Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium).
I. Bundesratsangelegenheiten. II. Fall Metex Memmingen. III. Antrag des Abg. Bauer Georg und Gen., Bielmeier und Gen. auf Abschaffung des Senats. IV. Abgrenzung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Energieaufsicht. V. Inverkehrbringen von Bieren, die unter Verwendung von Zucker bereitet sind. VI. Bavaria Filmkunst GmbH. VII. Offenhaltung der Geschäfte an Kupfernen Sonntag. VIII. Verkleinerung des Bundesauffanglagers Nürnberg-Valka und Errichtung eines neuen Lagers für Zwecke des sogenannten PEP-Programms.
Dem vorliegenden Protokoll ist vorangestellt ein Beiblatt mit dem Wortlaut: „Sondervormerkung für den Herrn Ministerpräsidenten zur Sitzung des Ministerrats am Dienstag, den 28. Sept. 1954. Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 8. Juli 1954 über Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln; hier: Inverkehrbringen von Bieren, die unter Verwendung von Zucker bereitet sind.“
1. Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des einheitlichen Gefüges der Bezüge im öffentlichen Dienst (Vorläufiges Besoldungsrahmengesetz)1
Der Ministerrat beschließt nach längerer Aussprache, die in der BR-Drucks. Nr. 272/1/54 enthaltenen Empfehlungen unter Ziff. l, 2, 3a, 5, 6a und b, 7 a und b und 8 zu unterstützen, dagegen nicht diejenigen unter Ziff. 3 b und c, 4 und 7 c.2
2. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes3
Keine Einwendungen.
3. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Durchführung des Art. 134 des Grundgesetzes4
Dr. Gerner führt aus, das Finanzministerium sei daran interessiert, daß dieser Initiativgesetzentwurf möglichst schon in der Bundesratssitzung vom 15. Oktober 1954 verabschiedet werde, da damit zu rechnen sei, daß die Bundesregierung dem Bundesrat ebenfalls einen Gesetzentwurf zuleite, der sich mit der Durchführung des Art. 134 GG befasse.
MinisterialratEr bitte, etwaige Einwendungen der Staatsministerien der Staatskanzlei möglichst bis Donnerstag, den 30. September 1954 zu übermitteln.5
4. Entwurf einer Verordnung über die Gewährung eines Pauschbetrages für Betriebsausgaben bei Einkünften aus freier Berufstätigkeit6
Zietsch spricht sich dafür aus, die in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 281/1/54 enthaltene Empfehlung des Finanzausschusses zu unterstützen, die darauf abziele, die Verordnung erst für das Steuerjahr 1954 in Kraft treten zu lassen, da bei einer Rückwirkung auf 1953 eine außerordentliche Mehrbelastung der Steuerbeamten befürchtet werden müsse.7
StaatsministerDr. Seidel, sich dem Wirtschaftsausschuß des Bundesrats anzuschließen, der sich in der gleichen Drucksache gegen die Auffassung des Finanzausschusses wende und im Interesse der Angehörigen der freien Berufe eine Rückwirkung der Verordnung verlange.
Im Gegensatz dazu empfiehlt, StaatsministerFinanzausschusses nicht beizupflichten.8
Nach längerer Aussprache wird beschlossen, der Empfehlung des5. Entwurf einer Neunten Verordnung über Ausgleichsleistungem nach dem Lastenausgleichsgesetz (9. LeistungsDV-LA)9
Zustimmung gemäß6. Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr10
Es wird beschlossen, diesem Verordnungsentwurf gemäß Art. 80 Abs. 2 GG zuzustimmen und dabei die in Ziff. I 1 mit 3 und Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 275/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschläge zu unterstützen.11
7. Entwurf einer Verwaltungsanordnung über die Richtlinien zum Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr für das Kalenderjahr 195312
Zustimmung gemäß Art.108 Abs. 6 GG.
8. Entwurf einer Zwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen13
Wirtschaftsausschusses zu § 1 des Entwurfs wird unterstützt, im übrigen werden keine Bedenken erhoben
Der in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 270/1/54 enthaltene Abänderungsvorschlag des9. Entwurf einer Einundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen14
und
10. Entwurf einer Sechsten Verordnung über Zolltarifänderungen aus Anlaß der Errichtung des gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl15
Es werden keine Bedenken erhoben.
11. Bundeshaushaltsrechnungen für das Rechnungsjahr 1949 (21. September 1949 bis 31. März 1950) und 195016
Dr. Gerner berichtet, der Finanzausschuß empfehle, zu diesem Punkt der Tagesordnung den aus der BR-Drucks. Nr. 49/1/54 sich ergebenden Beschluß zu fassen. Der Koordinierungsausschuß stimme der Empfehlung zu, sei aber gleichzeitig der Meinung, man solle von Bayern aus eine Erklärung abgeben, die sich mit der Verwendung von Mitteln der Kriegsfolgenhilfe für Baukostenzuschüsse zur Lagerauflösung befasse.17 Der Bundesrechnungshof habe nämlich die Verwendung und Verrechnung von solchen Mitteln beanstandet. Die Erklärung werde vom Staatsministerium der Finanzen noch formuliert werden.
MinisterialratDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden
12. Benennung eines Mitgliedes für den Bundesschuldenausschuß18
Zustimmung.
13. Überlassung der Grundstücke Briennerstraße 9 und Ottostraße 10 in München an den Freistaat Bayern zur Verwendung für Tauschzwecke19
Bedenken werden nicht erhoben.
14. Verkauf der restlichen Teilfläche des ehemaligen Heereszeugamtes in Ulm, Soeflingerstr. 96, an die Firma Telefunken, Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH. in Berlin-SW 61, Mehringdamm 32–34 20
Zustimmung.
15. Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften vom 25. Mai 1951 (Vorschriften Nr. 2 der Weltgesundheitsorganisation)21
Dr. Gerner weist darauf hin, daß nach Auffassung des Koordinierungsausschusses gegen diesen Gesetzentwurf keine Einwendungen nach Art. 76 Abs. 2 GG zu erheben seien. Außerdem teile er die Meinung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten, daß der Gesetzentwurf gemäß Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrats bedürfe.22
Ministerialrat23
Der Ministerrat beschließt, keine Einwendungen zu erhoben.16. Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Königlich-Niederländischen Regierung über den kleinen Grenzverkehr24
Dr. Gerner erinnert daran, daß die bayerischen Vertreter in der Bundesratssitzung am 16. Juli 1954 bei der Behandlung des Abkommens über den kleinen Grenzverkehr zwischen Deutschland und Österreich in einer Erklärung die Rechtsauffassung der Bayerischen Staatsregierung niedergelegt hätten. Mit Rücksicht darauf empfehle der Koordinierungsausschuß, sich der Stimme zu enthalten und wiederum eine Erklärung abzugeben.25
LinisterialratDer Ministerrat beschließt, so zu verfahren.
17. Entwurf einer Verordnung über die Durchführung von Statistiken auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und der Jugendhilfe26
Zustimmung gemäßArt. 76 Abs. 2 GG werden nicht erhoben.
Einwendungen gemäßStaatsminister Dr. Seidel teilt mit, der Bundeswirtschaftsminister habe in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses zwei Erklärungen abgegeben, die befriedigend gewesen seien; er empfehle deshalb, von der Anrufung des Vermittlungsausschusses abzusehen. Bundesminister Dr. Erhard habe insbesondere ausdrücklich festgestellt, daß das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft nicht als Vermittlungsstelle für öffentliche Aufträge gedacht sei.
29
Der Ministerrat beschließt, den Vermittlungsausschuß nicht anzurufen.20. Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des § 128 a der Gewerbeordnung30
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe des in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 265/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschlags des Wirtschaftsausschusses.31
Zustimmung gemäß21. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Rheinschiffahrtspolizeiverordnung32
Dr. Gerner führt aus, der Koordinierungsausschuß empfehle, die vom Innen- und Rechtsausschuß vorgeschlagene Neufassung des § 1 (Ziff. 1 der BR-Drucks. Nr. 292/1/54) und den vom Ausschuß für Verkehr und Post vorgeschlagenen § 3 (Ziff. 2 dieser Drucksache) zu unterstützen, nicht dagegen die Empfehlung des Ausschusses für Verkehr und Post, die Fassung des § 1 der Regierungsvorlage zu belassen.33
MinisterialratDer Ministerrat stimmt dem Vorschlag des Koordinierungsausschusses zu.34
22. Entwurf eines Gesetzes über das Seelotswesen35
Es wird vereinbart, sich bei diesem Gesetzentwurf der Stimme zu enthalten.
23. Entwurf einer Sechsten Verordnung zur Änderung der Verordnung über Luftverkehr36
Zustimmung gemäß24. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung37
Dr. Hoegner und Dr. Seidel beteiligen, wird beschlossen:
Nach eingehender Aussprache, an der sich insbesondere die Herren Staatsminister38
1. die Empfehlung unter Ziff. 1 der BR-Drucks. Nr. 294/1/54 zu unterstützen, nicht dagegen die Empfehlungen unter Ziff. 2 ab, 3 ab;Baden-Württemberg zu unterstützen, wonach bei Kasse 1 und 4 die Zahl „100“ ersetzt werden soll durch „125“;39
2. gegebenenfalls den Vermittlungsvorschlag des Landes40
3. dafür einzutreten, daß die Verordnung erst am 1. April 1955 in Kraft tritt.Dr. Gerner berichtet, gegen die Unterstützung der Abänderungsvorschläge in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 298/1/54 Ziff. 1 mit 8, 10 und 11 seien keinerlei Bedenken erhoben worden. Meinungsverschiedenheiten bestünden dagegen hinsichtlich der Empfehlung in Ziff. II 9 und 12.
Ministerialrat42
Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, sämtliche Abänderungsvorschläge zu unterstützen.26. Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit43
Dr. Gerner fährt fort, der Ausschuß für Arbeit und Sozialpolitik habe in Ziff. 1 der BR-Drucks. Nr. 273/1/54 empfohlen, den Gesetzentwurf abzulehnen.44 Dieser Auffassung habe sich der Koordinierungsausschuß nicht angeschlossen; dagegen schlage er vor, von den in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 273/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschlägen nur denjenigen des Rechtsausschusses in Ziff. 3 zu unterstützen und im übrigen den Regierungsentwurf unverändert zu lassen.45
MinisterialratStaatsminister Dr. Oechsle meint, die jetzt schon zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geltenden Bestimmungen seien an sich ausreichend, wenn sie wirklich von allen Stellen entsprechend angewendet würden und die Staatsanwaltschaften überall durchgriffen. Er bezweifle, daß mit dem vorliegenden Gesetzentwurf mehr als bisher erreicht werden könne. Was den Beschluß des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik anlange, so sei er in seiner Abwesenheit zustande gekommen, selbst hätte versucht, zu einem Kompromiß zu gelangen, da er es nicht für zweckmäßig halte, den Gesetzentwurf überhaupt abzulehnen.
Bei diesem Entwurf sei besonders die Frage schwierig, wie man den Begriff „Gewinnsucht“ auslegen und im einzelnen Fall nachweisen könne.
Dr. Seidel meint, er verstehe Herrn Staatsminister Dr. Oechsle durchaus, trotzdem halte er es nicht für möglich, den Entwurf abzulehnen, von dem immerhin eine gewisse Wirkung zu erwarten sei.
StaatsministerDr. Oechsle erklärt, wenn der Entwurf nicht abgelehnt werde, so schlage er vor, der Anregung des Wirtschaftsausschusses nicht zu folgen, sondern nur diejenige des Rechtsausschusses – wie schon Herr Dr. Gerner ausgeführt habe – zu unterstützen.46
Staatsminister27. Entwurf eines Gesetzes über die Verbände der gesetzlichen Kankenkassen und Ersatzkassen47
48
Die Abänderungsvorschläge in der BR-Drucks. Nr. 295/1/54 werden unterstützt, im übrigen werden keine Einwendungen erhoben.28. Entwurf einer Verordnung über die Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit49
Zustimmung nach Maßgabe der in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 297/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschläge des29. Entwurf eines Gesetzes über die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik vom 12. November 1953 über Patente für gewerbliche Erfindungen50
und
Einwendungen werden nicht erhoben.
31. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Ausführung des Abkommens vom 27. Februar 1953 über deutsche Auslandsschulden52
Art. 76 Abs. 2 GG erhoben.53
Die Abänderungsvorschläge in der BR-Drucks. Nr. 287/1/54 werden unterstützt, im übrigen keine Einwendungen nach32. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht54
Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.
33. Entwurf einer Verordnung über die Saatgutanerkennung von Winterroggen und Winterweizen der Ernte 195455
und
34. Entwurf einer Verordnung über die Einführung der Anzeigepflicht für ansteckende Gehirn-Rückenmarkentzündung der Einhufer (Borna’sche Krankheit)56
Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG.
35. Abberufung und Neuwahl eines Vertreters der Obersten Landesbehörden im Verwaltungsrat der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel57
Es wird festgestellt, daß keine Bedenken bestehen.
36. Bundesmietengesetz
Dr. Gerner darauf aufmerksam, daß der Bundesrat sich demnächst mit dem Entwurf eines Bundesmietengesetzes auseinanderzusetzen habe.
Nach der Beratung der Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung macht MinisterialratDr. Ehard fügt hinzu, in dieser Sache sei bereits eine Interpellation der Fraktion des BHE angekündigt.58 Was den Entwurf betreffe, so müsse seiner Auffassung nach doch davon ausgegangen worden, daß man eine Erhöhung der Altmieten nicht schlechthin ablehnen könne.
MinisterpräsidentDr. Seidel schlägt vor, den Landtag von der Problematik zu unterrichten und darauf hinzuweisen, daß der Entwurf noch in den Ausschüssen des Bundestags und Bundesrats beraten werde.
StaatsministerDr. Hoegner erklärt, er habe grundsätzliche Bedenken dagegen, Gesetzentwürfe der Bundesregierung im Landtag zu erörtern.
Stv. MinisterpräsidentDr. Gerner erwähnt, schon früher habe der Landtag einen Antrag, zur Frage der Erhöhung der Altmieten eine bestimmte Haltung einzunehmen, abgelehnt. Die jetzt vorliegende Interpellation sei ihrem Wortlaut nach nur dazu bestimmt, Auskunft von der Staatsregierung zu erhalten.
MinisterialratDr. Hoegner meint, praktisch komme das auf das gleiche heraus.
Stv. MinisterpräsidentStain stellt fest, daß nach dem Bekanntwerden dieses Gesetzentwurfs große Beunruhigung eingetreten sei, insbesondere auch bei Gewerbetreibenden, die ihre Betriebe in gemieteten Räumen hätten.
StaatssekretärDr. Hoegner bemerkt, die Staatsregierung habe eigentlich nur zwei Möglichkeiten, nämlich entweder abzulehnen, sich dem Landtag gegenüber in Bundesratsangelegenheiten festzulegen oder in der Antwort auf die Interpellation die Bedenken gegen den vorliegenden Entwurf aufzuzeigen und zum Schluß mitzuteilen, die Staatsregierung werde voraussichtlich dem Entwurf in der jetzigen Form nicht zustimmen können.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard stellt fest, daß der Landtag wohl ein Recht habe, die Staatsregierung zu befragen, welche Auffassung sie gegenüber dem Entwurf einnehme.
MinisterpräsidentStaatssekretär Dr. Nerreter meint, vielleicht könne man erklären, der Entwurf sei noch nicht so weit, daß man Stellung nehmen könne, zumal die Auffassungen in den Ausschüssen geteilt seien.
Dr. Ehard stimmt diesem Vorschlag zu. Auch er glaube fast, eine Stellungnahme könne erst abgegeben werden, wenn der gesamte Entwurf vorliege. Damit sei auch der Einwand des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner berücksichtigt, der mit Recht sage, die Staatsregierung könne sich nicht festlegen.
MinisterpräsidentDr. Seidel fügt hinzu, nachdem das Wirtschaftsministerium zur Beantwortung der Interpellation zuständig sei, beabsichtige er, etwa folgendes zu sagen:
StaatsministerDer Entwurf dieses Gesetzes liege zwar vor, sein wesentlicher Inhalt könne auch angegeben werden, immerhin seien Bedenken vorhanden, weshalb zwei Ausschüsse des Bundesrats Unterausschüsse zur weiteren Prüfung gebildet hätten.
Wenn die Ergebnisse der Ausschüsse dann schon vorlägen, könne man sie im Landtag bekanntgeben.
Abschließend werde er sagen, bei dieser Sachlage sei die Staatsregierung noch nicht in der Lage, Stellung zu nehmen.
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Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Ehard erklärt, er halte es für notwendig, das Kabinett über einige Vorfälle in der Angelegenheit Metex zu unterrichten.
MinisterpräsidentNach Einleitung des Konkursverfahrens habe er einen Brief des Konkursverwalters61 bekommen, wonach Lazari62 dem Wirtschaftsbeirat der CSU 1000 DM gegeben habe, eine Schenkung, die angefochten werde, da sie innerhalb eines Jahres vor Eröffnung des Konkursverfahrens erfolgt sei.63 Daraufhin habe er am 21. März 1953 dem Konkursverwalter sofort geantwortet und die Dinge aufgeklärt.64 In dem Brief, den er verlesen wolle, heiße es u.a., weder der Wirtschaftsbeirat noch die Landesleitung habe irgendwelche Kenntnis davon gehabt, daß gegen Lazari ein Steuerstrafverfahren laufe. Es treffe auch nicht zu, daß der Wirtschaftsbeirat sich in irgendeiner Form zu Gunsten der Metex eingesetzt habe. Der Scheck über 1 000 DM sei an die Landesgeschäftsstelle der CSU gegangen, der Betrag aber auf seine Weisung hin sofort an den Konkursverwalter zurückgezahlt worden. Merkwürdigerweise seien nun in letzter Zeit in der Presse verschiedene Briefe veröffentlicht worden, allerdings nicht der Brief des Ministerpräsidenten vom 21. März 1953, der den ganzen Fall aufgeklärt habe.65 Infolgedessen habe er es für notwendig gehalten, den Konkursverwalter jetzt um eine Äußerung zu ersuchen.66 Dieser habe ihm am 27. September 1954 folgendes mitgeteilt:67
Das Schreiben vom 21. März 1953 habe er in einem persönlichen Handakt Dr. Lenz usw. abgeheftet, den Handakt wiederum dem Konkursakt beigelegt, der sich lange Zeit bei der Staatsanwaltschaft in Memmingen bezw. dem Untersuchungsrichter, Landgerichtsrat Dr. Wagner,68 befunden habe. Die gesamten Akten habe er dann zurückerhalten; in seiner Kanzlei sei aber versäumt worden, festzustellen, ob ihnen auch der persönliche Handakt mit dem Schreiben des Herrn Ministerpräsidenten beigelegen habe. Nach der Presseveröffentlichung, die in keiner Weise von ihm veranlaßt worden sei, habe er den Handakt gesucht, es habe sich aber herausgestellt, daß er nicht mehr vorhanden gewesen sei. Auch eine Suche bei der Staatsanwaltschaft und bei der Strafkammer des Landgerichts sei ergebnislos geblieben, bis er ihm „soeben“ vom Landgericht übersandt worden sei.
Wirtschaftsbeirat bezw. die Landesleitung der CSU selbst etwas zu tun gehabt, so erstaunter sei er über die Veröffentlichungen in der Presse gewesen.
Der Konkursverwalter erkläre ausdrücklich, in dem Zeitpunkt, in dem die Presseveröffentlichungen begonnen hätten, habe ihm das Schreiben des Ministerpräsidenten überhaupt nicht vorgelegen, er habe auch keine Abschrift besessen. Den Pressevertretern habe er aber wiederholt erklärt, der Ministerpräsident habe mit dem Steuerstrafvorfahrcn der Metex ebensowenig wie derWeinkamm bittet, ihm eine Abschrift des Briefes des Konkursverwalters vom 27. September 1954 zuzuleiten.
StaatsministerDr. Hoegner weist auf die bedenkliche Tatsache hin, daß die Wochenschrift „Spiegel“ außerordentlich gut unterrichtet sei und über die verschiedensten Verbindungsleute verfügen müsse.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ringelmann führt aus, er habe es seinerzeit ausdrücklich abgelehnt, in das Steuerstrafverfahren der Metex einzugreifen und dies auch Dr. Lenz und Lazari bei einer Besprechung mit größter Deutlichkeit erklärt. Die beiden Herren haben schließlich auch eingesehen, daß sein Eingreifen unmöglich sei und schließlich nur gebeten, er, Dr. Ringelmann, möchte dafür eintreten, daß in dem Verfahren noch zwei Gesichtspunkte berücksichtigt würden. Diese beiden Punkte habe er der Oberfinanzdirektion München mitgeteilt und dazu erklärt, das Ministerium lehne es ab, in irgendeiner Weise einzugreifen oder Stellung zu nehmen, da es sich ausschließlich um eine Angelegenheit der Oberfinanzdirektion handle.
StaatssekretärDr. Nerreter erwidert Staatssekretär Dr. Ringelmann, was die Niederschlagung der Steuerrückstände betreffe, so stimmten auch insoweit die Mitteilungen in der Presse nicht.
Auf Frage von StaatssekretärMinisterpräsident Dr. Ehard meint, unverständlich sei, warum die Staatsbank so hohe Kredite ohne entsprechende Prüfung und Kontrolle gegeben habe.
Dr. Ringelmann antwortet, Sicherungen seien vorhanden gewesen, der Schaden, den die Staatsbank erleiden werde, sei auch nicht allzu hoch.
StaatssekretärDr. Seidel regt an, eine Erklärung abzugeben, daß im Fall Metex keine Verluste entstanden seien außer bei der Staatsbank. Die neue Firma, die sehr gut arbeite, habe die bestehenden Verpflichtungen übernommen. Er halte es nicht für gut, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abzuwarten, sondern meine, man sollte schon bei einem Antrag der Bayernpartei auf Einsetzung dieses Ausschusses eine ruhige und objektive Darstellung der Sachlage im Landtag abgeben.
StaatsministerDr. Nerreter empfiehlt, sofort eine entsprechende Erklärung an die Presse zu geben, damit es nicht den Anschein habe, als ob für eine Stellungnahme der Staatsregierung erst ein Antrag einer Oppositionspartei notwendig sei.
StaatssekretärDr. Ehard erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.
MinisterpräsidentStain formuliert wird.
Es wird vereinbart, daß die Erklärung im Zusammenwirken von Wirtschafts- und Finanzministerium sowie Herrn StaatssekretärDr. Guthsmuths bemerkt, die Staatsbank als Hausbank sei mit sehr hohen Betriebsmittelkrediten nachgezogen, ihr Wunsch, nachträglich hiefür Staatsbürgschaft zu erhalten, habe abgelehnt werden müssen.
StaatssekretärDr. Seidel bestätigt, daß die Staatsbank über die staatsverbürgten Kredite hinaus Darlehen gegeben habe; das sei ihre eigene Sache, die Ministerien hätten damit nichts zu tun.
StaatsministerIm übrigen empfehle er, daß das Finanzministerium auch zur Frage der Steuerniederschlagung in der Erklärung Stellung nehme.
Zietsch gibt zu bedenken, dies sei eine Sache für sich, auf die er vielleicht in seiner morgigen Pressekonferenz eingehen könne.
StaatsministerDr. Oechsle wendet ein, es sei doch sicher zweckmäßiger, in der Erklärung der Staatsregierung ganz kurz auf alle Fragen einzugehen, also auch auf die der Steuerniederschlagung.
StaatsministerDr. Ehard stimmt zu, während Staatsminister Zietsch seine Bedenken gegen die zu schnelle Abgabe einer Erklärung aufrecht erhält.
MinisterpräsidentDr. Oechsle spricht sich dagegen dringend dafür aus, schon jetzt alle Punkte aufzuklären.
StaatsministerDr. Seidel unterstützt.
Er wird in seiner Auffassung von Ministerpräsident Dr. Ehard und StaatsministerDr. Seidel meint, am besten sei es wohl, in der Regierungserklärung ganz kurz festzustellen, was sich eigentlich ereignet habe, ferner, daß keine Verluste entstanden seien usw.
StaatsministerMinisterpräsident Dr. Ehard erklärt mit Zustimmung des Ministerrats , die allgemeine Meinung gehe wohl dahin, daß sofort eine Erklärung abzugeben sei, die nicht allzulang zu sein brauche.
Dr. Schwend schlägt vor, die Erklärung schon vor der Pressekonferenz im Finanzministerium auzugeben.
MinisterialdirektorDer Ministerrat stimmt diesem Vorschlag zu.
Dr. Guthsmuths und Dr. Ringelmann zusammensetzen, um gemeinsam die Erklärung auszuarbeiten.69
Abschließend wird vereinbart, daß sich am heutigen Nachmittag um 15 Uhr die Herren StaatssekretäreDr. Ehard gibt bekannt, daß der Rechts- und Verfassungsausschuß am Donnerstag vormittag diesen Eintrag beraten werde. Er selbst könne an der Sitzung nicht teilnehmen, da er nach Bonn fahren müsse.
MinisterpräsidentDr. Gerner beauftragt, zu versuchen, ob der Termin nicht abgesetzt werden könne.
Nachdem festgestellt wird, daß auch die anderen Herren Staatsminister am Donnerstag verhindert sind, wird MinisterialratDr. Seidel ersucht, die Behandlung dieses Punktes um eine Woche zurückzustellen, da sein Ministerium zu der letzten Note des Staatsministeriums des Innern in der Frage der Energieaufsicht noch nicht habe Stellung nehmen können.
Staatsminister74
Dieser Punkt der Tagesordnung wird zurückgestellt.Dr. Ehard nimmt Bezug auf die Auseinandersetzung, die wegen des Vertriebs von verzuckerten Bieren zur Zeit in der Presse geführt würde. Das Staatsministerium des Innern habe am 8. Juli 1954 eine Bekanntmachung erlassen, die insofern etwas bedenklich sei, als darin zunächst nur die Rechtsauffassung bekanntgegeben und eine gerichtliche Entscheidung vorbehalten werde.76 In der gleichen Bekanntmachung würden aber die mit der Lebensmittelüberwachung beauftragten Stellen angewiesen, gezuckertes Bier zu beanstanden und gegen denjenigen, der es in Verkehr bringe, Strafanzeige zu erstatten.77 S.E. handle es sich hier um eine ganz klare Weisung, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefochten werden könne. Wie er höre, erklärten sich aber die Verwaltungsgerichte für nicht zuständig, da es sich hier nur um die Darlegung einer Rechtsauffassung handle. Er befürchte, daß unter Umständen im Hinblick auf den letzten Absatz der Bekanntmachung gegen den Staat Schadensersatzansprüche erhoben werden könnten. Wie ihm mitgeteilt worden sei, sei am Landgericht Würzburg in dieser Angelegenheit bereits ein Verfahren wegen unlauteren Wettbewerbs anhängig gewesen, offenbar sei jetzt Berufung zum Oberlandesgericht Bamberg eingereicht. Jedenfalls bitte er, diese Sache zu prüfen, damit nicht ein Durcheinander bei den Berichten entstehe.
MinisterpräsidentWeinkamm sichert zu, die erforderliche Prüfung zu veranlassen.78
StaatsministerDr. Seidel bittet, diese Angelegenheit erst in der nächsten Kabinettssitzung zu behandeln, da es zweckmäßig sei, die Herren Ministerialdirigenten Dr. Freudling und Dr. Zehler beizuziehen, die einen unmittelbaren Bericht erstatten könnten.
Staatsminister80
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Seidel nimmt Bezug auf seine Note vom 21. September 1954 und empfiehlt, in diesem Jahr von einer ministeriellen Regelung auch im Wege der Empfehlung abzusehen.
StaatsministerDr. Oechsle stimmt zu und weist darauf hin, daß eine endgültige Klärung an sich dann eintreten könne, wenn die erwartete bundesgesetzliche Regelung über die Arbeitszeit erlassen werde.
StaatsministerVerwaltungsgerichtshofs keine Beschwerde einzulegen und im übrigen hinsichtlich des Kupfernen Sonntags keine Weisung und keine Empfehlung abzugeben.
Der Ministerrat beschließt, gegen die Entscheidung desDr. Ehard gibt bekannt, aus einem Schreiben des US-Hochkommissars82 von 25. September 1954 gehe hervor, daß die Amerikaner keineswegs bereit seien, auf die Kaserne in Zirndorf zu verzichten.83
Ministerpräsident84
Es wird vereinbart, auch diesen Punkt erst in der nächsten Kabinettssitzung endgültig zu behandeln.