem Verhältnis des sog. Königsteiner Schlüssels63 übernommen werden, das bedeute, daß auf Bayern ein Betrag von etwa 15 000 DM entfalle.
Der Ministerrat beschließt, sich an der Wiederherstellung des Stresemann-Ehrenmals mit diesem Betrag zu beteiligen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf die Ausführungen des Oberbürgermeisters von Regensburg am 18. Oktober 1955 über die sog. „Neue Waag“.65 Dieses Gebäude, das zu den schönsten Baudenkmälern Regensburgs gehöre, sei im Jahre 1941 von der Stadt an das Staatl. Hofbräuamt66 um den Grundstückspreis von 60 000 Mark verkauft worden. Damals sei beabsichtigt gewesen, in der „Neuen Waag“ nach Plänen des Herrn Professors Dr. Esterer eine moderne Gaststätte des Hofbräuhauses einzubauen.67 Infolge des Krieges und der Nachkriegsverhältnisse sei aber der Ausbau des Gebäudes, das z.T. bombengeschädigt und sehr heruntergekommen sei, unterblieben.
Das Landesamt für Denkmalpflege habe sich wiederholt an die Staatsministerien für Unterricht und Kultus und der Finanzen gewandt und auf die Gefährdung des Baues hingewiesen. Zur Behebung der größten Schäden wäre sofort ein Betrag von 30 000 DM erforderlich, während das Hofbräuamt für das laufende Haushaltsjahr lediglich 6000 DM zur Verfügung gestellt habe.
Das Landesamt stelle in einem Bericht vom 2. November 1955 fest, daß hier nicht nur die Existenz eines ehrwürdigen Baudenkmals, sondern das Ansehen des Bayerischen Staates als Betreuer der Kunstdenkmäler auf dem Spiele stehe.68 Er bitte, zwischen den beteiligten Staatsministerien zu klären, was für die Erhaltung dieses Gebäudes geschehen könne.
Staatsminister Zietsch antwortet, das Hofbräuamt sei jetzt natürlich nicht in der Lage, in der „Neuen Waag“ eine Gaststätte einzubauen. Das Finanzministerium sei auch jederzeit bereit, das Gebäude wieder an die Stadt Regensburg gegen eine Anerkennungsgebühr zurückzugeben.
Ministerpräsident Dr. Hoegner wirft ein, die Stadt habe große Verpflichtungen durch die Erhaltung zahlreicher Kunstdenkmäler und könne keineswegs auch die „Neue Waag“ wieder übernehmen.69
Staatsminister Zietsch fährt fort, auf alle Fälle werde das Hofbräuamt angewiesen werden, die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen auf Grund der Überlegungen des Landesamts für Denkmalpflege durchzuführen.70
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert an sein Schreiben vom 27. August 1955 an das Staatsministerium der Finanzen, mit dem er um eine Äußerung zu einer Eingabe des Bayer. Landessportverbandes vom 18. August 1955 gebeten habe. In der Antwort habe das Finanzministerium darauf hingewiesen, daß es sich bei den Zuwendungen an den BLSV um Landesmittel im Sinne des § 64 a RHO handle. Zu der Anregung einer zweckgebundenen Zuführung von Mitteln an das Kultusministerium bemerke das Finanzministerium, daß nach § 29 RHO grundsätzlich alle Einnahmen des Landes Deckungsmittel für den gesamten Ausgabebedarf seien.
Staatsminister Zietsch stellt fest, daß der Landessportverband für das Haushaltsjahr 1955/56 mit Zuwendungen von 4 ½ Mio DM, d.s. 10% des Totoumsatzes, gerechnet habe; aller Voraussicht nach werde dieser Betrag noch überschritten werden. Es stehe demnach fest, daß durch die Einführung des Zahlenlottos, mit dem man bisher noch keine Erfahrungen gemacht habe, sich der Totoumsatz nicht verringert habe. Das Finanzministerium werde aber zu gegebener Zeit darauf zurückkommen, daß der Landessportverband mehrere Millionen auf der Bank liegen habe und an die Sportverbände keine Zuschüsse, sondern Darlehen gebe, was dem Sinne der zwischen dem Finanzministerium und dem BLSV getroffenen Abmachung widerspreche.
Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis.
Auf Wunsch des Herrn Staatsministers des Innern wird beschlossen, die Behandlung dieser Angelegenheit bis zur Ministerratssitzung vom 15. November 1955 zurückzustellen.73
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt ein Schreiben des Präsidenten des Deutschen Evangelischen Kirchentags vom 2. November 1955 bekannt, in dem u.a. mitgeteilt werde, daß sich die Kosten für den Kirchentag 1956 in Frankfurt am Main auf 1,5 Mio DM beliefen.75 Der Präsident bitte, daß die Länder der Bundesrepublik (mit Ausnahme Hessens) einen Betrag von 500 000 DM zur Verfügung stellten, was für Bayern etwa 85 000 DM bedeuten würde. Er glaube, daß über diesen Antrag noch keine Entscheidung getroffen werden könne und zunächst mit den übrigen Ländern Fühlung genommen werden müsse. Er erinnere daran, daß die Bayerische Staatsregierung für den Kirchentag 1953 in Hamburg einen Zuschuß von 10 000 DM bewilligt habe.76
Staatsminister. Zietsch macht darauf aufmerksam, daß aus allgemeinen Verfügungsmitteln noch etwa 98 000 DM vorhanden seien.
Die Entscheidung über den Antrag des Deutschen Evangelischen Kirchentags wird zurückgestellt.77
Staatsminister Stain nimmt Bezug auf sein Schreiben vom 27. Oktober 1955, in dem gebeten werde, an den Landtag den Antrag zu stellen, das Arbeitsministerium zu ermächtigen, zu Lasten des im Staatshaushalt 1956 zu veranschlagenden Ansatzes für die verstärkte Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge Bewilligungen bis zur Höhe von 4,5 Mio DM auszusprechen. Die vorgriffsweise Bewilligung sei notwendig, um die Bayern für die verstärkte Förderung dargebotenen Mittel der Bundesanstalt in Nürnberg im Gesamtbetrag von 14,38 Mio DM zu binden. Es handle sich um sehr bedeutsame Maßnahmen, z.B. am Kraftwerk Jochenstein, am Sylvenstein, die Errichtung von drei Staustufen am Main usw.
Staatsminister Zietsch erklärt, das Staatsministerium der Finanzen sei mit dem Antrag einverstanden, der von beiden Ministerien gemeinsam gestellt werde.
Der Ministerrat beschließt daraufhin, dem Vogriffsantrag zuzustimmen.