Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Finanzminister Zietsch, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium).
I. Lehrerbildung. II. Rundfunkreden von Staatsbeamten. III. Wahl eines Landesbischofs durch die Landessynode der Evang.-Luth. Kirche in Bayern. IV. Pariser Verträge. V. Freikarten, Ehrenkarten und Kaufkarten für die Regierungsmitglieder.
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, gestern habe ihn der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Dr. Muench, besucht und eine Note der Apostolischen Nuntiatur vom 8. März 1955 folgenden Inhalts überreicht:
„Die Apostolische Nuntiatur beehrt sich, der Bayerischen Staatsregierung den Eingang der Note vom 9.2.55 mit verbindlichem Dank zu bestätigen.
Der Argumentation der Antwortnote, nach der die Bayerische Staatsregierung nicht in der Lage sei, zu einem bereits vorliegenden Text Stellung zu nehmen, vermag die Apostolische Nuntiatur leider nicht zu folgen.
Sie ist sich zwar dessen bewußt, daß erst nach Zustandekommen des Gesetzes endgültig festgestellt werden kann, ob eine Rechtsverletzung eingetreten ist. Es geht ihr aber gerade darum, eine solche durch rechtzeitige Klarlegung des Standpunktes des Heiligen Stuhles vor Schaffung vollzogener Tatsachen zu verhindern, nicht zur Forderung einer späteren Korrektur des Landtagsbeschlusses gezwungen zu sein und schließlich einen formellen Protest zu vermeiden.
Im Interesse der Erhaltung eines freundschaftlichen Einvernehmens glaubt sie daher von der Bayerischen Staatsregierung als Vertragspartner erwarten zu können, daß diese den Landtag bereits im Stadium der Entstehung des Gesetzes auf die Rechtslage hinweist, nachdem der zur Behandlung stehende Gesetzentwurf erkennen läßt, daß die Antragsteller den Entwurf nicht mit dem Konkordat in Einklang gebracht haben.
Angesichts der ungetrübten, aufrichtigen und herzlichen Beziehungen des bayerischen Volkes zum Heiligen Vater ist die Nuntiatur überzeugt, daß beide Vertragspartner in gleicher Weise bestrebt sein werden, den Weg einzuschlagen, der den feierlichen Vereinbarungen am besten gerecht wird.
Die Apostolische Nuntiatur benutzt diese Gelegenheit, der Bayerischen Staatsregierung den Ausdruck ihrer vorzüglichen Hochachtung zu übermitteln.
Bad Godesberg, den 8. März 1955
(Siegel)“
S.E. seien folgende Gesichtspunkte in dieser Note besonders bemerkenswert:
Es werde gebeten,
1. vor der Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhandeln,
2, der Landtag möge über die Rechtslage schon im Stadium der Entstehung des Gesetzes von der Staatsregierung unterrichtet werden.
Nach längerer Aussprache, in deren Verlauf die Herren Staatsminister Dr. Baumgartner und Bezold einstimmig erklären, die Staatsregierung dürfe in der Frage der Lehrerbildung unter keinen Umständen nachgeben, wird einem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend beschlossen, folgende Antwortnote an die Apostolische Nuntiatur zu richten:
„Die Bayerische Staatsregierung bestätigt mit verbindlichem Dank den Eingang der Note vom 8. März 1955.
Zu ihrem Bedauern ist sie jedoch nicht in der Lage, die Ausführungen der Note als zutreffend anzuerkennen. Vollendete Tatsachen würden erst geschaffen sein, wenn das Gesetz über die Lehrerbildung vom Bayerischen Ministerpräsidenten ausgefertigt und im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet ist. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Bayerischen Staat können aber solange nicht vorliegen, als ein endgültiger Gesetzesbeschluß des Landtags nicht besteht.
Das ist aber zur Zeit nicht der Fall. Wie die bisherigen Verhandlungen im Kulturpolitischen Ausschuß des Landtags zeigen, werden am Gesetzestext laufend Veränderungen vorgenommen. Nach Art. 5 der Bayerischen Verfassung steht dem Volk und der Volksvertretung die gesetzgebende Gewalt ausschließlich zu. Nicht die Bayerische Staatsregierung, sondern der Bayerische Landtag ist deshalb dazu berufen, einen endgültigen Gesetzestext zu erarbeiten.
Die Bayerische Staatsregierung hat dem Bayerischen Landtag die Note der Apostolischen Nuntiatur in Deutschland vom 7. Februar 1955 sofort in vollem Wortlaut und damit die Rechtsauffassung des Heiligen Stuhles bekanntgegeben. Sie wird die Note vom 8. März 1955 den Mitgliedern des Kulturpolitischen Ausschusses zur Kenntnis bringen lassen.
Damit glaube die Bayerische Staatsregierung im gegenwärtigen Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens alles getan zu haben, wozu sie nach Wortlaut und Sinn des Konkordats verpflichtet erscheint. Sie wird sich dem in Art. 15 des Konkordats vorgesehenen Verfahren nicht entziehen, weil auch sie auf ungetrübte aufrichtige und herzliche Beziehungen zum Heiligen Stuhl das größte Gewicht legt.
Die Bayerische Staatsregierung möchte auch bei dieser Gelegenheit der Apostolischen Nuntiatur ihre vorzügliche Hochachtung zum Ausdruck bringen.
München, den 11. März 1955 (Siegel)“
Weiterhin verliest Ministerpräsident Dr. Hoegner den Entwurf eines Briefes an den Herrn Landtagspräsidenten, der durch Beschluß des Ministerrats folgenden Wortlaut erhält:
„Sehr geehrter Herr Landtagspräsident!
Die Apostolische Nuntiatur in Deutschland hat mir die in Abschrift beiliegende Note übergeben. Der Ministerrat hat sich mit ihr beschäftigt und die ebenfalls in Abschrift beigefügte Antwortnote abgesandt.
Ich stelle anheim, den Inhalt der beiden Noten den Mitgliedern des Kulturpolitischen Ausschusses zugänglich zu machen.
Mit der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung
gez. Dr. Wilhelm Hoegner
Bayerischer Ministerpräsident“
Schließlich wird nach eingehender Aussprache noch beschlossen, über das Presse- und Informationsamt folgende Presseverlautbarung hinauszugeben:
„Die Apostolische Nuntiatur in Deutschland hat durch den Apostolischen Nuntius Erzbischof Dr. Aloysius Muench dem Bayerischen Ministerpräsidenten eine Note zur Lehrerbildung überreichen lassen. In der Note wird erklärt, es gehe der Apostolischen Nuntiatur darum, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ferner die Staatsregierung zu veranlassen, den Landtag bereits bei der Entstehung des Gesetzes auf die Rechtslage hinzuweisen.
In der vom Bayerischen Ministerrat beschlossenen Antwortnote wird festgestellt, daß vollendete Tatsachen erst vorliegen würden, wenn ein Gesetz ausgefertigt und verkündet ist. Der vorliegende Gesetzentwurf der Koalitionsparteien könne aber in den Beratungen des Landtags laufend verändert werden.
Die Rechtsauffassung der Apostolischen Nuntiatur sei dem Landtag schon früher mitgeteilt worden. Die Bayerische Staatsregierung werde sich im gegebenen Zeitpunkt dem im Artikel 15 des Konkordats vorgesehenen Verfahren nicht entziehen, da ihr an ungetrübten, aufrichtigen und herzlichen Beziehungen zum Heiligen Stuhl gelegen sei.“
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß sämtliche Beschlüsse einstimmig gefaßt worden sind.2
Ministerpräsident Dr. Hoegner weist darauf hin, daß ein höherer Ministerialbeamter im Rundfunk gesprochen habe und zwar im Wirtschaftsfunk, nicht wie er ursprünglich angenommen habe in der Sendereihe „Politik aus erster Hand“.
Staatsminister Bezold erwidert, es handle sich hier um Herrn Ministerialdirektor Dr. Heilmann seines Ministeriums, der aufgefordert worden sei, in der Sendereihe „Wirtschaft unter der Lupe“ zu sprechen. Er habe an sich seine Zustimmung gegeben, allerdings habe ihm dabei der Text nicht vorgelegen. An der Ansprache mißfalle ihm in erster Linie der letzte Satz, man könne aber nicht sagen, daß es sich hier um eine politische Rede handle.
Er sei jedoch durchaus bereit zuzustimmen, wenn sich der Ministerrat auf den Standpunkt stelle, daß Beamte überhaupt nicht mehr im Rundfunk sprechen sollen.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths wendet sich dagegen, daß Herr Ministerialdirektor Dr. Heilmann den Landesentwicklungsplan als „Makulatur“ bezeichnet habe.
Nach kurzer Aussprache wird einem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend folgender Beschluß gefaßt:
Jeder Staatsminister gibt für seinen Geschäftsbereich eine Weisung heraus, wonach Reden von Staatsbeamten im Rundfunk vorher dem Staatsminister zur Kenntnisnahme vorgelegt werden müssen.3
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Herrn Staatssekretärs Dr. Meinzolt als Präsident der Landessynode der Evang.-Luth. Kirche in Bayern vom 9. März 1955, in dem unter Bezugnahme auf Art. 29 des Vertrages zwischen dem Bayerischen Staate und der Evang.-Luth. Kirche in Bayern r.d.Rh. vom 15.11.1924 eine Aufstellung der Geistlichen übersandt werde, die für das Amt des Landesbischofs voraussichtlich in Frage kämen.4 Gleichzeitig werde darin gebeten, mitzuteilen, ob gegen die für die Wahl in Betracht kommenden Kandidaten Erinnerungen politischer Natur obwalten.
Staatssekretär Dr. Meinzolt gibt noch Einzelheiten über die Kandidaten bekannt.5
Der Ministerrat stellt durch Beschluß fest, daß gegen keinen der in Betracht kommenden Kandidaten politische Bedenken obwalten.6
a) Ministerpräsident Dr. Hoegner wirft die Frage auf, ob schon in einer Sondersitzung am Dienstag oder erst am Mittwoch der kommenden Woche die Stellungnahme des Kabinetts zu den Pariser Verträgen festgelegt werden solle. Er empfehle, den Termin möglichst spät zu legen, weil im Laufe des Dienstag die Stellungnahme des Kabinetts von Rheinland-Pfalz bekannt werde.
Es wird beschlossen, die außerordentliche Ministerratssitzung zur Behandlung der Pariser Verträge am Dienstag, den 15. März 1955 im Anschluß an die Plenarsitzung des Bayer. Landtags, also etwa um 18 Uhr 15 – 18 Uhr 30, festzusetzen.
b) In diesem Zusammenhang schlägt Ministerpräsident Dr. Hoegner vor, daß von bayerischer Seite wegen des Saarabkommens kein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gestellt werde; wenn jedoch von einem anderen Land dieser Antrag gestellt werde, empfehle er, ihn zu unterstützen.
Übrigens habe er noch keine nähere Mitteilung über einen Antrag der CSU-Fraktion im Landtag hinsichtlich der Abstimmung im Bundesrat.
Ministerialrat Dr. Gerner bemerkt, an sich bestehe ein Unterschied, ob der Antrag darauf abziele, im Bundesrat eine bestimmte Haltung einzunehmen oder ob er nur eine Information des Landtags durch die Staatsregierung zum Ziele habe. In beiden Fällen könne man jedoch, der bisherigen Übung entsprechend, die Beantwortung der Anfrage ablehnen.8
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt ein Schreiben des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 8. März 1955 bekannt, das sich mit den Theaterkarten für die Regierungsmitglieder befasse. Anlaß dazu sei ein Prüfungsbericht des Obersten Rechnungshofs gewesen, der u.a. den Wert der zwischen dem 1. Februar 1953 und dem 31. Januar 1954 abgegebenen Ehrenkarten auf über 150 000 DM beziffere.10
Das Kultusministerium schlage nun vor, daß in Zukunft die Freikarten für die Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt werden sollten, also nicht auf Dritte übertragbar seien. Außerdem rege es an, daß diese Freikarten für die Aufführungen am Wochenende nicht ausgegeben würden.
Staatsminister Rucker fügt hinzu, außerdem gebe es noch Sonderbestimmungen für die Staatskanzlei und für die Erstaufführungen.
Er bitte den Ministerrat zuzustimmen, daß jede Karte an die Regierungsmitglieder nur gegen Quittung ausgegeben werde.
Ministerpräsident Dr. Hoegner wendet sich gegen diesen Vorschlag und meint, ein Stempel „nicht übertragbar“ sei ausreichend. Außerdem sei jedoch zu fragen, warum ein Minister, der verhindert sei, seine Karten nicht weitergeben solle.
Vorläufig habe er von der Mitteilung des Kultusministeriums nur Kenntnis geben wollen, eine endgültige Regelung könne ja in einer der nächsten Sitzungen des Ministerrats getroffen werden.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.11