Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
Wirtschaftsminister Dr. Seidel.
I. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel . II. Interpellation der Landtagsfraktion der SPD zu dem Entwurf eines Bundesrundfunk-Gesetzes. III. Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet des Kostenrechts. IV. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Dienststrafordnung. V. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Unschädlichkeitszeugnis, des Ödlandgesetzes und des Gesetzes über die Erschließung von Baugelände. VI. Entwurf einer Verordnung über die Bestimmung der Obersten Dienstbehörde im Sinne des Kap. I des Bundesgesetzes zu Art. 131 GG. VII. Ausstellung von Gemälden der Alten Pinakothek in den Vereinigten Staaten von Amerika. VIII. Nachwahl in Lindau. IX. Personalangelegenheiten. X. Bundesratsangelegenheiten. XI. Deutsches Patentamt in München. XII. Versammlung der KPD in München. XIII. Bitte der Stadt Lichtenberg um Belassung des Finanzamts in Lichtenberg . XIV. Sender „Freies Europa“ . XV. Lage im oberbayerischen Kohlenbergbau . XVI. Lohnstreik im Bergwerk Hausham . XVII. Oberster Rechnungshof .
Dr. Ehard berichtet eingehend über die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundesrats vom 19.2.1953,2 in der das Israel-Abkommen besprochen worden sei. Die Bundesregierung sei durch die Minister der Finanzen und für Wirtschaft, ferner durch die Staatssekretäre Dr. Hallstein 3 und Westrick 4 und eine Reihe von Referenten vertreten gewesen.
MinisterpräsidentIsrael und die individuelle Wiedergutmachung stünden, nachdem das Abkommen ebenso wie der Deutschland-Vertrag festlegten, daß die Wiedergutmachung als solche weiter geführt werden müsse. Nachdem den Schätzungen des Bundesfinanzministeriums zufolge das Abkommen und die individuelle Wiedergutmachung insgesamt ca. 9 Milliarden betrage, sei zu fragen, ob die letztere nicht zeitlich verzögert werde, vorausgesetzt, daß sie überhaupt geleistet werden könne.5
Im Laufe der Aussprache habe er als Vorsitzender des Ausschusses die Frage aufgeworfen, in welchem Zusammenhang die Globalabfindung an den StaatIsrael-Abkommens auf das Verhältnis der Bundesrepublik zu den arabischen Staaten haben werde. Obwohl der Bundeskanzler selbst früher zweimal erklärt habe, besondere Wirkungen seien nicht zu erwarten, sei zweifellos in der letzten Zeit eine erhebliche Spannung eingetreten. Staatssekretär Westrick habe daraufhin im Ausschuß erklärt, er habe die Ermächtigung gehabt, mit den arabischen Staaten bis zu einem Angebot von 400 Millionen DM zu verhandeln, die Araber hätten aber dieses Angebot abgelehnt und die Beteiligung Deutschlands an dem Bau des großen Staudamms in Assuan bis zu jenem Betrag von 1,2 Milliarden DM verlangt.6 Westrick habe die Verhandlungen zwar nicht scheitern lassen, aber um Aussetzung gebeten, da er neue Instruktionen einholen müsse. Immerhin müsse man aber wohl damit rechnen, daß es zu einem ernsten Konflikt und vielleicht sogar zu einem Boykott komme, wenn die arabischen Forderungen abgelehnt würden.
Außerdem habe er sich erkundigt, welche Rückwirkungen die Ratifizierung desIsrael zur Sprache gebracht. Die Vertreter der Bundesregierung hätten geantwortet, hierüber müßten eigene Verhandlungen laufen, ebenso übrigens auch hinsichtlich der Behandlung der Heiligen Stätten, bei denen internationale Vereinbarungen zu treffen seien.
Außer diesen beiden besonders wichtigen Punkten habe er auch das Problem des deutschen Eigentums inAuswärtige Ausschuß darüber einig gewesen sei,7 habe Staatssekretär Dr. Hallstein zugesichert, die Flaggenfrage sofort zum Gegenstand einer Aussprache im Kabinett zu machen, was dann auch geschehen sei.8
Schließlich habe er dann auch noch die Flaggenfrage aufgegriffen, die übrigens auf einen deutschen Vorschlag zurückzugehen scheine. Zu diesem Punkt habe er ausdrücklich erklärt, es sei völlig ausgeschlossen, diese Forderung durch ein innerdeutsches Gesetz anzuerkennen. Nachdem sich derIn der Plenarsitzung des Bundesrats habe er dann das Israel-Abkommen nur in einem allgemein gehaltenen Bericht behandelt, nachdem vorher beschlossen worden sei, der Bundesrat werde nicht zustimmen; sondern nur9 erklären, er werde keine Einwendungen erheben. Er habe aber doch10 in der Plenarsitzung auf die Flaggenfrage nachdrücklich11 hingewiesen. Allzu große Befriedigung über das Abkommen könne man nicht haben, zumal ja das Hauptinteresse der individuellen Wiedergutmachung zu gelten habe, die jedenfalls hinter der Globalabfindung des Staates Israel zurücktreten werde. Interessant sei übrigens auch, daß Bundesfinanzminister Schäffer ausgeführt habe, der Bund könne diese Lasten nicht allein auf sich nehmen, sondern sei gezwungen, sie auch auf die Länder zu verteilen.
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Der Ministerrat nimmt diesen Bericht zur Kenntnis.Dr. Ehard gibt eine Interpellation der Landtagsfraktion der SPD bekannt, in der die Staatsregierung im Hinblick auf den jetzt vorliegenden Entwurf eines Bundesrundfunk-Gesetzes gefragt werde, ob sie zu diesem Entwurf Stellung nehmen wolle und welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedenke, um dieser Zentralisierung des Rundfunkwesens entgegen zu wirken.14
MinisterpräsidentBundesinnenminister den Bundesratsbevollmächtigten übergeben habe. Ferner werde er darauf hinweisen, daß es sich um ein Zustimmungsgesetz handle und die verfassungsrechtliche Seite des Entwurfs sehr genau geprüft werden müsse.
Er beabsichtige, die Interpellation selbst zu beantworten und vor allem zu erklären, es handle sich noch nicht um einen Gesetzentwurf, sondern eine Referenten-Arbeit, die derIn der Tat gehe dieser Entwurf auf eine Zentralisierung hinaus; er beabsichtige mehr oder weniger, den Rundfunkanstalten der Länder die notwendigen Mittel zu entziehen und Einfluß auf die Programmgestaltung auszuüben. Außerdem sei ein eigener Bundesrunkfunkrat wegen der Fernsehsendungen vorgesehen.
Wenn auch behauptet werde, die Selbständigkeit der Anstalten werde aufrecht erhalten, so sei dies in der Tat nicht der Fall. Bisher habe sich der Bundesrat schon durch seine Bevollmächtigten gewehrt, eine endgültige Stellungnahme sei aber erst dann möglich, wenn ein vollständiger Gesetzentwurf vorliege.15
Dr. Hoegner weist darauf hin, daß es an sich nicht üblich sei, schon einen Referenten-Entwurf an die Öffentlichkeit zu bringen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard kommt dann in diesem Zusammenhang auf den Rundfunk-Kommentar Walter von Cubes zu sprechen, der eine lebhafte Diskussion ausgelöst habe.16 Herr von Cube habe übrigens seine Ansicht über die Aufnahme der Flüchtlinge aus der Sowjetzone bereits in einem Vortrag im Akademisch-Politischen Klub entwickelt und darin mehr oder weniger das gleiche wie in seinem Kommentar gesagt.17
MinisterpräsidentBonn sei ihm bereits mitgeteilt worden, die Bundesregierung habe beschlossen, den Bundesinnenminister wegen dieses Kommentars einen Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten richten zu lassen. Noch am Abend des 20. Februar habe er in Bonn eine Abschrift dieses Briefes bekommen, während das Original ihm erst am Montag, den 23. Februar, um 9 Uhr, vorgelegt worden sei.18 Es sei recht merkwürdig, daß dieses Schreiben sofort an die Presse gegeben worden sei; so habe z.B. die Abendzeitung es schon am Samstag abgedruckt, so daß man eigentlich von einem offenen Brief sprechen könne.19 Er werde den Brief des Bundesinnenministers, der wohl bekannt sei, ungefähr in der Weise beantworten, daß die Staatsregierung keinerlei Einfluß auf den Rundfunk ausüben könne.20
InDr. Ehard stellt fest, daß durch diesen Gesetzentwurf, gegen den von keiner Seite Bedenken erhoben worden seien, die auf Landesrecht beruhenden Gebühren der Rechtsanwälte, Gerichtsvollzieher usw. der vom Bund mit Gesetz vom 7.8.1952 getroffenen Regelung angeglichen werden sollten.22
MinisterpräsidentLediglich die Staatskanzlei schlage zwei Änderungen vor, nämlich einmal, der Überschrift noch die Kurzbezeichnung „Kostenzuschlagsgesetz“ anzufügen, um die Zitierung des Gesetzes zu erleichtern und ferner in § 7 das Wort „Einvernehmen“ durch „Benehmen“ zu ersetzen. Dieser Vorschlag habe zum Ziel, den Einwand auszuschließen, eine auf Grund des § 7 erlassene Durchführungsbestimmung sei ohne Beteiligung eines zu beteiligenden Staatsministeriums erlassen worden.
Dr. Koch erklärt sich mit beiden Abänderungsvorschlägen einverstanden, worauf der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf mit dieser Maßgabe zuzustimmen.23
StaatssekretärDr. Ehard fährt fort, durch diesen vom Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge vorgelegten Entwurf solle die dienststrafrechtliche Angleichung der richterlichen Beamten der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit an die übrigen richterlichen Beamten erreicht werden. Nachdem keine Einwendungen erhoben worden seien, könne dem Entwurf wohl ohne weiteres zugestimmt werden.
Ministerpräsident25
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.Dr. Ehard weist darauf hin, daß auch gegen diesen Entwurf Bedenken nicht bestünden, vorgeschlagen werde lediglich, in § 2, 2. und 3. Zeile entsprechend der gewohnten Übung wie folgt zu zitieren:
Ministerpräsident„in Art. 42 Abs. 2 des Gesetzes über die Erschließung von Baugelände vom 4.7.1923 (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 273)“.
Außerdem müsse wohl § 4 anders gefaßt werden, nämlich folgendermaßen:
„Das Gesetz tritt am ... in Kraft“.
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Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf mit diesen beiden Änderungen zuzustimmen.Zietsch führt aus, hier habe sich insoferne eine Änderung ergeben, als in § 2 das Inkrafttreten der Verordnung jetzt auf den 15. März 1953 (statt 1. Januar 1953) festgelegt werden müsse.
StaatsministerMinisterpräsident Dr. Ehard hält es für richtig, die Verordnung nur auf Art. 77 Abs. 1 Satz 2 der Bayer. Verfassung zu stützen und nicht auch auf Art. 55 Nr. 2 Satz 2 Bayer. Verfassung,28 da diese Bestimmung auf die Ausführung von Bundesgesetzen nicht angewendet werden könne.
Zietsch stimmt diesem Vorschlag zu.
StaatsministerDr. Ehard noch eine Anregung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zu § 1 Abs. 2, der in der bisherigen Form die Zuständigkeit nicht ausreichend klar stelle. Die vom Staatsministerium des Innern vorgeschlagene Fassung laute wie folgt:
Anschließend verliest Ministerpräsident„(2) Die Entscheidung nach § 7 Abs. 2 des Gesetzes obliegt der obersten Landesbehörde, die in Bayern die Aufgaben der obersten Dienstbehörde im Sinne des BBG für vergleichbare bayerische Staatsbeamte wahrnimmt, bei Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände dem Staatsministerium des Innern, bei Nichtgebietskörperschaften...“.
Zietsch meint, auch dieser Anregung könne Folge geleistet werden, er wolle sie aber doch noch überprüfen lassen.
Staatsminister29
Der Ministerrat beschließt, der Verordnung grundsätzlich zuzustimmen, sie aber erst dann zu veröffentlichen, wenn das Staatsministerium der Finanzen der Staatskanzlei mitteile, daß es mit dem Vorschlag das Staatsministeriums des Innern einverstanden sei.Dr. Schwalber teilt mit, Generalkonsul Thayer dränge jetzt auf die endgültige Entscheidung, ob die Ausstellung zustandekomme oder nicht. Die in der Ministerratssitzung vom 10. Februar in Aussicht genommenen Verhandlungen mit dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds 31 und der Wittelsbach'schen Landesstiftung seien in der Zwischenzeit geführt worden, dabei habe Generaldirektor von Rauscher 32 folgende drei Bedingungen gestellt:33
Staatsministera) es müsse ein Versicherungsvertrag abgeschlossen werden;
b) außerdem sei ein weiterer Vertrag notwendig, der die Sicherheit biete, daß ein Arrest abgewendet werden könne;
34 zurückgebracht werden könnten, müßten sie durch die National Gallery in Washington verwahrt werden.
c) für den Fall, daß aus irgendwelchen Gründen Gemälde nicht sogleichDie Bedingungen unter b) und c) seien inzwischen schon erfüllt worden, auch der Umfang des unter a) vorgesehenen Versicherungsvertrages werde keine Schwierigkeiten bereiten.
Hanfstaengl versichert, daß keinerlei Bedenken bestünden und Schäden an den Gemälden so gut wie sicher nicht auftreten würden.
Was die konservatorische Seite betreffe, so habe jetzt GeneraldirektorDr. Ehard hält es noch für notwendig, über die Höhe der Versicherungsprämien zu verhandeln.
MinisterpräsidentDr. Schwalber fährt fort, die dritte Frage sei die, wer in den Vereinigten Staaten den Rechtsschutz über die Ausstellung übernehmen würde. Die Verhandlungen mit dem Auswärtigen Amt, die der Ministerrat vor 14 Tagen angeregt habe, seien noch nicht abgeschlossen, bisher hat sich lediglich die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes geäußert und zwar nicht gerade in einem sehr entgegenkommenden Ton.35
StaatsministerMinisterpräsident Dr. Ehard erklärt, wenn das Auswärtige Amt dafür sorge, daß die Deutsche Vertretung in den USA den Rechtsschutz übernehme, könnte man seines Erachtens zustimmen. Er sei dafür, jetzt zu einem Abschluß zu kommen und dabei lediglich die Frage des Rechtsschutzes noch offen zu lassen. Wenn allerdings das Auswärtige Amt diesen Vorschlag ablehne, müsse die Zustimmung zurückgezogen werden. Im übrigen liege die letzte Entscheidung beim Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus, das auch vom Ministerrat in dieser Sache nicht überstimmt werden sollte.
Dr. Schwalber stellt noch fest, daß Träger der Ausstellung nicht die amerikanische National-Galerie, sondern private Museen seien, mit denen auch der Vertrag abgeschlossen werden müsse. Die Entscheidung falle ihm persönlich nicht leicht, er sei aber bereit zuzustimmen, wenn alle Bedingungen erfüllt seien.
StaatsministerDr. Brenner drückt sein Erstaunen darüber aus, daß sich Generaldirektor Hanfstaengl entgegen seiner früheren Auffassung jetzt für die Ausstellung ausspreche. Was ihn selbst anlange, so bestünden seine Bedenken nach wie vor weiter, mit der Ausstellung sei doch ein Risiko verbunden, das auch durch eine Versicherung nicht gedeckt werden könne, abgesehen davon, daß Bayern zwei Jahre auf einen Teil seiner wertvollsten Gemälde verzichten müsse. Er könne sich nicht denken, daß alle Sicherungen gegen Klimaeinflüsse usw. ausreichten, zumal er erfahren habe, daß die Bilder der österreichischen Ausstellung jetzt in Wien zu einem erheblichen Teil restauriert werden müßten. Abschließend müsse er sagen, daß er dem Plan nicht zustimmen könne. Dabei verweise er auch auf das Schreiben der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes.36
StaatssekretärDr. Ehard unterstreicht die Bedeutung der amerikanischen Kreise, die sich für den Plan einsetzten und meint, der Eindruck werde in den Vereinigten Staaten doch sehr stark sein und dazu beitragen, neue Freunde für Bayern zu gewinnen. Er spreche sich nochmals dafür aus, der Ausstellung zuzustimmen, mit dem Vorbehalt, daß das Auswärtige Amt bzw. die Deutsche Vertretung in den Vereinigten Staaten die Obhut übernehme.
Ministerpräsident37
Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, der Ausstellung zuzustimmen.Dr. Hoegner macht darauf aufmerksam, daß durch das Ableben des Herrn Abg. Göttler 38 in Lindau eine etwas schwierige Situation entstanden sei. Bekanntlich habe der Landtag durch Gesetz beschlossen, daß keine Nachwahlen mehr stattfinden sollten, ein Gesetz, das vom Kreispräsidenten in Lindau 39 noch nicht übernommen und veröffentlicht worden sei.40 Eigentlich müsse also in Lindau jetzt eine Nachwahl stattfinden.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard bestätigt, daß dieses bayerische Gesetz erst durch den Kreispräsidenten veröffentlicht werden müsse. Trotzdem sei er aber der Meinung, es sei notwendig, einen Weg zu finden, damit in Lindau dieselbe Regelung wie im übrigen Bayern gelte. Im letzten Jahr sei mehr und mehr die ganze Verwaltung des Kreises Lindau von Bayern übernommen worden, so daß von dessen Sonderstellung nicht mehr viel übrig geblieben sei. Deshalb halte er es auch für richtig, dort keine Nachwahl stattfinden zu lassen und sich mit dem Kreispräsidenten darüber zu verständigen, daß er nachträglich das Gesetz über die Nachwahlen noch übernehme und veröffentliche; von französischer Seite würde sicher dagegen kein Einspruch erhoben werden. Er bitte den Herrn Staatsminister des Innern, in dieser Sache mit ihm Verbindung zu halten.
Ministerpräsident41
Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.Dr. Paul Friedrich,42 Dr. Erich Kaiser 43 und Dr. Ernst Hebeda 44 zu Ministerialräten zuzustimmen.
Der Ministerrat beschließt, der vom Staatsministerium der Finanzen beantragten Ernennung der Regierungsdirektoren im Staastministerium der FinanzenDr. Oechsle erkundigt sich, ob die Pressemitteilung zutreffe, daß die bayerischen Vertreter im Bundesrat gegen das Genossenschaftsgesetz gestimmt hätten, obwohl der Ministerrat anders beschlossen habe.45
a) StaatsministerDr. Gerner erwidert, die Pressemeldung stimme nicht, Bayern habe im Bundesrat zugestimmt, allerdings, wie vereinbart, in einem Punkt einen Antrag gestellt, der dann abgelehnt worden sei.46
MinisterialratDr. Oechsle fährt fort, bei den Landessozialgerichten sei die Senatsbesetzung vorgesehen gewesen; es sei dann ein entgegenstehender Antrag von Baden-Württemberg gekommen,47 für den sich angeblich auch48 Bayern ausgesprochen habe.49
b) StaatsministerStaatssekretär Dr. Ringelmann erwidert, der Antrag Baden-Württembergs sei gar nicht zum Zug gekommen, dagegen sei derjenige von Nordrhein-Westfalen und Bayern angenommen worden.50
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c) Verwaltungsabkommen über die PaßnachschauDr. Hoegner gibt bekannt, das Verwaltungsabkommen zwischen der Bundesregierung und Bayern wegen der Paßnachschau sei jetzt in Kraft getreten. Das Gesetz über die Organisation der Polizei zu ändern,52 sei nicht notwendig, so daß der Landtag mit der Angelegenheit nicht befaßt werden müsse. Er halte das Abkommen in jeder Weise für günstig, zumal es erstmals erst am 1.10.54 zum 1.4.55 gekündigt werden könne.
Stv. MinisterpräsidentDr. Hoegner teilt mit, angeblich seien Verhandlungen im Gange, das Patentamt von München nach Düsseldorf zu verlegen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Schwalber bestätigt dieses Gerücht und unterstreicht die Notwendigkeit, bald mit dem Neubau der ehemaligen Schweren Reiter-Kaserne54 für das Patentamt zu beginnen.
StaatsministerDr. Ehard sichert zu, sich wegen der angeblichen Verlegung des Patentamtes mit dessen Präsidenten 55 in Verbindung zu setzen.56
MinisterpräsidentDr. Hoegner erinnert daran, daß die vor zehn Tagen geplante Versammlung der KPD verboten worden sei, weil in Flugblättern der Bundes- und Staatsregierung Kriegshetze vorgeworfen worden sei. Die am letzten Samstag in der Winterbahn in München abgehaltene Versammlung, an der etwa 5 – 6 000 Menschen teilgenommen hätten, sei aufgelöst worden, als Reimann aufgefordert habe, die Bundesregierung zu stürzen. Anschließend berichtet Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner dann über die Einzelheiten der Auflösung.
Stv. MinisterpräsidentKPD müsse man sich ernstlich die Frage überlegen, ob man nicht künftig ihre Versammlungen auf Grund des Art. 102 des Polizeistrafgesetzbuches von vornherein verbieten solle. Er schlage vor, einen Beschluß zu fassen, wonach das Staatsministerium des Innern die Stadt München anzuweisen habe, in der nächsten Zeit alle KPD-Versammlungen zu verbieten, nachdem diese mehr und mehr zu Gewaltakten greife.
Angesichts des Verhaltens derDr. Oberländer fügt hinzu, auch in den Flüchtlingslagern zeige sich mehr eine intensive Propaganda-Tätigkeit der Kommunisten, die die Heimatvertriebenen dadurch zu beeinflussen suchten, daß sie behaupteten, für die Sowjetzonen-Flüchtlinge geschehe alles, für die Heimatvertriebenen aber nichts.
StaatssekretärDr. Hoegner fährt fort, ein Verbot habe die Wirkung, die öffentliche Tätigkeit der kommunistischen Partei58 zu unterbinden, während sie natürlich nach wie vor im Untergrund weiterarbeiten könnte. Immerhin würde durch ein Verbot der Versammlungen aber doch der Einfluß auf die Masse der Bevölkerung nachlassen. Natürlich könne es sich nur um ein zeitweiliges Verbot handeln. Im übrigen verweise er nochmals auf die in Penzberg vorgenommenen Verhaftungen, bei denen sich doch herausgestellt habe, welch intensive Vorbereitungen die KPD-Funktionäre betrieben; das Bundesobergericht habe inzwischen die Haftbefehle bestätigt.
Stv. MinisterpräsidentKPD-Versammlungen zu verbieten seien.59
Der Ministerrat beschließt, das Staatsministerium des Innern zu beauftragen, die Stadt München anzuweisen, daß in der nächsten Zeit alleDr. Ehard gibt eine Eingabe der Stadt Lichtenberg bekannt, in der gegen die geplante Verlegung des Finanzamts von Lichtenberg nach Naila protestiert werde.61 U.a. wird behauptet, diese Verlegung müsse auf die Bevölkerung der Stadt, die an sich schon durch ihre Lage unmittelbar an der Zonengrenze schwer belastet sei, die nachteiligsten Wirkungen haben.
MinisterpräsidentZietsch erwidert, er sei der Abgeordnete dieses Wahlkreises und müsse sich für diese Maßnahme aussprechen, da es sich um eine nun einmal notwendige Verwaltungsvereinfachung handle. Alle übrigen Ämter des Landkreises befänden sich in Naila und für den überwiegenden Teil der Bevölkerung sei es zweckmäßig, wenn auch das Finanzamt dorthin verlegt werde.62
StaatsministerDr. Guthsmuths bestätigt, daß Lichtenberg in seiner Beschwerde übertreibe und die Verlegung des Finanzamts mit guten Gründen gerechtfertigt werden könne.63
StaatssekretärDr. Ehard teilt mit, daß am kommenden Freitag der Auswärtige Ausschuß des Bundestages nach München komme, um den Sender „Freies Europa“ zu besichtigen. Er habe dies nicht unmittelbar vom Bundestag erfahren und werde deshalb von dem Besuch keine Notiz nehmen.
MinisterpräsidentEs wird festgestellt, daß auch den übrigen Herren Ministern von dieser Besichtigung nichts bekannt ist.
Dr. Ehard erkundigt sich, ob in der Frage des oberbayerischen Kohlenbergbaus, die im Ministerrat vom 10.2.1953 behandelt worden sei, neue Feststellungen getroffen werden konnten.
MinisterpräsidentDr. Guthsmuths erwidert, er habe die Sache im Bundeswirtschaftsministerium geklärt. Dieses habe zugesichert, einen Antrag auf Bildung eines Mischpreises für gewerbliche und Hausbrandkohle wohlwollend zu prüfen, wenn er vom bayerischen Kabinett unterstützt werde. Man lege aber im Bundeswirtschaftsministerium Wert darauf, daß diesem Antrag ein Kabinettsbeschluß zugrunde gelegt werde.
StaatssekretärDr. Oechsle erklärt, ursprünglich sei er gegen den Plan, einen Mischpreis einzuführen, gewesen. In der Zwischenzeit habe er sich aber überzeugt, daß dies doch im Interesse der gewerblichen Wirtschaft zweckmäßig sei.
StaatsministerDr. Guthsmuths fährt fort, er sei sich bewußt, daß damit die endgültige Entscheidung nur um zwei Monate verschoben sei und in der Zwischenzeit versucht werden müsse, Absatzmöglichkeiten für die oberbayerische Kohle zu schaffen. In den letzten Wochen seien übrigens mit Ausnahme von Hausham die Haldenbestände etwas zurückgegangen.
StaatssekretärBundeswirtschaftsministerium stellen könne.
Er bitte um die Zustimmung des Ministerrats, daß das Wirtschaftsministerium den Antrag beim66
Der Ministerrat beschließt, zuzustimmen.Dr. Oechsle führt aus, zwischen dem Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr und dem Arbeitsministerium sei in folgender Sache eine Meinungsverschiedenheit aufgetreten:
StaatsministerHausham ein Lohnstreik stattgefunden.67 Daraufhin habe sich das Wirtschaftsministerium an das Bundeswirtschaftsministerium, das gerade einen Entwurf über ein Streikverbot bearbeitet habe, gewandt und erklärt, der Vorfall in Hausham gebe Veranlassung, bei der Bearbeitung des Gesetzentwurfes auf derartige Fälle besonders aufmerksam zu machen.68 Bekanntlich sei sowohl der Landtag wie die bayerische Staatsregierung der Meinung gewesen, daß ein bayerisches Gesetz über ein Streikverbot nicht notwendig sei.69 Das Schreiben des Wirtschaftsministeriums sei dann auf einem Umweg über das Bundesarbeitsministerium dem bayerischen Arbeitsministerium zur Stellungnahme zugegangen. Dabei hätte doch diese Angelegenheit ohne weiteres zwischen den beteiligten bayerischen Ministerien geregelt werden können. Er nehme natürlich an, daß weder Herr Staatsminister Dr. Seidel noch Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths von diesem Brief an das Bundeswirtschaftsministerium, den Ministerialdirigent Dr. Zehler 70 am 6.8.1952 unterschrieben habe, Kenntnis gehabt hätten. Jedenfalls werde er Herrn Staatsminister Dr. Seidel, der heute nicht anwesend sei, bitten, diesen Brief zurückzuziehen.
Ende Juli 1952 habe im BergwerkDr. Ehard drückt seine Verwunderung über diesen Vorfall aus und betont, die Sache gebe Veranlassung, erneut in allen Ressorts darauf aufmerksam zu machen, daß Abteilungsleiter oder Referenten sich nicht selbständig an Bundesministerien zu wenden hätten.
MinisterpräsidentDr. Ehard kommt dann auf die letzte Senatssitzung zu sprechen,72 in der der Präsident des Obersten Rechnungshofs u.a. auch die Verwendung des Dispositionsfonds im Justizministerium beanstandet habe.73 Das Protokoll der Senatssitzung liege ihm noch nicht vor, aus den Pressemitteilungen sei aber zu entnehmen, daß jedenfalls der Eindruck entstanden sei, die Regierung habe in unverantwortlicher Weise Gelder verschleudert. Es müsse nun wirklich ein Modus gefunden werden, daß sich Präsident Kallenbach nicht weiter in dieser Weise äußere.
MinisterpräsidentZietsch wirft ein, die Vorwürfe seien nicht vom Präsidenten des Obersten Rechnungshofes, sondern von einzelnen Mitgliedern des Senats ausgegangen. Er sei der Meinung, daß der Senat seine Befugnisse überschritten habe.
StaatsministerDr. Hoegner verweist auf Art. 80 der Bayer. Verfassung und die übrigen Verfassungsbestimmungen, welche die Rechte des Senats regelten.74 Allerdings sei in § 21 des Rechnungshofgesetzes vom 6.10.1951 festgelegt,75 daß der Oberste Rechnungshof seinen Bericht gleichzeitig dem Staatsministerium der Finanzen, dem Landtag und dem Senat zu übermitteln habe, worauf dann der Landtag nach Anhörung des Senats beschließt. Hier seien dem Senat in der Tat Rechte eingeräumt worden, die ihm nach der Verfassung nicht zuständen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ringelmann bemerkt, früher sei man mit dem Obersten Rechnungshof noch immer einig geworden, heuer aber entstünden mehr und mehr Schwierigkeiten.
StaatssekretärDr. Ehard erklärt, in nächster Zeit sowohl mit dem Präsidenten des Senats wie mit Präsident Kallenbach sprechen zu wollen.76
Ministerpräsident