Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei).
I. Übersicht über die bisherigen Leistungen der Staatsregierung. II. Bundesratsangelegenheiten. III. Haushaltslage des Bayerischen Staates. IV. Armeemuseum, Kriegerdenkmal und ehemaliges Preysing-Palais in München. V. Errichtung eines Max-Planck-Instituts für Holzforschung. VI. Zulassung öffentlicher Spielbanken. VII. Bau einer Staustufe mit Kraftwerken durch die Bayerische Wasserkraft AG (BAWAG) am oberen Lech bei Schongau. VIII. Personalangelegenheiten. IX. Teilnahme der Mitglieder der Staatsregierung an den Sitzungen des Haushaltsausschusses. X. Pfalzfrage. XI. Straßenverhältnisse in Niederbayern. XII. Zuschuß des Bayerischen Staates an die Wohlfahrtsverbände im Jahre 1948. XIII. Bergwerk Stockheim. XIV. Einladungen, Veranstaltungen usw..
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf die gestrige Kabinettssitzung und teilt mit, daß die Presse demnächst eine Darstellung über die bisherigen Maßnahmen und Leistungen der Staatsregierung bringen wolle. Das erforderliche Material müsse den Zeitungen sobald als möglich zugänglich gemacht werden. Er bitte deshalb jedes Ministerium, eine Zusammenstellung auszuarbeiten, aus der ersichtlich sei, was im vergangenen halben Jahr geschehen sei. Er bitte, ihm das Material wenn möglich schon bis Donnerstag, den 9. Juni 1955, zuzuleiten.
Es genüge, wenn aus der Zusammenstellung zwei oder drei besonders wichtige Probleme ersichtlich seien.
1.Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Rechtsstellung der Freiwilligen in den Streitkräften (Freiwilligengesetz)1
Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, gegen diesen Entwurf bestünden hauptsächlich zwei Bedenken:
1. Der Aufbau der neuen Wehrmacht beginnt mit der Einstellung freiwilliger Soldaten, ohne daß eine Beschränkung der Zahl vorgenommen werde.
2. Der Entwurf ist unvollständig, nachdem er die Durchführung in keiner Weise regelt.2
Man könnte daran denken, die Durchführung in landeseigener Verwaltung vorzunehmen, das sei aber nicht geschehen. Gegen eine Regelung im Wege der bundeseigenen Verwaltung bestünden erhebliche Bedenken, da Art. 87 Abs. 3 GG keine Handhabe dafür biete.3 Offenbar versuche man von der Bundesregierung aus, das Gesetz vom Ministerium Blank ohne Regelungen im einzelnen durchzuführen, indem man sich entweder auf eine Zuständigkeit aus der Natur der Sache oder auf Verwaltungsakte im Rahmen der Organisationsgewalt berufe, in Wirklichkeit seien es aber Regierungshandlungen, auf die die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes keine Anwendung finde.
Im Sicherheitsausschuß des Bundesrats seien die Vertreter aller Länder mit Ausnahme derjenigen von Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz der Auffassung gewesen, daß das Freiwilligengesetz in dieser Form nicht möglich sei. Trotz einer Anregung des Herrn Staatssekretärs Dr. Haas sei man aber nicht bis zu einer Abstimmung gelangt.4
Die der CDU angehörenden Ministerpräsidenten seien dann beim Bundeskanzler gewesen, der Verständnis für die Bedenken der Länder gehabt und um eine schriftliche Stellungnahme gebeten habe. Der Bundeskanzler habe zugesichert, daraufhin sofort zu antworten, die Antwort könne dann als endgültige Stellungnahme dienen.5
Staatssekretär Dr. Haas verliest dann den im Namen des Bundesrats an den Bundeskanzler gerichteten Brief des Herrn Ministerpräsidenten Altmeier, der auf eine Ausarbeitung der Bundesratsbevollmächtigten zurückgehe.6
Ministerialrat Dr. Gerner fügt hinzu, im Schreiben des Herrn Bundesratspräsidenten Altmeier fehlten drei wichtige Punkte, auf die die Bevollmächtigten besonders hingewiesen hätten.
U.a. hätten diese darauf aufmerksam gemacht, daß der vorliegende Entwurf die Regelung eines Teilproblems über die Wehrverfassung als Ganzes versuche, was nicht zweckmäßig sei; ferner, die Aufstellung deutscher Truppen müsse so erfolgen, daß diese in die rechts- und bundesstaatliche Ordnung eingefügt würden. Auch eine politische Kontrolle müsse sichergestellt werden. Alle diese Punkte seien in dem Schreiben entweder überhaupt nicht erwähnt oder nur gestreift.
Der Bundeskanzler werde sicher die Fragen beruhigend beantworten; solle man sich damit zufrieden geben oder verlangen, daß die nicht übernommenen Fragen auch noch beantwortet würden? Außerdem sei wohl noch zu überlegen, ob die Antwort des Bundeskanzlers offiziell in einer Erklärung des Bundesrats wiedergegeben werden solle.7
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er habe am Pfingstsamstag mit Minister Dr. Sträter von Nordrhein-Westfalen vereinbart, daß die von den Ländern aufgestellten Forderungen von Ministerpräsident Arnold vertreten würden. Dieser habe sein Versprechen auch gehalten und am Sonntag u.a. die Forderungen aufgestellt, daß die Soldaten auf die Truppe beschränkt sein sollten, während die Verwaltung zivil werden solle; ferner, daß die zivile Wehrverwaltung auf bundesrechtlicher Grundlage soweit wie möglich durch die Länder durchgeführt werden solle. Zu diesen Forderungen Arnolds habe die Bundesregierung im allgemeinen zustimmend geantwortet.
Was nun den Brief des Herrn Bundesratspräsidenten betreffe, so habe gestern Herr Ministerpräsident Zinn von Hessen in einem Telefongespräch festgestellt, daß Herr Altmeier keinerlei Recht gehabt habe, im Namen des Bundesrats zu sprechen. Er hätte sich vielmehr an den Vorschlag der Bevollmächtigten halten sollen, nachdem der Bundesrat nur eine solche Ermächtigung erteilt habe. Bundesratspräsident Altmeier habe demnach eigenmächtig gehandelt, wenn er von der Ausarbeitung der Bevollmächtigten einiges übernommen, anderes aber weggelassen habe. Zweifellos werde es über diese Dinge noch zu einer Auseinandersetzung kommen.8
Er schlage deshalb vor, etwa folgende Haltung einzunehmen:
Gegen das Gesetz könne man sich nur wenden, wenn durchschlagende Gründe bestehen. Der Bundesrat müsse auf alle Fälle die Rechte der Länder vertreten und auf die Einhaltung des Grundgesetzes drängen. Wenn die Antwort des Bundeskanzlers nicht befriedigend sei, sollte man entweder mit einer entsprechenden Begründung den Gesetzentwurf ablehnen oder zumindest sich der Stimme enthalten; das letztere halte er eigentlich für zweckmäßiger.
Staatssekretär Dr. Haas bestätigt, daß die Entscheidung sehr schwierig sei. Er empfehle nicht, den Entwurf abzulehnen, auch wenn die Antwort nicht befriedigend ausfalle. Juristisch freilich sei der Entwurf höchst bedenklich, man vermisse, daß verfassungsrechtliche und politische Klarheit geschaffen worden sei. Wenn sich die Dinge innerhalb der Bundesbehörden eingespielt hätten, werde nach dem 31.3.1956 kaum mehr eine Änderung zu erwarten sein.9
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt in diesem Zusammenhang fest, daß die CSU zur Frage der Wehrgesetze in Ingolstadt eine Äußerung abgegeben habe, die mit dem Standpunkt der Staatsregierung völlig übereinstimme. Er halte es für richtig, dies in der Öffentlichkeit mitzuteilen. Man könne ungefähr folgendes erklären: Die Haltung der CSU entspreche den Forderungen, die auch die bayerische Staatsregierung sowohl Herrn Blank gegenüber wie im Bundesrat aufgestellt habe. Gleichzeitig könne man vielleicht sagen, die Staatsregierung hoffe, daß die CSU an dem in Ingolstadt erarbeiteten Standpunkt auch im Bundestag festhalte.
Was nun den Bundesrat anlange, so empfehle er, Stimmenthaltung zu üben, wenn die Antwort der Bundesregierung nicht befriedigend ausfalle.
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.10
2.Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 195511
Die Empfehlung des Finanzausschusses in BR-Drucks. Nr. 99/1/55 wird unterstützt.12
3.Entwurf einer Zweiten Ergänzung (gemäß § 11 RWB) zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 195513
Auch hier werden die Empfehlungen des Finanzausschusses unter Ziff. II 1 und 2 der BR-Drucks. Nr. 149/1/55 unterstützt.14
Staatsminister Dr. Baumgartner äußert Bedenken gegen die Erhöhung der Abgabe „Notopfer Berlin“.
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, es sei sicher berechtigt, zum Notopfer Berlin kritische Bemerkungen zu machen; schlimmer als die Erhöhung des Notopfers seien eigentlich die Vergünstigungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die jetzt neu herauskämen. Trotzdem bleibe wohl nichts anderes übrig, als dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
In diesem Sinne sprechen sich auch Staatsminister Bezold und Staatssekretär Dr. Haas aus.
Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf gemäß Art. 105 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 78 GG zuzustimmen, wobei Staatsminister Dr. Baumgartner allerdings seine Bedenken aufrecht erhält.16
5.Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Schweineschmalz)17
Keine Einwendungen nach Art. 76 Abs. 2 GG.
6.Entwurf einer Dreiunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen18
7.Entwurf einer Vierunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen19
8.Entwurf einer Fünfunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen20
9.Entwurf einer Sechsunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen21
10.Entwurf einer Siebenunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen22
11.Entwurf einer Achtunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen23
12.Entwurf einer Neununddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen24
Bedenken werden nicht erhoben.
13.Entwurf einer Verordnung zur Erstreckung des Anleihe-Gesetzes von 1950 vom 29. März 1951 (BGB1. I S. 218) auf das Land Berlin25
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG.
14.Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1953 – Einzelplan 20 –26
Die Entlastung gemäß § 108 Abs. 3 RHO wird erteilt.
15.Entsendung von Vertretern der am Kapital der Deutschen Genossenschaftskasse beteiligten Länder in den Verwaltungsrat dieser Anstalt27
Die Empfehlung der BR-Drucks. Nr. 146/1/55 wird unterstützt.
Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, dieser Entwurf sei mit so zahlreichen Mängeln behaftet, daß die Anrufung des Vermittlungsausschusses wohl außer Zweifel stehe.29 Wenn der Ministerrat die Anrufung beschließe, reiche es wohl aus, heute nur diejenigen Empfehlungen zu besprechen,30 die in der gestrigen Sitzung des Koordinierungsausschusses strittig geblieben seien.31
Der Ministerrat beschließt zunächst, gemäß Art. 77 Abs. 2 GG den Vermittlungsausschuß anzurufen.
In der Aussprache wird festgestellt, daß die Empfehlungen unter Ziff. I 1, 2 a, 3, 4, 5b, 6, 8, 9 b aa mit dd, 10, 11, 13, 14, 17 und II zu unterstützen sind. Dagegen werden die Empfehlungen unter Ziff. I 12 a und b nicht unterstützt.
Außerdem wird mit Mehrheit beschlossen, zu § 368 m Abs. 2 letzter Satz (Ersetzung des Wortes „müssen“ durch „sollen“) und zu § 368 d Abs. 1 Landesanträge zu stellen. Bei § 368 d Abs. 1 soll ein vom Kulturausschuß unter Ziff. I 2 b der BR-Drucks. Nr. 164/1/55 vorgeschlagener Satz mit der Maßgabe eingefügt werden, daß das Wort „müssen“ durch „sollen“ ersetzt wird.32
17.Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts33
Stellungnahme gemäß Art. 76 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen des Rechtsausschusses unter Ziff. II 1 mit 3 der BR-Drucks. Nr. 159/1/55.34
18.Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Konvention der Vereinten Nationen vom 6. April 1950 über die Todeserklärung Verschollener35
19.Entwurf eines Gesetzes über Todeserklärungen nach der Konvention der Vereinten Nationen vom 6. April 1950 über die Todeserklärung Verschollener36
Ein Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG wird nicht gestellt.
20.Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht37
Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.
21.Durchführung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (KgfEG), hier: Mittel für Abschnitt II (Darlehen und Beihilfen)38
Ministerialrat Dr. Gerner berichtet weiter, hier liege ein hessischer Initiativantrag vor, die Mittel für die Durchführung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes von 50 auf 80 Mio DM zu erhöhen, was für Bayern eine Mehrbelastung von 1,5 Mio DM ausmache.
Staatssekretär Weishäupl weist darauf hin, daß die Bundesregierung ursprünglich versprochen habe, jährlich 250 Mio DM zur Verfügung zu stellen; die jetzige Regelung bleibe dahinter weit zurück.
Staatsminister Zietsch erwidert, dies sei an sich Sache des Bundestags, er empfehle, daß sich der Bundesrat nicht einmische.
Der Ministerrat beschließt, den Antrag des Landes Hessen in BR-Drucks. Nr. 162/55 nicht zu unterstützen.
22.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (vorl. BpolBG)39
Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG werden nicht erhoben.40
23.Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 (BGBl. I S. 700)41
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG; der Vorschlag des Ausschusses für Innere Angelegenheiten in BR-Drucks. Nr. 269/1/54b wird unterstützt.42
24.Entwurf eines Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung43
Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe vorgeschlagen, zu diesem Gesetzentwurf eine Reihe von Anträgen zu stellen.44
Der Ministerrat beschließt daraufhin, den Vermittlungsausschuß anzurufen mit dem Ziel, die §§ 5 und 12 zu streichen und die §§ 2 Abs. l und 11 Abs. l zu ergänzen, ferner § 2 Abs. 2 Satz 3 und § 8 zu streichen, § 11 Abs. 3 neu zu fassen und einen § 20 a neu einzufügen.45
Ferner soll Ziff. 4 der BR-Drucks. Nr. 167/1/55 unterstützt werden.46
Falls die bayerischen Anträge keine Mehrheit finden, wird hilfsweise die Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1, 2 und 3 dieser Drucksache beschlossen.47
Keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG.49
26.Entwurf einer Verordnung über den Anwendungsbereich des § 1 der Verordnung vom 24. Februar 1936 über die Beitreibung wiederkehrender Leistungen für Siedlungskredite50
Der Ministerrat beschließt, sich der Stimme zu enthalten.
27. Ausschuß des Bundesrats für Fragen der europäischen Sicherheit51
Ministerpräsident Dr. Hoegner kommt abschließend noch auf den Ausschuß des Bundesrats für Fragen der europäischen Sicherheit zu sprechen. Nachdem Hessen drei Vertreter benannt habe, werde nun als dritter bayerischer Vertreter Herr Ministerialrat Dr. Gerner vorgeschlagen.
Der Ministerrat beschließt, Herrn Ministerialrat Dr. Gerner als dritten bayerischen Vertreter zu benennen.
Staatsminister Zietsch teilt mit, dem Beschluß des Ministerrats in der gestrigen Sitzung zufolge habe er heute im Landtag die Erklärung abgegeben, daß im Hinblick auf die günstige Entwicklung des Steueraufkommens im Wege einer Ergänzungsvorlage Verbesserungen an einzelnen Positionen vorgenommen werden könnten.53
Der Haushaltsausschuß habe die Erklärung zur Kenntnis genommen und beschlossen, alle Anträge zurückzustellen, bis die Vorlage ausgearbeitet sei. Er habe diese Vorlage für übernächste Woche zugesichert, mindestens soweit der Kultusetat in Betracht komme.
Die Erklärung habe aber nur dann einen Sinn, wenn alle Mitglieder der Koalitionsparteien zunächst keine Anträge mehr stellten und sich mit den Zugeständnissen der Ergänzungsvorlage zufrieden gäben. Jeder trotz der Erklärung eingebrachte Antrag der CSU müsse abgelehnt werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß die Staatsregierung jedenfalls durch diese Erklärung einen Überraschungserfolg erzielt habe.54
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 16. Mai 1955,56 in der mitgeteilt werde, daß einem Beschluß des Ministerrats vom 15. März 1955 zufolge am 18. April 1955 eine Besprechung der Vertreter aller an der künftigen Gestaltung des Armeemuseumgeländes Beteiligten stattgefunden habe.57 Dabei sei festgestellt worden, daß der Bayerische Rundfunk nach wie vor das ihm am 28. Juni 1951 eingeräumte Optionsrecht ausüben wolle, die endgültige Entscheidung aber von einer Erklärung der Bayerischen Staatsregierung abhängig mache, wonach ihm das gesamte Gelände, auf das sich das Optionsrecht erstrecke, ohne Beschränkung überlassen werde.
Das bedeute also, daß der Ministerrat über die Verlegung des Kriegerdenkmals zu entscheiden habe.
In der Note vom 16. Mai 1955 spreche sich das Staatsministerium der Finanzen für die Verlegung des Denkmals in die Feldherrnhalle aus, die vor allem mit der Notwendigkeit begründet werde, die durch Witterungseinflüsse usw. sehr gefährdete Steinfigur des gefallenen Kriegers zu erhalten.58
Bisher sei allerdings nicht klar ersichtlich, welche Pläne der Bayerische Rundfunk für die spätere Bebauung des Armeemuseumgeländes habe. ln der Besprechung vom 18. April 1955 habe er allerdings zugesichert, dort nur die Produktionsstätten für klassische Musik unterbringen zu wollen und bei der Planung des Gebäudes die „angemessenen Gesichtspunkte der Städteplanung und die kulturellen Belange des Platzes“ zu berücksichtigen. Der Rundfunk habe damals auch erklärt, „in der Ausnutzung des Platzes gewisse Opfer zu bringen“, soweit dies für ihn wirtschaftlich vertretbar sei.59 Der Plan, das Kriegerdenkmal zu verlegen, sei auch von den Vertretern der Stadt München am 18. April 1955 unterstützt worden unter der Bedingung, daß der Bayerische Rundfunk auf die Gesichtspunkte Rücksicht nehme, die sich aus der Nähe der Residenz und dem unmittelbaren Anschluß an den Hofgarten ergeben.
Staatsminister Zietsch erläutert ein von ihm mitgebrachtes Modell der Feldherrnhalle. Durch Einbeziehung des ehemaligen Preysing-Palais solle eine Nische gewonnen werden, in der das Denkmal aufgestellt werden könne; den ursprünglichen Plan, eine Krypta zu errichten, habe man aufgegeben.
Alle mit der Verlegung zusammenhängenden Fragen seien sorgfältig geprüft worden, er glaube nicht, daß von der Münchner Bevölkerung Einspruch erhoben werde. Auch der ehemalige Kronprinz Rupprecht habe sich mit dem Plan einverstanden erklärt und betont, dadurch bekomme die Feldherrnhalle einen neuen Sinn.
Staatssekretär Weishäupl wendet ein, daß nach seinen Informationen die Erhaltung des Kriegers durchaus möglich sei.
Er bezweifle, daß die Bevölkerung für die Verlegung Verständnis aufbringen werde, zumal sich bereits der Verband der Heimkehrer, der Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge sowie die Soldaten- und Kriegsopferverbände dagegen ausgesprochen hätten.
Staatssekretär Dr. Meinzolt fügt hinzu, dem Bayerischen Rundfunk sei es nicht allzusehr60 um das Gelände zu tun, zumal ein Neubau mit erheblichen Auflagen verbunden werden müsse. Herr Staatssekretär Weishäupl habe sicher recht, wenn er vermute, daß die öffentliche Meinung die Verlegung des Denkmals ablehnen werde. Neuerdings angestellte Versuche hätten übrigens bewiesen, daß es gelingen könne, den weiteren Verfall der Kriegerfigur zu vermeiden. Er müsse den Plan mit der Feldherrnhalle ablehnen, zumal das Denkmal für einen ganz anderen Platz ausgeführt worden sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt die Bedenken der Herren Staatssekretäre Weishäupl und Dr. Meinzolt und empfiehlt, eine eindeutige Stellungnahme des Stadtrats München einzuholen. Die Erklärung, die die Vertreter der Stadt am 18. April 1955 abgegeben hatten, genüge ihm nicht.
Der Ministerrat beschließt, die Entscheidung bis zur Sitzung vom 14. Juni 1955 zurückzustellen, zumal heute Herr Staatsminister Rucker61 nicht anwesend ist.62
Staatsminister Bezold teilt an Hand eines Memorandums des Herrn Professors Dr. Kollmann mit, daß sich die Max-Planck-Gesellschaft mit der Absicht trage, ein Institut für Holzforschung in München zu errichten. Voraussetzung dafür sei allerdings, daß der Bayerische Staat die Kosten für den Neubau in Höhe von 800 000 DM bis 1 Mio DM übernehme. Er bitte dringend, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, da Professor Dr. Kollmann, der bereits das Universitäts-Institut für Holzforschung habe, der erste Fachmann auf diesem Gebiet sei und Anerkennung in der ganzen Welt gefunden habe. Seine Ansprüche seien durchaus bescheiden und in jeder Weise gerechtfertigt. Die Errichtung des Instituts sei für Bayern als das größte Holzland der Bundesrepublik von allergrößter Bedeutung.
Staatsminister Dr. Baumgartner stimmt grundsätzlich zu, bemerkt aber, die Ansprüche, die hier gestellt würden, scheinen ihm doch überhöht zu sein. Noch dazu stehe ja noch nicht fest, ob die Max-Planck-Gesellschaft wirklich dieses Institut in München errichten werde.
Staatsminister Bezold erwidert, der erforderliche Betrag werde sich ja auf einige Jahre verteilen, zunächst würden nur 400 000 DM benötigt.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths führt aus, er habe bei der seinerzeitigen Berufung von Professor Dr. Kollmann mitgewirkt; damals sei ihm schon die Zusicherung gegeben worden, daß ein Holzforschungsinstitut in Verbindung mit seinem Ordinariat errichtet werde. Es gehe jetzt nur darum, die Mitwirkung der Max-Planck-Gesellschaft zu erreichen, was auf die Dauer eine erhebliche Entlastung für den Bayerischen Staat bedeuten würde, von der außerordentlichen Bedeutung des Instituts für die bayerische Holzwirtschaft ganz abgesehen.
Auch Staatssekretär Dr. Meinzolt betont, daß Herr Professor Dr. Kollmann mit Recht eine Entscheidung fordere. Der Bayerischen Staatsregierung könne die Mithilfe der Max-Planck-Gesellschaft nur erwünscht sein. Im übrigen müsse man berücksichtigen, daß es höchst vorteilhaft sei, die Gesellschaft mehr und mehr an München zu binden, die vielleicht überhaupt ihren Sitz hierher verlegen wolle. Das Kollmann-Institut werde von größtem Wert für die bayerische Holzwirtschaft und Holzindustrie sein. Wenn die Bayerische Staatsregierung sich jetzt entschließe, den Neubau zu finanzieren, sei er überzeugt, daß die Max-Planck-Gesellschaft hier das Institut errichten werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt daraufhin vor, in den Ergänzungshaushalt die erste Rate für den Neubau des Instituts in Höhe von 400 000 DM einzusetzen.
Nachdem sich Herr Staatsminister Zietsch einverstanden erklärt, wird beschlossen, diesen Betrag in den Ergänzungshaushalt aufzunehmen.64
a) Initiativgesetzentwurf des Bayer. Senats zur Aufhebung des Gestzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken (Senatsanlage 278);66
b) Beschluß des Bayerischen Senats vom 25. Mai 1955 betr. Abstandnahme von der Zulassung von Spielbanken in Bayern.67
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, die Staatsregierung habe keinen Anlaß, zu dem Initiativgesetzentwurf des Bayerischen Senats vom 25. Mai 1955 Stellung zu nehmen. Abt. III der Bayer. Staatskanzlei habe zwar zutreffend die Rechtslage geschildert, einen Eingriff der Regierung halte er aber nicht für veranlaßt.
Er schlage deshalb vor, zu den Verhandlungen im Landtag über den Initiativgesetzentwurf keinen Vertreter der Staatsregierung zu entsenden. Im übrigen glaube er, daß der Landtag schon in der ersten Lesung zur Ablehnung kommen werde, womit sich die Behandlung in den Ausschüssen erübrige.
Was den Beschluß des Bayer. Senats vom 25. Mai 1955 betreffend Abstandnahme von der Zulassung von Spielbanken in Bayern anlange, so stelle die Staatskanzlei in einer Vormerkung mit Recht zutreffend fest, daß in der Bayerischen Verfassung ein Recht des Senats, für die Staatsregierung verbindliche Beschlüsse zu fassen, nicht vorgesehen sei; er sei deshalb der Meinung, daß auf den Beschluß vom 25. Mai 1955 zunächst gar keine Stellungnahme68 abgegeben werden soll. Erst wenn der Senat auf eine Antwort dränge, könne er auf die Rechtslage hingewisen werden.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.69
Staatsminister Dr. Geislhöringer teilt mit, er habe mit den Vertretern des Naturschutzes, der für die Erhaltung der Flußlandschaft des oberen Lechs bei Schongau eintrete, das dortige Gebiet besichtigt.71 Bei allem Verständnis für den Naturschutz halte er es aber nicht für richtig, den Ausbau der Wasserkräfte in Bayern zu verhindern, zumal jährlich 10 Mio DM für die Einfuhr von Strom ausgegeben werden müssen. Dazu komme, daß sich der Lech mehr und mehr „eintiefe“, wie es in der Fachsprache heiße, so daß der Grundwasserspiegel sinke.72 Jedenfalls sei er der Auffassung, daß der Einspruch des Naturschutzverbandes nicht begründet sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner meint dagegen, man könne den Lech auch unterhalb von Landsberg ausbauen, womit auch schon viel für den Grundwasserstand erreicht sei. Er könne nicht einsehen, warum gerade die schöne Flußlandschaft bei Schongau zerstört werden solle.
Staatsminister Dr. Geislhöringer erwidert, für den Ausbau zwischen Landsberg und Augsburg werde nicht der gleiche Zweck erreicht. Notwendig sei vor allem Spitzenstrom, der nur am oberen Lech erzeugt werden könne.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt unter Hinweis auf die landschaftlichen Zerstörungen im Isartal, seine Bedenken seien nicht beseitigt. Er halte daran fest, daß zunächst die unteren Lechstufen ausgebaut werden sollten. Sei denn eine sofortige Entscheidung zu treffen?
Staatsminister Dr. Geislhöringer erwidert, am 10. Juni 1955 laufe die Frist für einen Einspruch gegen den Plan der BAWAG ab.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt daraufhin vor, Einspruch einzulegen, da es nicht zu verantworten sei, die letzte Urlandschaft am Lech zu zerstören.
Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, Einspruch einzulegen.73
1. Ernennung des Ministerialdirigenten Eberhard Kuchtner zum Senatspräsidenten am Verwaltungsgerichtshof
Ministerpräsident Dr. Hoegner frägt, ob man bei der großen Zahl von Rückständen am Verwaltungsgerichtshof Ministerialdirigent Eberhard Kuchtner vom Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr nicht zum Senatspräsidenten am Verwaltungsgerichtshof ernennen könne.75
Staatsminister Bezold sichert zu, sofort nochmals76 mit Herrn Kuchtner darüber sprechen zu wollen. Er habe sich jedoch schon77 mit Kuchtner ausgesprochen, der in seinem Ministerium bleiben wolle.
2. Ernennung des Vizepräsidenten an der Regierung von Ansbach, Dr. Groß, zum Generalstaatsanwalt am Bayer. Verwaltungsgerichtshof78
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, nach den Ausführungen des Herrn Staatsministers Bezold bestehe jetzt wohl kein Hindernis mehr, Herrn Vizepräsidenten Dr. Groß zum Generalstaatsanwalt am Bayer. Verwaltungsgerichtshof zu ernennen.79
Der Ministerrat stimmt durch Beschluß der Ernennung zu.
3. Ernennung des Senatspräsidenten Dr. Mauder zum Präsidenten des Landessozialgerichts80
Einem Vorschlag des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge entsprechend wird beschlossen, Senatspräsident Dr. Mauder zum Präsidenten des Landessozialgerichts zu ernennen.
Staatssekretär Dr. Meinzolt bedauert, daß der jetzige Vizepräsident des Landessozialgerichts, Dr. Miesbach, nicht zum Zuge gekommen sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, Dr. Miesbach sei inzwischen 64 Jahre alt geworden, das Arbeitsministerium habe deshalb seinen ursprünglichen Vorschlag zurückgezogen.
4. Verlängerung der Dienstzeit des Direktors der Monumenta Germaniae Historica, Professor Dr. Friedrich Baethgen81
Auf Vorschlag des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus wird beschlossen, die Amtszeit des Professors Dr. Baethgen um ein Jahr, d.h. bis 31. Juli 1957 zu verlängern.
Staatssekretär Dr. Meinzolt macht darauf aufmerksam, daß Professor Dr. Baethgen als Direktor der Monumenta Germaniae Historica nicht zu ersetzen sei; das Staatsministerium für Unterricht und Kultus werde also nach Ablauf der Verlängerung nochmals einen Antrag stellen müssen.
5. Verlängerung der Amtszeit des Ministerialrats bei der Obersten Baubehörde im Bayer. Staatsministerium des Innern, Dr. Karl Weinisch
Die Entscheidung über den Antrag des Staatsministeriums des Innern vom 28. Mai 1955 wird um eine Woche zurückgestellt.82
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Abg. Eberhard, der sich darüber beschwere, daß häufig weder der zuständige Minister noch dessen Staatssekretär den Sitzungen des Haushaltsaussschusses beiwohnten.
Er empfehle den Herren Ministern dringend, in Zukunft nach Möglichkeit zu diesen Sitzungen selbst zu erscheinen. Allerdings hätten weder Herr Staatsminister Rucker noch Herr Staatssekretär Dr. Meinzolt an der Sitzung am 31. Mai 1955 teilnehmen können, da am gleichen Tag die Ministerratssitzung in Würzburg stattgefunden habe.
Staatsminister Zietsch stellt fest, daß der Vorsitzende des Haushaltsausschusses oft sehr kurzfristig Sitzungen ansetze, ohne sich vorher, wie dies früher üblich gewesen sei, zu erkundigen, ob der Finanzminister oder der zuständige Ressortminister zur Verfügung stünden.
Staatssekretär Eilles fügt hinzu, der Vorsitzende habe gewusst, daß die Kabinettssitzung am 31. Mai 1955 in Würzburg stattfinde, trotzdem habe er auf den gleichen Tag die Beratung des Kultusetats angesetzt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt noch mit, er habe Herrn Abg. Eberhard mitgeteilt, daß er von seinem Schreiben den Mitgliedern des Kabinetts Kenntnis geben und sie bitten werde, nach Möglichkeit an den Sitzungen teilzunehmen. Auf alle Fälle werde er aber die Angelegenheit auch noch im Ältestenrat des Landtags zur Sprache bringen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest einen im Kirchenblatt der Diözese Speyer erschienenen Aufsatz, in dem ein Vergleich zwischen Rheinland-Pfalz und Bayern gezogen werde, der zu Ungunsten Bayerns ausfalle.84 Vielleicht sei es im Hinblick auf das Verfahren nach Art. 29 GG zweckmäßig, eine Emnid-Untersuchung in der Pfalz anzustellen, um die wirkliche Stimmung der Bevölkerung zu erforschen.
Übrigens habe der Präsident des Bundesrats, Ministerpräsident Altmeier, Pressemitteilungen zufolge behauptet, daß Bayern im Bundesrat gegen die Pariser Verträge gestimmt habe. Diese Behauptung sei völlig falsch, denn bekanntlich habe Bayern nur das Saar-Abkommen abgelehnt, dagegen für die Verträge gestimmt.
Staatsminister Dr. Baumgartner bittet, ihn zu ermächtigen, eine entsprechende Erklärung abzugeben, nachdem er selbst im Bundesrat die bayerische Stimme abgegeben und, wie schon der Herr Ministerpräsident erklärt, für die Verträge gestimmt habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden.
Staatssekretär Dr. Haas bezweifelt, ob eine Emnid-Untersuchung ein greifbares Ergebnis bringen werde, nachdem die Pfälzer Bevölkerung offenbar von der Frage, ob die Pfalz wieder mit Bayern vereinigt werden solle, nicht allzu sehr berührt werde. Auf alle Fälle müsse versucht werden, das in Art. 29 GG vorgeschriebene Verfahren beschleunigt in Gang zu bringen.
Ein Beschluß wird nicht gefaßt.85
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, in einer Mitteilung in der „Passauer Neuen Presse“ werde behauptet, für die Verbesserung der Straßenverhältnisse in Niederbayern sei überhaupt nichts geschehen. Er bitte das Staatsministerium des Innern, für eine Richtigstellung Sorge zu tragen.
Staatssekretär Vetter erwidert, der Aufsatz sei ihm bekannt.
Das Staatsministerium des Innern werde eine entsprechende Erklärung abgeben.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß kurz vor der Währungsreform der damalige Finanzminister Dr. Kraus den Wohlfahrtsverbänden einen Zuschuß von 100 Mio RM gegeben habe, der dann auf 6,5 Mio DM aufgewertet worden sei. Er höre nun, daß das Finanzministerium von den Verbänden diesen Betrag zurückverlange.86
Staatssekretär Dr. Panholzer erklärt, die Wohlfahrtsverbände stünden auf dem Standpunkt, sie hätten diesen Betrag als Schenkung erhalten, der sonst als Staatseigentum durch die Währungsreform untergegangen wäre. Die früheren Staatssekretäre Dr. Müller und Dr. Ringelmann hätten sich jedoch auf einen anderen Standpunkt gestellt,
Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, wenn diese 100 Mio RM nur deshalb den Wohlfahrtsverbänden gegeben worden seien, um sie vor dem Verfallen zu schützen, so handle es sich um eine Umgehung des Währungsgesetzes. Er neige eher zu der Auffassung, daß dieser Betrag tatsächlich als Schenkung gedacht gewesen sei.
Staatssekretär Dr. Panholzer erwidert, das Finanzministerium werde die Angelegenheit nochmals nachprüfen, er glaube, es werde sich eine Lösung finden lassen.87
Staatssekretär Dr. Guthsmuths kommt nochmals auf die in der gestrigen Sitzung von Staatssekretär Simmel aufgeworfene Frage zu sprechen, in welcher Weise das Bergwerk Stockheim von staatswegen gefördert werden könne. Er verstehe, wenn im Hinblick auf Marienstein89 das Staatsministerium der Finanzen gewisse Bedenken trage, andererseits könne er aber mitteilen, daß die größten Schwierigkeiten in Marienstein überwunden seien.
Die in Stockheim geförderte Kohle sei ihrer Qualität nach durchaus für die Luitpoldhütte genügend, jedoch erst, wenn die dortige Feuerungsanlage errichtet sei; dies werde wohl noch etwa 1½ Jahre dauern. Er bitte dringend, trotzdem den Vorgriffsantrag auf 67 500 DM aus den im Haushalt des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr eingeplanten Mitteln zu genehmigen, da man die Bergleute in Stockheim nicht enttäuschen könne. Die Kohle werde auf alle Fälle untergebracht werden.
Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, den Vorgriffsantrag zu stellen.90
Staatsminister Bezold erinnert daran, daß der Ministerrat am 19. Februar 1952 auf Vorschlag des damaligen Wirtschaftsministers Dr. Seidel folgenden Beschluß gefaßt habe:
„Bei Ausstellungen (teilweise auch als ‚Messen‘ bezeichnet, von nur örtlicher oder regionaler Bedeutung wird den Mitgliedern der Landesregierung empfohlen, von einer Übernahme der Schirmherrschaft oder auch einer amtlichen Teilnahme an der Eröffnung abzusehen. Die genannten Repräsentationsaufgaben sollen in diesen Fällen den örtlichen Stellen überlassen werden.“91
Dieser Beschluß sei sicher auch heute noch richtig. Es müsse aber eine Absprache zwischen den einzelnen Ministerien und auch zwischen den Koalitionsparteien getroffen werden, damit nicht z.B. in Fällen, in denen der Wirtschaftsminister eine Schirmherrschaft ablehne, ein anderer Staatsminister an seiner Stelle nachträglich gebeten werde und annehme.
Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, das Kabinett habe sich schon einmal über diese Frage unterhalten und festgestellt, daß Schirmherrschaften für lokale Veranstaltungen nicht mehr übernommen werden sollten.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths bemerkt, bei dem Beschluß von 1952, der sich besonders mit Veranstaltungen und Messen befaßt habe, seien ausdrücklich die Passauer und die Allgäuer Messe ausgenommen worden.
Staatsminister Dr. Baumgartner hält es für richtig, daß jeder Staatsminister Schirmherrschaften nur auf seinem Gebiet und nur bei Veranstaltungen auf Landesbasis übernehme; im übrigen könne der Regierungspräsident einspringen. Allerdings gebe es Fälle, z.B. bei Bauernkundgebungen, wo es doch zweckmäßig sei, wenn der Landwirtschaftsminister teilnehme.
Anschließend werden folgende Veranstaltungen usw. behandelt:
a) Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Autobahnen
Es wird festgestellt, daß die Vertretung durch das Staatsministerium des Innern übernommen wird.
b) Jahrestagung der „Union Internationale des Associations d’Alpinisme“ am Freitag, den 10. Juni 1955
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er sei verhindert, den Empfang zu geben, er bitte Herrn Staatsminister Rucker, die Gäste an seiner Stelle zu begrüßen.
c) Internationale Konferenz für Sozialarbeit92
Auf der letzten Tagung der Konferenz in Kanada sei beschlossen worden, die Tagung 1956 in München abzuhalten. Das Thema laute: „Die Industrialisierung und ihre Auswirkungen auf die Sozialarbeit“.
Erwartet würden etwa 1500 ausländische und 1000 deutsche Teilnehmer. Diese Tagung werde natürlich erhebliche Kosten verursachen, andererseits sei es gerade für die Landeshauptstadt günstig, wenn die Konferenz in München stattfinde. Er sei aber der Meinung, daß sich jedenfalls auch die Stadt München an den Kosten beteiligen müsse. Die Staatskanzlei werde sich zunächst mit Ministerialdirektor Dr. Kitz in Frankfurt, der die Vorbreitungen zu treffen habe, in Verbindung setzen.93
d) 25jähriges Jubiläum der Nebelhornaktiengesellschaft am 25. Juli 195594
Staatsminister Bezold erklärt sich bereit, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.
e) XXIV. Internationale Wollkonferenz in München am 14. Juni 195595
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß die Kosten für diesen Empfang etwa 3500 DM betragen und stellt die Frage, ob nicht der Titel 302 b im Einzelpl. 13 erhöht werden könne; daraus könnten dann die Kosten für derartige Veranstaltungen getragen werden,
Staatsminister Zietsch entgegnet, der Tit. 302 b sei eigentlich für besondere Zuschüsse bei Notfällen usw. bestimmt, deshalb schlage er vor, stattdessen Tit. 300 des Herrn Ministerpräsidenten um 100 000 DM zu erhöhen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
f) Besichtigung der BMW AG96
Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, wann die schon seit langem geplante Besichtigung der BMW erfolgen könne.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths empfiehlt, den Besuch noch bis zum Herbst zu verschieben.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.97
g) Besuch des Herrn Ministerpräsidenten in Hessen98
Auf Anregung des Herrn Ministerpräsidenten wird vereinbart, daß an dem Staatsbesuch in Hessen vom 18.–20. Juni 1955 außer dem Herrn Ministerpräsidenten auch die Herren Staatsminister Dr. Geislhöringer und Zietsch, sowie die Herren Staatssekretäre Dr. Haas, Eilles und Dr. Panholzer teilnehmen.99
h) Ministerratssitzung in Bayreuth am 28. Juni 1955
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, die für Bayreuth in Aussicht genommene Ministerratssitzung dort am Dienstag, den 28. Juni 1955 abzuhalten und sie um 9 Uhr 30 beginnen zu lassen.
Staatsminister Zietsch hält es für zweckmäßig, wenn sich bei der Vormittagssitzung an die Vorträge des Oeorbürgermeisters, der Vertreter der Wirtschaft usw., eine Aussprache anschließe. Der eigentliche Ministerrat könne dann am Nachmittag im Schloß Eremitage abgehalten werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden und empfiehlt, zu der Vormittagssitzung auch die Presse beizuziehen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.100
j) Besuch der Regierung von Baden-Württemberg in Lindau
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, der Bayer. Bevollmächtigte in Bonn habe ihn davon unterrichtet, daß die Regierung von Baden-Württemberg unter Führung des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Müller eine Art Abschiedsbesuch in Lindau machen wolle.101 Er halte es für das beste, über diesen Besuch mit Stillschweigen hinwegzugehen und ihn lediglich zur Kenntnis zu nehmen.
Der Vorschlag findet die Zustimmung des Ministerrats.