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Nr. 28MinisterratssitzungDienstag, 17. Mai 1955 Beginn: 9 Uhr Ende: 12 Uhr 15
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium).

Tagesordnung:

I. Bundesratsangelegenheiten. II. Entwurf eines Vergnügungssteuer-Gesetzes. III. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz). IV. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Kommunalrechts. V. Zuständigkeiten in der Energieaufsicht. VI. Errichtung einer „Polizeischule für Technik und Verkehr“. VII. Besetzung der Aufsichtsräte der Unternehmungen mit Beteiligung des bayer. Staates und bundeseigener Unternehmungen. VIII. Ausbau der Unteren Isar. IX. Bereinigung der Sonderstellung des bayerischen Kreises Lindau. X. Personalangelegenheiten. XI. Zulassung von Spielbanken; hier: Antrag der Gemeinde Bad Wiessee. XII. Antrag der Münchener Brauereien. XIII. Dienststrafverfahren gegen Beamte wegen Überschreitung der Mittel beim Bau des Residenztheaters. XIV. Unterbringung des Instituts für Holzforschung und Holztechnik des Herrn Prof. Dr. Kollmann in der Winzererstr. 43. XV. Anbringung eines Schutzgitters an der Großhesseloher Brücke. XVI. Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz. XVII. Freikarten-Ordnung für Theater. XVIII. Veranstaltungen, Einladungen usw..

I.Bundesratsangelegenheiten

Auf Wunsch des Herrn Staatssekretärs Simmel werden die Punkte 13 und 15 bis 20 vorweg behandelt.

13.Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Kindergeldgesetzes (Kindergeldergänzungsgesetz – KGEG –)1

Nach Vortrag von Ministerialrat Dr. Gerner wird beschlossen, von den in der BR-Drucks. Nr. 121/1/55 zusammengefaßten Empfehlungen diejenigen unter Ziff. 1, 2, 3, 4, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 zu unterstützen, dagegen nicht die Empfehlung unter Ziff. 5.2

Zu Ziff. 6 führt Ministerialrat Dr. Gerner aus, für die Unterstützung dieser Empfehlung habe sich im Koordinierungsausschuß lediglich der Vertreter des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten3 ausgesprochen.4 Die vom Agrarausschuß vorgeschlagene Änderung sei besonders für die Länder Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein von Bedeutung, da diese ihren Forstarbeitern Kinderzuschläge in Form eines bestimmten Prozentsatzes des Lohnes gewährten. Wenn man dem Änderungsvorschlag des Agrarausschusses folge, würden diese Länder neben diesem Kinderzuschlag auch noch Kindergeld nach dem vorliegenden Gesetz zusätzlich bezahlen müssen.

Der Ministerrat beschließt, sich zu der Empfehlung unter Ziff. 6 der Stimme zu enthalten.5

Gesetz zur Ergänzung des Kindergeldgesetzes (Kindergeldergänzungsgesetz – KGEG –) vom 23. Dezember 1955

15.Entwurf eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1955/56 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft (Getreidepreisgesetz 1955/56)6

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, bei diesem Gesetzentwurf handle es sich vor allem darum, ob die Lieferprämien, die Aufwendungen in Höhe von 30 bis 34 Mio DM erforderten, auch in Zukunft weitergewährt werden sollten. Im Koordinierungsausschuß habe der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums die vom Finanz- und Wirtschaftsausschuß vorgeschlagene Entschließung unter Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 140/1/55 abgelehnt,7 da das Ministerium diese Lieferprämien nach wie vor für unerläßlich halte.8 Vielleicht könne sich Bayern zu der Entschließung unter Ziff. II der Stimme enthalten,

Staatssekretär Simmel lehnt die Entschließung ab, während

Staatsminister Zietsch und Staatsminister Bezold mit dem Hinweis, daß die Lieferprämien nicht mehr erforderlich seien und unnötige Mittel erforderten, sich dafür aussprechen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, der Entschließung zuzustimmen mit der Erklärung, daß der für die Lieferprämien benötigte Betrag von 30 bis 34 Mio DM für eine anderweitige Förderung der Landwirtschaft verwendet wird.

Der Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag entsprechend eine Erklärung abzugeben und im übrigen die Entschließung unter Ziff. II zu unterstützen.9

16.Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren (Fischgesetz)10

Es wird beschlossen, den Vermittlungsausschuß anzurufen mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1a und b; 2a und b; 3; 4a; 5a; 6a, b und c und 7 der BR-Drucks. Nr. 139/1/55.11

17.Entwurf einer Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für frisches Obst und Gemüse12

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet über diese Verordnung, die von der Mehrheit des Kabinetts für überflüssig gehalten wird.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, die in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 128/1/55 enthaltene Empfehlung des Wirtschaftsausschusses zu unterstützen, die dahin geht, der Verordnung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG nicht zuzustimmen.

Für den Fall, daß die Empfehlung unter Ziff. I keine Mehrheit findet, wird beschlossen, sämtliche Abänderungsvorschläge unter Ziff. II 1 mit 6 zu unterstützen.13

und

Anschließend werden die übrigen Punkte der Tagesordnung der Bundesratssitzung behandelt.

1.Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Finanzgerichtsbarkeit18

Der Ministerrat beschließt nach Vortrag des Herrn Ministerialrats Dr. Gerner, sämtliche Empfehlungen der BR-Drucks. Nr. 125/1/55 zu unterstützen mit Ausnahme derjenigen unter 4c, 8 c, 16 b, 26, 29 a.19

4.Entwurf eines Bannmeilengesetzes23

Es wird beschlossen, den Vermittlungsausschuß gemäß Art. 77 Abs. 2 GG anzurufen (vgl. BR-Drucks. Nr. 138/1/55).24

12.Ernennung des Oberstaatsanwalts Dr. Max Kohlhaas zum Bundesanwalt

Zustimmung gemäß § 149 GVG.

14.Geschäftsordnung des Bundesarbeitsgerichts32

Zustimmung gemäß § 44 Abs. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes.

22.Entwurf eines Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt35

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, Hessen beabsichtige, einen Antrag zu stellen, wonach § 3 Abs. 4 gestrichen werden soll.36 Er sei der Meinung, daß dieser Antrag Hessens durchaus berechtigt sei und von Bayern aus unterstützt werden sollte.

Dieser Auffassung schließen sich auch Staatsminister Dr. Koch und Staatsminister Bezold an.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, einen etwaigen Antrag Hessens auf Streichung des § 3 Abs. 4 zu unterstützen, im übrigen aber keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu erheben.37

23.Wirtschaftsplan und Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 195538

Entsprechend den Vorschlägen des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Verkehr und Post wird beschlossen, vom Wirtschaftsplan und Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1955 Kenntnis zu nehmen.

25.Bildung eines Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit40

Es wird festgestellt, daß die bayerischen Vertreter für den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit bereits im Ministerrat vom 10. Mai 1955 benannt worden sind.41

26.Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen vom 29. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Arbeitslosenversicherung42

Keine Einwendungen gemäß Art. 76 Abs. 2 GG.

27.Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts (Erstes Bundesmietengesetz)43

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet weiter, am 20. Mai 1955 werde eine gemeinsame Sitzung der Bundestags- und Bundesratsausschüsse für Wiederaufbau und Wohnungswesen sowie für Wirtschaft stattfinden, die sich mit dem Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts (Erstes Bundesmietengesetz) befassen werde. Von besonderer Bedeutung seien vor allem folgende Funkte:

1. Allgemeiner Mietzuschlag: § 5

Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, gegen die Einführung eines allgemeinen Mietzuschlags keine Bedenken zu erheben.

2. Kostenvergleichsmiete: §§ 10, 10 a

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, das Wirtschaftsministerium sei der Meinung, man solle die jetzige Fassung beibehalten und damit auch § 10 a billigen. Die Oberste Baubehörde dagegen wende sich gegen die jetzige Regelung und empfehle, daran festzuhalten, daß die Vorschriften für die Kostenvergleichsmiete gestrichen werden.

Während Staatssekretär Dr. Haas dem Standpunkt des Wirtschaftsministeriums beipflichtet, erklärt

Ministerpräsident Dr. Hoegner, er halte die Bedenken der Obersten Baubehörde für berechtigt und empfehle auch, dafür einzutreten, daß die Vorschriften für die Kostenvergleichsmiete gestrichen werden.

Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, sich gegen die Kostenvergleichsmiete auszusprechen.

3. Gewährung von Beihilfen: §§11, 11 a und 11 b

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, die Oberste Baubehörde spreche sich auch für die Streichung dieser Bestimmungen aus, die für die Länder eine erhebliche finanzielle Belastung in absehbarer Zeit mit sich bringen würden.

Der Ministerrat beschließt, falls es bei den Vorschriften über die Gewährung von. Beihilfen bleibe, dafür einzutreten, daß die hiezu vom Bundesrat beschlossenen Vorschläge in geeigneter Form berücksichtigt werden.44

II.Entwurf eines Vergnügungssteuergesetzes45

Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf den vom Staatsministerium des Innern mit Note vom 2. Mai 1955 vorgelegten Gesetzentwurf, der sich nicht mehr darauf beschränke, Muster-Steuerordnungen vorzulegen, sondern eine unmittelbare Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung der Vergnügungssteuer enthalte.46 Dagegen wendeten die Staatsministerien für Unterricht und Kultus und für Wirtschaft und Verkehr ein, man solle den Gemeinden nur die Berechtigung zur Steuererhebung einräumen, sie aber nicht hierzu verpflichten.47 Das Staatsministerium des Innern wende sich nachdrücklich gegen diesen Vorschlag und betone u.a., die Vergnügungssteuer sei bereits seit dem Inkrafttreten des Landessteuergesetzes vom 30.3.1920 eine gemeindliche Pflichtsteuer.48 Außerdem sei es gerade die Absicht dieses Entwurfs, allgemein gültige und einheitliche Verhältnisse zu schaffen, abgesehen davon, daß die Gemeinden an sich zur Einführung verpflichtet seien, wenn dies zur Abgleichung des gemeindlichen Haushalts erforderlich sei (Art. 91 Abs. 1 Buchst. b GO).49

In der Aussprache wird die Auffassung des Staatsministeriums des Innern auch von den Herren Staatsministern Zietsch und Rucker unterstützt, während Staatsminister Bezold eine Pflichtsteuer für bedenklich hält.

Der Ministerrat beschließt daraufhin mit Mehrheit, dem Entwurf des Innenministeriums in diesem Punkt beizupflichten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, der Einwand des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, eine dem Art. II § 2 Nr. 7 der Reichsratsbestimmungen entsprechende Steuerbefreiungsvorschrift einzufügen, sei wohl erledigt.50

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

Staatsminister Zietsch begründet dann den Antrag des Staatsministeriums der Finanzen, Art. 3 Abs. 1 Nr. 14 des Entwurfs in Art. 2 Abs. 4 einzufügen.51 Damit würde die „Besichtigung von Denkmalen … im Besitze öffentlicher Körperschaften und in privatem Eigentum, sofern die Besichtigung als volksbildend anerkannt ist“, aus dem Vergnügungsbegriff ausgenommen, während sie bisher einen Steuerbefreiungstatbestand darstelle. An sich sei über diesen Punkt bereits eine Einigung mit dem Staatsministerium des Innern zustandegekommen, der Entwurf berücksichtige diese Einigung jedoch nicht.52

Staatssekretär Vetter erwidert, er halte es nicht für günstig, den Steuerbefreiungstatbestand aus Art. 3 in Art. 2. Abs. 4 zu übernehmen, also festzusetzen, daß die Besichtigung von Denkmalen usw. überhaupt nicht als „Vergnügung“ anzusehen sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner dagegen unterstützt die Auffassung des Staatsministeriums der Finanzen.

Der Ministerrat beschließt daraufhin mit Mehrheit, dem Wunsche des Staatsministeriums der Finanzen zu entsprechen, und Art. 3 Abs. 1 Nr. 14 in Art. 2 Abs. 4 aufzunehmen.

Ferner wird beschlossen, den Gesetzentwurf dem Senat zur gutachtlichen Stellungnahme vorzulegen.53

Vergnügungssteuergesetz vom 11. Juni 1958

III.Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz)54

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt mit Zustimmung des Ministerrats fest, daß Bedenken gegen diesen vom Staatsministerium der Finanzen vorgelegten Gesetzentwurf nicht bestehen.55 Er schlage aber vor, auch diesen Entwurf dem Senat zur gutachtlichen Stellungnahme zuzuleiten.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.56

IV.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Kommunalrechts57

Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, zu diesem vom Staatsministerium des Innern mit Note vom 31. März 1955 vorgelegten Gesetzentwurf habe das Staatsministerium der Finanzen eine eingehende Stellungnahme abgegeben, die eine Reihe ins einzelne gehender Vorschläge enthalte. Infolgedessen sei die Behandlung der Angelegenheit im heutigen Ministerrat noch nicht möglich. Er schlage vor, den Gesetzentwurf wieder auf die Tagesordnung des Ministerrats vom 24. Mai 1955 zu setzen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.58

V.Zuständigkeiten in der Energieaufsicht59

Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat am 8. März 1955 folgenden Beschluß gefaßt hat:

1. Es ist nach der bisherigen Ordnung weiter zu verfahren. Das Innenministerium ist solange in Fragen der Energieaufsicht noch zuständig, bis das Gesetz über die Übertragung der Zuständigkeiten auf das Wirtschaftsministerium in Kräft tritt.

2. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr wird beauftragt, diesen Gesetzentwurf den übrigen Ministerien sofort zuzuleiten.

Soweit ihm bekannt sei, habe das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr bisher den Staatsministerien und der Staatskanzlei einen solchen Gesetzentwurf noch nicht zugeleitet.

Er glaube, die Angelegenheit sollte nicht länger aufgeschoben werden.

Staatsminister Bezold erwidert, es seien immer noch Besprechungen mit dem Staatsministerium des Innern im Gange, ihm selbst liege noch kein Gesetzentwurf vor. Er stimme aber mit dem Herrn Ministerpräsidenten durchaus darin überein, daß jetzt bald ein Abschluß gefunden werden müsse. Notfalls werde er sich unmittelbar mit Herrn Staatsminister Dr. Geislhöringer in Verbindung setzen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß demnach die Frage neuerdings vom Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr aufgegriffen wird.60

Energieaufsicht

VI.Errichtung einer „Polizeischule für Technik und Verkehr“61

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, bei seinem Besuch in München habe ihm Herr Ministerpräsident Zinn von Hessen mitgeteilt, daß Hessen nur für eine Länderpolizeischule, nicht aber für eine Bundespolizeischule eintreten werde.62 Wenn der Entwurf des Abkommens zwischen Bundesregierung und Landesregierungen über diese Schule nicht entsprechend abgeändert werde, könne Hessen nicht dafür stimmen. Man könne aber dem Bund zugestehen, daß die Bundesgrenzpolizeibeamten in einer Länderpolizeischule mit ausgebildet würden.

Er selbst glaube, daß der hessischen Auffassung zugestimmt werden müßte.

Staatsminister Dr. Geislhöringer erklärt sich ausdrücklich mit dem von Hessen vertretenen Standpunkt einverstanden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt noch, daß das Staatsministerium des Innern die von Nordrhein-Westfalen in Essen errichtete Polizeischule besichtige.63

Der Ministerrat beschließt, dem Abkommen zwischen Bundesregierung und Landesregierungen über die Errichtung einer Polizeischule für Technik und Verkehr ebenso wie Hessen nicht zuzustimmen.64

Polizeischule für Technik und Verkehr

VII.Besetzung der Aufsichtsräte der Unternehmungen mit Beteiligung des bayer. Staates und bundeseigener Unternehmungen

Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 19. April 1955 und stellt fest, daß die Neubesetzung der Aufsichtsräte der Rhein-Main-Donau AG, des Bayernwerks und der BAWAG schon in früheren Ministerratssitzungen erledigt worden seien.

Staatsminister Zietsch kommt dann auf die weiteren Gesellschaften zu sprechen und zwar

1. Bayer. Berg-, Hütten- und Salzwerke AG (BHS).

In diesem Aufsichtsrat seien von früheren Mitgliedern der Staatsregierung noch Herr Staatsminister a.D. Dr. Oechsle und die Herren Staatssekretäre Geiger und Dr. Ringelmann.

Er schlage folgende Neuordnung vor:

An die Stelle des Herrn Geiger Herrn Staatssekretär Dr. Haas, für Herrn Dr. Ringelmann Herrn Staatssekretär Dr. Panholzer und an seine eigene Stelle Herrn Staatsminister Stain. Dagegen sei er der Meinung, daß Herr Staatsminister a.D. Dr. Oechsle als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Bayer. Landtags im Aufsichtsrat verbleiben könne.

Der Ministerrat beschließt, diesen Vorschlägen entsprechend zu verfahren.

2. Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte AG

Staatsminister Zietsch weist darauf hin, daß nach dem Verkauf der staatlichen Beteiligungen Bayern kein Sitz im Aufsichtsrat der Maxhütte mehr zustehe.

3. Innwerk AG

Staatsminister Zietsch fährt fort, nachdem der bisherige Herr Staatsminister Dr. Seidel Mitglied des Aufsichtsrats bleibe, seien hier keine Änderungen vorzunehmen.

4. Rhein-Main-Donau AG

Staatsminister Zietsch ersucht, die Frage des Aufsichtsrats der Rhein-Main-Donau AG nochmals zu erörtern. Der Ministerrat habe früher schon beschlossen, daß er als Finanzminister an die Stelle des Herrn Ministerialdirigenten a.D. Dr. Trassl treten solle. Außerdem habe er bereits mitgeteilt, daß die Bayer. Staatsregierung als neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrats anstelle des Herrn Staatsministers a.D. Dr. Seidel den jetzigen Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr vorschlage.

Dem Aufsichtsrat gehöre aber auch noch Herr Staatsminister a.D. Dr. Oechsle an, an dessen Stelle Herr Staatsminister Stain treten könne.

Der Ministerrat beschließt das Einverständnis mit den Vorschlägen des Herrn Staatsministers der Finanzen.

5. Regentalbahn AG

Es wird beschlossen, als Nachfolger des Herrn Staatssekretärs a.D. Dr. Ringelmann Herrn Ministerialdirektor Dr. Alfred Kiefer vom Staatsministerium der Finanzen zu benennen.

6. Bayer. Landessiedlung GmbH

Auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Zietsch wird beschlossen, nach dem Ausscheiden des bisherigen Herrn Staatsministers Dr. Schlögl Herrn Staatsminister Dr. Baumgartner als Mitglied des Aufsichtsrats vorzuschlagen.

7. Vereinigte Industrie-Unternehmungen AG (VIAG)65

Der Ministerrat beschließt, Herrn Staatsminister Zietsch als Mitglied des Aufsichtsrats vorzuschlagen; (bisher gehörte Herr Staatssekretär a.D. Dr. Ringelmann dem Aufsichtsrat an).

8. Vereinigte Aluminium-Werke AG

Staatsminister Zietsch teilt mit, er selbst werde an die Stelle des Herrn Staatssekretärs a.D. Dr. Ringelmann treten, während als Nachfolger Dr. Seidels wohl Herr Staatsminister Bezold vorgeschlagen werden solle.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.

9. Industrieverwaltungsges. mbH (IVG)66

Der Ministerrat beschließt, auch hier Herrn Staatsminister Zietsch anstelle des bisherigen Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann vorzuschlagen.

10. Luitpoldhütte AG

Staatsminister Zietsch berichtet, hinsichtlich der Luitpoldhütte seien die Eigentumsverhältnisse immer noch nicht geklärt.67 Bekanntlich nehme Bayern dieses Werk für sich in Anspruch, während das Bundesfinanzministerium meine, Bayern solle sich zunächst mit einer Sperrminorität von 26% begnügen und seine Ansprüche auf den Rest gerichtlich klären lassen. Er schlage vor, am Aufsichtsrat, dem die bisherigen Herren Staatsminister Dr. Oechsle und Ankermüller angehörten,68 vorläufig nichts zu ändern, bis die Rechtsfrage entschieden sei.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.69

11. Bayer. Braunkohlen-Industrie AG

Der Ministerrat beschließt, anstelle des bisherigen Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann Herrn Staatssekretär Dr. Panholzer vorzuschlagen

VIII.Ausbau der Unteren Isar70

Staatsminister Zietsch nimmt Bezug auf seine Note vom 11. Mai 195571 und erinnert daran, daß der Landtag am 15. September 1954 (Beilage 5833) folgenden Beschluß gefaßt habe:

„Die Staatsregierung wird ersucht, sofort mit dem Bayernwerk über Finanzierungsmöglichkeiten für die Schließung der Dammlücke bei Dingolfing durch den Ausbau der Staustufen Niederviehbach und Dingolfing zu verhandeln, damit spätestens im Frühjahr 1955 mit dem Bau begonnen werden kann.“72

Die Bayernwerk AG habe die technischen Vorbereitungen für den Bau der beiden Staustufen durchgeführt. Die Kosten würden etwa 66 Mio DM betragen.

Der bayerische Staat habe nun seine Beteiligung von 26% an der Maxhütte AG um 33 Mio DM veräußert, wovon 9 Mio DM am 15. April 1955 fällig geworden seien, während je 8 Mio DM am 1.4. der Jahre 1956, 1957 und 1958 fällig würden.73

Der Erlös müsse im Grundstock vereinnahmt und zu Neuerwerbungen für das Grundstockvermögen verwendet werden. Eine Erhöhung des Grundkapitals der Bayernwerk AG eigne sich nicht dazu, den Bau der Kraftstufen zu finanzieren, dagegen sei die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zu 5% gem. §§ 174, 159 des Aktiengesetzes möglich. Der VIAG, die mit 40% an der Bayernwerk AG beteiligt sei, müsse das Recht eingeräumt werden, 40% der Wandelschuldverschreibungen zu übernehmen.

Wegen der Finanzierung des Restes des Baukapitals in Höhe von 33 Mio DM seien die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen, es werde aber wohl gelingen, Darlehen von Banken oder Versicherungsgesellschaften zu erhalten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zu überlegen, ob tatsächlich der gesamte Erlös aus dem Verkauf der Maxhütten-Anteile für den Ausbau der Staustufen verwendet werden solle, während

Staatsminister Bezold erklärt, die Wirtschaft warte bereits auf die Kapitalerhöhung der Bayernwerk AG und sei der Auffassung, diese könne normal auf der Börse aufgelegt werden.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß für die 33 Mio DM sonst keine Verwendung zu finden sei, während andererseits der Ausbau der Elektrizitätswirtschaft dringend erforderlich sei.

Auch Staatsminister Dr. Geislhöringer spricht sich dafür aus, die Kraftwerke und damit die Elektrizitätsversorgung Bayerns weiter zu fördern.

Ministerpräsident Dr. Hoegner befürchtet jedoch, daß die Abgeordneten des Bayer. Landtags schon die verschiedensten Pläne hinsichtlich der Verwendung des Maxhütten-Erlöses hätten und Gegenvorschläge machen könnten.

Staatsminister Zietsch erwidert, dem Landtag könne man den Beschluß vom 15.9.1954, den er verlesen habe, entgegenhalten und sich auf den Auftrag des Landtags berufen.

Auf alle Fälle müsse die Erhöhung des Kapitals der Bayernwerk AG vorgenommen werden; dies gelinge aber nur mittels des Verkaufserlöses der Maxhütte. Er bitte dringend, heute zu einer Entscheidung zu kommen, da er am 25. Mai 1955 der Hauptversammlung der Bayernwerk AG vorschlagen wolle, eine bedingte Kapitalerhöhung und die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zu beschließen.

Staatsminister Bezold wendet ein, seine Bedenken bestünden fort, er bitte, die Entscheidung bis zur nächsten Ministerratssitzung am 24. Mai 1955 zu verschieben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner unterstreicht nochmals die Dringlichkeit der Angelegenheit, schlägt aber vor, die Entscheidung erst am 24. Mai 1955, also einen Tag vor der Hauptversammlung der Bayernwerk AG zu treffen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.74

IX.Bereinigung der Sonderstellung des bayerischen Kreises Lindau75

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er habe am 16. Mai 1955 mit Herrn Kreispräsidenten Zwisler und Herrn Regierungsdirektor Dr. Zumstein eine Unterredung gehabt, die zu folgendem Ergebnis geführt habe:76

a) Der Haushalt des bayerischen Kreises Lindau läuft vorerst weiter und soll erst mit dem 31. März 1956 in den bayerischen Staatshaushalt übergeleitet werden.

b) Ebenfalls bis zum 31. März 1956 soll in Lindau das bisherige Kreispräsidium als Aussenstelle der Regierung von Schwaben fortbestehen und die erforderliche Abwicklung der Lindauer Verwaltung durchführen. Diese Aussenstelle könne weiterhin von Kreispräsident Zwisler geleitet werden.

c) Die Überleitung der Verwaltung Lindaus in die bayerische Verwaltung soll durch ein dem Landtag vorzulegendes Überleitungsgesetz erfolgen.

d) Landgericht und Amtsgericht sollen einstweilen, allenfalls bis zur Verwaltungsvereinfachung, jedenfalls aber bis 31. März 1956, belassen werden.

e) Die bayerische Regierung wird sich beim Bundesfinanzministerium dafür einsetzen, daß Lindau in eine höhere Ortsklasse eingereiht wird.

f) Am Donnerstag, den 26. Mai 1955, wird eine Referentenbesprechung über die Einzelheiten des Gesetzentwurfes stattfinden.

Was das Landgericht Lindau betreffe, so sei er der Meinung, daß die Aufhebung dieses Gerichts vielleicht im Zuge der Verwaltungsvereinfachung geschehen könne, aber jedenfalls nicht im Überleitungsgesetz festgelegt werden solle.

Staatsminister Dr. Koch befürchte, daß unter diesen Umständen das Landgericht doch beibehalten werde.

Staatsminister Zietsch erkundigt sich, ob in das Haushaltsgesetz ab 1956 das Lindauer Landgericht nicht mehr aufgenommen werden müsse?

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, seiner Meinung nach brauche das Gericht im Haushaltsgesetz dann nicht mehr erscheinen.

Staatsminister Dr. Koch fährt fort, möglicherweise könne sich der Bund auf den Standpunkt stellen, daß Lindau bereits endgültig an Bayern zurückgekehrt sei und deshalb die Bundeszuschüsse an Lindau eingestellt werden könnten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, diese Frage sei bereits abgesprochen, Lindau erhalte für dieses Haushaltsjahr die Bundeszuschüsse in voller Höhe.

Ministerialrat Dr. Gerner bemerkt, in dem Überleitungsgesetz könnte z.B. der Art. 1 etwa folgendermaßen lauten:

„Die verwaltungsmäßige Sonderstellung Lindaus endet mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes“.

Art. 2 könnte dann die Rechtsangleichung behandeln.

Was nun die Behördenorganisation betreffe, so sei der Herr Ministerpräsident wohl der Meinung, daß die Veränderungen in dem Überleitungsgesetz nicht behandelt werden sollten?

Ministerpräsident Dr. Hoegner bejaht diese Frage und erklärt, jedenfalls müsse hierüber das Einvernehmen mit dem Kreispräsidenten erzielt werden. Er jedenfalls sei der Auffassung, daß die Behördenorganisation mit dem Überleitungsgesetz nichts zu tun habe.

Der Ministerrat erklärt sich daraufhin durch Beschluß grundsätzlich damit einverstanden, daß vorerst keine Änderung in der Behördenorganisation Lindaus vorgenommen werden soll.77

Gesetz über den bayerischen Kreis Lindau vom 23. Juli 1955

X.Personalangelegenheiten78

Besetzung der Stelle des Präsidenten der Bayer. Landesbodenkreditanstalt

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt ein Schreiben des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 13. Mai 1955 bekannt, das den Vorschlag enthalte, Herrn Staatssekretär a.D. Dr. Lacherbauer mit Wirkung vom 1. Juni 1955 zum Präsidenten der Landesbodenkreditanstalt zu bestellen.

Zweifellos sei der Ministerrat zur Bestellung des Präsidenten zuständig, nicht aber zur Festsetzung der Besoldung; insoweit sei ja eine eigene Besoldungsordnung und die Satzung der Landesbodenkreditanstalt vorhanden.

Was die Bestellung selbst betreffe, so habe der Ministerrat bereits früher entschieden; er brauche also die heutige Note des Staatsministeriums der Finanzen nur mehr zur Kenntnis zu nehmen, während alle einzelnen Bedingungen der Anstellung Sache des Finanzministeriums seien.

Staatsminister Zietsch erwidert, bisher sei die Stelle des Präsidenten der Bayer. Landesbodenkreditanstalt eine solche der Besoldungsgruppe B 8 gewesen; das Staatsministerium der Finanzen sei aber an sich in seiner Entscheidung völlig frei.

Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird daraufhin folgender Beschluß gefaßt:

Der Ministerrat hat sich mit der Übertragung der Stelle des Präsidenten der Bayer. Landesbodenkreditanstalt an Herrn Staatssekretär a.D. Dr. Lacherbauer bereits einverstanden erklärt.79 Über die Bedingungen der Bestellung hat nicht der Ministerrat, sondern ausschließlich das Staatsministerium der Finanzen zu entscheiden.

XI.Zulassung von Spielbanken; hier: Antrag der Gemeinde Bad Wiessee80

Staatsminister Dr. Geislhöringer bemerkt, er habe jetzt den Entwurf eines Briefes an die Gemeinde Bad Wiessee ausarbeiten lassen und bitte den Herrn Ministerpräsidenten, diesen zu unterschreiben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt daraufhin ein Telegramm und ein Schreiben des Herrn Simon Gembicki bekannt, worin dieser erklärt, alle Gerüchte über seine angebliche Absicht, die Koalition zu sprengen, seien eine freie Erfindung.81 Er habe lediglich eine klare Entscheidung bei der Vergebung der Spielbank-Konzessionen erwartet und die Überzeugung ausgesprochen, die Koalition werde bestimmte Gruppen ohne vorherige allgemeine Ausschreibung nicht bevorzugen.

Staatsminister Dr. Geislhöringer stellt fest, daß in der Spielbankfrage von verschiedenen Seiten, u.a. auch von Abgeordneten der Opposition, mehr oder weniger unklare Andeutungen gemacht würden. In einer Erklärung habe er nun verlangt, daß Tatsachen über angebliche Unkorrektheiten dem Staatsministerium des Innern bekanntgemacht werden sollten.

Staatsminister Bezold empfiehlt, das Telegramm des Herrn Gembicki zu veröffentlichen.82

Spielbanken

XII.Antrag der Münchener Brauereien

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Verbandes Münchener Brauereien, die für einen Neubau in der Nähe der Briennerstraße 14 qm staatlichen Grundbesitzes bräuchten. Er ersuche den Herrn Staatsminister der Finanzen, diesem Wunsche der Brauereien zu entsprechen, wenn es möglich sei.

Staatsminister Zietsch erwidert, er werde die Angelegenheit prüfen und den Verband der Münchener Brauereien dann verständigen.

XIII.Dienststrafverfahren gegen Beamte wegen Überschreitung der Mittel beim Bau des Residenztheaters83

Es wird vereinbart, diesen Punkt der Tagesordnung bis zur nächsten Ministerratssitzung am 24. Mai 1955 zu verschieben.84

XIV.Unterbringung des Instituts für Holzforschung und Holztechnik des Herrn Prof. Dr. Kollmann in der Winzererstr. 4385

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, der Leiter des Instituts für Holzforschung und Holztechnik, Prof. Dr. Kollmann, habe ihm den Durchschlag eines an das Staatsministerium der Finanzen gerichteten Schreibens vom 11. Mai 1955 übersandt, in dem er sich darüber beklage, daß das Institut bisher immer noch nicht endgültig untergebracht worden sei, weil die Bayer. Lotterie-Verwaltung trotz bindender Zusage die Räume in der Winzererstraße noch nicht geräumt habe.

Er bitte den Herrn Staatsminister der Finanzen, dafür zu sorgen, daß die Lotterieverwaltung zumindest drei Räume, die Prof. Dr. Kollmann besonders notwendig brauche, sofort freigebe. Angeblich scheitere die Übersiedlung der Lotterieverwaltung in die Räume am Karolinenplatz nur daran, daß dort die Kantine noch nicht fertiggestellt sei.

Staatsminister Zietsch bittet, ihm das Schreiben des Herrn Prof. Kollmann herüber zu geben; er werde dann sofort das Notwendige veranlassen.86

Institut für Holzforschung

XV.Anbringung eines Schutzgitters an der Großhesseloher Brücke87

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er habe sich über die Ausführungen des Herrn Staatsministers für Wirtschaft und Verkehr im Bayer. Landtag etwas gewundert, nachdem der Ministerrat doch beschlossen habe, die Oberste Baubehörde zu beauftragen, im Benehmen mit Bundesbahn, der Stadt München usw. die Möglichkeiten zu prüfen, ob an der Großhesseloher Brücke ein Schutzgitter angebracht werden könne.88

Staatsminister Bezold erklärt, seine Stellungnahme im Landtag sei auf Grund einer Erklärung der Obersten Baubehörde erfolgt.89

Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, diese Erklärung sei ihm nicht zugegangen. Er bitte den Herrn Staatsminister des Innern, der Sache nachzugehen.90

XVI.Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz91

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß durch das Ergebnis der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz die Stellung des Ministerpräsidenten Altmeier gestärkt worden sei, was im Hinblick auf die bayerischen Wünsche bezüglich der Pfalz natürlich nicht günstig sei.92 Um zu vermeiden, daß das Ergebnis der Wahlen parteipolitisch ausgenützt werde, beabsichtige er, mit dem Herrn Präsidenten des Bayer. Landtags und dem Vorsitzenden des Finanzausschusses, Herrn Abg. Dr. Hundhammer, zu sprechen. Seine Absicht dabei sei es, zu klären, ob die CSU nach wie vor für die bayerischen Ansprüche auf die Pfalz eintrete.

Staatsminister Bezold weist darauf hin, daß nach Berichten, die er erhalten habe, die Stimmung in der Pfalz für Bayern nicht günstig sei. Trotzdem müsse aber natürlich die Volksabstimmung gefordert werden.

Abschließend teilt Ministerpräsident Dr. Hoegner mit, auch der Bayer. Senat wünsche die Abgabe einer Regierungserklärung zur Pfalzfrage.

Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis.93

XVII.Freikarten-Ordnung für Theater94

Staatsminister Rucker bittet, in einer der nächsten Sitzungen seine Vorschläge zur Ordnung der Theater-Freikarten zu behandeln. In letzter Zeit sei wieder der Fall vorgekommen, daß Theaterkarten eines Staatssekretärs im Gärtnertheater verkauft worden seien. Deshalb müsse er seinen Vorschlag, die Karten nur persönlich zu benützen, wiederholen.

Staatsminister Bezold fügt hinzu, es werde verschiedentlich als unerfreulich empfunden, daß bei den Erstaufführungen in den Staatstheatern in den ersten drei Reihe vorwiegend Regierungsmitglieder und Regierungsbeamte seien. Seiner Meinung nach genüge es, wenn nur der Kultusminister und der Staatssekretär im Kultusministerium Karten für die Erstaufführung erhielten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, er halte es nicht für richtig, die Mitglieder der Staatsregierung bei den Erstaufführungen auszuschalten.95

Staatsminister Rucker betont, auch der Senat habe sich sehr für die Einschränkung der Freikarten ausgesprochen, allerdings im Gegensatz zum Landtag.

Staatssekretär Eilles bemerkt, die Mitglieder der Staatsregierung sollten seiner Meinung nach doch auch die Möglichkeit haben, die Karten wenigstens an die höheren Beamten der Ministerien weiterzugeben.

Eine Entscheidung wird noch nicht getroffen.96

XVIII.Veranstaltungen, Einladungen usw.

a) Trachtenfest in Weiden, 27. bis 30. Mai 1955

Es wird vereinbart, daß als Vertreter der Staatsregierung entweder Herr Staatsminister Rucker oder Herr Staatsminister Bezold teilnehmen.

b) Egerlandtag 1955 Bayreuth

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er habe sich vor einiger Zeit bereit erklärt, dem Ehrenpräsidium des Egerlandtags 1955 beizutreten. Die Veranstalter richteten nun ein Gesuch an die Staatsregierung, ihnen zur Durchführung des Tages einen verlorenen Zuschuß von DM 3 000,– zu gewähren. Er sei an sich bereit, aus seinem Dispositionsfonds einen Zuschuß zu geben, vielleicht könnte aber auch Herr Staatsminister Stain sich beteiligen.

Staatsminister Stain erklärt sich dazu bereit; eine Entscheidung über die Höhe des Zuschusses und die Verteilung wird nicht vorgenommen.97

c) 6. Kongreß der Internationalen Vereinigung der Fremdenverkehrsexperten98

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, für die Teilnehmer dieses Kongresses werde ein Abendessen in Herrenchiemsee veranstaltet. Er bitte Herrn Staatsminister Bezold, zu prüfen, ob die Kosten von etwa DM 1 000,– nicht von seinem Ministerium übernommen werden könnten.

Staatsminister Bezold erklärt sich bereit festzustellen, ob dieser Betrag aus Fremdenverkehrsmitteln bestritten werden könne.

d) Abschließend gibt Ministerpräsident Dr. Hoegner das Programm für die Ministerratssitzung in Würzburg am 31. Mai 1955 bekannt. Es wird vereinbart, zum Mittagessen zusätzlich noch den Präsidenten des Landgerichts Würzburg, den Landrat des Landkreises Würzburg, den Vorstand des Finanzamts und die in Würzburg wohnhaften99 Abgeordneten des Landtags einzuladen. Der Beginn der Sitzung wird auf 10.30 Uhr festgesetzt.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Wilhelm Hoegner
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Dr. Albrecht Haas Staatssekretär