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Nr. 8MinisterratssitzungMontag, 22. Januar 1951 Beginn: 9 Uhr 15 Ende: 13 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Dr. Zorn, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirigent Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Leusser (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Justizminister Dr. Müller, Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Bericht über die Besprechungen in Frankfurt und Bonn. II. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzulage an die Beamten des bayer. Staates vom 22. November 1950. III. Antrag der Abg. Haußleiter, Dr. Becher und Fraktion betr. Schaffung eines Staatsministeriums für Aufbau, Vertriebenenwesen und Landesplanung (Landtagsbeilage 26). IV. Gesetz über die Erstattung der Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs. V. Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung. VI. Vereinbarung über die Verwaltung des Reichsvermögens und des ehemaligen preußischen Vermögens. VII. Entwurf einer Verordnung über die Fluß- und Teichmuschel als Gegenstand des Fischereirechts. VIII. Bekanntmachung der Bayer. Staatsregierung über die Führung des Wappens des Freistaates Bayern. IX. Gesetzesvorlagen der Staatsregierung, die vom vorhergehenden Landtag nicht mehr verabschiedet wurden. X. Gutachtliche Stellungnahme des Senats nach Art. 40 der Bayer. Verfassung. XI. Krematorium Dachau. XII. Personalangelegenheiten. XIII. [Ausbau der Bahnanlagen in Bayreuth]. [XIV. Landwirtschaftswoche]. [XV. Aussprache über die Regierungserklärung]. [XVI. Tschechen-Kohle]. [XVII. Wohnungsbau]. [XVIII. Kraftwerk Jochenstein]. [XIX. Nichtanerkennung des bayerischen Feiertagsgesetzes durch die Deutsche Bundesbahn].

I. Bericht über die Besprechungen in Frankfurt und Bonn

Einleitend berichtet Ministerpräsident Dr. Ehard über seine Besprechungen mit dem Hohen Kommissar, Mr. McCloy,1 und die letzte Bundesratssitzung in Bonn.2 Er habe unter anderem mit dem Hohen Kommissar die Räumung der Kasernen besprochen, wobei er weitgehendes Verständnis gefunden habe.3 Es wäre vielleicht gut, wenn die Flüchtlingsverwaltung eine Aufstellung machen würde, aus der ersichtlich sei, wieviele Kasernen im Laufe der letzten Monate geräumt worden seien und wieviele davon heute noch leer stünden.4

Staatssekretär Dr. Oberländer erwidert, eine genaue Aufstellung darüber liege bereits vor; im übrigen habe am vergangenen Dienstag eine längere Aussprache mit Vertretern der Besatzungsmacht in Frankfurt stattgefunden, die aber leider ergebnislos geblieben sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet dann weiter über seine Besprechung mit Mr. McCloy, bei der auch das Problem der Landsberger Häftlinge behandelt worden sei.5 Man müsse wohl damit rechnen, daß es in einigen wenigen Fällen zu einer Bestätigung der Urteile kommen werde.6

Ministerpräsident Dr. Ehard geht dann auf die Bundesratssitzung in Bonn und weitere Unterredungen in Bonn über; er kommt dabei auch auf die Frage des bevorstehenden Streiks wegen des Mitbestimmungsrechts zu sprechen.7

Staatsminister Dr. Seidel teilt in diesem Zusammenhang mit, es sei wohl notwendig, sich im Kabinett darüber klar zu werden, wie man Anfragen der Presse beantworten solle. Bisher habe nur Herr Staatsminister Hoegner eine sehr gute und klare Stellungnahme abgegeben.

Staatsminister Dr. Oechsle gibt sodann einen Überblick über die bisherigen Verhandlungen und erwähnt, daß das Mitbestimmungsrecht bisher durch das Militärregierungsgesetz Nr. 278 verankert gewesen sei, weshalb die Gewerkschaften auf eine Verabschiedung im Bund gedrängt hätten. Leider sei aber der Bundesvorstand nicht zum Bundeskanzler selbst gegangen, sondern zu Herrn Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard, der eine formal richtige, politisch aber nicht sehr geschickte Erklärung abgegeben habe. Wenn das Militärregierungsgesetz Nr. 27 ab 31. Januar 1951 außer Kraft trete, käme man tatsächlich zu einem rechtlosen Zustand. Er selbst sei ersucht worden, nochmals auf den Bundesvorstand einzuwirken und habe deshalb auch schon konkrete Vorschläge gemacht. Eine besondere Schwierigkeit bestehe darin, daß Betriebsvereinbarungen von den Treuhändern nicht abgeschlossen werden könnten. Seine Bemühungen habe er zur Zeit eingestellt, weil jetzt endlich der Bundesvorstand der Gewerkschaften mit dem Bundeskanzler selbst verhandle.

Staatssekretär Dr. Ringelmann fügt hinzu, seinen Informationen zufolge bestehe durchaus eine Neigung, entsprechende Vereinbarungen abzuschließen.

Auf Vorschlag von Herrn Staatsminister Dr. Seidel wird sodann beschlossen, gegebenenfalls von Seiten der Regierung zu erklären, an der Frage des Mitbestimmungsrechts sei Bayern nur insofern interessiert, als die Maxhütte9 betroffen sei. In allen übrigen Industrien sei in Bayern bereits eine gesetzliche Regelung eingeführt und es bestehe keine Veranlassung, daran etwas zu ändern.10

Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet dann über die Bundesratssitzungen und stellt die Presseberichte über den Beschluß des Bundesrates richtig.

Abschließend teilt Staatssekretär Dr. Koch das Ergebnis der letzten Sitzung des Vermittlungsausschusses mit.

Es wird nach kurzer Aussprache beschlossen, es bei der bisherigen Regelung zu belassen, daß der Herr Ministerpräsident ständiges Mitglied des Vermittlungsausschusses sei und im Einzelfall jeweils nach den beteiligten Ressorts ein Vertreter benannt werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, die nächste Sitzung des Vermittlungsausschusses sei am Freitag; hier handle es sich im wesentlichen um finanzielle Fragen, so daß er vorschlage, Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann als Vertreter zu benennen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

II. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzulage an die Beamten des bayerischen Staates vom 22. November 195011

Staatssekretär Dr. Ringelmann führt aus, das Gesetz über die Gewährung einer Sonderzulage an die Beamten des Bayerischen Staates laufe am 31. Januar 1951 ab, ebenso die Anordnung über die Gewährung einer Sonderzulage an die Angestellten und Arbeiter des Staates. In Bonn haben Verhandlungen stattgefunden, bei denen aber keine Einigung erzielt worden sei, nachdem zum Beispiel Nordrhein-Westfalen eine Zulage von 20% gebe, andere Länder aber nur von 10% usw. Wenn das Abkommen mit den Gewerkschaften ablaufe, dürfe die Zulage nicht mehr weiter gezahlt werden.

Es sei wohl das zweckmäßigste, die Geltungsdauer des Gesetzes bezüglich der Beamten zu verlängern. Wenn dann die Zuleitung an den Landtag erfolge, könne man die Gewerkschaften zu einer Besprechung bezüglich der Angestellten und Arbeiter einladen. Mit Rücksicht auf die verschiedenartigen Vorschläge in den einzelnen Ländern habe das Finanzministerium übrigens auch den Beitritt zur Tarifgemeinschaft der Länder zurückgestellt.12

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen und ihn dem Landtag zuzuleiten.13

III. Antrag der Abg. Haußleiter,14 Dr. Becher15 und Fraktion betr. Schaffung eines Staatsministeriums für Aufbau, Vertriebenenwesen und Landesplanung (Landtagsbeilage 26)

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, der Rechts- und Verfassungsausschuß habe sich am 17. Januar mit diesem Antrag befaßt und beschlossen, vor der abschließenden Behandlung eine Stellungnahme der Staatsregierung herbeizuführen.16 Vor allem müsse er feststellen, daß der Antrag nicht im Einklang mit dem Art. 49 der Verfassung stehe.17

Staatssekretär Dr. Ringelmann berichtet über die Sitzung des Ausschusses und stellt fest, daß er in erster Linie auf die verfassungsrechtliche Seite eingegangen sei. Er habe dabei darauf hingewiesen, daß nach Art. 49 für eine Erhöhung oder eine Verminderung der Zahl der Geschäftsbereiche ein Vorschlag des Ministerpräsidenten erforderlich sei. Zweifellos beziehe sich Art. 49 Abs. 3 auch auf Art. 49 Abs. 2. Einzelne Abgeordnete seien zwar der Meinung gewesen, der Landtag könne von sich aus einen Minister für Sonderaufgaben bestellen, dieser Auffassung habe er aber energisch widersprochen.

Was die Zweckmäßigkeit des Antrags betreffe, so habe er sich gleichfalls dagegen gewandt, da hiedurch nur eine Aufsplitterung der Verwaltung eintreten werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, es sei wohl notwendig, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und vorher festzusetzen, welches Ministerium federführend sei. Seines Erachtens käme wohl nur das Innenministerium in Frage.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, folgenden Beschluß zu fassen:

a) Die Zahl der Ministerien kann nur auf Vorschlag des Ministerpräsidenten vermehrt oder vermindert werden, was sich aus der Verfassung ergebe,

b) die Bayerische Staatsregierung lehnt die Errichtung eines weiteren Ministeriums ab.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht Staatsminister Dr. Hoegner, die Angelegenheit im Benehmen mit den übrigen beteiligten Ministerien in die Hand zu nehmen.

Staatssekretär Dr. Oberländer stimmt zu, erinnert aber daran, daß er an seinem Wunsch nach der Eingliederung der Soforthilfe in die Flüchtlingsverwaltung festhalten müsse, was ja schon bei den Koalitionsverhandlungen besprochen worden sei.18

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß es auf die Dauer nicht angehe, daß durch Propagandaanträge Landtag und Staatsregierung dauerhaft beschäftigt würden. Man sollte eine Vereinbarung zwischen den Koalitionsparteien herbeiführen, wonach derartige Anträge sofort in den Ausschüssen abgelehnt würden.19

Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner entsprechend sich in der Stellungnahme zu diesem Antrag darauf zu beschränken, daß man die alleinige Zuständigkeit des Ministerpräsidenten gern. Art. 49 Bayer. Verfassung feststelle, die Errichtung eines weiteren Ministeriums ablehne und dazu eine kurze Begründung abgebe.

Außerdem wird vereinbart, für die Zukunft wegen der Behandlung derartiger Anträge eine Besprechung zwischen den Fraktionen der Koalitionsparteien herbeizuführen.20

IV. Gesetz über die Erstattung der Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs21

Staatsminister Dr. Oechsle erinnert daran, daß der Entwurf dieses Gesetzes schon im Juli 1950 vom Arbeitsministerium vorgelegt worden sei. Das Finanzministerium habe sich gegen die Weiterbehandlung mit der Begründung ausgesprochen, daß die Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs als Kriegsfolgelasten vom Bund zu tragen seien und durch ein bayerisches Gesetz dem Bund keine Verpflichtungen auferlegt werden könnten. Nun liege dem Landtag ein Antrag des Abg. Weishäupl22 und Fraktion vor mit dem Entwurf eines gleichen Gesetzes.23

Staatsminister Dr. Zorn und Staatssekretär Dr. Ringelmann treten dafür ein, zuerst die Stellungnahme des Finanzausschusses des Bundesrates abzuwarten, der sich mit dieser Frage am 25. Januar befassen werde.

Nach kurzer Aussprache stimmt Staatsminister Dr. Oechsle diesem Vorschlag zu und meint, man könne den Ausschuß des Landtags ersuchen, die Behandlung bis nach dem 25. Januar zurückzustellen.

Staatsminister Dr. Seidel meint, wenn die Regelung für Bayern finanziell tragbar wäre, habe er nichts dagegen, man sollte aber gleichzeitig versuchen, auch den Schwerbeschädigten der übrigen Länder gleiche Vorteile zu verschaffen.

Staatsminister Dr. Oechsle erwidert, Voraussetzung dafür sei eine einheitliche Bundesregelung. Die Bundesregierung halte aber eine Sonderregelung in diesem Fall nicht für notwendig.24 Die finanzielle Belastung sei nicht sehr hoch, es handle sich um höchstens 400–430000 DM. Außerdem müsse er betonen, daß diese Frage schon in der Regierungserklärung behandelt worden sei.

Staatsminister Dr. Schwalber warnt davor, aus finanziellen Gründen zu viele Dinge als Kriegsfolgelasten zu erklären, weil dadurch automatisch eine Erweiterung der Zuständigkeit des Bundes eintreten werde.

Der Ministerrat beschließt, die Behandlung des Gesetzentwurfs bis nach der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates zurückzustellen.

Außerdem wird beschlossen, im Finanzausschuß darauf hinzuweisen, daß durch dieses Gesetz mehr Schwerbeschädigte beschäftigt werden könnten, als nach der Quote vorgeschrieben sei. Dadurch könne bei den Kriegsbeschädigtenrenten eine erhebliche Einsparung erzielt werden, wodurch die Mehrbelastung ausgeglichen werde.25

V. Bayerische Landesanstalt für Aufhaufinanzierung26

Staatsminister Dr. Zorn führt aus, das Gesetz über die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung sehe eine dreifache Funktion der Anstalt vor, nämlich finanzielle und sonstige Förderung von Unternehmen von Flüchtlingen durch Vorfinanzierung, Umschuldung und Gewährung von Krediten usw., ferner die Überwachung staatlicher und staatsverbürgter Kredite und schließlich Grundstücksverwaltung.

Darüber hinaus enthalte das Gesetz zwei Generalklauseln, insbesondere diejenigen im § 4, wonach die Staatsregierung der Anstalt weitere Aufgaben zuweisen könne.27 Das Kapital betrage 40 Millionen DM, wobei Vermögenswerte zwischen 400 und 500 Millionen DM zu überwachen seien. Er habe den Eindruck, daß die Referenten noch keinen Überblick über die außerordentlich umfangreichen Aufgaben der Anstalt hätten. Man müsse sich hüten, einen großen Apparat neu aufzuziehen und sich überlegen, inwieweit die Anstalt mit dem Landesamt für Vermögensverwaltung kombiniert werden könne. Die zuständigen Referenten seines Ministeriums würden über die Frage der Organisation der Anstalt usw. bis nächsten Mittwoch ein Expose ausarbeiten. Erst wenn dieses Expose vorliege, könne man sich überlegen, wie der Vorstand zusammengestellt werden könne. Er halte es für richtig, wenn sich das Finanzministerium mit dem Innen- und Wirtschaftsministerium in Verbindung setze und auf Grund des Exposes dann dem Ministerrat ein entsprechender Vorschlag gemacht werde. Seiner Meinung nach brauche man einen hervorragenden Bankfachmann, um die Anstalt wirklich arbeitsfähig zu machen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, der Ausgangspunkt der Überlegungen sei der gewesen, daß bestimmte Aufgaben bestünden, denen man sich nicht entziehen könne, die aber im Ministerium selbst nicht erledigt werden könnten. Es handle sich tatsächlich um Behördenaufgaben, mit denen man sich in irgendeiner Form auseinandersetzen müsse; eine andere Frage sei freilich die der Organisation.

Staatssekretär Dr. Ringelmann fügt hinzu, man habe wirklich nicht mehr mitansehen können, wie das Finanzministerium überlastet worden sei und sich deshalb entschlossen, eine eigene Körperschaft des öffentlichen Rechts zu bilden. Er glaube übrigens nicht, daß ein allzu großer Apparat erforderlich sei, weil ja zunächst schon die Bürgschaftsausschüsse vorgeschaltet seien und vorher schon die Prüfung der Banken stattfände.

Im wesentlichen bestehe die Aufgabe der Anstalt wohl in der Überwachung der Bürgschaften und nur in einzelnen Fällen werde es notwendig werden, unmittelbar einzugreifen, wenn die Banken nicht ordnungsgemäß arbeiteten. Zweifellos sei es aber richtig, die Personalfrage endgültig erst dann zu ordnen, wenn der Aufgabenkreis genau umschrieben sei.

In den Bereich der Anstalt komme übrigens nur das Parteivermögen, nicht aber das Reichsvermögen hinein.

Eine Gefahr, daß das Finanzministerium zuviel aus der Hand gebe, bestehe sicher nicht. Dazu komme noch, daß sowohl bei den Verhandlungen im Landtag wie im Senat von Seiten des Finanzministeriums zugesichert worden sei, das Gesetz nochmals zu überprüfen. Die Dringlichkeit sei ja deswegen gegeben gewesen, daß die 40 Millionen des Grundkapitals noch in den außerordentlichen Haushalt aufgenommen werden mußten. Zweifellos werde es zweckmäßig sein, noch eine Novelle zu dem Gesetz zu bringen, wobei er zugebe, daß § 4 reichlich weit gehe.

Staatsminister Dr. Zorn stellt fest, er habe nur vor einer Übereilung warnen und dafür eintreten wollen, daß eine endgültige Entscheidung im Ministerrat über den Vorstand erst nach den Besprechungen zwischen den beteiligten Ministerien und der Staatsbank erfolge.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß nach der Fertigstellung des Exposes zunächst eine interministerielle Besprechung unter Beiziehung der Staatsbank stattfinde und dann ein entsprechender Vorschlag an das Kabinett gemacht werde.28

VI. Vereinbarung über die Verwaltung des Reichsvermögens und des ehemaligen preußischen Vermögens29

Staatssekretär Dr. Ringelmann berichtet über die Besprechung der Referenten der Finanzminister der Länder am 18. Januar 1951. Auf dieser Sitzung sei ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums bekanntgegeben worden, wonach der Bundesfinanzminister beabsichtige, seinen Standpunkt zur Verwaltungsvereinbarung der Länder30 in der Finanzausschußsitzung am 25. Januar 1951 darzulegen. Danach werde der Bundesfinanzminister folgende Anträge stellen:

a) gewisse Änderungen zu den Listen B und C, vermutlich im Sinne einer Verstärkung der Liste A (überregionale Unternehmen);

b) Vorbehalt eines Weisungsrechts des Bundes und des Rechts, einheitliche Verwaltungsrichtlinien festzulegen;

c) Klarstellung, daß Vermögenswerte, die in den Ländern Berlin, Bremen, Hamburg und Kreis Lindau kommunalen Aufgaben dienen, nicht Verwaltungsvermögen, sondern Sondervermögen sind;

d) Erwartung, daß bereits vor dem formellen Abschluß der Vereinbarung die Länder den Art. 7 (Zustimmungsfälle) beachten.

Der Ausschuß der Referenten habe zu diesem Schreiben wie folgt Stellung genommen:

Zunächst könne zu der Frage der Überprüfung der Listen B und C erst Stellung genommen werden, wenn die Wünsche des Bundes bekannt seien. Das Weisungsrecht im einzelnen Fall widerspreche der Gesamtkonzeption der Verwaltungsvereinbarung, weil diese in dem erforderlichen Umfang die Genehmigung des Bundesfinanzministers vorsehe. Nach Auffassung einiger Länder könnten sich die Länder auch damit abfinden, daß die allgemeinen Richtlinien im Benehmen mit ihnen erlassen werden. Bezüglich des sogenannten „Verwaltungsvermögens der Länder“ könne den Vorschlägen des Bundesfinanzministeriums gefolgt werden, wobei als selbstverständlich vorausgesetzt werde, daß die Frage, ob kommunale Aufgaben vorliegen oder nicht, sich nach dem Verfassungsrecht der in Frage kommenden Länder entscheide. Was schließlich die unmittelbare Anwendung des Art. 7 betreffe, so könnten die Länder sich zur Beachtung dieses Artikels schon jetzt bereiterklären, vorausgesetzt, daß die Verwaltungsvereinbarung bis zum 1. März 1951 zustande komme.

Staatssekretär Dr. Ringelmann fährt fort, diese Stellungnahme sei völlig richtig und auch er sei der Auffassung, entweder schließe das Bundesfinanzministerium mit den Ländern ab oder diese arbeiten wie bisher weiter. Eine Unterwerfung in irgendeiner Form, ohne daß sich das Bundesfinanzministerium vorher binde, käme aber nicht in Frage.

Am 18. Januar 1951 hätten außerdem die Vertreter der Finanzministerien der Länder in Frankfurt über die Entwürfe der Gesetze zur Überleitung von Reichsvermögen und zur Überleitung von Beteiligungen und anderen Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf den Bund beraten.31 Dabei habe man sich auf den Standpunkt gestellt, daß die gesetzliche Regelung nicht für dringlich und noch für verfrüht gehalten werde; zuerst sollten durch die Verwaltungsvereinbarung Erfahrungen gesammelt werden. Außerdem halte man die Entwürfe im grundsätzlichen wie im einzelnen für abänderungsbedürftig. Man habe deshalb auch einen Unterausschuß eingesetzt, um die Stellungnahme im einzelnen auszuarbeiten; außerdem solle dieser Unterausschuß einen Gegenentwurf oder Grundsätze für einen Gegenentwurf ausarbeiten.

In der Referentenbesprechung habe man auch festgestellt, daß die endgültige Regelung der Eigentumsverhältnisse, jedenfalls soweit es sich um ehemaliges Reichsvermögen handle, der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Da man die preußischen Beteiligungen nicht vorweg werde regeln können, sei praktisch auch für diese die Zustimmung des Bundesrates nicht zu entbehren. Ferner werde erklärt, bisher hätten praktisch die Länder von den Reichsschulden den größten Anteil in Gestalt von rund 11 Milliarden DM Ausgleichsforderungen übernommen, während die Frage der preußischen Schulden noch nicht geklärt sei. Außerdem fehlten bis jetzt noch die vollständigen Unterlegen über Wert und Erträge der Vermögenswerte, was ebenso für Liegenschaften wie für die Beteiligungen gelte. Wenn die Gesetzgebung, wie sie der Bund beabsichtige, zustande käme, werde die Frage der bundeseigenen Vermögensverwaltung auftreten; auch bei dieser Bestimmung müßte zunächst Klarheit geschaffen werden.

Er halte es für das Richtigste, sich im Bundesrat dahin auszusprechen, daß die Zeit, ein solches Gesetz zu beschließen, noch nicht gekommen sei, weshalb der Bund die Entwürfe zurückstellen solle.

Der Unterausschuß solle aus Ministerialdirigent Dr. Schwandt32 (britische Zone, Niedersachsen), ferner Dr. Nordbeck33 (britische Zone), Dr. Heiland 34 (französische Zone) und Ministerialrat Dr. Freudling35 (amerikanische Zone) bestehen.

Er bitte um die Ermächtigung, als bayerische Auffassung im Finanzausschuß des Bundesrates mitteilen zu dürfen, daß dem Bund gegenüber bezüglich der Verwaltungsvereinbarung die oben dargelegte Haltung eingenommen werde und daß bezüglich der Gesetzentwürfe Bayern zuerst auf eine Klärung der Frage der Schulden bestehen müsse, bis die Gesetzentwürfe selbst behandelt werden könnten.

Der Ministerrat beschließt, die bayerische Stellungnahme dem Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann entsprechend festzulegen.

Anschließend wird die Frage des Vorsitzenden im Finanzausschuß des Bundesrates besprochen, wobei Staatssekretär Dr. Ringelmann vorschlägt, sich für Finanzminister Dr. Weitz36 von Nordrhein-Westfalen zu entscheiden.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt dazu, er werde in der nächsten Woche eine Präsidialsitzung des Bundesrates einberufen, um überhaupt die Neuverteilung des Vorsitzes in den Ausschüssen zu beraten.37

VII. Entwurf einer Verordnung über die Fluß- und Teichmuschel als Gegenstand des Fischereirechts38

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, dieser Entwurf habe schon verschiedentlich den Ministerrat beschäftigt und sei bisher zurückgestellt worden. Er empfehle, daß das Staatsministerium der Justiz die Angelegenheit nochmals in Verbindung mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten prüfe.

Der Ministerrat erklärt sich hiermit einverstanden.39

VIII. Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Führung des Wappens des Freistaates Bayern40

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, nach Ziff. 3 Abs. 4 der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1950 sei die Verwendung von Gummisiegeln untersagt.41 Nun seien aber zur Abstempelung von KfZ-Kennzeichenschildern Metallsiegel ungeeignet, so daß weiter Gummisiegel verwendet werden müßten. Diesem Umstand trage der vorliegende Entwurf einer Bekanntmachung der Staatsregierung Rechnung.

Der Ministerrat beschließt, dem Entwurf der Bekanntmachung zuzustimmen.42

IX. Gesetzesvorlagen der Staatsregierung, die von dem vorhergehenden Landtag nicht mehr verabschiedet wurden

1. Entwurf einer Gemeindeordnung für den Freistaat Bayen43

2. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fürsorgegesetzes44

Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß seinerzeit auf Ersuchen des Staatsministeriums des Innern der Landtag gebeten worden sei, die beiden Entwürfe gemeinsam zu beraten. Nachdem die Gemeindeordnung neu eingebracht werde,45 ersuche er den Herrn Innenminister zu prüfen, ob der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Fürsorgegesetzes vielleicht doch vorweg dem Landtag gesondert vorgelegt werden könnte.46

3. Entwurf eines Gesetzes über die Staatskontrolle in Bayern47

Es wird festgestellt, daß der Senat zu diesem Gesetz ein Gutachten ausarbeite.

4. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihrer Hinterbliebenen48

Staatssekretär Dr. Ringelmann weist darauf hin, daß dieser Gesetzentwurf nicht weiter behandelt werden sollte, nachdem man hier das Gesetz zur Ausführung des Art. 131 abwarten müsse.49

5. Entwurf eines Gesetzes über Zins- und Tilgungszuschüsse des bayerischen Staates50

Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt, der Entwurf dieses Gesetzes müsse im Landtag neu eingebracht werden und das Finanzministerium werde das Erforderliche veranlassen.51

6. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindewahlgesetzes52

7. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landkreiswahlgesetzes53

Es wird vereinbart, daß das Staatsministerium des Innern die Frage prüfe, ob die beiden Gesetzentwürfe dem Landtag neu eingebracht werden sollen.

8. Entwurf eines Gesetzes über Sondernutzung an Gebäudeteilen54

Im Hinblick auf eine zu erwartende bundesgesetzliche Regelung der gleichen Materie wird beschlossen, diesen vom Staatsministerium der Justiz erstellten Entwurf nicht neu einzubringen.

9. Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der in den Bundestag gewählten Beamten und Angestellten55

Ministerialrat Leusser berichtet, auch hier sei ein Bundesgesetz in Vorbereitung, so daß eine Neueinbringung wohl nicht in Frage komme.56

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

10. Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Rechtsmitteländerungsgesetzes vom 9. 4. 194957 und zur Änderung des Gesetzes Nr. 124 über die Wiedererrichtung des Bayer. Obersten Landesgerichts

Es wird festgestellt, daß dieser Gesetzentwurf durch das später eingebrachte Gesetz zur Änderung des Gesetzes Nr. 124 über die Wiedererrichtung des Bayer. Obersten Landesgerichts vom 11. Oktober 195058 überholt und gegenstandslos sei.

Staatsminister Dr. Schlögl erinnert daran, daß es notwendig sei, bald das Forstrechtsgesetz einzubringen.59

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, hier handle es sich um ein Gesetz, das dem Landtag noch nicht vorliege und das wohl erst noch geprüft werden müsse.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt noch fest, daß der Entwurf der Gemeindeordnung noch mit den kommunalen Spitzenverbänden besprochen werden müsse.

X. Gutachtliche Stellungnahme des Senats nach Art. 40 der Bayer. Verfassung60

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, er habe vor einigen Tagen eine Besprechung mit dem Präsidenten des Senats, Herrn Dr. Singer,61 gehabt, bei der es sich vor allem um die Frage der gutachtlichen Stellungnahme des Senats nach Art. 40 der Bayer. Verfassung gehandelt habe.62 Es müsse wohl Klarheit darüber geschaffen werden, ob die Regierung die Möglichkeit habe, ein im Kabinett zwar besprochenes, aber noch nicht endgültig beschlossenes Gesetz dem Senat zuzuleiten und seine Anregungen dann nochmals zu beraten. Nach dem Wortlaut des Art. 40 könne der Senat eigentlich erst dann ersucht werden, gutachtlich Stellung zu nehmen, wenn bereits eine Gesetzesvorlage an den Landtag vorhanden sei; wenigstens sei dies in früheren Fällen eingewendet worden. Seines Erachtens könne man ohne weiteres sagen, der Ministerrat habe ein Gesetz beschlossen, gebe dann die Vorlage an den Senat, könne dann nochmals darüber beraten und Änderungen vornehmen. Man könne aber auch daran denken zu sagen, das Ministerium, das den Gesetzentwurf ausgearbeitet habe, trage die Angelegenheit im Kabinett vor, dieses lege sich aber noch nicht endgültig fest und ersuche den Senat um sein Gutachten.

Bei Entwürfen von geringerer Bedeutung könne man die Vorlage gleichzeitig an den Landtag und den Senat leiten; wenn man dem Senat zur Kenntnisnahme den Entwurf hinüber gebe, so nehme die Sache seinen normalen Weg. Man könne aber auch erklären, die Vorlagen gehen an Landtag und Senat, an den letzteren zur Kenntnisnahme und gutachtlichen Äußerung. Schwierig sei es bloß bei großen Gesetzen, wo durch ein vorher eingeholtes Gutachten des Senats oft zu viel Zeit verloren gehe, wenn dieser auch im allgemeinen rasch arbeite.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, wenn man den Art. 40 der Bayer. Verfassung wörtlich nehme, dürfte man Gesetzesvorlagen dem Senat zur gutachtlichen Äußerung eigentlich erst dann zuleiten, wenn die Vorlage schon dem Landtag zugegangen sei. Er halte aber eine solche Auslegung nicht für richtig. Der Zweck dieser Bestimmung sei doch der gewesen, dem Senat vor wichtigen Gesetzesvorlagen Gelegenheit zu geben, ein sachliches und eingehendes Gutachten zu erstatten. Er halte es für durchaus möglich, jede Gesetzesvorlage dem Senat zuzuleiten.

Staatsminister Dr. Seidel stimmt dieser Argumentation zu.

Staatssekretär Dr. Ringelmann schlägt vor, die bedeutsamen Gesetze nach ihrer Verabschiedung an den Senat zu geben, dessen Gutachten der Vorlage an den Landtag beizufügen und zu erklären, wie weit die Staatsregierung den Einwendungen oder sonstigen Vorschlägen des Senats zustimme.

Der Ministerrat beschließt, der durch den Herrn Ministerpräsidenten und Herrn Staatsminister Dr. Hoegner dargelegten Auslegung des Art. 40 zuzustimmen und nach Möglichkeit auch den Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann zu berücksichtigen.

XI. Krematorium Dachau

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, er habe einen Brief des Herrn Landeskommissars Prof. Shuster erhalten, wonach die amerikanische Armee zugestimmt habe, das Krematoriumsgelände in Dachau vom Gebiet des übrigen Lagers abzutrennen und eine neue Zufahrtsstraße zu bauen.63 Damit wird auch das Krematorium Dachau, das bisher unter amerikanischer Verwaltung gestanden habe, in die Pflege und Betreuung des Bayerischen Staates übergehen.64

Er schlage vor, auf diesen Vorschlag einzugehen und bitte um Zustimmung des Kabinetts, ein entsprechendes Antwortschreiben an den Landeskommissar zu richten. In diesem Brief beabsichtige er mitzuteilen, daß die Einzelheiten bezüglich der Straße und des Übergangs des Geländes überhaupt zwischen der amerikanischen Armee und den Staatsministerien des Innern und der Finanzen abgesprochen werden sollten.

Der Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag entsprechend das Krematoriumsgelände in Dachau in die Obhut des Bayerischen Staates zu übernehmen.

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, vielleicht könne in diesem Zusammenhang auch die Frage wieder aufgegriffen werden, welches Ministerium endgültig die Betreuung der Grabstätten ehemaliger KZ-Häftlinge übernehmen solle. An sich habe der Ministerrat früher schon einmal beschlossen, die Federführung dem Staatsministerium des Innern zu übertragen.65 An der alten Regelung, wonach Herr Präsident Dr. Auerbach für alle KZ-Friedhöfe und Denkmäler verantwortlich sei, habe sich aber nichts geändert.

Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, an der bisherigen Regelung, wonach die Pflege der Friedhöfe dem Staatsministerium der Finanzen bzw. dem Landesentschädigungsamt obliege, vorläufig nichts zu ändern. Die Staatsministerien der Finanzen und des Innern sollen sich aber nochmals über etwa auftretende Einzelfragen besprechen.66

XII. Personalangelegenheiten

1. Amt für Verfassungsschutz67

Stv. Ministerpräsident Dr. Heogner teilt mit, der Landeskommissar dränge darauf, daß ein Präsident für das Amt für Verfassungsschutz ernannt werde. Einen endgültigen Vorschlag könne er noch nicht machen, er habe aber an den früheren Abg. Schefbeck68 gedacht. Dieser sei grundsätzlich auch bereit, das Amt zu übernehmen und zwar auf Dienstvertrag.

Staatssekretär Dr. Nerreter meint, es müßte wohl die Frage geklärt werden, ob das Amt mit einem Politiker oder einem Fachmann besetzt werden solle.

Staatssekretär Dr. Oberländer spricht sich für einen Fachmann aus, der tatsächlich in der Lage sei, die Gegenbewegungen, die in den Lagern zu spüren seien, zu bekämpfen.

Die Frage wird offen gelassen.69

2. Regierungspräsident von Oberbayern

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, man müsse auch daran denken, nun einen Regierungspräsidenten für Oberbayern zu ernennen. Es sei dabei der Name des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts, Dr. Kerschensteiner,70 aufgetaucht, auch der jetzige Vizepräsident Dr. Hölzl71 sei vorgeschlagen worden.

Staatsminister Dr. Seidel schlägt Ministerialdirigent Dr. Heilmann72 vom Wirtschaftsministerium vor.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner sichert zu, auch diese Anregung zu prüfen und in nächster Zeit dem Ministerrat einen endgültigen Vorschlag zu machen.73

3. Staatssekretär a.D. Jaenicke74

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, Herr Staatssekretär Jaenicke wolle gerne in das geplante Landesentwicklungsamt hineinkommen und lege Wert darauf, dann auf alle Fälle den Titel Staatsrat zu führen.

Staatssekretär Dr. Ringelmann warnt vor Titelverleihungen, während Staatsminister Dr. Seidel darauf hinweist, daß mit der Landesentwicklung schon Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths besonders befaßt sei.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, daß Herr Staatssekretär Jaenicke sich einmal mit Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths darüber besprechen solle.75

4. Gesetz zur Änderung des Bayer. Beamtengesetzes76

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest einen Brief des Landeskommissars, wonach der Rat der Alliierten Hohen Kommission beschlossen habe, dieses Gesetz vorläufig abzulehnen, da es von den durch die Alliierte Hohe Kommission festgelegten Grundsätzen für den deutschen öffentlichen Dienst stark abweiche.77 Die Hohe Kommission schlage Besprechungen mit den Landesbehörden vor. An sich sei aus diesem Brief nicht sehr viel zu entnehmen, es bleibe deshalb wohl nichts anderes übrig, als noch einmal mit den Amerikanern zu sprechen; die Federführung habe das Finanzministerium, während außerdem noch Innen-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium beteiligt seien.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, die Amerikaner wollten offenbar eine ähnliche Regelung, wie sie schon in Württemberg-Baden und im Bund bestehe und zwar dahingehend, daß sich Beamte nicht mehr politisch betätigen könnten. Sowohl Herr Dr. Hundhammer wie er selbst hätten dem Landeskommissar vor kurzem erklärt, daß sich im Landtag keine Mehrheit für einen solchen Wunsch der Besatzungsmacht finden werde. Außerdem werde beanstandet, daß einige Punkte des Gesetzes zu sehr die formellen Voraussetzungen für die Beamtenlaufbahn betonen.

Anschließend wird die Frage des Landespersonalamts besprochen, an dessen Tätigkeit Kritik geübt wird.78

Anschließend teilt Ministerpräsident Dr. Ehard mit, er werde den Brief des Herrn Landeskommissars dahingehend beantworten, daß die Federführung in Beamtenfragen das Finanzministerium habe und sich dieses mit dem Landeskommissariat in Verbindung setzen werde.79

5. Präsident Gorter80

Es wird beschlossen, dem Staatsministerium der Finanzen die Regelung der Versorgungsbezüge des Präsidenten der Staatsschuldenverwaltung, Gorter, in eigener Zuständigkeit zu überlassen.81

XIII. Ausbau der Bahnanlagen in Bayreuth

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, er habe ein Schreiben des Herrn Bundesverkehrsministers, Dr. Seebohm,82 bekommen, in dem gebeten werde, ähnlich wie im vergangenen Jahr bei Oberammergau83 heuer anläßlich der Bayreuther Festspiele der Bundesbahn einen Kredit für den Ausbau der Bahnanlagen zu geben. Er bitte den Herrn Wirtschaftsminister, in Verbindung mit dem Finanzministerium zu prüfen, ob diesem Wunsch Rechnung getragen werde.

Staatsminister Dr. Seidel antwortet, er werde dieses Schreiben prüfen, er müsse aber jetzt schon darauf aufmerksam machen, daß seines Erachtens die Propaganda für Bayreuth unzureichend sei und ihm ein Erfolg der Festspiele noch recht problematisch erscheint.84

[XIV.] Landwirtschaftswoche

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, daß er der Eröffnung der Landwirtschaftswoche am Donnerstag, vormittags 10 Uhr, beiwohnen wolle.85 Vielleicht könne man mit dem Präsidenten des Landtags86 vereinbaren, daß die Sitzung entweder auf den Nachmittag gelegt oder später eröffnet werde.

[XV.] Aussprache über die Regierungserklärung87

Es wird vereinbart, die Aussprache über die Regierungserklärung grundsätzlich ablaufen zu lassen und es von dem Ablauf abhängig zu machen, ob lediglich der Herr Ministerpräsident im Namen der Regierung antworte oder einzelne Minister noch zu Einzelfragen das Wort ergreifen sollten.

[XVI.] Tschechen-Kohle88

Staatsminister Dr. Seidel macht darauf aufmerksam, daß die Bayernpartei eine Interpellation über die Frage der Tschechen-Kohle einbringen würde, wobei er den Zeitpunkt für diese Interpellation für außerordentlich ungünstig halte.89

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, ungefähr folgendermaßen zu antworten:

Die Regierung erklärt, die Beantwortung der Interpellation im Hinblick auf die schwebenden Verhandlungen zurückstellen zu müssen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.90

[XVII.] Wohnungsbau

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest eine Stellungnahme der Obersten Baubehörde zu einem Schreiben des Finanzministeriums, wonach nur 5 Millionen DM für Zwecke des Wohnungsbaus zur Verfügung gestellt werden könnten. Das sei völlig unzureichend und es müßten mindestens 50 Millionen DM für diese Zwecke im ordentlichen Etat zur Verfügung gestellt werden, von denen 30 Millionen im Vorgriff freigegeben werden müßten.

Staatssekretär Dr. Ringelmann sichert zu, die Angelegenheit zu prüfen und das Gutachten der Obersten Baubehörde zu berücksichtigen.

[XVIII.] Kraftwerk Jochenstein

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob es richtig sei, daß der Bau des Kraftwerks Jochenstein abgelehnt worden sei.91

Staatssekretär Dr. Ringelmann antwortet, von Bayern aus habe man bereits zwei Jahre mit den österreichischen Stellen verhandelt; auch neuerdings haben die Österreicher wieder erklärt, für den Bau dieses Kraftwerks keine Mittel zu haben.

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, man habe mit den Österreichern eine private Vereinbarung getroffen für die technische Vorbereitung dieses Projekts und weiter versucht, auch auf einer höheren Ebene mit den zuständigen österreichischen Stellen zu beraten. Neuerdings zeige sich Österreich reserviert, verstärkt werde diese Haltung durch eine Bemerkung des Herrn Ministerialrats Freudling,92 wonach die Finanzierung nicht gesichert sei. In diesem Zusammenhang müsse er nochmals die Frage der Strompolitik des Bayernwerks aufwerfen,93 die in nächster Zeit einmal im Ministerrat besprochen und geklärt werden müsse.94

Anschließend übt Staatsminister Dr. Seidel Kritik an der Tätigkeit des Landeslastverteilers95 und erklärt, dieser stelle überall die Projekte des Bayernwerks in den Vordergrund. Es gehe auch nicht an, daß Herr Wolf weiterhin derartige Äußerungen, wie neulich im Landtag über das Sylvenstein-Projekt,96 abgebe. Daß das Finanzministerium staatliche Unternehmungen betreuen müsse, sei klar, es müsse aber auch hier eine Grenze gefunden werden. Die Notwendigkeit, sich innerhalb des Kabinetts über alle Fragen der Energiepolitik klar zu werden, werde immer dringender und ein vernünftiger Plan müsse gefunden werden. Alle aus ERP-Mitteln zur Verfügung stehende Gelder habe sich das Bayernwerk aufgrund seiner guten Beziehungen gesichert und gleichzeitig gegen jedes andere Projekt Bedenken geltend gemacht.

Heute zu einem Ergebnis zu kommen, sei natürlich nicht möglich. Die beteiligten Ressorts müßten sich aber in allernächster Zeit zusammensetzen und ruhig und sachlich überlegen.

Staatsminister Dr. Zorn stellt fest, daß er als Vorgänger des Herrn Staatsministers Dr. Seidel vollstes Interesse für seine Bedenken habe und ohne weiteres bereit sei, einer weitgehenden Koordinierung zuzustimmen. Auch er halte es für richtig, in der nächsten Zeit zusammenzukommen, um die Richtlinien für die Energiepolitik in Bayern festzulegen.

Staatssekretär Dr. Ringelmann stimmt zu, daß eine der Hauptschwierigkeiten in der Personalunion, Direktor des Bayernwerks-Landeslastverteiler bestehe. Es werde aber schwer sein, diese Personalunion aufzulösen.97 Was die einzelnen Werke anlangt, so sei es richtig, daß Mr. Fitzwilliams98 sehr viel für das Bayernwerk übrig gehabt habe. Wenn Herr Wolf sich scharf gegen den Sylvenstein-Speicher ausgesprochen habe, so sei er dabei unter dem Eindruck einer Erklärung von Mr. Fitzwilliams gestanden, wonach sich dieser nicht mehr für Bayern einsetzen werde, wenn für das Sylvenstein-Projekt Gelder aufgewendet würden. Er würde es selbst begrüßen, wenn die von Herrn Staatsminister Dr. Seidel angeregte Besprechung Zustandekommen könnte. Dabei könne man auch überlegen, ob das Bayernwerk nicht aufgegliedert werden könnte, nachdem Monopole nicht notwendig seien, es sei z.B. denkbar, dem Dampfkraftwerk Aschaffenburg99 eine eigene Gesellschaftsform zu geben und es vom Bayernwerk abzutrennen. Ebenso bräuchten nicht die Anteile der VIAG vom Bayernwerk übernommen werden.100

Staatsminister Dr. Oechsle schlägt vor, einen Ministerratsbeschluß zu fassen, wonach das Jochensteinprojekt in das Arbeitsbeschaffungsprogramm aufzunehmen sei.101

Staatssekretär Dr. Ringlmann erwidert, gegen diesen Beschluß habe er keine Bedenken. Er müsse aber nochmals darauf hinweisen, daß auch die Österreicher bisher noch Schwierigkeiten machten.

Staatsminister Dr. Seidel meint, trotzdem könne man den Aufschluß des Geländes vorbereiten.

Der Ministerrat beschließt sodann, das Jochensteinprojekt in das Arbeitsbeschaffungsprogramm aufzunehmen und innerhalb dieses Programms jedenfalls die Aufschließung des Geländes vorzubereiten.102

[XIX. Nichtanerkennung des bayerischen Feiertagsgesetzes durch die Deutsche Bundesbahn

Staatsminister Dr. Oechsle teilt mit, zurzeit fänden Besprechungen zwischen dem Bundesinnen- und dem Bundesverkehrsministerium über einen Antrag der Deutschen Bundesbahn statt, die behaupte, das bayerische Feiertagsgesetz sei hinsichtlich der Bundesbahn in Bayern nicht rechtsgültig.

Der nächste Ministerrat wird auf Dienstag, den 30. Januar 1951, vormittags 8 Uhr 30, festgesetzt.

Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
Im Auftrag
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Karl Schwend
Ministerialdirigent