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Nr. 195MinisterratssitzungDienstag, 26. Januar 1954 Beginn: 9 Uhr Ende: 11 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Wirtschaftsminister Dr. Seidel.

Tagesordnung:

I. Antrag auf Vorweggenehmigung von 233 000 DM für die staatliche Schiffahrt auf dem Ammer- und Starnbergersee. II. Übertragung einer weiteren Aufgabe auf die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung; hier: Mitwirkung bei der Gewährung von Krediten zur Förderung von gewerblichen Unternehmen in Bayern aus Mitteln der Bundesanstalt f. A. u. A. III. Vorlage eines neuen Landesjugendplanes an den Bayerischen Landtag. IV. Beschluß des Bayerischen Senats vom 22. Juli 1953 betr. Abgrenzung der Zuständigkeiten der Staatsministerien des Innern und der Finanzen in Finanzausgleichsfragen. V. Lehrerbildung. VI. Personalangelegenheiten. VII. Beflaggung der öffentlichen Gebäude des Bundes zu Ehren des 70. Geburtstages des Herrn Bundespräsidenten. VIII. Großschiffahrtsstraße Rhein-Main-Donau; hier: Aufstellung eines Finanzierungsprogramms. IX. Ankauf des Botticelli-Gemäldes „Madonna mit singenden Engeln und Lilien“ des Grafen Raczynski.

I. Antrag auf Vorweggenehmigung von 233 000 DM für die staatliche Schiffahrt auf dem Ammer- und Starnbergersee1

Staatssekretär Dr. Guthsmuths führt aus, im Entwurf des ordentlichen Haushaltsplans 1954 sei für die Vermehrung des Anlagevermögens ein Gesamtbetrag von 1 299 000 DM vorgesehen. Ein Teil dieser Mittel soll verwendet werden für die Anschaffung eines Omnibusbootes auf dem Ammersee, für Planungskosten für Hafen- und Werftanlagen und zur Anschaffung eines sogenannten Kombi-Kraftfahrzeuges im Gesamtbetrag von 233 000 DM.

Er bitte, dem Landtag folgenden Antrag zuzuleiten:

„Der Landtag wolle beschließen:

Das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr wird ermächtigt, zu Lasten des im Staatshaushalt 1954 Einzelplan 13 Kapitel 1305 Anlage C 8 (Staatliche Schiffahrt auf dem Ammer- und Starnbergersee) zu veranschlagenden Bedarfs für die Vermehrung des Anlagevermögens über einen Betrag von 233 000 DM vorweg zu verfügen.“

Nachdem sich Staatssekretär Dr. Ringelmann einverstanden erklärt, wird beschlossen, diesen Antrag dem Landtag vorzulegen.2

II. Übertragung einer weiteren Aufgabe auf die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung; hier: Mitwirkung bei der Gewährung von Krediten zur Förderung von gewerblichen Unternehmen in Bayern aus Mitteln der Bundesanstalt f. A. u. A.

Staatssekretär Dr. Ringelmann berichtet, die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung habe zur Förderung von gewerblichen Unternehmen in Bayern Darlehensmittel im Betrage von 12 Millionen DM bereitgestellt, die in erster Linie dazu bestimmt seien, Dauerarbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten. Es sei nun beabsichtigt, die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung in dieses Darlehensprogramm als primärhaftendes Kreditinstitut einzuschalten; dazu sei aber die Zustimmung des Landtags gem. § 4 des Gesetzes über die Landesanstalt erforderlich, da es sich nicht um staatsverbürgte Kredite handle.

Staatsminister Dr. Oechsle entgegnet, da ein entsprechender Beschluß des Vorstands der Bundesanstalt vorliege, sei er der Auffassung, daß diese Kredite doch staatsverbürgt seien.

Staatssekretär Dr. Ringelmann betont, dies sei aber jedenfalls nicht bei allen der Fall.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths empfiehlt, auf alle Fälle die Zustimmung des Landtags herbeizuführen.

Staatsminister Dr. Oechsle erklärt, an sich habe er nichts dagegen, die Zustimmung des Landtags herbeizuführen, er rate aber, dem Landtag jedenfalls keine Einzelheiten mitzuteilen.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, folgenden Antrag der Bayer. Staatsregierung an den Bayer. Landtag zu richten:

„Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag stimmt gem. § 4 des Gesetzes über die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung i.d.F. vom 20.2.1952 (GVBl. S. 79) zu, daß der Landesanstalt die weitere Aufgabe zugewiesen wird, die von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung u. Arbeitslosenversicherung zur Förderung von gewerblichen Unternehmen in Bayern bereitgestellten Darlehensmittel aufzunehmen und nach Prüfung über Hausbanken auszureichen.“3

Landesanstalt für Aufbaufinanzierung

III. Vorlage eines neuen Landesjugendplanes an den Bayerischen Landtag4

Staatsminister Dr. Oechsle teilt mit, ursprünglich habe sich der Gesamtbetrag für das bayerische Jugendförderungsprogramm (Landesjugendplan) im Haushaltsjahr 1954 auf 16,635 Millionen DM belaufen. Da das Staatsministerium der Finanzen nicht einverstanden gewesen sei, habe man weiter verhandelt mit dem Ergebnis, daß sich die Zuschüsse jetzt auf etwa 6,7 Millionen DM bezifferten.5

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß für das Jugendförderungsprogramm nun 6,69 Millionen DM vorgesehen seien und zwar einschließlich der Mittel für den Bau von Jugendwohnheimen; davon seien 2 Millionen DM in den ao. Haushalt aufgenommen, während 4,69 Millionen DM allgemeine Förderungsmittel seien.

Der Gesamtbetrag verteile sich im einzelnen wie folgt:

1,22 Millionen DM Staatsministerium für Unterricht und Kultus,
1,12 Staatsministerium des Innern,
0,15 Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
2 Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge,
0,20 Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, also

4,69 Millionen DM, wozu noch – wie schon ausgeführt – der Betrag von 2 Millionen DM im ao. Haushalt für die Jugendwohnheime komme.

Staatssekretär Dr. Nerreter meint, die Jugendwohnheime seien wohl nicht mehr so notwendig wie noch vor einigen Jahren.

Staatsminister Dr. Oechsle stellt fest, daß in den Heimen jetzt 14 000 Plätze bereitstünden, gebraucht würden insgesamt etwa 20 000. Jedenfalls bestehe keinerlei Gefahr, daß die Heime leer stünden.

Was die Aufstellung betreffe, die Herr Staatsminister Zietsch bekanntgegeben habe, so bestehe beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus noch eine Differenz von 20 000 DM.

Er empfehle, den für das Kultusministerium vorgesehenen Betrag auf 1,24 Millionen DM zu erhöhen, damit ergebe sich ein Gesamtbetrag von 6,710 Millionen DM.

Staatssekretär Dr. Ringelmann stimmt der Erhöhung zu.

Staatsminister Dr. Oechsle weist noch darauf hin, daß sowohl im Bundesinnen- wie im Bundesarbeitsministerium große Abteilungen errichtet seien, die sich nur mit der Durchführung des Bundesjugendplanes befaßten;6 wenn man sich entschließen könne, den Ländern Globalbeträge zuzuweisen, seien diese Abteilungen völlig unnötig.

Der Ministerrat beschließt, dem Landesjugendplan in der vorliegenden Form zuzustimmen und ihn dem Landtag vorzulegen.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Vorlage durch ihn erfolgen werde.7

Landesjugendplan

IV. Beschluß des Bayerischen Senats vom 22. Juli 1953 betreffend Abgrenzung der Zuständigkeiten der Staatsministerien des Innern und der Finanzen in Finanzausgleichsfragen8

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert an den Beschluß des Bayer. Senats vom 22. Juli 1953, wonach es der Senat für zweckmäßig erachte, daß auf dem Gebiet des kommunalen Finanzausgleichs und der Bewirtschaftung der Finanzausgleichsmittel die alleinige Zuständigkeit des Staatsministeriums des Innern klar ausgesprochen werde. Das Staatsministerium des Innern habe nun mit Note vom 24. Dezember 19539 zu diesem Beschluß Stellung genommen und damit die Auffassung vertreten, daß dem Finanzministerium die Federführung auf dem Gebiet der Gesetzgebung des kommunalen Finanzausgleichs verbleibe, im übrigen aber die Zuständigkeitsregelung aus der Zeit vor 1945 wieder hergestellt werde. Das Innenministerium wolle zuständig werden für die Bewilligung folgender Einzelleistungen:

a) Grundsteuerausfallvergütung (nach Art. 8 des FAG),10

b) Zuschüsse zur Trümmerbeseitigung usw. (nach Art. 10 FAG),

c) Bedarfszuweisungen (nach Art. 11 FAG),

d) Polizeikostenzuschüsse (nach Art. 12 FAG),

e) Straßenbauzuschüsse (nach Art. 13 Abs. 5 FAG).

Staatsminister Zietsch verweist auf seine Note vom 23. Januar 1954, in der er sich mit den Forderungen des Staatsministeriums des Innern auseinandergesetzt habe.11

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, eine Einigung sei nicht erzielt worden, er könne sofort zu den Argumenten des Finanzministeriums Stellung nehmen. Was die Gesetzgebung betreffe, so solle die Federführung wie bisher verbleiben, es sei aber unmöglich, daß sich das Finanzministerium auch um die Einzelzuschüsse kümmere, z.B. darum, ob nun die Stadt X oder Y einen Zuschuß erhalten solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob denn Globalbeträge zugewiesen würden oder ob tatsächlich die Verteilung durch das Finanzministerium vorgenommen werde?

Staatsminister Zietsch antwortet, in jedem einzelnen Fall entscheiden die beiden Ministerien zusammen, federführend sei aber das Finanzministerium, weil der Vollzug des Finanzausgleichsgesetzes keine Angelegenheit sei, die nur vom Standpunkt der Kommunalaufsicht behandelt werden könne, sondern die in erster Linie unter allgemeinen staatsfinanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden müsse.

Ministerpräsident Dr. Ehard bezweifelt es, ob das Finanzministerium tatsächlich bei allen Einzelheiten mitwirken müsse, wenn er auch Verständnis für eine gewisse Kontrolle habe.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß alle Steuerangelegenheiten der Gemeinden unter die Zuständigkeit des Finanzministeriums fielen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner setzt sich dann mit der Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 23. Januar 1954 auseinander und führt im einzelnen folgendes aus:

Das Innenministerium bestreite nicht, daß auf dem Gebiet der Gesetzgebung die Federführung dem Finanzministerium zustehe. Dies bedeute aber nicht, daß bei allen Einzelbeurteilungen das gleiche der Fall sei. Wenn auf Art. 107 GG verwiesen werde,12 so müsse er feststellen, daß in dieser Verfassungsbestimmung die Gemeinden überhaupt nicht erwähnt seien, ganz abgesehen davon, daß es höchst bedenklich wäre, wenn auf diese Weise der Bund in die Gemeindefinanzen hininreden könne. Dann werde in der Note erklärt, das Staatsinteresse verbiete es geradezu, das Staatsministerium der Finanzen auf einem für die Staatsfinanzen so wichtigen Gebiet, wie es der innerstaatliche Finanzausgleich sei, auszuschalten. Dies sei schon deshalb nicht richtig, weil das Finanzministerium ja bei der Globalzuteilung einen entsprechenden Einfluß ausüben könne, während die Entscheidung über die Zuweisungen im einzelnen, wofür ja Richtlinien da seien, völlig anders sei. Deshalb halte er es auch für zweckmäßig, den jetzt noch bestehenden Ausschuß wegfallen zu lassen.13 Die Einzelverteilung richte sich ja nach der materiellen Zuständigkeit auf den verschiedensten Gebieten, so sei z.B. nach der Gemeindeordnung für die Ordnung des Gemeindehaushalts das Innenministerium zuständig,14 das ja auch dafür verantwortlich sei, daß die Gemeinden ihre Pflichten erfüllen. Wenn auf die gute Zusammenarbeit der beiden Ministerien verwiesen werde, so sei das zwar richtig, trotzdem sei nicht einzusehen, warum zwei Ministerien mit all diesen Einzelheiten beschäftigt werden sollten.

Auch das Argument auf Seite 4) der Note, die Ausschüttung der Mittel für Schulhausbauten dürfe folgerichtig nicht dem Innern- sondern dem Kultusministerium zustehen, schlage nicht durch.15 Es sei selbstverständlich, daß in solchen Fällen das Kultusministerium mitbeteiligt werde. Ganz besonders betone er aber, daß kein Anlaß für die Auffassung bestehe, das Staatsinteresse werde vom Staatsministerium des Innern weniger gut als von irgend einem anderen Ressort vertreten.

Wenn ferner der Zwang für eine straffe Haushaltsführung unterstrichen werde, so könne er dem nur entgegenhalten, daß dann das Staatsministerium der Finanzen grundsätzlich überall die Zuständigkeit für sich in Anspruch nehmen müsse.

Wenn das Staatsministerium der Finanzen bestreite, daß es in der Nachkriegszeit Zuständigkeiten an sich gezogen habe, so müsse er dem entgegenhalten, daß tatsächlich vor 1945 ein Ausgleichsstock bestanden habe, über dessen Verteilung das Innenministerium allein verfügt habe. Jedenfalls sei das Mißtrauen unberechtigt, ganz abgesehen davon, daß durchaus nicht überall die Finanzministerien für den Finanzausgleich zuständig seien, so z.B. in Nordrhein-Westfalen. Er gehe jetzt auf Seite 7) über, wo das Finanzministerium behaupte, daß ihm über die Federführung hinaus eine Beteiligung an sämtlichen Mittelausschüttungen zukommen sollte. Dazu sei zu sagen, daß es sich natürlich darum kümmern könne und müsse, welche Zuschüsse die Gemeinden erhielten, die Möglichkeit einer Befragung sei aber durchaus ausreichend, es bedürfe keiner Beteiligung. Was die Grundsteuerausfallvergütung betreffe, so gebe er zu, daß hier ein Grenzfall vorliege.

Wenn aber bei der Bewilligung von Bedarfszuweisungen festgestellt werde, daß Gesuche unbegründet seien, so hänge das kaum mit der Tätigkeit der Finanzämter, die ja gar keinen Einblick in die Gemeinden hätten, zusammen. Jedenfalls berechtige es nicht dazu, eine allgemeine Zuständigkeit in Anspruch zu nehmen.

Auch mit den Ausführungen auf Seite 9 und 10 könne er sich nicht einverstanden erklären, da nach seiner Meinung künftige Refinanzierungsmaßnahmen durchaus über die Gemeindebank möglich seien.

Mit besonderer Entschiedenheit müsse er schließlich dem Abs. 4 auf Seite 10) der Note widersprechen, wo erklärt werde, der Entwurf eines Zweiten Finanzausgleichsänderungsgesetzes sei im Zeitpunkt des Eingangs der Note des Staatsministeriums des Innern vom 24. Dezember 1953 fertiggestellt und gedruckt gewesen und eine nochmalige Änderung könne nicht erwogen werden.16 Er stelle ausdrücklich fest, daß jeder Entwurf den Ministerien zur Stellungnahme zugeleitet werden müsse und kein Entwurf endgültig sei, solange er nicht vom Kabinett angenommen sei.17

Er stelle daher zusammenfassend nochmals ausdrücklich den Antrag, daß für die in Buchstabe a bis e aufgeführten Einzelleistungen und zur Bewirtschaftung der dafür bereitgesteltten Mittel die ausschließliche Zuständigkeit des Staatsministeriums des Innern anerkannt werde. Damit müßten die entsprechenden Bestimmungen des Finanzausgleichsänderungsgesetzes abgeändert werden. Zweifellos werde damit auch eine Vereinfachung und Einsparung erreicht, zumal das Staatsministerium des Innern beabsichtige, zur weiteren Vereinfachung eine Reihe von Dingen an die Regierungen abzugeben,

Ministerpräsident Dr. Ehard macht darauf aufmerksam, daß nach Art. 11 Abs. 3 und 13 Abs. 5 FAG das Staatsministerium der Finanzen lediglich bei den Bedarfszuweisungen und den Straßenbauzuschüssen federführend sei. Nach Art. 11 Abs. 3 könne es im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern den Regierungen Globalzuweisungen geben; wenn das möglich sei, frage er sich, warum man die Verteilung nicht überhaupt dem Staatsministerium des Innern überlassen könne.

Staatsminister Zietsch entgegnet, daß von der Möglichkeit des Art. 11 Abs. 3 FAG bisher noch kein Gebrauch habe gemacht werden können. Die jetzige Regelung habe sich gut bewährt, das Finanzministerium habe die Unterlagen zur Verfügung, um die Gemeinden beraten zu können.

Entscheidend sei die Frage, ob nicht auch der Vollzug des Gesetzes eher eine Angelegenheit des Finanzministeriums wie eine der Kommunalaufsicht sei. Die Polizeikostenzuschüsse nach Art. 12 FAG müsse sein Ministerium nicht verteilen, das richte sich nach der Anzahl der Polizeibeamten usw., könne also durch das Innenministerium geschehen. Auch die Verteilung der Straßenbauzuschüsse gehe über die Oberste Baubehörde.Von größter Wichtigkeit sei aber für das Finanzministerium die Grundsteuerausfallvergütung, die Zuschüsse zur Trümmerbeseitigung und die Bedarfszuweisungen. Hier müsse es beteiligt bleiben, übrigens werde sich auch bei einer Veränderung der Zuständigkeiten der Apparat nicht vermindern.

Das Finanzministerium müsse die gemeindliche Finanzlage übersehen können und wissen, wie der Finanzausgleich gestaltet werden solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, wenn eine Stadt Zuteilungen verlange, ohne ihre eigenen Möglichkeiten ausgenützt zu haben, so könne das das Innenministerium ebenso gut wie das Finanzministerium ablehnen. Die Summen, die im Finanzausgleich vorgesehen seien, müsse das Finanzministerium global zuteilen und habe keine Möglichkeit, Einsparungen zu machen.

Staatsminister Zietsch wirft ein, es sei aber in der Lage, darauf hinzuwirken, daß die Beträge nicht ganz ausgegeben würden.

Ministerpräsident Dr. Ehard bemerkt dazu, die Autorität des Finanzministeriums würde wachsen, wenn es nicht zu sehr in Einzelfällen eingeschaltet wäre und nicht allzuoft als eine Art Kontrollorgan auftreten müsse. Sei es denn wirklich notwendig, es in jedem einzelnen Fall mitreden zu lassen?

Staatssekretär Dr. Ringelmann erinnert an frühere Erfahrungen aus einer Zeit, in der noch die Zuständigkeit des Staatsministeriums des Innern gegeben gewesen sei. Damals habe Geheimrat Laforet18 als Finanzausgleichsreferent im Innenministerium die Hilfe des Finanzministeriums angerufen. Damals habe die Gefahr bestanden, daß die Verteilung mehr und mehr in die Hand der Spitzenverbände gekommen wäre. Seitdem datiere die Einschaltung des Finanzministeriums, die nach 1945 natürlich noch stärker geworden sei. Praktisch sei die Frage die, ob die Mittel als Gesamtbewilligung betrachtet würden, oder ob man sich darum kümmern müsse, daß noch Reserven zurückgehalten würden. Der Apparat des Finanzministeriums sei nicht groß, auf der Mitwirkung müsse es aber bestehen.

Staatssekretär Dr. Nerreter führt aus, die Bedenken des Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann gingen wohl nach zwei Richtungen, einmal, daß auch noch die letzte Mark ausgegeben werde, wenn das Innenministerium zuständig sei, zum anderen, daß das Innenministerium nicht in der Lage sei, zu prüfen, ob die Gemeinden ihre Steuerquellen ausgeschöpft hätten. Hier verweise er aber z.B. auf den letzten Bericht der Regierung von Oberbayern, in dem für ganz Oberbayern genau geprüft sei, wie weit die Realsteuern und die übrigen Abgaben von den Gemeinden ausgeschöpft seien.

Das Innenministerium sei dauernd mit diesen Dingen befaßt, es könne an Hand der Unterlagen der Regierungen viel eingehender als das Finanzministerium alle Fragen überprüfen.

Nicht zu übersehen sei auch der vom Senat betonte Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung. Der Herr Staatsminister des Innern, der besonderen Wert auf die Vereinfachung lege, habe kaum eine andere Möglichkeit, als Kompetenzen in die Mittelinstanz abzugeben.

Auch er könne nur in vollem Umfange die Anträge des Staatsministeriums des Innern in der Note vom 24. Dezember 1953 unterstützen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt nochmals mit Nachdruck, er müsse sich dagegen verwahren, daß seinem Ministerium vorgehalten werde, es habe ein geringeres Interesse daran, den Staat vor überflüssigen Ausgaben zu bewahren als andere Ressorts.

Ministerpräsident Dr. Ehard unterstreicht die grundsätzlichen Aufgaben der Regierungspräsidenten und schlägt vor, sich einmal zu überlegen, ob es zur Vereinfachung nicht möglich sei, einen Teil der bisher dem Finanzministerium obliegenden Zuständigkeiten im Finanzausgleich den Regierungen zu übertragen. Nachdem an sich beabsichtigt sei, das Finanzausgleichsgesetz abzuändern, könne man dieses ja auch noch überlegen.

Staatssekretär Dr. Ringelmann gibt dann einen Überblick über die Art und Weise, in der das Finanzministerium die Zuweisungen vorgenommen habe. Er befürchte, ob bei einem Wechsel in der Zuständigkeit nicht das Staatsministerium des Innern einem besonders starken Druck seitens der Spitzenverbände ausgesetzt werde. Jedenfalls könne einer Abgabe der Zuständigkeit nur unter der Voraussetzung zugestimmt werden, daß das Finanzministerium nach wie vor mitbeteiligt bleibe in irgend einer Form, während die Einzelheiten nicht allzusehr interessierten. Immerhin dürfe man Art. 14 der Reichshaushaltsordnung nicht übersehen.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß die Auffassung, Ansätze seien dazu da, ausgegeben zu werden, nicht richtig sei. Ein Haushaltsplan sei eine Anweisung zum Gelddausgeben in Höchstbetrgen aber nicht in Festbeträgen; die Haushaltsordnung verlange sparsame und wirksame Verwendung der Haushaltsmitteln Das könne dazu führen, daß Ansätze nicht ganz erfüllt zu werden brauchten. Außerdem sei ja der Haushaltsplan zunächst nur eine Schätzung, die nie genau stimmen könne, was Nachträge möglich und notwendig mache.

In diesem Zusammenhang weist Staatsminister Zietsch nochmals auf die ernste Lage hinsichtlich des Staatshaushalts hin.

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, es sei natürlich Aufgabe des Kabinetts, das Finanzministerium zu unterstützen, das habe aber nicht zur Folge, daß nun alle Einzelentscheidungen von diesem Ministerium getroffen werden müßten. Wenn man behaupte, die Verwaltung sei durch Doppelentscheidungen zu kompliziert, so habe das manchmal schon seine Berechtigung.

Staatssekretär Dr. Nerreter stellt im Laufe der Aussprache noch fest, die Verteilung der Mittel beim sozialen Wohnungsbau gehe völlig reibungslos, ein Schulbeispiel, das man beim Vollzug des Finanzausgleichs wohl beachten könne.

Staatssekretär Dr. Ringelmann gibt zu bedenken, daß das Finanzministerium bei den Zuweisungen häufig durch Steuergutscheine und andere Mittel, z.B. Zins- und Tilgungszuschüsse, langfristige Darlehen usw. habe helfen können, er fürchte, daß durch die Übertragung der Zuständigkeit auf das Innenministerium diese Möglichkeiten sehr stark beschränkt würden, jedenfalls müßte ja dann stets mit dem Finanzministerium verhandelt werden; auf diese technische Seite der Angelegenheit dürfe er wohl auch noch aufmerksam machen.

Staatsminister Zietsch bittet dann, heute noch keine Entscheidung zu treffen. Die Aussprache sei aber nicht umsonst gewesen und das Finanzministerium wisse jetzt, wie weit es sich durchsetzen könne, Er werde mit Herrn Staatsminister Dr. Hoegner nochmals beraten, dann könne etwa in 14 Tagen ein Beschluß des Kabinetts gefaßt werden.

Staatssekretär Dr. Ringelmann stellt die Frage, ob das Innenministerium bei Buchstabe a) seiner Forderungen: „Grundsteuerausfallvergütung“ entgegenkommen könne.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, zu diesem Entgegenkommen sei er bereit, auf den Forderungen von b) bis e) müsse er aber bestehen bleiben.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß jetzt die Wünsche und die Auffassungen der beiden Ministerien bekannt seien und demnach in der Kabinettssitzung in 14 Tagen die Sache abgeschlossen werden könne. Er bitte, den angekündigten Entwurf des weiten Finanzausgleichsänderungsgesetzes rechtzeitig vorzulegen.19

Freistaat Bayern - Kommunen

V. Lehrerbildung20

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt einen Überblick über die Beratungen der letzten Tage hinsichtlich der Lehrerbildung und verliest den Entwurf für einen Kabinettsbeschluß.

Der Ministerrat beschließt nach kurzer Aussprache einstimmig, folgenden Beschluß zu erlassen:

„Die Staatsregierung ist der Auffassung, daß die schwierige und verwickelte Frage der Neuordnung der Lehrerbildung am ehesten praktisch in Gang gesetzt werden kann, wenn die zu lösenden organisatorischen und finanziellen Probleme alsbald Zug um Zug von der Staatsregierung in Angriff genommen werden.

Hiebei ist von der Grundlage der bestehenden, gegenüber den früheren Lehrerseminaren bereits wesentlich veränderten Lehrerausbildungsstätten auszugehen, die in der Richtung auf das Ziel einer echten und vollwertigen akademischen Ausbildung der Lehrer zu entwickeln sind. Der erste Schritt müßte zu einer klaren organisatorischen Trennung des allgemeinbildenden Teiles vom berufsbildenden Teil und zu einer Konzentrierung der allzu zahlreichen Anstalten für die eigentliche Lehrerbildung führen. Damit müßte eine Planung der hierzu notwendigen Neu- und Umbauten verbunden werden. Zu den ersten Maßnahmen, die zu treffen wären, gehört auch die Heranbildung und Heranziehung von geeigneten akademischen Lehrkräften an den neuen Anstalten und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Mittel.

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus und das Staatsministerium der Finanzen werden deshalb beauftragt, dem Ministerrat möglichst bis l. März 1954 eine Denkschrift vorzulegen, die den Plan einer solchen organischen Fortentwicklung der Lehrerbildung mit einer Errechnung der jeweiligen finanziellen Auswirkungen enthält.21

Die Staatsregierung ist weiterhin der Auffassung, daß unabhängig von der Behandlung der zukünftigen Lehrerausbildung Verbesserungen der materiellen Lage der Volksschullehrer sowohl nach der Seite der Besoldung als vor allem der Schaffung von Beförderungsmöglichkeiten unaufschiebbar sind. Eine entsprechende Vorlage wird demnächst dem Landtag zugehen.“

Staatsminister Dr. Schwalber bittet bei Anfragen von Abgeordneten, Städten usw. jetzt schon zu erklären, daß keine Stadt ihre Mittelschulen22 verlieren werde.23

Gesetz über die Ausbildung für das Lehramt an Volksschulen (Lehrerbildungsgesetz) vom 14. Juni 1958

VI. Personalangelegenheiten

1. Berufung des hauptamtlichen Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Bayern Dr. jur. Hermann Meissinger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit24

Der Ministerrat beschließt auf Antrag des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge, den hauptamtlichen Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Bayern Dr. jur. Hermann Meissinger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen.25

2. Vollzug des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Selbstverwaltungsgesetz) i.d.F. vom 13.8.1952 (BGBl. I S. 427);26 hier: Bestätigung der neugewählten Geschäftsführer der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz27

Staatsminister Dr. Oechsle gibt bekannt, die Vertreterversammlung der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz habe am 24. Juli 1953 zu Geschäftsführern den Präsidenten Mathias Bauer,28 bisher Direktor der Landesversicherungsanstalt, den Oberregierungsrat Dr. Wilhelm Wild29 und den Vorsitzenden des Kreisausschusses Landshut des DGB Otto Wolf30 zu Geschäftsführern gewählt. Nach § 8 Abs. 1c) des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung in der Fassung des Gesetzes vom 13.8.1952 (BGBl. I S. 421)31 bedürfen der Vorsitzende sowie die übrigen Mitglieder der Geschäftsführung der Bestätigung durch die Landesregierung.

Gegen Präsident Bauer und Oberregierungsrat Dr. Wild bestünden keine Bedenken; die hinsichtlich des Herrn Wolf aufgetauchten Schwierigkeiten hätten sich in der Zwischenzeit zwar erledigt, nun seien aber neue Bedenken aufgetaucht, so daß er vorschlage, heute nur die Herren Bauer und Wild zu bestätigen, die Zustimmung zu der Wahl des Herrn Wolf aber noch offen zu lassen.

Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.32

3. Ernennung eines Präsidenten des Landesarbeitsamtes Nordbayern33

Staatsminister Dr. Oechsle nimmt Bezug auf die Besprechung dieses Punktes in der letzten Ministerratssitzung und teilt mit, der Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes habe am vergangenen Freitag mit 19 Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen ein Vertrauensvotum für Vizepräsident May abgegeben und das Bundesarbeitsministerium gebeten, ihn zum Präsidenten, Dr. Benker34 zum Vizepräsidenten zu ernennen.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es unter Zustimmung des Ministerrats für richtig, jetzt den Vorschlag des Bundesarbeitsministeriums bzw. des Bundeskabinetts abzuwarten.35

VII. Beflaggung der öffentlichen Gebäude des Bundes zu Ehren des 70. Geburtstages des Herrn Bundespräsidenten

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß einem Schreiben des Bundesministers des Innern zufolge zu Ehren des 70. Geburtstages des Herrn Bundespräsidenten am 31. Januar 1954 eine allgemeine Beflaggung der öffentlichen Gebäude des Bundes vorgesehen sei und die Länder gebeten würden, entsprechendes zu veranlassen. Er schlage vor. auch für Bayern am 31. Januar 1954 die Beflaggung aller öffentlichen Gebäude anzuordnen.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.

VIII. Großschiffahrtsstraße Rhein-Main-Donau; hier: Aufstellung eines Finanzierungsprogramms36

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß der Ministerrat am 3. August 1953 die Oberste Baubehörde beauftragt habe, im Einvernehmen mit den Staatsministerien, der Finanzen und für Wirtschaft und Verkehr einen Finanzierungsplan für die Rhein-Main-Donau auszuarbeiten.37

Der Entwurf der Obersten Baubehörde liege jetzt vor, er bitte die beiden beteiligten Ministerien, möglichst bald Stellung zu nehmen.38

Staatssekretär Dr. Guthsmuths erwidert, die Abstimmung unter den Ministerien sei jetzt vorgenommen worden, der Bayerische Staat werde mit Zustimmung des Finanzministeriums 4,5 Millionen DM bereitstellen.

Ministerialrat Dr. Gerner verweist auf einen Beschluß des Senats vom 22. Januar 1954, durch welchen die Staatsregierung ersucht werde, bei der Bundesregierung Einspruch dagegen zu erheben, daß im Bundeshaushalt für das Jahr 1954/55 der bisher für den Ausbau der Rhein-Main-Donau gewährte Betrag von 10 auf 5 Millionen DM gekürzt werde.39 Der Senat fordere, diesen Betrag vielmehr um 2 Millionen DM zu erhöhen. Nachdem der Bundesrat beschlossen habe, den im Bundeshaushalt vorgesehenen Betrag von 5 auf 9 Millionen DM zu erhöhen und eine gewisse Aussicht bestehe, daß dieser Antrag angenommen werde, halte er es nicht für zweckmäßig, den Beschluß des Senats mit Nachdruck weiter zu verfolgen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, einen Abdruck des Senatsbeschlusses Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths zuzuleiten, damit das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr zu dem Beschluß des Senats Stellung nehmen könne.40

Rhein-Main-Donau-Kanal

IX. Ankauf des Botticelli-Gemäldes „Madonna mit singenden Engeln und Lilien“ des Grafen Raczynski41

Staatsminister Dr. Schwalber teilt mit, er habe in der letzten Kultusministerkonferenz dem gemeinsamen Ankauf dieses Gemäldes durch Bund und Länder unter der Bedingung zugestimmt, daß Bayern Miteigentum erwerbe. Eine befriedigende Lösung werde jetzt kommen. Nachdem Berlin sich über seinen Anteil hinaus beteilige, werde auf Bayern ein Betrag entsprechend dem Schlüssel des Königsteiner Abkommens42 fallen. Das Finanzministerium habe angefragt, ob der Anteil auf das Grundstocksvermögen verrechnet worden oder ob der Betrag überplanmäßig übernommen werden solle, er sei der Meinung, daß das letztere günstiger wäre, weil man in diesem Falle beweglicher bleiben könne.

Der Ministerrat beschließt, den nach dem Königsteiner Abkommen auf Bayern fallenden Teil des Kaufpreises überplanmaßig zu übernehmen.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor