Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei)
Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium).
I. Beisetzung des Staatssekretärs a.D. Dr. Grieser. II. Volkstrauertag. III. Besuch des CSU-Abg. Dr. Lippert in den Staatsministerien des Innern und der Finanzen. IV. Nachtragshaushalt und Behandlung des Haushalts im Ministerrat.
Ministerpräsident Dr. Hoegner eröffnet die Sitzung mit der Feststellung, er habe sich zur Einberufung der Sitzung veranlaßt gesehen, weil das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge die Anordnung eines Staatsbegräbnisses für den verstorbenen Staatssekretär a.D. Dr. Grieser beantrage. Bei aller Würdigung der Verdienste, die sich Staatssekretär Grieser um Deutschland und Bayern, insbesondere auf dem Gebiet des Sozialrechts, erworben habe, trage er doch Bedenken, dem Antrag des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge zu entsprechen, weil damit ein unerwünschter2 Präzedenzfall geschaffen werde. Bisher seien Staatsbegräbnisse nur für Kabinettsmitglieder angeordnet worden, die noch im Dienst gewesen seien. Dagegen habe man für Kabinettsmitglieder außer Dienst noch nie ein Staatsbegräbnis angeordnet. Es werde schwer sein, in künftigen Fällen die Anordnung eines Staatsbegräbnisses für ausgeschiedene Kabinettsmitglieder abzulehnen, wenn man im Falle Grieser ein Staatsbegräbnis anordne, da man dann behaupten müsse, daß das verstorbene Kabinettsmitglied sich keine so großen Verdienste in Bayern erworben habe wie Staatssekretär Grieser.
Staatssekretär Weishäupl begründet seinen Antrag; er würdigt den Lebenslauf Griesers und insbesondere seine Tätigkeit im früheren Reichsarbeitsministerium. Hier habe Grieser die Sozialgesetzgebung des Reiches maßgeblich beeinflußt. Ebenso habe er seit 1947 als Staatssekretär im Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge auf die Gestaltung des Kriegsopferrechts in der amerikanischen Besatzungszone wesentlichen Einfluß genommen. Staatssekretär Grieser sei eine so überragende Persönlichkeit gewesen, daß die Anordnung eines Staatsbegräbnisses sich rechtfertige und künftige Berufungen wohl nicht zu befürchten seien.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er wolle die Verdienste Griesers um den Freistaat Bayern durch die Niederlegung eines Kranzes würdigen.
Staatsminister Dr. Baumgartner, Staatsminister Dr. Koch und die Staatssekretäre Simmel und Dr. Guthsmuths sprechen sich ebenfalls gegen die Anordnung eines Staatsbegräbnisses aus.
Sie sind übereinstimmend der Meinung, daß zwar die Verdienste Griesers sehr groß sind, daß aber doch für die Anordnung eines Staatsbegräbnisses keine Veranlassung besteht.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths regt an, daß das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge eine besondere Feierstunde abhält, in der in Anwesenheit der Staatsregierung die Verdienste Griesers gewürdigt werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner billigt diesen Vorschlag und ermächtigt Herrn Staatssekretär Weishäupl außerdem, bei der Beisetzung des Staatssekretärs Grieser im Namen der gesamten Staatsregierung zu sprechen.
Der Ministerrat einigt sich dann dahin, eine Feierstunde für Staatssekretär Grieser unabhängig von der Beisetzung am 31. Oktober 1955, um 16 Uhr, abzuhalten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bewilligt für die Durchführung dieser Feierstunde aus seinen Mitteln einen Betrag bis zu 1000 DM.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest den vom Staatsministerium des Innern erstellten Entwurf einer Bekanntmachung der Staatsregierung über den Volkstrauertag.
Der Ministerrat billigt die Bekanntmachung, die im Staatsanzeiger veröffentlicht werden soll.
Staatsminister Dr. Geislhöringer erwähnt die Veröffentlichung des Dr. Lippert in der Abendzeitung.3 Er habe Dr. Lippert bereits einen Brief geschrieben, in dem er ihn um nähere Angaben ersucht habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwähnt, auch er habe Dr. Lippert bereits schriftlich um Mitteilung von Einzelheiten gebeten. Dr. Lippert habe allerdings fernmündlich erklärt,4 er werde die Angelegenheit gelegentlich der nächsten Vollsitzung des Landtags mit dem Ministerpräsidenten erörtern.5
Staatsminister Dr. Baumgartner bittet, in der nächsten Ministerratssitzung nochmals den Nachtragshaushalt zu behandeln. Er habe seine Zustimmung zu dem Nachtragshaushalt gegeben, ohne vollständig unterrichtet gewesen zu sein.7
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sein Einverständnis mit einer Besprechung über das Verfahren des Finanzministeriums in dieser Sache.8 Die Besprechung könne zum Anlaß genommen werden, um grundsätzlich über die Art der Behandlung des Haushalts im Ministerrat zu sprechen. Das bisherige Verfahren, wonach dem Ministerrat ein vollständig fertiggestellter Haushaltsplan vorgelegt worden sei und wonach lediglich noch einzelne Differenzpunkte im Ministerrat bereinigt worden seien, halte er nicht für richtig. Bereits vor der Fertigstellung der Haushaltspläne sollten im Ministerrat die Forderungen der einzelnen Staatsministerien besprochen werden.9