Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Kultusminister Dr. Schwalber, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Justizminister Weinkamm, Finanzminister Zietsch, Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium).
I. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Landtagswahl. Volksbegehren und Volksentscheid (Landeswahlgesetz). II. Veräußerung der Bayerischen Lagerversorgung. III. Verleihung von Ehrentiteln. IV. Ehrensold für die Inhaber der Bayer. Tapferkeitsmedaille. V. Einbau einer Gaststätte in die ehemalige Alte Akademie, München, Neuhauserstr. 51. VI. Bebauung des Maxburg-Geländes in München. VII. BMW-Werk Allach. VIII. Oberster Rechnungshof und Wohnung des Regierungspräsidenten Martini in Augsburg. IX. Antrag auf Vorweggenehmigung von Stellen für den Entschädigungssenat und die Entschädigungskammern (Kap. 04 03 Tit. 101 und 104 a). X. Personalangelegenheiten. XI. Beschluß des Bayer. Senats betreffend Einsetzung eines Ausschusses gemäß § 27 des Senatsgesetzes zur Feststellung der Voraussetzungen und der Möglichkeiten einer Verwaltungsvereinfachung (Anlage 13). XII. Bau des Sylvensteinspeichers. XIII. Vorgiffsweise Bewilligung von Mitteln für Straßen- und Hochbaumaßnahmen. XIV. Dritter Deutscher Studententag. XV. Landesstelle für Heimatdienst. XVI. Verkauf des Titelrechts an der Zeitschrift Simplizissimus. XVII. Dienst am Karsamstag. XVIII. Internationale Gesellschaft für Christlichen Aufbau.
Dr. Hoegner verweist auf die Note des Staatsministeriums des Innern vom 9. April 1954, in der zu dem Entwurf zur Änderung des Landeswahlgesetzes noch einige Ergänzungen vorgeschlagen worden seien. Damit seien die Einwendungen des Staatsministeriums der Justiz und der Bayer. Staatskanzlei berücksichtigt, sodaß der Entwurf heute verabschiedet werden könne.
Stv. MinisterpräsidentDie wesentlichsten Änderungen betreffen folgende Punkte:
a) Die Behandlung der Heimkehrer, die jetzt ohne Rücksicht auf die Dauer ihres Aufenthalte in Bayern bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen stimmberechtigt seien;
(§ 1 Ziff. 1 des Entwurfs);
b) Ziff. 2 habe ursprünglich bestimmt, daß Art. 2 Abs. 2 Ziff. 2 zu lauten habe:
„Personen, die durch rechtskräftige Entscheidung einer Spruchkammer als Hauptschuldige oder Belastete eingereiht worden sind“.
2 sei es nun notwendig gewesen, diese Bestimmung wie folgt zu fassen:
Im Hinblick auf den am 23. März 1954 vom Ministerrat verabschiedeten Gesetzentwurf zum Abschluß der politischen Befreiung„b) Art. 2 Abs. 2 wird gestrichen“;
c) § 1 Ziff. 3 bestimme neu, daß das Stimmrecht auch bei Sicherungsverwahrung ruhe;
d) dagegen falle die bisherige Regelung weg, wonach das Stimmrecht auch bei Untersuchungsgefangenen ruhe;
e) von Bedeutung sei auch Ziff. 7, durch welche die Gültigkeit des Wahlscheines auf einen bestimmten Stimmkreis oder Stimmkreisverband begrenzt werde und eine Ausdehnung nur in besonderen Ausnahmefällen möglich sei. Dadurch solle die Ausgabe von Wahlscheinen erschwert werden, was sich aus verschiedenen Gründen als notwendig erwiesen habe;
f) die Praxis habe gezeigt, daß sich die Gemeinde- und Kreiswahlausschüsse nicht bewährt hätten, infolgedessen treten jetzt an die Stelle des „Gemeindewahlausschusses“ die „Gemeindeverbände“ und an die Stelle des „Wahlkreisausschusses“ die „Aufsichtsbehörde“ (Ziff. 4);
g) in § 1 Ziff. 16 werde bestimmt, daß durch die Landeswahlordnung die Abstimmung auch in Klöstern besonders geregelt werden könne (Art. 28). Er halte diese Bestimmung nicht für glücklich und schlage deshalb vor, in Ziff. 2 des Art. 28: „In Klöstern“ zu streichen.
Der Ministerrat erklärt sich mit der Streichung einverstanden.
Bayer. Verfassungsgerichtshof in einem Verfahren nach Art. 61 Abs. 3 BV feststellte, daß ein Abgeordneter in gewinnsüchtiger Absicht seinen Einfluß usw. in einer das Ansehen der Volksvertretung gröblich gefährdenden Weise mißbraucht habe.3 Dagegen habe der Verfassungsgerichtshof nicht auf den Verlust der Wählbarkeit erkennen können. Durch den neuen Abs. 4 zu Art. 37 sei dies nunmehr der Fall.
h) Wichtig sei auch Ziff. 19, wodurch dem Art. 37 neue Absätze 3 und 4 angefügt würden, wobei er besonders auf Abs. 4 verweise. Bisher sei es nämlich nur möglich gewesen, daß deri) Schließlich wolle er hoch auf die Änderungen hinsichtlich der Wahlvorschläge aufmerksam machen. Allerdings müsse hier in Ziff. 21 noch eine Änderung vorgenommen werden; durch diese Bestimmung habe man ursprünglich dem Art. 39 Abs. 1 Satz 3 folgende Fassung geben wollen:
„Ihre Wahl darf nicht länger als ½ Jahr vom Wahltag an gerechnet zurückliegen“.
Nachdem verschiedene Parteien bereits jetzt die Kandidaten aufgestellt hätten, schlage er vor, die Worte „½ Jahr“ durch „1 Jahr“ zu ergänzen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Dr. Hoegner fährt fort, außerdem habe es die Staatskanzlei für notwendig gehalten, die Begründung zu der neuen Fassung des Art. 4 Abs. 3 Satz 2 genauer zu formulieren.
Stv. MinisterpräsidentDieser Satz laute:
„Die Wahl dieser Bewerber erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl“.
Dieser Anregung stimme er zu und empfehle, in der Begründung auf S. 13 zu Ziff. 22 folgenden Abs. 3 einzufügen:
„Die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl bedeutet, daß sich die Reihenfolge der Bewerber in der Liste nach der Zahl der auf sie entfallenden Stimmen richtet“.
Der Ministerrat erklärt sich auch damit einverstanden.
Dr. Koch macht darauf aufmerksam, daß in Ziff. 6 der Ergänzungsvorschläge ein redaktionelles Versehen vorgekommen sei. Hier müsse das Wort „Anlage“ durch das Wort „Klasse“ ersetzt werden, ferner die arabischen Ziff. 1 und 2 durch römische Ziff. I und II, nachdem die Anlage zum Befreiungsgesetz ebenfalls römische Ziffern verwende.
StaatssekretärDer Ministerrat stimmt dieser Änderung zu und beschließt im übrigen, den Gesetzentwurf zu verabschieden.
Dr. Ehard kommt dann noch auf die Frage der Wählbarkeit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu sprechen und erinnert daran, daß das Staatsministerium der Finanzen mit Note vom 20. August 1951 den Entwurf eines entsprechenden Gesetzes vorgelegt habe, wonach die in den Landtag gewählten Beamten für die Dauer ihrer Mitgliedschaft im Landtag in den Ruhestand treten, Wahlbeamte auf Zeit mit der Annahme der Wahl aus ihrem Amt ausscheiden sollten.4 Der Ministerrat habe am 18. September 1951 beschlossen, die Frage der Wählbarkeit der Beamten in einem besonderen Gesetz zu regeln. Es frage sich nun, ob man auf diese Vorlage wieder zurückkommen solle.5
MinisterpräsidentDr. Hoegner bemerkt, er habe bei Erörterungen dieser Frage im Landtag betont, es würde einen Rückschritt bedeuten, wenn man den Beamten die Wählbarkeit absprechen würde; er habe dies mit einer Reihe von Beispielen aus der Geschichte des Bayer. Landtags und des früheren Bayerischen Reichsrats bewiesen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard erklärt, die in den Bundestag gewählten Beamten schieden aus, wie verhalte es sich aber mit den Wahlbeamten, nachdem hier die Regelung den Ländern Vorbehalten bleibe? An sich müßte diese Frage durch ein Landesgesetz geregelt werden, was aber bisher noch nicht geschehen sei. Er glaube aber auch, daß es keinen Sinn habe, diese Frage jetzt bei diesem Entwurf aufzugreifen.6
MinisterpräsidentSenat zur etwaigen gutachtlichen Stellungnahme.7
Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf dem Landtag zuzuleiten, gleichzeitig auch demDr. Ehard führt aus, der Note des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 19. März 1954 zufolge liegen Angebote auf Ankauf der Bayer. Lagerversorgung von der Coloniale-Einkaufszentrale des Bayer. Lebensmittelgroßhandels eGmbH9 und dem Wirtschaftsbund gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands eGmbH,10 sowie Herrn Kurt Steffen, dem derzeitigen Geschäftsführer der Bayer. Lagerversorgung vor. Nachdem das Angebot des Wirtschaftsbundes weitaus ungünstiger wie die anderen sei, könne man es wohl außer Betracht lassen. Die Angebote der Coloniale und des Herrn Steffen seien zwar gleich vorteilhaft, da eine Veräußerung an Steffen aber bestimmt auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen werde, sei es wohl besser, sich für die Coloniale zu entscheiden, zumal sich diese mit Herrn Steffen einig sei. Im übrigen glaube er, daß der Betrieb als Ganzes veräußert und nicht einzelne Teile herausgenommen und an andere Bewerber verkauft werden sollten.
MinisterpräsidentSteffen und seines Stellvertreters, Herrn Simon.11 Dem ersteren sei mit einer Frist von sechs Wochen gekündigt worden, die dann als besondere Vergünstigung auf drei Monate ausgedehnt worden sei;12 bei Simon betrage die Kündigungsfrist sechs Monate.
Bei der ganzen Sache habe er aber in einem Punkt erhebliche Bedenken und zwar hinsichtlich der Kündigung des HerrnSteffen und Simon gekündigt worden sei, müßten sie innerhalb einer Frist von drei Wochen Kündigungswiderrufsklage erheben, also spätestens in der Woche nach Ostern. Herr Steffen habe ihn nun persönlich mit dem Hinweis auf seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst seit dem Jahre 1935 und seine Verdienste gebeten, darauf hinzuwirken, daß die Kündigung zurückgezogen und ihm eine Zusicherung für die Übernahme in den Staatsdienst gegeben werde; in diesem Falle könne er für seine Tätigkeit bei der Coloniale, die ihn als Geschäftsführer übernehmen wolle, beurlaubt werden.13 In der gleichen Weise habe sich auch Herr Simon an ihn gewandt.14
Er habe das Gefühl, daß man nicht in dieser Weise einen Mann behandeln könne, der in schwierigster Zeit die Versorgung der Kriegsgefangenen, dann der Heimatvertriebenen, der caritativen Anstalten usw. übernommen und dabei nicht nur Staatsaufgaben in hervorragender Weise erfüllt, sondern seit der Währungsreform in die Staatskassen nahezu 30 Mio DM abgeliefert habe. Nachdem nunStaatsminister Dr. Seidel wirft ein, Direktor Heim15 von der Coloniale habe ihm mitgeteilt, daß Steffen auf alle Fälle übernommen werde.
Dr. Schlögl bemerkt, er habe überhaupt Bedenken gegen die Kündigung gehabt, auf eine Note des Finanzministeriums hin, das ihn persönlich haftbar gemacht habe, sei ihm aber nichts anderes übrig geblieben, als allen Angestellten und Arbeitern zu kündigen.
StaatsministerDr. Ringelmann erklärt, dies sei richtig, in der Frage Steffen sei aber an das Finanzministerium nicht herangetreten worden.
StaatssekretärDr. Ehard betont nochmals, daß man Herrn Steffen, dessen Verdienste unbestritten seien, nicht in dieser Weise behandeln und damit zur Klage zwingen solle.
MinisterpräsidentDr. Seidel fügt hinzu, die Schwierigkeit liege wohl darin, daß Steffen gezwungen sein werde, jedes Angebot der Coloniale anzunehmen, wenn er keine Sicherung vom Staat erhalte.
StaatsministerDr. Ehard fährt fort, Steffen erhebe keine besonderen Ansprüche, er bitte – wie gesagt – nur um eine gewisse Sicherung und um die Rücknahme der Kündigung. Ursprünglich sei er von den Amerikanern mit der Errichtung der sogenannten Organisation Steffen beauftragt worden, bei der Übernahme der Organisation durch den bayerischen Staat sei lediglich hinsichtlich seiner Bezüge ein Sondervertrag abgeschlossen worden. Mit einem gewissen Recht weise er auf das Beispiel der StEG hin, deren Angehörige nicht nur höher bezahlt worden seien, sondern beim Ausscheiden auch erhebliche Abfindungen erhalten hätten.
MinisterpräsidentDr. Oechsle bezeichnet die Situation als sehr verworren und schlägt vor, die Kündigung zunächst zurückzunehmen und die Rechtslage inzwischen eingehend zu prüfen.
StaatsministerDr. Seidel meint, vielleicht wäre es doch gut, wenn Steffen vorsorglich eine Kündigungswiderrufsklage einreichen würde.
StaatsministerDr. Oechsle entgegnet, es könnte wohl nichts geschehen, wenn die Kündigung zurückgenommen würde.
StaatsministerDr. Ringelmann meint, vielleicht könne man auch einen Vergleich mit Steffen abschließen, um die Klage zu vermeiden, Man könne noch in dieser Woche Vergleichsverhandlungen beginnen.
StaatssekretärMinisterialrat Dr. Gerner betont, daß das Kündigungsschutzgesetz sehr weit gehe.
Dr. Ringelmann schlägt dann folgendes vor, daß noch in dieser Woche ein Beauftragter des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zusammen mit Herrn Steffen und Herrn Simon zum Staatsministerium der Finanzen kommen, um die heute aufgeworfene Frage zu besprechen.
StaatssekretärDer Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.
Dr. Ehard kommt dann nochmals auf die Frage des Verkaufs zu sprechen und wiederholt, daß das Staatsministerium der Finanzen vorschlage, die Bayer. Lagerversorgung an die Coloniale zu veräußern.
MinisterpräsidentDr. Seidel erklärt, sich dem Gutachten des Finanzministeriums anzuschließen, nachdem das Angebot der Coloniale die größte finanzielle und politische Sicherheit biete.
StaatsministerColoniale – Einkaufszentrale Bayer. Lebensmittelgroßhandels eGmbH München – zu verkaufen.
Der Ministerrat beschließt daraufhin, die Bayer. Lagerversorgung im ganzen an dieDr. Ringelmann macht noch darauf aufmerksam, daß gewisse Schwierigkeiten noch dadurch entstehen könnten, daß verschiedene Unternehmen einzelne von der Bayer. Lagerversorgung benutzte Lagerhäuser erwerben wollten, u.a. die Lagerland – Vereinigte Landwarenkaufleute in Bayern; er verweise dabei auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 1. April 1954. Nachdem der Ministerrat dem Vorschlag des Finanzministeriums entsprechend aber beschlossen habe, die Lagerversorgung im ganzen an die Coloniale zu veräußern, müßten diese Unternehmen wohl an diese verwiesen werden.
StaatssekretärKrehle stellt fest, daß die Zustimmung des Landesarbeitsamts zu der Massenkündigung bei der Lagerversorgung nicht eingeholt worden sei. Er befürchte deshalb, daß auch in dieser Hinsicht Schwierigkeiten Entstehen könnten, zumal die 108 gekündigten Arbeiter und Angestellten bereits Klage eingereicht hätten. Nachdem die Coloniale kaum alle Gekündigten übernehmen könne, werde der Staat unter Umständen gezwungen sein, den Rest selbst zu übernehmen oder entsprechende Zahlungen zu leisten. Außerdem scheine noch die Frage der Zusatzversicherung eine Rolle zu spielen.
StaatssekretärDr. Ehard fügt hinzu, er habe davor gewarnt, sofort zu kündigen, bevor sich das Kabinett mit dem ernsten Fragenkomplex beschäftigt habe.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann ersucht, das Finanzministerium weitgehend zuzuziehen, auch in der Frage der Zusatzversicherung.
StaatssekretärDr. Ehard faßt daraufhin das Ergebnis der Beratung in folgenden Punkten zusammen:
Ministerpräsident1. Die Bayer. Lagerversorgung wird an die Coloniale veräußert. Die Durchführung übernehmen die Staatsministerien der Finanzen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Steffen und Simon werden dem Vorschlag des Ministerrats entsprechend Verhandlungen geführt.
2. Wegen der Versorgung der Herren16
3. Die Gültigkeit der Kündigung und die damit zusammenhängenden Fragen werden besonders überprüft.Dr. Ehard erinnert an die Behandlung dieser Frage im Ministerrat vom 29. Dezember 1953 und den den Herren Mitgliedern der Staatsregierung übermittelten Entwurf der Bayer. Staatskanzlei.17
MinisterpräsidentDr. Hoegner ersucht, diesen Punkt der Tagesordnung noch zurückzustellen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard entgegnet, er wolle die Sache deshalb wieder zur Sprache bringen, weil als Beilage 5141 ein Antrag von Abgeordneten der CSU und der Bayernpartei vorliege18 und außerdem die Frage der Wiedereinführung von Titeln am 25. März 1954 im Rechts- und Verfassungsausschuß des Landtags behandelt worden sei. Es werde sich deshalb wohl nicht vermeiden lassen, daß das Kabinett Stellung nehme.
MinisterpräsidentDr. Schwalber hält im Hinblick auf die Beratungen der Verfassunggebenden Landesversammlung seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Wiedereinführung von Titeln aufrecht. Er wird bei dieser Auffassung von Herrn Staatssekretär Dr. Koch unterstützt.
StaatsministerDr. Hoegner schlägt vor, die Frage in einer Koalitionsbesprechung zu erörtern.
Stv. Ministerpräsident19
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, nachdem festgestellt werden muß, daß die Meinungen innerhalb des Kabinetts geteilt sind.Dr. Ehard weist daraufhin, daß mit dem Übergang der Wehrhoheit auf das Reich nach dem Ende des ersten Weltkrieges der Ehrensold für die Inhaber der Bayer. Tapferkeitsmedaille aus Reichsmitteln gezahlt worden sei, zuletzt in Höhe von monatlich 20 RM durch die örtlichen Versorgungsämter. Bei Kriegsende sei dann die Zahlung des Ehrensolds zugleich mit der Zahlung der Wehrmachtspensionen auf Grund einer Anweisung der Militäregierung eingestellt worden. Durch das Gesetz Nr. 16 der Alliierten Hohen Kommission sei aber das Hindernis für die weitere Zahlung des Ehrensolds beseitigt worden.20
MinisterpräsidentGeislhöringer21 beim Landtag einen Beschluß des Inhalts beantragt habe, daß die Zahlung mit Wirkung ab 1. April 1954 wieder eingeführt werde und die erforderlichen Mittel im Staatshaushalt 1954 einzuplanen seien.
An sich sei es nun Angelegenheit des Bundes, die Zahlung dieses Ehrensolds wieder aufzunehmen, offensichtlich weigere sich aber der Bund, dieser Verpflichtung nachzukommen. Der Ministerrat müsse sich deshalb mit dieser Frage befassen, weil der Abgeordnete Dr.Dr. Ringelmann führt aus, an Kosten würden insgesamt 400 000 DM jährlich entstehen und zwar 36 000 DM für die Inhaber des Max-Josephs-Ordens und 360 000 DM für die Inhaber der Bayer. Tapferkeitsmedaille. Von der finanziellen Seite abgesehen, werde auch geltend gemacht, daß die Zahlung des Ehrensolds nicht ohne die gesetzliche Erlaubnis zum Tragen der Orden wieder aufgenommen werden dürfe.
StaatssekretärSchwend wendet sich gegen diese Auffassung und betont, es sei nicht einzusehen, was die Erlaubnis zum Tragen von Orden mit dem Ehrensold, der eine Anerkennung für besondere militärische Verdienste darstelle und jahrelang zuerst von Bayern und dann vom Reich gezahlt worden sei, zu tun habe.
MinisterialdirektorDr. Seidel betont, die Bayer. Tapferkeitsmedaille sei jedenfalls eine Auszeichnung, die nur für ganz besondere Verdienste verliehen worden sei.
Auch StaatsministerDr. Hoegner hält es nicht für möglich, für diesen Zweck 400 000 DM in den Haushalt einzusetzen und spricht sich dafür aus, doch nochmals den Versuch, zu machen, den Bund zu der Zahlung des Ehrensolds zu verpflichten.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard schließt sich dieser Auffassung an, auch Staatssekretär Dr. Koch bemerkt, er halte dies für eine echte Verpflichtung des Bundes, den man unter Umständen doch zur Zahlung veranlassen könne.
MinisterpräsidentDr. Ehard schlägt vor, auf den Antrag des Abg. Dr. Geislhöringer mitzuteilen, die Kosten für die Wiedereinführung des Ehrensolds beliefen sich auf 400 000 DM; es handle sich dabei um eine echte Verpflichtung des Bundes, nachdem nach dem Übergang der Wehrhoheit auf das Reich dieses die Zahlung übernommen habe.
Ministerpräsident22
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Schwalber führt aus, in dem Bauteil der Alten Akademie, in dem zur Zeit die Geschäftsräume der Firma Hettlage errichtet würden,24 solle eine Gaststätte eingebaut werden. Nachdem die Staatsbrauerei Weihenstephan in München keinen repräsentativen Ausschank habe, sei das Staatsministerium für Unterricht und Kultus der Auffassung, daß diese Gaststätte der Staatsbrauerei Weihenstephan übergeben werden solle. Die Räume würden noch in diesem Jahr fertig, sodaß eine baldige Entscheidung notwendig sei. Das Gebäude habe bekanntlich früher dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus gehört, das also schon berechtigte Ansprüche anmelden könne.25
StaatsministerMinisterpräsident Dr. Ehard macht darauf aufmerksam, daß die Münchner Brauereien, auch das Staatliche Hofbräuhaus, gegen die Übergabe der Gaststätte an die Brauerei Weihenstephan protestiert hatten und den seiner Meinung nach unmöglichen Vorschlag gemacht hätten, die Gaststätte turnusmäßig an die einzelnen Münchner Brauereien zu vergeben.26
Dr. Seidel erkundigt sich, ob es wirklich notwendig sei, gerade eine Gaststätte in der Alten Akademie zu errichten und ob es nicht besser sei, die Räume für gewerbliche Zwecke zu vermieten.
StaatsministerDr. Schwalber entgegnet, Weihenstephan könne nicht darauf verzichten, in München eine Gaststätte zu erhalten, nachdem Weihenstephan durch die Quertreibereien der Münchner Brauereien vor etwa 20 Jahren das Hotel Roter Hahn verloren gegangen sei.
StaatsministerDr. Ehard hält die Anregung von Staatsminister Dr. Seidel für berechtigt, wodurch der Streit vermieden werden könne.
MinisterpräsidentDr. Schwalber verweist auf seine Note vom 10. März 1954 an das Staatsministerium des Innern, wonach die Räume bereits für einen Gaststättenbetrieb hergestellt seien.27
StaatsministerDr. Ehard empfiehlt, die Angelegenheit nochmals durch die drei beteiligten Ministerien (Inneres, Finanzen und Kultus) zu beraten und einen Ausweg zu finden in der Richtung, daß keine Gaststätte in dem Bauteil aufgenommen werde.
MinisterpräsidentDr. Seidel warnt davor, die Staatsbrauerei Weihenstephan zu beteiligen und damit den Widerspruch der gesamten Münchner Brauindustrie hervorzurufen. Diese schlage vor, eine GmbH zu bilden, die den Ausschank pachte und turnusmäßig verteile, allerdings ohne Beteiligung der Staatsbrauerei Weihenstephan.
StaatsministerDr. Schwalber stellt fest, daß in diesem Fall Weihenstephan nach einem anderen Lokal in München suchen müsse.
StaatsministerDer Ministerrat vereinbart, die Frage nochmals von den beteiligten Ministerien prüfen zu lassen.28
Dr. Ehard gibt bekannt, daß das Staatsministerium der Finanzen einen Kostenvoranschlag für die Bebauung des Maxburg-Geländes, sowie den Entwurf eines Erbbaurechtsvertrags zwischen dem Bayerischen Staat und der Fa. Fries & Co. München zur Mitteilung im Ministerrat übersandt habe.30 Vielleicht könnte Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann noch über die Einzelheiten berichten.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann führt aus, die Baukosten betrügen 12,3 Mio DM, wozu noch weitere Kosten von 1,04 Mio DM kämen, sodaß die Gesamtkosten auf 13,37 Mio DM veranschlagt würden. Die Finanzierung sei sehr schwierig gewesen und in letzter Zeit habe es sogar so ausgesehen, als ob die Verhandlungen nicht zum Ziele kämen; er habe aber dann doch erreicht, daß zur Refinanzierung ein Darlehen der Zusatzversorgungsanstalt des Bundes gegeben würde. Die Kostendeckung sehe folgendermaßen aus, daß eine erste Hypothek von 5 Mio DM, sowie eine zweite Hypothek in gleicher Höhe eingetragen würden, dazu kämen dann die Mieterleistungen in Höhe von etwa 1,5 Mio DM und das Eigenkapital Fries von 1,8 Mio DM. Der sogenannte Justizteil werde der Justizverwaltung ohne Mietzins zugewiesen.
StaatssekretärDr. Schwalber macht darauf aufmerksam, daß im a.o. Haushalt ein Betrag von 5,5 Mio DM für die Finanzierung des Maxburg-Projektes eingesetzt sei. Er frage nun, ob dieser Betrag bestehen bleibe oder ob entsprechende Mittel im a.o. Haushalt frei würden, nachdem von den beantragten Mitteln Für Bauvorhaben des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus 7 Mio DM gestrichen werden seien.
StaatsministerDr. Ringelmann erwidert, soviel ihm bekannt sei, seien die 5,5 Mio DM im a.o. Haushalt nicht mehr enthalten, er müsse sich aber noch vergewissern.
StaatssekretärDr. Schwalber fährt fort, die Finanzierung des Wiederaufbaues der Maxburg sei eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Er glaube, daß sich der Ministerrat eingehend damit beschäftigen müsse. Nachdem die Vorlage dem Ministerien aber erst vor wenigen Tagen zugegangen sei, habe man die Sache im einzelnen noch nicht prüfen können.
StaatsministerFa. Fries zu den reinen Baukosten noch weitere Kosten von über 1 Mio DM angesetzt habe.
Er halte es z.B. für notwendig, daß Aufschluß darüber erteilt werde, warum dieDr. Hoegner bemerkt, die zweite Hypothek in Höhe von 5 Mio DM werde von der Landesbodenkreditanstalt gegeben, deren Mittel an sich nur für den sozialen, Wohnungsbau verwendet werden dürften, während Rückflüsse in Zwischenfinanzierungen anzulegen seien.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ringelmann räumt ein, daß auch er gewisse Bedenken gehabt habe. Hinsichtlich der Hypotheken in Höhe von 10 Mio DM sei aber jetzt durch das Darlehen der Zusatzversorgungsanstalt eine gewisse Rückendeckung vorhanden. Wenn tatsächlich etwas passieren würde, sei der Staat Schuldner gegenüber dieser Anstalt, deren Darlehen übrigens bei einem Zins von 6% und einer Tilgung von rund 3,6% billig sei. Im übrigen schwebten noch Verhandlungen mit Versicherungsgesellschaften über die zweite Hypothek von 5 Mio DM. Jedenfalls glaube er nicht, daß die jetzt vorgesehene Regelung gegen gesetzliche Vorschriften verstoße. Der Ministerrat brauche auch heute noch keinen Beschluß fassen, da das Ergebnis der Verhandlungen mit den Versicherungsgesellschaften abgewartet werden könne.
StaatssekretärHerrn Ministerpräsidenten, der empfiehlt, die heute aufgetauchten Fragen von den beteiligten Ministerien eingehend prüfen zu lassen, da weitere Aufklärung notwendig sei, wird beschlossen, diesen Punkt der Tagesordnung vorläufig zurückzustellen.31
Auf Vorschlag desDr. Ehard teilt mit, daß das amerikanische Hauptquartier in Heidelberg beabsichtige, das im Allacher Werk der BMW untergebrachte Reparaturwerk im Laufe von zwölf Monaten aufzulösen und den dort beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen. Wenn auch kaum Aussicht bestehe, die Amerikaner von ihrer Absicht abzubringen, müsse doch wenigstens der Versuch gemacht werden durch eine Besprechung, an der er die Herren Staatsminister der Finanzen, für Wirtschaft und Verkehr und Arbeit und soziale Fürsorge teilzunehmen bitte, etwas zu erreichen. Zu dieser Sitzung müßten dann auch Vertreter der Stadtverwaltung und der Direktion der BMW eingeladen werden. Es sei beabsichtigt, diese Besprechung heute nachmittag um 15 Uhr abzuhalten, auf amerikanischer Seite werde General Deitrick33 daran teilnehmen.
MinisterpräsidentStaatsminister Dr. Seidel erklärt, es werde auf größte Schwierigkeiten stoßen, das Werk in Allach anderweitig zu belegen, jedenfalls könnten es die BMW selbst nicht übernehmen. Er befürchte, daß die allzu heftige Reaktion auf deutscher Seite, welche durch die Entlassung von 40 Arbeitern ausgelöst worden sei, mit ein Grund für die plötzliche Entscheidung der Amerikaner sei.
Dr. Oechsle erwidert, die Amerikaner beabsichtigten schon seit zwei Jahren, das Werk in Allach aufzugeben.
Staatsminister34
Es wird vereinbart, daß die vom Herrn Ministerpräsidenten vorgeschlagenen Mitglieder der Staatsregierung an der heutigen Besprechung teilnehmen.Obersten Rechnungshofes und seines bisherigen Präsidenten Kallenbach kommt Ministerpräsident Dr. Ehard auf die Frage der Wohnung des Regierungspräsidenten Martini in Augsburg zu sprechen. Im Haushalt des Staatsministeriums des Innern sei diese Wohnung als Dienstwohnung aufgenommen werden. Er erinnere daran, daß der Ministerrat am 16. Juni 1953 beschlossen habe, die Miete auf die Höhe des Wohnungsgeldzuschusses festzusetzen, ohne daß damals von einer Dienstwohnung die Rede gewesen sei.36 Dies sei vielmehr erst nachträglich durch das Staatsministerium der Finanzen festgesetzt worden, weshalb Herr Staatsminister Dr. Hoegner im Ministerrat vom 2. März mit Recht festgestellt habe, das Kabinett müsse sich mit dieser Frage nochmals befassen, da der Beschluß vom 16. Juni 1953 „die nachträgliche Bestimmung der Wohnung als Dienstwohnung“ nicht decke. Jedenfalls könne der bisherige Zustand schon im Hinblick auf die Verhandlungen im Untersuchungsausschuß des Landtags, der sich mit dem Schreiben des Obersten Rechnungshofs vom 18. Januar 1954 befaßt habe, nicht bestehen bleiben.
Nach längerer Aussprache über die Prüfungstätigkeit desDr. Hoegner empfiehlt abzuwarten, bis der Landtag die im Haushalt des Innenministeriums vorgesehene Dienstwohnung streiche.
Stv. MinisterpräsidentDr. Nerreter bemerkt, der Beschluß vom 16. Juni 1953 habe nur unter der Voraussetzung gefaßt werden können, daß es sich um eine Dienstwohnung handle. Der Ausschuß habe am 26. März auch zu dieser Frage Stellung genommen und behauptet, ab 6. November 1950 bis 16. Juni 1953 sei die Wohnung unverändert eine Staatsmietwohnung gewesen.
StaatssekretärDr. Hoegner stellt fest, daß die Wohnung als Dienstwohnung gebaut worden sei, dagegen habe er sich dann gewendet.
Stv. MinisterpräsidentDr. Nerreter fährt fort, der Ausschuß schlage vor, von Regierungspräsident Martini die Miete nachzuverlangen, die sich bei wohlwollender Anwendung der Mietvorschriften ergebe.
StaatssekretärDr. Ringelmann fügt hinzu, die Berechnung der Oberfinanzdirektion München, Zweigstelle Augsburg, ergebe eine Monatsmiete von 450 DM, wozu noch die Heizungskosten kämen.
StaatssekretärDr. Nerreter macht darauf aufmerksam, daß die Wohnung vom 16. Juni 1953 bis 31. März 1954 einwandfrei eine Dienstwohnung gewesen sei. Von diesem Termin ab aber werde sie wieder Mietwohnung werden, wenn es nicht gelinge, sie im Haushalt als Dienstwohnung auszubringen; dies sei aber wohl ausgeschlossen.
StaatssekretärDr. Hoegner teilt mit, wie er erfahren habe, beabsichtige Regierungspräsident Martini auszuziehen.
Stv. MinisterpräsidentStain schlägt vor, das Gebäude anderweitig zu vermieten oder zu verkaufen.
StaatssekretärDr. Ehard meint, er neige zu der Meinung, die Frage der Mietwohnung werde nie zu Ende kommen, deshalb sei es nach seiner Auffassung richtiger, das Haus einfach zu verkaufen.
MinisterpräsidentDr. Hoegner wendet ein, an sich sollte daran festgehalten werden, daß ein Regierungspräsident eine Dienstwohnung haben müsse.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ringelmann schlägt vor, Regierungspräsident Martini zu kündigen und dann zu versuchen, das Haus zu vermieten oder zu verkaufen. Wenn das nicht gelinge, werde das Staatsministerium der Finanzen dem Landtag einen entsprechenden Bericht erstatten.
StaatssekretärDr. Hoegner stimmt diesem Vorschlag zu, glaubt aber, daß eine Kündigung gar nicht notwendig sei.
Stv. MinisterpräsidentDr. Nerreter weist darauf hin, daß der Beschluß vom 16. Juni 1953 nur ex nunc wirke, die Zeit zwischen dem 6. November 1950 bis 16. Juni 1953 bleibe nach wie vor strittig.
StaatssekretärDr. Ehard antwortet, der Oberste Rechnungshof sage selbst, daß bis 1. Juni 1952 die Angelegenheit erledigt sei.
MinisterpräsidentAugsburg zu vermieten oder zu verkaufen, einverstanden, worauf
Der Ministerrat erklärt sich mit dem Vorschlag, das Gebäude inMinisterpräsident Dr. Ehard feststellt, daß dem Kabinett ein Vorschlag der beteiligten Staatsminister des Innern und der Finanzen zugehen werde.37
Dr. Koch nimmt Bezug auf den allen Mitgliedern des Kabinetts zugegangenen Entwurf eines Antrags39 an den Landtag über die Vorweggenehmigung von Stellen für den Entschädigungssenat und die Entschädigungskammern. Mit Rücksicht auf das am 1. Oktober 1953 in Kraft getretene Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung40 seien nunmehr bei gerichtlicher Geltendmachung dieser Ansprüche ausschließlich landgerichtliche Kammern bzw. oberlandesgerichtliche Senate zuständig. Die Zahl der unerledigten Klagen sei außerordentlich groß – über 20 000 –, sodaß die Justizverwaltung die sofortige Bildung von mindestens sechs Entschädigungskammern beim Landgericht München I und von einem Entschädigungssenat beim Oberlandesgericht München für unumgänglich notwendig halte, zumal ja außer den Rückständen noch sehr erhebliche Neuzugänge zu erwarten seien. Er bitte deshalb, den Antrag möglichst bald beim Landtag einzubringen.
Staatssekretär41
Da Einwendungen nicht erhoben werden, wird beschlossen, so zu verfahren.Alfred Resch zum Präsidenten des Oberlandesgerichts München42
1. Ernennung des SenatspräsidentenDr. Ehard erinnert daran, daß der Ministerrat am 30. März 1954 der Ernennung des Senatspräsidenten beim Bayer. Obersten Landesgericht, Alfred Resch, zum Präsidenten des Oberlandesgerichts München unter der Voraussetzung zugestimmt habe, daß das Bayer. Staatsministerium der Finanzen keine Bedenken gebend macht. Wie er erfahren habe, wolle nun das Staatsministerium der Finanzen mit Rücksicht auf das vorgeschrittene Alter des Senatspräsidenten Resch nicht zustimmen.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann erwidert, es treffe zu, daß ursprünglich Bedenken bestanden hätten, das Staatsministerium der Finanzen habe sich aber jetzt entschlossen, seinen Einspruch zurückzuziehen, so daß der Ernennung nichts mehr im Wege stehe.
StaatssekretärResch zum Präsidenten des Oberlandesgerichts München zu ernennen,
Der Ministerrat beschließt daraufhin endgültig, SenatspräsidentDr. Koch, über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Landgerichts München I sei noch nichts entschieden.
Auf Frage des Herrn Ministerpräsidenten antwortet StaatssekretärFriedrich Elsner43 zum Ministerialrat im Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
2. Ernennung des RegierungsdirektorsFriedrich Elsner zum Ministerialrat in der Ministerialforstabteilung des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu ernennen.
Der Ministerrat beschließt, den Regierungsdirektor44
3. Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten der Oberfinanzdirektion MünchenDr. Ehard erinnert daran, daß die Bundesregierung angeregt habe, die Amtszeit des Präsidenten Prugger um ein Jahr zu verlängern. Der Ministerrat habe beschlossen, die Amtszeit nur bis 30. Juni 1954 zu verlängern,45 was Präsident Prugger abgelehnt habe.
MinisterpräsidentNachdem die Bundesregierung die Verlängerung um ein Jahr beschlossen und die Bayer. Staatsregierung gebeten habe, sich anzuschließen, müsse dieser Beschluß vom 30. März 1954 wohl revidiert werden.
Dr. Seidel und Staatssekretär Dr. Koch empfehlen, sich dem Beschluß der Bundesregierung anzuschließen.
StaatsministerDer Ministerrat beschließt, die Amtszeit des Präsidenten der Oberfinanzdirektion München um ein Jahr zu verlängern.
4. Sterbegeld für die Schwester des verstorbenen Regierungspräsidenten a.D. Dr. Wein46
Dr. Ehard teilt mit, Fräulein Wein, die Schwester des verstorbenen Regierungspräsidenten von Regensburg, Dr. Wein, habe gebeten, ihr ein Sterbegeld zu gewähren. Am zweckmäßigsten sei es wohl, wenn er dieses Schreiben dem Staatsministerium der Finanzen zur weiteren Bearbeitung zuleite.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann sichert zu, das Gesuch umgehend prüfen zu lassen.
StaatssekretärDr. Ehard erinnert an den am 24. März 1954 gefaßten Beschluß des Bayer. Senats. Mit einem Schreiben vom 25. März 1954 habe jetzt der Präsident des Senats gebeten, das in dem Beschluß vorausgesetzte Einvernehmen mit der Staatsregierung herzustellen. Die Schwierigkeit sei nun, daß der Landtag bereits mit Beschluß vom 10. Februar 1953 einen Ausschuß für die Ausarbeitung von Vorschlägen für die Verwaltungsvereinfachung geschaffen habe (Beilage 3424).48 Eine rechtliche Beurteilung der Bayer. Staatskanzlei liege bereits vor, sie komme zu dem Ergebnis, daß die Staatsregierung sowohl aus rechtlichen wie sachlichen Gründen ihre Zustimmung zur Einsetzung dieses Ausschusses verweigern könne.
MinisterpräsidentDr. Oechsle meint, es sei wohl schwer, sich bei dem allgemein erhobenen Ruf nach Einsparungen in der Verwaltung gegen den Ausschuß zu wehren.
StaatsministerStv. Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, die Tatsache, daß der Landtag bereits einen Ausschuß zur Verwaltungsvereinfachung habe, sei immerhin von Bedeutung, allerdings wisse er nicht, ob dieser Ausschuß Sitzungen abhalte.
Dr. Seidel erwidert, wie er gehört habe, sei dieser Ausschuß im Auslaufen.
StaatsministerDr. Hoegner empfiehlt, die Staatskanzlei solle sich wegen des Landtagsausschusses mit dem Präsidium des Landtags in Verbindung setzen, da es ja sinnlos sei, wenn Doppelarbeit geleistet werde.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard schlägt folgendes vor:
MinisterpräsidentSenats wird den einzelnen Ministerien mit einer Stellungnahme der Staatskanzlei und dem Ersuchen um Äußerung zugeleitet. In der Zwischenzeit wird die Bayer. Staatskanzlei Verbindung mit dem Senat aufnehmen, um festzustellen, wie er sich die Tätigkeit des von ihm beschlossenen Ausschusses vorstellt.
Der Beschluß des49
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Hoegner führt aus, im Haushalt des Staatsministeriums des Innern – Oberste Baubehörde – seien im vergangenen Jahr für den Bau des Sylvensteinspeichers bereitgestellte Mittel in Höhe von 1,89 Mio DM nicht verbraucht worden. Der Herr Staatsminister der Finanzen habe ihm persönlich erklärt, diese Mittel könnten übertragen werden. Wenn dies geschehe, würden in diesem Haushaltsjahr keine weiteren Mittel mehr benötigt. Bekanntlich habe der Landtag den Bau beschlossen, die Vorarbeiten seien von der Obersten Baubehörde getroffen, zum Teil schon Zuschläge erteilt usw. Jetzt erkläre aber das Finanzministerium entgegen der Zusage des Ministers, es sei zu der Übertragung der Mittel nicht bereit und es müßte erst die Behandlung des a.o. Haushalts im Landtag abgewartet werden. Dies bedeute weitere unproduktive Ausgaben, die Submissionen verfielen, die günstige Bauzeit wird nicht ausgenützt und dir Bevölkerung und der Landtag werde sich erneut beschweren.
Stv. MinisterpräsidentEr bitte deshalb das Staatsministerium der Finanzen durch einen Beschluß zu veranlassen, seine Zustimmung dazu zu erteilen, daß die Mittel des Vorjahren in Höhe von 1,89 Mio DM sofort als Betriebsmittel verbraucht werden können.
Der Ministerrat beschließt in diesem Sinne gegen die Stimme des Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann.
Dieser betont, damit werde dem Herrn Staatsminister der Finanzen der Weg verbaut, sich nochmals an den Landtag zu wenden und darzulegen, welche Mittel für die folgenden Jahre damit gebunden würden. Es handle sich bekanntlich um einen Betrag, der etwa 30 Mio DM ausmache.
Dr. Hoegner erwidert, nach der eingehenden Aussprache im Landtag und dem mit größer Mehrheit gefaßten Beschluß, den Sylvensteinspeicher zu bauen,51 habe es seiner Meinung nach keinen Sinn mehr, nochmals den Versuch zu machen, den Landtag zu einer anderen Auffassung zu bewegen.52
Stv. MinisterpräsidentDr. Hoegner fährt fort, das Staatsministerium des Innern brauche für verschiedene Straßen- und Hochbaumaßnahmen Vorgriffe, denen der Herr Staatsminister der Finanzen zunächst zugestimmt habe. Bisher sei aber auf die Vornote des Innenministeriums vom 16. März 1954 keine Antwort erfolgt, weshalb er den Ministerrat bitte, sich auf den Standpunkt zu stellen, daß diese Vorgriffe genehmigt werden.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard erklärt, er halte es nicht für möglich, heute darüber zu entscheiden, nachdem doch die Äußerung des Finanzministeriums abgewartet werden müsse.
MinisterpräsidentDr. Hoegner, ihm die Vorhernote vom 16. März zuzuleiten. Im nächsten Ministerrat könne dann über die Vorlage des Antrags an den Landtag entschieden werden.53
Er bitte Herrn StaatsministerDr. Ehard gibt bekannt, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe für den Dritten Deutschen Studententag, der zwischen dem 2. und 5. Mai in München in Anwesenheit des Herrn Bundespräsidenten stattfinden werde, einen Zuschuß von 20 000 DM in Aussicht gestellt.55 Wenn der Ministerrat beschließe, diesen Zuschuß zu gewähren, so müßten die Mittel wohl aus Einzelpl. XIII Kap. 04 Tit. 302 genommen werden.
MinisterpräsidentStaatsminister Dr. Schwalber erklärt, auf das Programm des Studententages habe er keinen Einfluß gehabt, eigentlich sei er mit dem geplanten Ablauf der Veranstaltung nicht einverstanden, nachdem das Schwergewicht auf die Beteiligung des Herrn Bundespräsidenten und des Herrn Bundesinnenministers gelegt, die Bayerische Staatsregierung aber zu wenig berücksichtigt werde.56
Dr. Seidel erklärt es für unbedingt notwendig, daß bei einem Studententag in München der Bayerische Ministerpräsident und der Bayerische Kultusminister eine maßgebliche Rolle spielen.
Auch Staatsminister57
Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird vereinbart, heute noch keinen Beschluß über den erbetenen Zuschuß zu fassen, vielmehr das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Staatskanzlei und Kultusministerium mit den Veranstaltern des Studententages abzuwarten.Dr. Ehard stellt fest, der Ministerrat müsse sich in nächster Zeit überlegen, in welcher Form eine Landesstelle für Heimatdienst eingerichtet bzw. ausgebaut werden könne. Er erinnere dabei an die Konferenz der Ministerpräsidenten in München, bei der diese Sache eingehend beraten worden sei.58 Nach dem Beschluß der Konferenz werde Baden-Württemberg die Initiative ergreifen, vorher müsse aber in Bayern geklärt werden, wer als Vertreter nach Stuttgart entsandt und welche Richtlinien diesem Vertreter mitgegeben werden sollten.
MinisterpräsidentDr. Hoegner antwortet, an sich sei für den Heimatdienst das Staatsministerium des Innern zuständig, auch er halte es aber für zweckmäßig, sich bald über diese Frage zu unterhalten.
Stv. MinisterpräsidentDr. Hoegner verweist auf die Note des Staatsministerimms der Finanzen vom 5. April 1954, in der unter Bezugnahme auf eine frühere Vorlage vom 16. September 1952 gebeten werde, eine Entscheidung über die Veräußerung des Titelrechts an der früheren Zeitschrift „Simplicissimus“ zu treffen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard erwidert, er halte es nicht für zweckmäßig, in dieser Sache überhaupt etwas zu tun und rate davon ab, das Titelrecht zu verkaufen.
MinisterpräsidentDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, diese Angelegenheit zunächst auf sich beruhen zu lassen.
Stv. Ministerpräsident Dr. Hogner erinnert daran, daß der Ministerrat in der letzten Sitzung beschlossen habe, den Dienst am Karsamstag entfallen zu lassen und zum Ausgleich hiefür den dienstfreien Samstag im April oder Mai zu streichen.
Der Gemeinsame Ausschuß der Betriebsratsvorsitzenden der bayerischen Staatsministerin bitte nun den Ministerrat, die Anrechnung des Karsamstags wieder aufzuheben. Er sei der Meinung, daß man diesem Wunsche stattgeben und auf die Anrechnung verzichten könne; im einzelnen könne man die Regelung ja jedem Ressort selbst überlassen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Dr. Ehard teilt mit, die Vertreter dieser Gesellschaft haben sich verschiedentlich an ihn mit der Bitte um Unterstützung ihrer Ziele gewendet, worauf er geantwortet habe, die Unterstützung des Bayerischen Staates könnte erst dann eintreten, wenn die Finanzierung der Projekte usw. vollkommen geklärt sei. Herr Bundesminister Dr. Preusker62 habe angeblich einen Brief an den Bayerischen Ministerpräsidenten geschrieben, in dem er sich bereit erklärt habe, 500 000 DM zur Verfügung zu stellen. Dieser Brief sei aber bei ihm nicht eingelaufen. Er bitte festzustellen, ob sich tatsächlich Abschriften davon beim Innen- und Wirtschaftsministerium befänden.63
MinisterpräsidentDr. Seidel berichtet im einzelnen über die Pläne dieser Gesellschaft und betont, daß auch er seine Unterstützung davon abhängig gemacht habe, daß Klarheit über die Verhältnisse bestehe.
Staatsminister64
Es wird vereinbart, diese Angelegenheit in der nächsten Ministerratssitzung zu besprechen.Die nächste Sitzung des Ministerrats wird für Donnerstag, den 22. April 1954, vormittags 9 Uhr, festgelegt.
Abschließend wünscht Ministerpräsident Dr. Ehard allen Mitgliedern des Kabinetts frohe Ostern.