Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Finanzminister Zietsch, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Kultusminister Dr. Schwalber, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium).
I. Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes. II. Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung der staatlichen Behörden. III. Haushaltsaufstellung 1954; hier: Ergänzungsvorlage zum Entwurf des Einzelpl. 06. IV. Personalangelegenheiten. V. Kosten der Anschaffung und Benützung von Kraftwagen. VI. BMW-Werk Allach. VII. C & A Brenninkmeyer, München. VIII. Bundesapothekengesetz. IX. Baumspende deutscher Länder und Städte.
Dr. Oechsle führt aus, die Verabschiedung dieses Gesetzes sei besonders dringlich, leider sei es aber nicht möglich gewesen, zu einem Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen zu kommen. Das Problem sei, welche Behörden als zuständige Dienststellen für die Gewährung der Entschädigung und von Darlehen und Beihilfen bestimmt werden sollten. Das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge sei der Auffassung, daß für die Gewährung der Entschädigung die Landratsämter und die Stadträte der kreisfreien Gemeinden die zuständigen Dienststellen sein sollten, während das Staatsministerium der Finanzen alle Aufgaben den Versorgungsämtern übertragen wolle.
StaatsministerZietsch entgegnet,2 die Bedenken des Staatsministeriums der Finanzen seien in erster Linie finanzieller Art. Wenn dem Vorschlag des Arbeitsministeriums beigepflichtet werde, müßten kommunale Behörden über Aufwendungen entscheiden, die allein das Land und der Bund zu tragen hätten, zumal eine Interessenquote der Stadt- und Landkreise in den Gesetzentwurf nicht eingebaut werden könne. Dadurch bestehe die Gefahr, daß die kommunalen Behörden im Interesse einer möglichst schnellen Abwicklung in großzügiger Weise verfahren und möglichst dem Antrag entsprechend entscheiden würden. Der Bayerische Staat werde dann keinerlei Einwirkungsmöglichkeit mehr haben, es werde auch nicht mehr gelingen, für eine einheitliche Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen,
StaatsministerDas Finanzministerium schlage deshalb vor, die Versorgungsämter als zuständige Dienststellen zu erklären, während die Anträge auf Entschädigung bei den Landkreisen und kreisfreien Gemeinden einzureichen seien.
Dr. Oechsle entgegnet, wenn das Verfahren tatsächlich sehr umständlich wäre, könnte er die Bedenken des Finanzministeriums verstehen, dies sei aber keineswegs der Fall. Durch die Übertragung der Aufgabe auf die Versorgungsämter würden sich die Entscheidungen sehr lange hinziehen, ganz abgesehen davon, daß den Versorgungsämtern mindestens 150 Angestellte neu zugeteilt werden müßten, die noch dazu kaum unterzubringen seien. Außerdem befürchte er, daß die in Art. 2 vorgesehenen Ausschüsse gar nicht arbeitsfähig seien und die Durchführung der Verfahren nur verzögern könnten.
StaatsministerDr. Hoegner schließt sich den Gründen von Staatsminister Zietsch an und betont, der notwendige Überblick und die entsprechende Kontrolle lasse sich viel leichter erreichen, wenn die Versorgungsämter zuständige Dienststellen seien.
Stv. MinisterpräsidentDr. Oechsle betont nochmals, daß eigene Stellen bei den Versorgungsämtern geschaffen werden müßten, falls dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen zugestimmt werde. Übrigens habe auch die Bundesregierung, vor allem das Bundesministerium für Arbeit, ursprünglich davor gewarnt, die Versorgungsverwaltung mit diesen Dingen zu belasten. Was die anderen Länder betreffe, so hätten sich z.B. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen dafür entschieden, die Landkreise und Gemeinden als zuständig zu erklären. Er könne auch nicht recht einsehen, warum die Anträge auf Entschädigung, die ja nach dem Entwurf des Finanzministeriums bei den Landkreisen und Gemeinden bearbeitet würden, nicht dort auch entschieden werden könnten.
StaatsministerDr. Nerreter unterstützt dagegen die Auffassung des Herrn Staatsministers der Finanzen und bemerkt, eine erhebliche Großzügigkeit lasse sich nicht vermeiden, wenn die Entscheidung bei den Landkreisen und Gemeinden liege, ohne daß diese eine Interessenquote zu tragen hätten.
StaatssekretärDer Ministerrat beschließt daraufhin, dem Gesetzentwurf in der vom Staatsministerium der Finanzen zu Art. 1 und Art. 2 vorgelegten Fassung zuzustimmen.
Dr. Ehard stellt fest, daß im übrigen der Entwurf des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge gebilligt werde.
MinisterpräsidentDr. Oechsle ersucht jetzt auch die erforderlichen Stellen für die Versorgungsämter zur Verfügung zu stellen.
StaatsministerDr. Gerner verweist auf Art. 3 Abs. 2, in dem es heisse, daß die Beisitzer für die Beschwerdeausschüsse vom Bezirkstag gewählt würden. Nachdem Bezirkstage noch nicht bestünden, sei es wohl notwendig, nach dem Wort „Bezirkstag“ folgendes einzufügen:
Ministerialrat„vor dem 1. September 1954 vom vorläufigen Bezirkstag.“
Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Abänderung einverstanden.
Senat, letzterem zur Kenntnisnahme, zuzuleiten.3
Abschließend wird beschlossen, den Gesetzentwurf dem Landtag und demDr. Ehard führt aus, nach Art. 77 Abs. 1 Satz 2 BV obliege die Einrichtung der Behörden im einzelnen grundsätzlich der Staatsregierung. Falls sie durch die Staatsministerien geregelt werden solle, so bedürfe es hierzu einer Ermächtigung der Staatsregierung.5 Durch den vorliegenden Entwurf solle nun die Befugnis zur Einrichtung der Behörden im einzelnen auf die übergeordneten Staatsministerien übertragen werden.6
MinisterpräsidentDer Entwurf sei eingehend beraten worden und habe die Zustimmung aller Ressorts gefunden, lediglich das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr schlage noch vor, in § 1 Abs. 3 des Entwurfs folgenden Satz 2 anzufügen:
„Wichtige Fälle bleiben der Staatsregierung vorbehalten.“
Im Hinblick auf die Geschäftsordnung der Staatsregierung halte er aber diese Einschaltung für überflüssig.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths erklärt hierauf, auf diesen Einwand verzichten zu wollen.
7
Der Ministerrat beschließt daraufhin, der Verordnung in der vorliegenden Form zuzustimmen und deren Inkrafttreten auf 1. April 1954 festzusetzen.Zietsch macht darauf aufmerksam, daß die Ergänzungsvorlage dadurch notwendig gewesen sei, daß neue Aufgaben in der Finanzbauverwaltung entstanden seien. Dadurch müßten sowohl die Personal- wie die Sachausgaben erhöht werden, insgesamt um 200 000 DM. Er bitte im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Ergänzungsvorlage heute schon zuzustimmen.9
StaatsministerSenat zuzuleiten.10
Der Ministerrat beschließt, der Ergänzungsvorlage zuzustimmen und sie dem Landtag und dem1. Neubesetzung der Stellen des Präsidenten und des Generalstaatsanwalts am Oberlandesgericht München
Weinkamm nimmt Bezug auf die Note vom 18. März 1954, mit der das Staatsministerium der Justiz als Nachfolger des mit Ablauf des 31. März 1954 in den Ruhestand tretenden Generalstaatsanwalts Dr. Roll11 den Senatspräsidenten beim Oberlandesgericht München Dr. Hans Hechtel12 vorgeschlagen habe. Außerdem bitte er auch der Ernennung des Senatspräsidenten beim Oberlandesgericht München, Resch,13 zum Präsidenten dieses Gerichts zuzustimmen.
StaatsministerDr. Hechtel zum Generalstaatsanwalt zuzustimmen, ferner auch der Ernennung des Senatspräsidenten Resch zum Präsidenten des Oberlandesgerichts München, bei letzterem unter der Voraussetzung, daß keine Bedenken des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen erhoben werden.14
Der Ministerrat beschließt, der Ernennung des SenatspräsidentenWeinkamm schlägt dann vor, dem zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählten bisherigen Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Wintrich den Rücktritt in den bayerischen Staatsdienst vorzubehalten. Man könne dies vielleicht in der Form machen, daß er als Staatsminister der Justiz Herrn Präsidenten Dr. Wintrich in einem Schreiben mitteile, der Ministerrat sei damit einverstanden, wenn er gegebenenfalls wieder in den bayerischen Staatsdienst übernommen werde; dazu bitte er um die Zustimmung des Ministerrats.
StaatsministerNachdem Staatsminister Zietsch dagegen Bedenken erhebt, ersucht Ministerpräsident Dr. Ehard, die Frage der Rücktrittsmöglichkeit zwischen den beteiligten Staatsministerien der Justiz und der Finanzen zu klären. Bei dieser Gelegenheit könne auch geprüft werden, wie es mit den Pensionsansprüchen des Herrn Präsidenten Dr. Wintrich stehe.
Dr. Ehard erkundigt sich sodann, ob eine Verabschiedung bezw. Einführung der ausgeschiedenen und ernannten Präsidenten des Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts München stattfinden solle.
MinisterpräsidentWeinkamm entgegnet, der Wunsch der betreffenden Herren sei es, daß keine große Feier abgehalten werde, deshalb werde er lediglich ein Essen im kleineren Kreis geben.
StaatsministerObersten Rechnungshofs, Richard Kallenbach15
2. Präsident desKallenbach festzulegen.16
Nach längerer Beratung wird auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten vereinbart, vor dem angekündigten Besuch des Untersuchungsausschusses des Bayer. Landtags durch einen eigenen Kabinettsbeschluß die Stellungnahme des Ministerrats zu der Angelegenheit 3. Amtszeit des Präsidenten der Oberfinanzdirektion München,Dr. Ehard teilt mit, daß der Präsident der Oberfinanzdirektion München, Prugger, darauf verzichtet habe, von der Möglichkeit, seine Amtszeit bis zum 30. Juni 1954 zu verlängern, Gebrauch zu machen. Bekanntlich habe der Ministerrat am 23. März diese Verlängerung beschlossen.18
MinisterpräsidentDr. Ehard bemerkt, Abg. Dr. Lippert habe davon gesprochen, daß in den letzten Jahren an Kosten für Anschaffung, Benützung usw. von Kraftwagen durch die Staatsregierung 50 Millionen DM aufgewendet worden seien.
MinisterpräsidentZietsch erwidert, bei der Zusammenstellung über die abgelaufenen drei Jahre der Legislaturperiode werde das Staatsministerium der Finanzen auch auf diesen Punkt zu sprechen kommen und die tatsächlichen Zahlen mitteilen.
StaatsministerDr. Ehard kommt auf die Entlassung von 40 deutschen Arbeitern durch die Besatzungsmacht im BMW Werk Allach zu sprechen und erkundigt ist nach dem Stand der Angelegenheit.
MinisterpräsidentDr. Oechsle antwortet, im letzten Ministerrat sei dieser Fall eingehend erörtert und vereinbart worden, daß durch Vermittlung der Bayer. Staatskanzlei eine Besprechung mit den zuständigen Stellen der Besatzungsmacht stattfinden solle. Das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe aber seitdem nichts mehr gehört, er wisse auch nicht, ob Herr Penzel bereits einen Termin für die Besprechung vereinbart habe.
StaatsministerDr. Ehard sichert zu, sich selbst dieser Sache annehmen zu wollen.20
MinisterpräsidentDr. Oechsle verweist auf die für den vergangenen Samstag angesetzte große Demonstration der Gewerkschaften, die dann im letzten Augenblick abgesagt worden sei. Er habe jetzt neuerdings die Verbindung mit den Gewerkschaften aufgenommen, obwohl sie noch vor einigen Wochen auf seine Vermittlung verzichtet hätten. Es scheine ihm allerdings zweifelhaft, ob die Vertretung der Firma Brenninkmeyer bereit sei, nochmals zu verhandeln.
StaatsministerLadenschlußzeit zu ändern. Näheres darüber werde er aber erst heute Nachmittag erfahren.
Eine neue Situation sei übrigens auch dadurch entstanden, daß die Arbeitsgemeinschaft der Groß- und Mittelbetriebe einseitig beschlossen habe, dieDr. Ehard stellt abschließend fest, daß er sowohl den Gewerkschaften wie den Vertretern der Firma gegenüber es abgelehnt habe, seinerseits zu vermitteln, nachdem die Vermittlung des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle abgelehnt worden sei.
MinisterpräsidentDr. Hoegner teilt mit, in den nächsten Tagen würden die Beratungen über den Entwurf des Bundesapothekengesetzes beginnen. Es frage sich nun, ob sich Vertreter Bayerns daran beteiligen sollten, nachdem das von Bayern anhängig gemachte Verfahren vor dem Bundesverfassungsgerichtshof noch nicht entschieden sei.22 Persönlich halte er es doch für zweckmäßig, sich zu beteiligen, allerdings unter dem Vorbehalt, daß Bayern eine Entscheidung in Karlsruhe beantragt habe. Was die sachlichen Gesichtspunkte betreffe, so sei er dafür, an der bayerischen Regelung festzuhalten.23
Stv. MinisterpräsidentDr. Nerreter stimmt zu und betont, diese sei viel geschmeidiger als der Vorschlag in dem Gesetzentwurf. Auch die bayerische Apothekerschaft wünsche an der bayerischen Regelung festzuhalten.
StaatssekretärDr. Hoegner dargelegten Vorbehalt zu beteiligen und sich dabei für das bayerische System auszusprechen.24
Es wird vereinbart, sich an den Verhandlungen mit dem von Herrn StaatsministerDr. Ehard verliest ein Schreiben der Bonner Bürgergemeinschaft, mit dem alle Länder gebeten würden, für einen Straßenzug in Bonn Bäume zu stiften, die mit den Namen und Wappen deutscher Länder gekennzeichnet werden sollten. Der Preis für den Baum und das Wappenschild belaufe sich auf etwa 27 DM. Wenn auch die Notwendigkeit einer solchen Aktion nicht recht einzusehen sei, so könne man sich wohl dem Wunsche nicht entziehen; auf alle Fälle werde er aber über den Bayer. Bevollmächtigten in Bonn feststellen lassen, ob sich die anderen Länder auch beteiligten.
MinisterpräsidentDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Außerdem werden noch die für die heutige Fragestunde im Landtag vorliegenden Anfragen besprochen.
Abschließend teilt der Herr Ministerpräsident noch mit, daß er zu einer Koalitionssitzung am Mittwoch, den 31. März 1954, abends 18 Uhr, einladen werde, auf der in erster Linie die Frage der Lehrerbesoldung25 erörtert werden solle.