Ministerpräsident Dr. Hoegner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium).
I. Abführung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ab 1. April 1955 (Ministerpräsidenten-Konferenz vom 20. Mai 1955). II. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Kommunalrechts. III. Verlegung der Regierung von Niederbayern von Regensburg nach Landshut. IV. Ausbau der Unteren Isar. V. Entwurf eines Vergnügungssteuergesetzes. VI. Vorläufiger Langwellensender der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland. VII. 4. Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes. VIII. Personalangelegenheiten. IX. Vereidigung des neuernannten Erzbischofs von Bamberg. X. Bereinigung der Sonderstellung des Bayerischen Kreises Lindau. XI. Zulassung von Spielbanken; hier: Antrag der Gemeinde Bad Wiessee. XII. Dienststrafverfahren gegen Beamte wegen Überschreitung der Mittel beim Bau des Residenztheaters. XIII. Feier des Tages der Deutschen Einheit, 17. Juni 1955.
Zu Beginn der Sitzung beglückwünscht Ministerpräsident Dr. Hoegner Herrn Staatsminister Bezold zum 56. und Herrn Staatssekretär Simmel zum 70. Geburtstag.
Ministerpräsident Dr. Hoegner unterrichtet den Ministerrat über den Ablauf der Konferenz der Ministerpräsidenten und Finanzminister der Länder am 20. Mai 1955 mit dem Bundesminister der Finanzen.
Im Laufe dieser Besprechung habe Herr Bundesminister Schäffer den Ländern den Vorschlag für eine Übergangsregelung vorgelegt, dessen beide erste Punkte folgenden Wortlaut hätten:
1. Die Länder führen ab 1. April 1955 täglich den vorjährigen Hundertsatz ihrer Einnahmen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer an die Bundeshauptkasse ab.
2. Der Bund überweist den einzelnen Ländern monatlich ein Zwölftel des Betrages, der sich nach der anliegenden Schätzung des Bundesministeriums der Finanzen für jedes Land als Netto-Haushaltsverschlechterung im Rechnungsjahr 1955 gegenüber dem Rechnungsjahr 1954 durch den Vollzug des Vierten Überleitungsgesetzes ergibt. Die Überweisungen sind jeweils am Ende des Monats fällig. Die anliegende Schätzung dient nur als Berechnungsgrundlage für die Übergangsregelung. Die Zustimmung zu dieser Regelung bedeutet nicht die Bindung des einzelnen Landes an die in der Anlage enthaltenen Zahlen.
Weiter heiße es in diesem Vorschlag u.a., daß diese Regelung kein Präjudiz für die gesetzliche Bemessung des Bundesanteils bedeute und daß sie gelte, wenn alle Länder bis zum 1. Juni 1955 ihr Einverständnis erklärt hätten.
In der Aussprache habe er darauf hingewiesen, daß es einfacher sei, von vorneherein als Anteil der Länder 33 ⅓% zu überweisen. Dagegen habe sich der Bundesfinanzminister gewandt, in der Abstimmung sei dann der Vorschlag Schäffers mit 7 von 10 Stimmen angenommen worden. Merkwürdigerweise habe sich dann aber bei einer weiteren Abstimmung über den bayerischen Vorschlag die gleiche1 Mehrheit der Ministerpräsidenten dafür ausgesprochen.
Die Frage, die der Ministerrat heute zu entscheiden habe, sei demnach, ob Bayern dem Vorschlag des Bundesfinanzministers zustimme.
Staatsminister Zietsch führt aus, die Finanzminister der Länder hätten dem Bundesfinanzminister mitgeteilt, daß sie die Wirkungen des 4. Überleitungsgesetzes berücksichtigen und täglich 33 ⅓% abführen wollten. Entgegen den Absprachen habe aber die Bundesregierung ein Inanspruchnahmegesetz 1955 vorgelegt, also bereits am Anfang des Rechnungsjahres, was der bisherigen Übung keineswegs entspreche und auch nicht begründet werden könne. Im Haushaltsjahr 1954 z.B. habe der Bund fast 1 Milliarde DM an Umsatzsteuer mehr eingenommen als vorgesehen, also bei einem Bundesanteil von 38% ein sehr gutes Geschäft gemacht. Seiner Meinung nach sei die Lage für 1955 nicht anders.
Nachdem die Länder dem 4. Überleitungsgesetz zugestimmt hätten, habe Bundesfinanzminister Schäffer ausdrücklich zugesagt, daß es auch berücksichtigt werde. Unmittelbar danach lege er aber jetzt ein neues Inanspruchnahmegesetz vor und verlange damit mindestens 36%. Über die Höhe könne man streiten, vor allem komme es aber darauf an, Schäffer von der Festlegung auf 38% weg zu bringen, was nach dem vom Herrn Ministerpräsidenten verlesenen Vorschlag auch möglich geworden sei. Er halte es für unannehmbar, daß der Bundesfinanzminister unmittelbar nach seinem von den Ländern angenommenem Vorschlag vom 20. Mai 1955 diesen Gesetzentwurf vorlege, der allen Abmachungen widerspreche.
Der Ministerrat habe nun seines Erachtens drei Möglichkeiten, nämlich
a) dem ursprünglichen Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten auf Zahlung eines Anteils von ⅓ erneut zuzustimmen oder
b) dem Vorschlag des Bundesfinanzministers vom 20. Mai 1955 zuzustimmen oder
c) gar nichts zu unternehmen, also nur vorschußweise 32 ½% weiter zu zahlen.
Wenn die Sache bis Oktober hinausgeschoben werde, habe man den Überblick über drei Steuertermine, was jedenfalls günstig sei.
Er neige beinahe dazu, so wie bisher weiter zu zahlen. Wenn sich das Kabinett dazu nicht entschließen könne, empfehle er, der am 20. Mai 1955 vereinbarten Regelung zuzustimmen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, mit dem Entwurf eines Inanspruchnahmegesetzes könne sich der Ministerrat heute wohl kaum befassen; auch er finde es aber untragbar, unmittelbar nach der Vereinbarung vom 20. Mai 1955 diesen Entwurf den Ländern vorzulegcn.
Er zweifle allerdings, ob es richtig sei, jetzt gar nichts zu tun und einfach den bisherigen Anteil weiter zu bezahlen. Vielleicht sei es doch am besten, dem Vorschlag des Bundesfinanzministers, der die Mehrheit der Länder hinter sich habe, nun doch zuzustimmen.
Staatssekretär Dr. Haas bestätigt, daß die Mehrheit der Länder mit dem Vorschlag des Bundesfinanzministers einverstanden gewesen sei. Dagegen habe man sich mit dem Entwurf des Inanspruchnahmegesetzes überhaupt noch nicht befaßt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, in dem Schreiben an den Bundesfinanzminister zwar die Zustimmung zum Vorschlag vom 20. Mai 1955 zu erklären, gleichzeitig aber mitzuteilen, mit dieser Zustimmung sei in keiner Weise eine Stellungnahme zum Entwurf des Inanspruchnahmegesetzes präjudiziert. Vielleicht könnte man etwa folgenden Wortlaut wählen:
„Die Bayerische Staatsregierung stimmt dem Beschluß der Mehrheit der Ministerpräsidenten vom 20. Mai 1955 über eine Übergangsregelung zur Abführung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für 1955 zu. Laut dieser Bestimmung ist aber keinesfalls ein Einverständnis mit dem untragbaren und unzumutbaren Vorschlag des Bundesministeriums der Finanzen zur Fassung der §§ 1 und 2 des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommen- und Körperschaftsteuer für 1955 verbunden.“
Der Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten zuzustimmen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer verweist auf die Note des Staatsministeriums des Innern vom 20. Mai 1955, in der eingehend zu den Vorschlägen des Staatsministeriums der Finanzen vom 11. Mai 1955 Stellung genommen werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, außerdem sei noch eine Note des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 21. Mai 1955 eingelaufen, mit der sich das Staatsministerium des Innern wohl auch noch auseinandersetzen müsse. Er selbst teile allerdings die Auffassung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus nicht, der zufolge Art. 53 Abs. 2 Landkreisordnung eine neue Fassung erhalten solle. Insbesondere müsse er widersprechen, wenn das Kultusministerium das Bezirksschulamt nicht als einen Teil des Landratsamtes, sondern als selbständige Behörde betrachte. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Einheit der Verwaltung, von dem leider schon in anderen Fällen abgewichen worden sei.
Staatssekretär Vetter führt aus, der Vorschlag des Kultusministeriums gehöre an sich in den jetzt zur Erörterung stehenden Gesetzentwurf überhaupt nicht hinein. Das einfachste wäre, wenn sowohl Finanz-, wie Kultusministerium ihre Einwendungen zurückziehen könnten, zumal die Vorlage des Gesetzentwurfs an den Landtag nicht länger verzögert werden könne. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs bestehe eine Lücke in der Gemeindeordnung, die unbedingt möglichst rasch ausgefüllt werden müsse.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, nur diejenigen Bestimmungen herauszugreifen, die infolge der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs notwendig geworden seien, alles andere aber zurückzustellen. Insbesondere sei ja keine Bestimmung der Landkreisordnung für nichtig erklärt worden.3
Staatssekretär Vetter entgegnet, das Innenministerium halte es für zweckmäßig, auch Landkreisordnung und Bezirksordnung abzuändern, wenn schon die Gemeindeordnung geändert werden müsse.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt dies vorerst für unnötig und wiederholt seinen Vorschlag, lediglich den Art. 11 GO abzuändern, da dies allein vordringlich sei und diesen Entwurf dem Landtag vorzulegen.4
Der Ministerrat schließt sich mit Mehrheit diesem Vorschlag an.5
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf die Note des Staatsministeriums des Innern vom 12. Mai 1955, in der nochmals alle mit der Verlegung der Regierung von Niederbayern zusammenhängenden Fragen aufgeworfen würden.7 Zunächst werde darin festgestellt, daß bereits im Haushaltsjahr 1953 im o. Haushalt Mittel für die Einrichtung in Höhe von 272 000 DM, im ao. Haushalt Mittel für die Instandsetzung des Regierungsgebäudes mit einem Teilbetrag von 1 358 000 DM bewilligt worden seien. Über diese Mittel sei bisher noch nicht verfügt worden.
Nach der erwähnten Note beziffere sich der Mehrbedarf auf nahezu 4 Mio DM einmalige Ausgaben (Baukosten, Ersteinrichtung usw.) und den laufenden Mehraufwand in Höhe von rund 2 Mio DM im Jahr.
Das Innenministerium habe einem Beschluß des Ministerrats vom 25. Januar 1955 zufolge eine Stellungnahme des Bezirkstags von Niederbayern eingeholt. Dieser habe daraufhin am 30. März 1955 mit allen gegen eine Stimme folgenden Beschluß gefaßt:
„Die Verlegung der Regierung von Niederbayern von Regensburg nach Landshut ist entsprechend den Bestimmungen der Verfassung umgehend durchzuführen.“
In Ziff. V der Note werde die Auffassung vertreten, daß der Vollzug des Art. 1858 und des Gesetzes Nr. 107 nicht mehr länger aufgeschoben werden könne. Schließlich werde noch die Möglichkeit erwogen, vorläufig nur einen Regierungspräsidenten mit einem kleinen Arbeitsstab in Landshut zu bestellen, den Regierungsapparat jedoch vorläufig in Regensburg zu belassen.
Es müsse dann der Entwicklung der Staatsfinanzen und den Maßnahmen zur Staatsverwaltungsvereinfachung vorbehalten bleiben, ob und zu welchem Zeitpunkt die Regierung dem Sitz des Regierungspräsidenten folgen werde.
Er persönlich sei auch der Meinung, daß die Entscheidung nicht mehr verzögert werden könne. Die Bayerische Verfassung schreibe nun einmal in Art. 185 die Wiederherstellung der Regierungen mit ihrem Sitz vor, dazu komme noch das Gesetz Nr. 107 vom 20. April 1948, durch das die früheren Kreise (Regierungsbezirke) Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken und Mittelfranken mit ihren Regierungssitzen wiederhergestellt werden. Bekanntlich habe dieses Gesetz, was Niederbayern betreffe, nur deshalb nicht durchgeführt werden können, weil im Jahre 1948 das Regierungsgebäude in Landshut noch von der Besatzungsmacht besetzt gewesen sei. Die Staatsregierung sei also durch die Verfassung und durch ein Gesetz gebunden. Zu überlegen sei allerdings, ob man die Wiederherstellung auf einmal oder stückweise machen solle. Seines Erachtens müsse ein entsprechender Beschluß gefaßt werden, den zu vollziehen aber von den zur Verfügung stehenden Mitteln abhängig sei. Man könne vielleicht jetzt die Wiederherstellung des Regierungsgebäudes beginnen, wofür die Mittel seit Jahren bewilligt seien und wohl auch noch zur Verfügung stünden.
Staatssekretär Vetter bestätigt, daß die Mittel bereitstünden.
Staatsminister Zietsch wendet ein, nach der Veröffentlichung der Vorschläge des sogen. Kollmann-Ausschusses9 sei jetzt der ungeeignetste Zeitpunkt für einen derartigen Beschluß.
Staatsminister Stain entgegnet, wenn die Verlegung doch erfolgen müsse, habe es wohl keinen Sinn, die Entscheidung immer wieder aufzuschieben.
Staatssekretär Dr. Haas wirft die Frage auf, ob ausgerechnet das vierte bayerischen Nachkriegskabinett, das die Staatsverwaltung vereinfachen wolle, nun eine Sache durchführen solle, die von den drei bisherigen Kabinetten aufgeschoben worden sei? Wenn das Staatsministerium des Innern vorschlage, nur einen Regierungspräsidenten mit einem kleinen Arbeitsstab in Landshut zu bestellen, so befürchte er, daß damit der erste Schritt getan sei, dem weitere folgen müßten. Sonst nämlich habe auch die Wiederherstellung und Einrichtung des Regierungsgebäudes mit einem Aufwand von 4 Mio. DM keinen Zweck. Im übrigen sei auch er der Meinung, daß niemand mehr den Willen der Staatsregierung zur Staatsvereinfachung ernst nehmen werde, wenn gleichzeitig die Regierung in Landshut neu errichtet werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner betont dagegen, die Verfassung sei das Gesetz der Gesetze, sie dürfe nicht verletzt werden.
Auch über das Gesetz vom Jahre 1948 komme die Staatsregierung nun einmal nicht herum, ganz abgesehen davon, daß die Regierung von Oberfranken schon errichtet sei und bestimmt nicht wieder beseitigt werden könne. Das habe aber zur Folge, daß man Niederbayern das gleiche Recht geben müsse.
Staatsminister Dr. Koch führt aus, man könne nicht mit Sicherheit behaupten, daß Art. 185 BV eine echte Verfassungsbestimmung sei, die nur nach den Vorschriften des Art. 75 BV abgeändert werden könne.10 Art. 185 befinde sich nämlich unter dem Abschnitt „Schluß- und Übergangsbestimmungen“, in dem eine Reihe von Vorschriften enthalten seien, mit deren Wegfall man von vorneherein gerechnet habe. Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe in einer früheren Entscheidung über den Art. 184 BV11 die Auffassung vertreten, daß diese Vorschrift mit der Zeit wegfalle, also kein unabdingbares Verfassungsrecht sei.
Art. 185 habe nicht zum Inhalt, daß die allgemeine Organisationsbefugnis der Staatsregierung nach Art. 912 beseitigt werden sollte. Man müsse also nicht erst den Regierungsbezirk Niederbayern wiederherstellen, um ihn dann nach Art. 9 zu beseitigen. Seines Erachtens wäre Art. 9 Abs. l BV sinnlos, wenn Art. 185 die Bedeutung hätte, die alten Regierungsbezirke zu verewigen. Wenn man gegen diese Auffassung Bedenken trage, müßte zumindest die Einrichtung der Regierung Niederbayern möglichst sparsam erfolgen und dann im Zuge der Verwaltungsreform unter Anwendung des Art. 9 wieder beseitigt werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu Art. 184 sei sehr umstritten, jedenfalls könne man auch eine Übergangsbestimmung der Verfassung nicht durch ein einfaches Gesetz beseitigen. Zunächst müsse eben die Regierung wieder errichtet werden, einer späteren Aufhebung stehe allerdings dann Art. 185 nicht mehr im Wege.
Im übrigen sei ja auch bei den Koalitionsbesprechungen der Bayernpartei die Wiedererrichtung festgelegt worden.
Staatsminister Stain verweist auf Punkt 18 dieser Besprechungen, wonach die Wiedererrichtung aus zusätzlichen Quellen, nämlich aus Mitteln der Staatsbank, finanziert werden solle.
Staatsminister Dr. Geislhöringer betont die Bedeutung des Bezirkstagsbeschlusses, den die Regierung beachten müsse, ebenso wie sie dies gegenüber dem Bezirkstagsbeschluß von Mittelfranken betreffend Verlängerung der Amtszeit des Regierungspräsidenten Dr. Schregle getan habe.13 Bekanntlich sei schon ein Regierungsvizepräsident für Niederbayern bestellt worden, der aber jetzt in Pension trete. Das Staatsministerium des Innern habe sich für verpflichtet gehalten, den Übergangsvorschlag in der Note vom 12. Mai 1955 zu machen.
Staatssekretär Vetter fügt hinzu, auch er halte, ebenso wie der Herr Ministerpräsident, den von Herrn Staatsminister Dr. Koch vorgeschlagenen Weg verfassungsrechtlich nicht für gangbar.
Die Hauptschwierigkeit sei der jährliche Mehraufwand von 2 Mio DM. Dieses Bedenken könne aber wegfallen, wenn sich der Ministerrat dem Vermittlungsvorschlag des Staatsministeriums des Innern anschließe; nachdem schon ein Vizepräsident ernannt gewesen sei, könne jetzt auch ein Regierungspräsident mit dem Sitz in Landshut ernannt werden. Diesem müsse freilich ein kleiner Stab beigegeben werden, ein Neubau des Regierungsgebäudes werde sich aber vielleicht vermeiden lassen, sodaß nur mehr Kosten von etwa 200 000 DM im Jahr entstünden. Praktisch seien ja die beiden Regierungen Oberpfalz und Niederbayern am bisherigen Sitz in Regensburg schon getrennt; man könnte also die Verwaltung in Regensburg belassen und nur den Regierungspräsidenten in Landshut unterbringen. Damit wäre vielleicht die Verfassungsbestimmung des Art. 185 erfüllt. Im Zuge der Staatsvereinfachung wäre dann zu überlegen, welche Maßnahmen in der Zukunft durchgeführt würden.
Staatssekretär Dr. Haas wendet dagegen ein, der Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Vetter werde wahrscheinlich bedeuten, daß nun doch mit der Errichtung einer ausgebauten Regierung in Landshut begonnen werde.
Staatssekretär Eilles unterstreicht die Bedeutung des Beschlusses des Bezirkstages vom 30. März 1955. Nachdem die Staatsregierung dieses Gutachten eingeholt habe, müsse sie sich auch daran halten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner betont nochmals, daß die Entscheidung nicht länger aufgeschoben werden könne und führt folgende Gründe an:
a) Der Bezirkstag hat am 30. März 1955 beschlossen, die Verlegung umgehend durchzuführen.
b) Der bisherige Vizepräsident tritt demnächst in den Ruhestand. Dieses Amt muß also neu besetzt werden. Allerdings werde wohl zweckmäßigerweise sofort ein Regierungspräsident und kein Vizepräsident mehr ernannt.
Vielleicht könne man den Landtag entscheiden lassen, ob er die erforderlichen Mittel bewilligen werde.
Staatssekretär Vetter macht darauf aufmerksam, daß die Mittel bereits zur Verfügung stünden und wiederholt, daß die vom Staatsministerium des Innern vorgeschlagene sogen. „kleine Lösung“ nur 200 000 DM erfordere.
Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt nochmals, drei Monate nach der Ruhestandsversetzung des bisherigen Vizepräsidenten den Regierungspräsidenten mit dem Sitz in Landshut zu ernennen. In der Zwischenzeit habe dann der Haushaltsausschuß des Landtags den Etat des Innenministeriums behandelt, sodaß man Klarheit darüber besitze, ob der Landtag die erforderlichen Mittel bewilligen werde.
Staatsminister Zietsch erklärt, notwendig sei zunächst nur ein Regierungspräsident, alles andere könne man aufschieben. Der Regierungspräsident könne dann seine engsten Mitarbeiter aus der schon getrennten Regierung in Regensburg nach Landshut mitnehmen; die weiteren Entscheidungen könnte man dann dem Haushalt 1956 vorbehalten.
Staatsminister Dr. Koch schließt sich diesem Vorschlag an.
Staatsminister Dr. Geislhöringer wendet ein, daß der Regierungspräsident nicht allein nach Landshut gehen könne, sondern immerhin einen gewissen Apparat benötige.
Auch Staatssekretär Vetter meint, die sogen. „kleine Lösung“ dürfe nicht kleinlich sein.
Abschließend ersucht Ministerpräsident Dr. Hoegner Herrn Staatsminister Dr. Geislhöringer, endgültige Vorschläge für eine möglichst sparsame Lösung zu machen.14
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Beschluß über die Vorschläge des Staatsministeriums der Finanzen vom 11. Mai 1955 im Hinblick auf gewisse Bedenken des Herrn Staatsministers Bezold bis zur heutigen Sitzung zurückgestellt worden sei.
Staatsminister Bezold stellt zunächst die Frage, inwiefern diese Angelegenheit überhaupt im Ministerrat behandelt werden müsse, nachdem die Entscheidung doch eigentlich Sache des Aufsichtsrats der Bayernwerk AG sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, selbstverständlich solle nicht dem Aufsichtsrat vorgegriffen werden, hier handle es sich aber für den Ministerrat darum, zu entscheiden, in welcher Form der zum Grundstockvermögen gewordene Erlös aus dem Verkauf der Maxhütten-Anteile verwendet werden solle.
Staatsminister Bezold erklärt, wenn der Ministerrat beschließe, den Erlös in der vorgeschlagenen Form unterzubringen, der Aufsichtsrat der Bayernwerk AG dagegen anderer Meinung sei, werde es für ein Kabinettsmitglied nicht leicht sein, seine Meinung zu äußern. Jedenfalls habe er auf diese Möglichkeit hinweisen wollen.
Staatsminister Zietsch stellt fest, daß interne Angelegenheiten des Bayernwerks und anderer Gesellschaften im Ministerrat nicht erörtert würden, es sich hier aber, wie schon der Herr Ministerpräsident festgestellt habe, um das Grundstockvermögen handle.
Staatsminister Bezold fährt dann fort, grundsätzlich habe er keine Bedenken, die Maxhütten-Anteile in der vorgesehenen Form zu verwerten, dagegen müsse er bemerken, daß die damit verbundene Kapitalerhöhung kaum ausreichen werde. Nach wie vor sei er auch der Auffassung, daß der Kapitalmarkt imstande und geneigt sei, auch bei einer Dividende von nur 5% die Bayernwerk-Anteile zu kaufen. Solle aber wirklich die künftige Kapitalerhöhung aus Steuergeldern gedeckt werden? Um sich in Zukunft an den Kapitalmarkt wenden zu können, müsse das Finanzministerium durch eine bestimmte Klausel die Möglichkeit schaffen, daß Anteilrechte, die ja in den Aktien steckten, von Dritten erworben werden könnten. Diese Klausel könne etwa folgenden Wortlaut haben:
„Für den Fall der Beteiligung anderer Gruppen oder privaten Kapitals an der Bayernwerk AG bei etwa nötig werdenden Kapitalerhöhungen soll diesem Kapital die Möglichkeit offen gehalten werden, sich auch an den Wandelschuldverschreibungen von 33 Mio DM im Verhältnis ihrer Beteiligung am Grundkapital zu beteiligen.“
Staatsminister Zietsch meint, dies werde kaum möglich sein, nachdem die VIAG, der bekanntlich 40% des Aktienkapitals gehörten, Wert darauf lege, daß durch die Wandelanleihe ihr Kapital nicht verringert werde.
Staatsminister Dr. Geislhöringer betont, es handle sich hier nur um die Verwertung der Maxhütten-Anteile. Selbstverständlich habe Herr Staatsminister Bezold Recht, wenn er unterstreiche, daß die Frage der Kapitalbeschaffung beim Bayernwerk dringend geworden sei.
Staatsminister Zietsch teilt mit, schon seit geraumer Zeit werde überlegt, inwieweit im Zuge der Kapitalerhöhung die Überlandwerke hereingenommen werden könnten; mit der VIAG sei aber ein Einvernehmen noch nicht zu erzielen gewesen.
Wie schon in seiner Note vom 11. Mai 1955 dargelegt, sei aber der Ausbau der Unteren Isar dringend notwendig, zumal die Staatsregierung an den Landtagsbeschluß vom 15.9.1954 gebunden sei. Deshalb dürfe er bitten, die Entscheidung nicht zu erschweren.
Staatssekretär Dr. Panholzer fügt hinzu, die Beteiligung von Privaten könnte außerdem zur Folge haben, daß in Zukunft die Bayernwerk AG Körperschafts- und Umsatzsteuer entrichten müsse.
Staatsminister Bezold entgegnet, in der von ihm vorgeschlagenen Formulierung sei im Grunde alles enthalten, was der Herr Finanzminister wünsche. Er wolle nur verhindern, daß in Zukunft jede private Kapitalbeteiligung ausgeschlossen werde. Wenn die Klausel nicht eingeführt werde, bleibe das alte Verhältnis zwischen Staat und VIAG, nämlich 6:4 bestehen. Sollte man nicht doch versuchen, eine gewisse Auflockerung zu erreichen?
Staatssekretär Vetter führt aus, gegen den Ausbau als solchen seien wohl keine Bedenken zu erheben; die Frage der Höhe der Zuwendungen müsse allerdings sorgfältig geprüft werden. Könnte nicht das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr Stellung dazu nehmen, ob der Preis von 4,09 Pfg/KWh tragbar sei?
Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, diese Frage könne hier nicht erörtert werden; er empfehle, jetzt einen Beschluß zu fassen.
Staatssekretär Vetter fährt noch fort, in der Ziff. IV der Note vom 11.5.1955 werde auch noch die Notwendigkeit unterstrichen, die Hochwassergefahr an der Unteren Isar zu beseitigen. Sei es denn nicht möglich, vom Bund Zinsverbilligungsmittel für derartige Maßnahmen zu erhalten?
Staatsminister Zietsch erwidert, die vorgesehenen 33 Mio DM müßten auf alle Fälle zusätzlich beschafft werden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt abschließend fest, das Kabinett habe heute wohl nur zu entscheiden, ob der Erlös aus dem Verkauf der Anteile an der Maxhütte AG16 für die Kapitalerhöhung der Bayernwerk AG verwendet werden solle oder nicht.
Der Ministerrat beschließt daraufhin mit Mehrheit, dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen vom 11. Mai 1955 zuzustimmen.17
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, mit Note vom 20. Mai 1955 erhebe das Staatsministerium des Innern gegen die im Ministerrat vom 17. Mai 1955 beschlossene Änderung dieses Gesetzentwurfs Bedenken und bitte um nochmalige Behandlung im Ministerrat.19 Seiner Meinung nach müsse aber an einem Ministerratsbeschluß festgehalten werden, er schlage deshalb vor, heute in keine neue Erörterung einzutreten, sondern den Gesetzentwurf, wie am 17. Mai 1955 beschlossen, dem Senat zur gutachtlichen Äußerung vorzulegen.
Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, so zu verfahren.20
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat am 1. Februar 1955 den Entwurf eines Briefes gebilligt habe, den der Bayerische Bevollmächtigte in Bonn, Herr Ministerialdirektor Leusser, im Namen aller Länder an die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten richten sollte. Zu der Absendung dieses Briefes sei es aber nicht gekommen, da Berlin nicht zugestimmt habe.22
Herr Ministerialdirektor Leusser bitte nunmehr wiederum um die Zustimmung des Ministerrats, zusammen mit Herrn Staatssekretär Bleek vom Bundesministerium des Innern, ein im wesentlichen gleichlautendes Schreiben an die Arbeitsgemeinschaft richten zu dürfen. Damit solle der Arbeitsgemeinschaft vorgeschlagen werden, daß der nordwestdeutsche Rundfunk in ihrem Auftrag die vorläufigen Langwellensendungen nach näher festgelegten Grundsätzen durchführe.
Bedenken gegen diesen Brief bestünden wohl nicht, sodaß der Ministerrat die Zustimmung erteilen könne.
Der Ministerrat beschließt, die Zustimmung zur Unterzeichnung und Absendung des Schreibens zu erteilen.23
Staatsminister Stain verweist auf den Beschluß des Bundesrates25 vom 18. März 1955, wegen des 4. Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes den Vermittlungsausschuß anzurufen.26
Der Antrag richte sich vor allem gegen die Neufassung des § 6 LAG, wodurch den Ländern eine zusätzliche Belastung auferlegt werde, die für Bayern etwa 34 Mio DM ausmache.27
Die Vertriebenenverbände ihrerseits wendeten sich gegen die Auffassung des Bundesrats. Er habe deshalb die Bitte, daß die bayerischen Vertreter im Vermittlungsausschuß wenigstens nicht als Wortführer auftreten möchten.28
Staatsminister Zietsch entgegnet, der Bundestag habe das 4. Änderungsgesetz ohne jede Fühlungnahme mit den Ländern beschlossen und dabei überhaupt keine Rücksicht auf deren Mehrbelastung genommen. Es gehe nicht an, den Ländern jetzt vorzuwerfen, daß sie an einer Verzögerung oder Verschleppung Schuld seien. In der Begründung zum Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses werde mit Recht auf § 7 LAG hingewiesen,29 der dem Bund die Möglichkeit gebe, Mittel im Wege der Vorfinanzierung zu beschaffen. Von dieser Bestimmung müsse aber auch einmal Gebrauch gemacht werden.
In einem Unterausschuß sei die Lage eingehend überlegt worden, bis es zum Vorschlag vom 18. März 1955 gekommen sei. Man habe vereinbart, daran festzuhalten, daß die Vermögenssteuer, wie nach dem LAG vorgesehen, ab 1957 wieder den Ländern zustehe,30 andererseits aber wolle man eine Garantie übernehmen, mindestens die Hälfte der für die Unterhaltshilfe erforderlichen Mittel aufzubringen und zwar etwa 430 Mio DM. Der Unterausschuß habe sich einstimmig für diesen Vorschlag ausgesprochen, die endgültige Entscheidung könne aber erst getroffen werden, wenn der Vorschlag des Vermittlungsausschusses vorliege.31
Staatsminister Stain unterstreicht, daß diese Garantie ein erhebliches Zugeständnis der Länder bedeute und übt dann noch Kritik an der Geschäftsführung des Bundesausgleichsamtes. Er empfehle, daß die Länder in einer Erklärung die Dinge richtig stellen, um Klarheit darüber zu schaffen, warum die Anrufung des Vermittlungsausschusses notwendig geworden sei.32
1. Vorschlag des Staatsministeriums des Innern auf Ernennung des Regierungsvizepräsidenten bei der Regierung von Mittelfranken, Otto Groß zum Generalstaatsanwalt am Bayer. Verwaltungsgerichtshof
Der Ministerrat beschließt, die Behandlung dieses Antrages noch zurückzustellen.33
2. Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg, August Schaefer
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, das Staatsministerium der Justiz beantrage, die Amtszeit des Oberlandesgerichtspräsidenten Schaefer, die bereits zweimal vom Ministerrat um je ein Jahr verlängert worden sei, abermals zu verlängern und zwar bis 31. Juli 1956.
Staatsminister Dr. Koch begründet den Antrag und sichert zu, daß das Staatsministerium der Justiz eine weitere Verlängerung nicht mehr beantragen werde.
Staatsminister Zietsch erklärt sich mit der Verlängerung unter dieser Voraussetzung einverstanden,
Der Ministerrat beschließt, die Amtszeit des Oberlandesgerichtspräsidenten Schaefer auf ein weiteres Jahr, das ist bis 31. Juli 1956, zu verlängern.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des neuernannten Erzbischofs von Bamberg, Dr. Josef Schneider, der darin der Staatsregierung seine Ernennung mitteile und um einen Termin für die Vereidigung ersuche.
Er schlage vor, daß die Vereidigung am Montag, den 6. Juni 1955, vormittags 11 Uhr, in der Staatskanzlei vorgenommen werde und zwar wie üblich in kleinem Rahmen. Vom Kabinett würden außer ihm der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Dr. Baumgartner, und Herr Staatsminister Rucker teilnehmen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.35
Staatsminister Dr. Koch teilt mit, bei einem Besuch in Lindau habe er festgestellt, daß gegen die geplante Aufhebung des Landgerichts Lindau keine besonderen Einwendungen erhoben würden. Er halte es deshalb für möglich, daß die Aufhebung des Landgerichts schon in das Überleitungsgesetz aufgenommen werde.
Ministerialrat Dr. Gerner erinnert daran, daß der Ministerrat in der Sitzung vom 17. Mai 1955 an sich beschlossen habe, diese Frage nicht in das Überleitungsgesetz aufzunehmen. Wenn aber die beteiligten Stellen in Lindau einverstanden seien, bestünden wohl keine Bedenken gegen die Aufnahme.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.37
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest den vom Staatsministerium des Innern ausgearbeiteten Entwurf eines Antwortschreibens an den Gemeinderat Wiessee.39
Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Antwort einverstanden.
Staatsminister Dr. Geislhöringer bittet den Herrn Ministerpräsidenten, der sich dazu bereit erklärt, diesen Brief zu unterschreiben.40
Ministerpräsident Dr. Hoegner kommt in diesem Zusammenhang auf den vom Bayerischen Senat ausgearbeiteten Gesetzentwurf zu sprechen, wonach Spielbanken in Bayern nicht zugelassen werden sollen. Bei einer kürzlich stattgefundenen Unterredung habe sich Herr Präsident Dr. Singer schon darüber beschwert, daß der Senat bei der Spielbankfrage übergangen worden sei. Er habe daraufhin versucht, Herrn Dr. Singer davon zu überzeugen, daß eine Initiative des Senats in dieser Sache wenig Zweck habe, nachdem sich der Landtag mit Mehrheit für die Spielbanken entschieden habe; äußersten Falles solle sich der Senat auf eine Erklärung beschränken.41 Von dem Plan, einen Gesetzentwurf einzubringen, habe ihm Herr Präsident Dr. Singer nichts mitgeteilt.
Nach Art. 39 BV könne der Senat Anträge und Gesetzesvorlagen unmittelbar oder durch die Staatsregierung an den Landtag bringen; nach Abs. 2 dieser Bestimmung habe die Staatsregierung die Anträge und Vorlagen des Senats ungesäumt dem Landtag vorzulegen.42 Vielleicht könne dem Senat empfohlen werden, diese Gesetzesvorlage unmittelbar an den Landtag zu bringen. Im übrigen werde ja das Innenministerium den Landtagsbeschluß bereits vollzogen haben, so daß der Entwurf des Senats wahrscheinlich schon in erster Lesung vom Landtag abgelehnt werden dürfte.
Staatsminister Dr. Geislhöringer bestätigt, daß der Beschluß des Landtags dahin gehe, die Staatsregierung um die Errichtung von Spielbanken zu ersuchen. Eine entsprechende Verfügung sei schon herausgegeben worden.
Abschließend stellt Ministerpräsident Dr. Hoegner fest, das Reichsgesetz vom Jahre 1933 sei Landesrecht geworden, infolgedessen könne der Senat verlangen, einen Gesetzentwurf auf Aufhebung jenes Gesetzes vorzulegen.43
Staatsminister Dr. Geislhöringer führt aus, er habe am 18. Mai 1955 den Herrn Ministerpräsidenten über den Stand der Angelegenheit unterrichtet und gebeten, die Verbindung mit dem Landtag aufzunehmen und festzustellen, ob dieser mit der Einstellung der Dienststrafverfahren einverstanden sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner sichert zu, zunächst mit Herrn Landtagspräsidenten Dr. Ehard über diese Frage zu sprechen und ihn zu bitten, die Meinung des Ältestenrates einzuholen. Auch er glaube, daß der Landtag auf seinem früheren Beschluß, Dienststrafverfahren einzuleiten, nicht mehr beharren werde.45
Staatsminister Stain erkundigt sich, ob auch in diesem Jahr ähnlich wie 1954 eine Bekanntmachung über die Gedenkfeiern am 17. Juni 1955 herausgegeben werde. Er sei schon von verschiedenen Seiten, z.B. von den Verbänden der Sowjetzonenvertriebenen, danach gefragt worden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, er werde die bayer. Staatskanzlei beauftragen, die gleichen Maßnahmen wie im vergangenen Jahr anzuordnen.47