PDF
Nr. 22MinisterratssitzungDienstag, 29. März 1955 Beginn: 9 Uhr Ende: 11 Uhr 45
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium).

Entschuldigt:

Kultusminister Rucker, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium).

Tagesordnung:

I. Bundesratsangelegenheiten. II. Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Ermächtigung des Staatsministeriums der Finanzen zur Aufnahme von Krediten im Rechnungsjahr 1955 (Vorläufiges Kreditermächtigungsgesetz 1955). III. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Steuergutscheine (3. Steuergutscheinänderungsgesetz). IV. Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1955 bis zum Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 1955 (Entwurf einer Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushaltes 1955). V. Organisatorische Gestaltung der Arbeit zur Sammlung des bayerischen Landesrechts. VI. Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Ausübung der schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben. VII. Personalangelegenheiten. VIII. Einführung des neuen Präsidenten des Bundesfinanzhofs. IX. Schutzgitter an der Großhesseloher Brücke. X. Wiederaufbau der Herzog-Max-Burg. XI. Bekanntmachung über Rundfunkreden von Beamten. XII. „8 Uhr Blatt Nürnberg. XIII. Fall Schörner. XIV. Thesaurierungspolitik des Bundesfinanzministers. XV. Einweihung des Schiffes Seeshaupt am 30. März 1955. XVI. Eröffnung der Deutschen Lufthansa am Freitag, den 1. April 1955.

Zu Beginn der Sitzung erklärt Staatsminister Dr. Baumgartner unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der außerordentlichen Ministerratssitzung vom 28. März 1955, er sei bereit, dem vom Staatsministerium der Finanzen vorgelegten Entwurf für einen Vertrag zwischen dem Bayerischen Staat und der Maxhütte AG seine Zustimmung zu erteilen.1

Diese Mitteilung wird zur Kenntnis genommen

I.Bundesratsangelegenheiten

1.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz)2

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß das Finanzverfassungsgesetz das für die Länder im Verhältnis zum Bund bedeutungsvollste aller jetzt im Entwurf vorliegenden Finanzgesetze sei.

Zu diesem Entwurf habe er ein Fernschreiben und einen gleichlautenden Brief des Herrn Bundeskanzlers bekommen, in dem etwa folgendes ausgeführt werde:

Der Bundestag habe die Vorschläge des Vermittlungsausschusses zur Finanzreform am 24. März 1955 nahezu einstimmig angenommen, Vertreter aller Fraktionen hätten die staatspolitische Bedeutung des Reformwerks unterstrichen und bekundet, dank dem verständnisvollen Zusammenwirken aller Beteiligten sei es gelungen, eine für Bund und Länder annehmbare Verständigungslösung zu finden.

Weiter heiße es, es sei nun Aufgabe des Bundesrats, Stellung zu nehmen, die Bundesregierung hoffe mit dem Bundestag, daß auch der Bundesrat zustimmen werde. Der Bundeskanzler erkläre, über die Notwendigkeit und das Ziel der Finanzreform bestehe allseits Einvernehmen, er selbst sei überzeugt, daß die finanzielle Grundlage der Länder und damit die föderative Grundordnung der Bundesrepublik durch die Finanzreform eine staatliche verfassungsrechtliche Sicherung erhalten werde. Er weise darauf hin, daß die Finanzbedürfnisse der Länder kraft zwingender Verfassungsvorschrift als gleichberechtigt gegenüber den Bundesbedürfnissen gelten sollten, die Länder gegen die finanzielle Mehrbelastung durch die Bundesgesetzgebung verfassungsrechtlich gesichert werden sollten, die Lebensfähigkeit und Eigenständigkeit auch der leistungsschwachen Länder durch einen Finanzausgleich gewährleistet werden sollten und alle künftigen Entscheidungen über das finanzielle Verhältnis zwischen Bund und Ländern an die Zustimmung des Bundesrats gebunden werden sollten. Dies gelte insbesondere für die Verteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer.

Schließlich erkläre der Herr Bundeskanzler, im Vermittlungsausschuß sei den Forderungen des Bundesrats zum Finanzverfassungsgesetz in entscheidenden Punkten entsprochen worden. Wenn noch gewisse Wünsche offen geblieben seien, solle dies angesichts der Bedeutung des Gesamtwerkes die Entscheidung des Bundesrats nicht beeinflußen, zumal nur verhältnismäßig unbedeutende Meinungsverschiedenheiten übrig geblieben seien.

Staatsminister Zietsch erklärt mit Nachdruck, dieses Schreiben entspreche keineswegs den Tatsachen, gerade in den entscheidenden Fragen seien die Wünsche des Bundesrats nicht berücksichtigt worden.

Ministerialrat Dr. Gerner fügt hinzu, die Parität zwischen dem Bund und den Ländern werde in keiner Weise gewahrt. Nach Art. 107 GG solle die endgültige Verteilung der der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegenden Steuern auf Bund und Länder durch Bundesgesetz erfolgen, das der Zustimmung des Bundesrats bedürfe, wobei das Schwergewicht auf „endgültig“ liege. Aus dieser Verfassungsvorschrift versuche der Bundestag etwas ganz anderes zu machen. Es treffe auch nicht zu, daß die Länder frei seien, im Gegenteil hingen die Ausgabebedürfnisse der Länder weitgehend von der Bundesgesetzgebung ab. Der Haushalt des Bundes werde immer im Vordergrund stehen, so daß die Länder zu kurz kämen. Man könne deshalb die Ausführungen in dem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers nur als akademische Formulierungen bezeichnen.

Nach dem vorliegenden Entwurf solle die Verteilung der Anteile von Bund und Ländern nur geändert werden können, wenn und insoweit sich das Bedarfsverhältnis zu Lasten des Bundes und der Länder erheblich geändert habe. Wer habe darüber zu entscheiden? Praktisch bedeute das doch, daß das Tauziehen zwischen Bund und Länder mindestens in zwei Jahren von neuem beginnen werde.

Staatsminister Zietsch betont, daß die vorgesehene Regelung zweifellos gegen den Sinn des Art. 107 GG verstoße.

Staatssekretär Dr. Haas bemerkt, je nachdem wo besondere Ausgabenfreudigkeit herrsche, werde sich die Situation zu Lasten des anderen verschlechtern.

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, es bestünden in der Tat große Zweifel, ob diese Lösung verfassungsrechtlich überhaupt möglich sei, da sie – wie gesagt – nicht als endgültig im Sinne des Art. 107 GG betrachtet werden könne. Von den weniger wichtigen Fragen, die aber auch für die Länder bedeutungsvoll seien, ganz abgesehen, reichten seiner Meinung nach die Bedenken aus, die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf zu versagen. In diesem Falle sei der Bund gezwungen, einen neuen Entwurf auszuarbeiten. Er glaube, daß fast alle Länder die Zustimmung nicht erteilen würden.

Staatsminister Zietsch teilt mit, in der letzten Finanzministerkonferenz am vergangenen Donnerstag habe es sich gezeigt, daß außer Bayern auch die Länder Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Bremen die Zustimmung versagen würden; zweifelhaft sei noch die Haltung von Niedersachsen.

Man habe sich dann überlegt, ob der Bundesrat einfach ablehnen solle oder ob er, um seine Bereitschaft zu zeigen und den Sinn des Art. 107 GG zu erfüllen, von sich aus gleichzeitig einen Initiativantrag einbringen soll, der bekunde, was sich die Länder unter einer Regelung nach Art. 107 GG vorstellten.

Zum Inhalt soll dieser Antrag den Bundesratsbeschluß vom November 1953 haben, ein Vorschlag, der damals auch von der Bundesregierung ernsthaft besprochen worden sei. Bekanntlich habe sich erst im Laufe des Jahres 1954 die Situation im Bundestag verschlechtert, weshalb man dann den Vermittlungsausschuß angerufen habe.

Baden-Württemberg werde einen solchen Antrag vorbereiten, er selbst habe für Bayern erklärt, er werde den Ministerrat um die Erlaubnis bitten, den Antrag mitunterschreiben zu können. Inzwischen sei der Text ausgearbeitet worden und dem Finanzministerium zugegangen, irgendein Bedenken, die Unterschrift zu leisten, bestehe nicht. Im einzelnen dürfe er darauf hinweisen, daß die sogenannten kleinen Steuern danach bei den Ländern verbleiben sollen. Ferner sollten auch die Einkommen- und Körperschaftsteuern nach wie vor Ländersteuern bleiben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner begrüßt es, daß der Bundesrat gleich mit einem Gegenvorschlag auftreten könne.

Der Ministerrat beschließt daraufhin einstimmig, dem Entwurf des Finanzverfassungsgesetzes die Zustimmung zu versagen und dem Gegenvorschlag des Bundesrats zuzustimmen.

Staatsminister Zietsch bemerkt, es werde ein gemeinsamer Antrag sein, der von vier Ländern unterschrieben werde.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt dann, er halte es für richtig, das Schreiben des Herrn Bundeskanzlers zu beantworten; er bitte deshalb, das Finanzministerium möge ihm den Entwurf für eine kurze Antwort zuleiten.

Staatsminister Dr. Koch empfiehlt, bei diesem Schreiben darauf Rücksicht zu nehmen, daß es unter Umständen veröffentlicht werden müsse.

Staatsminister Dr. Baumgartner schließt sich an und empfiehlt, in der Note an den Bundeskanzler die Tatsachen klar und deutlich herauszustellen.

Staatsminister Zietsch macht dann abschließend noch folgende Bemerkungen:

1. Bei der Abstimmung im Bundestag hätten nur einige wenige Abgeordnete der CSU gegen die Einigungsvorschläge des Vermittlungsausschusses gestimmt. Diese Tatsache sei politisch immerhin bedeutungsvoll, da die CSU in Zukunft nicht behaupten könne, sie sei im Bundestag für die Rechte der Länder eingetreten.

2. Was den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer betreffe, so hätten die Finanzminister der Länder nach einer Berechnung von Nordrhein-Westfalen vereinbart, vorerst den Bundesanteil um 5½ % zu kürzen. Er habe schon eine Weisung herausgegeben, daß ab 1. April 1955 der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Höhe von 32½ % täglich mit dem Bund abgerechnet werde.

Der Ministerrat beschließt, dieser Anordnung zuzustimmen.3

2.Entwurf eines Gesetzes zur Regelung finanzieller Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (Viertes Überleitungsgesetz)4

Ministerialrat Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß es sich hier um das bisherige Finanzanpassungsgesetz handle.

Wenn auch im Koordinierungsausschuß der Vertreter des Finanzministeriums5 empfohlen habe, dem Entwurf gemäß Art. 78 GG zuzustimmen, so müsse doch gesagt werden, daß erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, die sich gegen § 2 Abs. 1 Ziff. 4 und damit gegen die Neufassung des § 4 Abs. 2 des Ersten Überleitungsgesetzes richteten.6 Die neue Fassung würde zu einer bisher vom Bundesrat für unzulässig angesehenen Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern führen und damit gegen den Wortlaut des Art. 84 Abs. 5 GG verstoßen.7 Bekanntlich sehe Art. 84 Abs. 5 GG nur

1. Einzelweisungen für besondere Fälle vor und

2. gelte das Weisungsrecht nur für die Bundesregierung nicht für einzelne Bundesministerien. Hier werde nun im Bereich der Kriegsopferversorgung davon abgewichen, mit der Gefahr, daß eine finanzpolitische Präzedenzwirkung entstehe. In jedem Bereich, in dem die Länder Bundesmittel verwalteten, könne man sich nun auf den vorliegenden Gesetzentwurf berufen. Schon aus diesem Gesichtspunkt könne man eigentlich dem Entwurf nicht zustimmen. Die Ablehnung könne man mit verfassungsrechtlichen Gründen belegen, dagegen sei es nicht mehr möglich, die Streichung einzelner Bestimmungen zu beantragen.

Staatssekretär Weishäupl schließt sich Ministerialrat Dr. Gerner an und meint, vielleicht habe man bei Punkt 4) der Tagesordnung (Entwurf eines Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung) in der gleichen Sache nur deshalb nachgegeben, weil man mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den gleichen Zweck erreichen könne.

Wenn das Vierte Überleitungsgesetz in der vorliegenden Form angenommen werde, könne den Ländern in den kleinsten Dingen hineingeredet werden, z.B. bei der Einweisung eines Versorgungsberechtigten aus Bayern in eine Schweizer Kuranstalt.

Er erwarte sich außerordentliche Schwierigkeiten, wenn man von dem Grundsatz, daß die Länder die Träger der Verwaltung seien, in diesem Punkt abweiche.

Der Ministerrat beschließt, diesem Entwurf nicht zuzustimmen mit einer Erklärung, die sich auf verfassungsrechtliche Gründe beschränke.

Ministerialrat Dr. Gerner bittet den Herrn Finanzminister, doch noch feststellen zu lassen, welche der Länder der gleichen Meinung seien, unter Umständen könne dann ein Antrag auf Versagung der Zustimmung gestellt werden.

Staatsminister Dr. Koch hält noch eine Verfassungsklage möglich, dies solle man zumindest andeuten.8

3.Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern (Länderfinanzausgleichsgesetz)9

Staatsminister Zietsch führt aus, die vorgesehene Regelung des Länderfinanzausgleichs sei dieses mal günstig ausgefallen, nachdem sich die Abgabeländcr sehr großzügig verhalten hätten. Die Verbesserung bestehe darin, daß die Ausgleichsmaße jetzt 450 Mio DM betrage und die finanzschwachen Länder damit spürbar berücksichtigt werden könnten. Bayern erhalte jetzt 70 Mio DM. Von noch größerem Wert sei es aber, daß sich jetzt auf Jahre hinaus ein wirksames System für den Finanzausgleich gefunden habe.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.10

4.Entwurf eines Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung11

Zustimmung.12

5.Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 195413

Zustimmung gemäß Art. 106 Abs. 314 in Verbindung mit Art. 78 GG.15

6.Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes 195416

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, der Koordinierungsausschuß schlage vor, im Anschluß an die Empfehlungen sämtlicher Ausschüsse dem Gesetzentwurf gem. Art. 105 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 78 GG zuzustimmen.17

Staatsminister Dr. Baumgartner bittet zu überlegen, ob sich Bayern bei diesem umstrittenen Gesetz der Stimme enthalten solle. Ausgenommen von dem Gesetz seien zwar Milcherzeugnisse, Fische, Obst, Mineralwasser usw., dagegen nicht Mehl, Getreide, Gemüse und Eier, also Produkte, die gerade für Bayern wichtig seien.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths warnt davor, dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen im Hinblick auf die Gefahr, daß er scheitern könne; übrigens habe auch der Agrarausschuß zugestimmt, ebenso wie der Wirtschaftsausschuß, nachdem keine Möglichkeit mehr bestanden habe, den Katalog der Ausnahmen noch zu ändern.

Staatssekretär Dr. Haas meint, über den Katalog könne man natürlich verschiedener Meinung sein, man solle aber doch davon die Zustimmung nicht abhängig machen. Die Linie des Gesetzes sei richtig und müsse seiner Auffassung nach eingehalten werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt zu und verweist auf die unerhörte Belastung der Straßen gerade in Bayern, die auch in diesem Frühjahr zu sehr schweren Frostschäden geführt habe. Voraussichtlich müßten alle Straßenbaumittel für die Wiederherstellung der zerstörten Straßen verwendet werden.

Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, dem Gesetzentwurf zuzustimmen und sich nicht der Stimme zu enthalten.18

7.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs19

Es wird beschlossen, keinen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen und auch keinen derartigen Antrag eines anderen Landes zu unterstützen.

9.Entwurf einer … Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (… AbgabenDV-LA – Schuldübernahme-, Haftungs- und Aufteilungsverordnung)22

Der Ministerrat beschließt, die Regierungsvorlage zu unterstützen, dagegen nicht die Empfehlungen der Ausschüsse in der BR-Drucks. Nr. 57/1/55.23

11.Entwurf einer Zehnten Verordnung über Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz zugleich Vierte Verordnung zur Durchführung des Feststellungsgesetzes (10. LeistungsDV-LA = 4. FeststellungsDV)25

Von den Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 58/1/55 werden diejenigen unter Ziff. II 1, 2 und 4 unterstützt, dagegen nicht diejenige unter Ziff. II 3.26

12.Entwurf einer Dreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen27

Bedenken werden nicht erhoben.

13.Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1952; hier: nachträgliche Genehmigung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben28

Dem Vorschlag des Finanzausschusses wird zugestimmt.29

14.Benennung eines Vertreters des Landes Bayern für die Verwaltungsräte der Deutschen Siedlungsbank und der Deutschen Landesrentenbank30

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, der Finanzausschuß und der Agrarausschuß hätten empfohlen, der Bundesrat soll sich dem bayerischen Vorschlag anschließen, als Vertreter für die Verwaltungsräte der Deutschen Siedlungsbank und der Deutschen Landesrentenbank Herrn Regierungsdirektor Dr. Engelhardt zu benennen.

18.a) und b) Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes35

Der Ministerrat beschließt, dem vom Bundestag beschlossenen Initiativgesetzentwurf gemäß Art. 84 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 78 GG zuzustimmen.

Damit erledigt sich der bayerische Antrag in BR-Drucks. Nr. 72/55.36

20.Bestimmung von Regierungsdirektor Dr. Krauss, Hamburg, als Mitglied im Verwaltungsbeirat der Bundesanstalt für Flugsicherung an Stelle des leitenden Regierungsdirektors Dr. Rogge, Hamburg38

Die Empfehlung des Ausschusses für Verkehr und Post (BR-Drucks. Nr. 70/1/55) wird unterstützt.

21.Benennung von Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr Otto Bezold, Bayern, als Mitglied im Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost an Stelle von Staatsminister a.D. Dr. Seidel, Bayern39

Ministerialrat Dr. Gerner teilt mit, der Ausschuß für Verkehr und Post empfehle, daß sich der Bundesrat dem bayerischen Vorschlag anschließe.

22.Entwurf einer Verordnung über eine einmalige Statistik der Lager und Lagerinsassen40

Die Empfehlungen in BR-Drucks. Nr. 16/1/55 Ziff. 1 a, 2, 3 und 4 werden unterstützt, damit wird die Empfehlung unter Ziff. 1 b gegenstandslos.41

24.Veränderung bei der Besetzung der Vertreter und Stellvertreter der obersten Landesbehörden für Ernährung und Landwirtschaft in den Verwaltungsräten der Einfuhr- und Vorratsstellen43

Es wird beschlossen, dem Vorschlag des Landes Niedersachsen zu entsprechen.

II.Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Ermächtigung des Staatsministeriums der Finanzen zur Aufnahme von Krediten im Rechnungsjahr 1955 (Vorläufiges Kreditermächtigungsgesetz 1955)44

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, die beiden letzten Zeilen des Art. 4 des Gesetzentwurfes zu streichen, der damit folgende Fassung erhalte:45

„Dieses Gesetz ist dringlich. Es tritt am 1. April 1955 in Kraft.“

Im übrigen seien wohl gegen den vorliegenden Entwurf keine Bedenken zu erheben.

Der Ministerrat bcschließt, dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zuzustimmen, daß Art. 4 dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend abgeändert wird.46

III.Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Steuergutscheine (3. Steuergutscheinänderungsgesetz)47

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß dieser Gesetzentwurf verspätet vorgeleegt worden sei, so daß es nicht möglich gewesen sei, zu ihm Stellung zu nehmen. Nachdem die nächste Plenarsitzung des Landtags erst am 19. April 1955 statt finde, könne man die Behandlung wohl bis zum 5. April 1955 zurückstellen.

Staatsminister Zietsch erwidert, an sich habe er gegen die Verschiebung nichts einzuwenden, nachdem aber kaum Bedenken erhoben werden könnten, bitte er – wenn möglich – doch das Gesetz heute zu verabschieden. Die in dem Entwurf vorgesehene Verlängerung der Laufzeit der Steuergutscheine sei im Hinblick auf das Kreditermächtigungsgesetz48 notwendig.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zuzustimmen.49

IV.Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1955 bis zum Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 1955 (Entwurf einer Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushaltes 1955)50

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß gegen den Entwurf, der sich mit dem entsprechenden Entwurf des Vorjahres im wesentlichen decke,51 keine Bedenken bestünden. Er bitte jedoch dringend dahin zu wirken, daß diese Verordnung, die ja jedes Jahr in der gleichen Form erlassen werde, nicht erst in den allerletzten Tagen des März vorgelegt werde. Es sei nur unter Schwierigkeiten möglich, in zwei Tagen die Verordnung auszufertigen, ihren Druck und die Auslieferung des Gesetz- und Verordnungsblattes zu erreichen.

Außerdem halte er es nicht für notwendig, daß die Veröffentlichung außer im GVBl. auch noch im Staatsanzeiger erfolge; dies sei auch im vergangenen Jahr nicht der Fall gewesen.

Staatsminister Zietsch bestätigt, daß die Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt ausreiche, er könne deshalb auf die Bekanntmachung im Staatsanzeiger verzichten.

Außerdem werde er veranlassen, daß künftig die Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushalts rechtzeitig vorglegt werde.

Der Ministerrat beschließt, dem Entwurf dieser Verordnung zuzustimmen.52

VO über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushalts 1955 (Vorläufige Vollzugs-VO zum Staatshaushalt 1955) vom 30. März 1955

V.Organisatorische Gestaltung der Arbeit zur Sammlung des bayerischen Landesrechts53

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, nachdem ab 1. April 1955 ein Beamter in der Bayerischen Staatskanzlei mit der Sammlung der noch geltenden Vorschriften des bayerischen Landesrechts beginnen soll, sei ein Ministerratsbeschluß folgenden Inhalts notwendig:

„1. Jedes Staatsministerium betraut – ebenso wie die Staatskanzlei – mindestens einen Beamten des höheren Dienstes hauptamtlich mit der Aufgabe der Sammlung des bayerischen Landesrechts.

2. Der unter dem Vorsitz des Leiters der Rechtsabteilung der Staatskanzlei stehende Hauptausschuß zur Sammlung des bayerischen Landesrechts bleibt bestehen und bildet einen ‚Arbeitskreis‘, dem als Beauftragte der Mitglieder des Hauptausschusses je ein hauptamtlich für die Sammlung des Landesrechts eingesetzter Beamter jedes Staatsministeriums angehört und dessen Vorsitz der mit der gleichen Aufgabe betraute Beamte der Staatskanzlei führt. Der Vorsitzende des Arbeitskreises ist befugt, Sitzungen des Arbeitskreises anzuberaumen und deren Tagesordnungen festzusetzen.

3. Nähere Richtlinien über die Tätigkeit des Arbeitskreises werden vom Hauptausschuß getroffen. Ebenso werden im Verlauf der Arbeit im Arbeitskreis auftretende Zweifelsfragen über das Verfahren vom Hauptausschuß entschieden, der seinerseits in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung des Ministerrats einholt.“

Der Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend zu verfahren.

Auf Frage von Staatsminister Dr. Baumgartner erwidert Ministerpräsident Dr. Hoegner, in jedem Ministerium müsse ein Beamter beauftragt werden, der sich hauptamtlich mit der Sammlung des bayerischen Landesrechts beschäftige, da diese Aufgabe nicht im Nebenamt erfüllt werden könne.

Ministerialrat Dr. Gerner weist noch darauf hin, daß das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr bisher die Sammlung am weitesten durchgeführt habe.54

Landesrecht, Bayer., Bereinigung

VI.Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Ausübung der schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben55

Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat am 25.1.1955 beschlossen habe, den Abschluß dieser Vereinbarung zurückzustellen, bis das zur Zeit vorbereitete Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt56 erlassen sei oder wenigstens bis feststehe, ob die in diesem Entwurf vorgesehenen Regelungen die Billigung des Bundesrats fänden.

Das Staatsministerium des Innern bitte den Ministerrat, nun doch die Zustimmung zu der Vereinbarung zu erteilen mit der Begründung, daß die Vertreter Bayerns im Arbeitskreis II der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer der Vereinbarung bereits zugestimmt und den übrigen Ländern die Annahme der Vereinbarung empfohlen hätten.57 Unter diesen Umständen bleibe wohl nichts anderes übrig, auch wenn die rechtlichen Bedenken nicht ausgeräumt seien, als der Vereinbarung zuzustimmen.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.58

Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Ausübung der schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben

VII.Personalangelegenheiten

1. Neubesetzung der Stellen der Oberfinanzpräsidenten in München und Nürnberg59

a) Staatsminister Zietsch teilt mit, er habe sich mit dem Herrn Bundesfinanzminister dahin geeinigt, zum Nachfolger des mit Ablauf des Monats März in den Ruhestand tretenden Oberfinanzpräsidenten Prugger den derzeitigen Oberfinanzpräsidenten in Nürnberg, Dr. Heinrich Fürholzer, vorzuschlagen.

Der Ministerrat beschließt, der Ernennung des Oberfinanzpräsidenten Dr. Fürholzer zum Oberfinanzpräsidenten in München zuzustimmen.

b) Staatsminister Zietsch fährt fort, was nun die Neubesetzung der Stelle des Oberfinanzpräsidenten in Nürnberg betreffe, so habe er ursprünglich beabsichtigt, den derzeitigen Leiter der Steuerabteilung der Oberfinanzdirektion Nürnberg, Finanzpräsidenten Wilhelm Teufel, vorzuschlagen, nachdem dieser ausgezeichnet qualifiziert sei und alle Voraussetzungen mit sich bringe.

Der Herr Bundesminister der Finanzen schlage dagegen für die Stelle des Oberfinanzpräsidenten in Nürnberg den Ministerialrat im Bundesfinanzministerium Sebastian Pollinger vor, der zweifellos auch geeignet sei. Leider sei Herr Teufel in den letzten Tagen schwer erkrankt, deshalb neige er nun doch dazu, dem Bundesfinanzminister entgegen zu kommen und sich mit dem Vorschlag Pollinger einverstanden zu erklären, zumal es sich bei ihm auch um einen in jeder Weise qualifizierten Beamten handle.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, der Ernennung des Ministerialrats Pollinger zum Oberfinanzpräsidenten in Nürnberg zuzustimmen.

Staatsminister Bezold wendet sich in diesem Zusammenhang dagegen, in der Staatsverwaltung ein Spezialistentum zu züchten und für bestimmte Posten nur Beamte für geeignet zu halten, die aus einer ganz spezialisierten Laufbahn kämen. Früher sei es durchaus üblich gewesen, jeden Juristen, der den Staatskonkurs abgelegt habe, auf jedem Posten der Verwaltung zu verwenden.

Staatsminister Dr. Geislhöringer und Staatsminister Zietsch stimmen dieser Auffassung im Grundsatz zu, betonen aber, bei den Spitzenstellungen sei es kaum mehr möglich, auf Spezialisten zu verzichten.

2. Ernennung des Regierungsdirektors und Ministerialrats zur Wiederverwendung Dr. Philipp Bussigel zum Ministerialrat im Staatsministerium der Finanzen60

Staatsminister Zietsch erinnert daran, daß der frühere Ministerrat in der Sitzung vom 3.11.1954 diese Ernennung zurückgestellt habe; das Finanzministerium wiederhole nun seinen Vorschlag und betone, daß bei Dr. Bussigel, der die Rechtsabteilung im Finanzministerium leite, wichtige dienstliche Gründe im Sinne des § 18 der Laufbahnverordnung vom 23.6.1952 vorlägen.

Auch Staatssekretär Dr. Panholzer spricht sich mit Wärme für den Vorschlag aus.

Der Ministerrat beschließt, Regierungsdirektor Dr. Bussigel zum Ministerialrat zu ernennen.

3. Entlassung des Ministerialrats Dr. Wirsching aus dem Bayerischen Staatsdienst

Der Ministerrat beschließt, auf Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen Ministerialrat Dr. Wirsching, der am 1.4.1955 in den Vorstand der Bayerischen Landwirtschaftsbank eGmbH. eintrete, aus dem Bayerischen Staatsdienst zu entlassen, ferner ihm anläßlich seines Ausscheidens den Dank und die Anerkennung der Staatsregierung auszusprechen und ihm die Erlaubnis zu erteilen, die Amtsbezeichnung Ministerialrat dem Zusatz „a.D.“ fortzuführen.

VIII.Einführung des neuen Präsidenten des Bundesfinanzhofs

Staatsminister Zietsch teilt mit, am Samstag sei der neue Präsident des Bundesfinanzhofs, Herr Dr. Heßdörfer, durch den Bundesfinanzminister eingeführt worden. Zu seinem Erstaunen habe er nun erfahren, daß bei dieser Gelegenheit Herr Schäffer dem in Ruhestand tretenden Oberfinanzpräsidenten Prugger das Große Bundesverdienstkreuz überreicht und ihn verabschiedet habe. Im Finanzministerium sei davon nichts bekannt gewesen, Herr Prugger selbst habe ihm auch nichts darüber berichtet. Er werde jetzt prüfen lassen, wie sich die Oberfinanzdirektion verhalten habe. Ganz offensichtlich sei hier vom Herrn Bundesfinanzminister unter Ausschaltung der bayerischen Finanzverwaltung eine Feier veranstaltet worden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, die bayerische Staatsregierung könne dies nicht ohne weiteres hinnehmen. Er bitte Herrn Staatsminister Zietsch, ein Schreiben an Bundesfinanzminister Schäffer vorzubereiten, das er unterschreiben werde. Er empfinde es als unerhört, daß der Herr Finanzminister einfach übergangen worden sei, zumal ja die bayerische Staatsregierung seinerzeit Herrn Prugger angestellt habe.

Staatsminister Zietsch fügt hinzu, er jedenfalls werde Herrn Prugger nicht verabschieden, sondern nur seinen Nachfolger, Herrn Dr. Fürholzer, einführen.

IX.Schutzgitter an der Großhesseloher Brücke61

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zwei Schreiben des Betriebsrats und der Betriebsführung der Firma Heinz Kilfitt,62 Großhesselohe bei München, vom 22. und 23.3.1955 bekannt, in denen gefordert werde, daß am oder unter dem Geländer der Großhesseloher Brücke ein Schutzgitter errichtet werde, um weitere Selbstmorde zu verhindern.63 Der Betrieb befinde sich unmittelbar am Hang unter der Brücke, sodaß die Betriebsangehörigen wiederholt Todesstürze aus nächster Nähe hätten erleben müssen. Angeblich seien seit dem 4. März 1955 dort vier tödliche und drei versuchte Stürze vorgekommen.

Er schlage vor, daß die Oberste Baubehörde die Möglichkeit prüfe, ein Schutzgitter anzubringen. Außerdem müsse natürlich die Kostenfrage geprüft werden; angeblich wolle sich die Bundesbahn, der die Brücke gehöre, beteiligen, man könne vielleicht auch Verbindung mit dem Landkreis München aufnehmen. Daß der bayerische Staat ebenfalls einen Teil der Kosten übernehme, werde unvermeidlich sein.

In längerer Aussprache empfiehlt Staatsminister Bezold, von diesem Gitter abzusehen, da es praktisch keinen Sinn habe und sich doch niemand am Selbstmord hindern lasse.

Staatssekretär Weishäupl dagegen bezeichnet es als eine menschliche Pflicht, irgendeine Schutzvorrichtung an der Großhesseloher Brücke anzubringen, da zweifellos häufig Personen aus einer augenblicklichen Depression heraus versuchten, Selbstmord zu begehen, wenn er mißglücke, aber oft dauernd geheilt seien.

Auch Staatssekretär Dr. Haas schließt sich dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten an mit der Begründung, die Großhesseloher Brücke ziehe geradezu die Selbstmörder an, nicht nur aus München, sondern auch aus anderen Gegenden Bayerns.

Der Ministerrat beschließt, die Oberste Baubehörde im Staatsministerium des Innern mit den erforderlichen Prüfungen zu beauftragen.64

X.Wiederaufbau der Herzog-Max-Burg65

Staatsminister Dr. Koch erklärt, die Justizverwaltung brauche in der neu aufgebauten Herzog-Max-Burg mindestens 10 000 qm, um das Gerichtsgebäude in der Au66 und weitere in der Stadt verteilte Gebäude freimachen zu können. Auf diese Weise könne die gesamte Justizverwaltung in München zusammengefaßt werden. Was die Kosten anlange, so habe der Herr Finanzminister schon gewisse Zusagen hinsichtlich des Baukostenzuschusses gemacht, die Miete müsse aber noch geregelt werden.

Staatssekretär Dr. Panholzer bemerkt, erst aus Anlaß des Besuches von Herrn Blank67 habe das Finanzministerium erfahren, daß die Dienststelle Blank schon am 22.2.1955 in einem Schreiben an die Firma Fries und Co. auf die Max-Burg verzichtet habe.

Was die Miete betreffe, so habe das Finanzministerium schwierige Verhandlungen mit den Hypotheken-Gläubigern geführt; vielleicht lasse sich erreichen, daß die Laufzeit der Darlehen verlängert werde, womit man einigermaßen zurecht kommen könne. Die Firma Fries müsse aber auf einen verlorenen Baukostenzuschuß verzichten.

Staatsminister Dr. Koch bittet um einen Beschluß des Ministerrats, wonach die noch zu vergebenden Räume mit einer Gesamtfläche von 10 000 qm der Justizverwaltung zur Anmietung überlassen werden und die Aufbringung der hiefür notwendigen Mittel im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen dem Haushaltsvollzug überlassen bleibe.

10 000 qm Fläche bedeuten eine Miete von 355 000,–; die Justizverwaltung könne selbst noch DM 100 000,– herausbringen. Über den Rest freilich müsse eine Verständigung mit dem Finanzministerium versucht werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob das Finanzministerium beabsichtige, gegebenenfalls das Gebäude in der Au dem Landratsamt München zu übergeben.

Staatsminister Zietsch bejaht diese Frage, erklärt aber, der Landkreis müsse eine entsprechende Miete zahlen.

Ein Antrag, wie ihn Herr Staatsminister Dr. Koch formuliert habe, könne aber nicht gestellt werden. Das Finanzministerium könne nicht durch einen Ministerratsbeschluß festgelegt werden, sondern müsse noch mit dem Justizministerium verhandeln. Natürlich sei er durchaus geneigt, in der Sache jetzt entgegenzukommen, nachdem über die Pläne der Dienststelle Blank Klarheit bestehe. Bisher sei es zwar noch zu keiner Einigung mit dem Referenten des Justizministeriums gekommen, er werde aber jetzt mit Herrn Staatsminister Dr. Koch selbst verhandeln. Er empfehle ihm, beim Staatsministerium der Finanzen 10 000 qm zu beantragen, er werde dann versuchen, eine befriedigende Regelung zu finden, wobei er überzeugt sei, daß dies gelingen werde. Jedenfalls bestehe von seiner Seite aus die Absicht, eine Lösung zugunsten der Justiz zu finden.

Staatsminister Dr. Koch erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, folgenden Beschluß zu fassen:

Der Ministerrat billigt grundsätzlich das Bestreben des Justizministeriums, sämtliche Behörden der Justizverwaltung in der Herzog-Max-Burg zusammenzufassen. Er beauftragt die Herren Staatsminister Dr. Koch und Zietsch, eine Lösung zu suchen.

Der Ministerrat beschließt diesem Vorschlag entsprechend.

Staatssekretär Vetter ersucht dann noch, auf alle Fälle das freiwerdende Gerichtsgebäude in der Au auch dem Innenministerium für das Landratsamt München, das baufällig sei,68 zur Verfügung zu stellen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

Abschließend teilt Staatsminister Zietsch mit, bei der Unterbringung der gesamten Verwaltung könne man jetzt mit Fug und Recht sagen, das gesteckte Ziel sei erreicht. Im Herbst 1956 werde das sogen. Zentralministerium in der Ludwigstraße, das bisher die Besatzungsmacht inne habe,69 frei werden, so daß dann auch noch die Ansprüche des Landwirtschaftsministeriums und der Obersten Baubehörde auf Unterbringung befriedigt werden könnten.70

XI.Bekanntmachung über Rundfunkreden von Beamten71

Staatssekretär Dr. Haas erklärt, der Beschluß des Ministerrats vom 11. März 1955, wonach Rundfunkreden von Beamten dem zuständigen Minister zur Genehmigung vorgelegt werden müßten, könne wohl in dieser Form nicht bestehen bleiben. Zunächst reiche es nicht aus, nur Reden im Rundfunk zu erwähnen, es kämen ja auch sonstige Äußerungen in der Presse usw. in Frage. Außerdem müsse es sich wohl um dienstliche Äußerungen handeln, soweit diese die Zielsetzung der Staatsregierung berühren.

Anschließend verliest Staatssekretär Dr. Haas den von ihm vorbereiteten Entwurf, der folgenden Wortlaut trägt:

„Nach den Bestimmungen der Bayerischen Verfassung trägt jeder Staatsminister gegenüber dem Bayerischen Landtag die volle Verantwortung für seinen Geschäftsbereich. Daher müssen Verlautbarungen über grundsätzliche Angelegenheiten, der einzelnen Geschäftsbereiche regelmäßig dem verantwortlichen Staatsminister vorbehalten bleiben. Um zu vermeiden, daß den Äußerungen von Angehörigen eines Ministeriums, welche nur private Meinungen darstellen, in der Öffentlichkeit der Charakter einer amtlichen Stellungnahme beigelegt wird, hat die Bayerische Staatsregierung angeordnet, daß in Zukunft Angehörige der Staatsministerien, welche dienstliche, die Zielsetzungen der Staatsregierung berührende Angelegenheiten in Presse, Vortrag oder Rundfunk behandeln wollen, diese vorher dem Minister ihres Geschäftsbereiches zur Kenntnisnahme vorzulegen haben. Bestehen Zweifel, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, so ist die geplante Veröffentlichung vorzulegen.“

Staatsminister Zietsch bemerkt, diese Formulierung scheine ihm zutreffend zu sein.

Auch Staatsminister Dr. Koch stimmt diesem Vorschlag zu.

Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht, den von Herrn Staatssekretär Dr. Haas verlesenen Vorschlag zu übernehmen, vielleicht könne er noch durch Herrn Staatsminister Dr. Koch ergänzt werden.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.72

In diesem Zusammenhang stellt Staatssekretär Weishäupl fest, was die Abendzeitung über einen sogenannten „Maulkorb-Erlaß“ des Herrn Staatsministers Stain gebracht habe, sei völlig falsch.73

In diesem Zusammenhang wird allgemein die einseitige Berichterstattung der Abendzeitung besprochen.

Staatsminister Dr. Koch weist darauf hin, daß gegen den verantwortlichen Redakteur der Abendzeitung wegen des Berichts „München bei Nacht“, der jugendgefährdend sei, Anklage erhoben worden sei.

XII.8 Uhr Blatt Nürnberg74

Staatsminister Dr. Koch erinnert, daß im Ministerrat vom 15. März 1955 ein im „8 Uhr Blatt Nürnberg“ vom 11. März 1955 erschienener Artikel „Bayern wird Nein sagen“, der schwere Beschuldigungen gegen Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung enthalten habe, besprochen worden sei. Er habe nun im Justizministerium prüfen lassen, ob eine vorbeugende Unterlassungsklage mit einer einstweiligen Verfügung möglich sei.

Anschließend verliest Staatsminister Dr. Koch das Gutachten des Justizministeriums, das zu dem Ergebnis kommt, ein ausreichender Grund für eine einstweilige Verfügung liege nicht mit Sicherheit vor.75

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest in diesem Zusammenhang eine Pressemitteilung über ein seiner Auffassung nach unmögliches Urteil, das in einer Beleidigungsklage gegen die KPD ergangen sei.

Staatssekretär Dr. Haas bezeichnet das Gutachten des Justizministeriums als völlig unmöglich und betont, für eine einstweilige Verfügung bezw. eine vorbeugende Unterlassungsklage76 genüge vollkommen eine objektiv unrichtige Behauptung. Es sei durchaus nicht notwendig, daß eine solche Behauptung ehrenrührig sei.

Staatsminister Dr. Koch fügt hinzu, das Justizministerium weise an sich immer wieder die Staatsanwalten sic! darauf hin, energisch durchzugreifen, mehr könne nicht getan werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, im Falle des „8 Uhr Blatts“ Revision einzulegen. Er bitte, der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Weisung zu erteilen.

Verunglimpfung ders./Beleidigungsverfahren

XIII.Fall Schörner77

Staatsminister Dr. Koch gibt bekannt, die Ermittlungen im Fall Schörner hätten immer noch kein greifbares Ergebnis gebracht.78

Es sei z.B. auch nicht nachweisbar, daß Schörner den Krieg auf eigene Faust fortgeführt habe.

Staatssekretär Weishäupl erkundigt sich, wann eine Entscheidung zu erwarten sei? Das Arbeitsministerium sei daran besonders interessiert, weil Schörner den Antrag gestellt habe, ihm eine Heimkehrer-Bescheinigung auszustellen.79

Staatsminister Dr. Koch meint, das Ermittlungsverfahren sei zwar noch im Gang, es werde aber wohl nicht mehr lange dauern; bisher habe er den Eindruck, daß keine Aussicht bestehe, ein Strafverfahren eröffnen zu können, wahrscheinlich werde auch kein Disziplinarverfahren möglich sein.80

XIV.Thesaurierungspolitik des Bundesfinanzministers

Ministerpräsident Dr. Hoegner übergibt Herrn Staatsminister Zietsch ein Schreiben, in dem behauptet werde, der Bundesfinanzminister sammle außerordentlich hohe Beträge, die aus nicht abgerufenen Besatzungskosten stammten, an; man spreche von etwa 5 Milliarden DM.81

XV.Einweihung des Schiffes Seeshaupt am 30. März 195582

Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert an die Besprechung dieses Punktes im außerordentlichen Ministerrat vom 28. März 1955 und bemerkt, das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr habe sich wegen der Weihe des Schiffes auch mit evangelischen Kirchenbehörden in Verbindung gesetzt. Nachdem die bisherigen Schiffsweihen nur durch den katholischen Kirchenvertreter vorgenommen worden seien, habe sich das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr an die bisherige Übung gehalten.

Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis

XVI.Eröffnung der Deutschen Lufthansa am Freitag, den 1. April 1955

Es wird vereinbart, daß die Vertretung der Staatsregierung entweder durch Herrn Staatsminister Bezold oder durch Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths übernommen wird.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Wilhelm Hoegner
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Dr. Albrecht Haas Staatssekretär