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Nr. 8MinisterratssitzungDienstag, 25. Januar 1955 Beginn: 8 Uhr 30 Ende: 11 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium) Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei), Herr Penzel (Bayer. Staatskanzlei) zu Punkt I der Tagesordnung.

Tagesordnung:

I. Erweiterung von Flugplätzen der amerikanischen Luftwaffe. II. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Dienststrafordnung. III. Verlegung der Regierung von Niederbayern von Regensburg nach Landshut. IV. Personalangelegenheiten. V. Gesetz über die Übernahme von Staatsbürgschaften vom 11. August 1954. VI. Ermittlungsverfahren des Oberstaatsanwalts in Bamberg gegen Willi Wolf u.a. wegen Verunglimpfung von Staatsorganen. VII. Kinderverschickung in die Sowjetzone. VIII. Interpellation der CSU-Fraktion zur Personalpolitik. IX. Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Ausübung der schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben. X. Erstattung eines Rechtsgutachtens des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Frage des Umfangs des Reinheitsgebots für Bier. XI. Beteiligung des Bayerischen Staates an der Maxhütte. XII. Presse-Interview des Präsidenten Kreutzer der Landpolizei von Oberbayern. XIII. Institut für Zeitgeschichte. XIV. Veranstaltungen, Einladungen usw..

I.Erweiterung von Flugplätzen der amerikanischen Luftwaffe1

Herr Penzel gibt einen eingehenden Bericht über die amerikanischen Pläne zur Erweiterung von elf Flugplätzen in Bayern. Das neu in Anspruch genommene Gelände sei nicht allzu bedeutend, insgesamt würden wohl nicht mehr wie 400 ha benötigt.2

Staatsminister Dr. Baumgartner bemerkt, er habe sich die Sache schlimmer vorgestellt,3 auf alle Fälle lege er aber Wert darauf, daß sein Ministerium dann eingeschaltet werde, wenn mit den einzelnen Bauern, die zur Landabgabe herangezogen würden, verhandelt werde.

Herr Penzel erwidert, nachdem es sich vorwiegend um bäuerlichen Besitz handle und zum Teil um wertvolle Böden, werde jetzt schon jeder Antrag auf Beschlagnahme den Staatsministerien der Finanzen, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Wirtschaft und Verkehr mit dem Ersuchen um Stellungnahme zugeleitet. Die Verhandlungen selbst müßten natürlich an Ort und Stelle stattfinden.

In der Vergangenheit sei zweifellos viel erreicht worden, u.a. sei es in einzelnen Fällen gelungen, die Amerikaner zur Zurücknahme ihrer Anträge zu bewegen. In anderen Fällen seien Kompromisse erreicht worden, allerdings sei es auch vorgekommen, daß deutscherseits keine Forderungen durchzusetzen gewesen seien. Er dürfe aber feststellen, daß die Amerikaner sich dort, wo nicht zwingende militärische4 Notwendigkeiten vorlagen, den deutschen Einwänden angeschlossen hätten. Die Erfolge in Bayern seien zweifellos größer wie in der britischen Zone, wo offenbar auch keinerlei Rücksicht auf Naturschutz genommen werde.

Staatsminister Dr. Baumgartner erkundigt sich, wie es mit der Entschädigung stehe, besonders, ob die Bauern lange auf die Entschädigungen warten müßten?

Herr Penzel antwortet, die Entschädigung sei ausschließlich Sache des Bundes, sie unterliege der Preisstopverordnung von 1936. Durch verschiedene Ausnahmeverfügungen sei es allerdings möglich, günstigere Bedingungen im Einzelfall zu erreichen.

Staatsminister Zietsch bestätigt, daß die Abgeber im allgemeinen zufrieden seien.

Staatssekretär Dr. Panholzer dagegen führt verschiedene Fälle an, in denen die Entschädigung sehr unzureichend sei, zumal es sich hier in der Tat um eine teilweise Enteignung gehandelt habe. Dies hänge zum Teil auch mit der von Herrn Penzel erwähnten Stop-Preisverordnung zusammen.

Herr Penzel bemerkt, das Bundesfinanzministerium habe erklärt, der Bundestag sei bisher noch nicht zu bewegen gewesen, diese Verordnung aufzuheben. Von bayerischer Seite aus sei deshalb auch dringend ersucht worden, von einem Grundstückspreis auszugehen, der wenigstens so hoch sei, daß die Betroffenen gleichwertige Grundstücke erwerben können.

Staatsminister Dr. Baumgartner hält es für zweckmäßig, die Koordinierungsstelle in der Staatskanzlei zu belassen.

Staatsminister Zietsch fügt hinzu, diese Einrichtung habe sich bisher sehr gut bewährt.

Herr Penzel verläßt daraufhin die Sitzung.

Anschließend kommt Staatssekretär Dr. Guthsmuths noch auf einige von Herrn Penzel erwähnte Fälle zu sprechen und gibt einen Überblick über die in Anspruch genommenen Gelände in der Bundesrepublik, wobei auf Bayern ein Anteil von 27% falle.

Staatsminister Dr. Baumgartner empfiehlt, wegen dieser besonderen Belastung Bayerns einen Vorstoß beim Bundesfinanzministerium zu machen,

Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths, ihm das erforderliche Material zuzuleiten.5

II.Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Dienststrafordnung6

Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß dieser Gesetzentwurf bereits am 13. Oktober 1954 dem Landtag nach Einholung eines Senatsgutachtens zugeleitet worden sei.7 In den jetzt nochmals vorzulegenden Gesetzentwurf seien die Vorschläge des Senats, soweit sie übernommen worden seien, eingearbeitet worden.

Staatsminister Dr. Koch kommt dann auf § 14 Abs. 3 der Dienststrafordnung zu sprechen und äußert Bedenken dagegen, daß nach dieser Bestimmung für das Dienststrafverfahren die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils nicht bindend seien.8 Auch der Senat habe diese Bestimmung aufgegriffen und darauf hingewiesen, daß insoweit ein wesentlicher Unterschied zwischen der Bundesregelung und der bayerischen Regelung bestehe.9 Er empfehle, dem Vorschlag des Senats zu folgen, der sich an die Bundesregelung anschließe.

Staatssekretär Dr. Haas widerspricht Staatsminister Dr. Koch mit dem Hinweis, daß auch der Zivilrichter an die Feststellungen des Strafrichters nicht gebunden sei. Praktisch bedeute der Vorschlag des Senats, daß ein Verfahren niemals nach der tatsächlichen Seite mehr aufgerollt werden könne, wenn ein strafgerichtliches Urteil vorliege, weil Einstimmigkeit in der Kammer kaum erreichbar sei.10

Staatsminister Dr. Koch entgegnet, durch § 14 Abs. 3 der Dienststrafordnung werde die Rechtssicherheit erschüttert. Erfahrungsgemäß werde die Dienststrafkammer von einem strafgerichtlichen Urteil immer zu Gunsten des Beamten abweichen, was sich in der Öffentlichkeit ungünstig auswirken werde.

Staatsminister Bezold schließt sich Herrn Staatssekretär Dr. Haas an und betont, auch bei einem Dienststrafverfahren müsse der Tatbestand der richterlichen Entscheidung unterworfen sei, eine Bindung lehne er ab. Wenn tatsächlich präjudiziert werden könne, so werde aus dem Dienststrafverfahren eine verwaltungsrechtliche Maßnahme, es könne keine Rede mehr davon sein, daß die Dienststrafkammer ein Gericht sei.

Staatsminister Dr. Koch stellt fest, das Ziel der beiden Verfahren sei verschieden, es könne dagegen nur einen Tatbestand geben. Wenn ein rechtskräftiges Urteil gefällt sei, gebe es keine Möglichkeit mehr, es anzufechten, auch wenn der Tatbestand falsch festgestellt sei, außer im Wege des Wiederaufnahmeverfahrens, der bekanntlich sehr schwierig und umständlich sei. Der seinem Standpunkt zugrunde liegende Rechtsgedanke sei der der Rechtssicherheit. Im übrigen habe er ja nicht gefordert, daß unbedingt daran festgehalten werden müsse, Auch nach der Bundesregelung könne ja von der Bindung abgewichen werden, wenn die gesamte Dienststrafkammer es beschließe.

Staatssekretär Vetter wirft ein, es sei ein wesentlicher Unterschied, ob ein ordentliches Gericht oder ein Verwaltungsgericht einen Tatbestand feststelle, er erinnere nur an den bekannten Fall des Landrats Dr. Kopp in Mindelheim, wo der Verwaltungsgerichtshof zu einem ganz anderen und zwar für den Landrat viel ungünstigeren Ergebnis gekommen sei als die ordentlichen Gerichte.11

Der Ministerrat beschließt, an dem vom Staatsministerium der Finanzen vorgelegten Entwurf festzuhalten und dem Abänderungsvorschlag des Herrn Staatsministers der Justiz nicht zu folgen.

Es wird festgestellt, daß der Entwurf sofort dem Landtag und dem Senat zugeleitet werden soll.12

Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Dienststrafordnung vom 16. August 1955

III.Verlegung der Regierung von Niederbayern von Regensburg nach Landshut13

Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf die Note des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 12. Januar 1955, die eine Aufstellung über die unmittelbaren und mittelbaren Kosten der Verlegung enthalte.14

Die Rechtslage sei bekannt, die Bayerische Verfassung bestimme in Art. 185, daß die alten Regierungsbezirke mit ihren Regierungssitzen ehesten wieder hergestellt werden.15 Durch ein Gesetz des Jahres 1948 sei dann der Regierungsbezirk Oberfranken mit dem Sitz in Bayreuth wieder hergestellt worden;16 im gleichen Gesetz werde bestimmt, daß das nämliche mit Niederbayern und Landshut geschehen solle. Das Gesetz habe aber insoweit nicht durchgeführt werden können, weil das Regierungsgebäude in Landshut, das aber jetzt frei geworden sei, beschlagnahmt gewesen sei. Bisher habe sich der Landtag immer auf den Rechtsstandpunkt gestellt, auch Mittel für die Verlegung in Höhe von 1 688 700 DM aus den Haushaltsansätzen der Rechnungsjahre 1952 und 1953 stünden noch zur Verfügung.

Seine persönliche Meinung sei die, daß man sich auf den Standpunkt der Verfassung und des Gesetzes stellen müsse. Allerdings bestehe jetzt eine Kommission zur Vereinfachung der Verwaltung, die möglicherweise zu dem Urteil kommen könne, es sei zweckmäßig, Niederbayern und Oberpfalz zusammen zu lassen. Ob die Kommission bei Oberfranken und Mittelfranken zu der gleichen Schlußfolgerung komme, stehe dahin, man dürfe aber nicht übersehen, daß die Widerstände in beiden Fällen außerordentlich groß seien. Bei Niederbayern/Oberpfalz bestehe freilich die Schwierigkeit, daß Landshut ungünstig gelegen sei. Er wiederhole aber, daß nach dem Beschluß des Verfassungsgebers und des Gesetzgebers verfahren werden müsse.

Staatsminister Zietsch führt aus, der jährliche Mehrbedarf beziffere sich auf fast 2 Mio DM, ein Betrag, der nicht aufgebracht werden könne. Dazu komme, daß Regensburg verkehrsmäßig sehr günstig sowohl für die Oberpfalz wie für Niederbayern gelegen sei und schon aus diesem Grund eine Trennung unzweckmäßig erscheine.

Nachdem die Errichtung des Regierungsbezirks Niederbayern bereits erfolgt sei, halte er die Verfassungsbestimmung für erfüllt, das Gesetz vom Jahre 1948 könne jederzeit geändert werden. Er verweise dabei auf Art. 9 BV,17 wonach die Abgrenzung der Regierungsbezirke durch Gesetz zu erfolgen habe, man brauche nur diese Bestimmung anzuwenden. An sich sei er durchaus damit einverstanden, wenn die Frage Landshut nicht allein behandelt, sondern ein Gesetz eingebracht werde, die Zahl der Regierungsbezirke von 7 auf 2 zu verringern.

Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, durch das Gesetz vom Jahre 1948 sei der Regierungssitz in Landshut nicht wieder hergestellt worden. Er stimme mit dem Herrn Finanzminister darin überein, daß die Übergangsbestimmung des Art. 185 nicht für immer bindend sein könne, sonst wäre die Erfüllung des Art. 9 nicht möglich. Art. 185 könne die Gesetzgeber nicht hindern, von Art. 9 Gebrauch zu machen. Zunächst müsse aber die Regierung von Niederbayern mit dem Sitz in Landshut wieder hergestellt werden, das sei aber nun einmal nicht der Fall. Er wiederhole, daß, die Staatsregierung an Gesetz und Verfassung gebunden sei.

Staatssekretär Dr. Haas erklärt, die Schwierigkeiten einzusehen, andererseits habe die Staatsregierung in ihr Programm die Verwaltungsvereinfachung aufgenommen und könne nicht einen jährlichen Mehraufwand von 2 Mio DM übernehmen. Vielleicht könne man so wie bisher vorgehen, nämlich hinauszögern und mit dem nächsten Volksentscheid Art. 185 abändern. Er sei dafür, auch die Regierungsbezirke Oberfranken und Mittelfranken wieder zusammenzulegen, wie es im Jahre 1932 geschehen sei.

Staatsminister Dr. Baumgartner spricht sich grundsätzlich für möglichste Sparsamkeit und Vereinfachung in der Verwaltung aus, betont aber, die Verfassung müsse auf alle Fälle erfüllt werden, deshalb sei ein Weg zu finden, Art. 185 vernünftig durchzuführen. Die vom Herrn Staatsminister der Finanzen angegebenen Zahlen halte er für zu hoch geschätzt, vor allem, da er annehmen müsse, daß die Zahl der Beamten an der Regierung in Regensburg weit überhöht sei und ein großer Teil von ihnen anderswo beschäftigt werden könnte. Es müsse doch gelingen, diese Beamten in Landshut unterzubringen, dann werde sich kein Mehrbedarf an Personal durch die Trennung ergeben.

Vielleicht könne der Bezirkstag von Niederbayern den Nachweis bringen, daß die angegebenen Zahlen nicht zutreffen. Persönlich habe er bei zahlreichen Versammlungen in Niederbayern, in denen er sich selbst sehr zurückgehalten habe, die Wahrnehmung gemacht, daß die Wiedererrichtung der Regierung in Landshut von den Niederbayern als besonders dringliches Problem betrachtet werde.

Er bitte den Ministerrat, sich heute nur mit der Frage Ja oder Nein zur Regierungsverlegung zu befassen. Wegen des Kostenpunktes wiederhole er seine Anregung, sich mit dem Bezirkstag in Verbindung zu setzen, der in der Lage sein müsse, genaue Angaben zu machen.

Staatsminister Bezold meint, über die Tatsache, daß Niederbayern an Bevölkerungszahl nicht größer sei als München, komme man nicht hinweg. Daß höhere Personalkosten entstünden, sei völlig sicher. Wenn schon gespart werden solle, müsse die Verwaltung verbilligt und vereinfacht werden. Dies sei aber unmöglich, wenn man gleich zu Beginn mit der Verlegung ernst mache.

Auch Staatssekretär Weishäupl spricht sich gegen die Verlegung aus und meint, man müsse heute andere Überlegungen anstellen als zu der Zeit, in der die Verfassung geschaffen worden sei.

Staatsminister Dr. Geislhöringer stellt dagegegen fest, daß man um Art. 185 nicht herumkomme und die Verfassung nicht brechen könne. Bei der finanziellen Seite der Angelegenheit könne noch manches geklärt werden; u.a. müsse das Regierungsgebäude auch ohne die Verlegung der Regierung wieder instandgesetzt werden, auch Wohnungen seien zu bauen, so daß der einmalige Mehraufwand von 6,4 Mio DM um etwa 5 Mio DM geringer angesetzt werden könne. Auch den jährlichen Mehrbedarf von 2 Mio DM halte er für überschätzt, da seiner Überzeugung nach mit der gleichen Zahl von Beamten wie bisher, mit Ausnahme des Regierungspräsidenten und seines Vizepräsidenten, ausgekommen werden müsse. Was die politische Seite betreffe, so komme man nun einmal über die geschichtliche Vergangenheit nicht hinweg, er persönlich wolle das auch gar nicht. Wichtiger als eine Einsparung in dieser Sache halte er die Verringerung der Verwaltungsaufgaben.

Staatsekretär Vetter verweist auf die Regierungserklärung und die Verfassung und unterstreicht die politischen Gründe, die für die Wiederherstellung sprechen; von der Bevölkerungszahl allein könne man nicht ausgehen. Der Auffassung des Herrn Staatsministers Baumgartner, in Regensburg seien zu viele und nicht ausreichend beschäftigte Beamte, könne er nicht beipflichten, da in der Tat sich die Zahl der Aufgaben bei den Regierungen außerordentlich erhöht habe. Auch er halte Einsparungen nur für möglich, wenn sie auf der Aufgabenseite vorgenommen würden, die Regierungen seien nur dadurch überbesetzt, da ihnen viel zuviel neue Aufgaben zugewiesen worden seien. Es sei keine Vereinfachung, wenn zwei kleine Behörden zu einer großen zusammengelegt würden. Da die beiden Regierungen getrennt würden (bei den Bezirken sei es schon geschehen), werde bestimmt eine wesentliche Erleichterung für die Regensburger Regierung eintreten, die sich günstig auswirken werde. Im übrigen könne mit Recht verlangt werden, daß den Altbayern, also den Niederbayern und Oberpfälzern, das gleiche Entgegenkommen gezeigt werde wie den Franken bei der Trennung von Oberfranken und Mittelfranken. Natürlich müsse dafür gesorgt werden, daß kein unnötiger Mehrausfwand entstehe. Schließlich dürfe er noch auf die Zusatzprotokolle bei den Koalitionsvereinbarungen aufmerksam machen, in die die Wiedererrichtung der Regierung von Niederbayern mit dem Sitz in Landshut aufgenommen worden sei.

Staatssekretär Dr. Meinzolt unterstützt den Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Baumgartner, den Bezirkstag zu hören und regt an, dessen Äußerung nicht nur zur Frage der Finanzierung, sondern auch zum Grundsätzlichen einzuholen.

Staatsminister Bezold wendet ein, der Bezirkstag werde sich zweifellos dafür aussprechen, weil er die Kosten nicht zu tragen habe.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths bemerkt, man habe sich schon früher eingehend mit den Auswirkungen der Trennung der Regierungen beschäftigt und festgestellt, daß bei etwa 80% der Stellen eine Verdoppelung des Personals notwendig werden müsse. Vielleicht könne man aber feststellen, welche Dienststellen unbedingt in Landshut sein müßten.

Staatssekretär Simmel entgegnet, trotzdem müßten die Koalitionsvereinbarungen maßgebend sein, darin sei aber in der Tat die Verlegung enthalten, so daß die Staatsregierung unter allen Umständen gebunden sei.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß die der heutigen Besprechung zugrunde liegenden Zahlen vom Innenministerium stammten und das Finanzministerium keinen Anlaß habe, sie nachzuprüfen. Außer Zweifel stehe jedenfalls, daß Mehrausgaben nicht zu vermeiden seien. Was die Koalitionsvereinbarungen betreffe, so werde sowohl in ihnen wie in der Regierungserklärung der Grundsatz der Verwaltungsvereinfachung aufgestellt. Damit stimme aber die Errichtung neuer Regierungen nicht überein, deren ganzer Apparat dann zu viele Mittel verlange, man denke nur an das Verwaltungsgericht, die Landpolizeidirektion usw., die auch dazu gehörten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, dies sei nicht richtig, Verwaltungsgericht und Landpolizeidirektionen schieden aus, da sie nicht für die Regierung erforderlich seien.

Saatsminister Zietsch schlägt vor, zumindest dadurch zu vereinfachen, daß man genau überlege, welche Stellen unbedingt nach Landshut kommen müßten. Die Trennung von Oberfranken und Mittelfranken, die allerdings in einem sehr viel früheren Zeitpunkt geschehen sei, habe nur einen Mehraufwand von 200 000 DM gebracht. Vielleicht sei es in der Tat am besten, den Bezirkstag von Niederbayern entscheiden zu lassen.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths bemerkt, bei den Koalitionsvereinbarungen über diesen Punkt habe man sich dahin geeinigt, daß der Staatshaushalt nicht belastet werden dürfe

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt dann abschließend folgendes vor:

1. Die Staatsregierung wendet sich an den Bezirkstag von Niederbayern, damit dieser die Kosten nachprüft und über die grundsätzliche Frage entscheidet, ob die Wiedererrichtung der Regierung von Niederbayern mit dem Sitz in Landshut zweckmäßig ist.18

2. Darüber hinaus soll die Koalitionsvereinbarung gelten, an der nicht gerüttelt werden soll.

Staatssekretär Dr. Haas fügt hinzu, bei den Vereinbarungen sei über zusätzliche Finanzquellen gesprochen worden.

Herr Abg. Dr. Lacherbauer habe dabei die Bayer. Staatsbank erwähnt.

Mnisterpräsident Dr. Hoegner erwidert, das sei nur in Hinweis gewesen, aber keine Bedingung.

Staatsminister Dr. Baumgartner bestätigt, daß Herr Dr. Lacherbauer damals nur Beispiele genannt habe.

Staatsminister Dr. Geislhöringer erkundigt sich, ob die noch zur Verfügung stehenden Mittel verfallen könnten?

Staatsminister Zietsch antwortet, dies sei nicht der Fall, sie könnten übertragen werden.

Staatsminister Dr. Baumgartner ergänzt den Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten dahin, daß dem Bezirkstag auch das Zahlenmaterial des Staatsministeriums des Innern zur Verfügung gestellt werden soll,

Der Ministerrat erklärt sich mit dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten und seiner Ergänzung durch Herrn Staatsminister Dr. Baumgartner einverstanden.19

IV.Personalangelegenheiten

1. Ernennung des Vizepräsidenten des Obersten Rechnungshofs20

Ministerpränident Dr. Hoegner unterrichtet den Ministerrat von dem Vorschlag des Präsidenten des Obersten Rechnungshof den Generalstaatsanwalt beim Verwaltungsgerichtshof, Herrn Dr. Josef Hausner, zum Vizepräsidenten des Obersten Rechnungshofs zu ernennen. Die Zustimmung.des Ministerrats sei an sich nicht erforderlich, er bitte aber Herrn Staatsminister Dr. Geislhöringer, sein Einverständnis damit zu erklären, daß er als Ministerpräsident Herrn Dr. Hausner zum Vizepräsidenten ernenne.21

Staatsminieter Dr. Geislhöringer erwidert, er wolle keine Einwendungen erheben.

Der Ministerrat nimmt die Mitteilung zur Kenntnis.

2. Ernennung des Oberregierungsrats Dr. Lehmeyer zum Präsidenten des Finanzgerichts Nürnberg

Staatsminister Zietsch nimmt Bezug auf sein Schreiben vom 21. Januar 1955 an die Bayer. Staatskanzlei, in dem er bitte, die Zustimmung der Bayer. Staatsregierung zur Ernennung des Oberregierungsrats Dr. Lehmeyer zum Präsidenten des Finanzgerichts Nürnberg herbeizuführen.22 Der derzeitge Präsident, Herr Dr. Adolf Effert, sei in der Sitzung des Richterwahlausschusses vom 9. Dezember 1954 zum Bundesfinanzrichter gewählt worden und zwar mit Wirkung vom 1. Februar 1955 ab,23 infolgedessen sei die Ernennung seines Nachfolgers dringlich.

Der Ministerrat beschließt, die Zustimmung zur vorgeschlagenen Ernennung zu erteilen.

V.Gesetz über die Übernahme von Staatsbürgschaften vom 11. August 195424

Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf eine Note des Herrn Staatsministers der Finanzen vom 20. Januar 1955, in der vorgeschlagen werde, einen Beschluß der Staatsregierung herbeizuführen, daß nach § 50 Satz 2 der Geschäftsordnung des Bayer. Landtags vom 27. Oktober 1954 die Bildung einer Kommission für Bürgschaftsangelegenheiten beantragt werde.25

Staatsminister Zietsch fügt hinzu, das Finanzministerium beabsichtige an sich, in Kürze den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften vom 11. August 1954 vorzulegen, in dem u.a. auch Vorschläge gemacht würden, in welcher Weise die Mitwirkung des Landtags bei der Behandlung von Anträgen auf Einräumung von Staatsbürgschaften zweckmäßig sei.

Vor einer gesetzlichen Änderung müsse aber die Vorschrift des Art. 10 des Gesetzes weiterhin beachtet werden, so daß dieser Antrag notwendig sei.

Der Ministerrat beschließt dem Vorschlag in der Note des Herrn Staatsministers der Finanzen vom 20. Januar 1955 entsprechend.26

VI.Ermittlungsverfahren des Oberstaatsanwalts in Bamberg gegen Willi Wolf u.a. wegen Verunglimpfung von Staatsorganen27

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt ein Schreiben des Staatsministeriums der Justiz bekannt, wonach in einem in Hof erscheinenden Mitteilungsblatt der Kommunistischen Partei Deutschlands schwere Verunglimpfungen von Staatsorganen enthalten seien.28 Das Staatsministerium der Justiz bitte um eine Entscheidung des Ministerrats, ob wegen dieser Verunglimpfungen die Ermächtigung der Staatsregierung gemäß § 97 StGB erteilt werden solle.

Er halte die Beschuldigungen für so schwerwiegend, daß in diesem Fall wohl die Ermächtigung erteilt werden muß.

Der Ministerrat beschließt, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen,6 einen Strafantrag wegen übler Nachrede aber nicht zu stellen.29

Verunglimpfung ders./Beleidigungsverfahren

VII. Kinderverschickung in die Sowjetzone30

Staatssekretär Dr. Meinzolt berichtet, am 21. Januar 1955 habe die Regierung von Oberfranken telefonisch mitgeteilt, 32 Kinder in Münchberg seien in die Sowjetzone eingeladen worden und würden am nächsten Tag abreisen. Das Innenministerium habe dazu erklärt, man könne die Reise nicht polizeilich, sondern schulisch verhindern.

Er habe daraufhin bestimmt, den Kindern keinen Urlaub zu erteilen, die Eltern entsprechend zu verständigen und dafür zu sorgen, daß diese Kinder in Bayern selbst untergebracht werden. Am Samstag habe die Regierung in Bayreuth berichtet, es sei gelungen, die Kinder, mit Ausnahme von zweien, zurückzuhalten. Gestern Abend sei dann die Nachricht gekommen, daß doch nun ein Teil der Kinder abgefahren sei. Die Regierung rate, nichts gegen die Eltern zu unternehmen. Dieser Auffassung müsse er sich auch anschließen, so bedauerlich es auch sei, daß es nicht gelungen sei, die Abreise in die Sowjetzone zu verhindern.

Staatsminister Dr. Baumgartner fügt hinzu, nach der Schließung des Münchberger Textilwerkes31 seien Hunderte von Paketen aus der Sowjetzone an die betroffenen Familien geschickt worden. Er habe die Einfuhr verboten und die Sache abgestellt. Er bedauere jedoch sehr, daß es nicht gelungen sei, die Verschickung dieser Kinder zu verhindern.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, dazu habe man keine Handhabe, schon in einer früheren Ministerratssitzung habe er deshalb erklärt, es bleibe nichts anderes übrig, als erhöhte Mittel für die Kindererholung in Bayern selbst zur Verfügung zu stellen.

Staatsminister Stain meint, man könne vielleicht gegen derartige Aktionen in einer Pressekonferenz aufklärend wirken.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß es sich hier zweifellos um eine politische Agitation handle, die durch die höchst unerfreuliche Angelegenheit des Münchberger Textilwerkes veranlaßt worden sei. Am Samstag werde er selbst nach Münchberg fahren, um noch weitere Einzelheiten zu klären, nachdem jetzt Versuche im Gang seien, das Unternehmen wieder in Gang zu bringen. Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths habe sich bereits eingeschaltet, auch die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung habe eine Sondersitzung wegen dieses Falles abgehalten. Selbst wenn es gelinge, den Betrieb wieder zu eröffnen, so werde dies sicher nur zum Teil möglich sein, sehr viele der dort beschäftigten Arbeiter müßten aber wohl arbeitslos bleiben.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths gibt daraufhin einen eingehenden Bericht über die Lage in Münchberg und stellt eine mögliche Sanierung durch eine Staatsbürgschaft in Aussicht, falls das Direktorium der Staatsbank den Vorschlägen der Landesanstalt zustimme.

Der Ministerrat nimmt diesen Bericht zu Kenntnis.32

Erholungsfürsorge

VIII.Interpellation der CSU-Fraktion zur Personalpolitik33

Ministerpräsident Dr. Hoegner unterrichtet den Ministerrat von einem Besuch, den heute morgen die Herren Abg. Meixner und Eberhard bei ihm gemacht hätten. Die beiden Herren hätten mitgeteilt, daß die Interpellation nach der Erklärung des Ministerpräsidenten im Landtag über Beamtenfragen zurückgezogen werde.34

Er werde zu Beginn der Sitzung, wie schon besprochen, eine Erklärung abgeben, in der er seine mißverstandene Äußerung in der ersten Pressekonferenz berichtige und betone, er habe nie daran gedacht, sich über die Bestimmungen der Verfassung und des Beamtengesetzes hinwegzusetzen. Die CSU werde daraufhin ihre Interpellation zurückziehen, was er an sich begrüße, da es zweifellos der Demokratie Schaden zufügen werde, wenn man derartige Dinge im Parlament im einzelnen behandle.

Interpellationen

IX.Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Ausübung der schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben35

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, das Staatsministerium des Innern habe um Zustimmung des Ministerrats zu dieser Vereinbarung, die zwischen der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung abgeschlossen werden soll, gebeten.36 Es frage sich aber, ob mit dem Abschluß der Vereinbarung nicht zugewartet werden solle, bis der Entwurf eines Gesetzes über die Aufgabe des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt erlassen sei oder wenigstens bis feststehe, ob die darin vorgesehene Regelung über die Schiffahrtspolizei die Billigung des Bundesrats finde.37 Jedenfalls werde eine Prüfung dieses Entwurfs im Bundesrat erschwert werden, wenn die Länder sich schon vorher durch den Abschluß der Vereinbarung festgelegt hätten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner spricht sich dafür aus, aus den dargelegten Gründen den Abschluß der Vereinbarung zurückzustellen.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.38

Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Ausübung der schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben

X.Erstattung eines Rechtsgutachtens des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Frage des Umfangs des Reinheitsgebots für Bier39

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, durch Ministerratsbeschluß vom 12. Oktober 195440 sei das Bayer. Oberste Landesgericht gemäß § 10 des Gesetzes Nr. 124 über die Wiedererrichtung des Bayer. Obersten Landesgerichts um die Erstattung eines Rechtsgutachtens über den Umfang des in Bayern geltenden sogen. Reinheitsgebotes für Bier gebeten worden.41

Das Oberste Landesgericht habe jedoch Bedenken gegen die Erstattung des Rechtsgutachtens geäußert und gebeten, zu erwägen, ob es sich nicht empfehle, die Klärung der Streitfrage einer gerichtlichen Entscheidung vorzubehalten.42 Das Justizministerium schließe sich dieser Auffassung an,43 während das Finanz- und Innenministerium gegenteiliger Meinung seien.44

Er persönlich halte es nicht für richtig, das Oberste Landesgericht gegen seinen Willen zu einem Gutachten zu zwingen, auch wenn dies rechtlich möglich sei, und empfehle daher, auf dem Beschluß vom 12. Oktober 1954 nicht zu beharren.

Der Ministerrat beschließt, von dem Gutachten abzusehen und abzuwarten, bis die Streitfrage durch eine gerichtliche Entscheidung geklärt ist.45

Reinheitsgebot

XI.Beteiligung des Bayerischen Staates an der Maxhütte46

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des Herrn Staatsministers der Finanzen vom 20. Januar 1955, wonach in der Nr. 16 des „Münchner Merkur“ vom 19. Januar 1955 bereits ein Bericht über das Ergebnis des außerordentlichen Ministerrats vom 17. Januar 1955, abends, enthalten gewesen sei.47 Nachdem das Presseamt der Staatsregierung keine Mitteilung über den Beschluß des Ministerrats herausgegeben habe, müsse nach Meinung des Herrn Finanzministers eine Indiskretion vorgekommen sein. Nachdem sich der Wirtschaftsausschuß des Landtags schon am 20. Januar 1955 mit dieser Angelegenheit befaßt habe, sei wohl nicht allzu viel Schaden angerichtet worden. Er bitte aber künftig mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, daß sich solche Indiskretionen nicht wiederholten.

Staatsminister Bezold empfiehlt, in Zukunft nach solchen Sitzungen eine Pressemitteilung herauszugeben.48

XII.Presse-Interview des Präsidenten Kreutzer der Landpolizei von Oberbayern

Ministerpräsident Dr. Hoegner wendet sich mit Schärfe gegen das in Nr. 21 des „Münchner Merkur“ vom 25. Januar 1955 erschienene Interview mit dem Präsidenten der Landpolizei von Oberbayern.49 Alles was zur besseren Ausrüstung der Landpolizei in den letzten Jahren geschehen sei, werde einfach verschwiegen, z.B. die vom Landtag mit Mitteln in Höhe von 1 Mio DM beschlossene Modernisierung der Kraftfahrzeuge. Es sei ihm völlig unverständlich, wie dieses Interview habe zustande kommen können, er bitte auch zu prüfen, ob der Präsident der Landpolizei von Bayern, Herr von Godin, überhaupt unterrichtet gewesen sei.

Staatsminister Bezold wirft die Frage auf, wie weit ein Beamter gegenüber der Presse von seinem staatsbürgerlichen Recht Gebrauch machen könne? Sei es zulässig, daß sich ein Beamter an die Presse wende? Er glaube, daß sich das Kabinett darüber einmal unterhalten müsse.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt zu und meint, was den Fall Kreutzer betreffe, so könne dieser wohl in der nächsten Pressekonferenz richtig gestellt werden. Außerdem bitte er Herrn Staatsminister Geislhöringer, bis dahin den Fall aufklären zu lassen.

In diesem Zusammenhang wird vereinbart, die nächste Pressekonferenz der Staatsregierung auf Mittwoch, den 2. Februar 1955, vormittags 9 Uhr 50, anzusetzen.

XIII.Institut für Zeitgeschichte50

Ministerpräsident Dr. Hoegner unterrichtet den Ministerrat vor einem Besuch des Generalsekretärs Dr. Kluke vom Institut für Zeitgeschichte. Dabei habe es sich besonders darum gehandelt, ob es möglich sei, das Institut in das Königsteiner Abkommen51 aufzunehmen.

Staatsminister Zietsch erwidert, diese Frage sei schon geprüft worden, er sei aber gerne bereit, sie nochmals im Ministerrat zu besprechen; vielleicht könne dies in der nächsten Sitzung geschehen.

Es wird vereinbart, das Institut für Zeitgeschichte auf die Tagesordnung des nächsten Ministerrats zu setzen.52

XIV.Veranstaltungen, Einladungen usw.

a) Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest eine Einladung des Kreisverbands München des Verbands der Ärzte Deutschlands zu einer Kundgebung am 2. Februar 1955, auf der u.a. Fragen des Arztes an den Gesetzgeber gerichtet werden sollten.53

Es wird beschlossen, daß die Vertretung der Staatsregierung bei dieser Veranstaltung durch Herrn Staatsminister Dr. Geislhöringer übernommen wird.

b) Erinnerungsfeier in Dachau

Ministerpräsident Dr. Hoegner macht Herrn Staatsminister Zietsch darauf aufmerksam, daß der Landesrat für Freiheit und Recht54 einen Entwurf für die 10jährige Befreiungsfeier der ehemaligen KZ-Häftlinge in Dachau für April dieses Jahres vorgelegt habe.55 Der Landesrat bitte u.a. um einen Staatszuschuß von 25 000 DM. Diesen Betrag halte er für außerordentlich hoch, in irgendeiner Weise müsse sich aber die Staatsregierung an dieser Feier beteiligen. Vielleicht könne er zunächst dem Landesrat mitteilen, daß der angeforderte Betrag zu hoch erscheine, die Staatsregierung aber einen angemessenen Zuschuß wohl zur Verfügung stellen könne.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.56

c) Dom-Staffellauf in Bamberg57

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, der Städteverband für Leibesübungen in Bamberg habe ihm am 17. Januar 1955 einen Durchschlag eines Briefes an den Herrn Staatsminister Rucker übersandt, in dem gebeten werde, die Durchführung dieses Sportereignisses in diesem Jahr zu ermöglichen.58 Bekanntlich habe es im Jahre 1954 dadurch Schwierigkeiten gegeben, daß die Leiterin einer Schule die Teilnahme von Mädchen in Sportkleidung verboten habe.59

Staatssekretär Dr. Meinzolt erwidert, das Kultusministerium sei mit dieser Sache schon befaßt, Schwierigkeiten werde es dieses Jahr nicht mehr geben; nachdem das Kultusministerium mit dem Städteverband bereits in Verbindung stehe, sei die Bitte um ein Eingreifen des Herrn Ministerpräsidenten eigentlich unnötig gewesen.

d) Einladung der Farbwerke Hoechst

Staatsminister Zietsch erinnert daran, daß die Leitung der Farbwerke Hoechst bei den Verhandlungen wegen der Anorgana die Staatsregierung zu einem Vortrag und zu einem Frühstück eingeladen habe.60 Damals sei die Einladung nicht angenommen worden, was etwas peinlich gewesen sei. Neuerdings werde dieser Plan wieder aufgegriffen. Die Einladungen würden den Herren Kabinettsmitgliedern in nächster Zeit zugehen, falls Gewißheit besteht, daß sie angenommen werden.

Er empfehle, die Einladung anzunehmen, da es immerhin wertvoll sei, über die Absichten und Pläne dieser großen Chemiewerke, unterrichtet zu werden.

Staatsminister Bezold meint, zunächst sei es Sache des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr, sich mit der Leitung der Farbwerke Hoechst zu besprechen, er erklärt sich dann aber mit dem Vorschlag des Herrn Finanzministers einverstanden.61

Abschließend wird vereinbart, am Montag, den 31. Januar 1955, 19 Uhr 30, eine außerordentliche Sitzung des Ministerrats anzusetzen, auf der die Frage der Bavaria-Filmfinanzen und des Ufa-Abwicklungsausschusses behandelt werden soll.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Wilhelm Hoegner
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Dr. Albrecht Haas Staatssekretär