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Nr. 39MinisterratssitzungDienstag, 19. Juli 1955 Beginn: 8 Uhr Ende: 10 Uhr 50
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Justizminister Dr. Koch, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium).

Tagesordnung:

I. Bundesratsangelegenheiten. II. Spielbanken. III. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Schulpflichtgesetzes. IV. Personalangelegenheiten. V. Errichtung eines neuen Senats beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof. VI. Staatsbesuch des Herrn Ministerpräsidenten in Stuttgart, insbesondere Verhältnisse der Stadt Neu-Ulm. VII. Errichtung eines Kernreaktors in München. VIII. Errichtung eines Hauses der Volksbildung auf dem Gelände des früheren Wittelsbacher Palais. IX. Deckung der zweiten Ausgleichszahlung an die Beamten und Versorgungsempfänger des Bayerischen Staates. X. Früheres Armeemuseum und Kriegerdenkmal. XI. Verplanung der zu Arbeitsplatzdarlehen zur Verfügung stehenden Lastenausgleichsmittel für Zwecke des sozialen Wohnungsbaues. XII. Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. XIII. Zahlung von Versorgungsbezügen an Professor Friedrich Wilhelm Foerster. XIV. Schloß Höhenried (Gemeinde Bernried).

I.Bundesratsangelegenheiten

1.a) Wahl des Präsidenten des Bundesrates b) Wahl des Vizepräsidenten c) Wahl der Schriftführer gem. Art. 52 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 bzw. § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates vom 31. Juli 19531

2.Neuwahl der Vorsitzenden der Ausschüsse des Bundesrates gem. § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates vom 31. Juli 19532

Ein Beschluß des Ministerrats wird nicht gefaßt.3

3.Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts (Erstes Bundesmietengesetz)4

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß den Bedenken des Bundesrats im Vermittlungsausschuß nur zum Teil Rechnung getragen worden ist.

Staatssekretär Eilles ergänzt die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten dahin, daß die Bedenken des Justizministeriums zwar geringer geworden, nicht aber ausgeräumt seien.

Staatssekretär Weishäupl führt aus, daß die Kostenvergleichsmiete in Einzelfällen, die nach dem Beschluß des Vermittlungsausschusses beibehalten werden soll, praktisch zu einem übertriebenen Verwaltungsaufwand und damit zu einer weiteren Aufblähung der Verwaltung führen werde. Aus diesem Grunde müßten von seinem Ministerium schwerste Bedenken angemeldet werden.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths widerspricht dem Gesetz für sein Ministerium aus grundsätzlichen Erwägungen. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs würde das ganze Preisgefüge ins Wanken bringen und würde damit die ungünstigsten Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft ausüben.

Der Ministerrat beschließt hierauf mit Mehrheit, im Bundesrat gegen das Gesetz zu stimmen, jedoch eine Erklärung nicht abzugeben.5

4.Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes6

Zustimmung gemäß Art. 73 GG.7

6.Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Rechtsstellung der Freiwilligen in den Streitkräften (Freiwilligengesetz)10

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, die Abänderung des Gesetzes, welche der Bundestag beschlossen habe, habe die Bedenken, die seitens der Länder gegen den Gesetzentwurf vorgebracht worden seien, nur gemildert, nicht aber behoben.11 Eine Reihe von Ländern habe im Sicherheitsausschuß der nunmehrigen Fassung des Gesetzentwurfes bereits zugestimmt.

Die Mehrheit des Ministerrats spricht sich dafür aus, für das Land Bayern von einem Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses abzusehen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest hierauf den Entwurf einer Entschließung über die landsmannschaftliche Zusammensetzung der Freiwilligen. Diese Entschließung soll anläßlich der Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch den bayerischen Vertreter verlesen werden.12

Ministerpräsident Dr. Hoegner erläutert den Begriff der landsmannschaftlichen Zusammensetzung dahin, daß es hier natürlich nicht auf die Stammeszugehörigkeit, sondern lediglich auf den Wohnsitz innerhalb des Landes ankommen könne.

Der Ministerrat beschließt hierauf, diese Entschließung einzubringen.13

7.Entwurf eines Gesetzes über den Personalgutachterausschuß für die Streitkräfte (Personalgutachterausschuß-Gesetz)14

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, gegen den Gesetzentwurf bestünden verfassungsrechtliche Bedenken, weil tatsächlich die Grenzen zwischen Legislative und Exekutive verwischt würden. Ein weiteres Bedenken bestehe darin, daß die Länder bei der Zusammensetzung des Ausschusses nicht beteiligt seien; das Gesetz sei ein Zustimmungsgesetz.

Staatssekretär Eilles wirft die Frage auf, ob die Zuständigkeit des Gutachterausschusses nur für Einstellungen von Offizieren im Rang eines Obersten gegeben sei oder auch für spätere Beförderung von Offizieren, die im Rang eines Oberstleutnants und darunter eingestellt und später erst zum Oberst befördert würden. Nach seiner Auffassung beziehe das Gesetz sich nur auf den ersteren Fall.

Ministerialrat Dr. Gerner äußert Zweifel, ob das Gesetz unbedingt so ausgelegt werden müsse. Bezüglich der Richterwahl habe man sich bisher immer auf den Standpunkt gestellt, daß nicht nur Einstellungen, sondern auch spätere Beförderungen der Zustimmung des Ausschusses bedürften.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, daß in der Vorbesprechung geklärt werden soll, wie das Gesetz auszulegen ist.

Der Ministerrat beschließt hierauf Zustimmung gemäß Art. 78 GG.15

8.Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz)16

Der Ministerrat beschließt, die Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 211/1/55 unter Ziff. II a, b, c, III 1 mit 9 a, 10 mit 15, 17 mit 21, 23 mit 26 zu unterstützen, die Empfehlungen unter Ziff. III 9 b, 16 und 22 aber nicht zu unterstützen.17

9.Entwurf eines Gesetzes zur abschließenden Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reichs entstandener Schäden (Kriegsfolgenschlußgesetz)18

Der Ministerrat beschließt, die Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 205/1/55 unter Ziff. II 1a, d, e, 2, 3a, b, c, d, e, f, 4, 5, 6, 7b, c, d, e, 8a, c, 9a, 10a, 11 a, b, 12a, b, c, 13h, 14, 15, 16, 17 b, 18, 19a, b, c, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26a, b, c, e, 27, 28 und 29 zu unterstützen, die Empfehlungen unter Ziff. II 1b, c, 7a, 8b, 10b, 15a und 17a nicht zu unterstützen.19

10.Entwurf eines Gesetzes über die Tilgung von Ausgleichsforderungen20

Der Ministerrat beschließt, die Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 221/1/55 unter Ziff. I 1, 2 a, 3, 4, 5 und II zu unterstützen, die Empfehlungen unter Ziff. I 2 b aber nicht zu unterstützen.21

Der Ministerrat beschließt ferner Abgabe einer Erklärung, daß es sich bei den Ausgleichsforderungen um unmittelbare Kriegsfolgelasten im Sinne des Art. 120 GG handelt und daß demnach die hieraus erwachsenden Aufwendungen vom Bund zu tragen sind.22

11.Entwurf eines Gesetzes über die Statistiken der Steuern vom Einkommen23

Der Ministerrat beschließt, keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu erheben.

13.Entwurf eines Gesetzes über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 4. Oktober 1954 über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabesachen26

Beschlußfassung unterbleibt, da der Punkt von der Tagesordnung abgesetzt wird.27

15.Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes29

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 78 GG.

16.Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes30

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 78 GG.

17.Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes31

Der Ministerrat beschließt, keinen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen.

18.Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1954 (Zweite Lohnsteuer-Änderungsverordnung 1955)32

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1 und 2 der BR-Drucks. Nr. 222/1/55.33

19.Entwurf einer Verwaltungsanordnung über die Änderung und Ergänzung der Lohnsteuer-Richtlinien 1954 (LstER 1955)34

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 108 Abs. 6 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1 mit 4 der BR-Drucks. Nr. 258/1/55.35

20.Entwurf einer Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EstDV 1955)36

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1 a, c, 2, 3, 4a, 5 und 6 a mit g der BR-Drucks. Nr. 232/1/55.

Die Empfehlung unter Ziff. 4 b dieser Drucksache soll nicht unterstützt werden.37

21.Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes38

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. II 1 mit 5 der BR-Drucks. Nr. 231/1/55.39

23.Entwurf einer Dreiundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Zollkontingente für Massenstahl)41

Der Ministerrat beschließt, keine Bedenken zu erheben.

24.Bestellung von Erbbaurechten an den Teilgrundstücken des ehemaligen Fliegerhorstes Quakenbrück42

25.Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Gerätelagers Roffhausen bei Wilhelmshaven an die Olympia-Werke AG43

Der Ministerrat beschließt Zustimmung.

26.Entwurf eines Landwirtschaftsgesetzes44

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 78 GG.

Die Empfehlung des Finanzausschusses, daß das Gesetz zustimmungsbedürftig ist, soll unterstützt werden.45

27.Entwurf einer Verordnung Z Nr. 1/55 über Preise für Zucker46

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 3, 4a, b, 5a, b, c, e, 6 b, 7 und 8 der BR-Drucks. Nr. 206/1/55.

Die Empfehlungen unter Ziff. 1 a, b, 2, 6 a und 8 b dieser Drucksache sollen nicht unterstützt werden.47

28.Entwurf einer Verordnung Z Nr. 2/55 über die Durchführung eines Frachtausgleichs für Zucker und Zuckerrüben48

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. I 1 a, b und 2 der BR-Drucks. Nr. 207/1/55.

Nicht unterstützt werden soll die Empfehlung unter Ziff. II dieser Drucksache.49

32.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft53

Der Ministerrat beschließt Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der Beseitigung des Gesetzesbeschlusses entsprechend der Empfehlung des Rechtsausschusses.54

33.Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Libanon vom 8. März 1955 auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes55

Der Ministerrat beschließt, keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu erheben.

34.Allgemeine Vorschriften über die Erteilung und die Entnahme von Abschriften oder Auszügen aus den Schuldnerverzeichnissen56

Der Ministerrat beschließt, bei der Abstimmung auf jeden Fall Stimmenthaltung zu üben.57

35.Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht58

Der Ministerrat beschließt, von einer Äußerung und einem Beitritt zum Verfahren abzusehen.

38.Entwurf eines Gesetzes über den Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 11. Mai 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba62

Der Ministerrat beschließt, keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu erheben.63

45.Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Sozialversicherung vom 5. Mai 1953 nebst Schlußprotokoll und Zusatzvereinbarung70

Der Ministerrat beschließt, keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu erheben.71

47.Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes73

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 78 GG.74

48.Entwurf einer Verordnung zur Aufhebung von Vorschriften über die Nachtarbeit Jugendlicher75

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG.

49.Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des § 14 des Mutterschutzgesetzes76

Ein Beschluß wird nicht gefaßt, da der Punkt von der Tagesordnung abgesetzt werden wird.77

50.Benennung des Sozialministers Dr. Rudolph, Niedersachsen, als ordentliches Mitglied des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung anstelle des ausgeschiedenen Sozialministers Albertz78

Der Ministerrat beschließt Unterstützung der Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik vom 14. Juli 1955.

51.Entwurf eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden79

Der Ministerrat beschließt Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel, in § 12 des Gesetzesbeschlusses das Wort „Einvernehmen“ zu ersetzen durch „Benehmen“.80

52.Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Bundesdisziplinarordnung81

Der Ministerrat beschließt, keinen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen.

56.Änderung der Verwaltungsvorschriften zur Durchführung der Unterbringung nach Kap. I des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen85

Der Ministerrat beschließt Zustimmung gemäß Art. 84 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. II 1 mit 10, 11 b mit 20 a, 20 c, 21 a, b und 22 a, b, c der BR-Drucks. Nr. 124/1/55.

Nicht unterstützt werden sollen die Empfehlungen unter Ziff. II 11 a und 20 b dieser Drucksache.86

57.Entwurf einer Siebzehnten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Ergänzung der Anlage A zu § 2 des Gesetzes)87

61.Entwurf einer Verordnung über die Besoldung der Freiwilligen in den Streitkräften91

Der Ministerrat beschließt, einen Antrag zu unterstützen, der die besoldungsmäßige Gleichstellung der Soldaten mit den Angehörigen des Bundesgrenzschutzes bringt.92

62. Stimmabgabe im Bundesrat

Staatsminister Zietsch wirft die Frage auf, wer für das Land Bayern die Stimmabgabe im Bundesrat übernehme, wenn das Land Bayern nur durch Staatssekretäre vertreten sei. Es frage sich, ob die Stimme durch den Staatssekretär der Bayerischen Staatskanzlei abgegeben werden soll oder ob jeweils der Staatssekretär stimmberechtigt sei, in dessen Ressort die einzelne Vorlage falle.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt hierauf mit Zustimmung des Kabinetts fest, daß dann, wenn das Land Bayern nur durch Staatssekretäre im Bundesrat vertreten sei, die Stimmabgabe dem Staatssekretär der Staatskanzlei zukomme, der, wenn er an der Stimmabgabe verhindert sei, von Fall zu Fall einen anderen Staatssekretär damit beauftragen könne.

Es wird festgestellt, daß diese Regelung auch der Koalitionsvereinbarung entspricht.

II.Spielbanken93

Die Behandlung dieses Punktes wird zurückgestellt, bis das Kabinett wieder vollzählig ist.94

III.Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Schulpflichtgesetzes95

Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert das Staatsministerium für Unterricht und Kultus an die Vorlage des Gesetzentwurfs. Nachdem nunmehr alle Staatsministerien ihre Stellungnahme abgegeben hätten, könne doch der Entwurf dem Ministerrat zugeleitet werden.

Staatsminister Rucker sichert zu, den Gesetzentwurf für die nächste Sitzung dem Ministerrat zuzuleiten.96

IV.Personalangelegenheiten

Eintritt des Regierungspräsidenten in Augsburg, Hans Martini in den Ruhestand

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, daß Regierungspräsident Hans Martini am 18. Juli 1955 das 65. Lebensjahr vollendet habe und daher mit Ablauf des Monats Juli 1955 in den Ruhestand trete.

Auf Frage von Ministerpräsident Dr. Hoegner, wann Vizepräsident Monglowsky in den Ruhestand trete, erklärt Staatsminister Dr. Geislhöringer, er werde im April 1956 65 Jahre alt, sodaß er am 1. Mai 1956 in den Ruhestand trete.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths erwähnt in diesem Zusammenhang, daß Regierungspräsident Martini kürzlich ihm gelegentlich eines Besuches in Augsburg mitgeteilt habe, Augsburger Wirtschaftskreise beabsichtigten, eine neue Eingabe wegen Wiederherstellung der Oberpostdirektion Augsburg an den Herrn Bundespostminister zu richten. Die Wirtschaftskreise seien auch an ihn, Martini, herangetreten und hätten ihn gebeten, seine Unterschrift unter die Eingabe zu setzen, Regierungspräsident Martini wolle nun wissen, ob seine Unterschrift unter die Eingabe von der Staatsregierung gebilligt oder abgelehnt werde.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt hierauf mit Zustimmung des Kabinetts fest, daß die Entscheidung hierüber dem Regierungspräsidenten Martini selbst überlassen bleiben müsse.97

V.Errichtung eines neuen Senats beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof

Der Ministerrat beschließt Zurückstellung.98

VI.Staatsbesuch des Herrn Ministerpräsidenten in Stuttgart, insbesondere Verhältnisse der Stadt Neu-Ulm

Ministerpräsident Dr. Hoegner berichtet dem Kabinett, daß die Besprechungen mit Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller anläßlich seines Staatsbesuches in Stuttgart am 15. Juli sehr harmonisch und freundschaftlich verlaufen seien. Zur Frage des Verhältnisses der Städte Ulm und Neu-Ulm habe man sich dahin geeinigt, daß die Angelegenheit zunächst auf Gemeindeebene besprochen werden solle durch Fühlungnahme der beiden Stadträte. Wenn ein Eingreifen der Landesregierungen sich hierbei als notwendig erweisen sollte, so würden die beiden Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen handeln. Das Land Baden-Württemberg werde eine Abtretung Neu-Ulms von Bayern nicht verlangen. Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller habe darauf hingewiesen, daß Art. 29 GG keine Möglichkeit zu einem Volksbegehren biete, durch welches vom Land Baden-Württemberg oder von der Stadt Ulm die Eingliederung Neu-Ulms nach Baden-Württemberg verlangt werden könne. Bei der Besprechung des Verhältnisses der Städte Ulm und Neu-Ulm habe Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller ihm auch Andeutungen über den beabsichtigten Vollzug des Art. 29 GG im allgemeinen gemacht. Danach sei beabsichtigt, die Volksbegehren in den einzelnen Gebietsteilen zuzulassen, das Bundesgesetz, welches die Gebietsveränderungen enthalte, jedoch bis auf weiteres nicht einzubringen. Dies werde sich natürlich nachteilig für eine Rückkehr der Pfalz zu Bayern auswirken.

In Stuttgart sei auch das Gutachten des Luther-Ausschusses,99 von dem Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller Kenntnis gehabt habe, gestreift worden. Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller habe sich besonders gegen den Vorschlag des Luther-Ausschusses gewandt, der auf die Schaffung eines mittelrheinischen Staates unter Einbeziehung von Teilen Badens hinziele. Er, Dr. Hoegner, habe hierbei Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller zugesichert, daß ein solcher Plan auch von Bayern abgelehnt werde und daß insoweit Bayern Baden-Württemberg unterstützen wolle.

Ein weiterer Besprechungspunkt in Stuttgart sei die Errichtung eines Atom-Meilers im süddeutschen Raum gewesen.100 Hierbei habe ihn Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller vertraulich darauf aufmerksam gemacht, daß die Errichtung eines Versuchsmeilers in München nicht mehr in Betracht komme, weil seitens der NATO aus Sicherheitsgründen hiergegen Einspruch erhoben worden sei. Dagegen stehe fest, daß das Institut für Kernphysik in München errichtet werde. Professor Heisenberg habe sich insoweit bereits festgelegt, damit werde die Frage der Errichtung eines Atom-Meilers in München doch in absehbarer Zeit akut werden.

Staatsminister Rucker unterstützt diese Feststellungen des Herrn Ministerpräsidenten und weist darauf hin, daß Professor Heisenberg sich auf München bereits verbindlich festgelegt habe. Die Wahl Münchens für die Errichtung des Instituts für Kernphysik sei maßgeblich von personellen Erwägungen beeinflußt worden, da in München gute Nachwuchskräfte vorhanden seien.

Ministerpräsident Dr. Hoegner kommt dann wieder auf seinen Staatsbesuch in Stuttgart zu sprechen und weist noch darauf hin, daß sich insbesondere in Finanzfragen eine volle Übereinstimmung mit dem Land Baden-Württemberg herausgestellt habe.

Aus dem freundschaftlichen Verlauf des Besuches schließe er, daß die Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg sich auch künftig sehr gut gestalten werde.

Die Stadt Neu-Ulm habe seinen bevorstehenden Staatsbesuch in Stuttgart zum Anlaß genommen, ihm eine neue Denkschrift über die Benachteiligung vorzulegen, welche für die Stadt Neu-Ulm darin liege, daß seitens des Finanzministeriums weitere Bedarfszuweisungen von einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes abhängig gemacht würden.101 Er wolle daher den Herrn Finanzminister fragen, ob man insoweit nicht der Stadt Neu-Ulm entgegenkommen könne.

Staatsminister Zietsch erklärt, in der angeschnittenen Frage stehe er schon seit Jahren mit der Stadt Neu-Ulm in Verbindung.

Die Stadt Neu-Ulm habe immer noch einen Gewerbesteuerhebesatz von 230 v.H. gegenüber einem Mindestdurchschnittshebesatz von 270 v.H. in anderen bayerischen Städten gleicher Steuerkraft.

Im Hinblick auf die Kriegszerstörungen in Neu-Ulm sei das Finanzministerium bereit gewesen, der Stadt Neu-Ulm eine Erhöhung ihres Gewerbesteuerhebesatzes auf nur 250 v.H. zuzugestehen.

Aber nicht einmal das wolle die Stadt Neu-Ulm, obwohl im benachbarten Ulm der Gewerbesteuerhebesatz 300 v.H. betrage. Das Verlangen des Staatsministeriums der Finanzen erscheine daher billig, insbesondere auch mit Rücksicht auf andere bayerische Städte, welche ebenfalls den Gesichtspunkt der Grenznähe vorbringen könnten. Gerade die von Neu-Ulm angeführten politischen Gründe würden eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes rechtfertigen. Er sei bereit, mit der Stadt Neu-Ulm wieder in Verhandlungen einzutreten, jedoch nur auf der von ihm genannten Grundlage. Die Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes auf eine angemessene Höhe entspreche übrigens auch den Interessen der Städte selbst, da sie dann höhere Mittel zur Förderung der Seßhaftmachung von Industrie in ihren Gebieten zur Verfügung hätten. Die Richtigkeit dieses Grundsatzes sei ihm erst kürzlich bei einer Unterhaltung mit dem hessischen Finanzminister und dem Oberbürgermeister von Frankfurt bestätigt worden.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths unterstützt die Feststellungen des Herrn Staatsministers der Finanzen durch den Hinweis, daß vor einigen Jahren Aschaffenburg mit ähnlichen Argumenten habe versuchen wollen, an einem verhältnismäßig niedrigen Gewerbesteuerhebesatz festzuhalten. Das damalige Kabinett habe aber mit Zustimmung des selbst aus Aschaffenburg stammenden Wirtschaftsministers Dr. Seidel sich eindeutig auf die Seite des Finanzministeriums gestellt.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt hierauf, er wolle zunächst einmal die von der Stadt Ulm verfaßte Denkschrift zur Neugliederungsfrage lesen, die er jetzt erhalten habe, und behalte sich vor, auf die Angelegenheit nochmals zurückzukommen.102

VII.Errichtung eines Kernreaktors in München103

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, daß die Antwort des Professors Heisenberg auf das im Ministerrat vom 10. Mai 1955 beschlossene Schreiben wegen der möglichen ungünstigen Auswirkungen nunmehr eingelaufen sei, die sich durch die Errichtung eines Atom-Reaktors auf die Bierherstellung und auf die Produktionsverhältnisse von Photoplatten in München ergeben könnten.104

Der Ministerrat stellt fest, daß das Schreiben deshalb als überholt anzusehen ist, weil vorerst die Errichtung eines Kernreaktors in München noch nicht in Betracht kommt.105

Atomenergie

VIII.Errichtung eines Hauses der Volksbildung auf dem Gelände des früheren Wittelsbacher Palais

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt dem Ministerrat Kenntnis von einem Schreiben vom 12. Juli 1955, in welchem sieben politisch verfolgte ehrenamtliche Stadträte der Landeshauptstadt München an die Staatsregierung die Bitte richten, der Stadt München das Gelände des ehemaligen Wittelsbacher Palais (Ecke Brienner-Türkenstraße) unentgeltlich zur Errichtung eines Hauses der Volksbildung zu überlassen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt mit Zustimmung des Ministerrats fest, daß die Staatsregierung dem Antrag im Hinblick auf Art. 81 der Bayer. Verfassung106 nicht entsprechen könne und daß wohl auch der Landtag einem entsprechenden Gesetz die Zustimmung nicht geben werde.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths erklärt, das Bundesverteidigungsministerium beabsichtige, das genannte Gelände vom Freistaat Bayern zu kaufen und habe es bereits in seine Planungen einbezogen.

Staatsminister Zietsch weist darauf hin, daß die Stadt München dem Bayerischen Staat gegenüber insoweit in einer besonders günstigen Lage sei, als die wichtigsten öffentlichen Anlagen (z.B. Englischer Garten, Hofgarten) nicht von der Stadt, sondern vom Staat unterhalten werden müßten. Eine Schenkung des Grundstücks lasse sich daher keinesfalls vertreten.

Zu dem von Herrn Staatssekretär Dr. Panholzer erwähnten Plan der Stadt München, in dem Haus für Volksbildung, das auf dem Gelände des ehemaligen Wittelsbacher Palais errichtet werden soll, die Münchner Volkshochschule unterzubringen, weist Staatsminister Rucker darauf hin, daß durch den Auszug des Patentamts aus dem Deutschen Museum in dessen Bibliotheksbau Räume frei würden, die für die Unterbringung der Volkshochschule besonders geeignet seien.

Der Ministerrat beschließt hierauf, den Antrag der sieben Stadträte abzulehnen, da nach der Bayer. Verfassung keine Möglichkeit zu seiner Verwirklichung besteht.

IX.Deckung der zweiten Ausgleichszahlung an die Beamten und Versorgungsempfänger des Bayerischen Staates107

Ministerpräsident Dr. Hoegner macht darauf aufmerksam, daß Herr Staatsminister Zietsch angekündigt habe, in einer der nächsten Ministerratssitzungen Mitteilungen über die Deckung der zweiten Ausgleichszahlung an die Beamten und Versorgungsempfänger des Bayerischen Staates zu machen.

Staatsminister Zietsch erklärt hierauf, in seinem Ministerium sei festgestellt worden, daß die nunmehr zur Auszahlung gelangende zweite Ausgleichszahlung aus den bisherigen Haushaltsansätzen gedeckt werden könne, weil die Stellenmehrungen im Haushaltsplan für das laufende Haushaltsjahr, auf welche die Ansätze bereits abgestellt worden seien, sich jetzt noch nicht auswirken würden; denn die Stellen könnten vor Verabschiedung des Haushaltsgesetzes nicht besetzt werden. Zusätzliche Mittel seien daher für die Deckung der vom Landtag beschlossenen zweiten Ausgleichszahlung nicht erforderlich. Wenn jedoch, wie zu erwarten sei, im Herbst nochmals eine weitere Ausgleichszahlung beschlossen würde, so wäre hierfür eine Berücksichtigung im Nachtragshaushalt notwendig, da die zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 5 Mio DM für die volle Deckung einer dritten Ausgleichszahlung nicht ausreichen würden. Im übrigen würden die Steuereinnahmen für den Monat Juni eine abgleitende Tendenz aufweisen. Die Lohnsteuer habe eine Entwicklung genommen, die zu der Annahme berechtige, daß die Ansätze erreicht, aber nicht überschritten würden.108

X.Früheres Armeemuseum und Kriegerdenkmal109

Ministerpräsident Dr. Hoegner kommt nochmals auf die Behandlung der Angelegenheit im Ministerrat vom 14. Juni 1955 zu sprechen und erklärt, es sei festgestellt worden, daß der Stadtrat München zur Frage der Verlegung des Kriegerdenkmals bisher noch keinerlei Beschluß gefaßt habe. Insoweit bedürften die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Weishäupl einer Berichtigung. Es frage sich, ob man nicht vom Stadtrat München, dem die Unterhaltung des Denkmals obliege, einmal eine Stellungnahme verlangen solle.

Staatsminister Rucker erklärt, auf Grund der Besprechung im Ministerrat vom 14. Juni 1955 habe er an den Rundfunk neuerdings die Frage gestellt, ob mit einer Verlegung des Kriegerdenkmals in die Böschung des Hofgartens den Wünschen des Rundfunks Rechnung getragen werde. Aus einer privaten Unterhaltung habe er jedoch geschlossen, daß diese Frage dem Rundfunk unangenehm sei. Er habe den Eindruck, daß der Rundfunk das frühere Armeemuseum überhaupt nicht mehr haben wolle.

Staatsminister Zietsch meint, der Rundfunk solle jetzt endlich einmal klar Stellung nehmen. Auf Grund des ihm eingeräumten Optionsrechts habe er die Möglichkeit, auf das Armeemuseum zu verzichten und ein anderes Gelände in Anspruch zu nehmen. Man müsse darauf dringen, den Rundfunk endlich zu einer klaren Entscheidung zu bringen.

Der Ministerrat nimmt diese Ausführungen zustimmend zur Kenntnis.110

Armeemuseum

XI.Verplanung der zu Arbeitsplatzdarlehen zur Verfügung stehenden Lastenausgleichsmittel für Zwecke des sozialen Wohnungsbaues

Staatsminister Stain führt aus, im Gegensatz zu anderen Ländern habe Bayern auf die Bundesmittel für Arbeitsplatzdarlehen nicht verzichtet, obwohl die zur Verfügung stehenden Mittel in voller Höhe für Zwecke der Arbeitsplatzbeschaffung nicht mehr benötigt würden. Er bitte nunmehr um die Zustimmung des Ministerrats, daß diese Mittel, soweit sie für Arbeitsplatzdarlehen nicht benötigt würden, in Wohnungsbaudarlehen umgewandelt würden.

Staatsminister Zietsch bittet um Zurückstellung, da er über die Angelegenheit noch nicht unterrichtet sei.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths meint, der Plan des Herrn Arbeitsministers, alle möglichen Mittel für den sozialen Wohnungsbau, bereitzustellen, sei an und für sich richtig, doch halte er einen Beschluß des Ministerrats erst für zweckmäßig, wenn festgestellt sei, ein wie größer Bedarf an Arbeitsplatzdarlehen noch bestehe. Nach seinen bei der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung getroffenen Feststellungen lägen doch noch Anträge für Arbeitsplatzdarlehen vor.

Der Ministerrat beschließt hierauf Zurückstellung bis zur nächsten Sitzung.111

Wohnungsbau, sozialer

XII.Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt dem Ministerrat Kenntnis von einem Schreiben des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, in welchem dieser ihn bzw. Vertreter aus den interessierten Ressorts zu den wissenschaftlichen Arbeitssitzungen der Arbeitsgemeinschaft, die regelmäßig am ersten und dritten Mittwoch eines Monats stattfinden, einlädt.

Der Ministerrat nimmt von der Mitteilung Kenntnis.

XIII.Zahlung von Versorgungsbezügen an Professor Friedrich Wilhelm Foerster112

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt dem Ministerrat Kenntnis von einem Antrag des in New York lebenden Professors Friedrich Wilhelm Foerster, der zur Zeit der Regierung Eisner Bayerischer Gesandter in der Schweiz gewesen sei. Professor Foerster, der bereits über 80 Jahre alt sei, wolle seine letzten Lebensjahre in Deutschland verbringen. Er beabsichtige, zu Verwandten nach Freiburg im Breisgau zu ziehen. Er, Dr. Hoegner, sehe keine Möglichkeit, Professor Foerster feste Versorgungsbezüge zu bewilligen. Doch gebe er den Antrag zur Prüfung einmal dem Finanzministerium, da Professor Foerster sich um Bayern sehr verdient gemacht habe.113

XIV.Schloß Höhenried (Gemeinde Bernried)114

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt Kenntnis von einem Telegramm, in welchem er um Ankauf des Schlosses Höhenried durch den Bayerischen Staat gebeten worden sei.

Staatssekretär Dr. Panholzer sieht keine Möglichkeit, das Schloß für den Bayerischen Staat zu erwerben. Er habe mit der Erbin bereits persönlich verhandelt.

Staatsminister Rucker erwähnt, er sei zur Zeit auf der Suche nach einem Gebäude, in welchem die Fortbildungslehrgänge für Lehrer abgehalten werden könnten, vielleicht eigne sich das Schloß Höhenried für diese Zwecke.

Staatssekretär Dr. Meinzolt unterstützt diesen Vorschlag unter Hinweis darauf, daß das Schloß Höhenried dann auch für andere repräsentative Veranstaltungen der Staatsregierung benützt werden könne. Im Gegensatz zu anderen Ländern der Bundesrepublik verfüge Bayern über kein Gebäude, in dem es Veranstaltungen abhalten könne.

Der Ministerrat beauftragt hierauf das Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit der Prüfung der Frage, ob das Schloß Höhenried allenfalls für die genannten Zwecke geeignet ist und ob ein Ankauf in Erwägung gezogen werden kann.115

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zum Abschluß bekannt, daß er den nächsten Ministerrat am Dienstag, den 26. Juli 1955, um 15 Uhr, in Ansbach abhalten wolle.

Dem liege ein Antrag des Regierungspräsidenten Dr. Schregle zugrunde, der besonderen Wert darauf lege, daß der Ministerrat während der Bachwoche in Ansbach tage. Im Anschluß an den Ministerrat solle um 18 Uhr ein Essen stattfinden und um 19 Uhr 30 sei den Kabinettsmitgliedern Gelegenheit gegeben, im Rahmen der Bachwoche die Veranstaltung „Die Kunst der Fuge“ zu besuchen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt noch bekannt, daß er am kommenden Donnerstag um 9 Uhr 30 in der Staatskanzlei eine Pressekonferenz abhalte. Er bitte die Kabinettsmitglieder um möglichst vollständige Teilnahme an dieser Konferenz

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Wilhelm Hoegner
Der Protokollführer des Ministerrats In Vertretung gez.: Kellner Regierungsdirektor
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Dr. Albrecht Haas Staatssekretär