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Nr. 196MinisterratssitzungDienstag, 2. Februar 1954 Beginn: 9 Uhr Ende: 12 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatsekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirigent Dr. Baer (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle.

Tagesordnung:

I. Richterbesoldung. II. Entwurf eines Gesetzes über die Forstrechte. III. Bundesangelegenheiten. a) Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung, zum Technischen Hilfswerk in seiner neuen Rechtsform als Bundesanstalt. b) Beitritt des Landes Bayern zum Bundesluftschutzverband e.V. IV. Besuch des Sachverständigenausschusses zur Neugliederung des Bundesgebiets in Bayern. V. Aufstellung des außerordentlichen Haushalts 1954. VI. Plenarsitzung des Bayer. Landtags vom 2. bis 4. Februar. VII. Amerikaausstellung der Münchner Pinakothek. VIII. Niederlassung des Erzherzogs Otto von Habsburg in Bayern. IX. Dienstwohnungen von Regierungspräsidenten. X. Immunität der Landtagsabgeordneten.

Staatsminister Dr. Schwalber beglückwünscht im Namen des Ministerrats den Herrn Ministerpräsidenten und Herrn Staatsminister Dr. Hoegner zu der Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.1

Ministerpräsident Dr. Ehard dankt, auch im Namen des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner, für diese Glückwünsche.

I. Richterbesoldung2

Staatsminister Zietsch ersucht, diesen Punkt der Tagesordnung um acht Tage zurückzustellen, da der Entwurf noch nicht ganz fertiggestellt sei. Den Einwendungen des Staatsministeriums der Justiz sei in gewissem Umfang Rechnung getragen worden, voraussichtlich ergäben sich Verbesserungen in der Höhe von 200 000 DM.

Es wird beschlossen, die Frage der Richterbesoldung auf die Tagesordnung des nächsten Ministerrats zu setzen.3

Drittes Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vom 11. August 1954

II. Entwurf eines Gesetzes über die Forstrechte4

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß der Entwurf eines Gesetzes über die Forstrechte dem Landtag zusammen mit einem Senatsgutachten am 19. August 1952 zugeleitet worden sei,5 ohne daß ihn der Landtag bis jetzt verabschiedet habe. Vor kurzem habe die Fraktion der CSU den Entwurf und die Begründung des vom Fraktionsarbeitsausschuß für Forstrechtsfragen ausgearbeiteten Gesetzes über die Forstrechte vorgelegt, der den Regierungsentwurf sehr erheblich kürze. Der überwiegende Teil der wichtigsten Regelungen, insbesondere die Vorschriften über die Ablösung von Forstnutzungsrechten, werde aus dem Gesetz herausgenommen und ihr Erlaß den Ausführungsvorschriften des Landwirtschaftsministeriums vorbehalten.6 Dies werde höchstwahrscheinlich zur Folge haben, daß der Verfassungsgerichtshof dieser weitgehenden Ermächtigung nicht zustimmen werde. Jedenfalls halte er es für notwendig, daß sich das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit diesem neuen Entwurf sehr eingehend beschäftige und vor allem auch die verfassungsrechtlichen Fragen prüfe.

Staatssekretär Maag erklärt, auch er sei der Meinung, daß sich der Entwurf in der vorliegenden Form kaum verwirklichen lasse; wahrscheinlich werde deshalb auch ein Initiativgesetzentwurf der SPD kommen mit dem Ziel, etwa nach dem österreichischem Vorbild eine Art Alm- und Weidegesetz7 zu erlassen und die entsprechenden Abschnitte aus dem Regierungsentwurf herauszunehmen. Jedenfalls werde im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Angelegenheit ernsthaft geprüft werden.8

Gesetz über die Forstrechte (FRG) vom 3. April 1958

III. Bundesangelegenheiten

a) Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung zum Technischen Hilfswerk in seiner neuen Rechtsform als Bundesanstalt9

Ministerpräsident Dr. Ehard verweist auf die Denkschrift des Staatsministeriums des Innern zur Frage des Technischen Hilfswerks vom 15. Januar 1954.10 Bekanntlich sei das Technische Hilfswerk durch Erlaß des Bundesministers des Innern vom 25. August 1953 als nicht rechtsfähige Bundesanstalt errichtet worden, nachdem es bereits vorher einige Zeit als Organisation ohne öffentlich-rechtliche Rechtsform bestanden habe.11 Es ergebe sich nun die verfassungsrechtliche Frage, ob die Errichtung einer nicht rechtsfähigen Bundesanstalt durch Erlaß eines Bundesministers möglich sei oder ob sie nicht vielmehr eines Gesetzes bedürfe. Er selbst sei der Auffassung, daß im Zusammenhang mit Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG eigentlich nur der Standpunkt eingenommen werden könne, daß auch eine nicht rechtsfähige Bundesanstalt nur durch ein Bundesgesetz errichtet werden könne.12 Allerdings bestehe die Möglichkeit, ähnlich wie in einigen anderen Fällen, den Weg der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zu beschreiten, um dem Bund Verwaltungsbefugnisse zu übertragen, die ihm nach dem Grundgesetz nicht zustünden. Ähnliche Probleme würden sich übrigens13 auch bei der geplanten Bundeszentrale für Heimatschutz ergeben.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß auch er große Bedenken verfassungsrechtlicher Natur habe, zumal der Bund durch Errichtung ähnlicher Anstalten zahlreiche Zuständigkeiten an sich ziehen könne. Ursprünglich sei auch der Widerstand des Städtetages und des Deutschen Gewerkschaftsbundes gegen die geplante Anstalt sehr erheblich gewesen, ersterer habe sich aber jetzt damit einverstanden erklärt und angeblich seien auch die Gewerkschaften bereit, ihren Widerstand aufzugeben.14

Unbeschadet der verfassungsrechtlichen Seite glaube er, daß die Errichtung des Technischen Hilfswerks nicht mehr aufgehalten werden könne, zumal die meisten Länder bereits zugestimmt hätten.

Staatssekretär Dr. Koch verweist auf Seite 1 Abs. 3 der Denkschrift des Staatsministeriums des Innern, in der es heiße, der Finanzbedarf der neuen Organisation in Höhe von rund 5 Millionen DM werde aus dem Haushalt des Bundesministeriums des Innern bestritten. Er halte die Bedenken, die schon bisher bestanden haben, für sehr schwerwiegend und warne davor, eine Linie zu verlassen, die man bisher eingehalten habe.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zu bedenken, daß Bayern seit Jahr und Tag wegen des Technischen Hilfswerkes bedrängt werde. Bisher sei deshalb bayerischerseits eine Einigung mit den Städten und den Gewerkschaften gefordert worden, wenn diese jetzt zustande gekommen sei, werde es nicht einfach sein, zu widersprechen.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, an sich sei der Gedanke, für besondere Fälle ein Technisches Hilfswerk zu errichten, gut.

Er frage deshalb, ob Bayern nicht von sich aus etwas unternehmen solle?

Ministerialrat Dr. Gerner begründet im einzelnen die Möglichkeit, eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern abzuschließen, und betont, daß anders unter allen Umstanden ein Gesetz notwendig sei, wobei allerdings zu beachten sei, daß der Bund hier keine Gesetzgebungszuständigkeit habe.

Wenn in dem erwähnten Erlaß des Bundesministers des Innern vom 25. August 1953 erklärt werde, die Anstalt habe keine hoheitlichen Befugnisse und sie stehe bei öffentlichen Notständen usw. den Ländern, Landkreisen und Gemeinden auf Anforderung der obersten Landesbehörde zur Verfügung, so bleibe eigentlich nichts anderes übrig, als die Einzelheiten durch eine Verwaltungsvereinbarung zu regeln.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, wenn der Bund für den Bereich seiner eigenen Verwaltungen ein Technisches Hilfswerk schaffe, so sei dagegen nichts einzuwenden, das gleiche könnten die Länder tun; wenn der Bund aber glaube, er könne durch die Anstalt auch außerhalb seiner eigenen Zuständigkeit tätig werden und eingreifen, so sei das rechts- und verfassungswidrig.

Staatssekretär Dr. Koch unterstreicht seine früheren Bedenken und stellt fest, daß jedes Land sein eigenes Hilfswerk hätte gründen können, die sich dann hätten zusammenschließen können. Vor allem halte er es für nicht möglich, daß – wie es bereits der Fall sei – ein Landesbeauftragter des Technischen Hilfswerks für Bayern bestellt werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard bittet zu überlegen, ob nicht eine eigene Landesstelle errichtet worden solle, dem Bund könne man ja mitteilen, daß die Bayerische Regierung zu einer Vereinbarung durchaus bereit sei. Auf diese Weise wäre es dann vielleicht auch möglich, die rechtlichen Bedenken aus der Welt zu schaffen.

Staatsminister Zietsch schlägt vor, auch den Präsidenten des Bundesrats zu verständigen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt sich damit einverstanden. Vielleicht könne die Staatsregierung einen Landesbeauftragten bestellen, der zunächst keine weiteren Kosten verursache. Nachdem die Landesstelle des technischen Hilfswerks bereits bestehe, sollte man sowohl verhandeln als selbst einen Beauftragten benennen, deshalb halte er auch den Vorschlag für gut, außer dem Bundesinnenministerium auch den Bundesratspräsidenten zu unterrichten, damit die Sache im Innenausschuß erörtert werden könne.

Staatssekretär Krehle erläutert anschließend die Auffassung, die bisher vom Deutschen Gewerkschaftsbund vertreten worden sei.15

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, in erster Linie komme es jetzt darauf an, zu verhindern, daß einfach Bundesoberbehörden errichtet würden.

Staatssekretär Dr. Nerreter meint, wenn Bayern einen Beauftragten bestelle, so sei wohl die erste Frage, welche Aufgaben dieser habe. Außerdem müsse geprüft werden, ob das Technische Hilfswerk sich nur um staatliche Betriebe oder auch um kommunale und sonstige Betriebe kümmern dürfe.

Ministerpräsident Dr. Ehard antwortet, wenn z.B. der Regierungspräsident von Oberbayern beauftragt werde, so seien seine Aufgaben zunächst nur die, ins Gespräch zu kommen. Eine eigene Organisation zu gründen sei nicht schwer, da aber ein Nebeneinander sicher nicht glücklich wäre, sollte man eine Vereinbarung, die die Zuständigkeiten entsprechend regle, vorziehen. Es sei durchaus zweckmäßig und notwendig, zu einer Einheitlichkeit in Bund und Ländern zu kommen.

Staatssekretär Dr. Koch macht darauf aufmerksam, daß eine endgültige Einigung zwischen Bundesinnenministerium und den Gewerkschaften noch nicht zustande gekommen sei, diese hätten auch die ihnen im Beirat des Hilfswerks zustehenden Sitze noch nicht eingenommen.

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, um so notwendiger scheine es ihm zu sein, an den Bund heranzutreten und dabei auch diese Frage zu behandeln.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

1. Die Bayerische Staatsregierung tritt wegen der Errichtung des Technischen Hilfswerks als nicht rechtsfähige Bundesanstalt mit dem Bundesministerium des Innern in Verbindung, dem anheimgestellt wird, über diese Anstalt auf dem Weg über den Bundesrat mit den Innenministerien der Länder zu verhandeln.

2. Die Bayerische Staatsregierung bringt außerdem die Frage des Technischen Hilfswerks vor den Präsidenten des Bundesrats zur entsprechenden Beratung im Ausschuß für Innere Angelegenheiten.

3. Bei diesen beiden Mitteilungen wird erwähnt, daß beabsichtigt sei, einen bayerischen Landesbeauftragten zu bestellen.16

Technisches Hilfswerk

b) Beitritt des Landes Bayern zum Bundesluftschutzverband e.V.17

Ministerpräsident Dr. Ehard bemerkt, hier bestünden keine verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten, da der Bundesluftschutzverband jedenfalls vorerst keine öffentliche Einrichtung, sondern ein Verein auf privatrechtlicher Grundlage sei. Gewisse Bedenken seien aber auch hier zweifellos vorhanden.

Staatssekretär Dr. Koch macht auf Seite 2) der Denkschrift des Staatsministeriums des Innern aufmerksam, in der festgestellt werde, daß der Verband ausschließlich vom Bundesministerium des Innern finanziert werde und von diesem seine Weisungen erhalte; außerdem heiße es darin, daß im Unterbau Landesstellen in den Bundesländern, Kreis- und Ortsstellen bestünden.18

Staatssekretär Dr. Guthsmuths fügt hinzu, soviel ihm bekannt sei, sei die Organisation schon ziemlich abgeschlossen.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für schwierig, sich auszuschließen, andererseits sei es doch recht merkwürdig, wenn der Luftschutzverband, wie die Denkschrift berichte, zur Zeit außerordentliche Mitglieder habe, der Bund, die Bundesländer und die kommunalen Spitzenverbände erst ordentliche Mitglieder werden sollten.

Staatssekretär Krehle weist darauf hin, daß es sich hier um eine Übergangslösung handle.

Staatssekretär Dr. Koch regt an, auch diese Frage im Bundesrat zu besprochen, während Staatssekretär Dr. Nerreter sich dagegen ausspricht, daß der Bayerische Staat einem Verein mit Einzelmitgliedern als Mitglied beitrete, und zwar in der gleichen Form wie kommunale Spitzenverbände.

Ministerpräsident Dr. Ehard bespricht dann eingehend die Denkschrift und hält es für zweckmäßig, nähere Erkundigungen über den Verband einzuziehen, und dabei vor allem festzustellen, was eigentlich der sogenannte ständige Ausschuß beabsichtige, der im Februar 1954 in Würzburg zusammentreten solle.

Der Ministerrat beschließt, zunächst die erforderlichen Erkundigungen einzuziehen.19

Bundesluftschutzverband e.V.

IV. Besuch des Sachverständigenausschusses zur Neugliederung des Bundesgebiets in Bayern20

Ministerialdirigent Dr. Baer gibt einen Überblick über das Programm, das für den Besuch des Neugliederungsausschusses aufgestellt worden sei. Der Besuch werde in München beginnen und auch dort mit Vorträgen abgeschlossen, die schriftlich vorliegen müßten.21 Auf der Reise würden sämtliche Regierungsbezirke berührt. Der Ministerrat werde heute gebeten, Beschluß darüber zu fassen, welche Kabinettsmitglieder den Ausschuß jeweils begleiteten. Die Begleitung sei natürlich so zu verstehen, daß die Kabinettsmitglieder die Führung übernähmen und die Sitzungen leiteten. Alle Einzelheiten seien bereits mit den Regierungspräsidenten und den örtlichen Behörden vorbereitet worden. Im allgemeinen werde es so sein, daß ein geschichtlicher und kultureller Überblick gegeben werde und sodann die wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Verhältnisse geschildert würden.22

Der Ministerrat beschließt, dann folgende Einteilung zu treffen:

Es nehmen teil am

12./13. Februar – Regierungsbezirk Oberbayern

Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann,

14./15. Februar – Regierungsbezirk Oberfranken

Herr Staatsminister Zietsch,

16./17. Februar – Regierungsbezirk Unterfranken mit Würzburg und Aschaffenburg

Herr Staatsminister Dr. Schlögl und Herr Staatssekretär Dr. Koch,

18./19. Februar – Mittelfranken

vormittags Herr Staatssekretär Dr. Nerreter

19./20. Februar – Augsburg

nachmittags Herr Staatsminister Weinkamm.23

Ministerialdirigent Dr. Baer bittet noch vorzumerken, daß am 22. Februar 1954 die Schlußsitzung in etwas größerem Rahmen in München in der Schack-Galerie stattfinden werde. Wenn einer der Herren Kabinettsmitglieder wünsche, daß die Unterkunft durch die Staatskanzlei besorgt werde, so bitte er sich an ihn zu wenden.

ln diesem Zusammenhang wird noch beschlossen, für den Generalsekretär des Ausschusses, Herrn Oberlandesgerichtsrat Schröder,24 eine Ministerialratsstelle – kw – bei der Bayer. Staatskanzlei zu schaffen.

Herr Staatsminister Zietsch erklärt sich damit einverstanden.25

Sachverständigenausschuß für die Neugliederung des Bundesgebiets

V. Aufstellung des außerordentlichen Haushalts 1954 26

Staatsminister Zietsch verweist auf die gestern zugestellte Note seines Ministeriums vom 30. Januar 1954 und die beigelegten Übersichten zur Aufstellung des Entwurfs und über den Schuldenstand des Bayerischen Staates.27 Vor allem bitte er daraus zu entnehmen, daß keinerlei Möglichkeit bestehe, eine Anleihe aufzunehmen, die über 200 Millionen DM hinausgehe.

In der Übersicht seien zunächst die beantragten Ausgaben aufgeführt, dazu dann die Zuschüsse und Beiträge Dritter und die zweckgebundenen Darlehehsmittel. Dann seien für eine etwa aufzulegende Staatsanleihe drei Rangstufen und zwar bis 100, 150 und 200 Millionen DM festgelegt, denen schließlich die Anforderungen folgten, die mangels jeglicher Deckung fortfallen müßten. Rangstufe II mit einem Anleihebetrag bis 150 Millionen DM sei finanzpolitisch eigentlich das richtige, denn, ein Betrag von 50 Millionen DM müsse zur Konsolidierung von Schatzwechseln, Schatzanweisungen, Darlehensverpflichtungen usw. verwendet werden. Wenn der Ministerrat damit nicht einverstanden sei, müsse der ganze Anleihebetrag von 200 Millionen DM ausgeschöpft werden, die Notwendigkeit der Konsolidierung bleibe aber jedenfalls bestehen.

Besonders müsse er dazu noch bemerken, daß es unmöglich sei, in den Rechnungsjahren 1955 und 56 den Kapitalmarkt wiederum mit Staatsanleihen zu belasten und den ordentlichen Haushalten weitere Zinsen und Schuldendienstleistungen aufzuerlegen, falls im Rechnungsjahr 1954 eine Staatsanleihe von 200 Millionen DM aufgelegt werde. Im übrigen dürfe sich niemand der Illusion hingeben, daß eine höhere Anleihe als bis zu 200 Millionen DM möglich sei.28 Er selbst sei – wie gesagt – der Auffassung, daß man mit 150 Millionen DM plus 50 Millionen DM für Konsolidierungszwecke auskommen müsse.

Anschließend wird noch kurz die Übersicht über den Schuldenstand des Bayerischen Staates besprochen, wobei Staatsminister Zietsch auf Anfrage des Herrn Ministerpräsidenten mitteilt, daß in den mittelfristigen Schulden von insgesamt 417,4 Millionen DM auch die sogenannte Bayernanleihe in Höhe von 200 Millionen DM enthalten sei.

Staatsminister Zietsch stellt noch fest, daß die Übersicht den Stand vom 31. Dezember 1953 wiedergebe, die Zahlen hätten sich zum Teil in der Zwischenzeit noch etwas erhöht.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht alle Mitglieder des Kabinetts, sich bis zum nächsten Dienstag mit der Aufstellung des außerordentlichen Haushalts 1954 zu befassen, damit am kommenden Dienstag, den 9. Februar 1954 die Sache – wenn möglich – abgeschlossen werden könne.

Staatssekretär Dr. Nerreter bemerkt, die Hauptdifferenz scheine hinsichtlich eines Betrages von 50 Millionen DM für den Straßenbau zu bestehen. Bisher seien für diese Zwecke 30 Millionen DM vorgesehen gewesen, während es jetzt nach dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen nur mehr 22 Millionen DM seien.

Staatsminister Zietsch erwidert, ein Ausgleich sei jedenfalls nur in den Spalten 4 bis 6 der Übersicht möglich, im übrigen seien ja für Straßenbauzwecke auch im ordentlichen Haushalt Mittel enthalten.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, zunächst habe ja die Note des Finanzministeriums den Zweck, sich darüber klar zu worden, welche Anleihe aufgelegt werden könne; die Verteilung im einzelnen müsse dann das Kabinett vornehmen, was den Straßenbau betreffe, so könne ja bis zum nächstenmal eine Aufstellung über die Gesamthöhe dieser Mittel ausgearbeitet werden.

Staatsminister Zietsch teilt in diesem Zusammenhang mit, daß verschiedentlich noch sehr hohe Ausgabereste vorhanden seien, unter anderem beim Wasserbau.

Staatsminister Weinkamm begründet dies mit der Art und Weise, wie die Bauten durchgeführt würden und bemängelt die langsame Bauweise beim Staat, auch vergehe viel zuviel Zeit, bis die Gelder verteilt würden.29

VI. Plenarsitzung des Bayerischen Landtags vom 2. bis 4. Februar 1954

a) Interpellation wegen des Schulfalles in Mühlhausen

Staatsminister Dr. Schwalber berichtet kurz über die Begründung dieser Interpellation und schlägt vor, die Interpellation in der Weise zu beantworten, daß er erkläre, man müsse noch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs abwarten, der in dieser Sache angerufen worden sei.30

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.31

b) Interpellation der Fraktion der Bayernpartei betreffend Erhöhung der Postgebühren32

Staatssekretär Dr. Guthsmuths stellt fest, daß diese Interpellation überhaupt nicht beantwortet werden könne, da bisher dem Bundeskabinett weder ein Entwurf noch ein sonstiger Vorschlag vorliege.33

c) Anfrage des Abg. Elsen34 zu einem Artikel der Süddeutschen Zeitung35

Staatsminister Dr. Schwalber weist darauf hin, daß der in der Anfrage erwähnte Artikel von völlig falschen Zahlen ausgehe und die tatsächlichen Leistungen des Bayerischen Staates für den Wiederaufbau der Münchner Universität völlig unzutreffend darstelle. Er werde diese Gelegenheit benützen, um nicht nur die Beträge anzugeben, die der Bayerische Staat aufgewendet habe, sondern um sich auch mit Entschiedenheit gegen die mehr oder weniger versteckten Vorwürfe kulturpolitischem Art in diesem Artikel zu wenden.36

VII. Amerikaausstellung der Münchner Pinakothek37

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, er habe schon vor einiger Zeit einen Brief der Deutschen Diplomatischen Vertretung in den Vereinigten Staaten bekommen, in dem die ungünstigen Rückwirkungen des Landtagsbeschlusses über die geplante Pinakothekausstellung geschildert und außerdem angefragt werde, ob die Frage der Ausstellung in absehbarer Zeit nochmals aufgegriffen werden könne.38

Staatsminister Dr. Schwalber bezweifelt, daß der Landtag seinen Beschluß abändem werde, im übrigen habe die amerikanische Öffentlichkeit an Leinwandbildern, die man unter Umständen verschicken könne, kein besonderes Interesse, wohl aber an Holztafeln, deren Transport aber nicht verantwortet worden könne.

Der Ministerrat vereinbart, die Frage der Ausstellung nicht mehr aufzugreifen.39

Amerikaausstellung der Münchner Pinakothek

VIII. Niederlassung des Erzherzogs Otto von Habsburg in Bayern40

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß die Bundesregierung gegen die beabsichtigte Niederlassung des Erzherzogs Otto von Habsburg keine Bedenken erhebe.41

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er werde den Landrat von Landshut entsprechend verständigen.42

IX. Dienstwohnungen von Regierungspräsidenten

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner wirft die Frage auf, ob den Regierungspräsidenten nicht wieder Dienstwohnungen zur Verfügung gestellt werden sollten. Er sei der Meinung, daß diese Dienstwohnungen erforderlich seien und bitte um einen entsprechenden Ministerratsbeschluß.

Staatsminister Zietsch empfiehlt, diese Frage grundsätzlich zu prüfen, insbesondere auch in der Richtung, wer überhaupt eine Dienstwohnung haben müsse.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, diese Frage zunächst mit der Obersten Baubehörde zu besprechen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.43

Dienstwohnungen/Regierungspräsidenten

X. Immunität der Landtagsabgeordneten

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, Nordrhein-Westfalen habe den Antrag gestellt, die Immunität der Landtagsabgeordneten durch eine Abänderung des Grundgesetzes sicherzustellen. Er bitte um Stellungnahme des Kabinetts, da einerseits das Verlangen Nordrhein-Westfalens zwar manches für sich habe, andererseits die Bayerische Staatsregierung bisher den Standpunkt vertreten habe, man solle Grundgesetzänderungen möglichst vermeiden.

Staatssekretär Dr. Nerreter erklärt, auch er glaube, man solle in besonders dringenden Fällen das Grundgesetz abändern, hier reichten aber die Bestimmungen der Strafprozeßordnung aus, so daß er vorschlage, den Antrag Nordrhein-Westfalens nicht zu unterstützen.

Der Ministerrat beschließt, sich Nordrhein-Westfalen nicht anzuschließen.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor