Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
I. Beteiligung des Bayerischen Staates an der Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte AG. II. Segelfliegerschule München. III. Atom-Institut der Max Planck-Forschung und Reaktoranlage. IV. Einweihung des Motorschiffes „Seeshaupt“. V. Einführung des neuen Landesbischofs der Evang.-Luth. Kirche.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 25. März 1955 und teilt mit, daß Herr Staatsminister Zietsch das Kabinett noch über weitere Einzelheiten unterrichten werde.2
Zunächst bitte er aber die Frage zu entscheiden, ob der Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen, falls er die Zustimmung des Ministerrats finde, vor einer endgültigen Beschlußfassung noch dem Haushaltsausschuß und dem Rechtsausschuß des Landtags bekanntgegeben werden solle. Er selbst sei der Auffassung, dies sei nicht notwendig, nachdem der alte Landtag den Verkauf der Staatsbeteiligung an der Maxhütte beschlossen habe3 und der neue den gleichen Standpunkt einnehme. Über die Verkaufsvorgänge und Verhandlungen selbst brauche deshalb kein Landtagsausschuß unterrichtet zu werden.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths befürchtet, daß durch eine Debatte in den Ausschüssen unter Umständen Schwierigkeiten entstehen könnten und schließt sich der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten an.
Staatsminister Dr. Geislhöringer unterstreicht die Notwendigkeit, eine klare Grenze zwischen Exekutive und Legislative zu ziehen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt, daß die früheren Staatsregierungen leider dem Landtag vielfach Rechte eingeräumt hätten, die eigentlich der vollziehenden Gewalt zustünden.
Er stelle jetzt noch einmal die Frage, ob der Ministerrat vor einem endgültigen Beschluß die Ausschüsse des Landtags um ihre Meinung ersuchen solle?
Auf Frage von Staatsminister Dr. Baumgartner erwidert Staatsminister Zietsch, die CSU-Fraktion werde kaum hinsichtlich des Vertrags mit der Flick-Gruppe anderer Meinung wie die Koalitionsparteien sein. Im übrigen sei keiner Partei etwas über die Einzelheiten des heute zu besprechenden Vorschlags bekannt. Was die CSU anlange, so sei sie bekanntlich bereit gewesen, schon für 27 Mio DM zu verkaufen, während das jetzige Angebot sich auf 33 Mio DM belaufe. Das Finanzministerium habe aus dieser Sache tatsächlich alles irgend denkbare herausgeholt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, die Staatsregierung habe nach der Verfassung die Verpflichtung, Grundstocksvermögen nicht unter dem Verkaufswert zu veräußern. Wenn die Aktien aber zum normalen Preis verkauft würden, sei kein Gesetz erforderlich.
Der Ministerrat beschließt, weder den Haushalts- noch den Rechtsausschuß des Landtags vor einem Beschluß der Staatsregierung zu verständigen.
Staatssekretär Simmel erkundigt sich, ob die Fraktionen unterrichtet werden könnten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, er bitte das erst zu tun, wenn das Geschäft tatsächlich abgeschlossen sei.
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, wenn der Ministerrat heute einen Beschluß fasse, könne der Vertrag noch in dieser Woche unterschrieben werden, dann sei es möglich, die Fraktionen zu verständigen. Er müsse allerdings bitten, auch dann noch außer dem Preis keine Einzelheiten zu nennen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt daraufhin mit Zustimmung des Ministerrats fest, die heutige Besprechung sei völlig vertraulich, auch gegenüber den Fraktionen.
Staatsminister Zietsch gibt einen Überblick über die bisherigen Verhandlungen mit Herrn Flick, der bereits im Januar auf rasche Entscheidung gedrängt habe. Trotzdem hätten sich die Besprechungen lange hingezogen, die Verzögerung sei aber nicht auf die Haltung des Finanzministeriums zurückzuführen gewesen; vielmehr habe auch Herr Flick selbst erklärt, für ihn sei es bedeutungsvoll, alle Einzelheiten zu klären. Am 21. März 1955 habe dann eine vertrauliche Besprechung bei Herrn Münemann stattgefunden, bei der er als Finanzminister nochmals habe feststellen müssen, ein Kaufpreis von 32 Mio DM in bar reiche nicht aus. Es seien dann eine Reihe von Punkten erörtert worden, die er aus der allen Kabinettsmitgliedern zugegangenen Vormerkung vom 22. März 1955 zu entnehmen bitte.
Dabei sei zunächst eine Einigung über die Vertragsbestimmung zugunsten der Luitpoldhütte schwierig gewesen, schließlich habe man aber doch eine Lösung gefunden (vergl. Ziff. 5 der Vormerkung). Schwierigkeiten habe auch bereitet, Herrn Flick zu einem Verzicht auf einen Organvertrag zu bewegen. Über alle anderen Punkte habe man sich ohne weiteres einigen können.4
Ein Punkt spiele noch eine besondere Rolle, nämlich der, daß Herr Flick aus dem Vertrag des Jahres 1951 noch eine Zinsverpflichtung in Höhe von 1,2 Mio DM habe. Bei der Besprechung vom 21. März 1955 habe er keinen Zweifel darüber gelassen, daß der Bayerische Staat auf diesen Betrag nicht verzichten könne. Andererseits habe er aber erklärt, diese besondere Verpflichtung gehöre nicht in den jetzt abzuschließenden Vertrag, die Erhöhung des Kaufpreises von 32 auf 33 Mio DM habe damit nichts zu tun. Es stehe demnach fest, daß der Barpreis 33 Mio DM betrage und Herr Flick außerdem noch die rückständige Zinsverpflichtung in Höhe von 1,2 Mio DM zu erfüllen habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob Sicherheit darüber bestehe, daß dieser Betrag tatsächlich entrichtet werde?
Staatsminister Zietsch erwidert, darüber bestehe kein Zweifel, nachdem die Zinszahlung einen Teil des Vertrags von 1951 bilde. Er habe diesen Punkt deshalb auch in seiner Note vom 25. März 1955 auf Seite 2 unter II 2 b erwähnt.
Aus der Vormerkung verweise er noch besonders auf Ziff. 6, die sich mit dem Uran-Vorkommen befasse.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob die Uran-Vorkommen nicht grundsätzlich dem Bayerischen Staat zuständen?
Staatsminister Zietsch antwortet, diese Frage sei geklärt worden, bergrechtlich gehörten tatsächlich derartige Vorkommen dem Bayerischen Staat, die Maxhütte habe sie aber übertragen bekommen.
Staatssekretär Dr. Panholzer fügt hinzu, die in Ziff. 6 der Vormerkung erwähnten 87 Kuxe der Gewerkschaft Werra werde der Bayerische Staat von einer eigenen Gesellschaft erwerben.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths berichtet, die Maxhütte habe diese Kuxe während des Krieges erworben und sie auch nach dem Krieg mit Genehmigung der Alliierten gehalten. Es handle sich hier um einen Untersuchungsbetrieb, für den die Maxhütte ein nach dem Bergregal ausgestellte Konzession habe. Bis zum Frühjahr 1954 habe sich eigentlich niemand dafür interessiert, bis dann Einzeiheiten durch die Presse bekannt geworden seien. Damals habe ihn Herr Staatsminister Dr. Seidel beauftragt, Verhandlungen zu führen, die dann eine grundsätzliche Abstimmung erreicht hätten.
Als im Frühjahr 1954 bekannt geworden sei, daß es sich um wertvolles Kupfer-Uran-Oxyd handle, habe ein anderes Unternehmen, die Bayerische Braunkohlenindustrie, Ansprüche erhoben und sich gegen die Vereinbarung mit der Maxhütte ausgesprochen.
Es werde aber wohl gelingen, einen Ausweg zu finden. Die Entscheidung werde Herr Staatsminister Bezold zu treffen haben.
Die Rechtslage sei so, daß die Maxhütte nur für das Fichtelgebirge eine ordnungsgemäße Konzession habe, alle anderen Gebiete müßten in Zukunft neu vergeben werden,
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß die Vorkommen an sich dem Staat gehörten, der seinerseits Schürfrechte vergeben könne. Auf alle Fälle müsse seiner Meinung nach der Staat beteiligt bleiben.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths erwidert, neue Konzessionsrechte seien noch nicht vergeben worden; im vorliegenden Falle verlange Flick lediglich Ersatz seiner Aufwendungen, die genau bekannt seien.
Staatsminister Zietsch fährt dann fort, das Finanzministerium habe eingehende Berechnungen aufgestellt, ob seine Kaufpreisforderung berechtigt sei. Über das Erreichte könne jetzt in der Tat ernsthaft, gesprochen werden, er habe deshalb die Verhandlungen abgeschlossen und die Vorlage an das Kabinett gemacht. Die Verantwortung könne er aber nicht allein tragen, wenn er auch feststellen könne, daß hier eine Einigung erzielt worden sei, die durchaus Hand und Fuß habe; seine grundsätzliche Haltung zu dem Verkauf der Staatsbeteiligung an der Maxhütte bleibe dadurch unberührt. Im einzelnen verweise er noch auf seine Note vom 25. März 1955 und betone, daß größere Zugeständnisse nicht mehr zu erreichen seien.
Ministerpräsident Dr. Hoegner dankt Herrn Staatsminister Zietsch für seinen Bericht und bemerkt, eine Entscheidung des Ministerrats könne wohl erst getroffen werden, wenn sowohl die Einzelheiten durchgesprochen als euch das Gesamtergebnis betrachtet seien. Die SPD sei an sich grundsätzlich nach wie vor gegen den Verkauf, das könne aber keine Rolle mehr spielen, nachdem die Mehrheit des Landtags anders beschlossen habe. Heute aber sei zu prüfen, ob unter den jetzt ausgemachten Bedingungen der Verkauf vorgenommen werden könne.
Anschließend werden dann die Einelheiten des Vertrags, wie sie aus der Vormerkung vom 22. März 1955 hervorgehen, besprochen:
Begonnen wird mit
Ziff. 2: Kaufpreis
Staatsminister Zietsch führt aus, Herr Flick habe sein Angebot auf 33 Mio DM erhöht, dieser Kaufpreis sei in vier Raten zu bezahlen. Der Bayerische Staat habe seinerzeit für Aktien im Nominalwert von 15,6 Mio DM 20 Mio DM bezahlt. Davon sei die schon erwähnte Zinsverpflichtung in Höhe von 1,2 Mio DM abzuziehen gewesen, so daß der Bayerische Staat insgesamt 18,8 Mio DM aufgewendet habe.
Inzwischen sei ein Investitionsprogramm von etwa 70 Mio DM durchgeführt worden, was nach § 36 des Investitionshilfegesetzes möglich gewesen sei. Infolgedessen habe es auch keine Gewinnausschüttung gegeben.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt die Frage, welche Verbesserungen gemacht worden seien? Bei verschiedenen Besichtigungen seien ihm noch manche Einrichtungen recht primitiv vorgekommen.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths erwidert, leider seien alle Walzwerke noch veraltet, immerhin seien eine Reihe von Verbesserungen in den letzten Jahren durchgeführt worden. Außer den 70 Mio DM Investierungen seien auch noch neue soziale Anlagen errichtet worden. Den bayerischen Anteil daran zu errechnen, sei schwierig, jedenfalls habe man alle Möglichkeiten ausgenützt.
Staatsminister Zietsch schildert dann im einzelnen, wie es zur Bewertung der Aktien der Maxhütte AG gekommen sei. Der Kaufpreis von 33 Mio DM entspreche einem Kurs von 211,5%.
Ministerpräsident Dr. Hoegner hält den Kaufpreis von 33 Mio DM, der auf Grund verschiedener Gutachten zustande gekommen sei, für angemessen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer fügt hinzu, rein privatwirtschaftlich betrachtet, mache der Bayerische Staat hier ein gutes Geschäft, jedenfalls könne niemand behaupten, daß der Staat die Beteiligung zu billig hergebe und eigentlich mehr hätte erreichen müssen.
Staatssekretär Simmel erkundigt sich, warum der Flick-Gruppe die Möglichkeit eingeräumt worden sei, den Kaufpreis in vier Raten zu bezahlen?
Staatsminister Zietsch antwortet, er habe bei den Verhandlungen erklärt, daß sich darüber reden lasse. Eine ausführliche Vereinbarung sei aber nicht getroffen worden, da er selbst kein besonderes Gewicht darauf gelegt habe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt zu und meint, der Erlös müsse ja als Grundstockvermögen angelegt werden. Das werde leichter gelingen, wenn man den hohen Betrag auf vier Jahre verteilen könne. Im übrigen könne man darauf noch zum Schluß zurückkommen.
Punkt 3: Organschaft (Selbständigkeit der Maxhütte)
Staatsninister Zietsch führt dann aus, dieser Vertragsbestimmung komme besondere Bedeutung zu. Danach verpflichte sich die Flick-Gruppe, zu verhindern, daß die Maxhütte mit einem Inhaber von Aktien der Maxhütte, der außerhalb Bayern veranlagt wird, einen Vertrag (Organvertrag usw.) abschließt, auf Grund dessen Einkommen, Ertrag oder Vermögen der Maxhütte diesem Aktionär zugerechnet werden. Das Finanzministerium habe sich die vorherige Zustimmung zu Verträgen, die von dieser Verpflichtung abweichen, vorbehalten. Im übrigen verweise er auf die Absätze dieser Vertragsbestimmung.
Es handle sich hier um eine Sicherung, die etwa mit den 5 Mio DM Konventionalstrafe (vergl. Ziff. 3 Abs. 3) bewertet werden könne. Damit im Zusammenhang stehe auch Ziff. 1 der Vormerkung: Erwerber der Beteiligung.
Auf alle Fälle seien jetzt die Steuern für ein bis zwei Jahre gesichert, allerdings könne nicht verhindert werden, daß Flick dann andere Entscheidungen treffe.
Punkt 4: Künftige Geschäftsführung der Maxhütte
Staatsminister Zietsch unterstreicht die Bedeutung dieser Bestimmung, wodurch die Flick-Gruppe verpflichtet werde, keine Maßnahmen zu treffen, welche die Beschäftigung in den Anlagen der Maxhütte beeinträchtigen könnten; ferner müsse sie die Anlagen der Maxhütte auf einem wettbewerbsfähigen technischen Stand halten und schließlich die Versorgung der bayerischen Wirtschaft mit Eisen und Stahl sichern.
Herr Flick habe keinerlei Widerspruch gegen Ziff. 4 erhoben.
Ministerpräsident Dr. Hoegner begrüßt es mit Befriedigung, daß es gelungen sei, die Interessen der bayerischen Wirtschaft hier wahrzunehmen.
Staatsminister Zietsch verweist in diesem Zusammenhang auf Ziff. 10 der Vormerkung, wodurch zur Entscheidung von etwaigen Streitigkeiten aus dem Vertrag unter Ausschluß des Rechtsweges die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt abschließend, andererseits übernehme der Bayerische Staat in Ziff. 4 Abs. 4 die selbstverständliche Aufgabe, im Rahmen seiner allgemein wirtschaftspolitischen Linie die Maxhütte nach Kräften zu unterstützen.
Punkt 5: Luitpoldhütte
Staatsminister Zietsch stellt fest, daß diese Bestimmung aus dem bisherigen Vertrag übernommen worden sei, allerdings in der Weise eingeengt, daß der Begriff „Notlage“ eingeführt worden sei. Eine solche Notlage sei dann gegeben, wenn die Luitpoldhütte die an sich nach ihrem Produktionsprogramm und nach Lage der Konjunktur mögliche Beschäftigung wegen Mangels an Eisenerzen ohne eine Belieferung durch die Maxhütte nicht aufrecht erhalten könne.
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist noch besonders auf Abs. 2 dieser Bestimmung, wonach die Flick-Gruppe dem Bayerischen Staat zur Förderung der Luitpoldhütte die Berggerechtsame der Erzfelder bei Arzberg zum Buchwert überlasse.
Staatsminister Zietsch bestätigt, daß Herr Flick bei diesem Punkt sehr entgegengekommen sei; der Buchwert belaufe sich nur auf 40 000 DM, während der Eisenvorrat mit 4 Mio Tonnen sicheren und wahrscheinlichen Vorrats angegeben werde.5
Punkt 6: Uran-Erze
Staatsminister Zietsch berichtet weiter, diese Bestimmung müsse noch mit dem Oberbergamt abgestimmt werden. Auf alle Fälle sei es gelungen, nach langwierigen Verhandlungen eine sehr zufriedenstellende Regelung zu erreichen.
Auf Frage von Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert Staatsminister Zietsch, die Förderung der Vorkommen gehöre dem bayerischen Staat.
Punkt 7: Geschäftsverkehr mit der Bayer. Staatsbank
Staatsminister Zietsch teilt mit, Herr Flick habe sich ohne weiteres damit einverstanden erklärt, daß seine Gruppe den Geschäftsverkehr mit der Bayer. Staatsbank mindestens im bisherigen Umfang aufrecht erhalte.
Punkt 8: Überbürdung
Ministerpräsident Dr. Hoegner bezeichnet diese Bestimmung als besonders bedeutungsvoll. Danach werde nämlich die Flick-Gruppe im Falle der Abtretung von Aktien dem Erwerber die Verpflichtung auferlegen, die in Ziff. 4 Abs. 1–3, Ziff. 5 Abs. 1 und Ziff. 9 vorgesehenen Verpflichtungen aus diesem Vertrag zu übernehmen und einem weiteren Rechtsnachfolger die gleichen Pflichten aufzuerlegen.
Staatsminister Zietsch macht in diesem Zusammenhang auf die Note vom 25. März 1955 II Abs. 1 aufmerksam, die von der Person des Erwerbers handle.
Punkt 9: Auskunftspflicht
Es wird zur Kenntnis genommen, daß auf Grund dieser Ziffer die Flick-Gruppe dafür sorgen wird, daß die Maxhütte die Verpflichtung übernimmt, dem Freistaat Bayern Auskunft über alle Geschäftsvorgänge und Geschäftsverhältnisse zu erteilen, deren Kenntnis für die Durchführung des Vertrages bedeutsam ist.
Punkt 10: Schiedsgericht
Vergleihe die Besprechung unter Punkt 4).
Punkt 11: Nebenkosten
Staatsminister Zietsch erklärt, unter die Nebenkosten, die von der Flick-Gruppe zu tragen seien, fielen u.a. die Kosten für die Gutachtertätigkeit, evtl. Notarkosten, Provisionen usw.
In der allgemeinen Aussprache stellt Staatsminister Dr. Baumgartner zunächst die Frage, warum in die Verhandlungen Herr Münemann eingeschaltet worden sei?
Staatsminister Zietsch erwidert, dies sei auf Veranlassung von Herrn Flick geschehen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer meint, alles in allem könne man dem Finanzministerium für die erfolgreichen Verhandlungen die Anerkennung aussprechen; der Vertrag sei zweifellos günstig. Allerdings sei er auch etwas verwundert über die Einschaltung des Herrn Münemann.
Staatsminister Zietsch entgegnet, Herr Münemann sei bereits im Jahre 1951 der Finanzier Flicks gewesen.
Staatssekretär Dr. Panholzer bemerkt, verschiedene bayerische Gruppen hätten den Versuch gemacht, das erforderliche Kapital zum Erwerb der Staatsbeteiligung aufzubringen. Es sei aber kein einziges Angebot eingelaufen. Wenn überhaupt an dem Vertrag etwas auszusetzen sei, so vielleicht der Umstand, daß die Frage nach dem Erwerber noch nicht ganz geklärt sei.
Auf Frage von Staatssekretär Simmel antwortet Staatssekretär Dr. Panholzer, Bedenken gegen die Zahlung des Kaufpreises in Raten bestünden nicht.
Saatsminister Bezold führt aus, auch er halte die Bedingungen des Vertrages für günstig, mehr sei wohl kaum herauszuholen gewesen, Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths habe genaue Berechnungen angestellt, aus denen zu ersehen sei, daß sicher niemand den gebotenen Preis überbieten wolle.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths bezeichnet vor allem die Abmachung hinsichtlich der Luitpoldhütte als wertvoll. Zu dem Kaufpreis müsse man übrigens eigentlich noch zusätzlich 4–5 Mio DM hinzurechnen, nämlich den Wert des Verzichts auf die Organschaft.
Staatssekretär Weishäupl erkundigt sich, ob Gefahr bestehe, daß Entlassungen von Arbeitnehmern vorgenommen würden.
Staatssekretär Dr. Panholzer erwidert, für die nächsten Jahre bestehe auf keinen Fall irgendeine Befürchtung in dieser Hinsicht.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt in diesem Zusammenhang die Frage, ob Ziff. 4 Abs. 1 tatsächlich ausreichend sei, um Entlassungen zu verhindern.
Staatssekretär Dr. Panholzer entgegnet, dies sei das äußerste, was man wirklich verlangen könne.
Auf Frage von Staatsminister Dr. Geislhöringer ersucht Staatsminister Zietsch, heute zu einem endgültigen Beschluß zu kommen, nachdem der Vertrag mit Ausnahme der Ziff. 1 (Erwerber der Beteiligung) fertiggestellt sei. Auch Ziff. 1 sei aber jetzt geklärt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, man könne heute abschließen. Herr Staatsminister Zietsch schlage also vor, dem Vertrag in der Form, wie er sich aus der Vormerkung vom 22. März 1955 ergebe, zuzustimmen.
Staatsminister Dr. Baumgartner bittet, den Beschluß bis zur morgigen Kabinettssitzung zu verschieben, da er sich die Sache nochmals überlegen müsse.
Im Laufe der darauf folgenden Aussprache schlägt Ministerpräsident Dr. Hoegner vor, schon heute abzustimmen, Herr Staatsminister Dr. Baumgartner könne dann seine Entscheidung in der morgigen Sitzung nachträglich erklären.
Der Ministerrat beschließt mit allen Stimmen, außer der des Herrn Staatsministers Dr. Baumgartner, dem vom Staatsministerium der Finanzen vorgelegten Vertragsentwurf zuzustimmen.6
Staatsminister Bezold gibt bekannt, die Segelfliegerschule München habe sich mit schweizerischer Hilfe Motorflugzeuge beschafft, obwohl es noch keinen deutschen Motorflug gebe.
Noch dazu seien offenbar keine deutschen Versicherungen abgeschlossen worden. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr habe die Sache aufgreifen und Strafanzeige erstatten müssen. Es gebe keinen anderen Weg, als diesen Motorflug bei der Segelfliegerschule zu verbieten, da sonst das Wirtschaftsministerium haftbar gemacht werden könne; er bitte aber um die Zustimmung des Ministerrats, daß er das Verbot aussprechen könne.
Der Ministerrat beschließt, die Zustimmung zu dem Verbot zu erteilen.
Staatsminister Bezold fährt fort, durch einen Anruf des Herrn Professors Dr. Heisenberg habe er erfahren, daß Bayern die Reaktoranlage wohl kaum bekommen werde, wenn es nicht ebenso wie Baden-Württemberg aus eigenen Mitteln 10 Mio DM anbiete.
Staatssekretär Dr. Meinzolt zeigt sich außerordentlich überrascht über diese Mitteilung, nachdem er erst in der vergangenen Woche eine ausführliche Unterredung mit dem Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, Professor Dr. Hahn, gehabt habe. Dieser habe erklärt, ebenso wie früher schon Professor Dr. Heisenberg, man brauche Mittel in Höhe von etwa 5 Mio DM, wovon die Max-Planck-Gesellschaft die Hälfte übernehmen werde, während die andere Hälfte vom Bayerischen Staat getragen werden müsse. Dagegen sei Professor Hahn der Meinung gewesen, die Reaktoranlage stehe ganz außerhalb bayerischer Einwirkung. Beide Herren seien der festen Überzeugung gewesen, daß geplant sei, einen kleinen Reaktor in München und den großen Atom-Meiler in Karlsruhe zu errichten.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt, daß auch ihm Professor Hahn die gleiche Auskunft erteilt habe.8
Staatssekretär Dr. Meinzolt erklärt sich bereit, noch morgen mit Professor Heisenberg telefonisch zu sprechen.
Staatsminister Bezold weist darauf hin, daß ihm Professor Heisenberg am Telefon mitgeteilt habe, durch das Angebot Baden-Württembergs sei eine völlig neue Situation entstanden,
Staatssekretär Dr. Meinzolt entgegnet, bisher sei an Kosten für den Reaktor nur von 2,5 Mio DM die Rede gewesen; im übrigen habe er stets den Eindruck gehabt, daß die Forschungsgesellschaft, die den Reaktor betreiben wolle, überhaupt nicht auf Staatszuschüsse angewiesen sei.
Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht Herrn Staatssekretär Dr. Meinzolt abschließend, möglichst noch im Laufe des morgigen Tages die Angelegenheit aufzuklären.9
Staatssekretär Dr. Meinzolt stellt die Frage, weshalb die Weihe des Motorschiffes „Seeshaupt“ am 30. März 1955 nur durch den Augsburger Weihbischof, Dr. Zimmermann, nicht aber durch einen Vertreter der evangelisch-lutherischen Kirche vorgenommen werde.
Staatsminister Bezold erwidert, bisher sei es üblich gewesen, solche Weihen in überwiegend katholischen Gegenden nur durch einen katholischen Geistlichen vornehmen zu lassen, während es in überwiegend evangelischen Gegenden umgekehrt sei.
Staatssekretär Dr. Meinzolt wendet ein, von einer solchen Abmachung sei zwar häufig die Rede, sie liege aber in der Tat nicht vor.
Auf Vorschlag von Ministerpräsident Dr. Hoegner wird vereinbart, daß Ministerialrat von Brand die Angelegenheit klären und durch eine Rücksprache mit dem Herrn Weihbischof von Augsburg feststellen soll, ob noch eine Beteiligung eines Vertreters der evangelischen Kirche möglich ist.11
Staatssekretär Dr. Meinzolt teilt mit, am 8. Mai 1955 werde in Nürnberg die Einführung des neuen Landesbischofs erfolgen, zu der die Bayerische Staatsregierung eingeladen werde. Nach der Kirchenfeier werde ein Mittagessen im kleinen Kreis stattfinden, während die öffentliche Feier am Nachmittag um 15 Uhr abgehalten werde. Die evang.-luth. Kirche würde es sehr begrüßen, wenn bei der nachmittägigen Kundgebung ein Vertreter der Staatsregierung das Wort ergreifen würde.
Die Mitteilung wird zur Kenntnis genommen.
Staatsminister Dr. Baumgartner erinnert daran, daß die Staatsregierung im Jahre 1953 einen Empfang für den Herrn Kardinal von München-Freising nach dessen Rückkehr aus Rom gegeben habe.13 Er bitte, einen ähnlichen Empfang auch für den neuen Landesbischof in München zu veranstalten.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt noch, er werde an den Feierlichkeiten in Nürnberg am 8. Mai 1955 nur am Nachmittag teilnehmen können.14