2S. die Materialien in MWi 23010, hier insbes. die Abschrift der Niederschrift über die Besprechung am 2. 2. 1951 hinsichtlich Zuständigkeit auf dem Gebiet der wirtschaftlich-technischen Angelegenheiten und der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe; Vormerkung (Entwurf) betr. Abgrenzung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der sog. wirtschaftlich-technischen Angelegenheiten vom 3. 2. 1951; Vormerkung von MinRat Kratzer (StMWi) betr. Zuständigkeitsabgrenzung in Fragen der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe und der wirtschaftlich-technischen Angelegenheiten vom 9. 2. 1951. Das StMI beanspruchte auf dem Gebiet des Dampfkesselwesens aufgrund seiner Zuständigkeit für Fragen der öffentlichen Sicherheit und des Feuerschutzes die Federführung, das StMArb argumentierte dagegen, daß es sich bei der Aufsicht über Dampfkesselanlagen primär um Angelegenheiten des Arbeitsschutzes handle.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob die Angelegenheit, die wegen des Urlaubs von Herrn Staatsminister Dr. Oechsle zurückgestellt worden sei, heute behandelt werden könne?
2Staatsminister Dr. Oechsle erwidert, er werde die Frage der Zuständigkeit bei wirtschaftlich-technischen Angelegenheiten mit Herrn Staatsminister Dr. Hoegner persönlich unter Zuziehung der Referenten besprechen. Er halte es nicht für erforderlich, den Ministerrat nochmals mit der Angelegenheit zu befassen und glaube, daß er sich mit dem Herrn Innenminister einigen könne.3
3Die Zuständigkeit für das Dampfkesselwesen verblieb in der Folge beim StMArb.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, das Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten habe im Einvernehmen mit dem Finanzministerium einen Antrag auf vorgriffsweise Genehmigung der im außerordentlichen Haushalt für das Rechnungsjahr 1951 vorgesehenen Bauausgaben für die Ausbaggerung des Schiffslandesteges der staatlichen Schiffahrt in Dießen am Ammersee mit dem Ersuchen um Weiterleitung an den Landtag vorgelegt. Der Antrag werde damit begründet, daß die Ausbaggerung in der nächsten Zeit unter besonders günstigen Bedingungen durchgeführt werden könne.
2Staatsminister Zietsch erklärt, das Finanzministerium habe bereits zugestimmt und die Weiterleitung an den Landtag könne sofort erfolgen.
3Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.4
4MPr. Ehard leitete den Antrag am 23. 8. 1951 an den Landtagspräsidenten. Der Landtag billigte den Antrag in seiner Sitzung vom 16. 10. 1951. S. BBd.
II Nr. 1251 ; StB.
II S. 423 .
5S. im Detail StK-GuV 618. Durch das Gesetz, so der § 1 des Entwurfs, sollte das Staatsministerium der Finanzen ermächtigt werden, zur Bestreitung von außerordentlichen Haushaltsausgaben im Rechnungsjahr 1951 Mittel bis zum Höchstbetrag von 400 Mio DM auf dem Kreditwege zu beschaffen und ferner, so § 2 des Entwurfs, „zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Staatshauptkasse bis zu 200 Millionen DM als Kassenkredite aufzunehmen.“ Nötig war diese Kreditaufnahme, da im Rechnungsjahr 1951 aufgrund des Fehlbetrages des Rechnungsjahres 1949 in Höhe von rund 148,6 Mio DM sowie des Fehlbetrages des außerordentlichen Haushalts 1950 in Höhe von rund 83,1 Mio DM eine „außerordentliche Vorbelastung der Kassenlage“ bestand.
1Staatsminister Zietsch führt aus, dieses vorläufige Kreditermächtigungsgesetz sei notwendig, da die Kreditermächtigung des Rechnungsjahres 1950 mit Ablauf dieses Rechnungsjahres verfallen sei. Das Finanzministerium könne mit Rücksicht auf die Kassenlage mit der Aufnahme neuer Kredite nicht mehr bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 1951 zuwarten und bedürfe deshalb dieses vorläufigen Gesetzes.
2Der Ministerrat beschließt, keine Erinnerungen zu erheben und den Gesetzentwurf Landtag und Senat zuzuleiten.6
6Zum Fortgang s. Nr. 54 TOP I.
7Vgl. CSU-Landesgruppe Dok. Nr. 38 S. 49.
1Der Ministerrat beschließt, gemäß Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner, den Termin für die durch das Ableben des Herrn Abg. Dr. Wittmann8 notwendig gewordene Nachwahl im Stimmkreis Staffelstein-Lichtenfels auf den 23. September 1951 festzusetzen.8Dr. jur. Julian Wittmann (1891–1951), Rechtsanwalt, 1945 Bürgermeister von Lichtenfels, 1946 Mitgl. der Verfassunggebenden Landesversammlung, 1946–1951 MdL (CSU).
9Vgl. Nr. 50 TOP I, Nr. 51 TOP I u. II.
1Ministerpräsident Dr. Ehard faßt kurz die Ereignisse der letzten Tage zusammen und stellt fest, daß also nun tatsächlich die Entscheidung für die Westlösung gefallen sei.10
10Mit Fernschreiben vom 15. 8. 1951 an MPr. Ehard hatte die Dienststelle Blank Mitteilung von einer für den 17. 8. 1951 von HICOG in Parsberg angesetzten abschließenden Besprechung der Truppenübungsplatzerweiterung gemacht (StK 15116). Am 16. 8. 1951 fand hierzu in der Bayer. Staatskanzlei unter dem Vorsitz von MPr. Ehard eine vorbereitende Konferenz statt; Teilnehmer waren MinRat v. Gumppenberg, Staatsrat Rattenhuber, Dr. Kurtz (Landesplanung), ORR Knöringer (StMF), RegDir Müller (StMELF), Oberforstmeister Heckel (Ministerialforstabteilung), RegDir Michael Norgauer (Regierungsforstamt Regensburg; zur Person s. Rösler, Obristforstmeister S. 612), v. Kretschmar (Bezirksplanungsstelle Regensburg) sowie MinDirig Weiß (Ministerialforstabteilung). S. hierzu das fälschlich als „Niederschrift über die Ministerratssitzung vom 16. Aug. 1951 16 h in der Staatskanzlei“ titulierte Protokoll von MinDirig Weiß, 20. 8. 1951 (MELF 3922). An den von Augustus B. Hill, Assistant Deputy Land Commissioner (Office of the Land Commissioner for Bavaria) geleiteten Abschlußverhandlungen in Parsberg am 17. 8. 1951 nahmen auf amerikanischer Seite teil Vertreter von HICOG und EUCOM, auf deutscher Seite unter der Leitung von Staatssekretär Guthsmuths Vertreter des Bayer. Staatsregierung und die Landräte von Parsberg, Neumarkt, Amberg und Burglengenfeld sowie zwei Vertreter der Dienststelle Blank. Im Verlauf dieses Treffens wurde die von EUCOM ja bereits im Vorfeld – ohne das Wissen der Bayer. Staatsregierung – verworfene Norderweiterung von den Amerikanern endgültig kategorisch abgelehnt. Als Ergebnis des Treffens wurde eine Westerweiterung des Truppenübungsplatzes Hohenfels beschlossen mit einem Grenzverlauf, der fast genau mit der bereits am 7. 8. 1951 in Amberg verhandelten sogenannten verkleinerten Westlösung übereinstimmte (vgl. Nr. 50 TOP I Anm. 15). S. hierzu auch die in MELF 3922 enthaltene Karte, ferner zu den oben im Protokolltext folgenden Ausführungen von Staatssekretär Guthsmuths im Detail: Bericht von RegDir Müller (StMELF) über die Besprechung mit den militärischen Dienststellen der Besatzungsmacht (EUCOM und HICOG) wegen des Truppenübungsplatzes Hohenfels am 17. August 1951 in Parsberg, 20. 8. 1951; Vormerkung des StMWi-Landesplanungsstelle betr. Wiederverwendung und Erweiterung des Truppenübungsplatzes Hohenfels, 18. 8. 1951; Schreiben von Staatsrat Rattenhuber an MPr. Ehard, 30. 8. 1951 (StK 15116); Vormerkung von MinDirig Weiß (Ministerialforstabteilung) betr. Truppenübungsplatz Hohenfels, 20. 8. 1951 (MELF 3922).
2Staatssekretär Dr. Guthsmuths führt aus, in der Vorbesprechung vor der Sitzung mit den amerikanischen Offizieren hätten Dr. Loosch11 und Herr Freyer12 lediglich nur einen Vorschlag dargelegt, der nur ein ca. 4,8 km breites Stück im Norden und damit praktisch nur den Hirschwald umfaßt habe. Als dann die Amerikaner von diesem Plan hörten, seien sie sehr erstaunt gewesen und hätten erklärt, HICOG habe doch bereits am 7. August 1951 der Dienststelle Blank mitgeteilt, daß die Nordlösung überhaupt nicht in Betracht käme.13 Trotzdem sei noch ungefähr 1/2 Stunde über die etwaige Nordlösung beraten worden, bis dieser Plan dann endgültig als erledigt bezeichnet worden sei. Trotz seiner Aufforderung habe bei dieser Diskussion Herr Freyer überhaupt nicht das Wort ergriffen.11Dr. jur. Gerhard Loosch (1894–1965), Jurist, 1914–1919 Teilnahme am Ersten Weltkrieg (Reserveoffizier), 1924–1945 Intendanturbeamter, 1939 Generalintendant, 1945–1947 amerikanische Kriegsgefangenschaft, 1947–1950 Tätigkeit als Rechtsanwalt, 1950 Eintritt in das BMF, 1951–1955 MinDir und Leiter der Abt. Unterbringung in der Diensstelle Blank bzw. im BMVtg, 1956–1959 Präsident der Wehrbereichsverwaltung IV. S. Krüger, Amt S. 193.12Joachim F. Freyer (geb. 1908), Berufssoldat, 1928 Eintritt in die Reichswehr, 1931 Leutnant, 1942 Major i.G., 1944 Oberst i.G., 1940–1943 Stabsstellen in verschiedenen Panzerverbänden, 1943–1945 Abteilungsleiter beim Generalinspekteur der Panzertruppen, 1948–1951 Geschäftsführer des Bayer. Roten Kreuzes, 1951–1955 Tätigkeit bei der Dienststelle Blank und im BMVtg im Angestelltenverhältnis, 1955 Brigadegeneral, 1956–1958 Senioroffizier beim NATO-Stab Alliierte Streitkräfte Mitteleuropa, 1958–1961 Stellvertretender Divisionskommandeur, 1961–1968 General der Technischen Truppen im Truppenamt, 1965 Generalmajor. S. Krüger, Amt S. 188.13Diese Mitteilung von HICOG an die Dienststelle Blank in den einschlägigen Akten des BayHStA nicht ermittelt.
3Es sei dann notwendig gewesen, wenigstens den Versuch zu machen, die Westlösung so klein als möglich zu halten; unter anderem habe er versucht, den nordwestlichen Streifen der Erweiterung einzusparen, dies sei aber abgelehnt worden. Immerhin habe man eine erhebliche Einsparung im Hinterland von Velburg erzielen können, so daß die jetzige, wohl endgültige Linie im Westen der bereits früher vorgeschlagenen grünen Linie entspreche.
4Ministerpräsident Dr. Ehard drückt sein Befremden darüber aus, daß die Dienststelle Blank noch in den letzten Tagen in einer Reihe von Fernschreiben die Nordlösung nicht nur als den besten Ausweg, sondern als wahrscheinlichste Lösung bezeichnet habe,14 obwohl ihr doch ein völlig entgegengesetztes Schreiben von HICOG bekannt gewesen sei. Er schlage deshalb vor, in einem Brief an den Bundeskanzler sehr energisch auf die merkwürdigen Methoden der Dienststelle Blank hinzuweisen.15
14Vgl. die Fernschreiben der Dienststelle Blank an MPr. Ehard vom 9. 8. 1951, 10. 8. 1951 und 15. 8. 1951 (StK 15116).15Schreiben von MPr. Ehard an Bundeskanzler Adenauer, 24. 8. 1951. Darin führte MPr. Ehard u. a. aus: „Was die Beschlagnahme des ehemaligen Truppenübungsplatzes Hohenfels betrifft, so wurde von den Vertretern der Dienststelle Blank wiederholt schriftlich und mündlich ausdrücklich erklärt, dass die Erweiterung nach Norden nicht nur für die betroffene Bevölkerung vorteilhafter sei, sondern auch mit grösster Wahrscheinlichkeit von der Besatzungsmacht angenommen werde. Obwohl die Bayerische Staatsregierung von Anfang an Bedenken gegen die sogenannte Nordlösung hatte, besonders im Hinblick auf die Tatsache, dass die Amerikaner lediglich die Westerweiterung gefordert hatten, wurde schliesslich beschlossen, gleichfalls die Erweiterung nach Norden vorzuschlagen. Diese Entscheidung wurde auch der betroffenen Bevölkerung mitgeteilt. Bei der letzten endgültigen Besprechung am 17. 8. 1951 in Parsberg stellte sich nun zur grössten Überraschung aller Beteiligten heraus, dass HICOG bereits am 7. 8. der Dienststelle Blank eröffnet hatte, eine Erweiterung des Übungsplatzes [nach Norden] komme aus einer Reihe von Gründen überhaupt nicht in Frage und die Amerikaner müssten auf ihrer Forderung der Westerweiterung bestehen bleiben. Die Dienststelle Blank hat also die Bayerische Staatsregierung nicht nur von dieser als endgültig zu bezeichnenden Mitteilung von HICOG nicht verständigt, sondern auch nach wie vor, u. a. mit Fernschreiben vom 9. 8. und 15. 8., die Nordlösung als allein wünschenswert und durchführbar bezeichnet. Durch dieses Vorgehen sind nicht nur der Bayerischen Staatsregierung eine Reihe von Schwierigkeiten erwachsen, sondern vor allem bei der betroffenen Bevölkerung Hoffnungen erweckt worden, die jetzt bitter enttäuscht werden mussten und die Betroffenen besonders bedrücken. Die Bayerische Staatsregierung muss grössten Wert darauf legen, von der Dienststelle Blank in Zukunft völlig offen und rückhaltlos über alles, was mit der Beschlagnahme von Gelände, Gebäuden usw. zusammenhängt, unterrichtet zu werden, da sie ja wieder verpflichtet ist, der Bevölkerung Aufschluss zu geben und etwa notwendige Massnahmen rechtzeitig zu ergreifen. Ich darf Sie bitten, auch insoweit auf Ihren Beauftragten einwirken zu wollen.“ (StK 15116).
5Dieser Vorschlag findet die einmütige Zustimmung des Kabinetts.
6Staatssekretär Dr. Guthsmuths fährt fort, auf Anfrage der Amerikaner habe er erwidert, keinen Räumungsplan aufstellen zu können; dadurch habe er erreicht, daß von amerikanischer Seite der Räumungsplan in drei Etappen über die Dienststelle Blank bekanntgegeben werde.16 Nach einer Mitteilung des Herrn Staatsministers Dr. Schlögl vom 24. August 1951 wird bereits vermessen, aber ohne Zuziehung deutscher Stellen.17
16Vgl. unten Anm. 18.17Dieser Satz hs. Ergänzung v. Gumppenbergs (mit Datierung vom 25. 8. 1951) im Registraturexemplar (StK-MinRProt 16). Am Donnerstag, den 23. 8. 1951, befand sich StM Schlögl in Parsberg. S. hierzu den Bericht über die Besprechung in Parsberg wegen Räumung des ehemaligen und erweiterten Truppenübungsplatzes Hohenfels, am 23. 8. 1951 (MELF 460); Niederschrift betr. Truppenübungsplatz Hohenfels von MinDirig Weiß (Ministerialforstabteilung), 24. 8. 1951 (MELF 3922). Wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit wurde StM Schlögl über die von den Amerikanern bereits begonnenen Vermessungsarbeiten informiert. Über die Tätigkeit von US-Vermessungskommissionen in der Zeit vom 23.–25. 8. 1951 berichtete auch ORR Hertrich (Oberste Siedlungsbehörde) in einem Schreiben an MdB Maria Probst, 28. 8. 1951 (MELF 460); vgl. ferner das Fernschreiben (Abschrift) von Staatssekretär Guthsmuths an die Dienststelle Blank, 28. 8. 1951, in dem auf einer Beteiligung bayerischer Vertreter an den Vermessungsarbeiten insistiert wurde (StK 15116).
7Wichtig sei auch, daß nun eine gemischte Vermessungskommission gebildet werde, um die endgültigen Grenzen festzustellen. Er hoffe zuversichtlich, daß man damit noch einiges erreichen könne, zumal sich die Amerikaner recht entgegenkommend gezeigt hätten.
8Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß eine Beschlagnahmeverfügung bis jetzt noch nicht da sei, ebensowenig eine Mitteilung über die Räumungsfristen.18 Jedenfalls müsse jetzt sofort ein Plan aufgestellt werden, wie und wohin die Leute umgesiedelt werden könnten.18Der Räumungsplan für das Hohenfelser Truppenübungsplatzgelände wurde der Bayer. Staatsregierung am 29. 8. 1951 vom Landeskommissariat übermittelt. S. das Schreiben von Augustus B. Hill, Assistant Deputy Land Commissioner, an MinDirig Schwend, 29. 8. 1951, mit anliegender Karte (StK 15116). In vier Schritten sollte bis zum 1. 10. das Kasernengebiet im zentralen Südteil des alten Übungsgeländes geräumt werden, bis zum 15. 10. der Ostteil („Area A“), zum 1. 11. dann zum Großteil das westliche Gebiet des alten Truppenübungsplatzes („Area B“), zuletzt zum 15. 11. die „Area C“, die ungefähr der neuen Westerweiterung entsprach.
9Staatsminister Dr. Schlögl teilt mit, gestern habe er alle Sachverständigen bei sich gehabt, um einen Plan für die Evakuierung der Bauern entwerfen zu können.19 Dabei müsse man zwischen den Einheimischen und den Heimatvertriebenen unterscheiden. Insgesamt handle es sich um 174 Familien von Flüchtlingsbauern auf dem alten Übungsplatz, nämlich 146 Vollbauern und 28 Nebenerwerbssiedlungen und um 171 eingesessene Bauernfamilien im Erweiterungsgebiet. Die Flüchtlingsbauern müßten zuerst räumen, da zweifellos der Übungsplatz selbst zuerst für die Räumung in Frage komme. Zunächst habe er angeordnet, daß alle Landzuweisungen auf Grund des Reichssiedlungsgesetzes von 1919 unterblieben.20 Er sei überzeugt, daß es gelingen werde, alle Flüchtlingsbauern unterzubringen, mit den Einheimischen sei es allerdings sehr viel schwieriger. Bekanntlich müßten die Flüchtlingsbauern in den sogenannten ausgelaufenen Höfen untergebracht werden. Weiter stünden 73 Vollbauernstellen und sieben Nebenerwerbsstellen aus der Bodenreform zur Verfügung,21 hier fehlten allerdings die Gebäude; dabei müsse er besonders betonen, daß hier alle Hemmungen seitens der Baubehörden wegfallen müßten. Auf Grund des Reichssiedlungsgesetzes könne er auch einheimische Bauern ansiedeln, er brauche dazu aber die Deckung des Ministerrats, der dazu noch beschließen müsse, daß sofort auf den 73 Vollbauernstellen gebaut werden dürfe.19Ein Protokoll oder eine Dokumentation dieses Sachverständigentreffens im StMELF in den einschlägigen Akten nicht ermittelt. Ein Ergebnis des Treffens ist aber der undatierte „Kurzbericht über die Beschlagnahme des erweiterten Truppenübungsplatzes Hohenfels mit Vorschlägen des Bayer. Staatsministers Dr. Schlögl“ (StK 15116 u. MELF 460). Die oben im Protokolltext folgenden Ausführungen von StM Schlögl entsprechen inhaltlich weitgehend diesem Kurzbericht.20Das nach wie vor gültige Reichssiedlungsgesetz vom 8. August 1919 (RGBl. S. 1429 ) diente der Förderung der Besiedlung des ländlichen Raumes. Der § 1 des Gesetzes formulierte bezüglich der allgemeinen Bestimmungen u.a.: „Die Bundesstaaten sind verpflichtet, wo gemeinnützige Siedlungsunternehmungen nicht vorhanden sind, solche zu begründen zur Schaffung neuer Ansiedlungen sowie zur Hebung bestehender Kleinbetriebe, doch höchstens auf die Größe einer selbständigen Ackernahrung, soweit das dazu erforderliche Land auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes beschafft werden kann.“ Der § 4 des Gesetzes bestimmte ein Vorkaufsrecht der gemeinnützigen Siedlungsunternehmungen auf landwirtschaftliche Grundstücke bis zu einer Größe von 25 ha.21Zur Bodenreform in Bayern nach 1945 s. Enders, Bodenreform.
10Staatsminister Zietsch wirft ein, er habe sich mit dem Bundesfinanzministerium in Verbindung gesetzt und die Mitteilung erhalten, daß eine verbindliche Zusage über 20 Millionen DM, die für die Umsiedlung erforderlich seien, erst gegeben werden könne, wenn alle Unterlagen im einzelnen vorlägen.22 In allen Fällen bis zu einem Betrag von 50000 DM könne aber auf Landesebene von Bayern aus entschieden werden, also hauptsächlich bei den Nebenerwerbssiedlungen. Bei den anderen sei es aber notwendig, sobald wie möglich die Unterlagen beizubringen, damit dann der Bund einen Bevollmächtigten entsenden könne.22Am 20. 8. 1951 hatte das StMF das BMF fernmündlich über die geschätzten Kosten der Umsiedlungsaktion in Hohenfels in Höhe von 50 Mio DM unterrichtet; die Bereitstellung von 20 Mio DM erklärte das StMF für die Durchführung sofortiger Umsiedlungsmaßnahmen für dringlich. S. hierzu sowie zu den weiteren Ausführungen von StM Zietsch im Ministerrat die Vormerkung (Abschrift) betr. Truppenübungsplatz Hohenfels; hier: Bundesmittel für die Umsiedlung der von der Räumung betroffenen Personen, 20. 8. 1951 (MF 79912).
11Staatsminister Dr. Schlögl erwidert, er fahre selbst am Donnerstag nach Hohenfels23 und werde dafür sorgen, daß die Unterlagen sehr rasch geliefert würden. Für ihn sei aber vor allem die Frage wichtig, ob er mit dem Bau der 73 Häuser für die Vollbauernstellen beginnen könne; er benötige dazu einen Vorschuß von ungefähr 2 Millionen DM.23S.o. Anm. 17.
12Ministerpräsident Dr. Ehard hält es auch für notwendig, die Unterlagen so genau und so rasch wie möglich zu besorgen, damit dann von Bayern aus ein Vertreter persönlich mit den Bundesstellen verhandeln könne. Der Bundeskanzler selbst habe schriftlich zugesagt, daß Bayern jede Hilfe bekommen werde.24
24MPr. Ehard bezieht sich hier wahrscheinlich auf ein Schreiben Adenauers vom 13. 7. 1951, das noch den Truppenübungsplatz Hammelburg zum Gegenstand hatte. Zum Wortlaut dieses Schreibens in Auszügen s. Nr. 50 TOP I Anm. 10.
13Staatsminister Dr. Schlögl erkundigt sich nochmals, ob er sofort mit dem Bau beginnen könne.
14Staatsminister Zietsch erwidert, einen Vorschuß von 2 Millionen DM könne er ohne weiteres jetzt schon hergeben.
15Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht Herrn Staatsminister Dr. Schlögl, ihm eine kurze Vormerkung zu geben, damit er die Landbauämter entsprechend anweisen könne.
16Staatsminister Dr. Schlögl fährt fort, ein Teil der 73 Vollbauernstellen könne wohl für einheimische Bauern verwendet werden, da die Flüchtlinge größtenteils schon durch das Reichssiedlungsgesetz unterkommen würden. Es sei aber dazu erforderlich, daß eine Schätzungskommission zusammentrete, für die er schon entsprechende Vorschläge gemacht habe.
17Staatssekretär Dr. Oberländer hält es für notwendig, daß zu den vom Landwirtschaftsministerium vorgesehenen Vertretern auch ein Vertreter der heimatvertriebenen Bauern komme.
18Staatsminister Dr. Schlögl stellt fest, daß die Flüchtlingsbauern von einer anderen Kommission betreut werden müßten, da sie noch nicht Eigentümer des Grundbesitzes seien; insoweit müsse die Initiative von Herrn Staatssekretär Dr. Oberländer ausgehen. Hier komme ja keine Entschädigung für den Grund und Boden in Frage, der den Bauern noch nicht gehöre.
19Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt, die in Ziff. 5 der Vormerkung des Herrn Landwirtschaftministers vorgesehene Kommission sehe ganz gut aus,25 es müsse aber auf alle Fälle in ihr auch ein Vertreter der Besatzungskostenverwaltung dabei sein. Das Reichsleistungsgesetz anzuwenden,26 stoße übrigens auf Schwierigkeiten, er rate deshalb an, nicht eine genaue gesetzliche Grundlage abzuwarten, sondern zu versuchen, die Dinge im Wege der Verständigung durchzuführen.25Bezug genommen wird auf den oben in Anm. 19 angeführten Kurzbericht. Unter Ziff. 5 führte dieser aus: „Zur Beschaffung geeigneter Unterlagen für die Regelung der Entschädigungsfrage wird sich die Einsetzung einer Schätzungskommission empfehlen. Diese besteht zweckmäßigerweise aus a) 1 Vertreter der Regierung der Oberpfalz als Vorsitzenden, b) dem Direktor des Landwirtschaftsamtes Parsberg, c) 1 Vertreter der Bayer. Bauernverbandes – Kreisdirektion Regensburg, d) 1 Sachverständigen der Bayer. Landessiedlung, e) je 1 Vertreter, der von den zuständigen Landräten benannt wird.“26Gemeint ist das nach wie vor gültige Gesetz über Sachleistungen für Reichsaufgaben (Reichsleistungsgesetz) vom 1. September 1939 (RGBl. I S. 1645 ). Dieses Gesetz machte es für die Bewohner, Gebietskörperschaften und alle anderen Körperschaften und Einrichtungen innerhalb des Reichsgebietes zur Pflicht, primär für die Bedürfnisse der Wehrmacht, aber auch anderer staatlicher oder mit staatlichen Aufgaben betrauter Stellen (Sach-)Leistungen und Abgaben zu erbringen und es regelte die Vergütung und Entschädigung für erbrachte Leistungen.
20Was die Vorschüsse betreffe, so müsse er darauf hinweisen, daß das Bundesfinanzministerium hier sehr zurückhaltend sei und auf alle Fälle genaue Unterlagen verlange.
21Der Ministerrat beschließt dann, die Kommission für die Regelung der Entschädigungsfragen bei den einheimischen Bauern wie folgt zusammenzusetzen:
221 Vertreter der Regierung der Oberpfalz als Vorsitzender, dem Direktor des Landwirtschaftsamtes Parsberg,27
27Gemeint ist ORR Andreas Maerz; zur Person s. die Anwesenheitsliste von Nr. 51.
231 Vertreter des Bayer. Bauernverbandes,
241 Sachverständigen der Bayer. Landessiedlung,
251 Vertreter, der vom zuständigen Landrat benannt wird,
261 Vertreter der Besatzungskostenverwaltung und
271 Vertreter der heimatvertrieben Bauern.
28Die zweite Kommission für die heimatvertriebenen Bauern wird in der gleichen Weise zusammengesetzt, nur daß hier anstatt eines Vertreters dieser Gruppe ein Vertreter der einheimischen Bauern benannt wird.
29Staatssekretär Dr. Oberländer sichert zu, den Bund der heimatvertriebenen Bauern aufzufordern, alle auslaufenden Höfe zu melden.
30Staatsminister Dr. Schlögl bittet Herrn Staatssekretär Dr. Oberländer, wenn möglich auch am Donnerstag mit ihm zusammen nach Parsberg zu fahren.
31Staatssekretär Dr. Oberländer fährt fort, in erster Linie müsse das Lager geräumt werden, in dem sich ungefähr 700 Menschen befinden, von denen die meisten arbeitslos seien. Er beabsichtige, diese Leute in den DP-Wohnungen unterzubringen, die jetzt in Amberg gebaut würden.
32Staatsminister Zietsch hält es für richtig, daß bei den Schätzungskommissionen das Landwirtschaftsministerium federführend sein müsse, bei den Besprechungen in Bonn aber das Finanzministerium.
33Der Ministerrat stimmt diesem Vorschlag zu.
34Anschließend wird beschlossen, die interministerielle Kommission aus den Regierungsdirektoren Dr. Gillitzer28 (Innenministerium), Kaiser29 (Finanzministerium) und Müller30 (Landwirtschaftsministerium) zusammenzusetzen.28Dr. jur. Ludwig Gillitzer (geb. 1905), Jurist, 4. 2. 1929 Assessor, 1. 8. 1932 Referendar, 1. 8. 1932 Große Juristische Staatsprüfung, Oktober 1932 bis März 1935 Assistent am Juristischen Seminar der TH München, 22. 4. 1935 Ernennung zum kommissarischen Syndikus der TH München, 1. 9. 1935 RR und Syndikus der TH München, 1. 12. 1938 Versetzung und Syndikus an der Universität München, dann wieder TH München, 1. 12. 1939 ORR, 20. 11. 1945 Dienstentlassung auf Weisung der Militärregierung, NSDAP-Mitglied seit 1933, durch Bescheid der Spruchkammer München X vom 4. 6. 1947 eingestuft als Mitläufer, ein Antrag auf Wiederverwendung im Bereich des StMUK scheiterte 1947 trotz wärmster Befürwortung durch die Hochschulleitung der TH an der kategorisch ablehnenden Haltung von Kultusminister Hundhammer, 1948/49 Beschäftigung bei der Regierung von OB im Angestelltenverhältnis, 1950 Eintritt in das StMI, hier als Stv. Leiter der Abt. V zuständig für das Flüchtlingswesen, 1. 7. 1951 RegDir, 1. 8. 1953 MinRat.29Dr. jur. Erich Kaiser (1910–1962), 1920–1929 Maximiliansgymnasium München, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München, 1935 Promotion, 1936 Große Juristische Staatsprüfung, 1937 Reichsfinanzverwaltung, 1939 RR, 1940–1943 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg, 1944 Einberufung in das Reichsfinanzministerium, laut Spruch der Spruchkammer München X vom 17. 5. 1947 vom BefrG nicht betroffen (Weihnachtsamnestie), 16. 6. 1947 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit Ernennung zum RR im StMF, 1. 5. 1948 ORR und Referent für Besatzungslasten, 1. 5. 1951 RegDir, 1. 2. 1953 MinRat, 1958 Leiter der Abt. „Organisation, Recht, Vermessung, Wirtschaftsförderung“, 1. 7. 1960 MinDirig. Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Alfred Hartmann, und Bundesfinanzminister Schäffer bemühten sich 1949/50 vergeblich darum, Kaiser als Referenten für Besatzungskosten bzw. für die Sonderabteilung Besatzungslastenverwaltung im Bundesfinanzministerium zu gewinnen.30Zur Person s. Nr. 39 TOP I Anm. 8.
35Staatsminister Dr. Schlögl führt aus, er nehme an, daß ein Teil der Bauern selbst versuchen werde, sich ein Anwesen zu erwerben, hier sei schon manches eingeleitet, das nur noch unterstützt werden müsse. Sehr unangenehm sei nach wie vor auch die Tatsache, daß die Pfarreien zerrissen würden und in dem betroffenen Gebiet Friedhöfe seien; die Bewohner beabsichtigten zum Teil, ihre Toten mitzunehmen.
36Staatssekretär Krehle erkundigt sich nach den Angeboten aus der Hammelburger Gegend, worauf Staatsminister Dr. Schlögl erwidert, daß die von Frau Probst31 vorgeschlagene Siedlung auf dem Hundsfeld nicht möglich sei.31Zur Person s. Nr. 35 TOP VII Anm. 24.
37Ministerpräsident Dr. Ehard bestätigt, daß ihm Frau Probst sehr großzügige Angebote im Namen der Randgemeinden des Hammelburger Gebietes gemacht habe. Er halte es für notwendig, daß ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums möglichst bald nach Hammelburg fahre und persönlich mit Frau Probst an Ort und Stelle alle Angebote bespreche.32
32S. das Schreiben von MPr. Ehard an StM Schlögl, 21. 8. 1951. Darin wurde u.a. ausgeführt: „Ich darf nochmals darauf hinweisen, dass Frau Probst nicht nur von dem sogenannten Hundsfeld gesprochen, sondern auch die bindende Zusage gegeben hat, dass sämtliche Gemeinden, die um das ursprünglich von den Amerikanern in Aussicht genommene Hammelburger Gebiet gelegen sind, Siedlungsland zur Verfügung stellen wollen. Nach ihren Angaben handelt es sich insgesamt um eine Fläche, auf der ungefähr 30 bis 40 Familien angesiedelt werden können. Diese Möglichkeit scheint mir so bedeutsam zu sein, dass ich nochmals die Meinung des Ministerrats wiederholen möchte, es sei unbedingt notwendig, einen Vertreter Ihres Ministeriums nach Hammelburg zu entsenden.“ (StK 15116).
38Anschließend gibt Ministerpräsident Dr. Ehard eine Protestresolution der oberpfälzer Landräte33 und ein an alle Abgeordneten des Landtags gerichtetes Schreiben eines Otto Mützel in Hammelburg bekannt.34
33Diese Resolution vom 16. 8. 1951 lautete: „Die am 16. August in Regensburg versammelten Landräte der Oberpfalz und die anwesenden Abgeordneten des Bundes- und Landtages sowie die Vertreter des Bayerischen Bauernverbandes legen bei aller Anerkennung notwendiger Verteidigungsmaßnahmen die Überbeanspruchung der Oberpfalz durch die übermässige Belegung mit Truppenübungsplätzen unter Ausserachtlassung der Berücksichtigung der in diesem Grenzlandbezirk bereits bestehenden Notstände, schärfste Verwahrung ein und weisen ausdrücklich auf die ausserordentlich tiefgreifenden, nachteiligen Auswirkungen in sozialer und wirtschaftlicher Beziehung hin. Sie erwarten von der Staatsregierung und allen beteiligten deutschen Stellen, dass alles unternommen wird, um diese allzuschweren Opfer von der oberpfälzischen Bevölkerung abzuwenden.“ (StK 15116).34Bei dem hier erwähnten Otto Mützel aus Machtildhausen bei Hammelburg handelte es sich um einen Vertreter oder den Sprecher eines „Ausschusses zur Verteidigung des Hammelburger Gebietes“. Bezug genommen wird vorliegend auf ein Schreiben Mützels an die Abgeordneten des Bayer. Landtags, 13. 8. 1951 (MELF 1739). Vgl. auch das in StK 15115 enthaltene Schreiben Mützels an die Bayer. Staatsregierung, an die Fraktionen des Bayer. Landtags und des Bundestages u.a., 18. 7. 1951, nebst beiliegendem Beschluß des Ausschusses zur Verteidigung des Hammelburger Gebietes; ferner das Schreiben von MPr. Ehard an Maria Probst, 21. 8. 1951. MPr. Ehard kündigte hierin die Prüfung der von Maria Probst angebotenen Siedlungsstellen durch einen Vertreter des StMELF in Hammelburg an; „Gleichzeitig“, so fuhr Ehard fort, „möchte ich Ihnen ein Schreiben des Ausschusses zur Verteidigung des Hammelburger Gebietes, das von einem mir unbekannten Otto Mützel unterschrieben ist, zuleiten, das der Ministerrat heute mit Erstaunen und Befremden zur Kenntnis genommen hat. Nach allem, was die bayerische Regierung getan hat, um Hammelburg zu retten, ist es schon ein starkes Stück, wenn jetzt erklärt wird, der Erfolg sei allein dem entschlossenen Abwehrwillen der Bevölkerung zu danken und die Bewohner des bedrohten Gebietes rechneten darauf, dass ihnen jetzt auch der Bayerische Landtag und die Regierung in München helfen würden. Es würde mich interessieren von Ihnen zu erfahren, aus welchen Persönlichkeiten dieser Ausschuss zusammengesetzt ist und wer Herr Mützel eigentlich ist.“ (StK 15116).
39Staatsminister Zietsch erklärt, der Ministerrat habe doch mit Erstaunen von Herrn Staatssekretär Guthsmuths erfahren, daß die Dienststelle Blank bereits am 7. August von der Entscheidung der HICOG unterrichtet gewesen sei, ohne dies der bayerischen Regierung mitzuteilen. Er schlage deshalb vor,35 diese Tatsachen dem Bundeskanzler mitzuteilen.35Hier hs. Korrektur im Registraturexemplar; die ursprüngliche Formulierung hatte gelautet: „Er halte es für notwendig“ (StK-MinRProt 16).
40Ministerpräsident Dr. Ehard sichert zu, ein entsprechendes Schreiben an den Bundeskanzler zu richten.36 Im übrigen halte er es für dringend notwendig, bei allen Fragen, die mit der Beschlagnahme von Objekten zusammenhingen, er erinnere nur an Augsburg, vorher Herrn Penzel37 zu verständigen, der alle zuständigen Leute des Landeskommissariats kenne.36S.o. Anm. 15.37Zur Person s. Nr. 35 TOP III Anm. 14.
41Abschließend wird noch festgestellt, daß alle bei der Umsiedlung auftretenden finanziellen Fragen sofort dem Finanzministerium vorgelegt werden sollen.38
38Zum Fortgang s. Nr. 54 TOP IX, Nr. 57 TOP VIII, Nr. 58 TOP III, Nr. 63 TOP XIII.
39S. StK 15031; MF 79962; MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 890. Vgl. auch Protokolle Ehard II Nr. 132 TOP III
. Zur Frage der Kasernenräumungen in Bayern s. Nr. 13 TOP VII, Nr. 14 TOP XI, Nr. 18 TOP XIII, Nr. 19 TOP V, Nr. 26 TOP VII, Nr. 40 TOP XI, Nr. 48 TOP V.
1Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen offensichtlich versuche, bei den Amerikanern durchzusetzen, daß Garmisch nicht mehr Garnison werde.40 Nun werde aber behauptet, die Gemeinde versuche auch, den beabsichtigten Bau der Ersatzbauten für die Bewohner der Kaserne hinzuzögern.41 Ob und wann die Kaserne beschlagnahmt oder freigegeben werde, stehe noch dahin, mit dem Bau der Wohnungen müsse aber auf alle Fälle begonnen werden.40Die Räumung der Artillerie-Kaserne in Garmisch-Partenkirchen stand bereits seit Herbst 1950 zur Diskussion. Mit Schnellbrief des BMF vom 19. 7. 1951 dann wurde die Staatsregierung von der endgültigen Entscheidung über die Räumung der Garmischer Artillerie-Kaserne zum 1. 4. 1952 benachrichtigt. Während die Staatsregierung ursprünglich eine Freimachung der Kaserne wegen der anstehenden großen organisatorischen und logistischen Probleme – neben 2500 Bewohnern waren dort 28 Gewerbebetriebe sowie ein Altenheim untergebracht – unbedingt hatte vermeiden wollen, kämpfte die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen hauptsächlich gegen einen neuen Garnisonsstandort, um den Ortscharakter als Luftkur- und Fremdenverkehrszentrum zu erhalten. Vgl. hierzu die undatierte Vormerkung betr. Artillerie-Kaserne Garmisch-Partenkirchen; hier: Protest des Bürgerausschusses und der polit. Parteien (wahrscheinlich vom 4./5. 8. 1951); Abdruck eines Telegramms von StM Zietsch an den Gemeinderat Garmisch-Partenkirchen, 6. 8. 1951 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 890).41Bezug genommen wird auf die Abschrift eines Schreibens des Garmischer Bürgermeisters Georg Schütte an die AHK, an MPr. Ehard und an die Dienststelle Blank, 20. 8. 1951. Darin wurde u. a. nochmals auf die Bedeutung des Tourismus für die Marktgemeinde verwiesen, der durch die Errichtung einer Garnison in Mitleidenschaft gezogen würde; vor allem aber würde, so warnte das Schreiben eindringlich, der Marktgemeinde durch den verordneten Ersatzwohnungsbau bereits erworbenes Wohnungsbauland wieder entzogen. Der Garmischer Wohnungsmarkt sei dann mangels verfügbaren weiteren Siedlungsgeländes dauerhaft blockiert und der Zuzug von neuen Arbeitskräften unmöglich (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 890).
2Staatsminister Zietsch stellt fest, daß noch nicht angefangen werden konnte, weil der Bund die Vorschläge für die Bauten nicht genehmigt habe. Inzwischen sei aber eine Einigung erzielt worden.
3Ministerpräsident Dr. Ehard betont, von Staatsminister Dr. Hoegner unterstützt, daß auch gegen einen evtl. Widerstand von Garmisch die Ersatzbauten errichtet werden müßten, da man das Risiko nicht übernehmen könne, daß eines Tages die Kaserne beschlagnahmt werde und keine Wohnungen bereitstünden.
4Der Ministerrat beschließt, daß mit der Errichtung der Ersatzbauten sofort begonnen werden muß.42
42Zum Fortgang s. Nr. 56 TOP X, Nr. 57 TOP IX, Nr. 58 TOP XIII, Nr. 59 TOP XI/b, Nr. 63 TOP VI, Nr. 69 TOP XIII.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, was eigentlich mit diesem IRO-Altersheim los sei, nachdem das Finanzministerium angefragt habe, ob er eine Vereinbarung mit der IRO getroffen habe. Von dieser ganzen Angelegenheit sei ihm nichts bekannt.
2Staatssekretär Krehle teilt mit, seines Wissens baue hier der Caritasverband mit Geldern, die von der IRO zur Verfügung gestellt worden seien.43
43S. hierzu MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1988/I. Es handelte sich um einen vom Caritasverband der Erzdiözese München-Freising geplanten Bau eines Altersheimes für katholische DPs, der mit IRO-Geldern in Höhe von 2 Mio DM gefördert wurde.
3Staatssekretär Dr. Oberländer erklärt, es bestehe kein Grund für die Staatsregierung, in dieser Sache noch irgendwas zu unternehmen.
4Damit wird die Angelegenheit als erledigt betrachtet.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, daß der Flüchtlingsausschuß sich gestern mit dem Sender „Freies Europa“ befaßt und eine weitere Sitzung für Mittwoch, den 22. August, angesetzt habe, um einen Vertreter der Staatskanzlei zu hören. Bekanntlich habe die Bayer. Staatsregierung auf den Sender keinerlei Einfluß, sie habe lediglich zu günstigen Bedingungen Gelände zur Verfügung gestellt.44
44Der amerikanische Sender Radio Free Europe war vom Nationalkomitee für ein freies Europa, dem namhafte amerikanische Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft angehörten, gegründet worden; spätere Enthüllungen bestätigten dann den lange nur vermuteten Einfluß des US-Geheimdienstes CIA auf den Sender. Radio Free Europe hatte den Hauptsitz am Englischen Garten in München und Sendeanlagen u. a. in Holzkirchen bei München, beide Grundstücke waren vom Freistaat in Erbpacht zur Verfügung gestellt worden. Im Jahre 1950 hatte Radio Free Europe seinen Sendebetrieb in die Ostblockstaaten aufgenommen. Seitdem ab Mai 1951 auch ein tschechisches Programm gesendet wurde, stand der Radiosender wegen vermeintlich antideutscher Tendenzen bei den Sudetendeutschen in der Kritik. S. hierzu die Behandlung einer entsprechenden Interpellation der BHE-Fraktion in der Landtagssitzung vom 17. 5. 1951 (StB.
I S. 641 f.); vgl. ferner die Materialien in StK 20326. Zu Radio Free Europe s. Johnson, Radio, dort zu den Anfängen des Senders und zu dessen Geschichte in den 50er Jahren insbes. die S. 7–78.
2Staatssekretär Dr. Oberländer weist darauf hin, daß nach Meinung der Sudetendeutschen der Sender wenigstens zum Teil Benesch-Propaganda45 betreibe und eine antideutsche bzw. antisudetendeutsche Politik vertrete.45Edvard Beneš (1884–1948), 1918–1935 Außenminister, 1935–1938 Staatspräsident der Tschechoslowakei, 1940–1945 Präsident der tschechoslowakischen Exilregierung in London, 1945–1948 wieder tschechoslowakischer Staatspräsident, Namensgeber für die sog. Beneš-Dekrete, mit denen die Sozialisierung der tschechoslowakischen Wirtschaft und die Enteignung und Vertreibung der Deutschen verfügt worden war.
3
Dr. Baumgärtner berichtet, der Sender sei nun 14 Tage abgehört worden, ohne daß derartige Tendenzen festgestellt worden seien.
4Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, er habe auch mit dem politischen Berater des Senders, Mr. Griffith,46 gesprochen, der versichert habe, man verfolge keineswegs die Absicht, irgendwie die Sudetendeutschen zu verletzen. Ohne konkretes Material, das bis jetzt nicht vorliege, könne man seiner Ansicht nach nichts erreichen. Er halte es auch für schwierig, durchzusetzen, daß das Programm geändert werde.46William E. Griffith (geb. 1920), als Zivilist März 1947 bis Herbst 1948 Chief Special Branch, Civil Administration Division (OMGB), 1950 Promotion bei Carl J. Friedrich (The Denazification Program in the United States Zone of Germany, Harvard 1950), in den fünfziger Jahren pol. Chefberater von Radio Free Europe, später Prof. am MIT Center for International Studies in Cambridge/MA.
5Es wird beschlossen, daß an der Sitzung des Ausschusses Ministerialrat von Gumppenberg teilnimmt.
47Vgl. Nr. 49 TOP XII/a.
1Staatsminister Dr. Oechsle erinnert daran, daß der Ministerrat beschlossen habe, für die Unterbringung von Maschinen von Luttensee nach Gauting in das IRO-Sanatorium Mittel in Höhe von 150000 DM aufzuwenden. Es heiße nun plötzlich, daß hierfür der Betrag von 400000 DM erforderlich sei; seines Erachtens müsse man das ablehnen, selbst auf die Gefahr hin, daß die Maschinen dann nicht geliefert würden.
2Staatssekretär Dr. Oberländer erklärt, der Leiter der Gesundheitsabteilung, Professor Seiffert,48 habe in der betreffenden Sitzung zunächst überhaupt nicht das Wort ergriffen, dann aber plötzlich gegen die Zusammenziehung von Luttensee und Gauting protestiert.49 Es sei nicht möglich, daß Professor Seiffert allein mit den Amerikanern, die an sich die Sache durchziehen wollten, verhandle.48Zur Person s. Nr. 18 TOP XVII Anm. 117.49Auf welche Sitzung sich Staatssekretär Oberländer vorliegend bezieht, ist nicht genau feststellbar. Mitte August 1951 jedenfalls hatte der Leiter der Gesundheitsabteilung im StMI, MinDirig Seiffert, aufgrund neuer Kostenvoranschläge für die Errichtung von sechs Zusatzgebäuden für das Sanatorium Gauting eine Baukostensteigerung von 150000 DM auf 375000 DM prognostiziert und diesen Umstand zum Anlaß für die Erklärung genommen, „es daher nicht verantworten [zu können], dass Baumittel in Höhe von etwa 375000,– DM aus für die allgemeine Volksgesundheit zur Verfügung stehenden Mitteln oder aus einem Tbc-Hilfefonds vergeudet würden. Er schlage vor, solche DPs von Luttensee und Gauting, die für eine normale Berufsausbildung in Frage kommen, in anderen Ausbildungsstätten, etwa Ingolstadt, unterzubringen.“ S. hierzu die drei in einem Typoskript zusammengefaßten Vormerkungen vom 17. 8. 1951, insbes. die Vormerkung betr. Übernahme der IRO-Tbc-Berufsausbildungsstätte Luttensee; hier: Besprechung des Herrn Prof. Dr. Seifert [sic!] von der Abt. III mit Herrn Min.Rat Dr. Seemeier am 17. 8. 1951; Vormerkung betr. w.o.; hier: Besprechung des Herrn Prof. Dr. Seifert [sic!] mit Herrn Min.Rat Wiedemann, Abt. II vom 17. 8. 1951 12.00 Uhr, Zitat ebd. (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 2087).
3Der Ministerrat beschließt, bei seinem ursprünglichen Beschluß, lediglich 150000 DM aufzuwenden, zu verbleiben.50
50Zum Fortgang s. Nr. 56 TOP IX, Nr. 71 TOP XXVI.
51Vgl. Nr. 18 TOP II, Nr. 47 TOP I, Nr. 49 TOP I, Nr. 52 TOP I.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, der Städteverband habe sich leider bisher noch nicht geäußert. Er habe den Verband nun heute nochmals zu einer Stellungnahme aufgefordert und hoffe, daß man nun endgültig in der nächsten Kabinettssitzung abschließen könne.
2Staatsminister Dr. Schwalber stellt fest, daß schon früher der Städteverband gehört worden und auch eine Verständigung zustande gekommen sei. Auch der Landkreisverband und der Landgemeindeverband hätten Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ferner die wichtigsten Organisationen wie der Bauernverband, die Gewerkschaften, der Landesschulbeirat, der Verband der Berufsschullehrer usw.52
52Stellungnahmen diverser Interessenverbände zum Berufsschulgesetz enthalten in MK 62708.
3Es wird beschlossen, die Angelegenheit bis zum nächsten Ministerrat zurückzustellen und den Gesetzentwurf in einer eigenen Sitzung zu beraten.53
53Zum Fortgang s. Nr. 55 TOP I, Nr. 57 TOP II.
1. Ernennung des Direktors des Bayer. Hilfswerks, Heinz Meier, zum Vizepräsidenten des Landesentschädigungsamtes54
U54Vgl. Nr. 20 TOP XII/2.
1Staatsminister Zietsch führt aus, der Ministerrat habe Herrn Meier am 29. März 1951 zum Vizepräsidenten bestellt. Bisher sei aber ein Vertrag noch nicht zustande gekommen, da Herr Meier wesentlich höhere Forderungen stelle, als ihm das Finanzministerium zubilligen wolle. Einen ihm gesandten Vertragsentwurf mit einem monatlichen Gehalt von 1000 DM habe er nicht unterschrieben. Es werde nun auch daran gedacht, Herrn Abusch,55 der im Landesentschädigungsamt schon tätig sei, zu ernennen, eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.55Moritz Abusch (1898–1971), Kaufmann, 1923–1938 selbständiger Textilwarenhändler in Nürnberg, 1939–1945 KZ Buchenwald, Oktober 1946 Beauftragter des Staatskommissariats „Opfer des Faschismus“ beim Regierungspräsidenten von OB, später Beschäftigter beim Bayer. Landesentschädigungsamt, seit Dezember 1953 beschäftigt bei der Israelitischen Kultusgemeinde München. Weitere Angaben nicht ermittelt.
2Staatsminister Dr. Müller kommt auf einen schon früher gemachten Vorschlag zurück, die Einrichtung des Vizepräsidenten abzuschaffen und die in Frage kommenden Herren zu verbeamten.
3Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, der Israelitischen Kultusgemeinde mitzuteilen, daß das Finanzministerium nicht in der Lage sei, auf die Forderungen des Herrn Meier einzugehen.
4Der Ministerrat beschließt, über die Vorschläge des Finanzministeriums keinesfalls hinauszugehen.56
56Zum Fortgang s. Nr. 57 TOP XI.
5In diesem Zusammenhang erkundigt sich Staatsminister Dr. Müller, ob der Etatposten für die Israelitischen Kultusgemeinden noch beim Landesentschädigungsamt sei oder beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus.
6Staatsminister Zietsch erwidert, nicht genau unterrichtet zu sein, die Frage aber nachprüfen zu wollen.
2. Wiederbestellung des Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Bayern, Dr. Hermann Meissinger57
U57Zur Person s. Nr. 26 TOP II Anm. 51.
1Staatsminister Dr. Oechsle erklärt zunächst, daß die Ausführungen im Schreiben der Staatskanzlei vom 3. August 1951 nicht zutreffend seien. Zur Sache wolle er feststellen, daß Herr Meissinger zwar 67 Jahre alt sei, aber über außerordentliche Erfahrungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts verfüge und als Autorität überall anerkannt sei. Angesichts seines Alters sei es natürlich etwas bedenklich, ihn für drei Jahre zu benennen, eine kürzere Zeitspanne komme aber nicht in Betracht.
2Der Ministerrat beschließt, der Wiederbestellung des Herrn Dr. Meissinger zum Vizepräsidenten auf die Dauer von drei Jahren zuzustimmen.
3. Senatspräsident Decker58 (Verwaltungsgerichtshof) U58In der Vorlage fälschlich „Dr. Decker“. – Albert Decker (geb. 1883), Jurist, 1902–1906 Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin und München, 1909 Große Juristische Staatsprüfung, 1910/11 Rechtspraktikant am Bezirksamt Landau/Pfalz, 1911 bei der Regierung der Pfalz und im StMI, 1. 10. 1912 bis 31. 3. 1918 Bezirksamtsassessor am Bezirksamt Landau/ Pfalz, 1. 4. 1918 Abordnung an das StMUK, dort 1. 5. 1927 MinRat und seit 1929 Referent für die Universitäten, 1941 vorzeitige Versetzung in den Ruhestand (vgl. auch Protokolle Schäffer Nr. 96 Anm. 528
), 1. 6. 1945 Wiedereintritt in das StMUK, August 1945 erneute Beurlaubung aufgrund von Kritik von Seiten der Militärregierung wegen mangelhafter Zusammenarbeit mit der Education and Cultural Relations Division, laut Bescheid der Spruchkammer München I vom 19. 8. 1946 vom BefG nicht betroffen, 11. 1. 1946 ehrenamtliches ständiges Mitglied des Überprüfungsausschusses für Pensionen beim StMF, 1. 9. 1946 bis 30. 11. 1946 wieder MinRat im StMUK, 1. 12. 1946 Senatspräsident am Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Ruhestandsversetzung zum 1. 10. 1951, gleichzeitig mit Wirkung vom 1. 10. 1951 für weitere zwei Jahre Verwendung als ordentliches Mitglied des Bayer. Verwaltungsgerichtshofes, 15. 9. 1952 für die Dauer der Verwendung als ordentliches Mitglied des Bayer. Verwaltungsgerichtshofes Berufung zum Beamten auf Zeit, 30. 9. 1953 Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Zeit.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, Herrn Decker, der demnächst 68 Jahre alt werde, in den Ruhestand zu versetzen, ihn aber trotzdem als Richter am Verwaltungsgerichtshof zu belassen, so daß er auch weiterhin am Verfassungsgerichtshof tätig sein könne.
2Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.
59Vgl. Nr. 42 TOP I, Nr. 49 TOP VII, Nr. 52 TOP IV.
1Staatsminister Zietsch hält es für notwendig, den Gesetzentwurf über die Aufhebung des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten im nächsten Ministerrat zu verabschieden, da er rechtzeitig an den Landtag und Senat gehen müsse, vor allem wegen der Haushaltsberatung. Er könne im Landtag vorschlagen, daß die Beratung dieses Etats zunächst noch zurückgestellt werde.
2Ministerpräsident Dr. Ehard stimmt zu und ersucht darum, daß noch in dieser Woche eine Referentenbesprechung stattfinde, und zwar über den Entwurf des Wirtschaftsministeriums, damit dann am nächsten Dienstag der Ministerrat endgültig Stellung nehmen könne.
3In diesem Zusammenhang bitte er darum, daß bei den Etatberatungen alle Ministerien jeweils entsprechend vertreten seien.60
60Zum Fortgang s. Nr. 54 TOP VI, Nr. 57 TOP I, Nr. 58 TOP XII (Gesetz über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrswesens).
61Vgl. Nr. 19 TOP XVIII, Nr. 20 TOP IX, Nr. 21 TOP X, Nr. 48 TOP IV, Nr. 49 TOP V, Nr. 52 TOP XII.
1Staatsminister Dr. Oechsle führt aus, der Ministerrat habe am 7. August 1951 beschlossen, die Trägerschaft der IRO-Ausbildungsstätten auf die Stadt Ingolstadt zu übertragen, er habe dann auch in diesem Sinne mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft gesprochen.62 Am 17. August sei nun ein Schreiben des Oberbürgermeisters von Ingolstadt gekommen, wonach Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann nun doch für die Trägerschaft der Landsmannschaft eintrete.63
62Vgl. das Schreiben von StM Oechsle an die SdL – Landesverband Bayern e.V., 16. 8. 1951. Darin führte StM Ochsle u. a. aus. „Sie sind recht unterrichtet, daß der Ministerrat beschlossen hat, die Berufsausbildungsstätte Ingolstadt in die Trägerschaft der Stadt Ingolstadt zu geben, da ein anderer gemeinnütziger Träger, der sich bisher in Bayern mit der beruflichen Fortbildung der arbeitslosen Jugendlichen beschäftigt hat, nicht zu finden war. Sie dürfen versichert sein, daß dieser Entscheid des Ministerrats, der sich mit meiner persönlichen Auffassung völlig deckt, nicht auf eine Abneigung gegen die Sudetendeutsche Landsmannschaft zurückzuführen ist, sondern grundsätzlichen Erwägungen entsprang. Nach dem bisherigen Aufbau des bayerischen Jugendwerkes und der grundsätzlichen Einstellung des Landesausschusses zur Behebung der Berufsnot der Jugend sind nur solche Vereine und Organisationen als Träger anerkannt und zugelassen worden, die sich nach ihren Satzungen oder aus ihrer allgemeinen Aufgabe heraus mit diesen Problemen und Maßnahmen befaßt haben. Die Übergabe der Berufsausbildungsstätte Ingolstadt an die Sudetendeutsche Landsmannschaft hätte ein völliges Novum in Bayern geschaffen und Rückwirkungen auf andere Landsmannschaften oder sonstige Organisationen wären nicht zu vermeiden gewesen. Ich bitte Sie deshalb, für den Entscheid des Ministerrats Verständnis aufzubringen und versichert zu sein, daß die Berufsausbildungsstätte in erster Linie für die Aufnahme der Flüchtlingsjugend verwendet werden wird.“ (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1852).63Vgl. Nr. 52 TOP XII Anm. 37.
2Staatssekretär Dr. Oberländer erwidert, nach dem letzten Ministerrat sei Oberbürgermeister Dr. Weber64 nach München gekommen, um mit ihm und Herrn Staatsminister Zietsch noch einige Einzelheiten zu besprechen. Die Aussprache habe aber dann bei Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann stattgefunden, wobei sich herausgestellt habe, daß die Stadt offensichtlich Geschäfte machen wolle, deshalb habe Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann vorgeschlagen, die Stadt solle das Objekt pachten und dann auf die Landsmannschaft übertragen. Der Eindruck sei sowohl für ihn wie für Herrn Dr. Ringelmann der gewesen, daß die Stadt nicht in der Lage sei, die Aufgaben zu lösen, die sich aus der Übernahme ergeben würden.64Zur Person s. Nr. 52 TOP XII Anm. 36.
3Staatsminister Dr. Oechsle wendet ein, die Stadt könne keineswegs machen, was sie wolle, da sie von dem Aufsichtsrat abhängig sei, dem auch Flüchtlinge angehörten, sie könne vor allem niemals über Vermögenswerte verfügen. Der Aufsichtsrat setze sich aus Vertretern von Kultus-, Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzministerium, der Gewerkschaften, der Handwerkskammer usw. zusammen, also von Stellen, die sich schon bisher für die Lehrlingsausbildung eingesetzt hätten. Die Argumente der Sudetendeutschen Landsmannschaft könne er nicht anerkennen und bitte daher den Ministerrat, seinen Beschluß vom 7. 8. 1951, wonach die Stadt Ingolstadt die Trägerschaft übertragen erhalte, zu bekräftigen. Selbstverständlich müsse die Stadt bindende Auflagen bekommen.
4Staatssekretär Dr. Oberländer hält seine Bedenken aufrecht, er erklärt auf Anfrage, daß die Sudetendeutsche Landsmannschaft ein eingetragener Verein sei.
5Staatsminister Dr. Oechsle fährt fort, was den Vorwurf betreffe, die Stadt wolle Gebäude an die Auto-Union verkaufen, so sei dazu zu sagen, daß sich die Auto-Union bereiterklärt habe, sofort 100 Lehrlinge zusätzlich aufzunehmen, wenn sie die Gebäude erhalte, die übrigens für die Ausbildungsstätten nicht benötigt würden.65
65Im August 1951 hatte die Ingolstädter Auto-Union die Überlassung zweier noch von der Berufsausbildungsstätte belegter Hallen beantragt, um die notwendig gewordene Erweiterung des bereits bestehenden Reparaturwerkes für PKW, Lieferwägen und Motorräder durchzuführen; ferner beanspruchte die Auto-Union auch noch eine Turnhalle als Fahrzeugabstellhalle. Die Belegschaft des Reparaturwerkes sollte von 80 auf 150 bis 200 Mitarbeiter aufgestockt werden. S. den Durchschlag des Schreibens der Auto-Union Ingolstadt an Oberbürgermeister Weber, 10. 8. 1951; Schreiben von Oberbürgermeister Weber an MinDirig Adam (StMI), 14. 8. 1951 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1852). Zu den Erweiterungsplänen und zum Raumbedarf der Auto-Union Ingolstadt GmbH s. auch die Materialien in MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1744 u. 1849.
6Staatssekretär Dr. Ringelmann stellt fest, daß er den Ministerratsbeschluß vom 7. August zwar nicht gekannt habe, aber auch in Kenntnis nicht anders hätte handeln können. Bei allen Schuleinrichtungen müsse man zwischen der Schulträgerschaft und den Liegenschaften unterscheiden. Er habe keinen Zweifel darüber gelassen, daß er nicht zustimmen könne, den ganzen Komplex der Sudetendeutschen Landsmannschaft zu überlassen, sondern daß er es für richtig halte, einen Pächter zu finden, der auch für die Zukunft die Schule weiterführen könne. Er halte es deshalb für richtig, zunächst einmal aufzuteilen zwischen dem, was die Auto-Union, und was die Schule benötige. Er habe deshalb auch den Auftrag gegeben zu prüfen, ob das Sondervermögen in der Lage sei, die Kosten für die Instandsetzung der Gebäude zu übernehmen. Er glaube, daß man sich insoweit mit der Stadt Ingolstadt und der Auto-Union einigen könne. Was nun die Ausbildungsstätte selbst betreffe, so habe der Vertreter der Stadt Ingostadt erklärt, sie benötige die Anlagen für eine spätere Berufsschule. Er habe deshalb geglaubt, es sei richtiger, der Sudetendeutschen Landsmannschaft einen maßgeblichen Einfluß einzuräumen, damit nicht die Stadt nur ihre eigenen Interessen vertrete. Dazu komme noch, daß die Stadt offensichtlich darauf ausgehe, etwaige Verluste vom Staat tragen zu lassen.
7Sein Bestreben sei gewesen, die Stadt und die Sudetendeutsche Landsmannschaft zusammenzubringen, wobei er sich vorgestellt habe, daß die Stadt auf alle Fälle ein Mitwirkungsrecht haben solle. Er halte es aber für bedenklich, wenn Ingolstadt nur immer von der Berufsschule spreche und offensichtlich kein großes Interesse an der Lehrlingsausbildungsstätte habe. Im übrigen habe er sich bei der Unterredung noch in keiner Weise festgelegt.
8Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß der Ministerrat grundsätzlich der Auffassung gewesen sei, die Trägerschaft müsse auf die Stadt Ingolstadt übertragen werden, dabei seien aber Einzelheiten nicht besprochen worden. Angesichts der gegenwärtigen Situation schlage er vor, nochmals unter der Federführung des Arbeitsministeriums zu verhandeln und dabei Finanz-, Kultusministerium und Herrn Staatssekretär Dr. Oberländer einzuschalten.
9Staatsminister Dr. Oechsle erklärt sich damit einverstanden und weist darauf hin, daß das Arbeitsministerium schon erhebliche Gelder zur Verfügung gestellt habe. Er werde die angeregte Besprechung durchführen und auch Vertreter der Stadt Ingolstadt zuziehen, damit diese sich endgültig darüber klar würde, welche Aufgaben sie zu übernehmen hätte.
10Staatsminister Zietsch ersucht, das Finanzministerium wegen der Frage der Liegenschaften auf alle Fälle zu beteiligen.
11Der Ministerrat beschließt, die weitere Fortführung der Angelegenheit dem Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge zu überlassen.66
66Durch Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das StMF und das StMI, mit der Stadtgemeinde Ingolstadt vom 21. 3. 1952 wurde der Stadt Ingolstadt rückwirkend zum 1. 4. 1951 die Führung und der Betrieb der Berufsbildungsstätte mit Heim übertragen. In § 4 Abs. 1 des Vertrages wurde den Ansprüchen der Sudetendeutschen insofern Rechnung getragen, als von den 500 Ausbildungsplätzen höchstens 400 für DPs, die restlichen 100 Plätze bzw. die durch Nichtausnützung des DP-Kontingents zusätzlich freien Ausbildungsstellen für heimatvertriebene Jugendliche vorgesehen waren; ferner besagte § 4 Abs. 2. „Der Stadtrat Ingolstadt anerkennt das Interesse der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Landesverband Bayern e.V. auf dem Gebiete der Jugendpflege und der körperlichen und geistigen Erziehung der heimatvertriebenen Jugend. Er wird daher die Freizeitgestaltung und die jugendpflegerische Betreuung der heimatvertriebenen Jugendlichen im engen Einvernehmen mit den bevollmächtigten Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Landesverband Bayern e.V. und der Deutschen Jugend des Ostens regeln. Die Stadt Ingolstadt wird in den bestehenden Verwaltungsausschuß für die Berufsausbildungsstätte mit Heim in Ingolstadt je einen Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der Deutschen Jugend des Ostens mit beschließender Stimme aufnehmen.“ (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1859).
67Vgl. Nr. 52 TOP VI. Zum Fortgang s. Nr. 54 TOP V.
1Die Angelegenheit wird nochmals zurückgestellt.
68Vgl. Nr. 20 TOP IV, Nr. 33 TOP XI, Nr. 52 TOP VII.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner wiederholt seinen Vorschlag, in dieser Frage den Bundesverfassungsgerichtshof anzurufen; das Innenministerium werde die Ausarbeitung des Antrags übernehmen.69
69S. hierzu die Materialien in MInn 91694. Das Gesetz über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden vom 16. 3. 1951 stand in Bayern vor allem deshalb in der Kritik, weil der Bundesgrenzschutz hier zum einen als gewissermaßen verdeckte Ersatzorganisation für die von Konrad Adenauer geplante, von den Ländern dann allerdings verhinderte Bundesbereitschaftspolizei galt, zum anderen, weil man befürchtete, daß – insbesondere durch die in § 2 Satz 1 des Gesetzes für den Bundesgrenzschutz festgeschriebene Aufgabe der Paßkontrolle – ein irreversibler Aufgaben- und Bedeutungsverlust der nach bayerischer Ansicht äußerst bewährten und unverzichtbaren Landesgrenzpolizei eintreten würde.
2Staatssekretär Dr. Nerreter weist auf die Schwierigkeiten hin, die bei der Begründung berücksichtigt werden müssen.70 Unter Umständen müsse man einen Eventualantrag auf Übernahme der bayerischen Grenzpolizei durch den Bund stellen.70Diese Mahnung von Staatssekretär Nerreter bezieht sich auf die verfassungsrechtlich schwache Position Bayerns im Falle einer Verfassungsklage. Der Antrag der Staatsregierung beim Bundesverfassungsgericht (s. die folgende Anm.) begründete die Unvereinbarkeit des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz mit dem Grundgesetz allgemein mit Verstößen gegen Art. 30 und 83 GG (zu deren Wortlaut s. Nr. 36 TOP I/1 Anm. 20 u. 21) sowie gegen Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG („Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei errichtet werden.“) und Art. 91 Abs. 2 GG (zum Wortlaut s. Nr. 20 TOP III Anm. 19). Bayerischerseits wurde vor allem der Standpunkt eingenommen, daß der Terminus „Bundesgrenzschutzbehörden“ des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG die geplante Aufstellung von kasernierten „Bundesgrenzschutztruppen“ ausschließe und daß ein Einsatz des Bundesgrenzschutzes im Innern zur Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht durch Art. 91 Abs. 2 GG gedeckt sei. Hier freilich war die bayerische Argumentation stark von spekulativen Momenten über zukünftige Absichten der Bundesregierung und Einsatzmöglichkeiten des Bundesgrenzschutzes durchsetzt. Ferner argumentierte das StMI unter Berufung auf Art. 73 Ziff. 5 GG (zum Wortlaut s. Nr. 17 TOP III Anm. 10), daß eine Zuständigkeit des Bundesgrenzschutzes ausschließlich auf dem Gebiet der Zoll- und Handelsfragen und des Warenverkehrs, keinesfalls aber auf dem Gebiet des Personengrenzverkehrs gegeben sei. Vgl. zur Illustration dieser bayerischen Haltung auch das Schreiben (Abdruck) von MinRat Riedl (StMI) an MdL Waldemar von Knoeringen, 15. 6. 1951 (MInn 91694).
3Ministerpräsident Dr. Ehard meint gleichfalls, daß die Übernahme der Grenzübergänge durch die Bundesgrenzpolizei unter Umständen doch mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei. Keinesfalls falle aber darunter die kasernierte Polizei und hier könne sicher mit Aussicht auf Erfolg der Bundesverfassungsgerichtshof angerufen werden.
4Der Ministerrat beschließt, die weitere Vorbereitung dem Innenministerium zu überlassen.71
71S. den undatierten, aber wohl Anfang September im StMI fertiggestellten Antrag der Bayer. Staatsregierung auf Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Gültigkeit des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz und die Errichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (MInn 91694). In thematischem Fortgang s. Nr. 60 TOP V, Nr. 65 TOP XI (Zuständigkeit bei der Paßkontrolle) sowie Nr. 71 TOP XVI.
1Staatssekretär Dr. Ringelmann nimmt Bezug auf das Schreiben des Staatsministeriums der Finanzen vom 23. Juli an die Staatskanzlei, in dem die Bedenken gegen den Beschluß des Landtags vom 22. Juni 1951 enthalten seien.72 Man habe es immer als gut empfunden, daß das Bayernwerk die VIAG an der Seite habe und ähnlich sei es bei der BAWAG. Es wäre ein außerordentlicher Nachteil, Differenzen mit der VIAG zu bekommen, deshalb könne er auch nicht einsehen, wie der Landtagsbeschluß habe angenommen werden können. Offensichtlich habe man sich über die Verhältnisse in der Energiewirtschaft nicht genügend informiert.72Der Landtag hatte in seiner Sitzung vom 22. 6. 1951 einen Antrag der BP angenommen, mit dem die Staatsregierung ersucht wurde, die im Jahre 1942 durchgeführte Beteiligung der VIAG am Aktienkapital der Bayernwerk AG in Höhe von 40% wieder rückgängig zu machen. S. BBd.
I Nr. 465 ; StB.
I S. 964 ff.
2Staatsminister Zietsch weist darauf hin, daß die ganze Angelegenheit mit dem Art. 134 GG, den der Beschluß zitiere, überhaupt nichts zu tun habe.73
73Art. 134 GG regelt die Rechtsnachfolge in das Reichsvermögen. Der Antrag der BP rekurrierte auf Art. 134 Abs. 3 GG: „Vermögen, das dem Reich von den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde, wird wiederum Vermögen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände), soweit es nicht der Bund für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt.“
3Staatssekretär Dr. Ringelmann regt an, dem Landtag einen Beschluß des Ministerrats mitzuteilen, daß dieser die Durchführung des Landtagsbeschlusses vom 22. Juni 1951 für unmöglich halte.
4Staatsminister Zietsch schlägt demgegenüber vor, sich in einem Schreiben auf die formelle Seite zu beschränken und erst, wenn das nicht genüge, eine Besprechung unter den Koalitionsparteien abzuhalten, um eine Aufhebung des Beschlusses zu erreichen.
5Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht Herrn Staatsminister Zietsch, ihm den Entwurf für ein Schreiben an den Landtagspräsidenten zuzuleiten.
6Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Herrn Staatsministers Zietsch zu entsprechen.74
74MPr. Ehard leitete die Stellungnahme der Staatsregierung mit Schreiben vom 5. 9. 1951 an den Landtagspräsidenten. S. BBd.
II Nr. 1514 .
75Vgl. thematisch Nr. 24 TOP V. Gemeint ist hier der auch international stets am zweiten Sonntag im September begangene „Tag der Opfer des Faschismus“.
1Ministerpräsident Dr. Ehard verliest ein Schreiben des Präsidenten des Landesentschädigungsamtes, in dem angefragt werde, ob und in welcher Form sich die Staatsregierung an den Feierlichkeiten am 9. September 1951, dem Tag der Opfer des Nationalsozialismus, beteiligen wolle.
2Der Ministerrat stellt fest, daß es nicht Aufgabe des Landesentschädigungsamtes sei, an diesem Tag Feiern zu veranstalten.76
76Hier hs. Korrektur von MPr. Ehard im Registraturexemplar; die ursprüngliche Formulierung hatte gelautet: „Der Ministerrat stellt fest, daß es nicht Aufgabe der Staatsregierung oder einer öffentlichen Behörde sei, an diesem Tag Feiern zu veranstalten.“ (StK-MinRProt 16).
3Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner regt an, diesen Gedenktag mit dem allgemeinen Trauertag im November zu verbinden.
4Es wird beschlossen, den Präsidenten des Landesentschädigungsamtes in diesem Sinne zu verständigen.77
77Zum „Tag der Opfer des Nationalsozialismus“ 1951 s. SZ Nr. 208, 10. 9. 1951, „Stille Totenfeier am Leitenberg“: Bei einem von rund hundert Personen besuchten Gedächtnisgottesdienst in der Kirche der Strafanstalt Stadelheim war nur StM Müller als einziger Regierungsvertreter anwesend; an einer Gedenkfeier des Landesrates für Freiheit und Recht mit rund 500 Besuchern auf dem Ehrenfriedhof am Leitenberg bei Dachau nahm kein Mitglied der Staatsregierung teil.
78Vgl. Nr. 8 TOP XVIII, Nr. 18 TOP XXII, Nr. 34 TOP V.
1Staatssekretär Dr. Ringelmann teilt mit, am 28. und 29. August soll eine Besprechung mit den österreichischen Vertretern über den Vertragsentwurf hinsichtlich des Kraftwerks Jochenstein stattfinden.
2Anschließend gibt Staatssekretär Dr. Ringelmann einen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen des Vertrags. Was die Finanzierung betreffe, so sei diese außerordentlich schwierig. Die Österreicher glaubten aber, Mittel von der Weltbank bekommen zu können. Zunächst sei der Bau einer Straße nach Jochenstein erforderlich, für die 1,25 Millionen DM benötigt würden. Man stehe nun vor der grundsätzlichen Frage, daß das Jahr für Jahr weitergehen werde, wenn man jetzt Beträge in den Haushalt einstelle.
3Staatsminister Zietsch erklärt gleichfalls, die Finanzierung sei keineswegs gesichert, man müsse aber doch wohl entscheiden, ob mit dem Bau wenigstens der Straße angefangen werden könne, wenn der Vertrag mit den Österreichern zustande komme.
4Staatssekretär Dr. Ringelmann fährt fort, die österreichischen Vertreter hätten ihre Haltung wiederholt geändert, in der letzten Zeit seien sie sehr für das Projekt eingetreten, hätten dann allerdings in diesen Tagen wieder den Eindruck gemacht, als ob sie die Angelegenheit doch hinauszögern wollten.
5Staatsminister Dr. Oechsle erinnert daran, daß der Ministerrat beschlossen habe, möglichst noch in diesem Jahr mit den vorbereiteten Arbeiten zu beginnen. Die Arbeitsverwaltung sei ja bereit, einen erheblichen Teil der Mittel zu übernehmen, sie rechne damit, daß ein Teil davon vom Bund übernommen werde. Er werde nochmals prüfen lassen, was an Bundesmitteln noch erwartet werden könne.
6Staatsminister Zietsch stellt fest, daß er die 1,25 Millionen DM, die jetzt aufgebracht werden müßten, zurzeit nicht habe. Er glaube aber, die Angelegenheit in etwa 1/2 Jahr besser überblicken zu können, es sei dann möglich, im nächsten Jahr anzufangen. Das ganze Projekt sei natürlich ohne Weltbankmittel überhaupt nicht durchführbar.
7Staatssekretär Dr. Ringelmann erkundigt sich, ob weiter verhandelt werden oder ein Stillstand eintreten solle. Wenn jetzt 1,25 Millionen DM in den Haushalt eingestellt würden, müßten im nächsten Jahr weitere 3,75 Millionen DM bereitgestellt werden.
8Staatsminister Zietsch empfiehlt, mit Rücksicht auf die ungesicherte Finanzierung in diesem Jahr, keine Mittel mehr bereitzustellen, sondern zuzuwarten.
9Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren, die Verhandlungen aber zunächst weiterzuführen.79
79Zum Fortgang s. Nr. 54 TOP XI.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
Im Auftrag
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Ministerialrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
In Vertretung
gez.: Dr. Fritz Baer
Ministerialrat