a.) Tagesordnung für die Bundesratssitzung vom 27. Oktober 1950 U
1. Entwurf eines Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz).1
U1Vgl. Nr. 117 TOP III/17, Nr. 118 TOP III/13.
1Der Ministerrat beschließt, dem Gesetz zuzustimmen, obwohl er nicht in allen Punkten den Wünschen Bayerns entspricht.2
2Vgl. das Kurzprotokoll über die 44. Koordinierungsbesprechung für Bundesangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei vom 24. Oktober 1950 (Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 9/1): „Die Vertreter des Finanz- und Arbeitsministeriums sind sich darüber einig, daß es besser gewesen wäre, die unteren Renten wegfallen zu lassen und die höheren Renten dafür besser einzustufen. Der Koordinierungsausschuß schließt sich dieser Auffassung an; er empfiehlt eine entsprechende Erklärung in der Bundesratssitzung zwar abzugeben, im übrigen aber einen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen.“ – Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) vom 20. Dezember 1950 (BGBl. S. 791 ).
2. Entwurf eines Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung3
U3Vgl. Nr. 93 TOP VII/1, Nr. 95 TOP I/17, Nr. 129 TOP I/B.
1Ministerialrat Leusser teilt mit, daß voraussichtlich einzelne Landesregierungen wegen dieses Gesetzes, das im Rücklauf zum Bundesrat komme, den Vermittlungsausschuß anrufen wollen.
2Der Ministerrat stellt fest, daß von Bayern aus gegen das Gesetz keine Bedenken zu erheben sind und daß ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bayern abgelehnt werden soll.4
4Zum Fortgang s. Nr. 131 TOP VIII, Nr. 137 TOP I/25.
3. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 19505
U5Vgl. Nr. 102 TOP I/7, Nr. 106 TOP I/6, Nr. 123 TOP I/4.
1Der Ministerrat beschließt, einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen.6
6Zum Fortgang (2. Änderungsgesetz) s. Nr. 137 TOP I/1.
4. Entwurf eines Gesetzes über Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer im Erntejahr 19507
U7Vgl. Nr. 117 TOP III/4.
1Auch hier beschließt der Ministerrat, einen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen.8
8Gesetz über Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer im Erntejahr 1950 vom 16. Dezember 1950 (BGBl. S. 783 ).
5. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse9
U9S. im Detail Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 746. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 423 , 601
. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 427/50 . Es handelte sich um ein Änderungsgesetz zum Gesetz über die Deutsche Genossenschaftskasse vom 11. Mai 1949 (WiGBl. S. 75), mit dem die Deutsche Genossenschaftskasse als Nachfolgeinstitution der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse geschaffen worden war. Mit dem Änderungsgesetz sollte der Zweck und der Geschäftskreis der Genossenschaftskasse über die Kreditförderung für die Landwirtschaft auf das gewerbliche Genossenschaftswesen ausgedehnt werden, außerdem eine Anpassung an die verfassungsrechtliche Struktur des Bundes sowie die Ausdehnung des Geltungsbereiches des bizonalen Gesetzes vom 11. 5. 1949 auf die Länder der französischen Besatzungszone und den bayer. Kreis Lindau vorgenommen werden.
1Ministerialrat Leusserberichtet, daß bei dem im Rücklauf zum Bundesrat gekommenen Gesetz noch zwei Bestimmungen streitig sind, nämlich § 1 Abs. 3 Satz 210 und § 5 Abs. 2.11 Der Ministerrat beschließt, dem Antrag des Finanzausschusses bezüglich der Änderung des § 1 Abs. 3 Satz 2 zuzustimmen, dagegen eine Änderung des § 5 Abs. 2 nicht mehr anzustreben.12
10Bezug genommen wird hier auf den Gesetzentwurf in der Fassung der BR-Drs. Nr. 844/50 vom 17. 10. 1950. Art. I Abs. 1 des Gesetzentwurfs lautete: „§ 1 Absatz 3 Satz 2 erhält folgende Fassung: ‚Sie bedarf der Genehmigung der Bundesregierung.‘ “ Der Vorschlag des Bundesrates (BR-Drs. Nr. 512/50 ) hatte gelautet: „§ 1 Abs. 3 Satz 2 erhält die Fassung: ‚Sie bedarf der Genehmigung, welche die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Bundesrat erteilt.‘ “11Art. I Abs. 5b des Gesetzentwurfs (wie Anm. 10) lautete: „Dem § 5 Absatz 2 wird folgender Satz 2 angefügt: ‚Bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne des Körperschaftssteuergesetzes und des Gewerbeertrages im Sinne des Gewerbesteuergesetzes sind für die Dauer von 10 Jahren 4 vom Hundert der im Jahresabschluß ausgewiesenen Sonderrücklagen abzusetzen; soweit das Aufkommen an Rentenbankgrundschuldzinsen der Sonderrücklage erst nach Ablauf der ersten Hälfte des Geschäftsjahres zugeflossen ist, ermäßigt sich hierfür der Hundertsatz auf 2.‘ “ Der Änderungsvorschlag des Bundesrates (wie Anm. 10) hatte hier gelautet: „Im § 5 Abs. 2 Satz 2 Zeile 3 ist anstelle ‚von 10 Jahren‘ zu setzen ‚von 5 Jahren‘.“12Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse vom 19. Dezember 1950 (BGBl. S. 808 ).
6. Entwurf eines Anleihegesetzes13
U13Vgl. Nr. 129 TOP I/A9.
1Der Ministerrat macht seine Zustimmung von einer Änderung des § 5 in dem Sinne abhängig, daß alle Bestimmungen gestrichen werden, die Steuerbegünstigungen auf Kosten der Einkommen- und Körperschaftssteuer der Länder vorsehen.14
14Zu den Bestimmungen des § 5 des Gesetzentwurfs s. Nr. 129 TOP I/A9 Anm. 20. Vgl. das Kurzprotokoll über die 44. Koordinierungsbesprechung für Bundesangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei vom 24. Oktober 1950: „Mit dem Entwurf befassen sich auch der Rechts- und Finanzausschuß des Bundesrates in ihren in dieser Woche stattfindenden Sitzungen. Der Vertreter des Finanzministeriums [MinRat Wagenhöfer] ist der Ansicht, § 5 müßte dahin geändert werden, daß alle Bestimmungen gestrichen werden, die Steuerbegünstigungen auf Kosten der Einkommen- und Körperschaftssteuer der Länder vorsehen; eine entsprechende Neufassung des § 5 würde z. Zt. in seinem Ministerium noch ausgearbeitet. Der Koord. Ausschuß empfiehlt dem Entwurf mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die zu § 5 von Bayern vorgebrachten Änderungsvorschläge Berücksichtigung finden.“ Zum Fortgang s. Protokolle EhardIII Nr. 16 TOP II/21. – Anleihe-Gesetz von 1950 vom 29. März 1951 (BGBl. I S. 218 ).
7. Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 195015
U15S. im Detail MF 78825, StK 14161, StK-GuV 10728. Vgl. Nr. 104 TOP I/9; Kabinettsprotokolle1950 S. 734 ff. u. 818 f. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 841/50 .
1Staatssekretär Dr. Müllerberichtet, daß die Regierungsvorlage für Bayern günstiger sei als die ursprüngliche Vorlage der Studienkommission.16 NachderRegierungsvorlage erhalte Bayern 44 Millionen DM satt der ursprünglich vorgesehenen 38 Millionen DM. Bayern müsse daher auf jeden Fall an der Regierungsvorlage festhalten.16Der Finanzausschuß des Bundesrates hatte in seiner 11. Sitzung am 13. 4. 1950 eine Studienkommission beauftragt, einen Vorschlag für den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 auszuarbeiten. S. hierzu und zu den Ergebnissen der Kommissionsarbeit das Gutachten der Studienkommission: Der Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950, 10. 8. 1950 (MF 78825). Als Vertreter Bayerns gehörte der Kommission MinRat Wagenhöfer an. Im Akt MF 78825 sind überliefert drei Vermerke zu Beratungen der Studienkommission am 23. 5. 1950 in Bad Dürkheim, am 27. 6. 1950 in Frankfurt/M. sowie am 21. 7. 1950 in Nürnberg.
2Der Ministerrat spricht sich dafür aus, daß an der Regierungsvorlage festgehalten werden soll.17
17Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 13 TOP I
. – Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 vom 16. März 1951 (BGBl. I S. 198 ).
8. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes18Der Ministerrat beschließt, dem Entwurf einschließlich dem zu erwartenden Änderungsantrag des Agrarausschusses, wonach der geschlossene Hofübergang von der Erbschaftssteuer freigestellt werden soll, zuzustimmen. U18Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 720 f. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 847/50 . – Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 30. Juni 1951 (BGBl. I S. 759 ).
9. Entwurf einer Verwaltungsanordnung betr. Erlaß der Abgabe „Notopfer Berlin"19
U19Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 721
. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 825/50 . – Verwaltungsanordnung betreffend Erlaß der Abgabe „Notopfer Berlin“ vom13.November 1950 (BAnz. Nr. 228, 25. 11. 1950). Zum Gesetz zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin“ vom 29. Dezember 1949 (BGBl. S. 35 ) s. Nr. 86 TOP VII/2. In thematischem Fortgang hierzu (Änderungsgesetz) s. Nr. 137 TOP I/3.
1Der Ministerrat beschließt Zustimmung.
10. Vergebung öffentlicher Aufträge. Empfehlung des Wirtschaftsausschusses U
1Der Ministerrat erklärt sein Einverständnis mit den in der Bundesratsdrucksache Nr. 834/50 niedergelegten Empfehlungen des Wirtschaftsausschusses,20 macht aber gegen die in der Bundesratsdrucksache Nr. 790/50 enthaltenen Formulierung nach wie vor Bedenken geltend.21
20Ausgelöst wurden die Empfehlungen des Wirtschaftsausschusses durch ein Schreiben von Ludwig Erhard an die Wirtschafts-, Finanz- und Innenminister der Länder, in dem der Bundeswirtschaftsminister Bedenken dagegen äußerte, daß einzelne Länder Anordnungen erlassen hatten, denen zufolge einheimische Firmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt behandelt werden sollten. Dies behindere den freien Wettbewerb und führe zu einer wirtschaftlichen Abschottung der einzelnen Länder untereinander. Abdruck dieses Schreibens als Anlage zur BR-Drs. Nr. 834/50 . Die daraufhin vom Wirtschaftsausschuß ausgesprochenen Empfehlungen lauteten: „Der Wirtschaftsausschuß empfiehlt dem Deutschen Bundesrat einstimmig, folgenden Beschluß zu fassen: Der Bundesrat bittet die Landesregierungen, dafür Sorge zu tragen, daß den in der VOL [Verdingungsordnung für Leistungen] und VOB [Verdingungsordnung für Bauleistungen] verankerten wirtschaftspolitischen Grundsätzen wieder Geltung verschafft wird. Diese Grundsätze verpflichten auch öffentliche Auftragsstellen, bei der Vergebung öffentlicher Aufträge den Wettbewerb zu sichern. Der Bundesrat ist der Auffassung, daß den Landes- und Kommunalbehörden die wirtschaftspolitische Notwendigkeit nahegebracht werden soll, diese Grundsätze einzuhalten [...]“ (BR-Drs. Nr. 834/50 ).21Vgl. Nr. 129 TOP I/A20. Gemeint ist die in der BR-Drs. Nr. 790/50 niedergelegte Empfehlung des Wirtschaftsausschusses betreffend die Gebiete Berlin, Watenstedt-Salzgitter, den Bayer. Wald und Wilhelmshaven, die von der Bundesregierung gemäß der VOL zu notleidenden Gebieten erklärt worden waren: „Diese Gebiete sollen auch bei Vergebungen nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) durch die Vergebungsstellen bevorzugt behandelt werden.“
11. Entwurf einer Anordnung zur Verordnung über Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr mit Prüfungsordnung22
U22Vgl. Nr. 129 TOP I/A21.
1Der Ministerrat beschließt, den Antrag zu stellen, die Sache nochmals an den Verkehrsausschuß zurückzuverweisen.23
23Zum Fortgang s. Nr. 134 TOP I/5.
12. Sicherheit im Straßenverkehr U
1Der Ministerrat stimmt den Empfehlungen des Verkehrsausschusses vom13.Oktober 1950 (Bundesratsdrucksache Nr. 840/50) zu.24
24Die BR-Drs. Nr. 840/50 enthielt Empfehlungen des Verkehrsausschusses betreffend Maßnahmen zur Verringerung von Verkehrsunfällen. Gefordert wurden hierin u. a. eine Verstärkung der motorisierten Verkehrspolizei, eine verbesserte Verkehrserziehung, die entschiedenere juristische Verfolgung von Verkehrssündern und der Ausbau des Straßennetzes.
13. Entwurf einer Verordnung über die Abänderung der Verordnung über die Aushaltung, Messung und Sortenbildung des Holzes in den deutschen Forsten [vom 1. 4. 1936]25
U25Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 848/50 . Zum Fortgang s. Nr. 133 TOP I/4.
1Der Ministerrat stimmt zu.
14. Bestimmung des Musters der Personalausweise26
U26Vgl. Nr. 117 TOP III/10, Nr. 126 TOP IV/17.
1Der Ministerrat überläßt die Führung der weiteren Verhandlungen dem Staatsministerium des Innern.
b) Tagesordnung für die Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrates am 26. Oktober 1950 U
1. Entwurf eines Preisgesetzes27
U27Vgl. Nr. 106 TOP I/1, Nr. 120 TOP VIII/5, Nr. 129 TOP I/C.
1Ministerialrat Leusser berichtet, daß voraussichtlich zu dem Rechtsproblem des § 3 Abs. 4 des Preisgesetzentwurfs (Verwaltungsbefugnisse Oberster Bundesbehörden) mit Rücksicht auf den dasselbe Problem betreffenden Antrag von Rheinland-Pfalz zum Heimarbeitsgesetz28 eine grundsätzliche Aussprache stattfinden werde.28Vgl. Nr. 107 TOP I/3. Zum hier erwähnten Antrag des Landes Rheinland-Pfalz s. die Abschrift eines Schreibens des rheinland-pfälzischen Justiz- und Kultusministers Adolf Süsterhenn an den Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundesrates, 26. 10. 1950 (StK-GuV 15936). Beantragt wurde hier, den § 3 Abs. 1 u. Abs. 3 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung in der Fassung der BT-Drs. Nr. 1357 zur Beratung nochmals auf die Tagesordnung des Bundesrats-Rechtsausschusses zu setzen. Der § 3 des Gesetzentwurfs (betr. die Zuständige Arbeitsbehörde) war gegenüber der ersten Entwurfsfassung (BR-Drs. Nr. 281/50 , s. Nr. 107 Anm. 19 u. 21) unverändert geblieben, obwohl der Bundesrat in seiner Sitzung vom 25. 5. 1950 hier Änderungen bzw. Streichungen verlangt hatte (Abdruck der Änderungsvorschläge als BR-Drs. Nr. 374/50 ).
2Ministerpräsident Dr. Ehardhält es für das richtige, gegenwärtig einer grundsätzlichen Entscheidung aus dem Weg zu gehen. Man sollte zuerst Erfahrungen sammeln.
3Der Ministerrat schließt sich der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten an, wonach im Rechtsausschuß versucht werden soll, eine grundsätzliche Aussprache über das Problem zu vermeiden. Es wird festgestellt, daß beim Heimarbeitsgesetz das Problem insofern nicht auftauche, als hier eindeutig die obersten Landesbehörden zuständig seien.29
29Zum Fortgang betr. das Preisgesetz s. Nr. 135 TOP I/3, zum Heimarbeitsgesetz Nr. 137 TOP I/24.
2. Abstimmungsverfahren im Bundesrat U
1Ministerpräsident Dr. Ehardberichtet, daß über die Auslegung des Art. 52 Abs. 3 GG30 Meinungsverschiedenheiten im Bundesrat entstanden seien. Streitig sei die Frage, ob diese Bestimmung ein Mindesterfordernis für die Beschlußfähigkeit darstelle oder ob sie die erforderliche Mehrheit für einen Beschluß festlege. Es sei zwar zuzugeben, daß beide Auslegungen möglich seien, jedoch gebiete der Sinn der Vorschrift die erstere Auslegung.30Art. 52 Abs. 3 GG: „Der Bundesrat faßt seine Beschlüsse mit mindestens der Mehrheit seiner Stimmen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Er verhandelt öffentlich. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.“
2Der Ministerrat stimmt der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten zu.
c) Wahl der hauptamtlichen Beisitzer des Soforthilfespruchsenats U
1Staatsminister Dr. Ankermüllerteilt mit, daß am 27. Oktober 1950 eine Sitzung des Richterwahlausschusses zur Wahl der hauptamtlichen Beisitzer des Soforthilfespruchsenats angesetzt sei.31 Hierbei werde er sich schwer tun, weil ihm lediglich Namen der für die Wahl in Betracht kommenden Persönlichkeiten bekannt seien.31Gemeint ist der Spruchsenat beim Hauptamt für Soforthilfe, die Berufungsinstanz gegen Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse in Fragen der Soforthilfe. Zum Soforthilfegesetz vom 8. 8. 1949 und zur hierin verfügten Errichtung des Hauptamtes für Soforthilfe s. Nr. 96 TOP VIII Anm. 33 u. Nr. 118 TOP II Anm. 8.
2Der Ministerrat vertritt hierzu die Auffassung, daß bei der Sitzung am27.Oktober die Wahl noch nicht zu erfolgen brauche, diese vielmehr verschoben werden könne, bis jedes einzelne Mitglied des Richterwahlausschusses Gelegenheit gehabt habe, in die Personalakten Einsicht zu nehmen.32
32In thematischem Fortgang (Überführung des Soforthilfespruchsenats) s. Nr. 134 TOP I/6.
33Vgl. Nr. 129 TOP II.
1Staatssekretär Müllerweist wieder auf die Vordringlichkeit des Gesetzentwurfs hin.
2Ministerpräsident Dr. Ehardfaßt seine Meinung zu dem Gesetzentwurf dahingehend zusammen, daß keine Aussicht auf Verabschiedung durch den Landtag mehr bestehe.
3Staatssekretär Geigerfügt hinzu, daß das Gesetz bisher noch nicht auf der Referentenebene behandelt worden sei.
4Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf zurückzustellen.34
34Zum Fortgang s. Nr. 131 TOP II.
35Vgl. Nr. 129 TOP III.
1Auch diesen Gesetzentwurf bezeichnet Staatssekretär Dr. Müllerals vordringlich.
2Da gegen den Gesetzentwurf die gleichen Bedenken bestehen wie gegen den vorangegangenen, beschließt der Ministerrat auch hier Zurückstellung.36
36Zum Fortgang s. Nr. 131 TOP III.
37Vgl. Nr. 129 TOP IV.
1Staatssekretär Dr. Müllermacht geltend, daß die Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Landtag aus politischen Gründen unbedingt empfehlenswert sei.
2Staatssekretär Jaenickebeantragt zwei Änderungen in dem Gesetzentwurf. Einmal möchte er klargestellt haben, daß § 3 des Entwurfs38 sich nicht auf die 10 Millionen DM erstrecken kann, welche von der im Vierten Gesetz über Kreditgewährung und Sicherheitsleistung des Bayer. Staates bereitgestellten Summe noch nicht verbürgt worden seien.39
38§ 3 des Gesetzentwurfs begrenzte die staatliche Bürgschaft auf 90% der Kreditsumme: „Die in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vierten Gesetzes über Kreditgewährungen und Sicherheitsleistungen des Bayer. Staates vom 27. 2. 1950 (GVB1. S. 55) sowie in § 1 Abs. VI und § 4 Abs. III Satz 2 des Fünften Gesetzes über Sicherheitsleistungen und Kreditaufnahme des Bayer. Staates vom 27. 7. 1950 (GVBl. S. 108
) vorgesehene Beschränkung der staatlichen Bürgschaft soll regelmäßig so durchgeführt werden, daß die Kreditinstitute mit mindestens 10 v.H. am Ausfall beteiligt werden.“ (StK-GuV 102).39Bezug genommen wird hier auf § 2 Abs. 1 des Vierten Gesetzes über Kreditgewährungen und Sicherheitsleistungen des Bayerischen Staates, durch den der Höchstbetrag für Flüchtlingsproduktivkredite, für die das StMF die Bürgschaft des Bayer. Staates gegenüber Banken und Versicherungen übernehmen kann, von 60 auf 90 Millionen DM erhöht wurde. Vgl. hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf; ferner das Schreiben von Staatssekretär Jaenicke an StK, 17. 10. 1950: „In § 2, Abs. 2 Satz 2 des Vierten Gesetzes über Kreditgewährungen und Sicherheitsleistung des Bayer. Staates vom 27. 2. 1950 heißt es, daß die Bürgschaft nach Möglichkeit auf einen Teil des Kredites oder des Ausfalls beschränkt werden soll. Im Vierten Gesetz ist das Bürgschaftsvolumen für Flüchtlingsproduktivkredite von 60 Mio DM auf 90 Mio DM erhöht worden. Diese Erhöhung um 30 Mio DM ist derzeit bereits bis auf etwa 10 Mio DM verbraucht, da der Bayerische Staat bzw. das Bayer. Staatsministerium der Finanzen für 80 Mio DM Bürgschaften für Flüchtlingsbetriebe und flüchtlingsverwandte Betriebe übernommen hat. Wenn in § 3 des Entwurfs des B. Staatsministeriums der Finanzen nunmehr festgelegt wird, daß die Kreditinstitute mit mindestens 10% am Ausfall bei Flüchtlingsproduktivkrediten beteiligt werden, so bildet dies hinsichtlich der noch auszureichenden 10 Mio DM eine Härte. Es ist zur Genüge bekannt, daß bisher gerade bei Gewährung von Flüchtlingsproduktivkrediten trotz der 100%igen Ausfallbürgschaft des Staates die Geldinstitute sich nur zögernd zur Ausreichung der Kredite bereitfanden. Es ist fast allgemein so, daß die Flüchtlinge mit leeren Händen nach Bayern kamen und hier nur mit der Staatsbürgschaft ihre Betriebe gründeten. Wenn nun diese 100%ige Staatsbürgschaft durch eine Mitbeteiligung der kreditausreichenden Institute an der Haftung eingeschränkt werden soll, so kann mit Sicherheit damit gerechnet werden, daß die ganze Aktion zum Stillstand kommt.“ (StK-GuV 102).
3Hierzu macht Ministerpräsident Dr. Ehardgeltend, daß die in dem Gesetz vorgesehene Beschränkung bisher auch schon grundsätzlich vorhanden gewesen sei und daß daher ein Bedürfnis für die von Staatssekretär Jaenicke gewünschte Änderung nicht anzuerkennen sei.
4Ferner beantragte Staatssekretär Jaenickeeine Erhöhung des Bürgschaftsvolumens um weitere 10 Millionen DM, von 20 auf 30 Millionen.40
40§ 1 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 38) lautete: „Der in § 2 des Vierten Gesetzes über Kreditgewährungen und Sicherheitsleistungen des Bayer. Staates vom 27. 2. 1950 (GVBl. S. 55
) auf 90 Mio DM festgesetzte Höchstbetrag der Bürgschaftsermächtigung für Flüchtlingsproduktivkredite wird um weitere 20 Mio DM bis zum jeweiligen Gesamtbetrag von 110 Mio DM erhöht.“ Staatssekretär Jaenicke forderte, diesen Betrag um 30 Mio DM auf die Gesamtsumme von 120 Mio DM zu erhöhen. Vgl. Jaenicke an StK, 17. 10. 1950; Vormerkung betr. Sechstes Gesetz über Sicherheitsleistungen des Bayerischen Staates, 24. 10. 1950 (StK-GuV 102). Zum Bemühen des Staatssekretärs für das Flüchtlingswesen Jaenicke um eine Erhöhung der Flüchtlingsproduktivkredite vgl. auch Nr. 120 TOP VII, Nr. 127 TOP IV, Nr. 128 TOP V.
5Staatssekretär Dr. Müllertritt diesem Antrag unter Hinweis auf die hierdurch zu erwartende Beeinträchtigung des Kredits des Bayer. Staates entgegen.
6Der Ministerrat beschließt hierauf, die beiden Änderungsanträge abzulehnen. Im übrigen stimmt er dem Gesetzentwurf zu und beschließt, ihn umgehend dem Landtag vorzulegen.41
41MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Gesetzentwurf am 25. 10. 1950 zu. Der Landtag billigte das Gesetz am 10. 11. 1950. Vgl. BBd.
IV Nr. 4533 ; StB.
VI S. 1333 f. – Sechstes Gesetz über Sicherheitsleistungen des Bayerischen Staates vom 22. November 1950 (GVBl. 1951 S.3).
1Ministerpräsident Dr. Ehardberichtet, daß der Senat in einem Beschluß die Staatsregierung um Vorlage eines Baunotgesetzes bis 31. Oktober ersucht habe.43 Ferner habe der Landtag am vergangenen Freitag einen Beschluß gefaßt, wonach ihm umgehend die Entwürfe eines Baunotgesetzes und eines Grundenteignungsgesetzes vorgelegt werden sollten44
43Beschluß des Bayer. Senats vom 11. 8. 1950. Vgl. Nr. 128 TOP XIV Anm. 76.44Beschluß des Bayer. Landtags in der Sitzung vom 19. 10. 1950. Vgl. BBd.
IV Nr. 4104 u. 4149, StB.
VI S. 1196 f.
2Staatsminister Dr. Ankermüller ergänzt die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten dahingehend, daß in seinem Ministerium sowohl der Entwurf eines Baunotgesetzes als auch der Entwurf eines Grundenteignungsgesetzes ausgearbeitet sei. Man hätte nun drei Möglichkeiten: Man könne einmal Baunotgesetz und Grundenteignungsgesetz sowohl dem Landtag als auch dem Senat zuleiten oder man könne die beiden Gesetzentwürfe nur dem Senat zur Begutachtung vorlegen oder man könne dem Landtag und dem Senat ein Baunotgesetz zuleiten, in dem bezüglich der Enteignung auf die bisher bestehenden Bestimmungen verwiesen und damit die Vorlage eines Grundenteignungsgesetzes gegenwärtig entbehrlich gemacht werde.
3Ministerpräsident Dr. Ehard ist der Auffassung, daß die Gesetze, welche in rechtlicher Hinsicht außerordentlich kompliziert seien, in der gegenwärtigen Gesetzgebungsperiode des Landtags keinesfalls mehr behandelt werden könnten. Gegen die Zuleitung der Gesetzentwürfe an Landtag und Senat sprächen im gegenwärtigen Zeitpunkt erhebliche politische Bedenken. Er halte es für das richtige,45 Landtag und Senat ganz offen zu erklären, daß jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt sei, an eine so schwierige Materie heranzugehen. Das Grundenteignungsgesetz insbesondere könne wegen seines großen Umfangs überhaupt nicht mehr im Landtag behandelt werden. Gehe man aber den vom Innenminister vorgeschlagenen dritten Weg, indem man im Baunotgesetz auf die bisher bestehenden Enteignungsbestimmungen hinweist,46 so laufe man damit Gefahr, verfassungswidrige Bestimmungen sanktionieren zu wollen, weil in zahlreichen der alten Enteignungsgesetze eine teilweise unentgeltliche Enteignung vorgesehen sei.47 Wenn man ein Gesetz dem Senat zur Begutachtung vorlege, dann müsse es in rechtlicher Hinsicht einwandfrei sein.45Diese Formulierung hs. Ausbesserung im Registraturexemplar, der ursprüngliche Wortlaut war: „Er hätte keine Bedenken ...“ (StK-MinRProt 13).46Die Frage der unentgeltlichen Grundabtretung erfuhr Regelung in Art. 2 des Gesetzentwurfs des StMI (StK-GuV 803).47Das noch bestehende Enteignungsrecht basierte zum einen auf dem Gesetz über die Änderung des Zwangsabtretungsgesetzes vom 17. November 1837 vom 9. Mai 1918 (GVBl. S. 289
) sowie auf dem Gesetz über die Enteignung aus Gründen des Gemeinwohls vom 1. August 1933 9. Dezember 1943 (GVBl. 1933 S. 217
u. GVBl. 1944 S. 1
).
4Der Ministerrat beschließt gegen die Stimme des Innenministers, weder dem Senat noch dem Landtag die Entwürfe des Baunotgesetzes und des Grundenteignungsgesetzes zuzuleiten.48
48Die Gesetze wurden in Folge nicht verabschiedet.
1Infolge der Abwesenheit zahlreicher Kabinettsmitglieder werden die Anträge auf Ernennung des Ministerialrats Kihn49 zum Regierungspräsidentenin Würzburg, des Oberstaatsanwaltes Frank50 zum Generalstaatsanwalt beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof und des Regierungsdirektors Weiß51zum Ministerialrat im Kultusministerium zurückgestellt.52
49Dr. jur. et rer. pol. Karl Kihn (1887–1976) Jurist, 1931–1938 Bezirksoberamtmann und Vorstand des Bezirksamts Miltenberg, aufgrund pol. Beurteilung durch die NSDAP-Kreisleitung Obernburg-Miltenberg von 1936 zum 1. 3. 1938 Versetzung wegen früherer Förderung der BVP als Referent an die Regierung in Würzburg, 1. 5. 1937 Mitglied der NSDAP, 1. 6. 1942 ORR, 20. 4.-30. 7. 1945 Landrat in Würzburg, 1. 8. 1945–27. 5. 1947 bei der Regierung in Würzburg mit bes. Beschäftigungsgenehmigung des StMSo tätig, lt. Spruchkammerbescheid vom 21. 10. 1946 entlastet, nach Einspruch des Kassationshofs zur Behandlung an die Spruchkammer zurückverwiesen, durch Spruch vom 16. 4. 1947 neuerlich entlastet, 1. 9. 1947 ORR StMUK, 1. 10. 1947 RegDir, 1. 2. 1948 MinRat, 2. 11. 1950–1. 11. 1952 RP von Unterfranken, 1953–1957 MdB (CSU). Vgl. Protokolle Ehard I Nr. 31 TOP VIII
, Protokolle Ehard II Nr. 19 TOP XIII
.50Nicht ermittelt.51Adolf Weiß (1890–1968), Neuphilologe, 1900–1909 Gymnasium Bayreuth, 1909–1913 Studium der englischen und französischen Philologie in München, Paris, Edinburgh, London und Berlin, 1915–1916 Schuldienst als Realschullehrer, 1916–1918 Kriegsteilnahme, ab 1919 wieder Verwendung im höheren Schuldienst (ab 1924 Studienrat hum. Gymnasium Ansbach), zum 1. 6. 1932 Abberufung in das StMUK, dort Beförderung am 1. 12. 1932 zum Studiendirektor, 1. 8. 1938 Oberstudienrat, 1. 7. 1940 Oberstudiendirektor, 1. 12. 1942 Regierungsdirektor, NSDAP-Mitglied seit 1937, 4. 9. 1945 Dienstenthebung, durch Spruchkammerbescheid vom 16. 8. 1948 Einstufung als Mitläufer, 17. 1. 1949 Aufhebung des Spruchkammerbescheids und Einstufung als Entlasteter gern. Art. 13 des BefrG vom 5. März 1946, 1. 3. 1949 Wiedereinstellung im StMUK als RegDir, 1. 11. 1950 MinRat, ab 15. 1. 1953 Leiter der Abteilung Höheres Schulwesen, Jugendwesen und Sport, 1. 12. 1953 MinDirig, Ruhestandsversetzung zum 1. 10. 1955.52Zum Fortgang s. Nr. 131 TOP IX.
2Der vom Staatsministerium für Wirtschaft beantragten Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Schultheiß zum Ministerialrat tritt Ministerpräsident Dr. Ehardmit dem Hinweis entgegen, angesichts der Ungewißheit, ob Dr. Schultheiß auch tatsächlich als Ministerialrat in das Bundesinnenministerium übernommen werde, halte er es für nicht richtig, ihn jetzt zum Ministerialrat zu ernennen.53 Insbesondere die Bayer. Staatskanzlei habe mit den Obersten Bundesbehörden schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht, indem man verschiedene Beamte auf die Zusicherung ihrer unmittelbar bevorstehenden Übernahme in den Bundesdienst hin befördert habe. Von diesen Beamten sei bis jetzt noch kein einziger übernommen worden.53Dr. jur. Walther Schultheiß (geb. 1903), Jurist, bis 1945 Tätigkeit in der Privatwirtschaft, 1949 MinRat StMWi, 1951 Wechsel zum BML Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 141
.
3Der Ministerrat beschließt hierauf, die Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Schultheiß zum Ministerialrat jetzt abzulehnen.54
54Zum Fortgang s. Nr. 134 TOP II.
55S. im Detail StK-GuV 153. Zu den Beratungen des ordentlichen und außerordentlichen bayer. Staatshaushalts 1950 vgl. Nr. 110 TOP V, Nr. 113 TOP V, Nr. 114 TOP I, Nr. 115 TOP I, Nr. 117 TOP IV, Nr. 122 TOP IX, Nr. 123 TOP III.
1Staatssekretär Dr. Müllererklärt, den Gesetzentwurf im Hinblick auf die Zurückstellung der beiden Gesetzentwürfe über die Errichtung einer Bayer.Landesanstalt für Aufbaufinanzierung56 und über Zins- und Tilgungszuschüsse des Bayerischen Staates57 nochmals ändern zu müssen, da die in den beiden Gesetzentwürfen vorgesehenen Aufwendungen bereits im außerordentlichen Haushalt eingesetzt seien.56Vgl. Nr. 129 TOP II, Nr. 130 TOP II, Nr. 131 TOP II.57Vgl. Nr. 129 TOP III, Nr. 130 TOP III, Nr. 131 TOP III.
2Der Gesetzentwurf wird daraufhin zurückgestellt.58
58Zum Fortgang s. Nr. 131 TOP IV.
1Der Ministerrat stimmt der Verordnung zu.59
59S. im Detail StK-GuV 845. MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Verordnungsentwurf am 25. 10. 1950 zu. Der Landtag verabschiedete die Verordnung in seiner Sitzung vom 8. 11. 1950. S. BBd.
IV Nr. 4524 ; StB.
VI S. 1264 f. – Verordnung über Gebietsveränderungen zwischen den Landkreisen Laufen und Traunstein vom 16. November 1950 (GVB1. S. 226).
1Staatsminister Dr. Ankermüllererläutert den Antrag.
2Ministerpräsident Dr. Ehardmeint, der Antrag sei optisch nicht günstig. Staatssekretär Dr. Müllerist der Auffassung, daß die Kosten der Polizei noch in den ordentlichen Haushalt aufgenommen werden könnten (Nachtragshaushalt).
3Der Ministerrat beschließt, daß das Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen den Antrag umarbeiten soll.
60Vgl. Nr. 115 TOP II/6, Nr. 124 TOP I, Nr. 125 TOP V, Nr. 126 TOP I, Nr. 128 TOP X.
1Staatsminister Dr. Ankermüllererklärt, es handle sich darum, daß das Kabinett dem bereits im Ministerrat eingehend besprochenen Entwurf eines Länderabkommens über die Errichtung eines Bereitschaftspolizei vom61 6. Oktober zustimmen möge.61In der Vorlage hier „am“.
2Der Ministerrat billigt das Abkommen.62
62Es hatte zwischenzeitlich am 13. 10. 1950 in Bonn eine weitere Konferenz der Länderinnenminister stattgefunden, auf der der Entwurf des Verwaltungsabkommens vom 6. 10. 1950 eine weitere Überarbeitung erfahren hatte – und zwar, wie sich Bundeskanzler Adenauer gegenüber MPr. Ehard beschwerte, „in wesentlichen Punkten zu Ungunsten des Bundes“. Vgl. hierzu das Schreiben von Bundeskanzler Adenauer an MPr. Ehard, 18. 10. 1950 (StK 13094); Entwurf (13. 10. 1950) Verwaltungsabkommen über die Errichtung von Bereitschaftspolizeien der Länder (NL Ehard 1555, StK 13094 u. NL Schwalber 79).
3Staatsminister Dr. Ankermüller teilt ergänzend mit, ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, das Alter der Anwärter für die Bereitschaftspolizei auf 19 bis 22 Jahre und lediglich für Heimkehrer ein Höchstalter ausnahmsweise auf 27 Jahre festzulegen.63 Der Bundeskanzler habe demgegenüber mit beachtlichen Argumenten die Auffassung vertreten, man möge das Höchstalter64 auf 35 Jahre festlegen. Insbesondere habe der Bundeskanzler geltend gemacht, daß man, wenn man auch ältere Leute hereinnehme, von Anfang an ausgebildete Teile zur Verfügung habe.65 Für die älteren Jahrgänge müsse man allerdings eine Abfindungssumme vorsehen.63StM Ankermüller nimmt hier Bezug auf eine Entscheidung des Personalausschusses, der auf Beschluß der Ministerpräsidenten- und Innenministerkonferenz am 30. 9. 1950 in Bonn errichtet worden war. In einer Sitzung vom 7. 10. 1950 erarbeitete der Personalausschuß für die personelle Ausstattung der zu errichtenden Bereitschaftspolizei ein Richtlinienpapier. Abschriften hiervon enthalten in NL Ehard 1555 u. NL Schwalber 79. Ziff. 1 dieses Richtlinienpapiers lautete: „Für die Einstellung als Anwärter für die Bereitschaftspolizei kommen nur Bewerber vom 19.-22. Lebensjahr in Betracht. Bei der ersten Aufstellung der Bereitschaftspolizei können 20% der Anwärter bis zu 27 Jahre alt sein.“64Hier in der Vorlage offensichtlich irrtümlich: „Mindestalter“.65Eine solche Stellungnahme Adenauers nicht ermittelt. Wahrscheinlich wird hier inhaltlich Bezug genommen auf Gespräche von Anfang Oktober 1950 zwischen dem von der Ministerpräsidenten- und Innenministerkonferenz am 30. 9. 1950 eingesetzten Ausschuß für die Organisation der künftigen Bereitschaftspolizeien und dem Ausschuß für Personal, Ausbildung und Besoldung auf der einen sowie Vertretern der Bundesregierung auf der anderen Seite. Vgl. hierzu das Schreiben von Bundeskanzler Adenauer an MPr. Ehard, 18. 10. 1950 (StK 13094).
4Der Ministerrat ist damit einverstanden, daß als Anwärter für die Bereitschaftspolizei zu einem kleineren66 Teil auch Männer bis 35 Jahren eingestellt werden können.67
66Hs. Ergänzung Ehards im Registraturexemplar (StK-MinRProt 13).67Adenauer hatte dagegen gefordert, „daß bei der ersten Aufstellung der Bereitschaftspolizeien bis 50% der Anwärter bis zu 35 Jahre alt sein könnten.“ S. hierzu Bundeskanzler Adenauer an MPr. Ehard, 18. 10. 1950 (StK 13094).
5Des weiteren gibt Staatsminister Dr. Ankermüller von einem Beschluß der Innenminister vom 30. September 1950 Kenntnis,68 auf Grund dessen der Bundeskanzler am 7. Oktober 1950 mit bestimmten Wünschen betreffend die Reorganisation der Länderpolizei an die Alliierte Hohe Kommission herangetreten sei.69
68Zur Konferenz der Ministerpräsidenten und Innenminister am 30. 9. 1950 in Bonn s. Nr. 126 TOP I Anm. 3 u. 4. Eine Abschrift der Entschließung der Konferenz der Innenminister vom 30. September 1950 in Bonn enthalten in StK 13094. Hierin forderten die Innenminister der Länder: „Die nach dem Zusammenbruch eingeführte Organisation der Polizei in den Ländern der ehemaligen britischen und amerikanischen Zone entspricht in keiner Weise mehr den heutigen Erfordernissen. Sie kann schlecht und recht den Alltagsaufgaben in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich genügen. Außergewöhnliche Anforderungen – Massenansammlungen, Katastrophenfällen oder gar inneren Unruhen – steht sie hingegen ohne genügende Ausbildung, Ausrüstung (Bewaffnung), technische Mittel und ohne jegliche Reserve gegenüber. Die in den Ländern der ehemaligen britischen und amerikanischen Zone zu weitgehende Dezentralisation der Polizei macht eine einheitliche Zusammenfassung und einen überörtlichen Einsatz an besonderen Gefahrenpunkten unmöglich. Nach einmütiger Ansicht der Länderinnenminister und Senatoren sollte folgenden Forderungen Rechnung getragen werden: 1. Alle Beschränkungen des Rechts der Länder, ihre Polizei zu organisieren, sollten, soweit sie nicht für die Sicherheit der Besatzungsmächte erforderlich sind, aufgehoben werden. 2. Einer Gesetzgebung der Länder, die ihren Innenministerien ein Weisungsrecht gegenüber den sämtlichen Polizeikräften inihrem Lande sowie eine hinreichende Einwirkung auf die personelle Zusammensetzung ihrer Polizeikräfte einräumt, sollte seitens der Besatzungsmacht zugestimmt werden. 3. Eine ausreichende Bewaffnung und Ausrüstung der Polizei sollte beschleunigt ermöglicht werden. Dazu gehört vor allem eine Schußwaffe für jeden Polizeibeamten mit ausreichender Munition.“69Die Abschrift einer Abschrift dieses Schreibens von Bundeskanzler Adenauer an den Geschäftsführenden Vorsitzenden der AHK, Sir Ivone Kirkpatrick, 7. 10. 1950, enthalten in NL Schwalber 79. Abdruck dieses Schreibens bei v. Lex, Bereitschaftspolizeien S. 125 f. Inhaltlich entsprach dieses Schreiben zum größten Teil wortwörtlich der oben in Anm. 68 zitierten Entschließung der Innenminister.
6Der Ministerrat billigt den Beschluß der Innenminister vom 30. September 1950 und das Schreiben des Bundeskanzlers vom 7. Oktober 1950.
7Staatsminister Ankermüllergibt in diesem Zusammenhang Kenntnis von dem Schreiben des Landeskommissars Shuster vom 13. Oktober 1950,70 in dem dieser mitteilt, daß der Antrag der bayerischen Staatsregierung auf Beibehaltung des Präsidiums der Landpolizei von der Alliierten Hohen Kommission genehmigt worden sei.71
70Im Juni 1950 hatte MPr. Ehard, nach vorangegangener Aufforderung durch den amerikanischen Hohen Kommissar vom April, ein Schreiben an McCloy betreffend Fragen der Organisation der Polizei in Bayern gerichtet, in dem er u.a. für die Beibehaltung des Status der Organisation der Landpolizei plädierte und von einer weiteren Dezentralisation der Landpolizei abriet. Bezugnehmend auf dieses Schreiben teilte Land Commissioner Shuster der Staatsregierung am 13. 10. 1950 mit, daß „das Land Bayern die Genehmigung zur Beibehaltung seiner Landpolizei in ihrer gegenwärtigen zentralisierten Form erhält.“ S. die Durchschläge (engl. u. dt. Übersetzung) der Schreiben von MPr. Ehard an High Commissioner McCloy, 21. 6. 1950; Land Commissioner Shuster an MPr. Ehard, 13. 10. 1950 (engl. Original u. dt. Übersetzung) (StK 13094). Zu den regen Kontakten zwischen Ehard und McCloy in der Polizeifrage s. Gelberg,Ehard S. 234 ff. Zur Organisation der Polizei in Bayern nach 1945 u. insbesondere zur Landpolizei s. Nr. 125 TOP II Anm. 16.71Zum Fortgang s. Nr. 131 TOP XVIII, Nr. 132 TOP IV.
72Vgl. Nr. 127 TOP I.
1Staatssekretär Jaenickemacht Mitteilung über den Stand der Freimachung von Kasernen und über die noch durchzuführenden Maßnahmen.73
73Vgl. die Vormerkung für Staatssekretär Jaenicke für den Ministerrat, 25. 10. 1950 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207): Die von der Landesflüchtlingsverwaltung getroffenen Maßnahmen umfaßten den Neubau eines Barackenlagers in München-Moosach als Ersatz für die Münchner Luitpold-Kaserne, den Bau eines neuen Barackenlagers auf staatseigenem Gelände für 400 beschäftigte Personen aus der Möhl-Kaserne in Amberg, während 500 nicht in Arbeit befindliche Personen aus Amberg in das Lager Valka bei Nürnberg umgesiedelt werden sollten, sowie schließlich der Bau eines Barackenlagers in der Würzburger Mainau-Kaserne als Ersatz für die zu räumende Nord-Kaserne. Ferner war am 18. 10. 1950 die Weisung der Militärregierung ergangen, daß bis zum 1. 12. 1950 auch der Flughafen Leipheim und die Jägerkaserne in Mittenwald zu räumen seien. Vgl. die Kopie u. Übersetzung eines Telegramms McCloys an das Landeskommissariat für Bayern, 18. 10. 1950 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207); Übersetzung eines Schreibens von Land Commissioner Shuster an MPr. Ehard, 7. 11. 1950 (StK 15026, engl. Original ebd.). Für die Räumung dieser beiden Kasernen war das Procedere laut der Vormerkung für Staatssekretär Jaenicke vom 25. 10. noch ungeklärt. Für weitere acht Objekte sei eine endgültige Entscheidung der Militärregierung noch nicht erfolgt.
2Der Ministerrat billigt die von Staatssekretär Jaenicke eingeleiteten Maßnahmen und erklärt sein Einverständnis mit der Errichtung eines besonderen Ausschusses,74 in dem außer der Abt. V des Staatsministeriums des Innern das Finanzministerium, das Arbeitsministerium und die Oberste Baubehörde vertreten sind.75
74Das Bundeskabinett hatte in seiner Sitzung vom 10. 10. 1950 beschlossen, für die Behandlung von Fragen, die im Zusammenhang mit der Verstärkung der alliierten Streitkräfte im Bundesgebiet stehen, einen interministeriellen Ausschuß einzurichten. Dieser Ausschuß, dem die Bundesminister der Finanzen, für Wirtschaft, für Arbeit, für Wohnungsbau und für Vertriebene angehörten, und der sich hauptsächlich mit dem Problem der Kasernenräumungen beschäftigte, trat am 18. 10. 1950 zu seiner ersten Sitzung zusammen. Hier wurde den Landesregierungen empfohlen, auch auf Länderebene entsprechende interministerielle Ausschüsse zu bilden. Der im Nachgang zu vorliegendem Ministerrat gegründete bayer. Ausschuß stand unter dem Vorsitz von Staatssekretär Jaenicke. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 746
. S. den Abdruck eines Schreibens des BMF an die Bundesministerien und an die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder, 20. 10. 1950; Entwurf eines Schreibens von Staatssekretär Jaenicke an das StMF (mit Vermerk „abgesandt 27. 10. 1950"), 26. 10. 1950 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207).75Zum Fortgang s. Nr. 132 TOP III.
3Der Ministerrat beschließt, die nächste Sitzung am Dienstag, den 31. Oktober 1950, 15 Uhr, abzuhalten.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Hans Kellner
Regierungsrat
Der Leiter der
Bayer. Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister