Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Kultusminister Rucker, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium).
I. Nachtragshaushalt 1955/56. II. Federführung bei der Erstellung des Entwurfs eines Bayer. Personalvertretungsgesetzes. III. Richtlinien für die Teilnahme der Mitglieder der Staatsregierung an öffentlichen Veranstaltungen. IV. Vorschläge für Preissenkungen. V. Dinkelsbühler Schulfall. VI. Personalangelegenheiten. VII. Teilnahme von Mitgliedern der Staatsregierung an Parteiveranstaltungen. VIII. Beleidigung der Staatsregierung. IX. Abgabe von Grundstücken der Bayer. Berg-, Hütten- und Salzwerke AG (BHS) in Rosenheim. X. Maßnahmen zum Empfang der Heimkehrer aus russischer Kriegsgefangenschaft. XI. Errichtung eines Stresemann-Ehrenmals in Mainz. XII. Geschäftsverteilungsplan des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. XIII. Rechtsgutachten über die Zuständigkeiten des Ministerpräsidenten auf dem Gebiet der Staatsverwaltung. XIV. Bayerisch-Österreichisches Kraftwerk Simbach-Braunau. XV. Innkraftwerk Rosenheim. XVI. Ermittlungsverfahren des Oberstaatsanwalts München I gegen den Redakteur der kommunistischen Tageszeitung „Bayerisches Volks-Echo“ wegen Verunglimpfung bzw. Beleidigung von Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung. XVII. Errichtung eines Osteuropahauses in München durch das Deutsche Heimstättenwerk für Wissenschaftler und Künstler e.V.. XVIII. Anleihe der Lastenausgleichsbank in Höhe von 100 Mio DM zur Umschuldung von hochverzinslichen kurzfristigen Vertriebenenkrediten. XIX. Grenzlandhilfe. XX. Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen; hier: Abänderung der Zuständigkeitsvereinbarung vom 20. Februar 1952. XXI. Verlegung des Kriegerdenkmals in München. XXII. Rückgabe der ehemaligen Wehrmachtshütten. XXIII. Verlegung der Regierung von Niederbayern von Regensburg nach Landshut. XXIV. Verkehrsfragen der Landeshauptstadt München (Lastenstraße durch den Englischen Garten). XXV. Institut für Zeitgeschichte. XXVI. Universitätsinstitut für Holzforschung und Holztechnik in München. XXVII. Errichtung des Gebäudes für den Bevollmächtigten Bayerns beim Bund in Bonn. XXVIII. Neufassung des Bayer. Forstgesetzes. XXIX. Errichtung eines Forstamts in Kempten. XXX. Entwurf einer Gewerbesteuerdurchführungsverordnung 1955. XXXI. Bayerische Staatszeitung; hier: Berücksichtigung der Firma Münchner Buchgewerbehaus GmbH bei der Neuvergabe der Verlagsrechte. XXXII. Veranstaltungen usw..
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, die Vorlage des Staatsministeriums der Finanzen vom 10. Oktober 1955 betr. Nachtragshaushaltsgesetz für das Rechnungsjahr 1955 in einer Sondersitzung des Ministerrats zu behandeln.2
Der Ministerrat beschließt, die Sondersitzung auf Mittwoch, den 12. Oktober 1955, 17 Uhr 30, festzusetzen.
Staatsminister Dr. Koch erklärt, das Justizministerium habe mit Note vom 26. September 1955 beim Staatsministerium der Finanzen angeregt, in den Nachtragshaushalt einen Betrag von 600 000 DM aufzunehmen, der zur Ausstattung des neuen Justizgebäudes mit Möbeln dienen solle. Sein Ministerium habe nämlich Mehreinnahmen von 3 Mio DM bei den Gebühren erzielt und glaube nun, daß immerhin ein gewisser Teil dieser Mehreinnahmen für die Anschaffung von Möbeln verwendet werden sollte, zumal es sich wirklich nicht mehr lohne, das alte Mobiliar aus dem Justizpalast in das neue Gebäude zu transportieren.
Staatsminister Zietsch entgegnet, das Staatsministerium der Justiz hätte seine Anträge früher stellen müssen, da ihm doch bereits vor langer Zeit bekannt gewesen sei, daß es neue Möbel brauche.
Was die Mehreinnahmen von 3 Mio DM betreffe, so müßte dieser Betrag in den allgemeinen Haushalt aufgenommen werden. Er halte es nicht für richtig, in den Nachtragshaushalt 600 000 DM für Möbel einzusetzen, da dies zweifellos zu Schwierigkeiten im Landtag führen werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht Herrn Staatsminister Dr. Koch, diese Angelegenheit im Benehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen zu regeln.
Staatsminister Dr. Koch fügt hinzu, er wolle nur klarstellen, ob die Frage der Möbel im Nachtragshaushalt geregelt werden könne oder ob ein Vorgriff gestattet sei. Auf alle Fälle müsse der Betrag von 600 000 DM aufgebracht werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt unter Zustimmung des Kabinetts nochmals vor, diese Frage zwischen den beteiligten Ministerien in gütlichem Einvernehmen zu regeln.
Staatsminister Bezold empfiehlt noch, bei den Aufträgen für die Inneneinrichtung möglichst Firmen im Grenzland zu berücksichtigen.
Staatsminister Zietsch erklärt sich zu einer Besprechung mit Herrn Staatsminister Dr. Koch bereit.
Ministerpräsident Dr. Hoegner betont in diesem Zusammenhang, der sogenannte Ausschuß für Verwaltungsvereinfachung im Bayer. Landtag sei sehr schwer zufriedenzustellen und verlange von der Staatsregierung immer neue Maßnahmen. Er halte es für notwendig, mit den Mitgliedern des Ausschusses, die der Koalitionspartei angehörten, zu sprechen, damit die Führung nicht völlig auf die Mitglieder der Oppositionspartei übergehe.
Der Ministerrat stimmt dieser Anregung zu.3
Staatssekretär Weishäupl bittet mit Rücksicht auf die Abwesenheit des Herrn Staatsministers Stain, die Behandlung dieses Punktes um acht Tage zurückzustellen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.5
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt die Frage, ob mit den von der Staatskanzlei ausgearbeiteten Richtlinien für die Teilnahme der Mitglieder der Staatsregierung an öffentlichen Veranstaltungen Einverständnis bestehe. Es handle sich hier natürlich nur um Anhaltspunkte, aber nicht um bindende Vorschriften, so daß jederzeit Ausnahmen möglich seien.
Der Ministerrat beschließt, den Richtlinien zuzustimmen. Ferner wird beschlossen, die Richtlinien auch den Regierungspräsidenten bekanntzugeben. Die Bekanntgabe soll durch die Bayer. Staatskanzlei erfolgen.
In diesem Zusammenhang bemerkt Staatsminister Dr. Baumgartner, in letzter Zeit seien verschiedentlich Beamte der Ministerien eingeladen worden, auf Veranstaltungen der Oppositionspartei, z.B. im Wirtschaftsbeirat der CSU Referate zu halten. U.a. habe die Landtagsfraktion der CSU den Sylvensteinspeicher besichtigt und dazu Beamte des Landwirtschaftsministeriums und der Obersten Baubehörde eingeladen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, es liege s.E. kein Grund zum Einschreiten vor, wenn es sich um Besichtigungen, Veranstaltungen usw. handle, die von Abgeordneten des Landtags ausgingen, anders sei es allerdings, wenn Beamte aufgefordert würden, Referate zu halten.
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, in solchen Fällen müsse wohl ein Ersuchen an den zuständigen Minister gestellt werden, der zu entscheiden habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt zu und betont, ein Beamter dürfe ohne Genehmigung seines zuständigen Ministers über Vorgänge, die ihm dienstlich bekannt seien, keine Mitteilungen machen, insbesondere nicht bei Angelegenheiten,7 die unter die Verschwiegenheitspflicht fielen.8
Der Ministerrat stimmt dieser Feststellung zu.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß das Bundesministerium für Wirtschaft einer Mitteilung des Herrn Staatsministers Bezold im Ministerrat vom 4. Oktober 1955 zufolge Vorschläge über die Senkung der Strom- und Holzpreise sowie die Einschränkung des staatlichen und gemeindlichen Hochbaues gemacht habe.9
a) Was nun den Strompreis betreffe, so sei in der gestrigen Aufsichtsratssitzung der Bayernwerk AG mitgeteilt worden, daß am Donnerstag, den 13. Oktober 1955 in München eine Sitzung stattfinden werde, die sich mit dieser Frage zu beschäftigen habe. Geplant sei, eine Senkung von 10% der Strompreise für den Kleinverbraucher eintreten zu lassen. Allerdings werde sich eine Senkung des Strompreises für die Großabnehmer kaum ergeben.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths stellt fest, daß gerade die Groß-Chemie in Bayern an einer Senkung der Strompreise besonders interessiert sei. Er wisse aber, daß Herr Staatssekretär Westrick vom Bundeswirtschaftsministerium dagegen Einwände erhebe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths, ein Schreiben an die Bayernwerk AG zu richten und dem Ministerrat einen Durchschlag zu übersenden.
Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird dann beschlossen, die Besprechung des Punktes a) Senkung der Strompreise zurückzustellen, um das Ergebnis der Sitzung vom Donnerstag, den 13. Oktober 1955 abzuwarten.
b) Senkung der Holzpreise
Staatsminister Dr. Baumgartner führt aus, er habe in einem Schreiben an den Herrn Ministerpräsidenten, das heute auslaufen werde, zu dieser Frage Stellung genommen. Eine Senkung der Holzpreise sei aus einer Reihe von Gründen unmöglich. Vor allem weise er darauf hin, daß der Holzpreis im Laufe des letzten Jahres von 300% der Richtpreise auf 250–260% zurückgegangen und jetzt eine gewisse Stabilität mit einer Tendenz nach unten eingetreten sei. Würde man mit einer künstlichen Preissenkung eingreifen, so werde das keinesfalls dem Endabnehmer zugute kommen. Rund ein Drittel des Schnittholzes werde aus dem Ausland eingeführt, dieses Drittel bestimme aber den Preis. Außerdem mache er darauf aufmerksam, daß der Staatswald nur ein Drittel des gesamten Waldes in Bayern ausmache, der zu einem großen Teil im Besitz von Bauern, Gemeinden, Körperschaften usw. sei. Infolgedessen sei eine Senkung vom Staatswald allein her gar nicht möglich, ganz abgesehen davon, daß auch der Herr Finanzminister, der auf die Einnahmen aus dem Staatswald dringend angewiesen sei, wohl kaum seine Zustimmung erteilen wolle.
Staatsminister Zietsch stimmt mit Nachdruck zu und bestätigt, daß der Holzmarkt gegenwärtig stabil sei und von Staats wegen nicht eingegriffen werden dürfe. Außerdem bemerke er, daß die soeben vorgenommene Erhöhung der Waldarbeiterlöhne den Bayer. Staat etwa 5 Mio DM kosten werde.
c) Einschränkung der Baumaßnahmen
Staatsminister Zietsch erklärt, die Behandlung dieses Punktes sei noch nicht abgeschlossen, das Finanzministerium werde sich in den nächsten Tagen dazu äußern.
Staatsminister Dr. Geislhöringer fügt hinzu, auch das Staatsministerium des Innern habe eine Vorlage ausgearbeitet.
Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird beschlossen, die Behandlung dieses Punktes bis zur Sondersitzung am Mittwoch Abend zurückzustellen.10
Staatssekretär Dr. Meinzolt führt aus, in der vergangenen Woche habe in Dinkelsbühl unter dem Vorsitz eines Beamten der Regierung von Ansbach eine Besprechung stattgefunden, an der 30 Persönlichkeiten, darunter zehn Vertreter der Eltern, teilgenommen hätten. Die Teilnehmer an der Sitzung hätten sich schließlich mit 21 gegen 9 Stimmen dafür entschieden, den jetzigen Zustand zu belassen, um nicht neue Beunruhigung zu schaffen. Man habe aber die Forderung aufgestellt, daß rechtzeitig Vorbereitungen für eine Abstimmung getroffen werden sollten. Auch Regierungspräsident Dr. Schregle sei der Auffassung, man solle den jetzigen Zustand belassen.
Staatsminister Bezold äußert erhebliche Bedenken gegen diesen Vorschlag und empfiehlt, die Entscheidung noch zurückzustellen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt die Frage, ob das Kultusministerium die Verordnung zum Schulorganisationsgesetz in der Weise ändern könne, daß für die Abgabe der kirchlichen Gutachten eine Frist gesetzt werde. Weiter sei zu überlegen, ob jetzt schon eine Abstimmung der Eltern über die Einführung der Gemeinschaftsschule in Dinkelsbühl stattfinden könne.
Staatssekretär Dr. Meinzolt antwortet, die Änderung der Verordnung zum Schulorganisationsgesetz sei natürlich jederzeit möglich.
Was die zweite Frage betreffe, so könnte die Abstimmung jetzt schon erfolgen, eine gewisse Vorbereitungszeit sei aber erforderlich. Seiner Meinung nach arbeite die Zeit für die Befürworter der Gemeinschaftsschule. Anlaß für die Änderung des bisherigen Zustands sei bekanntlich der Umstand gewesen, daß ein neues Schulhaus in Dinkelsbühl errichtet worden sei. Die Eröffnung könne aber wider Erwarten erst im April 1956 erfolgen.
S.E. sei dann der beste Zeitpunkt gekommen, eine neue Regelung zu treffen. Er dürfe seinen Vorschlag wiederholen, es zunächst bei dem bisherigen Zustand zu belassen. Im übrigen werde natürlich eine Mißbilligung gegenüber der Regierung von Ansbach ausgesprochen werden.
Staatsminister Bezold ersucht, die Angelegenheit nochmals in den Fraktionen besprechen zu lassen. Der ganze Vorfall gehe doch zweifellos auf eine bestimmte Absicht zurück.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt abschließend fest, daß der Ministerrat den Bericht zur Kenntnis genommen habe und ihn den Fraktionen mitteilen werde. Er bitte aber die Änderung der Verordnung zum Schulorganisationsgesetz bald vorzunehmen.
Auf Frage von Staatsminister Bezold erklärt Ministerpräsident Dr. Hoegner, es sei nicht Sache der Staatsregierung, die Eltern darüber aufzuklären, daß sie die Möglichkeit hätten, einen Antrag auf Errichtung einer Gemeinschaftsschule zu stellen. Nach der Bayer. Verfassung seien Bekenntnisschule und Gemeinschaftsschule gleichberechtigt, es sei Sache der Eltern und der Parteien, sich darum zu kümmern. Allerdings stehe fest, daß in Dinkelsbühl ein schwerwiegender Fehler dadurch begangen worden sei, daß man vollendete Tatsachen geschaffen habe.12
Der Ministerrat beschließt
1. Ministerialrat Dr. Karl Riedl (Staatsministerium des Innern) und
2. Ministerialrat Dr. Hermann Feneberg (Staatsministerium des Innern) zu Ministerialdirigenten im Staatsministerium des Innern zu ernennen.
3. Ernennung des Regierungspräsidenten in Augsburg13
Staatsminister Dr. Geislhöringer gibt bekannt, er beabsichtige, Ministerialrat Dr. Fellner (Staatsministerium des Innern) zum Regierungspräsidenten von Schwaben zu ernennen.
Während Staatssekretär Dr. Meinzolt auf Ministerialrat Wallenreiter (Staatsministerium für Unterricht und Kultus) verweist, bittet Staatssekretär Simmel, die Entscheidung noch zurückzustellen, da er noch eine Besprechung in den Fraktionen für erforderlich halte.
Der Ministerrat beschließt, die Entscheidung bis zur Sondersitzung am Mittwochabend zurückzustellen.14
4. Staatsminister Dr. Geislhöringer fährt fort, außerdem sei es notwendig, einen Regierungsvizepräsidenten für Landshut zu ernennen. Hier beabsichtige er, Ministerialrat Dr. Hopfner von der Gesundheitsabteilung im Staatsministerium des Innern vorzuschlagen. An sich sei die Zustimmung des Ministerrats nicht notwendig, er bitte aber etwaige Bedenken zu äußern, zumal der neue Vizepräsident in absehbarer Zeit zum Regierungspräsidenten von Niederbayern ernannt werde.
Der Ministerrat beschließt einstimmig, Bedenken gegen den Vorschlag nicht zu erheben.15
5. Staatsminister Zietsch macht darauf aufmerksam, daß in absehbarer Zeit die Regierungspräsidenten von Ansbach, Bayreuth und Regensburg in den Ruhestand treten. Er bitte, deshalb schon jetzt Überlegungen anzustellen und zu prüfen, ob nicht einer der Landräte in Frage käme.
Die Anregung wird zur Kenntnis genommen.
6. Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, wer nach dem Ausscheiden des Vizepräsidenten Frhrn. von Teuchert von der Regierung von Oberbayern für diesen Posten in Betracht komme.
Staatsminister Dr. Geislhöringer antwortet, er habe an Regierungsdirektor Hofmann vom Staatsministerium des Innern gedacht, dessen Ernennung zum Ministerialrat er demnächst vorschlagen werde. Im übrigen habe er noch verschiedene andere Vorschläge für Ernennungen, die demnächst vor den Ministerrat kämen.16
Staatsminister Zietsch ersucht, das Staatsministerium der Finanzen rechtzeitig einzuschalten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner richtet an Staatsminister Zietsch die Frage, ob ein Staatsminister oder ein Staatssekretär, der an einer Parteiveranstaltung teilnehme, als Privatmann oder Kabinettsmitglied zu betrachten sei.
Staatsminister Zietsch antwortet, es bestehe kein Zweifel, daß die Minister und Staatssekretäre in allen Fällen, in denen sie öffentlich aufträten, als Mitglieder der Staatsregierung zu betrachten seien, weil sie ja auch in Wahlkundgebungen usw. die Politik der Staatsregierung verträten. Daraus ergebe sich, daß sie z.B. auch Anspruch auf Benützung ihres Dienstkraftwagens hätten; allerdings könnten keine Reisekosten verrechnet werden. Er mache noch darauf aufmerksam, daß dies auch der bisherigen Übung entspreche.
Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:
Staatsminister und Staatssekretäre, die auf Wahlkundgebungen sprechen oder bei Parteiveranstaltungen erscheinen, handeln nach bisheriger Übung in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Staatsregierung.
Staatsminister Zietsch fügt noch hinzu, bekanntlich fielen Kabinettsmitglieder unter die für die Beamten geltende Unfallfürsorge.
Staatsminister Dr. Koch bemerkt, obwohl er Mitglied der Staatsregierung sei, könne er die Bahn nicht unentgeltlich benützen, da er nicht dem Landtag angehöre.
Staatsminister Zietsch erwidert, im Bundesbahngesetz sei festgelegt, daß nur Abgeordnete das Recht auf Freifahrt hätten.
Das gleiche gelte übrigens für die Mitglieder des Bundesrats, während die Vertreter im Bundesrat keinen Anspruch auf Freifahrt hätten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, über den bayerischen Bevollmächtigten in Bonn Schritte zu unternehmen, um zu erreichen, daß sämtliche Mitglieder der Staatsregierung, auch wenn sie dem Bundesrat nicht als Mitglieder angehörten, Freifahrtscheine erhielten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München habe den Akt des Sicherheitswachtmeisters Ludwig Probst übersandt. Dieser sei durch einen Beschluß des Personalausschusses der Stadt München entlassen worden, nachdem er zunächst probeweise wieder eingestellt worden sei. Probst habe wiederholt erklärt, er sei nach wie vor Nationalsozialist, der jetzige Staat werde von Lumpen und Parasiten regiert usw.
Er sei der Meinung, daß man wegen dieser Äußerung eines unbelehrbaren Nationalsozialisten nichts unternehmen solle.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.18
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf den Beschluß des Bayer. Landtags, wonach der Stadt Rosenheim Grundstücke der BHS abgetreten werden sollen.20 Im Zusammenhang mit diesem Beschluß sei von einem Abgeordneten die völlig unhaltbare Theorie aufgestellt worden, daß die Abgeordneten des Bayerischen Landtags Aktionäre der BHS seien. Er halte es für richtig, dieser Behauptung in entsprechender Form entgegenzutreten,
Staatsminister Zietsch erklärt, das Staatsministerium der Finanzen habe bereits eine Stellungnahme ausgearbeitet, er werde sie dem Herrn Ministerpräsidenten zuleiten.21
Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, er halte es für richtig, ein Grußwort der Bayerischen Staatsregierung aus Anlaß der Heimkehr der deutschen Kriegsgefangenen aus russischer Kriegsgefangenschaft zu veröffentlichen. Er bitte nun um Äußerung, ob noch weitere Maßnahmen für notwendig gehalten würden.
Staatssekretär Weishäupl berichtet, das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe in einer Unterredung mit den Vertretern des Verbandes der Heimkehrer alle Möglichkeiten geprüft, um den Heimkehrern zu helfen; nähere Einzelheiten würden voraussichtlich morgen in der Presse veröffentlicht werden können.
Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, daß es wohl nicht angehe, die jetzigen Heimkehrer wesentlich besser als die früheren zu stellen.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths fügt hinzu, in Bonn habe er erfahren, daß es auch der Wunsch der Bundesregierung sei, außer dem Empfang in Friedland selbst keine weiteren großen Empfänge zu veranstalten.
Der Ministerrat begrüßt es einstimmig, daß der Herr Ministerpräsident ein Grußwort an die Heimkehrer veröffentlicht.
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt dann weiter mit, die Ortsgruppe München des Verbandes der Heimkehrer beabsichtige zusammen mit Herrn Dr. Buttersack vom „Münchner Merkur“ im Winter einen Ball zugunsten der Heimkehrer zu veranstalten. Obwohl er diesen Plan nicht für sehr glücklich halte, habe er sich doch entschlossen, die ihm angebotene Schirmherrschaft zu übernehmen, da der Herr Landtagspräsident und Herr Oberbürgermeister Wimmer bereits ihre Zusage erteilt hätten.
Staatsminister Dr. Koch führt aus, ein Unterausschuß des Rechtsausschusses habe sich mit der Frage befaßt, wie man sich den Heimkehrern gegenüber verhalten solle, gegen die ein Haftbefehl vorliege oder Verfahren liefen. Der Ausschuß habe beschlossen, zunächst fünf Wochen lang nichts zu unternehmen. Erfreulicherweise sei offenbar von den bayerischen Heimkehrern niemand betroffen.
Staatsminister Zietsch verweist auf ein Schreiben des hessischen Finanzministers, in dem es heiße, daß die Kosten für das Stresemann-Ehrenmal in Mainz sich auf 450 000 DM bis 500 000 DM beliefen. Die Herren Ministerpräsidenten würden gebeten, ihre Unterstützung zuzusagen.
An sich habe ja der Ministerrat beschlossen, sich an den Kosten für das Ehrenmal selbst zu beteiligen, nicht aber an den für den Wiederaufbau eines Gebäudes in Mainz erforderlichen Kosten.
Der Ministerrat faßt folgenden Beschluß:
Die Bayerische Staatsregierung beteiligt sich nach dem Schlüssel des Königsteiner Abkommens23 an den Kosten eines Stresemann-Ehrenmals in Mainz.24
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf die Interpellation der Koalitionsparteien, welche durch die Angriffe der CSU gegen den neuen Geschäftsverteilungsplan im Kultusministerium erforderlich geworden sei.25Er bittet das Staatsministerium der Finanzen, ein Gutachten über die Rechtsfrage auszuarbeiten, ob von einer angeblichen Benachteiligung aus Gründen der Weltanschauung gesprochen werden könne. Die Beantwortung selbst obliege dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus.
Staatssekretär Dr. Meinzolt meint, die Pressekonferenz der CSU habe ebenso wie ein Aufsatz in der CSU-Correspondenz eine Reihe von Unwahrheiten und Beleidigungen enthalten.26 Er halte es für notwendig, daß nun auch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus eine Pressekonferenz abhalte, um die Dinge richtig zu stellen, was keinerlei Schwierigkeiten bereiten werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, eine solche Pressekonferenz abzuhalten, rät aber an, sich dabei auf Tatsachen zu beschränken. Im übrigen stehe fest, daß kein Beamter das Recht habe, dauernd27 in einem Ministerium zu bleiben. Im Innenministerium z.B. finde seit Jahren ein regelmäßiger Wechsel statt.28
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, er habe durch die Abt. III der Bayer. Staatskanzlei ein Gutachten über folgende Rechtsfragen ausarbeiten lassen:
1. Nach § 2 des Gesetzes Nr. 39 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit30 stehe die Dienstaufsicht über den Verwaltungsgerichtshof dem Ministerpräsidenten zu. Nachdem Art. 53 BV31 bestimme, daß jede Aufgabe der Staatsverwaltung einem Geschäftsbereich zuzuweisen sei, wäre deshalb die Dienstaufsicht wohl dem Staatsministerium des Innern zu übertragen.
2. Im Abschnitt des Bayerischen Beamtengesetzes über das Landespersonalamt seien verschiedene Zuständigkeiten, insbesondere die Dienstaufsicht, dem Ministerpräsidenten übertragen. Auch dies stehe mit Art. 53 BV in Widerspruch.
Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, hinsichtlich der Dienstaufsicht über den Verwaltungsgerichtshof könne wohl nicht bestritten werden, daß der Innenminister gemäß Art. 55 Nr. 6 BV die Dienstaufsicht auszuüben habe.32 Es sei nun zu überlegen, wie der jetzige Zustand geändert werden könne. Zu denken sei entweder an die verwaltungsmäßige Übertragung der Zuständigkeit auf das Innenministerium oder an eine Änderung des § 2 VGG.
Vielleicht sei es zweckmäßig, jetzt keine Entscheidung zu treffen, da die seit langem vorbereitete Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes33 demnächst erscheinen werde, durch welche das Bayer. Verwaltungsgerichtshofgesetz (VGG) aufgehoben werde.
Auch Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, zunächst das Erscheinen der Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes abzuwarten.
Der Ministerrat stimmt diesem Vorschlag einstimmig zu.
Bezüglich des Landespersonalamts wird vereinbart, die Entscheidung zurückzustellen.
In diesem Zusammenhang wirft Staatsminister Zietsch die Frage auf, wie es sich mit dem Obersten Rechnungshof verhalte; das Finanzministerium sei der Meinung, daß die Dienstaufsicht ihm zustehe.
Ministerialrat Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß der Oberste Rechnungshof selbst der Meinung sei, er unterstehe überhaupt keiner Dienstaufsicht.
Ministerpräsident Dr. Hoegner und Staatsminister Zietsch wenden sich mit Nachdruck dagegen.
Ein Beschluß wird nicht gefaßt.34
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, er habe soeben eine Mitteilung des Ministerialdirigenten Dr. Freudling vom Staatsministerium der Finanzen erhalten, wonach mehrere Russen mit Zustimmung der österreichischen Behörden das Kraftwerk in Simbach-Braunau besichtigten. Die Werksleitung frage an, wie sie sich verhalten solle.
Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, diesen Besuch nur zur Kenntnis zu nehmen, irgendwelche Schritte aber nicht zu ergreifen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert an den Beschluß des Ministerrats vom 6.9.1955, der dahin gehe, daß die Staatsministerien des Innern und der Finanzen beauftragt würden, gemeinsame Besprechungen wegen des geplanten Baues der Kraftstufe bei Rosenheim mit der Innwerk AG zu führen.
Staatsminister Zietsch antwortet, die angeregte Besprechung werde heute stattfinden; über das Ergebnis werde er den Ministerrat unterrichten.36
Staatsminister Dr. Koch erklärt, gegen den verantwortlichen Redakteur der kommunistischen Tageszeitung „Bayer. Volks-Echo“ Janek Engl schwebten eine ganze Reihe von Verfahren. U.a. sei jetzt ein Verfahren anhängig, bei dem mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen sei.38
Bei der heutigen Besprechung im Ministerrat handle es sich darum, ob wegen der in Nr. 221 vom 24. September 1954 enthaltenen Beschimpfungen und Beleidigungen Strafantrag gestellt werden soll.39 Der jetzige Landtagspräsident, Herr Dr. Ehard, der auch beleidigt worden sei, stelle keinen Antrag; er halte es aber als Staatsminister der Justiz doch für richtig, allmählich etwas zu tun, um Engl zum Schweigen zu bringen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner und Staatssekretär Dr. Guthsmuths erklären dagegen, keinen Strafantrag stellen zu wollen.
Es wird festgestellt, daß damit die Angelegenheit erledigt ist.40
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, das Deutsche Heimstättenwerk beabsichtige, mit Unterstützung des Herrn Vizekanzlers Dr. Blücher und des Herrn Bundesministers Dr. Preusker aus Mitteln des ERP-Sondervermögens Wohnungen für Wissenschaftler und Künstler in München zu errichten. Es stehe in enger Verbindung mit der Stadt München und der Landeswohnungsfürsorge Bayern GmbH, man könne damit rechnen, daß in absehbarer Zeit mit dem Bau der Wohnungen begonnen werde.
Gleichzeitig beabsichtige der Verein, in München ein Osteuropahaus zu errichten, das Arbeitsräume für heimatvertriebene Wissenschaftler und Künstler enthalten solle und in dem ferner eine Reihe von wissenschaftlichen Instituten, z.B. das Osteuropa- und das Südosteuropa-Institut, untergebracht werden könnten.
Herr Staatssekretär Dr. Haas, der sich für den Plan besonders einsetze, weise darauf hin, daß Herr Vizekanzler Dr. Blücher für dieses Osteuropahaus erhebliche Mittel bereitstellen könne, wenn der bayerische Staat oder die Stadt München ein Grundstück zur Verfügung stellten.
Die bisherigen Verhandlungen des Geschäftsführers des Vereins mit den Staatsministerien der Finanzen und für Unterricht und Kultus seien noch zu keinem Ergebnis gekommen, da geeignete Grundstücke nicht mehr zur Verfügung stünden. Dagegen sei die Stadt München bereit, einen Teil des Prinz-Leopoldparks an der Leopoldstraße abzugeben, allerdings offenbar nur unter der Voraussetzung, daß ein Abkommen mit dem bayerischen Staat hinsichtlich des Geländes des ehemaligen Wittelsbacher Palais gefunden werde.
Staatssekretär Dr. Meinzolt stellt fest, daß der Plan in jeder Weise begrüßt werden könne und zu hoffen sei, daß sich ein geeignetes Grundstück finden lasse. Auf das Gelände des Wittelsbacher Palais habe allerdings das Max-Planck-Institut einen Anspruch. Es sei ihm aber bekannt, daß auch die Stadt München größten Wert darauf lege.
Staatssekretär Simmel unterstützt den Plan gleichfalls mit Nachdruck und unterstreicht die Bedeutung des Osteuropahauses für München. Die Sache sei insofern eilig, als die Mittel des Vizekanzlers nur mehr kurze Zeit zur Verfügung stünden und erst gegeben werden könnten, wenn ein Grundstück zur Verfügung gestellt werde.
Staatsminister Dr. Baumgartner empfiehlt, daß das Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit der Stadt München in Verbindung trete.
Staatssekretär Dr. Meinzolt erklärt sich zu diesen Verhandlungen bereit und betont, der Leopoldpark sei so groß, daß die Stadt München ohne weiteres einen Teil davon zur Verfügung stellen könne.
Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:
Die Staatsministerien der Finanzen und für Unterricht und Kultus werden beauftragt, in Verbindung mit der Landeshauptstadt München zu klären, ob ein geeignetes Grundstück für die Errichtung eines Osteuropahauses bereitgestellt werden kann.42
Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich unter Bezugnahme auf die Besprechung dieser Angelegenheit im Ministerrat vom 4. Oktober 1955, ob inzwischen eine Einigung unter den beteiligten Ministerien zustandegekommen sei.
Staatssekretär Weishäupl antwortet, die beteiligten Ministerien hätten sich unter gewissen Voraussetzungen geeinigt, sodaß jetzt dem Vorschlag des Herrn Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte zugestimmt werden könne.
Der Ministerrat beschließt einstimmig, zuzustimmen.
Im Hinblick auf die Abwesenheit des Herrn Staatsministers für Wirtschaft und Verkehr wird beschlossen, die Angelegenheit zurückzustellen.45
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, zu der zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Länder abgeschlossenen Vereinbarung über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen vom 20. Februar 1952 (BAnz. Nr. 78)47 solle eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen werden, wonach die Bundesregierung den Landesregierungen im Rechtshilfeverkehr mit der Republik Österreich die Ausübung bestimmter Befugnisse auch in den Fällen der Rechtshilfe in Zollstrafsachen (einschließlich Bannbruch) übertragen solle.
Die Bayerische Staatsregierung habe mit Beschluß vom 26. Oktober 1954 dieser Zusatzvereinbarung bereits zugestimmt. Nunmehr schlage das Staatsministerium der Justiz in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz vor, den Klammerzusatz „(einschließlich Bannbruch)“ zu streichen.
Der Ministerrat beschließt, der Streichung zuzustimmen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner weist darauf hin, daß der Bauausschuß des Stadtrats München am 29. September 1955 sich einstimmig gegen die Verlegung des Kriegerdenkmals vor dem Armeemuseum ausgesprochen habe. Das Plenum des Stadtrats habe zwar noch nicht Stellung genommen, es sei aber anzunehmen, daß es sich im gleichen Sinne entscheiden werde. Er schlage aber vor, die weitere Besprechung des Punktes zurückzustellen, bis der Beschluß des Stadtrats vorliege.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, der Bayerische Staat werde dem Bayer. Rundfunk aller Voraussicht nach einen Betrag von 2 Mio DM mit Zinsen zurückerstatten müssen, wenn die Verlegung des Denkmals abgelehnt werde.49
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf eine Besprechung dieser Angelegenheit im Rechts- und Verfassungsausschuß des Bayer. Landtags am 29. September 1955, in der sich die Fraktionen der CSU, der Bayernpartei, des BHE und der FDP für die Rückgabe der Hütten ausgesprochen und vereinbart hätten, einen gemeinsamen Gesetzentwurf der fünf im Bayer. Landtag vertretenen Parteien auszuarbeiten.
Mit Schreiben vom gleichen Tag habe nun der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsfragen, Herr Abg. Stock, das Staatsministerium der Justiz gebeten, zu dem Initiativgesetzentwurf über die Übertragung des Eigentums von Wehrmachtshüttenvereinen und insbesondere zu den auftauchenden Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Mit Note vom 3. Oktober 1955 äußere aber das Staatsministerium der Justiz Bedenken dagegen mit dem Hinweis, daß bisher das Staatsministerium der Finanzen federführend gewesen sei,51 das bereits mit Note vom 26. September 1955 an den Herrn Präsidenten des Landtags Stellung genommen habe.52
Er halte es für notwendig, alle Rechtsfragen, die mit der verlangten Rückgabe zusammenhingen, sorgfältig prüfen zu lassen.
Bekanntlich seien die früheren eingetragenen Vereine nicht mehr vorhanden. Abgesehen davon sei in den meisten Fällen die militärische Einheit als Verein eingetragen worden, die natürlich längst nicht mehr bestehe. Dazu komme, daß der bayerische Staat nur auf Grund eines Gesetzes Teile seines Grundstockvermögens verschenken oder billig abgeben dürfe. Der Landtag könne die Staatsregierung nicht binden, sondern nur ein Gesetz beschließen, das dann natürlich vollzogen werden müsse.
Er bitte deshalb das Staatsministerium der Justiz ein Gutachten auszuarbeiten, aber zunächst nur für den Ministerrat, nicht für den Rechts- und Verfassungsausschuß.
Staatssekretär Simmel bemerkt, die Schwierigkeit sei die, daß keine einheitliche Beurteilung möglich sei. Es gebe in der Tat Fälle, in denen nicht eine militärische Einheit eingetragen worden sei, sondern ein heute noch bestehender Verein.
Staatsminister Zietsch stellt fest, das Militärregierungsgesetz habe solche Vereine als militärisch angesehen, im übrigen gelte dieses Gesetz heute noch. Kraft dieses Gesetzes seien die ehemaligen Wehrmachtshütten Grundstockvermögen geworden.
Staatssekretär Weishäupl weist darauf hin, daß die Hütten zum großen Teil Zwecken des Naturschutzes, des Sportes, der Wohlfahrt usw. dienten, also einem guten und nützlichen Zweck zugeführt worden seien. Er müsse sich dagegen aussprechen, daß jetzt mehr oder weniger fragwürdige ehemalige Eigentümer berücksichtigt würden. Er selbst habe als Soldat an dem Bau dieser Hütten mitgearbeitet und könne bestätigen, daß sie nur durch die Arbeit aller Soldaten entstanden seien.
Der Ministerrat beschließt, das Staatsministerium der Justiz zu beauftragen, ein Rechtsgutachten auszuarbeiten.53
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat am 6. September 1955 beschlossen habe, der vom Staatsministerium des Innern vorgeschlagenen sog. kleinen Lösung für die Verlegung der Regierung von Niederbayern nach Landshut zuzustimmen. Er richte nun die Frage an das Staatsministerium der Finanzen, ob die erforderlichen Mittel im Nachtragshaushalt enthalten seien.
Staatsminister Zietsch bejaht diese Frage, worauf vereinbart wird, die Angelegenheit in der Sitzung am Mittwoch Abend zu besprechen.55
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf seine Anregung vom 7. September 1955 an den Herrn Staatsminister des Innern, eine Besprechung mit Herrn Stadtrat Fischer über die Verkehrsfragen der Landeshauptstadt zu halten.57
Staatsminister Dr. Geislhöringer schlägt als Termin Mittwoch, den 19. Oktober 1955 vor und bittet den Herrn Ministerpräsidenten, daran teilzunehmen.
Staatsminister Zietsch ersucht, auch einen Vertreter der Staatl. Verwaltung der Schlösser, Gärten und Seen beizuziehen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer erklärt sich damit einverstanden, worauf vereinbart wird, die Sitzung für Mittwoch, den 19. Oktober 1955, vormittags, festzusetzen.58
Staatssekretär Dr. Meinzolt führt aus, der Vorsitzende des Kuratoriums des Instituts, Professor Dr. Hübinger, werde ihm in den nächsten Tagen den Entwurf eines Schreibens an die beteiligten Länder Baden-Württemberg und Hessen übersenden. Es sei zu hoffen, daß dann die beiden Länder die noch fehlende Unterschrift auf der Stiftungsurkunde nachholen würden.
Der Ministerrat nimmt die Mitteilung zur Kenntnis.60
Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob der vom Ministerrat in der Sitzung vom 7. Juli 1955 für die Errichtung eines Max-Planck-Instituts für Holzforschung in München beschlossene Betrag von 400 000 DM in den Nachtragshaushalt auf genommen worden sei.
Staatsminister Zietsch erwidert, alle Beschlüsse des Ministerrats seien im Nachtragshaushalt berücksichtigt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, als unüberschreitbare Baukostensumme für den Neubau des Dienstgebäudes in Bonn sei der vom Bayer. Landtag im ao. Haushalt bewilligte Betrag von 850 000 DM festgesetzt worden. Für die Kosten für lose Einrichtungsgegenstände sei im Haushalt 1955 ein Betrag von 20 000 DM vom Landtag bewilligt worden, im Haushaltsentwurf 1956 seien weitere 60 000 DM zur Bewilligung beantragt worden, über die aber mit Zustimmung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen im Vorgriff bereits verfügt werde.
Die genannten Beträge würden nicht überschritten werden. Eine Unstimmigkeit sei aber insofern entstanden, als die Oberste Baubehörde mitgeteilt habe, daß die Kosten für die als ortsfest anzusehenden Einbauschränke, Sitznischen, Garderobeständer usw. im Gesamtbetrag von 16 455 DM, ferner Spannteppiche zu 5800 DM, nicht auf die Inneneinrichtung, sondern auf die Baukosten verrechnet werden müßten.
Seiner Meinung nach seien diese Beträge doch wohl eher als Kosten für die Inneneinrichtung zu verstehen.
Staatsminister Zietsch bestätigt, daß die Einrichtung jetzt beschafft werden müsse und der Betrag von 16 455 DM dazuzunehmen sei. Die Schwierigkeiten seien dadurch entstanden, daß die Oberste Baubehörde und Herr Ministerialdirektor Leusser dem ausführenden Architekten zuviel freie Hand gelassen hätten.
Ministerpräsident.Dr. Hoegner stellt fest, daß also wohl das Staatsministerium der Finanzen um die Genehmigung ersucht werden müsse, den Betrag von 16 455 DM nicht als Baukosten, sondern als Einrichtungskosten zu berechnen.
Staatsminister, Zietsch erwidert, er sei bereit, diese Genehmigung zu erteilen.
Staatsminister Dr. Baumgartner teilt mit, hier liege ein neuer Einspruch des Bundeslandwirtschaftsministeriums vor.
Er habe den Auftrag erteilt, dieses Schreiben der Bayer. Staatskanzlei zuzuleiten.
Ministerialrat Dr. Gerner fügt hinzu, eine Einigung in der alten Streitfrage über die Nutzholzverordnung werde kaum zu erzielen sein.
Staatsminister Dr. Baumgartner ersucht abschließend, die Behandlung der Angelegenheit zurückzustellen, bis die Bayer. Staatskanzlei im Besitz der notwendigen Unterlagen sei.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.63
Staatsminister Dr. Baumgartner führt aus, bisher bestehe in Kempten noch kein Forstamt, obwohl es dringend notwendig sei, die umliegenden Forstämter zu entlasten. Ein geeignetes Gebäude stehe jetzt zur Verfügung, so daß das Forstamt errichtet werden könne, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß dann das Forstamt Lindau verschwinde.65
Der Ministerrat faßt folgenden Beschluß:
Das Forstamt Lindau wird nicht aufgehoben.66
Staatsminister Dr. Baumgartner erinnert an die Besprechung dieses Punktes im Ministerrat vom 4. Oktober 1955. Bekanntlich sei beschlossen worden, den Vorschlägen des Agrarausschusses nur zum Teil zu folgen. Der Bundesrat habe dann auch mit den Stimmen Bayerns einen entsprechenden Beschluß gefaßt.68
Herr Staatssekretär Dr. Sonnemann vom Bundeslandwirtschaftsministerium habe sich nun telefonisch darüber beklagt, daß der Beschluß mit den Stimmen Bayerns zustande gekommen sei. Im Hinblick auf die ungünstigen Auswirkungen, vor allem im Bayer. Wald, stelle er nun die Frage, ob noch eine Möglichkeit bestehe, die Sache wieder aufzugreifen.
Ministerialrat Dr. Gerner erwidert, die Bundesregierung sei zunächst an den Beschluß des Bundesrats gebunden, sie könne höchstens die Sache zur nochmaligen Überprüfung zurückgeben, damit sei aber wohl kaum zu rechnen.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths bemerkt, der Ministerrat sei zu seiner Entscheidung im Hinblick auf die Rückwirkungen auf kleinere und mittlere Gewerbebetriebe gekommen. Er empfehle, an der bisherigen Stellungnahme festzuhalten.
Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, er werde jedenfalls an Hand des Ministerratsprotokolls mit Herrn Staatssekretär Dr. Sonnemann sprechen.69
Staatsminister Zietsch erklärt, die Münchner Buchgewerbehaus GmbH, an der der Bayerische Staat mit 40% der Geschäftsanteile beteiligt sei, lege größten Wert darauf, künftig den Druck der Bayer. Staatszeitung zu erhalten. Nachdem die Verträge mit zwei illustrierten Zeitschriften gekündigt worden seien, müsse der Betrieb wesentlich eingeschränkt und sogar etwa 200 Beschäftigte entlassen werden, wenn nicht neue Druckaufträge gefunden würden.71
Unter diesen Umständen bitte er, durch einen Beschluß des Ministerrats die Bayer. Staatskanzlei zu beauftragen, Verhandlungen mit dem neuen Verlag „Bayerische Staatszeitung GmbH“ zu beginnen mit dem Ziel, daß der Auftrag zum Druck der Bayer. Staatszeitung der Münchner Buchgewerbehaus GmbH übertragen wird.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, er sei damit natürlich einverstanden, er glaube aber kaum, daß sich die neue GmbH darauf einlassen werde.
Staatsminister Zietsch entgegnet, die Druckereien der beiden Zeitungen seien voll beschäftigt, so daß sie vielleicht doch bereit wären, die neue Staatszeitung im Lohndruck beim Buchgewerbehaus drucken zu lassen.
Der Ministerrat beschließt, die Bayer. Staatskanzlei zu beauftragen, in dem vorgeschlagenen Sinne zu verhandeln.72
a) Röntgenkongress am l6. Oktober 195573
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er werde auf dieser Tagung sprechen, könne aber am Mittagessen um 13 Uhr 30 nicht teilnehmen. Er bitte Herrn Staatssekretär Dr. Meinzolt, die Vertretung der Staatsregierung zu übernehmen.
Staatssekretär Dr. Meinzolt erklärt sich zur Vertretung bereit.
b) Ostdeutscher Kulturtag in Nürnberg am 30. Oktober 195574
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, er habe sich zwar damit einverstanden erklärt, die Schirmherrschaft über die Veranstaltung zu übernehmen, könne aber nicht persönlich teilnehmen.
Staatssekretär Weishäupl meint, wahrscheinlich werde Herr Staatsminister Stain die Vertretung der Bayer. Staatsregierung übernehmen können.
c) Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt noch ein Telegramm des griechischen Botschafters in Bonn bekannt, in dem der Bayer. Staatsregierung für die Teilnahme anläßlich des Todes des griechischen Ministerpräsidenten Marschall Papagos gedankt werde.