Ministerpräsident Dr. Ehard kommt zu Beginn der Sitzung auf verschiedene Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Klibansky1 zu sprechen, ferner auf die von verschiedenen Seiten abgegebenen Äußerungen zu dem Verfahren gegen den Architekten Diekow.1Zur Person s. Nr. 100 TOP I Anm. 8.
Außerdem wird noch kurz über das Verfahren vor dem Landgericht in Deggendorf gegen den Bundestagsabg. Dr. Volkholz2 gesprochen, das mit einem Freispruch geendet hat.2Ludwig Volkholz (1919–1994), genannt „Jagerwiggerl“, Förster, Politiker, 1947 Mitbegründer der Bayernpartei in Kötzting, 1949–1953 MdB (BP), 1950–1954 MdL (BP, ab 1953 wegen Parteiausschluß fraktionslos), 1952 Aufhebung der Immunität als Bundes- und Landtagsabgeordneter wegen Vorwürfen der Anstiftung zum Meineid, der Bestechlichkeit und demokratiefeindlichen Verhaltens, Januar–Juli 1952 Aufenthalt in Österreich, Juli 1952 Auslieferung nach Bayern, September 1952 Freispruch vor dem Landgericht Deggendorf, in einem weiteren Prozeß vor dem Deggendorfer Landgericht im Januar 1954 Verurteilung zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung, 1958 Mitglied und Vorsitzender der FDP in Niederbayern, 1958–1966 Bürgermeister in Voggendorf/Landkreis Kötzting, 1963/64 Aufenthalt in Argentinien, 1966 Wiederaufnahme in die Bayernpartei u. stv. Landesvorsitzender, 1972–1994 Mitglied des Kreistages von Cham, 1976 Gründer u. Landesvorsitzender der Christlichen Bayerischen Volkspartei – Bayerische Patriotenbewegung, 1987 Rückkehr zur Bayernpartei. Vgl. Eichmüller, Jagerwiggerl; Walther, Fischbacher S. 28, 174 f. u. 446.
3Vgl. Nr. 116 TOP I.
1Staatsminister Zietsch führt aus, bei den Verhandlungen im Haushaltsausschuß des Bayer. Landtags habe sich herausgestellt, daß der Regierungsentwurf durch den Kulturpolitischen Ausschuß weitgehend verändert worden sei.4 Das Staatsministerium der Finanzen habe die Befürchtung,5 daß die schematische Übernahme von 50% der persönlichen und sächlichen Kosten dazu führen könnte, daß diese Mittel nicht zum Ausbau der Berufsschulen verwendet würden, sondern vielfach zur Entlastung des Gemeindehaushalts dienen könnten.6
4MPr. Ehard hatte den Regierungsentwurf am 21.9.1951 an den Landtagspräsidenten weitergeleitet. S. BBd.
II Nr. 1516 .5Hier hs. Änderung v. Gumppenbergs im Registraturexemplar; die ursprüngliche Formulierung hatte gelautet: „habe Bedenken dagegen...“ (StK-MinRatProt 19).6Zu den Änderungsvorschlägen zum Regierungsentwurf s. die Zusammenstellung der Berichte der Landtagsausschüsse für Kulturpolitische Angelegenheiten, für den Staatshaushalt und für Rechts- und Verfassungsfragen (BBd.
IV Nr. 3813 ). Der Kulturpolitische Ausschuß hatte als neuen § 17 Abs. 1 vorgeschlagen: „(1) Der Staat leistet insgesamt zu den für den Betrieb der nichtlandwirtschaftlichen Berufsschulen erforderlichen personellen und laufenden sächlichen Kosten einen Zuschuß in Höhe von 50 v.H.“ Der § 17 des Regierungsentwurfs (w.o. Anm. 4) hatte gelautet: „Zu dem Besoldungsaufwand der an den Berufsschulen erforderlichen Lehrkräfte gewährt der Staat einen Zuschuß von 50 v.H. der in den Bestimmungen festgelegten Mindestbesoldung.“
2Staatssekretär Dr. Ringelmann fügt hinzu, eigentlich müßte von den Grundsätzen des Finanzausgleichs vom Jahre 1937 ausgegangen werden. Wenn der Staat die Lehrkräfte zur Verfügung gestellt habe, so sei er damit über diese Grundsätze weit hinausgegangen. Eine weitere Erhöhung würde Mehraufwendungen von etwa 16 Millionen DM bedeuten.
3Staatsminister Dr. Schwalber regt an, den Entwurf nochmals mit den Fraktionen zu besprechen, um wenn möglich doch daran festzuhalten. Die Forderung des Abg. Eberhard,7 daß der gesamte Personalaufwand vom Staat getragen werden müsse, sei unerfüllbar. Andererseits sei es im Hinblick auf Art. 83 der Bayer. Verfassung8 nicht möglich, das Berufsschulwesen zu verstaatlichen.7Rudolf Eberhard. (1914–1998), Jurist und Volkswirt, 1935–1939 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, 1939–1945 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg, 1947–1957 Landrat von Ebermannstadt, 1950–1974 MdL (CSU), 1951–1957 stv. CSU-Fraktionsvorsitzender, u.a. 1953–1964 Mitglied des CSU-Landesvorstandes, 1954–1964 des geschäftsführenden Landesvorstandes und gleichzeitig stv. Vorsitzender der CSU, 1957–1964 Bayerischer Staatsminister der Finanzen, seit 1958 Stv. MPr., 1964–1970 Präsident des Vorstandes bzw. dann Vorstandsvorsitzender der Bayer. Staatsbank. S. Die CSU 1945–1948 Bd. 3 S. 1857.8Zum Wortlaut des Art. 83 BV s. Nr. 77 TOP I Anm. 7.
4Staatsminister Dr. Seidel meint, der Einwand des Finanzministeriums sei wohl beachtlich, andererseits biete der vom Kulturpolitischen Ausschuß vorgeschlagene neue § 17 a doch die Gewähr, daß mit den Mitteln kein Mißbrauch getrieben werde.9
9Der vom Kulturausschuß vorgeschlagene neue § 17 a lautete: „Die nach § 17 zu gewährenden staatlichen Zuschüsse können nur an Schulträger ausgeschüttet werden, deren Schulen den Mindestanforderungen dieses Gesetzes entsprechen.“ (BBd.
IV Nr. 3813 ).
5Staatsminister Dr. Schwalber bestätigt, daß gegen die Fassung des Kulturpolitischen Ausschusses von Seiten des Kultusministeriums keine Einwände zu erheben seien, dagegen halte er die Vorschläge des Haushaltsausschusses, der allerdings noch keinen Beschluß gefaßt habe, für bedenklich.10
10Der Haushaltsausschuß schlug später in seinen endgültigen Empfehlungen vom Januar 1953 für den § 17 Abs. 1 die Fassung vor: „Der Staat leistet zu den für den Betrieb der nichtlandwirtschaftlichen Berufsschulen tatsächlich aufgewendeten, höchstens jedoch erforderlichen Kosten der Lehrkräfte einen Zuschuß in Höhe von 70 v.H. Versorgungsaufwendungen bleiben außer Betracht.“ Der neue § 17 a sollte laut dem Vorschlag des Haushaltsausschusses lauten: „Die nach § 17 zu gewährenden staatlichen Zuschüsse können nur an Schulträger verteilt werden, deren Schulen den Mindestanforderungen des Gesetzes entsprechen.“ (BBd.
IV Nr. 3813 ).
6Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner spricht sich gleichfalls dafür aus, an dem Regierungsentwurf in der Fassung des Kulturpolitischen Ausschusses festzuhalten.
7Der Ministerrat beschließt, die Anregung des Staatsministeriums der Finanzen, den Zuschuß von 50 auf 25% zu ermäßigen, nicht weiter zu verfolgen. Ferner wird beschlossen, am Dienstag, den 9. September 1952, nachmittags 18 Uhr, eine Koalitionsbesprechung über das Berufsschulgesetz anzusetzen, an der die Herren Staatsminister der Finanzen und für Unterricht und Kultus teilnehmen sollen.11
11Der Bayer. Landtag behandelte und verabschiedete das Berufsschulgesetz in seinen Sitzungen vom 12. und 13.2.1953. S. StB. S. 786–843. – Berufsschulgesetz vom 25. März 1953 (GVBl. S. 35
).
12Vgl. Nr. 88 TOP I/15. Zum Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom 27.12.1951 s. Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 75 TOP I
/7.
1Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß gegen diesen Entwurf Bedenken wohl nicht bestünden, in § 1 dagegen eine formelle Änderung notwendig sei. Er schlage vor, diese Bestimmung wie folgt zu fassen:
2„Die der Landesregierung zustehende Zustimmungsbefugnis zur Erhöhung der Lohnsummensteuer wird auf Grund § 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung vom 30. April 1952 auf das Bayer. Staatsministerium des Innern übertragen“.
3Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt sich mit dieser Änderung einverstanden.
4Staatsminister Dr. Seidel meint, an sich habe er gegen den Entwurf keine Einwendungen, er bitte aber dafür Sorge zu tragen, daß das Staatsministerium des Innern die beteiligten Ministerien, nämlich das Wirtschafts- und das Arbeitsministerium, gegebenenfalls beiziehe.
5Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner sichert zu, eine interne Anweisung in dieser Richtung zu erlassen.
6Der Ministerrat beschließt, dem Entwurf der Verordnung mit der vom Herrn Ministerpräsidenten vorgeschlagenen Änderung zuzustimmen.13
13Zum Fortgang s. Nr. 119 TOP XII.
14Vgl. Nr. 108 TOP II.
1Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß diese Angelegenheit schon wiederholt im Ministerrat behandelt worden sei. In der Sitzung vom 15. Juli sei mit Zustimmung des Herrn Staatsministers der Finanzen beschlossen worden, daß das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge 7 Millionen DM auch ohne vorherige Genehmigung des Landtags verplanen könne. In der Zwischenzeit habe es sich aber doch als notwendig herausgestellt, die Genehmigung des Landtags einzuholen.
2Er halte es für zweckmäßig, den Antrag zur Angleichung an entsprechend frühere Anträge wie folgt zu formulieren:
3„Der Landtag wolle beschließen:
4das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge wird ermächtigt, zu Lasten des im Haushalt für das Rechnungsjahr 1953 zu veranschlagenden Ansatzes für die verstärkte Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge Bewilligungen bis zur Höhe von 7 Millionen DM auszusprechen.“
5Staatsminister Dr. Oechsle stimmt dieser abgeänderten Formulierung zu, worauf der Ministerrat beschließt, den Antrag dem Landtag zuzuleiten.
15S. MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 381. Der Beschluß zur Errichtung einer Arbeitsgemeinschaft der Flüchtlingsverwaltungen der Länder war – nicht zuletzt auf Initiative und auf Betreiben von Staatssekretär Oberländer hin – auf einer Tagung der Länderflüchtlingsverwaltungen in Bad Harzburg am 26./27.6.1952 erfolgt. Neu aufgegriffen wurde hier die Idee einer bereits früher – vor Gründung der Bundesrepublik – bestehenden Arbeitsgemeinschaft der Länder der westlichen Zonen. Seit 1949 allerdings seien Leiter und Vertreter der Landesflüchtlingsverwaltungen, so Staatssekretär Oberländer im Entwurf eines Schreibens an seine Ministerkollegcn der anderen Länder vom 29.8.1952, „nur bei den vom Bundesminister für Vertriebene einberufenen Sitzungen und im Rahmen der Sitzungen des Flüchtlingsausschusses des Bundesrats zusammen[gekommen].“ War die „frühere Arbeitsgemeinschaft ein loser, jeglicher Rechtsform entbehrender Zusammenschluß der einzelnen Länderverwaltungen“, so Oberländer in seinem Schreiben weiter, „nur geschaffen und bestimmt, ein weiteres Auseinanderklaffen der Gesetzgebung zu verhindern, und mehr oder minder erfolglos bemüht, gesamtstaatliche Probleme, wie etwa den Flüchtlingsausgleich zu lösen, so sind heute die staatsrechtlichen und verwaltungsmäßigen Voraussetzungen für die zentrale Lösung dieser Probleme geschaffen. [...] Die Aufgabenstellung der jetzigen Arbeitsgemeinschaft wird sich naturgemäß wesentlich von der seinerzeitigen unterscheiden. Sie soll und wird nicht Kompetenzen wahrnehmen, die ihr früher vielleicht zukamen, die aber heute dank der Wiedererlangung einer Staatsform beim Bundesministerium für Vertriebene bezw. bei der Bundesregierung liegen. Dagegen kann und soll sie die Zusammenarbeit der Länderflüchtlingsverwaltungen untereinander fördern und die Arbeit der Bundesregierung dadurch unterstützen, daß sie aus eigener Initiative, jedoch in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ressorts der Bundesregierung, legislative und administrative Maßnahmen zur Lösung des Flüchtlingsproblems bezw. zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Flüchtlinge ausarbeitet und vorschlägt.“ Die Arbeitsgemeinschaft sollte nach den Vorschlägen Oberländers eine „Geschäftsstelle zweckmäßigerweise in Bonn und gegebenenfalls im Anschluß an das Sekretariat des Bundesrats-Flüchtlingsausschusses“ einrichten und „für die wichtigsten Aufgabengebiete einige – vorerst wären es wohl zwei bis drei – ständige Unterausschüsse [...] bilden [...] und zwar ein Unterausschuß ,Eingliederung’, ein Unterausschuß ,Lastenausgleich’ ein Unterausschuß ,Umsiedlung’.“ (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 381).
1Staatssekretär Dr. Oberländer führt aus, die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft der Länderflüchtlingsverwaltungen sei unbedingt erforderlich, insbesondere für die Umsiedlung und die wirtschaftliche Eingliederung der Vertriebenen nach dem sogenannten Sonne-Plan.16 Alle anderen Länder seien sich in dieser Sache einig. Besondere Kosten würden nicht entstehen, da die Sitzungen im allgemeinen in Bonn stattfinden würden und dort das Büro des Bundesratsausschusses für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen benutzt werden könne.16Am 21. März 1951 war der Bundesregierung der sogenannte Sonne-Plan überreicht worden. Es handelte sich hierbei um den Abschlußbericht der ECA [Economic Cooperation Administration] – Technical Assistance Commission zum Studium der Flüchtlingsfragen in der Bundesrepublik Deutschland, eine unter der Leitung des US-amerikanischen Bankiers Hans Christian Sonne stehende Sachverständigenkommission, die mit Mitgliedern aus den USA und der Bundesrepublik besetzt war und zwischen September und Dezember 1950 die Lage der Flüchtlinge in der Bundesrepublik untersucht hatte. Der 1951 vom BMVt veröffentlichte Sonne-Plan hatte vorgeschlagen, insgesamt 12,5 Mrd. DM - finanziert zu rund % aus Mitteln des Bundes und zu 30% durch Kapitalanleihen im Ausland – u.a. für den Flüchtlingswohnungsbau, die Umsiedlung, die landwirtschaftliche Flüchtlingssiedlung sowie für die berufliche und wirtschaftliche Förderung der Flüchtlinge aufzuwenden. S. den Kommissions-Bericht: Eingliederung; ferner Kabinettsprotokolle
1951 S. 176 , 293 , 372 u. 393 f.; Kabinettsprotokolle
1952 S. 612
f.; auch die Materialien in MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 603.
2Der Ministerrat erklärt sich mit der Bildung der Arbeitsgemeinschaft einverstanden.17
17Die Arbeitsgemeinschaft der Landesflüchtlingsverwaltungen hatte ihre Arbeit wohl bereits im August, spätestens im September 1952 aufgenommen: Überliefert ist in den einschlägigen Akten diesbezüglich als Hinweis nur eine Niederschrift über die 2. Sitzung der Landesflüchtlingsverwaltungen am 11. September 1952 in Mehlem (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 381).
3Staatssekretär Dr. Oberländer kommt in diesem Zusammenhang auf den Treck zu sprechen, der unter der Leitung eines Herrn Brenske18 von Oberfranken aus durchgeführt werden solle.19 Er habe wiederholt wegen dieses Planes verhandelt und dabei darauf hingewiesen, daß die Umsiedlung einigermaßen befriedigend vor sich gehen werde.20 Plötzlich komme jetzt die Meldung, daß Brenske ein Ultimatum an die Staatsregierung gerichtet habe.21 Diese Forderung sei ungewöhnlich und egoistisch, ihr könne keinesfalls nachgegeben werden. Er werde mit Brenske noch verhandeln und ihm eindeutig mitteilen, daß er allein die Verantwortung für alle Folgen unüberlegter Handlungen tragen müsse. Er bitte aber dazu um das Einverständnis des Kabinetts.18Herbert Rudolf Brenske (1906–1993), ehemaliger Wachtmeister, nach 1945 zunächst Angestellter der US-Besatzungsmacht in Kulmbach, dann Fuhrunternehmer und Gelegenheitsarbeiter, Gründungsmitglied des BHE-Landesverbandes in Bayern, 1948–1952 Stadtrat in Kulmbach (BHE, bis zum Parteiaustritt im Oktober 1952). S. Schönwald, Integration S. 56 Anm. 230.19S. Nr. 78 TOP XVI. Mit Schreiben vom 24.7.1952 an Staatssekretär Oberländer hatte die Treckvereinigung Landesverband Bayern für Ende August den Aufbruch eines Trecks aus Oberfranken angekündigt. U.a. wurde in dem Schreiben ausgeführt: „Hierdurch dürfen wir uns erlauben, Ihnen ganz ergebenst davon Mitteilung zu machen, daß wir uns nach eingehender Beratung mit unseren Vertrauensleuten nun doch entschlossen haben, den geplanten und der Öffentlichkeit ja bereits seit langem angekündigten Treck der umsiedlungswilligen Heimatvertriebenen aus Bayern, durchzuführen. Wir bedauern diese Entwicklung, an der wir keine Schuld tragen, sehen aber keine andere Möglichkeit, unseren treckwilligen Schicksalsgefährten zu helfen. [...] Wir sind heute der Überzeugung, daß die innerdeutsche Umsiedlung als restlos gescheitert zu betrachten ist und daß auch keine Aussicht besteht, daß in dieser Hinsicht im Verlauf dieses Jahres noch eine erfolgreiche Änderung eintritt. Wir haben nicht nur kritisiert, sondern den amtlichen Stellen konkrete und gangbare Vorschläge unterbreitet, inwieweit die Methoden der amtlichen Umsiedlung im Interesse der umsiedlungswilligen Heimatvertriebenen geändert werden könnten. Alle diese Vorschläge wurden jedoch seitens der Bundesregierung und den Regierungen der Aufnahmeländer entweder völlig ignoriert oder kategorisch abgelehnt. [...] Die Dinge werden nun ihren Lauf nehmen müssen. Die Anweisungen an unsere Treckwilligen sind in diesen Tagen hinausgegangen. Der Termin für den Beginn des Trecks haben wir auf die letzten Tage des Monats August festgesetzt. [...] Wir haben keine Veranlassung anzunehmen, daß seitens der amtlichen Stellen Einwendungen gegen unsere Absicht erhoben werden. Auch sind wir nicht der Meinung, daß in letzter Stunde die Länderregierungen sich unseren Vorschlägen doch noch anschließen, damit der Treck unterbleibt.“ (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1163).20Am 20./21.8.1952 hatte Staatssekretär Oberländer persönlich mit Herbert Brenske in Bayreuth verhandelt; unter der Maßgabe, daß die Umsiedlung der Vertriebenen in beiderseitigem Einvernehmen vonstatten gehen und das bayerische Kontingent der Umsiedler von 20000 auf 33000 erhöht werde (s. hierzu Nr. 115 TOP XII), hatten die Verantwortlichen der Kulmbacher Treckvereinigung ihre für Ende August geplante Aktion vorläufig abgesagt. S. hierzu das Schreiben von Staatssekretär Oberländer an Herbert Brenske, 12.8.1952, sowie die Pressematerialien in MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1163.21Mit Schreiben vom 25.8.1952 hatte Staatssekretär Oberländer der Kulmbacher Treckvereinigung zugesagt, daß die Heimatvertriebenen in OFr. im Rahmen des neuen Umsiedlungsgesetzes (s. hierzu Nr. 88 TOP I/27) den Umsiedlungskommissionen vorgestellt und unabhängig von Beruf und sozialer Stellung in die Umsiedlung mit aufgenommen würden. Mit Schreiben an Staatssekretär Oberländer vom 30.8.1952 äußerte Herbert Brenske seine Unzufriedenheit mit diesem Vorschlag, der hinter der Vereinbarung vom 20./21.8.1952 zurückbleibe: „Damit ist das eingetreten, was von uns, nach den Erfahrungen bei unseren Verhandlungen in der Vergangenheit, schon in Bayreuth befürchtet wurde, dass nämlich auch hier wiederum wohl eine ,verbindliche‘ Zusage gegeben worden ist, deren Erfüllung, ohne Massgabe eines festen Termins, letztlich doch nur wieder ein Versprechen bleibt. Wir dürfen in Erinnerung bringen, dass der bei Ihren Akten liegende Vorschlag unsererseits doch dahin ging, in diesem Jahr auf einen Treck zu verzichten, unter der Voraussetzung, wenn noch in diesem Jahr etwa 3000 Personen, die wir unter vielen tausend Treckwilligen als dringendste Fälle in unserer Vereinigung registriert haben, angenommen und umgesiedelt werden. Wir können auf keinen Fall damit einverstanden sein, dass die genannten Personen auf das neue Umsiedlungsgesetz verrechnet werden [...] Nach Absprache mit Ihnen, Herr Staatssekretär, haben wir uns bereitgefunden, die Durchführung des Trecks letztmalig auf den 14. Sept. 52 zu verschieben. Wir werden trecken, wenn nicht jetzt noch in den allernächsten Tagen ein Weg gefunden wird, der unsere berechtigten Forderungen, wie sie in unserem massvollen und bescheidenen Vorschlag niedergelegt sind, Rechnung getragen wird.“ (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1163).
4Der Ministerrat beschließt, sich der Auffassung des Herrn Staatssekretärs Dr. Oberländer anzuschließen.22
22In der Folge versuchte Staatssekretär Oberländer, für die von der Treckvereinigung Kulmbach registrierten 3 000 sogenannten „Elendsfälle”, d.h. Personen, deren Umsiedlung oberste Priorität besitzen sollte, eine vordringliche Bearbeitung zu erreichen, allerdings versäumte es die Treckvereinigung dann offensichtlich, die hierfür notwendigen Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. S. die Schreiben von Staatssekretär Oberländer an Herbert Brenske, 17.9.1952 u. 7.10.1952 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1163). Der angekündigte Treck aus OFr. fand ebenfalls nicht statt.
23Vgl. Nr. 93 TOP I, Nr. 94 TOP IV, Nr. 95 TOP V, Nr. 105 TOP VII, Nr. 106 TOP V, Nr. 107 TOP XV.
1Staatssekretär Maag verweist auf die Note des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1. September 1952,24 wonach der Amerikanische Hohe Kommissar für Deutschland durch eine Verordnung Nr. 19 vom 14. August 195225 die frühere Verordnung Nr. 1526 dahingehend geändert habe, daß nunmehr Privatjagden und verpachtete Staatsjagden von der Jagdausübung durch Besatzungsangehörige vollkommen befreit seien. Außerdem sei eine neue Ausführungsverordnung Nr. 8 zur Verordnung Nr. 15 ergangen, in der die Amerikaner unter anderem 80% der Abschußquoten für Damwild und Muffelwild verlangten und weiterhin andere Schußzeiten für Rotwild und Rehböcke festlegten.27 Beide Verordnungen seien ohne jede vorherige Fühlungnahme mit dem Landwirtschaftsministerium ergangen. Die Amerikaner hätten die Vorverhandlungen offenbar nur mit dem Bayer. Jagdschutzverband geführt. Wenn die Regelung für die Privatjagden auch günstig sei, so könne man sich doch mit dieser Methode nicht abfinden, insbesondere auch nicht ohne weiteres die Ausführungsverordnung Nr. 8 hinnehmen, wenn sie auch nicht von großer praktischer Bedeutung sei.24Schreiben (Entwurf, mit Vermerk „Versandt 1.9.1952“) von StM Schlögl an die StK, 1.9.1952 (MELF 9520).25Verordnung Nr. 19 Jagdausübung der Besatzungsangehörigen in Bayern des US-High Commissioner for Germany vom 14. August 1952 (Amtsblatt der AHK S. 1909).26S. Nr. 93 TOP I Anm. 1.27Ausführungsverordnung Nr. 8 zur Verordnung Nr. 15 des Hohen Kommissars der Vereinigten Staaten (Jagdordnung für Besatzungsangehörige) vom 21. August 1952 (Amtsblatt der AHK S. 1910).
2Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, das Landwirtschaftsministerium möge unter Bezugnahme auf die bisherigen Verhandlungen mit den Vertretern der Besatzungsmacht einen Protest vorbereiten, der dann von der Staatskanzlei aus weitergeleitet werden könne.
3Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.28
28Zum Fortgang s. Nr. 126 TOP IV.
29Vgl. Nr. 110 TOP VI.
1Staatsminister Dr. Seidel erinnert daran, daß über den Antrag der Bayer. Gemeindebank noch nicht entschieden worden sei. Er betone dabei, daß die durch das Staatsministerium des Innern vorgenommene Satzungsänderung entscheidend gewesen sei und es jetzt für das Staatsministerium für Wirtschaft schwierig werde, den Antrag abzulehnen.30 Die Prüfung des Antrags obliege dem Kapitalverkehrsausschuß,31 der natürlich ganz konkrete Angaben verlange.30S. hierzu das Schreiben von StM Seidel (Entwurf und hektographierte Endfassung) an MPr. Ehard, 10.7.1952 sowie die „Vorlage 3 zu Punkt 7 der Tagesordnung der Verbandsversammlung vom 20. Juni 1952 [Satzungsänderungen]“. Mit Entschließung vom 19.6.1951 hatte das StMI im Einvernehmen mit dem StMF die dann ein Jahr später, am 20.6.1952, von der Verbandsversammlung der Bayer. Gemeindebank gebilligte Satzungsänderung veranlaßt – u.a. dahingehend, daß das Recht der Gemeindebank zur Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen auf die Begebung von Kommunalschuldverschreibungen aufgehoben wurde und der Bayer. Gemeindebank nun die Möglichkeit eröffnet wurde, die Genehmigung zur Ausgabe von Pfandbriefen nach dem Kapitalverkehrsgesetz zu beantragen (MWi 25187).31Zur Errichtung und den Aufgaben des Ausschusses für Kapitalverkehr, wie sie in § 6 des Kapitalverkehrsgesetzes vom 2.9.1949 (wie Nr. 110 TOP VI Anm. 32) geregelt waren, s. Protokolle Ehard II Bd. 3 Nr. 114 TOP II
/4 Anm. 39.
2Staatssekretär Dr. Ringelmann meint, das Staatsministerium für Wirtschaft könne schon vorher erklären, daß es gegen die Genehmigung Bedenken habe. Die Begründung müßte sich auf die Aufgaben der Gemeindebank stützen, die ja hauptsächlich darin bestünden, für die Liquidität der Gemeinden zu sorgen.
3Staatsminister Dr. Seidel gibt zu bedenken, daß nun einmal die Tatsache der Satzungsänderung nicht aus der Welt geschafft werden könne.
4Staatssekretär Dr. Nerreter legt die Gründe dar, die zu der damaligen Entscheidung des Staatsministeriums des Innern geführt hätten.32
32Vgl. das Schreiben (Abschrift) von Staatssekretär Nerreter an die Bayer. Gemeindebank (Girozentrale), 19.6.1951: „In der Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 3.1.1951 Nr. I B 3 – 814 ii 5, mit der die Neufassung der Satzung der Bayer. Gemeindebank genehmigt wurde, war zum Ausdruck gebracht worden, daß die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen auf die Ausgabe von Kommunalobligationen beschränkt ist und die Genehmigung zur Ausgabe von Pfandbriefen durch die Bayer. Gemeindebank angesichts der allgemeinen Lage am Kapitalmarkt nicht in Aussicht gestellt werden kann. Im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen als Bankenaufsichtsbehörde wird mit Rücksicht auf die inzwischen eingetretene Änderung der Verhältnisse diese Beschränkung des in der Satzung festgelegten Rechts der Bayer. Gemeindebank zur Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber [...] hiermit aufgehoben. Das Erfordernis der Genehmigung für die erstmalige Begebung von Schuldverschreibungen nach § 1 des Gesetzes über den Kapitalverkehr vom 2.9.1949 [...] wird hierdurch nicht berührt.“ (MWi 25187).
5Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, Herr Staatsminister Dr. Seidel möge sich mit Herrn Staatsminister a.D. Dr. Zorn33 in Verbindung setzen.34
33Zur Person s. Nr. 100 TOP II Anm. 12.34Schreiben von StM Seidel an den geschäftsführenden Direktor des Bayer. Sparkassen- und Giroverbandes, Rudolf Zorn, 2.9.1952. Darin führte StM Seidel aus: „Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Zorn! In vorbezeichneter Angelegenheit habe ich im heutigen Ministerrat außerhalb der Tagesordnung eine Diskussion herbeigeführt. Ich darf Ihnen mitteilen, daß die Auffassungen keineswegs einheitlich gewesen sind; ich hatte den Eindruck, daß eine Abstimmung über die Genehmigung negativ ausgegangen wäre. Ich habe deshalb die Aussprache nur benutzt, um mich über die verschiedenen Meinungen zu informieren und habe gebeten, die Angelegenheit auf die offizielle Tagesordnung einer der nächsten Ministerratssitzungen zu nehmen. Inzwischen werde ich über die geltend gemachten wirtschaftlichen und rechtlichen Einwendungen Überlegungen anstellen, um zu sehen, ob ein vernünftiges Ergebnis erzielt werden kann. Nach Abschluß meiner Überprüfung werde ich Sie zu einer Aussprache bitten.“ (MWi 25187).
6Staatsminister Dr. Schwalber weist darauf hin, daß sich der Schwerpunkt der Tätigkeit der Bayer. Gemeindebank immer mehr verschiebe, wodurch die Hypothekenbanken auf einem Gebiet, das sie von jeher in Bayern besonders gepflegt hätten, beeinträchtigt würden.
7Staatsminister Dr. Seidel stellt fest, daß er heute keine Entscheidung des Ministerrats beantragen wolle. Ein interministerieller Ausschuß habe sich übrigens dafür ausgesprochen, die Behandlung des Antrags aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen auszusetzen.35 Vielleicht sei es das beste, wenn er heute durch den Ministerrat offiziell aufgefordert werde, den Antrag der Bayer. Gemeindebank eingehend zu prüfen und dann eine Vorlage an den Ministerrat zu machen.35Bezug genommen wird auf eine Besprechung von Vertretern des StMWi, des StMF und der Landeszentralbank von Bayern am 28.7.1952 im StMF. S. die Vormerkung von MinDirig Zehler (StMWi) betr. Antrag der Bayerischen Gemeindebank, München, auf Genehmigung der Ausgabe von 5.000.000.- DM mit 5% verzinslicher Pfandbriefe vom 30.6.1952. Darin hieß es u.a.: „Wenn die Gemeindebank im Hinblick auf den Entwurf eines Kapitalmarktförderungsgesetzes [s. hierzu Nr. 104 TOP II/9] und die in dem Entwurf vorgesehene Behandlung der Kommunalschuldverschreibungen den Zeitpunkt zur Ausgabe von Pfandbriefen für gekommen hält, so ist diese Begründung nicht stichhaltig. 1. kann der Pfandbrieferlös nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben verwendet werden, und 2. steht noch nicht fest, ob der Entwurf in der vorliegenden Fassung Gesetz wird. Es wurde daher beschlossen, zu empfehlen, dass die Behandlung des Antrages der Bayerischen Gemeindebank aus wirtschaftspolitischen Erwägungen vorerst zurückgestellt wird, bis klare gesetzliche Maßnahmen zur Kapitalmarktförderung vorliegen. Zu diesen wirtschaftlichen Erwägungen treten noch rechtliche Bedenken hinzu, welche die Aussetzung der Behandlung des Antrages notwendig erscheinen lassen. Die Bayerischen Hypothekenbanken führen in ihrer Stellungnahme vom 7.6.1951 zur Verleihung des Pfandbriefausgaberechts an die Bayerische Gemeindebank, die sie der Bayerischen Staatsregierung und dem Staatsminister für Wirtschaft zugeleitet haben, aus, dass bis zur Auflösung des Reichsrats private Hypothekenbanken zur Aufgabe von Pfandbriefen der Genehmigung des Bundesrats – Reichsrats – bedurften. Seither sei ein Genehmigungsfall nicht mehr eingetreten. Soweit öffentlich-rechtliche Kreditinstitute Pfandbriefe ausgegeben hätten, sei das Recht hierzu unmittelbar oder mittelbar auf dem gleichen Weg erteilt worden. Eine allgemeine gesetzliche Regelung habe für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute nicht bestanden. [...] Im Hinblick auf diesen Sachverhalt wurde beschlossen zu empfehlen, dass 1. festgestellt wird, wer Rechtsnachfolger des Reichsrats für die Verleihung des Rechts zur Pfandbriefausgabe ist, 2. geprüft wird, ob die Verleihung des Pfandbriefausgaberechts durch das Bayerische Staatsministerium des Innern rechtlich zulässig war und damit Rechtskraft erlangt hat.“ (MWi 25187).
8Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.36
36Zum Fortgang s. Nr. 132 TOP III.
37Vgl. Nr. 107 TOP V, Nr. 110 TOP V, Nr. 111 TOP VI.
1Staatsminister Dr. Oechsle führt aus, das Bundesfinanzministerium mache Schwierigkeiten hinsichtlich des Vorsitzes im Aufsichtsrat der Luitpoldhütte AG; es wolle den Vorsitz im Aufsichtsrat einem Vertreter des Bundes verschaffen und lehne den bayerischen Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge ab.38 Er selbst habe bereits mit den Gewerkschaften verhandelt, da unter der gegenwärtigen Situation der Betrieb leide und unter den Arbeitnehmern eine erhebliche Unruhe entstanden sei. Die Gewerkschaften stimmten mit der vom bayerischen Kabinett beschlossenen Linie durchaus überein. Sie seien der Auffassung, daß man die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden dem Wahlorgan überlassen solle, damit sei aber das Bundesfinanzministerium nicht einverstanden.38Dieser Konflikt zwischen dem BMF und dem StMF um die Bestimmung und Ernennung des Aufsichtsratsvorsitzenden bestand bereits seit dem Beginn der Verhandlungen um die Besetzung des Aufsichtsrates der Luitpold-Hütte. S. hierzu den Schnellbrief des Staatssekretärs im BMF, Alfred Hartmann, an Staatssekretär Ringelmann, 22.7.1952 (MF 86007).
2Neuerdings verlangten die Gewerkschaften die Bildung des Aufsichtsrats innerhalb 14 Tagen, andernfalls werde unter Umständen ein Proteststreik ausgerufen werden.39 Vielleicht wäre es am besten, wenn der Herr Ministerpräsident einen persönlichen Brief an den Herrn Bundesminister der Finanzen richten und auf die gegenwärtige Lage hinweisen wird.39Eine entsprechende Stellungnahme der Gewerkschaften in den einschlägigen Akten nicht ermittelt.
3Staatsminister Dr. Seidel fügt hinzu, die Haltung des Bundesfinanzministers sei nicht zu verstehen, Bayern habe aber begründete Aussicht, seinen Standpunkt durchzusetzen. Er stimme mit den Gewerkschaften darin überein, daß man es auf die Wahl durch das zuständige Organ ankommen lassen solle. Auf alle Fälle werde er aber am nächsten Freitag in Bonn auch mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft über diesen Fall sprechen.
4Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt, auch er habe sich dafür ausgesprochen, daß das Wahlorgan selbst den Vorsitzenden des Aufsichtsrats wähle.
5Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß der Herr Ministerpräsident auf Grund eines Entwurfs des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle ein Schreiben an den Herrn Bundesminister der Finanzen richtet.40
40Ein solches Antwortschreiben in den einschlägigen Akten nicht ermittelt.
6Staatsminister Dr. Seidel fügt noch hinzu, wenn sich die Möglichkeit ergebe, werde er in Bonn auch mit Herrn Rust41sprechen, der der Kandidat des Bundesfinanzministeriums für den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden sei42
41Dr. jur. Josef Rust (1907–1997), Jurist, Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Göttingen, München und Berlin, 1934 Assessor, später bis 1945 Referatsleiter im Reichswirtschaftsministerium, 1948/49 Tätigkeit im niedersächsischen Finanzministerium im Angestelltenverhältnis, 1949 Berufung in das Bundeskanzleramt, dort Leiter des Referats 6 (zuständig für Finanzen, Wirtschaft, Landwirtschaft, Bundesbank, Grundsatzfragen), 1952–1955 Leiter der Abteilung III im BMWi (Bergbau, Energie, Wasser, Eisen und Stahl), 1955–1959 Staatssekretär im BMVtg, Inhaber zahlreicher Aufsichtsratsposten, u.a. 1959–1969 Vorstandsvorsitzender, dann 1969–1978 Aufsichtsratsvorsitzender der Wintershall KG in Kassel, 1966–1974 Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG. Vgl. Kabinettsprotokolle der Bundesregierung online/Biographien URL: http://www.bundesarchiv.dc/cocoon/barch/0000/z/z1961z/kapl_5/para2_l 08.html.42Zum Fortgang s. Nr. 118 TOP VII, Nr. 120 TOP XII.
1. Der Ministerrat beschließt, die Dienstzeit des Ministerialrats im Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Dr. Karnbaum,43 bis 31. Dezember 1952 zu verlängern. U43Dr. phil. Anton Karnbaum (1886–1967), Lehrer, 1911–1929 Schuldienst, 1.12.1929 Abordnung an das StMUK, dort 1.4.1930 Studiendirektor, 1936 Entfernung aus dem StMUK wegen Nichtzugehörigkeit zur NSDAP und Rückkehr in den Schuldienst, 1.4.1936 Oberstudienrat, 1939–1945 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg, 4.7.1945 Studienrat im StMUK und Leiter der Höheren Schulabteilung, 1.1.1946 RegDir, 12.12.1946 MinRat, Ruhestandsversetzung zum 1.1.1953.
2. Der Ministerrat beschließt ferner, die Beförderung des Regierungsdirektors vom Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge, Franz Netzsch,44 bis 1. Januar 1953 zurückzustellen. U44Nicht ermittelt; s. Nr. 88 TOP I/8 Anm. 12.
45Vgl. thematisch (Wiederaufbau der Münchner Universitätskliniken) auch Nr. 89 TOP III, Nr. 105 TOP III u. TOP IV, Nr. 107 TOP XVII u. Nr. 110 TOP VIII.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, daß der neugewählte Rektor der Universität, Universitätsprofessor Dr. San Nicolö46 gestern bei ihm gewesen sei. Wie weit seien eigentlich jetzt die Verhandlungen zwischen den beteiligten Ministerien und der Firma Fries & Co. gediehen?46Dr. phil Mariano San Nicolö (1887–1955), Rechtshistoriker, Hochschullehrer, Studium der Rechtswissenschaften in Graz, 1911 Promotion, 1913 Habilitation , 1914–1918 Teilnahme am Ersten Weltkrieg, noch während des Kriegsdienstes Berufung an den Lehrstuhl für Römisches Recht an der Universität Prag, dort Dienstantritt zum Wintersemester 1918/19, 1931–1933 Rektor der Prager Universität, 1935 Berufung an den Lehrstuhl für Römisches und Deutsches Bürgerliches Recht an der Universität München, 1935 korrespondierendes, 1936 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, zwischen 1939 und 1945 zweimal Klassensekretär an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1944/45 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1945 Dienstenthebung durch die US-Militärregierung, 1948 Rückkehr in das Professorenamt, 1952/53 Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität München. S. NDB Bd. 22 S. 430 f.; auch online: URL: http://www.deutsche-biographie.de/ppn10198104X.html.
2Staatsminister Dr. Schwalber erwidert, die Verhandlungen seien durch Herrn Staatsrat Dr. Meinzolt47 geführt worden und befriedigend verlaufen. Die Pläne für das Hauptgebäude an der Ludwigstraße seien an sich fertig, allerdings noch nicht vollständig hinsichtlich des inneren Aufbaues. Die Verhandlungen seien dadurch etwas schwierig gewesen, da die zuständigen Referenten des Finanzministeriums zur Zeit in Urlaub seien. Jedenfalls werde er ohne die Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen keinen Vertrag mit der Firma Fries unterzeichnen.48
47Zur Person s. Nr. 91 TOP X Anm. 48.48Zum Fortgang s. Nr. 119 TOP XI.
49Zu vorliegendem Tagesordnungspunkt keinerlei archivalische Überlieferung ermittelt.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, in einer der nächsten Sitzungen die Vorlage des Staatsministeriums der Finanzen über den Wiedergutmachungsantrag der SPD zu behandeln.
2Ministerpräsident Dr. Ehard stimmt zu, erklärt aber, er müsse sich die Akten noch im einzelnen ansehen.
3Es wird vereinbart, diesen Punkt auf die Tagesordnung des Ministerrats vom 9. September zu setzen.50
50Zum Fortgang s. Nr. 119 TOP III.
1Auf Vorschlag des Herrn Stv. Ministerpräsidenten Dr. Hoegner wird vereinbart, diesen Punkt in der nächsten Koalitionsbesprechung zu erörtern.
51Vgl. Nr. 113 TOP X.
1Staatsminister Dr. Schwalber bringt nochmals die schon in einer der letzten Kabinettssitzungen behandelte Frage zur Sprache, welche Zuschüsse für die Instandsetzung der Olympiaanlagen in Garmisch gegeben werden könnten.
2Es wird festgestellt, daß nochmals eine Besprechung der beteiligten Ministerien stattfinden und die Behandlung im Ministerrat deshalb vertagt werden müsse.52
52Zum Fortgang s. Nr. 121 TOP IX, Nr. 126 TOP VII.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des
Ministerrats
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Ministerialrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Karl Schwend
Ministerialdirektor