Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei). Zu Punkt I der Tagesordnung: Oberste Baubehörde: Ministerialdirektor Fischer, Ministerialrat Bruner; Stadtverwaltung München: Stadtbaudirektor Dr. Högg und Stadtrat Fischer.
Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr).
I. Bau eines Autobahnrings in München. II. Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Verlängerung der Amtsdauer der Betriebsräte in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben. III. Personalangelegenheiten. IV. Besuch des Herrn Ministerpräsidenten in Aschaffenburg. V. Feier des Verbands der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands. VI. Kulturausschuß des Bundesrats. VII. Zulassung eines amerikanischen Staatsbürgers als Rechtsanwalt in Bayern.
Dr. Högg schildert zunächst die früheren Pläne, die von München nach Nürnberg, Augsburg und Salzburg führenden Autobahnen durch einen um die Stadt führenden Autobahnring zu verbinden. Die Untersuchungen hätten ergeben, daß dieser Ring, der eine Ausdehnung von 43 km haben sollte, Kosten von etwa 250 Mio DM erfordert hätte, wobei die angestrebte Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in München relativ gering gewesen wäre. Daraufhin habe man sich entschlossen, ein Projekt auszuarbeiten, wonach die Autobahnen durch eine leistungsfähige Straße innerhalb der Stadt verbunden werden sollten.
StadtbaudirektorDr. Högg dar, daß beabsichtigt sei, die Autobahn von Augsburg bis an die Donnersbergerbrücke, diejenige von Nürnberg bis an die Dachauer- bzw. Nymphenburgerstraße und diejenige von Salzburg bis an die Isar heranzuführen. Der Bundesverkehrsminister habe zugesichert, daß er bei dieser Weiterführung der Autobahnen in das Stadtinnere weitgehend entgegenkommen werde. Die innere Verbindung selbst müsse allerdings von der Stadt und dem Bayerischen Staat übernommen werden. Gedacht sei an eine Pfeilerbrückenstraße, welche eine Reihe von Fahrbahnen und Zubringerstraßen habe. Jedenfalls werde durch eine derartige Hochstraße ein sehr erheblicher Verkehrseffekt erreicht. Die Verwirklichung der Pläne werde dadurch erleichtert, daß das in Frage kommende Gelände größtenteils nicht bebaut sei und sich zu etwa 80% im Eigentum der öffentlichen Hand, nämlich des Staates, der Stadt, der Bundesbahn und Bundespost befinde. Man hoffe, mit dieser Straße etwa 80% des durch die Stadt führenden Verkehrs aufnehmen zu können. Ihre Länge betrage etwa 23 km und erfordere Kosten von ungefähr 160–200 Mio DM; ihre Bauzeit werde 3–4 Jahre betragen.
An Hand eines Modells und einer Reihe von Karten legt StadtbaudirektorFischer erläutert dann an Hand von Abbildungen eine Reihe von Projekten, die in den Vereinigten Staaten bereits durchgeführt seien und die ebenfalls alle zum Ziele hätten, die Autobahn in den Schwerpunkt der Städte hereinzubringen. Besondere Bedeutung habe in den Vereinigten Staaten das Parkproblem, dieses werde auch bei den jetzt für München vorliegenden Plänen eine bedeutsame Rolle spielen.
StadtratDr. Högg fährt fort, bei den geschätzten Kosten von 160–200 Mio DM handle es sich um die gesamten Herstellungskosten der Straße, einschließlich der Entschädigung für Grundabtretung usw. Dabei sei nicht zu übersehen, daß auch insofern eine Gegenrechnung aufgestellt werden könne, als die Bodenwerte sich erhöhten.
StadtbaudirektorDie Entscheidung über das Projekt sei deshalb besonders vordringlich, da zum mindesten bei einem Teil der projektierten Strecke die Gefahr der Verbauung bestehe. Die Stadt müsse deshalb ermächtigt werden, ein Planfeststellungsverfahren einzuleiten.
Bruner bemerkt, eine große Schwierigkeit liege darin, daß kein Träger bestehe, der für die Grundsicherung eintreten könnte. Der Bund sei zwar grundsätzlich bereit, die Autobahnen in das Innere der Stadt hereinzuführen, er sei aber nicht geneigt, sich an der Verbindung innerhalb der Stadt selbst zu beteiligen, der Staat aber habe keine gesetzliche Grundlage, die in Frage kommenden Grundstücke zu sichern. Jedenfalls müsse noch geklärt werden, wer Geldgeber sein werde und wer als Träger des Projekts auftreten werde. Die Kosten für die Grundsicherung schätze er auf etwa 20 Mio DM.
MinisterialratDr. Ehard meint, zur Sicherung dieses Projekts müsse überhaupt eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen werden.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann fügt hinzu, der Bauträger der Straße müsse das Recht der Enteignung und das Recht, Veräußerungs- und Verbauungsverbote zu erlassen, erhalten.
StaatssekretärFischer erkundigt sich, ob die Enteignung nicht durch das alte bayerische Enteignungsgesetz in Verbindung mit der Novelle vom Jahre 1942 durchgeführt worden könne.
StadtratDr. Ringelmann entgegnet, dieser Weg würde viel zuviel Zeit in Anspruch nehmen, außerdem sei die Novelle von 1942 angefochten, so daß wohl nichts anderes übrig bleibe, als ein eigenes Gesetz zu machen.
StaatssekretärDr. Hoegner entgegnet Stadtrat Fischer, es handle sich von der öffentlichen Hand abgesehen um sehr zahlreiche Privatgrundeigentümer, deren Zahl er etwa auf 300 schätze. Man dürfe auch nicht übersehen, daß sicher zahlreiche Beschwerden von Hauseigentümern dagegen kämen, daß die Hochstraße an ihren Häusern vorbeiführe und sie entwerte.
Auf Frage von StaatsministerDr. Ehard dankt abschließend Herrn Stadtbaudirektor Dr. Högg und Herrn Stadtrat Fischer für ihre Vorträge.2
MinisterpräsidentKrehle führt aus, der Entwurf habe eine weitere Verlängerung der am 31. August 1954 und später endigenden Amtsdauer der Betriebsräte in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben bis zum 31. März 1955 zum Ziel. Er sei notwendig geworden, da bis zum 31. März 1955 mit dem Inkrafttreten des Personalvertretungsgesetzes des Bundes4 und gegebenenfalls mit der Anpassung des Bayerischen Betriebsrätegesetzes5 an etwaige Rahmenvorschriften dieses Bundesgesetzes zu rechnen sei. Bedenken gegen den Entwurf bestünden nicht.
StaatssekretärDer Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zuzustimmen und ihn dem Landtag zuzuleiten.
Senat wird nicht gefaßt.6
Ein Beschluß über eine etwaige Zuleitung an denDr. Hoegner erinnert daran, daß das Staatsministerium des Innern als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Präsidenten Dr. Kollmann Senatspräsident Schattenfroh8 vorgeschlagen habe.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ringelmann ersucht, die Entscheidung mit Rücksicht auf die Abwesenheit des Herrn Staatsministers der Finanzen zurückzustellen.
StaatssekretärDr. Ehard gibt zu bedenken, daß Schattenfroh im Herbst 65 Jahre alt werde, seine Amtszeit unmittelbar nach seiner Ernennung verlängert werden müsse. Er halte dies kaum für möglich.
MinisterpräsidentDr. Hoegner erklärt, er teile zwar diese Bedenken, andererseits wäre Schattenfroh in jeder Weise geeignet und für das Amt des Präsidenten besonders qualifiziert.
Stv. Ministerpräsident9
Ein Beschluß wird nicht gefaßt.2. Änderung der Amtsbezeichnung des Administrators beim Stiftungsamt Aschaffenburg
Dr. Schwalber erklärt, der Administrator des Stiftungsamtes Aschaffenburg, der Beamter des bayerischen Staates sei, sei in die Besoldungsgruppe A 3 b eingereiht. Die Beamten dieser Gruppe führten die Bezeichnung Amtmann.
StaatsministerAschaffenburg in „Stiftungsamtmann“ geändert werde.
Nach Art. 55 Abs. 1 BayBG setze die Staatsregierung die Amtsbezeichnungen der Beamten fest. Das Kultusministerium beantrage daher im Einverständnis mit dem Staatsministerium der Finanzen einen Ministerratsbeschluß, wodurch die Amtsbezeichnung des bisherigen Administrators beim StiftungsamtDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Dr. Ehard unterrichtet das Kabinett über die Eindrücke, die er bei seinem zweitägigen Besuch in Aschaffenburg gewonnen habe. Die Stadt habe in der Tat zahlreiche Sorgen, die durchaus begründet seien. In erster Linie müsse etwas für die Berufsschule getan werden, die in völlig unmöglichen Baracken untergebracht sei, außerdem sei auch die Wiederherstellung der Mainbrücke und der Wiederaufbau der Oberrealschule dringend notwendig.
MinisterpräsidentSchwend fügt hinzu, es wäre wohl zweckmäßig, wenn der Herr Ministerpräsident den beteiligten Herren Staatsministern einen Brief über seine Eindrücke schreiben würde, damit die Maßnahmen, die notwendig und möglich seien, durchgeführt werden könnten,
MinisterialdirektorDr. Ehard kommt dann darauf zu sprechen, daß gerade in Unterfranken besonders darüber Klage geführt werde, daß die Erledigung der Disziplinarverfahren gegen Landräte außerordentlich lange Zeit in Anspruch nehme. Zum Teil sei die Stimmung so, daß das alte System des Landrats als Staatsbeamter gefordert werde, zum mindesten werde aber verlangt, daß der Landrat nicht mehr durch die Bevölkerung sondern durch den Kreistag gewählt werde.
MinisterpräsidentDr. Hoegner gibt zu bedenken, daß diese Vorschläge keinesfalls auf eine Mehrheit im Landtag rechnen könnten, der ja bekanntlich den Regierungsentwurf über die Wahl der Kreistage usw.,11 der die Erfahrungen der letzten Jahre weitgehend berücksichtigt habe, in entgegengesetzter Richtung abgeändert habe.
Stv. MinisterpräsidentVerbands der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands am 20. Juni 1954 durch Herrn Staatssekretär Krehle übernommen wird.
Es wird vereinbart, daß die Vertretung der Staatsregierung bei der Feier desDr. Gerner bittet um die Zustimmung des Ministerrats, daß statt des Oberregierungsrats Müller14 der Oberregierungsrat vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Freiherr von Stralenheim15 zum Vertreter des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus im Kulturausschuß des Bundesrats bestellt wird.
MinisterialratDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Weinkamm erklärt, ein amerikanischer Staatsbürger, Mr. Farr,16 der seit 1945 in Bayern sei, und jetzt eine Tätigkeit als Rechtsanwalt am amerikanischen Gericht in Nürnberg ausübe, habe den Antrag gestellt, ihn als deutschen Rechtsanwalt zuzulassen. Mr. Farr stamme aus der Tschechoslowakei, er sei niemals deutscher Rechtsanwalt gewesen und besitze nach wie vor die amerikanische Staatsangehörigkeit. Das Staatsministerium der Justiz habe den Antrag eingehend geprüft; eine Möglichkeit, die Zulassung zu verhindern, bestehe offensichtlich nicht. Mr. Farr sei übrigens bereit, die vorgeschriebene deutsche Ergänzungsprüfung abzulegen.
StaatsministerDr. Ehard äußert erhebliche Bedenken gegen die Zulassung eines Ausländers als Rechtsanwalt in Deutschland, worauf Staatsminister Weinkamm erwidert, es werde sich schwerlich eine Möglichkeit finden lassen, die Zulassung zu verhindern.
MinisterpräsidentEin Beschluß wird nicht gefaßt.