Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium).
I. Bundesratsangelegenheiten. II. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Dienststrafordnung. III. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bayerischen Ärztegesetzes. IV. Personalangelegenheiten. V. Zusammenstellung des Presseamts der Bayer. Staatskanzlei. VI. Sonderheft der Zeitschrift „Bayerland“. VII. 76. Deutscher Katholikentag 1954 in Fulda. VIII. Landesentwicklungsplan. IX. Einladung der Universität Greifswald an Studenten der Universität München.
1. Entwurf eines Gesetzes über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren (Straffreiheitsgesetz 1954)1
Dr. Gerner berichtet, entgegen der Empfehlung des Agrarausschusses habe sich im Rechtsausschuß keine Mehrheit für die Ablehnung des Gesetzentwurfs gefunden. Der Ausschuß habe vielmehr mit überwiegender Mehrheit beschlossen, den Vermittlungsausschuß anzurufen.
MinisterialratDr. Ehard stellt fest, daß das Kabinett wohl einstimmig der Meinung sei, den Entwurf zwar nicht abzulehnen, aber den Vermittlungsausschuß anzurufen; dabei müsse sich die Anrufung wohl auf einige besonders wichtige Punkte beschränken.
MinisterpräsidentWeinkamm teilt mit, bei einer Sitzung des Richterwahlausschusses, an der neun Justizminister teilgenommen haben, habe man auch das Straffreiheitsgesetz beraten. Dabei sei man zu der Auffassung gekommen, daß es zweckmäßig sei, den Vermittlungsausschuß nicht anzurufen, aber eine Erklärung abzugeben, die sich gegen die Veränderungen des Entwurfs durch den Bundestag richte. Die Schwierigkeiten mit der Amnestie seien so groß, daß es nicht verantwortet werden könne, wenn durch Anrufung des Vermittlungsausschusses die Verabschiedung des Entwurfs unter Umständen bis in den Herbst hinein verzögert würde. Diese Gefahr bestehe deshalb, weil die letzte Bundestagssitzung bereits am 15. Juli 1954 stattfinde. Die Justizminister hielten es deshalb für wirkungsvoller, wenn der Bundesrat lediglich eine Erklärung abgebe,
StaatsministerDr. Ehard hält den von den Justizministern der Länder vorgeschlagenen Weg für unzweckmäßig und empfiehlt, den Vermittlungsausschuß anzurufen, sich aber nur auf eine gewisse Anzahl von Punkten zu beschränken; das Verfahren könne dann in 14 Tagen erledigt sein. Erst wenn der Bundestag sich über die Vorschläge des Vermittlungsausschusses hinwegsezte, könne der Bundesrat eine Erklärung abgeben, daß er zwar zustimme, die vorgesehene Regelung aber für sehr bedenklich halte. Er könne sich aber – wie gesagt – nicht damit einverstanden erklären, wenn jetzt mit oder ohne Erklärung einfach zugestimmt werde.
MinisterpräsidentWeinkamm unterstreicht nochmals die Notwendigkeit, zu einem baldigen Abschluß der Amnestie zu kommen.
StaatsministerDr. Gerner berichtet dann über die Sitzung des Rechtsausschusses und zwar zunächst über die in der BR-Drucks. Nr. 208/1/54 unter Ziff. I zusammengefaßten Empfehlungen. Die Empfehlung unter Ziff. I betreffe den Stichtag. Hier werde vorgeschlagen, auf die Regierungsvorlage zurückzugehen und als Stichtag den 9. September 1953 anstatt des vom Bundestag beschlossenen Termins, 1. Januar 1954, zu nehmen.
MinisterialratDer Ministerrat beschließt, dieser Empfehlung zuzustimmen.
Dr. Gerner fährt fort, Ziff. 2 befasse sich mit dem § 3, also mit der Amnestie für Straftaten, die aus Not begangen worden seien. Entgegen der Regierungsvorlage wolle der Bundestag diejenigen Straftaten unter die Amnestie fallen lassen, bei denen keine schwerere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (statt 6 Monaten) ausgesprochen worden sei. Der Rechtsausschuß empfehle, die Regierungsvorlage wiederherzustellen.
MinisterialratEs wird beschlossen, auch dieser Empfehlung zuzustimmen.
Dr. Gerner kommt dann auf Ziff. 3 a zu sprechen, nämlich die Amnestie für Steuer- und Monopolvergehen; der Finanzausschuß sei der Meinung, daß auch insoweit die Regierungsvorlage mit dem Stichtag 9. September 1953 wieder hergestellt werden müsse.
MinisterialratAuch diese Empfehlung wird unterstützt, wobei festgestellt wird, daß die Empfehlung unter Ziff. 3 b damit entfällt.
Ziff. 4: Die Empfehlung wird gleichfalls unterstützt.
Dr. Gerner führt aus, hier handle es sich um den § 8: Nachrichtentätigkeit. Zu diesem Punkt habe sich im Rechtsausschuß keine Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses gefunden, es sei vielmehr beschlossen worden, die Streichung des § 8 überhaupt vorzuschlagen.
Ziff. 5: MinisterialratZietsch und Staatssekretär Dr. Nerreter sprechen sich für die Streichung aus, während Ministerpräsident Dr. Ehard und Staatsminister Dr. Oechsle der Meinung sind, die Streichung sei doch nicht zu erreichen, infolgedessen sei es zweckmäßig, sich auf eine Verbesserung zu beschränken, d.h. auf die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.
StaatsministerDr. Ehard betont noch, daß es sich hier um den Angelpunkt der Amnestie handle und wohl kaum Aussicht bestehe, daß § 8 gestrichen werde.
MinisterpräsidentNach kurzer Aussprache wird beschlossen, die Empfehlung unter Ziff. 5 zu unterstützen, also für die Streichung des § 8 des Entwurfs einzutreten.
Dr. Gerner zu den Empfehlungen unter 6 a, b und c wird beschlossen, lediglich diejenigen unter 6 b und c zu unterstützen.
Nach Vortrag von MinisterialratDr. Gerner erläutert abschließend noch die Empfehlungen unter Ziff. 7, 8 und 9, worauf der Ministerrat beschließt, auch diese Empfehlungen zu unterstützen.2
Ministerialrat2. Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954)3
Vermittlungsausschuß anzurufen.4
Der Ministerrat beschließt nach kurzer Aussprache, die in der BR-Drucks. Nr. 214/1/54 unter Ziff. I 1 und 2 enthaltenen Empfehlungen zu unterstützen, die darauf abzielen, den3. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes5
Art. 77 Abs. 2 GG wird nicht gestellt.
Ein Antrag nach4. Entwurf einer Verordnung zur Erstreckung des Richterwahlgesetzes auf das Land Berlin6
Zustimmung gemäß5. Bericht des Rechtsausschusses über das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend den Aussetzungsbeschluß des Amtsgerichts Köln vom 10. Juli 1953 (Verlängerungsgesetze zum Preisgesetz)
Rechtsausschusses zur BR-Drucks. Nr. 210/54 wird unterstützt.
Die Empfehlung des6. Bericht des Rechtsausschusses über ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht8
Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.
7. Entwurf eines Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Personenbeförderungsgesetz – PbefG –)9
Dr. Gerner weist darauf hin, daß zu diesem Gesetzentwurf eine Reihe von Empfehlungen, zusammengefaßt in der BR-Drucks. Nr. 195/1/54, vorlägen.10 Außerdem sei in der Koordinierungssitzung vorgeschlagen worden, eine Reihe von Landesanträgen zu stellen.11
MinisterialratNach Vortrag von Ministerialrat Dr. Gerner beschließt der Ministerrat, die in der BR-Drucks. Nr. 195/1/54 enthaltenen Empfehlungen zu unterstützen mit Ausnahme der folgenden:
Ziff. 1 b, 5 i, 10 c, 14, 17 c (bb und cc), 24, 27 a (aa und bb) 27 b (aa), 28 b und c, 33 b, 38 a und c (aa und cc) und 39 b.
12 ferner Anträge, auf Streichung des § 59 Abs. 1 Ziff. 11 und des § 66 Abs. 4.13
Ferner wird beschlossen, Landesanträge auf Umgestaltung der §§ 48 und 49 zu, stellen,8. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen vom 31. Juli 195114
Von den in der BR-Drucks. Nr. 202/1/54 enthaltenen Empfehlungen wird diejenige unter Ziff. 1 unterstützt, dagegen nicht die unter Ziff. 2 und 3.15
9. Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung der Eichordnung16
Zustimmung gemäß10. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes18
Zustimmung gemäß11. Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft19
Keine Einwendungen gemäß12. Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung der auf Reichsmark lautenden Wertpapiere der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden21
Finanzausschusses in der BR-Drucks. Nr. 196/1/54 wird unterstützt, im übrigen werden keine Einwendungen nach Art. 76 Abs. 2 GG erhoben.22
Die Empfehlung des13. Entwurf eines Gesetzes über die Ermächtigung der Landesregierungen zur Verlängerung der Wahlperiode der ehrenamtlichen Mitglieder der Finanzgerichte23
Kein Antrag nach14. Entwurf eines Gesetzes über Zolländerungen24
und
15. Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen25
Keine Einwendungen nach16. Entwurf einer Elften Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (11. Abgaben-DV-LA – Zeitwertverordnung)26
Art. 80 Abs. 2 GG mit der Maßgabe, daß § 6 die vom Finanzausschuß in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 188/1/54 vorgeschlagene Fassung erhält.27
Zustimmung gemäß21. Vorschlag eines Mitglieds für den vorläufigen Bewertungsbeirat beim Bundesfinanzministerium (Gesetz über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates vom 28. September 1950, BGBl. S. 682)32
Nordrhein-Westfalen in BR-Drucks. Nr. 210/54 wird unterstützt.33
Der Vorschlag des Landes23. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Vierten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz35
Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß der Ministerrat bereits am 8. Juni 1934 beschlossen habe, diesem Verordnungsentwurf gemäß Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der Abänderungsvorschläge des Agrarausschusses in der BR-Drucks. Nr. 191/1/54 zuzustimmen.
Ministerialrat36
Dieser Beschluß wird aufrecht erhalten.Art. 76 Abs. 2 GG werden nicht erhoben.
Einwendungen gemäßDr. Gerner erklärt, die Zuständigkeitsbedürftigkeit sei wohl im Hinblick auf Art. 84 Abs. l in Verbindung mit Art. 78 GG gegeben.38
Ministerialrat25. Entwurf einer Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Anlage I der Polizeiverordnung über den Verkehr mit giftigen Pflanzenschutzmitteln39
Art. 80 Abs. 2 GG unter der Voraussetzung, daß die vom Innenausschuß in der Sitzung vom 23. Juni 1954 angeregte Berichtigung berücksichtigt wird.40
Zustimmung gemäß26. Entwurf eines Gesetzes über das Zweite Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Sozialversicherung41
Art. 76 Abs. 2 GG werden nicht erhoben. Auch hier ist Zustimmungsbedürftigkeit gemäß Art. 84 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 78 GG gegeben.42
Einwendungen gemäß27. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes43
Nordrhein-Westfalen in BR-Drucks. Nr. 204/54 wird unterstützt.44
Der Antrag des Landes28. Entwurf einer Ersten Verordnung zur Durchführung des Getreidepreisgesetzes 1954/55: Schlußschein für Roggen45
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabc des in der BR-Drucks. Nr. 211/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschlags des Agrarausschusses.
Zustimmung gemäß29. Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Durchführung des Getreidepreisgesetzes 1954/55: Qualitätsklassen, Zu- und Abschläge für Getreide46
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der Empfehlungen des Agrarausschusses unter Ziff. II 1 mit 4 der BR-Drucks. Nr. 212/1/54
Zustimmung gemäß30. Entwurf einer Dritten Verordnung zur Durchführung des Getreidepreisgesetzes 1954/55: Lieferprämie für Roggen47
Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der Empfehlung des Agrarausschusses in BR-Drucks. Nr. 213/1/54.
Zustimmung gemäßDr. Ehard erinnert an die Beratung dieses Gesetzentwurfs im Ministerrat vom 1. Juni 1954 und den damaligen Beschluß, die Frage der Verjährung von Dienstvergehen und die Frage der bisherigen Strafversetzungen nochmals zu prüfen. Der Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 17. Juni 1954 zufolge sei nun in Angleichung an die Bundesdisziplinarordnung die Verjährung von schwereren Dienstvergehen beseitigt worden. Auch die Strafversetzung, gegen die vor allem der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus Bedenken erhoben habe, sei jetzt fallen gelassen und durch die Versetzung in ein Amt mit geringeren Endgrundgehalt ersetzt worden. Hier könne man höchstens einwenden, daß dies bei einem Beamten in der Anfangsstufe nicht möglich sei; statt dessen könne man aber den betreffenden Beamten länger in der Anfangsstufe belassen und seine Vorrückung verzögern.
MinisterpräsidentDr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß dies schon in den §§ 4 und 8 enthalten sei.
MinisterialratDr. Oechsle äußert Bedenken dagegen, daß die Verjährung von Dienstvergehen überhaupt beseitigt werde.
StaatsministerDr. Nerreter erwidert, ein Ausgleich werde durch das im Dienststrafrecht geltende Opportunitätsprinzip und durch die Freiheit der Dienststrafgerichte in der Strafzumessung geschaffen. Andererseits gebe es in der Tat Fälle, wo eine Verjährung nicht am Platze sei.
StaatssekretärDr. Hoegner bedauert, daß die Untersuchungen nur nebenamtlich geführt und deswegen dringende Fälle nicht erledigt wurden. Er halte es aber für dringend notwendig, daß hauptamtliche Untersuchungsführer bestellt würden,
Stv. MinisterpräsidentZietsch antwortet, es seien bereits zwei hauptamtliche Stellen im Haushalt des Staatsministeriums der Justiz geschaffen worden, damit könnten wohl die wichtigsten Fälle vorwärts gebracht werden.
StaatsministerSenat vor der Zuleitung an den Landtag zur gutachtlichen Stellungnahme zu übersenden.49
Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf dem50
Es wird vereinbart, diesen Punkt der Tagesordnung bis zur Sitzung des nächsten Ministerrats am Dienstag, den 6. Juli 1954 zurückzustellen.Obersten Baubehörde Ludwig Wambsganz zum Ministerialdirigenten51
1. Ernennung des Ministerialrats bei derOberste Baubehörde – Ludwig Wambsganz zum Ministerialdirigenten zu ernennen, nachdem bereits in einer früheren Sitzung beschlossen worden war, ihn mit der Leitung der Obersten Baubehörde zu beauftragen.
Der Ministerrat beschließt, den Ministerialrat im Bayer. Staatsministerium des Innern –Dr. Ehard meint, es sei noch eine Ausnahmebewilligung des Staatsministeriums der Finanzen für diese Beförderung notwendig, nachdem der bisherige Leiter der Obersten Baubehörde, Ministerialdirektor Fischer, erst am 30. Juni 1954 in den Ruhestand trete.
MinisterpräsidentZietsch antwortet, das Finanzministerium habe schon unter der Bedingung zugestimmt, daß die Ministerialratsstelle, die bisher Herr Wambsganz inne gehabt habe, entsprechende Zeit unbesetzt bleibe.
StaatsministerBayer. Verwaltungsgerichtshof52
2. Ernennung des Generalstaatsanwalts amDr. Hoegner teilt mit, das Staatsministerium des Innern schlage als Nachfolger des bisherigen Generalstaatsanwalts Ministerialrat Dr. Hausner vom Staatsministerium des Innern vor.
Stv. MinisterpräsidentDa der Vorschlag dem Staatsministerium der Finanzen noch nicht zugegangen ist, wird beschlossen, diesen Punkt in der nächsten Kabinettssitzung zu behandeln.
Dr. Ehard sichert zu, daß die Staatskanzlei bis zu diesem Termin die Zustimmung des Finanzministeriums einholen wird.53
Ministerpräsident 3. Ernennung des Vizepräsidenten an der Regierung vonDr. Hoegner bittet den Ministerrat davon Kenntnis zu nehmen, daß er Regierungsdirektor Dr. Günder54 zum Vizepräsidenten der Regierung von Bayreuth ernennen wird; ein Beschluß des Ministerrats sei nicht erforderlich.
Stv. MinisterpräsidentDiese Mitteilung wird zur Kenntnis genommen.
Schwend verteilt eine vom Presseamt der Bayer. Staatskanzlei ausgearbeitete Zusammenstellung und bemerkt, dieser Bericht sei aus den Tätigkeitsberichten der einzelnen Ministerien entnommen und enthalte auf der einen Seite die Hauptpunkte der Regierungserklärung und ihr gegenüber die tatsächlichen Leistungen der letzten 3½ Jahre. Es handle sich also noch nicht um das endgültige auf Grund der Rechenschaftsberichte der Ministerien zu erstellende Weissbuch. Das Material diene vielmehr zur Information der Presse und zur Unterrichtung der Abgeordneten der Regierungspartei.
MinisterialdirektorEr bitte, diese Arbeit durchzusehen und dann Einwendungen und Kritiken zu bringen, bevor sie herausgegeben werde.
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Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis.Schwend fährt fort, der Verlag der Zeitschrift „Bayerland“ beabsichtige, das Septemberheft der Zeitschrift als Sondernummer herauszugeben, in der die Aufbauleistungen Bayerns seit 1950 geschildert werden. Mit dem Verlag sei nun die Abnahme von 5000 Exemplaren zum ermäßigten Preis von 1,55 DM vereinbart worden, 2000 Exemplare könne die Bayer. Staatskanzlei übernehmen, während die übrigen 3000 von den Staatsministerien und den ihnen unterstellten Behörden übernommen werden sollten.
MinisterialdirektorDr. Oechsle hält es für notwendig, vor einer Entscheidung eine Probenummer des geplanten Heftes zu sehen.
StaatsministerDr. Baumgärtner erläutert die Pläne des Verlags über diese Sondernummer, worauf vereinbart wird, die Angelegenheit in der nächsten Kabinettssitzung zu besprechen.57
Dr. Ehard erinnert daran, daß der Ministerrat im vergangenen Jahr beschlossen habe, für den Evangelischen Kirchentag in Hamburg einen Zuschuß von 10 000 DM zu bewilligen.58 Dieser Betrag sei dafür bestimmt gewesen, den evangelischen Christen aus der Ostzone die Teilnahme zu ermöglichen. Der Finanzausschuß des Bundesrats habe am 3. Juni 1954 vereinbart, in diesem Jahr für den Katholikentag in Fulda Zuschüsse im gleichen Umfang wie in Vorjahre beim Evangelischen Kirchentag in Hamburg zu geben.
MinisterpräsidentFulda einen Zuschuß von 10 000 DM zu bewilligen und zwar aus Einzelpl. XIII Kap. 04 Tit. 302.
Der Ministerrat beschließt, für den 76. Deutschen Katholikentag 1954 inDr. Ehard übergibt den Herren Kabinettsmitgliedern zwei Bände:
MinisterpräsidentGrundlagen für die Aufstellung von Richtlinien zu einem Landesentwicklungsplan, von denen der erste die Bestandsaufnahme, der zweite die Planung enthalte.60 Es handle sich also noch nicht um den eigentlichen Landesentwicklungsplan, sondern um den Versuch, in welcher Art und Weise und auf welchen Gebieten er aufgstellt werden könne. Er bitte die Herren Minister und Staatssekretäre, das Werk durchzusehen, vorläufig aber nur einen persönlichen Gebrauch davon zu machen. Er beabsichtige, mit den Fraktionsführern der Koalitionsparteien darüber zu sprechen und anzuregen, daß ein nicht zu größer Ausschuß gebildet werde, vor dem Herr Staatsminister Dr. Seidel und Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths über diese Grundlagen sprechen sollten.
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Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Schwalber teilt mit, der Rektor der Universität München habe vom Rektor der Universität Greifswald62 ein Schreiben bekommen, mit dem Studenten der Universität München zu einer Reise in die Ostzone eingeladen wurden. Andererseits werde gebeten, Studenten aus der Ostzone Gelegenheit zum Besuch von kunsthistorisch bedeutungsvollen Städten in Bayern zu geben. Die Initiative gehe vom Kunsthistorischen Institut der Universität Greifswald aus. Rektor Professor Dr. Köstler habe sich nun an das Kultusministerium gewandt, um diesem die Entscheidung zu überlassen. Bedenklich sei nur, daß zweifellos ein solches Schreiben niemals ohne Zustimmung und mehr auf Veranlassung der Machthaber in der Ostzone habe ergehen können.
StaatsministerDr. Nerreter darauf hin, daß junge Leute in der Ostzone, die sich zu ihrer Kirche bekennen, nicht einmal die Erlaubnis zum Besuch von höheren Schulen geschweige denn von Universitäten bekämen. Die Auswahl der Studenten, die an der Reise nach Bayern teilnehmen, werde also zweifellos nach kommunistischen Gesichtspunkten erfolgen.
Im Laufe der Aussprache weist StaatssekretärMinisterpräsident Dr. Ehard spricht sich dafür aus, die Entscheidung dem Rektor der Universität München zu überlassen, dieser könne sich ja vergewissern, wer aus Greifswald komme und wie sich der Besuch abspielen solle. Natürlich sei ihm zu raten, keine Gegengabe in Aussicht zu stellen, sondern den Verlauf abzuwarten.
Dr. Schwalber gibt zu bedenken, daß diese Studenten aus der Ostzone ja hier verpflegt und untergebracht werden sollen.
StaatsministerDr. Ehard empfiehlt, dies abzulehnen und erklärt, jedenfalls werde die Staatsregierung keinen Zuschuß geben. Am besten sei es, wenn Rektor Dr. Köstler weiter mit der Universität Greifswald verhandle.
MinisterpräsidentStain meint, eigentlich sei es eine Bundesangelegenheit, im übrigen könnte es doch nützlich sein, wenn diese Studenten in der Bundesrepublik andere und bessere Verhältnisse sähen als zu Hause. Vielleicht wäre es zweckmäßig, wenn man sich an das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen wende.
StaatssekretarDr. Ehard stimmt zu, empfiehlt aber nochmals, die Verhandlungen dem Rektor zu überlassen. Zweifellos würden für eine solche Reise nur linientreue Kommunisten ausgewählt werden. Trotzdem spräche auch manches dafür, einmal einen Versuch zu machen.
MinisterpräsidentRektor der Universität München zu überlassen, dem angeraten werden solle, keine Gegengabe in Aussicht zu stellen.
Der Ministerrat vereinbart dementsprechend, selbst keinen Beschluß hinsichtlich dieses Besuches zu machen und Verhandlungen dem