Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Stantskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium).
I. Bundesratsangelegenheiten. II. Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen; hier: Abänderung der Zuständigkeitsvereinbarung vom 20.2.1952. III. Volkstrauertag. a) Entwurf einer Verordnung über die Festsetzung des Volkstrauertages in Bayern. b) Entwurf einer Bekanntmachung über den Volkstrauertag. IV. Feststellungsklage des Freistaates Bayern gegen die Bundesrepublik Deutschland. V. Durchführung der Entschädigung für die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung in Bayern. VI. Wahlnummer der Bayerischen Staatszeitung. VII. Anträge auf Feststellung von Verfassungswidrigkeiten. VIII. Benennung der stellvertretenden Mitglieder des Kulturausschusses des Bundesrates. IX. Landesentschädigungsamt. X. Anfragen in der Fragestunde des Bayerischen Landtags am 26. Oktober 1954. XI. Entwurf eines Bundesgesetzes über Orden und Ehrenzeichen.
1. Neuwahl der Vorsitzenden1
a) des b) desAusschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen
c) desd) des Ausschusses für Flüchtlingsfragen
Aussschusses für gesamtdeutsche Fragen
e) desDer Ministerrat nimmt die Vorschläge in der BR-Drucks. Nr. 337/54 zur Kenntnis und beschließt, sie zu unterstützen.
2. Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld und die Errichtung von Familienausgleichskassen (Kindergeldgesetz)2
Dr. Gerner berichtet, der Gesetzentwurf sei zwar technisch und sachlich nicht gut geglückt, immerhin hätten doch in den Bundesratsausschüssen die Bedenken gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses überwogen. Es sei deshalb auch keine Empfehlung, einen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen, abgegeben worden mit Ausnahme des Rechtsausschusses.
MinisterialratDr. Hoegner bezeichnet den Gesetzentwurf als nicht gut und meint, Bayern solle sich doch anschließen, wenn ein anderes Land den Vermittlungsausschuß anrufen wolle,
Stv. MinisterpräsidentDr. Gerner erwidert, wenn die Mängel des Entwurfs beseitigt werden sollten, müßte man eigentlich den Vermittlungsausschuß mit dem Ziel anrufen, den Entwurf überhaupt fallen zu lassen und durch einen besseren zu ersetzen. Dem Vorschlag des Rechtsausschusses, Einzelheiten zu ändern, könne man nicht beistimmen.
MinisterialratDr. Oechsle meint, wenn man anfange, mit Abänderungsvorschlägen zu kommen, sei das Gesetz selbst erledigt. Über die politische Tragweite müsse man sich aber dabei klar sein.
Auch StaatsministerDr. Ehard stimmt zu und bezeichnet den Gesetzentwurf ebenfalls als unglücklich. Trotzdem glaube er, es habe keinen Sinn, sich mit Einzelheiten abzugeben.
MinisterpräsidentDr. Oechsle und Ministerialrat Dr. Gerner fügen hinzu, es sei nicht anzunehmen, daß ein anderes Land den Vermittlungsausschuß anrufe.
StaatsministerDer Ministerrat beschließt daraufhin mit Mehrheit, keinen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen.3
4. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaues und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (BGBl. I S. 347)5
Art. 76 Abs. 2 GG mit Unterstützung der Empfehlungen unter Ziff. 1 mit 8 der BR-Drucks. Nr. 321/1/54.6
Stellungnahme gemäß6. Entwurf eines Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 81 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 11. Juli 1947 über die Arbeitsaufsicht im Gewerbe und Handel8
Art. 76 Abs. 2 GG werden nicht erhoben.
Einwendungen gemäß7. Entwurf einer Verordnung über die Beschäftigung von Frauen und Jugendlichen mit der Herstellung von Präservativs, Sicherheitspessarien, Suspensorien und dergl.9
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der Empfehlungen in Ziff. 1 mit 6 der BR-Drucks. Nr. 241/1/54.10
Zustimmung gemäß8. Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 195411
Art. 78 GG.12
Zustimmung gemäß9. Entwurf eines Gesetzes über die Beiträge des Bundes zu den Steuerverwaltungskosten der Länder13
Vermittlungsausschuß aus den unter Ziff. 1 mit 3 der BR-Drucks. Nr. 341/1/54 niedergelegten Gründen anzurufen.14
Der Ministerrat beschließt, denDr. Gerner berichtet dann, Nordrhein-Westfalen beabsichtige, einen Antrag einzubringen, der die Anrufung zusätzlich noch damit begründe, daß Ziff. 2 der erwähnten Bundesratsdrucksache so abgeändert werden müsse, daß eine Pauschalierung der Verwaltungskosten nach dem Stand von 1953, gekoppelt mit einer Revisionsklausel, vorgesehen werde.15
MinisterialratDer Ministerrat beschließt, einen etwaigen Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen in dieser Hinsicht zu unterstützen.16
10. Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Vorschußzahlungen an Empfänger von Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (VorschG LAG)17
Art. 78 GG. Die Empfehlung des Finanzausschusses unter Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 339/1/54 wird unterstützt.18
Zustimmung gemäß11. Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft19
12. Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs20
Kein Antrag nach13. Entwurf einer Dreiundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen21
Wirtschaftsausschusses in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 331/1/54 wird nicht unterstützt.
Bedenken werden nicht erhoben. Die Empfehlung des14. Entwurf für die Zwölfte Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (12. AbgabenDV-LA)22
Zustimmung gemäß15. Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung23
Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, nach Auffassung des Koordinierungsausschusses könnte man sämtliche Empfehlungen der BR-Drucks. Nr. 325/1/54 unter Ziff. 2 mit 57 und Ziff. 59 bis 63 unterstützen. Dagegen werde die Empfehlung unter Ziff. 1 a allgemein abgelehnt.24
25 für die Unterstützung hatten sich die Vertreter des Innen-,26 Finanz-,27 Arbeits-28 und Kultusministeriums29 ausgesprochen, dagegen der Vertreter des Justizministeriums,30 der gleichzeitig einen eigenen Landesantrag vorgeschlagen habe, durch welchen ein neuer § 235 a eingefügt werde.
Die Meinungen zu Ziff. 1 b und 58 seien geteilt;Der Ministerrat beschließt nach kurzer Aussprache, die Empfehlungen unter Ziff. 1 b mit 63 zu unterstützen und keinen Landesantrag zu stellen.31
16. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht32
Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.
17. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung33
Art. 78 GG.34
Zustimmung gemäß18. Entwurf einer Rechtsverordnung zu § 15 des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) vom 18. September 1953 (BGBl. I S. 1387)35
36
Zustimmung gemäß Art. Abs. 2 GG nach Maßgabe der Empfehlungen in Ziff. 1 mit 11 der BR-Drucks. Nr. 324/1/54.19. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau37
Art. 78 GG zuzustimmen und sich bei einem etwaigen Antrag Baden-Württembergs auf Anrufung des Vermittlungsausschusses der Stimme zu enthalten.38
Der Ministerrat beschließt, diesem Gesetzentwurf gem.Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß dieser Punkt der Tagesordnung ebenso wie die Punkte 22, 25 und 29 voraussichtlich von der Tagesordnung abgesetzt würde.
MinisterialratArt. 76 Abs. 2 GG werden nicht erhoben.41
Einwendungen gemäßArt. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftig ist.
Es wird aber festgestellt, daß der Gesetzentwurf wegen der Vorschriften in Art. 3, 4 und 5 nach22. Entwurf einer Verordnung zur Ergänzung der Bestallungsordnung für Ärzte42
Siehe unter 20.
23. Entwurf einer Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 (BGBl. I S. 700)43
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der Empfehlungen unter Ziff. 1 mit 3 der BR-Drucks. Nr. 269/1/54 a.44
Zustimmung gemäß24. Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 (BGBl. I S. 700)
Zustimmung gemäß25. Entwurf einer Prüfungsordnung für Zahnärzte46
Siehe unter 20.
26. Entwurf eines Gesetzes über die Aufhebung von Gesetzen auf dem Gebiet der Fischerei in der Ostsee47
Kein Antrag nach27. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes48
Dr. Gerner teilt mit, der Koordinierungsausschuß schließe sich dem Vorschlag des Finanzausschusses in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 349/1/54 an, den Vermittlungsausschuß mit dem Ziel anzurufen, daß die Regierungsvorlage wieder hergestellt wird.49
Ministerialrat50
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.28. Entwurf einer Verordnung über eine Statistik der familieneigenen Arbeitskräfte in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben51
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der Abänderungsvorschläge unter Ziff. 1 und 2 der BR-Drucks. Nr. 330/1/54.52
Zustimmung gemäß29. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Achten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz (Vermahlung von inländischem und ausländischem Weizen)53
Siehe unter 20.
30. Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1954 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1954)54
Kein Antrag nach31. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung55
Art. 78 GG.56
Zustimmung gemäßDr. Ehard verweist auf die Note des Staatsministeriums der Justiz vom 20. September 1954, in der mitgeteilt werde, daß auf Vorschlag des Bundesministers der Justiz die zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Länder abgeschlossene Vereinbarung über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen vom 20.2.1952 dahin geändert werden solle, daß künftig auch in Zoll- und Devisenstrafsachen ein unmittelbarer Rechtshilfeverkehr zwischen den Ländern und der Bundesrepublik Österreich stattfinden könne.58
Ministerpräsidentanzeiger veröffentlicht würden. Bedenken gegen diese Änderung seien wohl nicht zu erheben.
Die Änderung solle durch eine kurze Zusatzvereinbarung in der Form vorgenommen werden, daß Kabinettsbeschlüsse herbeigeführt und diese im BundesWeinkamm bestätigt, daß der Vorschlag und das einzuschlagende Verfahren die Zustimmung aller Beteiligten gefunden habe.
StaatsministerDer Ministerrat erklärt sich mit der Abänderung der Zuständigkeitsvereinbarung vom 20.2.1952 einverstanden.
a) Entwurf einer Verordnung über die Festsetzung des Volkstrauertages in Bayern
b) Entwurf einer Bekanntmachung über den Volkstrauertag60
Dr. Ehard weist darauf hin, daß nach diesem Entwurf der 2. Sonntag vor dem 1. Advent als Volkstrauertag bestimmt werden solle. Rechtsgrundlage der Verordnung sei § 7 Abs. 3 des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 15.12.1949 in der Fassung des 2. Ergänzungsgesetzes zu diesem Gesetz.61 Nachdem das Ergänzungsgesetz erst in dieser Woche vom Bayerischen Landtag verabschiedet werde, könne die Verabschiedung der vorliegenden Entwürfe nur bedingt erfolgen.
MinisterpräsidentAn sich bestünden keine Bedenken, vorgeschlagen werde lediglich in der Präambel beide Ergänzungsgesetze zu zitieren, so daß sich folgender Wortlaut ergebe:
Ergänzungsgesetze zu diesem Gesetz vom 12. Juni 1950 (GVBl. S. 95) und vom … 1954 (GVBl. S …)“.
„ … in der Fassung derMan könne wohl heute schon den Entwürfen zustimmen, sodaß man den Ministerrat in dieser Angelegenheit nach der Verabschiedung im Landtag nicht mehr zu befassen brauche.
62
Der Ministerrat erklärt sich mit diesemVorschlag einverstanden und beschließt, den Entwürfen mit der Ergänzung der Präambel zuzustimmen.Bundesverwaltungsgericht einzureichen, die folgenden Wortlaut haben solle:
Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, das Innenministerium schlage vor, eine Feststellungsklage beim„Klage des Landes Bayern, vertreten durch das Bayer. Staatsministerium der Finanzen, München, Ludwigstr. 2, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister der Finanzen und den Bundesminister für Wohnungsbau auf Feststellung.
Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 23.9.1952 (BGBl. I S. 625) mit dem Antrag zu erkennen:
In obiger Sache stellt das Land Bayern gegen die Bundesrepublik Deutschland Feststellungsklage nach § 16 des64
1. Die Anrechnung von Bundeshaushaltsmitteln für die Umsiedlung von Vertriebenen und Flüchtlingen aus überbelegten Ländern (übergebietliche Umsiedlung) auf den Betrag von 500 Millionen DM, welchen der Bund nach § 14 WoBauG jährlich den Ländern zur Verfügung zu stellen hat, ist seit dem 1.8.1953, dem Tage des Inkrafttretens des Ersten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung vorn 25. August 1953 (BGBl. I S. 1047) nach § 14 Abs. 2 WoBauG unzulässig.Sowjetzonenflüchtlinge (verteilt durch Rundschreiben vom 6.8,1953 – I – 4131/107/53) auf den Betrag von 500 Millionen DM, in welchen der Bund den Ländern alljährlich nach § 14 WoBauG für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen hat, ist nach § 14 Abs. 2 WoBauG unzulässig.
2. Die Anrechnung des Betrages von 100 Millionen DM für3. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und zu erstatten.“
Bundesfinanzministerium auf den nach § 14 WoBauG den Ländern zur Verfügung zu stellenden Betrag von 500 Millionen DM die Mittel für die übergebietliche Umsiedlung und die Unterbringung von Sowjetzonenflüchtlingen anrechnen könne oder nicht. Grundsätzlich seien alle anderen Länder mit dieser Klage einverstanden, im Hinblick auf die besondere Dringlichkeit für Bayern solle dieses aber die Klage allein einreichen.
Es handle sich hier um eine sehr bedeutsame Sache, nämlich darum, ob dasDr. Nerreter fügt hinzu, die Sache sei sehr eilig, deswegen werde die Klage von Bayern allein eingereicht; man könne nicht mehr zuwarten, bis die anderen Länder entsprechende Kabinettsbeschlüsse gefaßt hätten.
Staatssekretär65
Der Ministerrat beschließt, die Klage einzureichen.Dr. Ringelmann erinnert daran, daß die Behandlung dieses Punktes im letzten Ministerrat zurückgestellt worden sei, da in den darauffolgenden Tagen eine Besprechung der Wiedergutmachungsminister in Dürkheim stattfinden sollte. Er habe an dieser Besprechung teilgenommen und die in der Note des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 20.7.195467 aufgeworfenen Fragen zur Sprache gebracht.
StaatssekretärBundesfinanzministerium die notwendigen Ergänzungsvorschriften immer noch nicht herausgebracht habe. Immerhin stehe ja auf der Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung unter Nr. 17 der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung.68 Durch dieses Gesetz würden eine Reihe von Streitfällen erledigt. Insbesondere werde damit die Frage der sog. Mindestrenten, die Bayern schon bisher angewiesen habe, gelöst.
Zunächst dürfe er feststellen, daß für die Verzögerung der Wiedergutmachung die Länder nicht verantwortlich gemacht werden könnten, Schuld daran sei vielmehr, daß dasBundesfinanzministerium an, das sich bisher immer gegen die Vorauszahlungen, die über den Rahmen der Fälligkeiten hinausgingen, gewehrt habe. Im Gegensatz dazu habe sich Bayern stets mit Nachdruck dafür eingesetzt. Tatsache sei aber, daß eine Reihe von Fragen von der Novellierung des Bundesergänzungsgesetzes abhängig seien, mit der sich das Bundesfinanzministerium sehr viel Zeit lasse.
Immer noch offen sei allerdings das Problem der Vorauszahlung bei Schäden im Eigentum und im wirtschaftlichen Fortkommen; auch hier halte die Auseinandersetzung mit demBaden-Württemberg, Küster,69 seien die Länder in eine schwierige Lage gekommen. Bekanntlich habe Baden-Württemberg bereits das alte Entschädigungsgesetz nach der Methode Küster ausgelegt, was dort allerdings im Hinblick auf die weitaus geringere Zahl von Wiedergutmachungsberechtigten viel leichter gewesen sei als in Bayern. Nach der Ablösung Küsters durch einen Oberlandesgerichtspräsidenten, der selbst Verfolgter sei, habe man in Baden-Württemberg durch Ministerratsbeschluß bestimmt, daß die Entscheidungen an die Zustimmung des Finanzministeriums geknüpft worden müßten.70
Durch die Haltung des bisherigen Wiedergutmachungsbeauftragten inNordrhein-Westfalen die höchste Wiedergutmachung innerhalb der Länder der Bundesrepublik.
Bayern habe seit der Währungsreform 118 Millionen DM an Entschädigungen ausgezahlt, das bedeute nachDr. Ehard ersucht Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann, seinen Bericht als Ergänzung zu der Note des Finanzministeriums vom 20.7.1954 schriftlich zusammenzustellen. Regierungsdirektor Kellner von der Bayer. Staatskanzlei werde sich dann mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzministeriums in Verbindung setzen.
MinisterpräsidentDr. Koch weist darauf hin, daß die Entschädigungskammern an sich erfolgreich arbeiteten, sie würden jedoch häufig dadurch aufgehalten, daß die Stellungnahmen der Oberfinanzdirektion als Vertreter des Fiskus viel zu langsam einliefen. Er bitte doch zu prüfen, ob hier nicht beschleunigt werden könne.
StaatssekretärDr. Ringelmann erwidert, das Finanzministerium dränge dauernd, daß das Landesentschädigungsamt Sachentscheidungen treffe, damit die Fälle abgeschlossen werden könnten.
StaatssekretärIsrael-Vertrages71 500 Millionen der israelischen Delegation für diesen Zweck zur Verfügung gestellt, aber keinerlei Bestimmung erlassen, in welcher Form diese Mittel verwendet werden sollten. Man habe lediglich der Delegation eine Frist bis 31. Dezember 1955 gesetzt, was bedeute, daß man vor 1956 überhaupt keine Nachricht über die Verwendung der Mittel erhalte. Soviel stehe aber schon fest, daß die Mittel sehr einseitig ausgegeben und die ausländischen gegenüber den einheimischen Juden bevorzugt würden. Die Länder hätten jetzt vom Bundesfinanzministerium neue Verhandlungen mit der Delegation verlangt, damit schon früher Auskunft gegeben werde.
Die Arbeitsweise des Amtes habe sich auch in letzter Zeit erheblich gebessert, er bitte aber zu bedenken, daß in Bayern 170 000 Entschädigungsfälle behandelt werden müßten. Wie gesagt, sei es sehr mißlich, daß die Ergänzungsvorschriften zum Bundesentschädigungsgesetz noch fehlten, z.B. auch eine Bestimmung über den Härteausgleich. Die Bundesregierung habe zwar beim Abschluß desDr. Ehard teilt mit, daß die Herausgabe einer Wahlnummer der Staatszeitung in einer höheren Auflage erwogen werde.
MinisterpräsidentDr. Schwend erklärt dazu, es sei vorgesehen, die in der Woche vor der Wahl am 20. November 1954 erscheinende Nr. 47 der Bayerischen Staatszeitung im Hinblick auf die Wahl besonders auszugestalten und in einer zusätzlichen Auflage von 100 000 Stück zu verbreiten. Diese Nummer soll Beiträge enthalten über die Bedeutung der Wahl, über die Technik des Wahlvorgangs, Artikel über die wichtigsten Ereignisse und Leistungen im Ablauf der Legislaturperiode, darunter Interviews der Herren Staatsminister über die Tätigkeit in ihren Ressorts. Die über die normale Auflage von 30 000 Stück hinaus gedruckten Exemplare der Sonderauflage würden zwar keine weite Streuung erlauben; dennoch könnte eine gute Wirkung erwartet werden, da diese 100 000 Stück durch Postwurfsendung an alle Haushaltungen in jenen Stadt- und Landkreisen verteilt werden sollen, die bei der letzten Landtagswahl eine besonders schwache Wahlbeteiligung, einen auffallend hohen Prozentsatz an Falschstimmen oder eine starke Neigung für radikale Parteien gezeigt haben. Bei der Verteilung sollen insbesondere auch die Universitäten und Schulen mit bereits wahlberechtigten Schülern berücksichtigt werden.
MinisterialdirektorDie Kosten würden insgesamt DM 20 000,– betragen, davon DM 10 000,– für den Druck und DM 10 000,– Gebühren für die Postwurfsendung. Eine Entscheidung über die Bereitstellung dieser Mittel und über die Durchführung sollte in Anbetracht einer rechtzeitigen Vorbereitung der Nummer möglichst schnell getroffen werden.
Der Vorschlag fand die Zustimmung der anwesenden Kabinettsmitglieder. Eine Entscheidung wurde jedoch wegen Abwesenheit des Staatsministers der Finanzen nicht gefällt.
Dr. Oechsle schlägt vor, den Umfang der geplanten Nummer der Staatszeitung zu vermindern und mit der so erreichten Einsparung an Papier und Druckkosten die Auflage und damit die Verbreitung, zu erhöhen.72
Staatsministera) Antrag des Landrates Willy Grömling73 in Aschaffenburg vom 20.3.1953 auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Art. 1 Abs. 1 und 7 des Gesetzes über die beamten- und dienststrafrrechtliche Stellung, Besoldung und Versorgung der kommunalen Wahlbeamten (Gesetz über kommunale Wahlbeamte) vom 10.7.1952 (GVBl. S. 223)74 sowie des § 79 der Dienststrafordnung vom 29.4.1948 (GVBl. S. 67)75
b) Antrag des Rudolf Ridel, Inhaber des Bestattungsinstituts „Pietät“, München, vom 22.5.1953 auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des III. Abschnittes §§ 13ff. der Leichenordnung des Stadtrates der Landeshauptstadt München vom 24.9.195176
Verfassungsgerichtshof am 3. November 1954 Regierungsdirektor Dr. Robert Meixner77 (zu a) und Regierungsdirektor Dr. Hamilkar Hofmann (zu b) zu benennen.
Der Ministerrat beschließt, als Vertreter der Bayerischen Staatsregierung in der mündlichen Verhandlung vor demDr. Hofmann Regierungsrat Dr. Friedrich Zimmermann78 bei der Dienststelle des Bevollmächtigten beim Bund als stellvertretendes Mitglied des Kulturausschusses des Bundesrats zu benennen.
Der Ministerrat beschließt, anstelle des in das Staatsministerium des Innern versetzten RegierungsdirektorsDr. Ehard macht auf eine Pressemitteilung aufmerksam, wonach das Landesentschädigungsamt in einem Schreiben vom September 1954 folgendes mitgeteilt habe:
MinisterpräsidentKPD vor 1933) erbracht werden; ersatzweise können Zeugen diese Mitgliedschaft bestätigen. In Ihrem eigenen Interesse werden Sie um baldige Vorlage dieser Unterlagen gebeten …“.
Sie werden daher gebeten, Unterlagen beizubringen, aus denen die Gegnerschaft gegen das damalige Regime einwandfrei hervorgeht. Der Nachweis hierfür kann in Form einer erwiesenen Mitgliedschaft bei einer antinationalsozialistischen Partei (SPD oderDr. Ringelmann, Erkundigungen einzuziehen.
Er finde eine derartige Auskunft doch etwas merkwürdig und bitte Herrn StaatssekretärDr. Hoegner erklärt, es sei zwar richtig, daß bereits kurz nach der sog. Machtübernahme der Nationalsozialisten die SPD und die KPD verboten worden seien, die Mitgliedschaft bei diesen Parteien genüge seiner Meinung nach für sich allein aber nicht Wiedergutmachungsansprüche zu begründen.
Stv. MinisterpräsidentKiene79 wegen Bodenreform
a) Abg.Dr. Ehard stellt fest, daß der Zweck der Besprechungen in der letzten Zeit hinsichtlich der Bodenreform, bei denen er sich eingeschaltet habe, nur der gewesen sei, die Bodenreform zu beschleunigen.
MinisterpräsidentDr. Schlögl übernommen.80
Die Beantwortung der Anfrage wird durch Herrn Staatsministerb) Abg. Ortloph81 betreff Manöverschäden bei Grafenwöhr
Dr. Ehard teilt mit, er werde diese Frage beantworten, dabei aber davor warnen, die Manöverschäden nicht allzu sehr zu übertreiben.82
MinisterpräsidentBeier betreff Filmbürgschaften83
c) Abg.Dr. Ehard fährt fort, er habe bisher die Stellungnahme des Finanzministeriums zur Frage der Unterzeichnung der Bürgschaften sowie eine Äußerung des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle erhalten. Es fehle aber noch der Bericht des Wirtschaftsministeriums, der durch das Finanzministerium ergänzt werden müsse. Beim letzteren scheine eine gewisse Stockung eingetreten zu sein. Er bitte deshalb Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann auf eine Beschleunigung hinzuwirken, da er eine endgültige Klärung abgeben wolle.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann allein verantwortlich gemacht werde, während die Staatsminister Dr. Zorn und Zietsch sowie der frühere Staatssekretär Dr. Müller in gleicher Weise durch ihre Unterschrift die Bürgschaften und ihre Verlängerung übernommen hätten.
Die Übernahme der Filmbürgschaften sei im übrigen notwendig und berechtigt gewesen, er wehre sich nur dagegen, daß nun HerrDr. Ringelmann verweist in diesem Zusammenhang auf eine in der heutigen Nummer der Süddeutschen Zeitung erschienene Erklärung der FDP zur Kreditsache Dr. Bungartz.84 U.a. werde behauptet, der Betrieb sei wohl fundiert und arbeite im Dienste der Allgemeinheit. In der Erklärung werde aber nicht erwähnt, daß Dr. Bungartz sich um einen sehr hohen Betrag ein Haus gebaut und einen Antrag auf Steuererlaß in Höhe von DM 100 000,– gestellt habe.
StaatssekretärDr. Guthsmuths bemerkt, die Presse berichte leider bewusst unsachlich. Bemerkenswert sei im übrigen, daß verschiedene Vorlagen der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung auf dem Weg von ihr zum Kreditausschuß des Landtags verloren gegangen seien. Er habe festgestellt, daß ein Journalist Vorlagen der Landesanstalt in seinem Besitz gehabt habe.
StaatssekretärDr. Ringelmann fügt hinzu, in vielen Fällen lehne jetzt der Kreditausschuß gut fundierte Vorschläge der Landesanstalt einfach ohne Begründung ab.
StaatssekretärMinisterpräsident Dr. Ehard stellt nochmals mit Nachdruck fest, daß die Aufbauschung der sog. „Skandalfälle“ nicht nur das Ansehen Bayerns schädigten, sondern auch zu erheblichen Nachteilen für die bayerische Wirtschaft führen könnten.85
Dr. Gerner erinnert daran, daß der Ministerrat in einer früheren Sitzung die Frage der Wiedergewährung des Ehrensolds für die Inhaber der Bayer. Tapferkeitsmedaille und des Max-Joseph-Ordens besprochen habe, mit dem Ergebnis, daß die Verpflichtung zur Zahlung des Ehrensolds durch den Bund erfüllt werden müsse, nachdem das Reich Nachfolger der Wehrhoheit der früheren Bundesstaaten geworden sei.87 Diese Auffassung sei dann auch in den Landtagsausschüssen bei der Behandlung eines Antrags über die Wiedergewährung des Ehrensolds von den Vertretern der Staatskanzlei und des Staatsministeriums der Finanzen vertreten worden.
Ministerialrat88 Die Staatskanzlei habe gegenüber dem Staatsministerium des Innern die Auffassung vertreten, daß man zwar dem Bund diese im Grundgesetz an sich nicht vorgesehene Gesetzgebungszuständigkeit einräumen könne, soweit es sich um die Regelung der Verleihung von Bundesauszeichnungen handle, daß aber eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Bereich von Landesauszeichnungen nicht gegeben sei und auch nicht zugestanden werden könne.89 Wenn man diesen Standpunkt teile, könne man andererseits wohl nicht vom Bund verlangen, daß er den Ehrensold übernehme, da mit einer solchen Forderung die Zuständigkeit des Bundes anerkannt werde.
Inzwischen sei den Länderressorts ein Referentenentwurf eines Bundesgesetzes über Orden und Ehrenzeichen zugegangen, der auch Bestimmungen über Auszeichnungen und Orden der Länder vorsehe.Dr. Ringelmann erklärt, die Beträge für den Ehrensold an Inhaber der Tapferkeitsmedaille und des Max-Joseph-Ordens müßten unter diesen Umständen aus Mitteln des Bayerischen Staates aufgebracht worden.90
Der Ministerrat schließt sich dieser Auffassung an, auch Staatssekretär