Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium).
I. Erklärung der Staatsregierung zur Pfalzfrage. II. Erklärung der Bayerischen Staatsregierung zur Stellungnahme der bayerischen Bischöfe. III. Entwurf eines Gesetzes über die Forstrechte (Landtagsbeilage 78); hier: Schreiben des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 14. April 1955 Nr. F 12 243/55 – SR 400. IV. Schillerfeier des Deutschen Kulturwerks. V. Antrag auf Vorweggenehmigung von Stellen (Mehrungen und Umwandlungen) im Bereich des Staatsministeriums des Innern (Epl. 03). VI. Personalangelegenheiten. VII. Zulassung von Spielbanken; hier: Antrag der Gemeinde Bad Wiessee. VIII. Bayerischer Kreis Lindau. IX. Errichtung einer Landeszentrale für Heimatdienst. X. Erwerb des Hotels Axelmannstein in Bad Reichenhall durch den bayerischen Staat. XI. Ausschuß des Bundesrats für Fragen der europäischen Sicherheit. XII. Besetzung von Aufsichtsratsposten. XIII. Mitteilung des Passauer Bistumsblatts. XIV. Erholung für Kinder aus Lagern und Bunkern (Hilfsaktion der Vertriebenen- und Flüchtlingsverbände). XV. Aufbau der verwaltungspraktischen Fachgruppe (II) der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften. XVI. Dienststrafverfahren gegen Beamte wegen Überschreitung der Mittel beim Bau des Residenztheaters. XVII. Hilfe für die durch ein Erdbeben zerstörten Gebiete in Griechenland. XVIII. Errichtung eines Atom-Meilers bei München. XIX. Kurze Anfragen. XX. Veranstaltungen, Einladungen usw.. [XXI. Neubesetzung des erzbischöflichen Stuhles in Bamberg].
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, er beabsichtige, in der heutigen Plenarsitzung des Landtags eine Regierungserklärung über die Rückgliederung der Pfalz an Bayern abzugeben, nachdem durch die Wiedererlangung der deutschen Souveränität der Vorbehalt der Besatzungsmächte zu Art. 29 GG fortgefallen sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest daraufhin den Wortlaut der Regierungserklärung.
Hach kurzer Aussprache stimmt der Ministerrat dem vom Herrn Ministerpräsidenten verlesenen Wortlaut den Erklärung mit der Maßgabe zu, daß außer dem Bayerischen Landtag auch der Bayerische Senat genannt wird und außerdem der letzte Satz der Erklärung abgeändert wird. Diese trägt nunmehr folgenden Wortlaut:
„Erklärung vor dem Bayerischen Landtag. Mit der Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden für die Pariser Verträge am 5. Mai 1955 hat die Bundesrepublik Deutschland ihre volle Souveränität erhalten. Damit ist auch die in Art. 29 des Grundgesetzes vorgesehene Neugliederung des Bundesgebietes in greifbare Nähe gerückt.
Nach Art. 29 des Grundgesetzes kann in Gebietsteilen, die bei der Neubildung der Länder nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert haben, binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Grundgesetzes durch Volksbegehren eine bestimmte Änderung der über die Landeszugehörigkeit getroffenen Entscheidung gefordert werden.2 Der Lauf der in dieser Vorschrift des Grundgesetzes vorgesehenen Fristen für die Einbringung von Volksbegehren und die Durchführung von Volksentscheiden war bisher durch Anordnung der Besatzungsmacht ausgesetzt. Diese Beschränkung ist nunmehr weggefallen; die für die Neugliederung des Bundesgebietes vorgesehenen Fristen haben am 5. Mai zu laufen begonnen.
Durch eine einseitige Maßnahme der Besatzungsmacht wurde im Jahre 1945 die Pfalz von Bayern getrennt. Gleichzeitig wurden 85 bayerische Gemeinden von der Pfalz losgelöst und mit dem Saargebiet vereinigt.3 Die Bevölkerung der Pfalz, die seit nahezu 150 Jahren in einmütiger Treue zu Bayern gestanden hatte, wurde dabei nicht befragt. Bayern hat daher in den vergangenen zehn Jahren seinen Rechtsanspruch auf die Rückkehr der Pfalz niemals aufgegeben. Landtag, Senat und Staatsregierung haben wiederholt diesen Rechtsanspruch Bayerns angemeldet und die Verbundenheit mit dem linksrheinischen Bayern betont. In diesem Anliegen ist sich das ganze bayerische Volk über alle Parteien, Konfessionen, Berufe und landsmannschaftlichen Bindungen hinweg einig.
Die Bayerische Staatsregierung begrüßt es daher, daß mit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge der bayerischen Bevölkerung im der Pfalz endlich die Möglichkeit gegeben ist, in freier Selbstbestimmung über ihre künftige Landeszugehörigkeit zu entscheiden und das 1945 durch die Besatzungsmacht begangene Unrecht der Abtrennung von Bayern wiedergutzumachen.
Die Bayerische Staatsregierung fordert daher, daß Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beschleunigt für den baldigen Erlaß des in Abs. 6 des Art. 29 des Grundgesetzes4 vorgesehenen Bundesgesetzes Sorge tragen, damit eine nunmehr verbindliche Vorschrift des Grundgesetzes verfassungstreu vollzogen wird und die vorgesehenen Volksbegehren innerhalb der einjährigen Frist, d.h. bis 6.5.1956, durchgeführt werden können.
Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, daß eine baldige Zuleitung des der Bundesregierung bereits vorliegenden Entwurfs eines Bundesgesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes gemäß Art. 29 Abs. 2–6 des Grundgesetzes an die gesetzgebenden Körperschaften des Bundes eine verfassungsmäßige Verpflichtung der Bundesregierung darstellt.“5
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, er habe ferner den Entwurf einer Erklärung der Staatsregierung zur Stellungnahme der bayerischen Bischöfe ausgearbeitet, in der u.a. das Wort „Notstand“ gebraucht worden sei, eine Formulierung, die nicht hingenommen werden könne.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest daraufhin den Wortlaut der Erklärung und bemerkt, der Koalitionsausschuß habe sich bereits damit einverstanden erklärt.7
Der Ministerrat beschließt einstimmig, der Erklärung in der vorgeschlagenen Form zuzustimmen.
Diese trägt folgenden Wortlaut:
„In der Stellungnahme der bayerischen Bischöfe zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Ausbildung für das Lehramt an Volksschulen wird der Bayerischen Staatsregierung vorgehalten, sie hätte gegen den Entwurf ‚von vornherein Einspruch einlegen sollen, weil sie dem Heiligen Stuhl als Vertragspartner gegenüber für den Gesetzgeber, also für Volk und Volksvertretung, verantwortlich sei. Dieser Auffassung kann die Bayerische Staatsregierung nicht zustimmen. Es kann nicht ihre Aufgabe sein, das Gesetzgebungsverfahren laufend zu überwachen und die nach alter parlamentarischer Erfahrung ständigen Abänderungen unterliegenden Gesetzentwürfe ständig zu überprüfen. Erst wenn aus den Beratungen der Volksvertretung eine erkennbare Willensentscheidung hervorgegangen ist, wird die Staatsregierung zu untersuchen haben, ob eine solche Entscheidung mit völkerrechtlichen Verträgen und mit der Verfassung in Einklang steht. Diese Haltung der Bayerischen Staatsregierung stimmt völlig überein mit jener, die der Apostolische Nuntius von Deutschland in der Frage der künftigen Gestaltung der Hochschulen in Bamberg und Regensburg im Jahre 1952 eingenommen hat. Der Apostolische Nuntius hat damals erklärt, er werde für notwendig werdende Anfragen beim Heiligen Stuhl erst dann zur Verfügung stehen, wenn geeignete Vorhaben einer Erweiterung der genannten Hochschulen unter Billigung der zuständigen Autoritäten herangereift seien. Diese Stellungnahme wurde vom damaligen Herrn Ministerpräsidenten mit Recht so verstanden, daß eine in die Materie gehende Stellungnahme vom Heiligen Stuhl erst erwartet werden könne, wenn ihm von Seiten der zuständigen bayerischen Universitäten konkrete Vorschläge unterbreitet werden könnten. Man könne nicht erwarten – so äußerte sich der damalige Bayerische Ministerpräsident in einem Schreiben vom 15. September 1952 an den damaligen Bayer. Staatsminister für Unterricht und Kultus –, daß sich der Heilige Stuhl schon früher dahin äußere, was von seinem Standpunkt wünschenswert oder nicht wünschenswert im Hinblick auf das Konkordat erscheine. Bevor erneut an den Herrn Apostolischen Nuntius herangetreten werden könne, sei es notwendig, daß eine Willensmeinung von Regierung und Landtag zustandekomme, die als konkrete Grundlage für Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl angesehen werden könne.
Das und nichts anderes ist auch heute der Standpunkt der Bayerischen Staatsregierung.
In der Stellungnahme der bayerischen Bischöfe heißt es weiter, die Bischöfe würden es aufs tiefste bedauern, wenn durch eine Fortsetzung des beschrittenen Weges auch in Bayern die Katholiken mit ihren Bischöfen schließlich zwangsläufig in einen Notstand versetzt würden. Die Bayerische Staatsregierung muß, bevor sie zu dieser Äußerung endgültig Stellung nimmt, um Aufklärung ersuchen, was die bayerischen Bischöfe unter einem ‚Notstand‘ verstehen. Sie kann nicht annehmen, daß es sich um Androhung verfassungswidriger und ungesetzlicher Maßnahmen handelt, da es die bayerischen Bischöfe weit von sich weisen werden, ihre Hand zur Störung oder auch nur Gefährdung der verfassungsmäßigen Ordnung zu bieten. Die Bayerische Staatsregierung hat wiederholt ihren guten Willen zu einer freundschaftlichen Bereinigung etwaiger Meinungsverschiedenheiten erklärt. Infolgedessen besteht nicht der geringste Anlaß zu der Annahme, daß sie die bayerischen Katholiken mit ihren Bischöfen ‚in einen Notstand versetzen‘ würde.”
Staatsminister Dr. Baumgartner fügt hinzu, aus kirchlichen Kreisen habe er erfahren, daß der Entschluß, die Verhandlungen mit den Kirchen über den Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes schon nach der 2. Lesung zu beginnen, sehr begrüßt werde. Er hoffe, daß damit eine gewisse Entspannung eintreten werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner macht noch darauf aufmerksam, daß er vor der Abgabe dieser Regierungserklärung einen Abdruck an den Herrn Kardinal Wendel übersenden werde.8
Staatsminister Dr. Baumgartner führt aus, das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe sich im Hinblick auf die Behandlung des Initiativgesetzentwurfes sämtlicher Landtagsfraktionen über die Forstechte (Landtagsbeilage 78) verpflichtet gefühlt, in einer Note vom 14. April 1955 auf folgende von verschiedenen Seiten laut gewordene Bedenken hinzuweisen:
1. Es werde für fraglich gehalten, ob die auf Holznutzungsrechte bezüglichen Vorschriften der Verordnung zur Förderung der Nutzholzgewinnung vom 30.7.193710 aufgehoben werden könnten, nachdem die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung nach Art. 74 Nr. 17 GG11 zu den Gegenständen der konkurrierenden Gesetzgebung zähle;
2. die Verordnung von 1937 sei, wenn sie eine Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung zum Inhalt habe, nach Art. 125 Bundesrecht geworden.12
Wenn dies zutreffe, werde die Möglichkeit eines Verfahrens nach Art. 126 GG13 § 86 BVerfG auftreten.14
Die Staatskanzlei habe dagegen betont, daß die Staatsregierung schon bei der Vorlage ihres Gesetzentwurfes an den Landtag davon ausgegangen sei, daß es sich bei den Bestimmungen der Verordnung von 1937 nicht um einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung handle und keine Notwendigkeit bestehe, von diesem Standpunkt abzugehen. Er selbst schließe sich dieser Auffassung durchaus an und teile die Bedenken, die sein Ministerium zunächst habe geltend machen müssen, nicht.
Staatssekretär Dr. Haas unterstreicht die Rechtsauffassung der Bayer. Staatskanzlei und bemerkt, man solle nicht versuchen, aus einer für das Landwirtschaftsministerium unangenehmen gesetzespolitischen Lage durch irgendwelche Kunstgriffe herauszukommen.15
Ministerialrat Dr. Gerner fügt hinzu, die Staatsregierung habe immer die Auffassung vertreten, daß gemäß Art. 74 Ziff. 17 GG nur solche Vorschriften der Zuständigkeit des Bundes unterliegen, die unmittelbar die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung bezwecken, nicht aber auch jede mittelbare Förderung. Die Staatskanzlei habe daher vorgeschlagen:
1. an der Auffassung, daß der 2. Abschnitt der Verordnung von 1937 nicht zu den Gegenständen der konkurrierenden Gesetzgebung zähle, festzuhalten,
2. dem Landtag Abdruck des Schreibens des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit einer Darlegung der Rechtsauffassung der Staatsregierung und mit der Anregung zu übermitteln, diese Stellungnahmen bei der Weiterbehandlung des Gesetzentwurfs zu berücksichtigen,
3. die Rechtsauffassung der Staatsregierung dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitzuteilen.
Natürlich sei die Frage bestritten, er dürfe aber raten, die bisherige Auslegung des Art. 74 Ziff. 17 GG nicht aufzugeben.
Staatssekretär Simmel dagegen weist darauf hin; daß mit einem Verfahren nach Art. 126 GG § 86 BVerfG gerechnet werden müsse.
Staatsminister Dr. Baumgartner entgegnet, seiner Meinung nach werde das der Bund nicht tun, zumal beabsichtigt sei, ein Rahmengesetz zu erlassen, wonach die Durchführung der Verordnung von 1937 den Ländern überlassen werde. Er bitte nochmals den Ministerrat, sich der Auffassung der Bayer. Staatskanzlei anzuschließen und den von Herrn Ministerialrat Dr. Gerner vorgetragenen Empfehlungen zuzustimmen.
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.16
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, daß das sogen. Deutsche Kulturwerk zu einer Schillerfeier am 12. Mai 1955 im Deutschen Museum eingeladen habe. Die Einladung sei u.a. unterschrieben vom Allgemeinen Studentenausschuß (ASTA) der Universität München, dem Bayer. Ärzteverband, dem Philologenverband, Studentenverbänden, VDK München, VDH München usw.18
Es stehe nun fest, daß der maßgebende Mann des Deutschen Kulturwerks ein Dr. Böhme sei, der vor längerer Zeit wegen rechtsradikaler Umtriebe und Verbindung mit der verbotenen SRP19 vorübergehend festgenommen worden sei.20 Es handle sich bei dem Deutschen Kulturwerk einwandfrei um eine neonazistische Einrichtung.
Die Veranstaltung jetzt noch zu verbieten, habe seiner Meinung nach keinen Zweck, das beste sei wohl, die Organisationen, die wahrscheinlich ohne Kenntnis der Zusammenhänge unterschrieben hätten, zu warnen.
Staatssekretär Vetter fügt hinzu, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus, das vom Innenministerium veständigt worden sei, habe sich sofort an die Leitung des Deutschen Museums gewandt. Diese habe aber mit dem Kulturwerk in Unkenntnis der Dinge bereits einen Vertrag über die Vermietung des Kongreßsaales abgeschlossen, der kaum mehr rückgängig gemacht werden könne.
Das Ergebnis der Aussprache faßt Ministerpräsident Dr. Hoegner mit Zustimmung des Ministerrats wie folgt zusammen:
a) Ein Verbot der Schillerfeier am 12. Mai 1955 ist nicht mehr empfehlenswert.21
b) Herr Staatsminister Rucker setzt sich mit Walter von Molo, der aus seinem Schiller-Roman lesen soll, in Verbindung.
c) Die Verbände, welche die Einladung unterschrieben haben, werden von den zuständigen Staatsministerien gewarnt.
Staatsminister Zietsch erinnert daran, daß er im Ministerrat vom 26. April 1955 vorgeschlagen habe, diesen Vorgriffsantrag nicht zu stellen, sondern das Ende Juni zu erwartende Ergebnis der Haushaltsberatungen abzuwarten. Seiner Meinung nach habe sich die Lage inzwischen nicht geändert, so daß er seinen Vorschlag aufrecht erhalte, zumal vor Juni die Zustimmung des Landtags zu diesem Antrag doch nicht zu erhalten sein werde.
Auch Staatssekretär Dr. Haas empfiehlt, die Sache bis zu den Etatberatungen zurückzustellen. Im übrigen warne er nochmals davor, immer wieder neue Stellen zu schaffen und bitte zu überlegen, ob nicht im Bedarfsfalle Beamte und Angestellte anderer Ministerien, die dort überflüssig seien, herangezogen werden könnten.
Der Ministerrat beschließt, den Vorgriffsantrag zunächst nicht zu stellen.
1. Verlängerung der Amtszeit des Regierungspräsidenten von Mittelfranken Dr. Schregle22
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Bezirkstags Mittelfranken, in dem mitgeteilt wird, daß der Bezirkstag einstimmig die Verlängerung der Amtszeit des Regierungspräsidenten Schregle beantrage.
Staatsminister Dr. Geislhöringer bemerkt, zunächst müsse wohl die grundsätzliche Frage der Zuständigkeit geklärt werden. Nach der Verordnung Nr. 153 träten Beamte mit der Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand, für Verlängerungen in besonderen Fällen sei nicht die Staatsregierung, sondern das betreffende Ressortministerium zuständig.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, diese Verordnung stehe im Widerspruch zu Art. 55 der Bayer. Verf. und müsse deshalb abgeändert werden.23 Das Notwendige werde die Staatskanzlei im Benehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen veranlassen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer wendet ein, daß auch der Landtag wiederholt darauf gedrängt habe, man solle die Altersgrenze bei Beamten einhalten. Wenn man im vorliegenden Fall eine Ausnahme mache, so würden sicher zahlreiche Berufungen bei anderen Regierungspräsidenten usw. kommen,
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß den Bezirkstagen in der Bezirksordnung ein Vorschlagsrecht für den Regierungspräsidenten eingeräumt sei. Wenn nun zum erstenmal ein Bezirkstag einstimmig vorschlage, die Amtszeit des bisherigen Regierungspräsidenten zu verlängern, so könne man kaum nein sagen.
Staatssekretär Dr. Haas stimmt zu und betont, daß sich in Ansbach auch die CSU für die Verlängerung ausgesprochen habe. Dr. Schregle habe sich seit 1945 am Wiederaufbau ohne jede Beanstandung beteiligt, ganz abgesehen davon, daß er im Dritten Reich benachteiligt worden sei.
Auch Staatsminister Dr. Baumgartner empfiehlt, etwa bestehende Bedenken zurückzustellen und dem Vorschlag des Bezirkstages nicht zu widersprechen.
Staatsminister Zietsch empfiehlt, der Verlängerung zuzustimmen, diese aber auf ein Jahr zu begrenzen, d.h. bis 30. Juni 1956.
Staatssekretär Dr. Meinzolt gibt dagegen zu bedenken, daß bisher die Amtszeit verdienter Regierungspräsidenten nicht verlängert worden sei. Es werde also jetzt die erste Ausnahme gemacht, was sicher zu Erörterungen in der Öffentlichkeit führen werde.24
Staatsminister Dr. Geislhöringer stellt fest, daß er sich für verpflichtet gehalten habe, auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die vor allem darin bestünden, daß aus dieser Verlängerung entsprechende Folgerungen in anderen Fällen gezogen würden.
Der Ministerrat faßt daraufhin auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten einstimmig25 folgenden Beschluß:
Die Amtszeit des Regierungspräsidenten von Mittelfranken Dr. Schregle wird ausnahmsweise bis zum 30. Juni 1956 verlängert, nachdem sich der Bezirkstag von Mittelfranken einstimmig für eine Verlängerung der Amtszeit ausgesprochen hat.
Staatsminister Zietsch bittet in diesem Zusammenhang noch Herrn Staatsminister Dr. Geislhöringer zu überlegen, wer die Nachfolge des Herrn Ministerialdirektors Dr. Platz antreten könne, dessen Amtszeit schon wiederholt verlängert worden sei.
2. Verlängerung der Amtszeit des Oberlandesgerichtspräsidenten Alfred Resch in München
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, das Staatsministerium der Justiz habe beantragt, die Amtszeit des Oberlandesgerichtspräsidenten Alfred Resch, der am 2.6.1955 das 65. Lebensjahr vollende, zu verlängern; Bedenken gegen die Verlängerung bestünden wohl nicht, zumal Herr Resch vom Ministerrat am 13.4.1954 in Kenntnis seines Alters zum Oberlandesgerichtspräsidenten ernannt worden sei.
Der Ministerrat beschließt, die Amtszeit des Oberlandesgerichtspräsidenten Alfred Resch um ein Jahr, das ist bis 30. Juni 1956 zu verlängern.
3. Versetzung in den Ruhestand des Ministerialdirektors der Bayerischen Staatskanzlei Karl Schwend
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, Ministerialdirektor Schwend trete mit Ablauf des Monats Mai in den Ruhestand. Er werde ihm Dank und Anerkennung im Namen der Bayerischen Staatsregierung aussprechen.
Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zustimmend26 zur Kenntnis.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Antrag der Gemeinde Bad Wiessee auf Zulassung einer Spielbank im Ministerrat vom 3. Mai 1955 erörtert worden sei. Damals sei vereinbart worden, daß das Staatsministerium des Innern eine Antwort auf das Schreiben der Gemeinde vom 29. April 1955 vorbereite.
Staatsminister Dr. Geislhöringer erwidert, der Entwurf sei schon fertiggestellt, er bitte aber, die Sache bis zur nächsten Kabinettsitzung zu verschieben.
Anschließend gibt Staatsminister Dr. Geislhöringer noch Einzelheiten über die Vorbereitungen für die Errichtung von Spielbanken bekannt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht dann, daß sich die Staatsministerien des Innern und der Finanzen über das einzuschlagende Verfahren einigen.28
Ministerpräsident Dr. Hoegner macht darauf aufmerksam, daß durch die Wiedererlangung der deutschen Souveränität die Frage der endgültigen Rückgliederung Lindaus dringend geworden sei. Er wolle jedoch nichts ohne Herrn Kreispräsidenten Zwisler tun und bitte deshalb den Herrn Staatsminister des Innern, Herrn Zwisler kommen zu lassen, um mit ihm alles Nähere zu vereinbaren. Möglicherweise werde ein Übergangsgesetz benötigt.
Ministerialrat Dr. Gerner bemerkt, die Staatskanzlei habe bereits Vorbereitungen getroffen, da sie bisher federführend gewesen sei. In allen Fragen sei aber enge Verbindung mit dem Staatsministerium des Innern gehalten worden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt abschließend fest, daß möglichst rasch ein Abschluß gefunden werden müsse. Die Federführung liege also nach wie vor bei der Staatskanzlei, die enge Verbindung mit dem Staatsministerium des Innern, aber auch mit dem Staatsministerium der Finanzen, zu halten habe.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.30
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, der Ministerrat müsse sich jetzt bald darüber schlüssig werden, ob auch in Bayern eine Landeszentrale für Heimatdienst errichtet werden solle oder nicht. Bis jetzt stehe lediglich dem Staatsministerium des Innern ein Betrag von DM 100 000,- für demokratische Erziehung zur Verfügung, aus dem Zuschüsse an verschiedene Verbände gegeben würden. Wenn nun ebenso wie in den anderen Ländern in Bayern eine Zentralstelle errichtet werde, reiche dieser Betrag natürlich nicht aus.
Staatsminister Zietsch meint, für die Anlaufszeit müßten DM 100 000,- genügen, später könne dieser Betrag dann vielleicht auf ¼ Million DM erhöht werden. An sich sei eine derartige Einrichtung sicher gut, vorausgesetzt, daß eine Persönlichkeit gefunden werde, die sich in jeder Weise eigne.
Staatssekretär Dr. Haas verweist auf die in der vergangenen, Woche durchgeführte Tagung in Wiesbaden, an der Herr Pfefferkorn von der Staatskanzlei teilgenommen habe.32 Er schlage vor, eine Zentrale für Heimatdienst zu errichten und ihre Leitung zunächst Herrn Pfefferkorn zu übergeben, der die notwendigen Aufgaben ohne Personalvermehrung durchführen könne.
Staatssekretär Vetter bemerkt, im Bundeshaushalt seien 3,4 Mio DM für Heimatdienst vorgesehen; im wesentlichen kämen sie Organisationen zugute, über die man aber in Bayern noch keine Kontrolle habe, da hier keine Landeszentrale bestehe. Er spreche sich deshalb auch dafür aus, sie nunmehr zu errichten.
Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:
Es wird eine Landeszentrale für Heimatdienst errichtet. Die organisatorischen Vorarbeiten werden von der Bayer. Staatskanzlei im Benehmen mit dem Staatsministerium des Innern übernommen.33
Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich nach dem Stand der Verhandlungen.
Staatsminister Zietsch führt aus, die Aussichten hätten sich insoferne verbessert, als nun die Spielbank-Frage in ein entscheidendes Stadium trete und es dringend notwendig sei, deshalb ein Hotel ersten Ranges in Bad Reichenhall zu erhalten.35
Leider hätten jedoch die Erörterungen in der Presse über den geplanten Ankauf und über die Besichtigung durch Staatsregierung und Haushaltsausschuß dem Hotel sehr geschadet, das eine Reihe von Absagen erhalten habe.
Er betone nochmals, wie schon in früheren Sitzungen, daß für den Ministerrat entscheidend der Umstand sei, ob man Reichenhall als internationales Bad erhalten wolle oder nicht. Die Bäderpolitik seines Ministeriums habe sich in den letzten Jahren stets bemüht, in die Staatsbäder Gäste aller Art zu bringen. Er glaube durchaus, daß eine Spielbank für dieses Staatsbad eine Belebung mit sich bringen werde, damit natürlich auch für das Hotel; der Staat müsse aber die Dinge in der Hand behalten können.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt die Frage, ob eine Spielbank-Gesellschaft vielleicht das Hotel Axelmannstein erwerben könne.
Staatssekretär Dr. Panholzer hält dies für möglich, meint aber, dann würde die Gesellschaft natürlich verlangen, daß ihr die Spielbank-Abgabe zum Teil erlassen werde.
Staatsminister Zietsch unterstreicht nochmals die Notwendigkeit, das Hotel wegen des Staatsbades anzukaufen. Wenn sich der Ministerrat dagegen entscheide, müßten die Verhandlungen eben abgebrochen werden, dann brauche man aber auch den Landtag nicht. Jedenfalls gehe es nicht an, noch weiter zuzuwarten. Wenn aber Reichenhall als Staatsbad in der bisherigen Form nicht mehr gehalten werden könne, so werde dies natürlich auch Rückwirkungen auf die übrigen Staatsbäder, insbesondere Bad Kissingen, haben. Dies habe er auch dem Landtag deutlich zu verstehen gegeben mit dem Erfolg, daß sich die CSU schon nicht mehr so entschieden wie bisher gegen den Ankauf von Axelmannstein ausspreche.
Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, die Entscheidung nochmals zurückzustellen, bis der Haushaltsausschuß endgültig seine Auffassung dargelegt habe. Er bitte aber den Herrn Finanzminister, im Ausschuß klar und deutlich die Verhältnisse zu schildern und besonders auch die Rückwirkungen auf Bad Kissingen zu betonen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.36
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Präsidenten des Bundesrats, in dem mitgeteilt wird, daß dem Bundesrat demnächst eine Reihe von Gesetzen zur Durchführung des deutschen Verteidigungsbeitrages zugehen würden. Infolgedessen sei es notwendig, einen Bundesratsausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit zu bilden. Herr Ministerpräsident Altmeier bitte, einen Vertreter und zwei Stellvertreter, darunter womöglich den Bevollmächtigten heim Bund, zu benennen.
Der Ministerrat beschließt, dem Bundesratspräsidium als Mitglied den Herrn Ministerpräsidenten, als seine Stellvertreter Herrn Staatssekretär Dr. Haas und den bayerischen Bevollmachtigten beim Bund, Ministerialdirektor Leusser, zu benennen.37
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, die Behandlung dieses Punktes heute zurückzustellen.
Staatsminister Zietsch erklärt sich damit einverstanden, bittet aber, mit der Entscheidung nicht mehr allzu lange zu warten, da in verschiedenen Aktiengesellschaften, an denen der Staat beteiligt sei, demnächst Aufsichtsratssitzungen abgehalten würden.
Es wird vereinbart, die Angelegenheit in der nächsten Ministerratssitzung zu behandeln.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf eine im Passauer Bistumsblatt erschienene Mitteilung, in der behauptet werde, Bayern habe gegen die Normenkontrollklage der Bundesregierung39 gegen Niedersachsen Widerspruch erhoben.40
Diese Behauptung sei bekanntlich völlig unrichtig, es müsse eine Berichtigung im Bistumsblatt durch das zuständige Staatsministerium für Unterricht und Kultus, dem er hiermit die Meldung übergebe, gefordert werden.41
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.42
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, der Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte habe gemeinsam mit denVorsitzenden der großen Vertriebenenverbände einen Aufruf erlassen, eine Erholungshilfsaktion für Kinder aus Lagern und Bunkern zu schaffen. Herr Bundesminister Dr. Oberländer bitte nun mit Schreiben vom 6. April 1955, möglichst bald die Genehmigung der Länderregierungen zu dieser Aktion und deren Anerkennung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig zu erwirken.44
Staatsminister Stain fügt hinzu, er habe wegen dieser Hilfsaktion bereits eine Besprechung mit den Vertretern der drei Landesverbände der Vertriebenen und Flüchtlinge abgehalten und schlage nun folgenden Ministerratsbeschluß vor:45
1. Die Erholungshilfsaktion der Vertriebenen- und Flüchtlingsverbände für Kinder aus Lagern und Bunkern wird mit der allgemeinen Jugenderholungsaktion 1955 organisatorisch verbunden.
2. Der Landesausschuß für die Jugenderholungsaktion 1955 wird um die Vertreter der drei Landesverbände der Vertriebenen und Flüchtlinge erweitert.
3. Der Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge übernimmt mit den Herren Staatsministern des Innern und für Unterricht und Kultus gemeinsam das Protektorat für die koordinierte Jugenderholungsaktion.
4. Die vom Herrn Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte mit Note vom 6.4.1955 erbetene Genehmigung zu dem Spendenaufruf für die Hilfsaktion der Vertriebenenverbände wird erteilt; der auf Bayern entfallende Anteil des Spendenaufkommens aus dem gesamten Bundesgebiet bei dem „Bankverein Westdeutschland“ in Bonn sollte jedoch global auf das bereits für die allgemeine Jugendaktion 1955 bei der Geschäftsstelle der freien Wohlfahrtsverbände in Bayern errichtete Spendenkonto abgeführt werden.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Bayern und die zuständigen Abteilungen des Staatsministeriums des Innern seien bereits unterrichtet und mit diesen Vorschlägen einverstanden.
Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Herrn Staatsministers Stain entsprechend zu verfahren.46
Staatsminister Dr. Baumgartner verliest ein Schreiben des Rechtsberaters des Auswärtigen Amtes, Prof. Dr. Kaufmann, vom 4. Mai 1955, in dem gebeten wird, für den Aufbau der deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften geeignete Beamte zu benennen, die über Sprachkenntnisse verfügten und entweder der inneren oder der Finanz- und Wirtschaftsverwaltung angehörten. Das Institut plane im Juli 1955 eine Konferenz in Oxford.48
Es wird beschlossen, einen Abdruck des Briefes allen Staatsministerien zuzuleiten, damit dann nach Möglichkeit der Staatskanzlei Vorschläge gemacht werden können.49
Der Ministerrat beschließt, die Besprechung dieses Punktes acht Tage zurückzustellen.51
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, er habe ein Schreiben des Griechischen Konsulats in Frankfurt/M. vom 3. Mai 1955 erhalten, in dem unter Hinweis auf die schweren Schäden, die das letzte Erdbeben in der Stadt Volos in Thessalien verursacht habe, um Hilfe der befreundeten Völker gebeten werde. Der Griechische Konsul habe bei einem Besuch in München noch mitgeteilt, daß sich sowohl die Bundesrepublik als auch die einzelnen Länder an den Hilfsmaßnahmen beteiligen wollten.
Er schlage vor, aus Epl. 13 einen Betrag von DM 5 000,– zu bewilligen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, nach der Firma Perutz habe sich nun auch der Verein Münchener Brauereien an die Staatsregierung gewandt und Bedenken gegen die Errichtung eines Atom-Meilers bei München erhoben. U.a. werde befürchtet, daß die Abwässer des Meilers das Braugewerbe ungünstig beeinflußen könnten.53
Staatsminister Dr. Baumgartner meint, man dürfe diese Bedenken nicht zu leicht nehmen. Er habe bereits im Jahre 1954 nach Rücksprache mit einem Atom-Forscher zwölf Fragen an die Staatsregierung gerichtet, die sich mit den Auswirkungen eines Atom-Meilers beschäftigt hätten. Diese Fragen seien zum größten Teil gar nicht oder unbefriedigend beantwortet worden.
Die Staatsregierung habe bei ihrer Entscheidung eine schwere Verantwortung, er bitte deshalb Professor Heisenberg zu veranlassen, die von ihm früher gestellten zwölf Fragen zu beantworten. Wenn man den ersten Fachmann auf diesem Gebiet anhöre und ein befriedigende Auskunft erhalten habe, könne kein Vorwurf mehr erhoben werden.
Staatsminister Rucker erklärt sich bereit, diese Fragen zwar nicht Professor Dr. Heisenberg unmittelbar, sondern den zuständigen Gremien der Max-Planck-Gesellschaft usw. vorzulegen.
Abschließend wird vereinbart, die Eingabe des Vereins Münchener Brauereien dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus zuzuleiten.54
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest die kurzen Anfragen, die in der heutigen Fragestunde des Bayer. Landtags an die Staatsregierung gerichtet werden. Dabei wird vereinbart, welcher der Herren Staatsminister jeweils die Beantwortung übernimmt.55
a) Ausstellung „Neues Bauen“, Augsburg, 14. Mai 1955
Staatsminister Dr. Geislhöringer erklärt sich bereit, die Vertretung der Staatsregierung bei der Eröffnung dieser Ausstellung zu übernehmen.
b) 250-Jahrfeier der Schlacht bei Aidenbach
Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, die Gemeinde Aidenbach beabsichtige, am 6. Januar 1956 die 250. Wiederkehr der Schlacht bei Aidenbach zu feiern und bitte deshalb bis zu diesem Zeitpunkt die Straße Aldersbach-Aidenbach instand zu setzen.
Staatsminister Dr. Baumgartner erkundigt sich, ob aus den dem Haushaltsjahr 1954 noch zur Verfügung stehenden Mitteln für den Straßenbau nicht Niederbayern besonders berücksichtigt werden könne, wo die Straßenverhältnisse tatsächlich sehr im argen lägen.
Staatsminister Zietsch meint, das Innenministerium müsse eben die Oberste Baubehörde entsprechend anweisen; das sei durchaus möglich, auch wenn der Landtag ein Dringlichkeitsprogramm aufgestellt habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, die Frage des Straßenbaus im allgemeinen und der Berücksichtigung der einzelnen Regierungsbezirke in einer Koalitionssitzung zu besprechen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden,
c) St. Ulrichs-Woche in Augsburg56
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat vor kurzem eine Einladung des Bischofs von Augsburg zur St.-Ulrichs-Woche besprochen und vereinbart habe, daß die Bayerische Staatsregierung dabei durch Herrn Staatsminister Rucker vertreten wird. Nun wende sich das Lokalkomitee an die Staatsregierung mit der Bitte um einen Zuschuß in erheblicher Höhe. U.a. werde erklärt, das Auswärtige Amt beabsichtige gleichfalls einen Zuschuß für diese Veranstaltung, die gesamteuropäischen Charakter trage, zu geben, falls Bayern sich in gleicher Weise beteilige.
Man könne das Gesuch wohl nicht ablehnen, wenn es ihn auch etwas sonderbar berühre, daß die Stadt Augsburg und die Diözese verschiedene Veranstaltungen durchführten. Er schlage vor, für die St. Ulrichs-Festwoche aus Epl. 13 einen Zuschuß von DM 3 000,- zu gewähren.
Der Ministerrat erklärt sich mit Mehrheit damit einverstanden.
d) Jahresversammlung der Gesellschaft deutscher Chemiker vom 11. bis 16. September 1955 in München
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, die Gesellschaft deutscher Chemiker habe ihn gebeten, das Protektorat über die Jahresversammlung im September 1955 zu übernehmen; dem Ehrenausschuß gehörten auch die Herren Staatsminister Bezold und Rucker an. Er habe keine Bedenken, dieser Bitte zu entsprechen.
Der Ministerrat nimmt die Mitteilung zur Kenntnis,
e) Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, er habe bei einer Versammlung in Würzburg angekündigt, daß die Staatsregierung einmal eine Kabinettssitzung in Würzburg abhalten werde. Er dürfe wohl nachträglich das Einverständnis des Ministerrats einholen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, diese Sitzung am 31. Mai 1955 um 11 Uhr abzuhalten und dazu auch Würzburger Persönlichkeiten einzuladen, z.B. den Oberbürgermeister, die Präsidenten der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer, Vertreter des Bauernverbandes, den Regierungspräsidenten usw. Am Nachmittag könnte dann Veitshöchheim besichtigt werden.
Es sei wohl am zweckmäßigsten, wenn die Einzelheiten zwischen der Staatskanzlei und dem Regierungspräsidenten von Würzburg vereinbart würden.
Der Ministerrat beschließt, am 31. Mai 1955, 11 Uhr, in Würzburg eine Kabinettsitzung abzuhalten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben der Apostolischen Nuntiatur in Deutschland vom 6. Mai 1955, in dem mitgeteilt wird, daß seine Heiligkeit Papst Pius XII. beabsichtige, den Hochschulprofessor Dr. Josef Schneider in Bamberg zum Erzbischof von Bamberg zu ernennen. Gleichzeitig werde mit der Bitte um vertrauliche Behandlung angefragt, ob gegen die Ernennung seitens der Bayerischen Staatsregierung Bedenken politischer Natur bestünden.
Staatsminister Rucker und Staatssekretär Meinzolt erklären, ihnen sei Herr Prof. Schneider nicht bekannt.
Anhand des herbeigeholten Personalaktes wird festgestellt, daß Herr Prof. Dr. Schneider im Jahre 1945 einen Lehrauftrag an der Hochschule in Bamberg erhalten hat und seit 1946 dort o. Professor für Moraltheologie ist.
Der Ministerrat beschließt einstimmig, der Apostolischen Nuntiator mitzuteilen, daß gegen die Ernennung keine politischen Bedenken bestünden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bittet abschließend nochmals, die Angelegenheit absolut vertraulich zu behandeln und betont außerdem, er werde im Antwortschreiben nur auf das bayerische Konkordat, nicht aber auf das Reichskonkordat Bezug nehmen.