1S. Bayerischer Senat 3004.
1Ministerpräsident Dr. Ehard verweist auf die Note des Staatsministeriums des Innern vom 20. Dezember 1953, mit dem dieser Gesetzentwurf vorgelegt worden sei. Er gehe auf einen Beschluß des Landtags vom 6. Mai 1953 zurück, wonach durch eine Änderung des Landkreiswahlgesetzes2 die Voraussetzungen näher erläutert werden sollten, unter denen die Bewährung in der öffentlichen Verwaltung verneint werden könne.3 Diese Frage habe ja schon wiederholt eine erhebliche Rolle gespielt.2Zur Entwicklung der Landkreiswahlgesetzgebung und zur Entstehung des Gesetzes über die Wahl der Kreistage und Landräte (Landkreiswahlgesetz) vom 16. Februar 1952 (GVBl. S. 53) s. Protokolle Ehard II Bd. 3 Nr. 120 TOP III, Protokolle Ehard III Bd. 1 Nr. 40 TOP II u. Protokolle Ehard III Bd. 2 Nr. 80 TOP II.3Der Bayer. Landtag war in seiner Sitzung vom 6.5.1953 einem Antrag des Rechts- und Verfassungsausschusses gefolgt, die Staatsregierung zu ersuchen, „dem Bayerischen Landtag den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landkreiswahlgesetzes vorzulegen, in dem die Voraussetzungen näher erläutert werden, unter denen die Bewährung in der öffentlichen Verwaltung vom Wahlausschuß verneint werden kann.“ S. BBd. 1952/53 V Nr. 3927; StB. 1952/53 V S. 1263f. Der Bericht und die Empfehlung des Rechts- und Verfassungsausschusses fußte auf einem vorausgegangenen Antrag der CSU-Landtagsfraktion vom 7.2.1953. S. BBd. 1952/53 IV Nr. 3844.
2Die Einwendungen des Justizministeriums und der Staatskanzlei seien in dem vorliegenden Entwurf berücksichtigt, die Staatskanzlei schlage lediglich noch vor, in § 2, durch welchen unter anderem Art. 4 des Landkreiswahlgesetzes vom 16. Februar 1952 eine andere Fassung erhalte, in Abs. 4 hinter den Worten „des Landtags“ noch die Worte „des Senats“ aufzunehmen. Außerdem werde vorgeschlagen, in der gleichen Bestimmung den letzten Satz des Abs. 4 wie folgt beginnen zu lassen:
3„Eine Beanstandung im vorstehenden Sinne liegt nur vor, wenn …“
4Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt dieser Anregung zu, worauf beschlossen wird, § 2 entsprechend abzuändern.
5Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe in einer nachträglich eingelaufenen Note weitere Beschränkungen hinsichtlich der ehemaligen Mitglieder der NSDAP empfohlen. Er glaube aber nicht, daß man hier noch weiter als der Entwurf gehen solle.
6Nachdem sich auch Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner dieser Auffassung anschließt, beschließt der Ministerrat, die Einwendung des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge nicht zu berücksichtigen.
7Staatsminister Zietsch erklärt, auch das Finanzministerium habe sich in einem Schreiben vom 9. Januar 1954 noch mit dem Entwurf auseinandergesetzt und angeregt, in Abs. 4 des neu formulierten Art. 4 des Landkreiswahlgesetzes das Wort „unbeanstandet“ an der jetzigen Stelle zu streichen und am Anfang zwischen die Worte „wer“ und „mindestens“ einzufügen.
8Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, er habe dieses Schreiben noch nicht erhalten.
9Trotzdem werden die Vorschläge des Staatsministeriums der Finanzen eingehend erörtert.
10Staatsminister Zietsch empfiehlt, Satz 2 des Art. 4 Abs. 4 (Seite 8 des Entwurfs) folgendermaßen abzuändern:
11„Entsprechend ist eine Tätigkeit in verantwortlicher Stellung.“
12Staatssekretär Dr. Nerreter verweist demgegenüber auf den Wortlaut des Art. 31 Abs. 2 der Landkreisordnung vom 16. Februar 1952, worauf festgestellt wird, daß diese Bestimmung nach § 3 des vorliegenden Entwurfs gestrichen werden soll.
13Ministerpräsident Dr. Ehard wirft die Frage auf, ob Satz 2 des Abs. 4 überhaupt notwendig sei.
14Der Ministerrat beschließt, diesen Satz zu streichen.
15Staatssekretär Dr. Nerreter macht dann darauf aufmerksam, daß der bisherige Satz 3 durch die Änderung des Satzes 1 ebenfalls abgeändert werden müsse.
16Im Anschluß daran ergibt sich eine längere Aussprache über den ganzen Absatz 4, wobei der Ministerrat zu der Meinung kommt, daß im letzten Satz die Worte
17„auf Strafversetzung, Gehaltskürzung oder Entfernung aus dem Dienst“ durch die Worte „von Maßnahmen nach § 12 Abs. 1 Dienststrafordnung“ ersetzt werden müßten.
18Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zu bedenken, ob man nicht überhaupt davon ausgehen solle, daß an einen gewählten Landrat keine höheren Anforderungen als an einen gewählten Abgeordneten gestellt werden sollten.
19Auch Ministerpräsident Dr. Ehard meint, wenn für die Wahl der Landräte besondere Voraussetzungen vorgeschrieben würden, könnten Schwierigkeiten entstehen. Auch sei durch Vorschriften allein nicht zu erreichen,4 daß von den hier genannten Personen nur besonders geeignete gewählt würden.4Hier hs. Änderung v. Gumppenbergs im Registraturexemplar; die ursprüngliche Formulierung hatte gelautet: „Auch sei durch besondere Vorschriften nicht zu erreichen …“ (StK-MinRProt 22).
20Staatsministor Dr. Seidel spricht sich dafür aus, ganz klare Bestimmungen zu schaffen, also entweder nur Leute mit der Befähigung zum Richteramt wählen zu lassen oder überhaupt die freie Wahl einzuführen.
21Ministerpräsident Dr. Ehard faßt die Besprechung dahin zusammen, daß heute noch kein Beschluß gefaßt werden könne. Er bitte deshalb, vielleicht bis zur nächsten oder übernächsten Sitzung, folgendes zu überlegen:
221. Sollen die Voraussetzungen für die Wahl zum Landrat überhaupt wegfallen?
232. Wenn dagegen die Voraussetzungen bleiben sollten, müsse wohl eine Ergänzung hinsichtlich der Rechtsanwälte und Notare in den Schlußsatz hineinkommen;
243. Ist es zweckmäßig mit Rücksicht auf andere Berufe, lediglich Rechtsanwälte oder Notare schlechthin5 zur Wahl zuzulassen?5Das Wort „schlechthin“ hs. Einfügung von MPr. Ehard im Registraturexemplar (StK-MinRProt 22).
25Er bitte diese Fragen im Staatsministerium des Innern, vielleicht unter Beteiligung des Finanz- oder Justizministeriums, zu überprüfen.
26 Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.66Zum Fortgang s. Nr. 193 TOP VII.
Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete des kommunalen Wahlrechts vom 28. Oktober 1954
7S. BBd. 1953/54 VI Nr. 4896. Es handelte sich um eine Interpellation der SPD-Landtagsfraktion, die bereits am 9.12.1953 eingebracht worden war und mit der die Staatsregierung aufgefordert wurde, zu der wachsenden öffentlichen Kritik am sozialen Wohnungsbau und den bisher dabei angewandten Finanzierungsmethoden Stellung zu nehmen; ferner wurde eine grundsätzliche Erklärung der Staatsregierung zu ihrer Politik bei der weiteren Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus gefordert. Mit Blick auf die Komplexität der Materie und auf Antrag von StM Hoegner wurde in der Sitzung des Bayer. Landtags vom 16.12.1953 die Beantwortung der Interpellation auf die Zeit nach dem Jahreswechsel 1953/54 verschoben. S. StB. 1953/54 VI S. 420.
1Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet es als notwendig, die Beantwortung der Interpellation im heutigen Ministerrat kurz zu besprechen, nachdem der Text der Rede des Herrn Bundestagsabgeordneten Pferdmenges,8 die er in München gehalten habe, jetzt vorliege.98Robert Pferdmenges (1880–1962), Bankier, Politiker, nach abgeschlossener Banklehre ab 1902 Tätigkeit im Bankensektor u.a. in Berlin, London und Antwerpen, 1919 Vorstandsvorsitzender des „A. Schaaffhausen’schen Bankvereins“ in Köln, 1931–1936 stv. Vorstandvorsitzender der Dresdner Bank, 1932/33 Mitglied des Generalrats und des Zentralausschusses der Reichsbank, 1931 persönlich haftender Gesellschafter des Kölner Privatbankhauses „Sal. Oppenheim jr. & Cie.“, das von 1938 bis zur 1947 erfolgten Rückbennung mit dem alten Namen als „Pferdmenges & Co.“ firmierte, 1954 Ausscheiden aus der Führung des Bankhauses Oppenheim, 1946 Mitbegründer der CDU, 1947 Mitarbeit am Ahlener Programm der CDU, 1950–1962 MdB (CDU). S.
NDB
Bd. 20 S. 331f.
9Bezug genommen wird auf den Vortrag „Die Gesundung des Kapitalmarktes“, den MdB Pferdmenges am 5.12.1953 vor dem Wirtschaftsrat der Union in München gehalten hatte. Dieser Vortrag liegt gedruckt vor: Der Wirtschaftsbeirat S. 21–40 (auch enthalten in: NL Ehard 1257). Darin hatte Pferdmenges die Notwendigkeit einer Reform und Stärkung der Wertpapiermärkte im Rahmen des Gesamtkreditsystems betont, um die Investitionsfinanzierung in Westdeutschland dauerhaft zu sichern. Dringend geboten sei insbesondere die Wiedergewinnung des privaten Anlagepublikums für die Aktienmärkte; dies könne aber nur durch die Abschaffung der steuerlichen Belastung der Wertpapiererträge gelingen. Der hieraus entstehende Steuereinnahmenverlust für den Staat könne, so Pferdmenges weiter, etwa durch die Entlastung der öffentlichen Haushalte von allen Investitionsaufgaben, die unter entsprechend gestalteten Rahmenbedingungen auch privatwirtschaftlich finanziert werden könnten, ausgeglichen werden. Als Beispiel wurde hier der soziale Wohnungsbau und der Wohnungsmarkt angeführt.
2Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, in der Beantwortung werde er eingehend auf die Frage der Baugenossenschaften zu sprechen kommen und vor allem betonen, daß gerade auf Eigentumsbildung besonderes Gewicht gelegt worden sei. Auch von den Baugenossenschaften würden zahlreiche Wohnungen als Eigentumswohnungen errichtet.
3Was nun die Rede des Abg. Pferdmenges betreffe, die soviel erörtert worden sei, so werde er ausführen, daß die Presseberichte unzureichend gewesen seien.10 Pferdmenges habe davon gesprochen, daß noch auf Jahre hinaus hohe Beträge für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt worden müßten, andererseits freilich betont, auf die Dauer gehe es nicht an, jährlich hiefür öffentliche Mittel in Höhe von etwa 3 Milliarden DM zu geben. Der Vorschlag des Abgeordneten, die Mieten zu erhöhen, sei unter der Voraussetzung gemacht worden, daß Steuersenkungen und eine Erhöhung der Einkommen damit verbunden sei.1110Vgl. exemplarisch: SZ Nr. 283, 7.12.1953, „Pferdmenges entwickelt aufsehenerregende Pläne. Der Kölner Bankier empfiehlt vor dem Wirtschaftsausschuß der Union Einstellung des sozialen Wohnungsbaues“.11Pferdmenges hatte für den mittelfristigen Rückzug der öffentlichen Hand aus dem sozialen Wohnungsbau plädiert und seinem Publikum Rechenbeispiele präsentiert, nach denen Mietpreiserhöhungen zwar notwendig, aber vertretbar seien. Zum einen verharrten die Mietpreise – gemessen an der allgemeinen Preissteigerung und an der Entwicklung der Einkommen – auf äußerst niedrigem Niveau, eine Angleichung an die allgemeine Preisentwicklung erscheine hier opportun. Zum anderen führe die Ersparnis der öffentlichen Hand beim Wohnungsbau für Konsumenten und Unternehmer dann zu markanten Entlastungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer.
4Zum Schluß seiner Antwort werde er die Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau in diesem Jahre bekanntgeben und unter anderem mitteilen, daß heuer für Siedlungszwecke noch ein außerordentlicher Betrag zur Verfügung gestellt werde.
5Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß also die Beantwortung durch den Herrn Staatsminister des Innern erfolgen werde und erkundigt sich, ob noch Anregungen oder Bedenken bestünden.
6Staatsminister Dr. Seidel erklärt sich mit der von Herrn Staatsminister Dr. Hoegner skizzierten Antwort ausdrücklich einverstanden.
7 Sonstige Vorschläge werden von keiner Seite gemacht.1212StM Hoegner beantwortete die Interpellation in der Sitzung des Bayer. Landtags vom 14.1.1954; in dieser Sitzung beschloß das Landtagsplenum, die weitere Behandlung der Interpellation vorerst zu vertagen. Die Aussprache erfolgte dann in zwei weiteren Landtagssitzungen vom 3. und 4.2.1954. S. StB. 1953/54 VI S. 495–506, S. 630–653 u. S. 657–685.
Wohnungsbau, sozialer
15Vgl. Nr. 191 TOP II.
1Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, nach dem Ausscheiden des Herrn Dr. Oberländer müsse die Bayerische Staatsregierung ein neues Mitglied des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt ernennen. Das Staatsministerium des Innern habe Herrn Staatssekretär Stain, das Staatsministerium der Finanzen dagegen Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann vorgeschlagen.
2Das Finanzministerium begründe seinen Vorschlag damit, daß bisher die Unterrichtung über die Vorgänge im Kontrollausschuß mangelhaft gewesen sei. Er persönlich glaube aber, man solle jetzt keinen Wechsel eintreten lassen, zumal sich doch erreichen lassen müsse, daß eine engere Verbindung zwischen Innen- und Finanzministerium hergestellt werde.
3Staatsminister Zietsch erwidert, der Ausschuß sei im Hinblick auf die Verteilung der Mittel von sehr erheblicher Bedeutung und könne erheblichen Einfluß auf die finanzpolitische Lage Bayerns haben. Das Finanzministerium habe schon früher als Mitglied Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann vorgeschlagen, es sei aber dann der damalige Staatssekretär Dr. Oberländer ernannt worden. Leider sei es zu beklagen gewesen, daß der Stellvertreter das Finanzministerium nicht genügend unterrichtet habe, obwohl es sich doch vielfach um Fragen der Finanzpolitik gehandelt habe, für welche das Finanzministerium federführend sei. Die Frage habe nichts mit der Tatsache zu tun, daß Herr Staatssekretär Stain jetzt Nachfolger von Professor Oberländer geworden sei. Er schlage deshalb Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann vor, es sei natürlich selbstverständlich, daß der vom Innenministerium benannte Stellvertreter jederzeit an den Sitzungen teilnehmen könne.
4Ministerpräsident Dr. Ehard räumt ein, daß das Finanzministerium16 beteiligt sei und eine enge Verbindung hergestellt werden müsse. Vielleicht könne man Herrn Stain als Mitglied benennen und gleichzeitig als Stellvertreter einen Vertreter des Finanzministeriums.16Hier fehlt in der Folge das im Registraturexemplar hs. gestrichene Wort „natürlich“ (StK-MinRProt 22).
5Staatsminister Zietsch wirft ein, in diesem Falle müsse aber der bisherige Stellvertreter, Ministerialrat Dr. Reuter,17 ausscheiden.17Dr. jur. Josef Reuter (1890–1954), Jurist, 1909–1913 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Würzburg, 1913 Promotion, 1915–1918 Teilnahme am Ersten Weltkrieg, 1919 Große Juristische Staatsprüfung, 16.2.1920 Eintritt in die Staatsverwaltung bei der Regierung von UFr., 16.5.1920 Bezirksamtsassessor beim Bezirksamt Bamberg, 1.10.1927 RR bei der Regierung der OPf. und von Regensburg (Oberversicherungsamt), 1.4.1932 Versetzung an das Oberversicherungsamt Landshut, 1.2.1933 Versetzung an das Oberversicherungsamt München, dort 1.12.1934 RR I. Klasse, 1.5.1935 Berufung an die Landesversicherungsanstalt Schwaben in Augsburg, 1.3.1938 Berufung an die Landesversicherungsanstalt OB in München, 1.3.1942 ORR, 1.5.1942 Stv. Leiter der Landesversicherungsanstalt OB, 23.12.1944 stellvertretender Leiter der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft OB, 1.5.1937 NSDAP-Mitglied, 21.6.1945 Dienstenthebung, 1.7.1945 Entlassung, 18.7.1945 Umwandlung der Entlassung in eine Suspendierung durch Arbeitsminister Albert Roßhaupter, 18.12.1945 vorläufige Beschäftigungsgenehmigung durch die Militärregierung, 14.1.1946 Dienstantritt bei der Regierung von OB, laut Bescheid der Spruchkammer München X vom 27.1.1948 Einstufung als Mitläufer, 1.12.1948 Abordnung an das StMI, hier Leiter des Landesausgleichsamtes für den Lastenausgleich, 1.4.1949 Versetzung an das StMI, dort 1.11.1949 RegDir, 1.11.1950 MinRat.
6Staatssekretär Stain weist darauf hin, daß es sich gegenwärtig um sehr wesentliche Dinge handle, die nicht mit finanzpolitischen Fragen zusammenhingen, z.B. werde überlegt, ob die Arbeitsplatzdarlehen eingestellt werden sollten, weil sie sich im Gegensatz zu Bayern in anderen Ländern nicht bewährt hätten, Selbstverständlich lege auch er größten Wert darauf, daß eine sehr enge Verbindung zwischen den beiden Ministerien bestehe.
7Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich damit einverstanden, daß Herr Staatssekretär Stain als Mitglied und Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann als sein Stellvertreter ernannt werden.
8 Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren, wobei festgestellt wird, daß Herr Ministerialrat Dr. Reuter nun ausscheide.1818Zum Fortgang s. Nr. 193 TOP XIII.
19Vgl. thematisch Protokolle Ehard III Bd. 1 Nr. 42 TOP XVI u. Protokolle Ehard III Bd. 3 Nr. 165 TOP IV.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, die Bundesregierung habe auf Grund eines Bundestagsbeschlusses vom 2. Juli 195320 am 22. August 1953 beschlossen, für das Haushaltsjahr 1953 5 Millionen DM als Frachthilfe für das Zonenrandgebiet zur Verfügung zu stellen, falls die Länder einen gleich hohen Betrag leisteten.21 Bayern müsse voraussichtlich 3 055 000 DM aufbringen; wie er höre, habe sich das Staatsministerium der Finanzen bereits damit einverstanden erklärt.20Bezug genommen wird auf die Debatte und die Abstimmung über eine Reihe von Anträgen betreffend die Lage und die Förderung der Zonengrenzgebiete in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 2.7.1953. S. Verhandlungen des Deutschen Bundestages 1. Wahlperiode S. 13955–13970 u. 14007; auch Protokolle Ehard III Bd. 3 Nr. 184 Anm. 10.21Die Frage der Hilfsmaßnahmen für die Zonengrenzgebiete war in der Kabinettssitzung der Bundesregierung am 23.6.1953 behandelt worden; MPr. Ehard nimmt vorliegend Bezug auf eine Presseverlautbarung der Bundesregierung vom 22.8.1953. S. Kabinettsprotokolle 1953 S. 360f. insbes. Anm. 64.
2Der Ministerrat beschließt, den Betrag von 3 055 000 DM für Zwecke der Frachthilfe bereitzustellen, damit die Bundesmittel in gleicher Höhe zur Verfügung gestellt werden können.
22S. MWi 12/0166 [vorl. Nr.].
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß der Bundesverkehrsminister zur Ernennung als Präsidenten der Bundesbahndirektion Nürnberg Herrn Geitmann23 vorgeschlagen habe, nachdem er schon vor längerer Zeit angefragt habe, ob die Bayerische Regierung damit einverstanden sei.24 Er habe daraufhin Herrn Dr. Seebohm25 erklärt, für diese Stelle stünden mehrere hervorragend geeignete aus Bayern stammende Beamte zur Verfügung, die er dann auch persönlich benannt habe.26 Trotzdem schreibe der Bundesverkehrsminister neuerdings, er habe die Angelegenheit nochmals nachprüfen lassen, müsse aber bei seinem Vorschlag Geitmann bestehen bleiben und bitte, die Einwendungen zurückzuziehen.2723Dipl.-Ing. Hans Geitmann (1902–1990), Bauingenieur, 1908–1920 Humanistisches Gymnasium in Graudenz und Hannover, 1920–1927 Studium an der TH Hannover und der TH Stuttgart, 1927 Dipl.-Ing. für das Bauingenieurwesen, 1931 Staatsprüfung für den Baudienst in Württemberg und Eintritt in den Bahndienst als Reichsbahnbaumeister, 1935–1938 Hilfsarbeiter in den Eisenbahnabteilungen des Reichsverkehrsministeriums, 1938/39 Vorstand eines Betriebsamtes im Bezirk der Reichsbahndirektion Essen, 1939/40 Beauftragter des Reichsverkehrsministeriums in Prag, April bis Juni 1940 Güterzugfahrplandezernent bei der Reichsbahndirektion Wuppertal, Juni bis September 1940 Fahrplandezernent im besetzten Westgebiet, Oktober bis Dezember 1940 Eisenbahntechnischer Berater bei der Wehrmachtstransportleitung Südost, Januar bis Juni 1942 Betriebsreferent in Prag, 1942–1945 Präsident der Reichsbahndirektion Oppeln, 1945/46 zunächst in tschechischer Gefangenschaft, dann in amerikanischer Internierung, 1.7.1947 Dezernent für Betriebsfragen beim Eisenbahn-Zentralamt Minden/Westf., 1.9.1949 bis 27.10.1952 Leiter der Betriebsabteilung der Eisenbahndirekton Frankfurt/M., 28.10.1952 Präsident der Generalbetriebsleitung Süd in Stuttgart, 1954–1957 Präsident der Bundesbahndirektion Nürnberg, 1957–1967 Mitglied des Vorstands und Präsident der Deutschen Bundesbahn. Vgl. den hektographierten Lebenslauf in MWi 12/0166 [vorl. Nr.]; ferner Kabinettsprotokolle online/Biographien/Geitmann, Hans (GND 1029774293) [29.11.2019]. Der Reichsbahndirektion Oppeln in Oberschlesien oblag ab 1942 die „technische Umsetzung der Deportationen“ von Juden nach Auschwitz; die Rolle Geitmanns als Präsident der Reichbahndirektion während dieser Phase wurde nie Gegenstand von Ermittlungen. S. hierzu
Steinbacher, Musterstadt S. 284f. insbes. Anm. 153, Zitat S. 284
, ferner die Hinweise bei
Hilberg, Sonderzüge S. 109f.
;
Gottwaldt, Dorpmüller S. 195 u. 232
.24Schreiben (Abschrift) von Bundesverkehrsminister Seebohm an MPr. Ehard, 12.10.1953 (MWi 12/0166 [vorl. Nr.]).25Dr.-Ing. Hans-Christoph Seebohm (1903–1967), Bergbauingenieur, 1933–1946 leitende Tätigkeiten in der Montanindustrie, 1946–1948 MdL in Niedersachsen (DP), 1948/49 MdPR, 1949–1967 MdB (DP, ab 1960 CDU), 1949–1966 Bundesverkehrsminister, 1950–1954 Mitglied im Hauptvorstand der SdL, 1959–1967 Sprecher der SdL. S.
Lexikon der Christlichen Demokratie
S. 364f.
;
Kempf/Merz
S. 654–659
;
Lange, Wegbereiter S. 231–238
.26Schreiben (Durchschrift) von MPr. Ehard an Bundesverkehrsminister Seebohm, 16.10.1953. In seinem Schreiben wollte MPr. Ehard „doch zum Ausdruck bringen, dass es äusserst wünschenswert wäre, wenn der Nürnberger Posten durch einen aus Bayern stammenden Herren besetzt werden könnte. Meines Wissens wäre eine solche Persönlichkeit in der Person des Präsidenten der Bundesbahndirektion Trier, Herrn Erwin Keßler, vorhanden. Auch der Hauptverwaltungsrat Mölter bei der Hauptverwaltung in Offenbach könnte den Wunsch nach einem aus Bayerns stammenden Beamten erfüllen.“ (MWi 12/0166 [vorl. Nr.]).27Bezug genommen wird auf ein Schreiben des Bundesverkehrsministers vom 29.12.1953, das in dem einschlägigen Akt jedoch nicht enthalten ist. S. diesbezüglich aber das Schreiben (Abschrift) von MPr. Ehard an Bundesverkehrsminister Seebohm, 19.1.1954. Bereits mit Schreiben (Abschrift) vom 28.10.1953 an MPr. Ehard hatte Bundesverkehrsminister Seebohm jedoch auf seiner Entscheidung insistiert und dies in der Hauptsache mit besoldungsrechtlichen Erwägungen begründet: Für die beiden von Bayern genannten Bewerber wäre eine Versetzung an die Bundesbahndirektion Nürnberg eine Beförderung, während der vom Bundesverkehrsministerium genannte Kandidat bereits „Inhaber einer Planstelle der Besoldungsgruppe B 6“ sei. „Im Bereich der Deutschen Bundesbahn ergibt sich kein andere Möglichkeit, ihn gleichwertig zu verwenden und sich seine vorzüglichen Kenntnisse und langjährigen Erfahrungen als Eisenbahnfachmann und Präsident zu sichern.“ Mit der Versetzung Geitmanns nach Nürnberg wollte das Bundesverkehrsministerium auch die Stelle des Präsidenten einer Generalbetriebsleitung in Stuttgart einsparen, dies sei für „den Erfolg der Rationalisierungsmassnahmen der Bundesbahn […] sowohl in finanzieller wie in personalpolitischer Hinsicht besonders wichtig“. (MWi 12/0166 [vorl. Nr.]).
2Er beabsichtige, in diesem Falle nicht nachzugeben, wolle aber vor der endgültigen Antwort an den Bundesverkehrsminister die Meinung des Ministerrats hören,
3Staatsminister Dr. Seidel stellt fest, daß nach § 45 des Bundesbahngesetzes Präsidentenstellen nur im Benehmen mit der betreffenden Landesregierung besetzt werden könnten.2828Zum Bundesbahngesetz vom 13. Dezember 1951 (BGBl. I S. 955) s. Protokolle Ehard III Bd. 1 Nr. 40 TOP VII/17. § 45 lautete: „Personalmaßnahmen (1) Die Posten der Präsidenten der Eisenbahndirektionen werden im Benehmen mit den Regierungen der Länder, deren Bereich wesentlich berührt wird, besetzt. (2) Geben die Länder in besonderen Fällen zur Besetzung leitender Dienstposten bei der Deutschen Bundesbah innerhalb ihres Landes Anregungen, so sind diese soweit wie möglich zu berücksichtigen.“
4Der Vorschlag des Bundesverkehrsministers hänge damit zusammen, daß Stellen in Württemberg-Baden zurückgestuft würden, Herr Geitmann, der in Karlsruhe sei, damit aber nicht einverstanden sei. Es wäre aber möglich, ihn auf die frei gewordene Präsidentenstelle in Kassel zu bringen und eine künftig wegfallende B 6 Stelle zu genehmigen. Von bayerischer Seite sei als Präsident Herr Keßler29 vorgeschlagen worden, der Bayer und ausgezeichnet qualifiziert sei; auch ein anderer außerdem noch empfohlener Beamter erfülle alle Voraussetzungen.30 Trotzdem wolle aber Herr Dr. Seebohm an Geitmann festhalten,29Erwin Keßler, Präsident der Bundesbahndirektion Trier. Weitere Angaben nicht ermittelt.30Vgl. oben
5 Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt abschließend mit Zustimmung des Ministerrats, daß er dem Bundesverkehrsminister eine abschlägige Antwort erteilen werde.3131Mit Schreiben vom 19.1.1954 (w.o. Anm. 27) setzte MPr. Ehard den Bundesverkehrsminister „von der einhelligen Auffassung der Bayerischen Staatsregierung in Kenntnis […] dass sich von Seiten der Bundesbahn in diesem Falle wohl ein personelles Arrangement treffen ließe, das dem § 45 Abs. 2 des Bundesbahn-Gesetzes [s.o. Anm. 28] Rechnung trägt und damit die bayerischen Wünsche befriedigt, ohne dass das Gefüge der Personalpolitik der Bundesbahn gestört wird.“ Die bayerischen Einwände und die nochmalige Erneuerung der bayerichen Personalvorschläge blieben in der Folge ungehört; Hans Geitmann wurde am 8.3.1954 offiziell in das Amt des Präsidenten der Bundesbahndirektion Nürnberg eingeführt.
Deutsche Bundesbahn
32S. Protokolle Ehard III Bd. 3 Nr. 190 TOP I.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, unter Bezugnahme auf die Ministerratssitzung vom 29. Dezember 1953, ob der Entwurf für das Antwortschreiben an den Herrn Landesbischof,33 den Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann habe vorbreiten wollen, schon fertiggestellt sei.33Hans Meiser (1881–1956), 1933–1955 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. S.
Renner, Nachkriegsprotestantismus
;
Herold/Nicolaisen (Hg.), Meiser
.
2Staatssekretär Dr. Ringelmann antwortet, der Entwurf sei bereits ausgelaufen und müsse heute oder morgen dem Herrn Ministerpräsidenten zugehen.34 Was die Mittel für den Wiederaufbau betreffe, so liege an sich noch ein Sperrvermerk darauf, weil die Endsumme noch nicht feststehe. Andererseits stünden für die Haushaltsjahre 1953/54 je 600 000 DM bereit, über die weiter noch erforderlichen Mittel müsse allerdings noch beraten worden.34S. Protokolle Ehard III Bd. 3 Nr. 190 Anm. 6.
3Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht abschließend Herrn Staatsminister Dr. Schwalber, gleichfalls einen Entwurf für die Antwort an den Herrn Landesbischof, der ihm in dieser Sache am 23. Dezember 1953 geschrieben habe,35 auszuarbeiten.3635S. Protokolle Ehard III Bd. 3 Nr. 190 Anm. 3.36Schreiben (Durchschlag) von MPr. Ehard an Landesbischof Meiser, 19.1.1954 (mit hs. Vermerk „Ab 22.1.“) (StK 14075). Zum Fortgang s. Nr. 211 TOP VI u. Nr. 236 TOP VII.
39Vgl. thematisch (zur Landesversicherungsanstalt Ober- und Mittelfranken) Protokolle Ehard III Bd. 3 Nr. 171 TOP V.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß die Vertreterversammlung der Landesversicherungsanstalt Schwaben am 15. Dezember 1953 die vom Vorstand vorgeschlagenen Herren Direktor Hans Imler,40 Oberregierungsrat Georg Knapp41 und Regierungsrat Friedrich Paepke42 als Geschäftsführer gewählt habe. Nach § 8 Abs. 1 Buchst. c) des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung in der Fassung vom 13. August 195243 bedürften der Vorsitzende sowie die übrigen Geschäftsführer der Bestätigung durch die Landesregierung. Das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe mit Schreiben vom 28. Dezember 1953 um einen entsprechenden Beschluß des Ministerrats gebeten. Da Bedenken nicht bestünden, könne dieser Beschluß heute wohl gefaßt werden.40Hans Imler (1889–1976), Technischer Zeichner, Gewerkschafter, 1912–1933 Gewerkschaftssekretär der Christlichen Metallarbeiter-Gewerkschaft in Augsburg, 1919–1933 Stadtrat in Augsburg (BVP), 1933 Amtsenthebung und vorübergehende Schutzhaft, 1933–1946 Leiter eines Caritas-Heimes in Augsburg, 1945 ehrenamtlicher Stadtbeirat, 1946–1956 Stadtrat in Augsburg, 15.12.1946 Ernennung zum kommissarischen Leiter der Landesversicherungsanstalt Schwaben durch die Militärregierung, 2.6.1948 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit RegDir und Ernennung zum Leiter der Landesversicherungsanstalt Schwaben, 19.2.1951 Ernennung zum Direktor der Landesversicherungsanstalt Schwaben, Ruhestandsversetzung zum 1.7.1955.41Nicht ermittelt.42Nicht ermittelt.43Zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (Änderungs- und Ergänzungsgesetz zum Selbstverwaltungsgesetz) vom 13. August 1952 (BGBl. I S. 421) s. Protokolle Ehard III Bd. 2 Nr. 106 TOP III/23.
2 Der Ministerrat beschließt, die genannten Herren als Geschäftsführer zu bestätigen.4444Zum Fortgang s. Nr. 202 TOP VI; thematisch ähnlich Nr. 195 TOP VI (Landesversicherungsanstalt NB-OPf.) u. Nr. 198 TOP V (Landesversicherungsanstalt OB).
45S. MWi 12706. Vgl. thematisch auch Protokolle Ehard III Bd. 1 Nr. 40 TOP XII: Die Frage der Federführung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung war zwischen dem StMWV und dem StMUK seit dem Jahre 1951 im Grundsatz umstritten. Die frühere ausschließliche Zuständigkeit des StMUK war nach 1945 weggefallen, da die US-Besatzungsmacht eine Forschungskontrolle verfügt und diese in den Ländern der US-Zone den Wirtschaftsministerien übertragen hatte. StM Schwalber hatte schon 1951 eine Rückkehr zum früheren Zustand gefordert und die grundsätzliche Zuständigkeit seines Ministeriums für Forschungsfragen reklamiert. Begründet wurde dies mit dem traditionell engen Zusammenhang zwischen Forschung und Lehre an den deutschen Universitäten. Die Zuständigkeitsfrage wurde im Jahre 1951 im Ministerrat nicht weiter behandelt oder geklärt, sondern es wurde nur beschlossen, vorläufig an der bestehenden Regelung und der Zuständigkeit des StMWV festzuhalten. Auf dem Gebiet der für das StMWV besonders wichtigen Luftfahrtforschung allerdings war die Federführung – eher zufällig – dem StMUK zugefallen. S. hierzu die folgende Anm.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob die Stellungnahme des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zu den Schreiben des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 3. September und 23. November 1953 inzwischen ausgearbeitet sei, damit eine Entscheidung im Ministerrat getroffen werden könne.4646Schreiben (Abdruck) von StM Seidel an MPr. Ehard, 3.9.1953; Schreiben (Abdruck) von StM Seidel an MPr. Ehard, 23.11.1953. In ersterem Schreiben führte StM Seidel u.a. aus: „Ich sehe mich nunmehr veranlaßt, in der Frage der Federführung auf dem Gebiet der Luftfahrtforschung eine Klärung herbeizuführen. Die Federführung auf diesem Gebiet wird seit etwa zwei Jahren vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus wahrgenommen. Diese Regelung hat sich dadurch ergeben, daß Sie [d.h. MPr. Ehard] seinerzeit das Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme zu einer Eingabe der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt beauftragt hatten. Damals war jedoch an eine Luftfahrtforschung wegen der bestehenden Verbote der Besatzungsmacht auf dem Gebiet der Luftfahrt noch nicht zu denken und es bestand daher auch kein Anlaß, die Frage der Federführung auf diesem Gebiet aufzuwerfen. In der Zwischenzeit haben sich aber die Verhältnisse grundlegend geändert, so daß es dringend geboten erscheint, diese Frage umgehend zu entscheiden. Unmittelbaren Anlaß dazu geben mir die vorbereitenden Aufgaben, die im Rahmen des Wiederaufbaues einer Luftfahrtforschung im Zusammenhang einer künftigen Luftfahrtindustrie in absehbarer Zeit dringend einer Lösung zugeführt werden müssen.“ StM Seidel betonte, daß die „Forschung auf dem Gebiet der Luftfahrt […] für die gesamte Wirtschaft von großer Bedeutung“ sei; es würden „besonders hohe technische Leistungen gefordert, die sich auf das gesamte Gebiet der Technik erstrecken“ und die „Ergebnisse aus dieser Forschung kommen daher auch allen übrigen Gebieten der Technik zugute und wirken sich bei der engen Verbundenheit zwischen Technik und Wirtschaft wesentlich auf das gesamte wirtschaftliche Leben aus. Eine Vernachlässigung auf diesem wichtigen Gebiet würde unbedingt nachteilige wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen.“ StM Seidel gestand in seinem Scheiben zu, daß die reine, an den Universitäten und Hochschulen betriebene Grundlagenforschung im Zuständigkeitsbereich des StMUK verbleiben könne, forderte für sein Ressort allerdings nachdrücklich die Federführung für die angewandte Forschung: Deren Betreuung könne wegen ihrer „engen Verbundenheit mit der gewerblichen Wirtschaft und dem Luftverkehr vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus nicht in dem erforderlichen Maße durchgeführt werden“, es sei gar „ein erheblicher Schaden“ zu befürchten, „wenn die Federführung dem Kultusministerium überlassen bleibt.“ In seinem Schreiben vom 23.11.1953 verwies StM Seidel zur Untermauerung seiner Argumentation auf die Regelung auf Bundesebene, auch hier sei die Förderung der angewandten Zweck- und der Grundlagenforschung verwaltungsmäßig getrennt. Forschungsmittel für die Grundlagenforschung würden vom BMI verwaltet, die Mittel für die angewandte Forschung stünden dagegen den zuständigen Einzelressorts zur Verfügung – im Falle der angewandten Luftfahrtforschung sei es der Bundesminister für Verkehr (MWi 12706).
Luftfahrt
Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor