1Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet, daß die Besatzungsmacht die Freimachung von Kasernen in ganz Bayern für insgesamt 18000 Mann amerikanischer Streitkräfte noch im Laufe dieses und des nächsten Monats verlangt habe. Die in München, Amberg und Würzburg zu räumenden Kasernen müßten bis zum 28. Oktober freigemacht werden.3 In den Kasernen befänden sich gegenwärtig DPs, welche zum großen Teil in Arbeit stehen und daher an den gleichen Orten verbleiben müßten. Die entstehenden Kosten seien zwar als Besatzungskosten vom Bund zu tragen, doch müßten sie von Bayern jetzt vorgelegt werden.4
3S. im Detail MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207; StK 15026. Auf der Konferenz der Außen- und Verteidigungsminister der Westalliierten sowie des Nordatlantikrates vom 12.-26. 9. 1950 war die Verstärkung der alliierten Militärpräsenz in Westdeutschland beschlossen worden. Für die Unterbringung der zusätzlichen neuen Streitkräfte wurden vor allem Kasernen benötigt, die die deutsche Verwaltung von der IRO übernommen hatte und seit 1. 7. 1950 für zivile Zwecke, hauptsächlich für die Unterbringung von Flüchtlingen und DPs, nutzte. Anfang Oktober 1950 wurde bekannt, daß High Commissioner McCloy für die US-Besatzungszone die Freimachung von 11 Kasernen bis zum 1. 11. 1950 und von weiteren 25 Kasernen bis zum 1. 12. 1950 angeordnet hatte. Vgl. die Abschrift eines Schreibens von Bundesfinanzminister Schaffer an Bundeskanzler Adenauer, 28. 9. 1950 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207); Passauer Neue Presse Nr. 118, 7. 10. 1950: „McCloy räumt 11 Kasernen“. Obgleich die bayer. Landesflüchtlingsverwaltung umgehend die Vorbereitung der angeordneten Räumung der Kasernen in Angriff nahm, scheint die Staatsregierung durch Land Commissioner Shuster erst am 16. 10. 1950 offiziell über die Kasernenräumungen in Kenntnis gesetzt worden sein. Vgl. den Entwurf eines Schreibens von Staatssekretär Jaenicke an das Büro des Landeskommissars für Bayern,10. 10. 1950 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207); Übersetzung eines Schreibens von Land Commissioner Shuster an MPr. Ehard, 16. 10. 1950: „Wie Sie wissen, ist in Deutschland die Stationierung zusätzlicher U.S. Truppen vorgesehen. Diese Politik steht im Einklang mit dem Ersuchen der Bundesrepublik Deutschland. Ein Teil dieser Truppen wird in Bayern erwartet; es werden jedoch alle Anstrengungen gemacht, um zusätzliche Beschlagnahme von Wohnraum zu vermeiden. Der Hohe Kommissar wünscht, daß keine weiteren Beschlagnahmen erfolgen. Zur Gewinnung der erforderlichen Unterkünfte für neue Truppeneinheiten müssen wirbitten, daß bestimmte Anlagen, die von der US-Armee zwar noch beschlagnahmt sind, aber zur Unterbringung von in Deutschland verbleibenden DPs verwendet werden, geräumt und für die Armee bereitgestellt werden. Das Amt des Amerikanischen Hohen Kommissars hat angewiesen, daß folgende Gebäude bis 1. November zu räumen sind: NBO-482 Pond Kaserne, Amberg OB-797 Luitpoldkaserne, München UF-395 Nordlager Würzburg. Es ist notwendig, daß alle übrigen Kasernen in Bayern, in denen in Deutschland verbleibende DPs untergebracht sind, bis spätestens 1. Dezember geräumt werden. Dies wurde dem Staatssekretär für das Flüchtlingswesen vom Leiter der Displaced Populations Branch beim Amt des Landeskommissars für Bayern bereits mitgeteilt; mein Schreiben bestätigt daher die in dieser Angelegenheit bereits geführten Besprechungen. Der Hohe Kommissar hat schon früher der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die aus DP-Lagern evakuierten Personen in Privatquartieren untergebracht werden. Falls dies jedoch nicht möglich ist, sind Kasernen und andere Anlagen zu verwenden, um diesen Leuten ein Obdach zu geben. Ich darf daher bitten, daß die bayerischen Behörden Anzahl und Lage aller Ihrer Verwaltung unterstehenden und als Ausweichlager, Verwaltungseinrichtungen oder Quartiere verwendbaren oder zur Verwendung für diese Zwecke wiederherstellbaren Kasernen oder Anlagen ermitteln.“ (StK 15026, engl. Original ebd.). Bei der in Amberg zu räumenden Kasernenanlage handelte es sich um die dortige Möhl-Kaserne. S. hierzu MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 972.4Wahrscheinlich am 6. 10. 1950 wurden erste Gespräche zwischen dem Bund, der AHK und dem StMF bezüglich der Finanzierung der von der Militärregierung angeordneten Kasernenfreimachungen geführt. Der Bund übernahm die Räumungskosten und die Aufwendungen für den Bau von Ersatzunterkünften als Kriegsfolgelasten für den Bundeshaushalt. Da der Besatzungslastenhaushalt des Bundes aber noch nicht verabschiedet war, hatte zunächst das Besatzungskostenamt München die mit den Kosten für die Kasernenräumungen entstehenden Auszahlungen und Verbuchungen vorzunehmen. S. den Aktenvermerk betr. Freimachung von Kasernen; hier: Kostentragung, 9. 10. 1950; Abdruck eines Schreibens StMF an das Besatzungkostenamt München, 13. 10. 1950; StMF an Staatssekretär Jaenicke, 16. 10. 1950 (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 1207).
2Staatssekretär Jaenicke teilt mit, daß für die DPs Baracken bereitgestellt werden müßten.
3Ministerialrat Dr. Kiefer des Finanzministeriums legt dar, daß für die in München neu unterzubringenden DPs nur zwei Objekte zur Verfügung stünden, nämlich die ehemalige Anstalt Neufriedenheim,5 deren Instandsetzung jedoch kostspielig sei und mehrere Monate Zeit beanspruche, zum anderen ein ehemals von der Luftwaffe benutztes Gelände in Oberwiesenfeld,6auf welchem Baracken errichtet werden könnten.5Gemeint ist die ehemalige Kur- und Heilanstalt Neufriedenheim in der Münchner Fürstenriederstraße. Bereits Anfang September 1950 allerdings hatte das StMUK beim StMF eine Überweisung des Anwesens in die Verwaltung des StMUK beantragt, um dort die provisorisch nach Schloß Tegernsee verlagerte Landestaubstummenanstalt unterzubringen, eine Forderung, die StM Hundhammer am 14. 10. 1950 gegenüber dem StMF nochmals telefonisch bekräftigte, da die „neuerliche Verwendung des Anwesens zur Unterbringung von DPs [...] im Ministerrat abgelehnt worden“ sei. S. StM Hundhammer an StMF, 7. 9. 1950; das vorliegende Zitat aus einer Vormerkung betr. ehern. Heilstätte Neufriedenheim, Fürstenriederstr. 155 in München, 16. 10. 1950 (MF 71511). Die Landestaubstummenanstalt zog im November 1952 in Neufriedenheim ein.6Auf dem nördlichen Teil des Oberwiesenfeldes – einer historischen Flurbezeichnung – befindet sich seit 1972 der Münchner Olympiapark. Das Areal diente im 19. Jahrhundert als Kasernen-, Truppenübungs- und Exerziergelände, seit 1909 befand sich hier auch ein Flugplatz. Vgl. Freytag/Storz, Milbertshofen S. 88–97 u. 107–119; Lankes, München S. 164–175, 220, 297 ff., 324 f., 344 ff.
4Staatssekretär Fischer erklärt, daß für die Errichtung dieser Baracken in München sofort ein Betrag von 300000 DM und für die Errichtung der Baracken auf dem Gelände der Mainaukaserne in Würzburg7 400000 DM erforderlich seien.7Vgl. Nr. 120 TOP VII/2.
5Der Ministerrat beschließt, daß diese beiden Projekte8 sofort in Angriff genommen werden sollen und daß das Staatsministerium der Finanzen hiefür den Betrag von insgesamt 700000 DM zur Verfügung zu stellen hat.9
8Gemeint sind die Bauprojekte Oberwiesenfeld und Mainau in Würzburg, von einer Verwendung der Anstalt Neufriedenheim war Abstand genommen worden (s.o. Anm. 5).9Zum Fortgang s. Nr. 130 TOP XII, Nr. 132 TOP III.
10Im Registraturexemplar wurde hier und bei den jeweils folgenden Erwähnungen das Wort „Binnenschiffahrt“ gestrichen und hs. durch „Wasserstraßenverwaltungen“ ersetzt (StK-MinR-Prot 13). S. StK 14741. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 728 f., 739 f. u. 744 f. Nachdem am 2. 10. 1950 ein Gespräch über eine Anhebung der Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten der Bundesverwaltungen zwischen dem Bund und den Gewerkschaften ÖTV und DAG ohne Ergebnisse geblieben war, hatte die ÖTV der Bundesregierung ein bis zum 5. 10. mittags befristetes Ultimatum gestellt, um ihre Bereitschaft für Lohnerhöhungen zu erklären. Das Bundeskabinett schlug am 4. 10. die Ernennung eines unparteiischen Schlichters vor, die ÖTV kündigte darauf hin am 5. 10. den Streikbeginn in den Bundeswasserstraßenverwaltungen für den 6. 10. an. Die Tarifparteien einigten sich am 10. 10. 1950, gleichzeitig wurde an diesem Tag der Streik in den Wasserstraßenverwaltungen beendet.
1Staatssekretär Dr. Schwalber teilt mit, von den Gewerkschaften sei beanstandet worden, daß das staatliche Kachletwerk,11 in dem gestreikt werde, von bewaffneter Landpolizei bewacht werde. Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert hierauf, die Bewachung der staatlichen Objekte durch Polizei im Falle eines Streiks könne nicht beanstandet werden. Die Polizeibewachung verfolge nicht den Zweck, den Streik zu verhindern, sondern diene lediglich der Bewachung der Objekte und dem Schutz vor Sabotageakten. Eine Zusicherung des Inhalts, daß Sabotageakte nicht verübt würden, könne die Leitung der Gewerkschaften allein nicht erteilen, weil sie nicht in allen Fällen die Herrschaft über die Streikenden habe.11Gemeint sind die Donaustaustufe und das Kraftwerk Kachtlet bei Passau.
2Ministerpräsident Dr. Ehard gibt in diesem Zusammenhang Kenntnis von den vom Präsidium der Landpolizei berichteten 5 Fällen, in denen neuerdings in Kohleladungen aus der Tschechoslowakei Sprengkörper aufgefunden worden sind.
3Staatssekretär Dr. Müller fragt an, wie er sich bei der am 10. Oktober in Königstein stattfindenden Sitzung zur Beilegung des Streiks in der Wasserstraßenverwaltung verhalten solle. Er nimmt an, daß eine geringfügige Erhöhung der Löhne voraussichtlich nicht umgangen werden könne, weist jedoch auf die Folgen hin, die hierdurch für die Haushalte der Länder entstehen.
4Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, infolge der Preiserhöhungen der letzten Monate hätte der Streik eine gewisse Berechtigung. Wenn schon die Preise für die Rohstoffe steigen, so sei doch nicht notwendig, daß in dem gleichen Verhältnis auch die Gewinnspannen heraufgesetzt würden. Von Seiten der Landesregierung könne hier leider nichts geschehen, es sei ausschließlich Sache des Bundes, hier einzugreifen. Er habe die Sache wiederholt in Bonn zur Sprache gebracht, erst am Samstag habe er den Bundeskanzler auf die Angelegenheit aufmerksam gemacht. Irgendwelche wirksamen Maßnahmen seien allerdings vom Bund bisher nicht getroffen worden. Es sei zu erwägen, ob man die Angelegenheit nicht neuerdings im Bundesrat besprechen solle.
5Staatsminister Dr. Seidel bestätigt die wiederholten Versuche, die Bayern in dieser Hinsicht gemacht hat, wirft jedoch die Frage auf, ob es politisch zweckmäßig erscheine, die Angelegenheit neuerdings im Bundesrat zu erörtern. Er wolle von sich aus in Bayern in der nächsten Zeit einen Versuch unternehmen, die Preise zu regulieren; zu den Besprechungen mit der Industrie wolle er auch den Bundeswirtschaftsminister einladend12
12Zum Fortgang s. Nr. 128 TOP XVI.
1Regierungsdirektor Frhr. von Gumppenherg berichtet, die amerikanische Fox-Filmgesellschaft wolle in Bayern einen Film über die Verhältnisse in Deutschland kurz vor dem Zusammenbruch aufnehmen. Sie habe ursprünglich den Film in Schloß Nymphenburg und Schloß Schleißheim drehen und hiefür die beiden Objekte mehrere Wochen in Anspruch nehmen wollen. Dies habe jedoch Professor Esterer13 abgelehnt. Er habe außerdem zur Bedingung gemacht, daß die Gesellschaft mindestens 10000 DM an die Schlösserverwaltung zahle.14 Die Beauftragten der Filmgesellschaft seien nun neuerdings an ihn herangetreten mit dem Vorschlag, die Aufnahmen lediglich in Schloß Schleißheim während einer Woche zu drehen. Sie würden hierfür 2500 DM zahlen. Die Erstellung des Films werde durch das Landeskommissariat gefördert.13Zur Person s. Nr. 96 TOP I.14Die ursprüngliche Formulierung im Registraturexemplar lautete hier: „Er habe außerdem abgelehnt, wenn die Gesellschaft nicht mindestens 10000 DM an die Schlösserverwaltung zahle.“ (StK-MinR-Prot 13).
2Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, man müsse in dieser Sache wohl seine Zustimmung erteilen.
3Der Ministerrat beschließt, die Zustimmung zu den Aufnahmen unter den angebotenen Bedingungen zu erteilen.
4Staatssekretär Dr. Müller wird Präsident Esterer von dem Beschluß des Ministerrats in Kenntnis setzen.
15Vgl. Nr. 120 TOP VII.
1Staatssekretär Jaenicke trägt nochmals seinen Standpunkt vor. Er hält eine weitere Erhöhung der Bürgschaftssumme des Staates bei der Hergabe von Flüchtlingsproduktivkrediten unbedingt für notwendig. Die Behandlung eines entsprechenden Gesetzes durch den Landtag bis zum Inkrafttreten des Gesetzes dauere erfahrungsgemäß vier Monate. Wenn daher nicht jetzt schon die entsprechenden Maßnahmen in Angriff genommen würden, so sei damit zu rechnen, daß spätestens am Jahresende keinerlei Möglichkeit mehr bestehe, für Flüchtlingsproduktivkredite eine Staatsbürgschaft zu übernehmen.
2Staatssekretär Dr. Müller weist demgegenüber darauf hin, daß Bayern bisher schon für 300 Millionen DM Flüchtlingsproduktivkredite die Bürgschaft übernommen habe. Eine weitere Erhöhung der Bürgschaftssumme würde die Kreditwürdigkeit des Bayerischen Staates auf das äußerste gefährden. Es bestehe schon jetzt keine Möglichkeit, die für den außerordentlichen Haushalt benötigten Mittel auf dem freien Geldmarkt zu beschaffen.16
16Vgl. die Abschrift eines Schreibens Staatssekretär Müller an Staatssekretär Jaenicke, 7. 9. 1950: „Sie hatten im letzten Ministerrat angeregt, das Bürgschaftsvolumen in angemessener Weise zu erhöhen, weil Sie glaubten, daß im November keine Mittel mehr für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden können. Hierzu darf ich auf Folgendes hinweisen: Gegen die vorgeschlagene Erhöhung des Bürgschaftsvolumens für Flüchtlingsproduktivkredite von 90 Mio DM auf 120 Mio DM bestehen für den jetzigen Zeitpunkt Bedenken. 1) Das Bürgschaftsvolumen für Flüchtlingsproduktivkredite ist zuletzt durch § 2 des Vierten Gesetzes über Kreditgewährungen und Sicherheitsleistungen des Bayerischen Staates vom 27. 2. 1950 (GVB1. S. 55) von 60 auf 90 Mio DM erhöht worden. Nach Meldung der Bayer. Staatsbank war diese Ermächtigung am 31. 8. 1950 in Höhe von 74, 309 Mio DM in Anspruch genommen. Selbst wenn man berücksichtigt, daß noch eine Anzahl von Bürgschaftsübernahmen sich im Geschäftsgang befindet, kann damit gerechnet werden, daß die bereits bestehende Ermächtigung noch bis zum Jahresende ausreicht. 2) Eine Erhöhung des Bürgschaftsvolumens ohne gleichzeitige Bereitstellung von weiteren staatlichen Refinanzierungsmitteln hat wenig Zweck. Für Flüchtlingsproduktivkredite sind bisher staatliche Refinanzierungsmittel in Höhe von 33 Mio DM bereitgestellt worden, die in Höhe von 30,2 Mio bereits in Anspruch genommen worden sind. Eine weitere Bereitstellung von staatlichen Refinanzierungsmitteln ist derzeit im Hinblick auf die Kassenlage leider nicht möglich. 3) Durch das Fünfte Gesetz über Sicherheitsleistungen und Kreditübernahmen des Bayer. Staates vom 27. 7. 1950 (GVBl. S. 108
) ist im Rahmen des Schwerpunkteprogramms für Kredite zur Förderung von Handwerk und Kleingewerbe, die an Flüchtlingsbetriebe vergeben werden, eine Ermächtigung in Höhe von 10 Mio und für Kredite, die an übrige Flüchtlingsbetriebe vergeben werden, ein Betrag von 18 Mio vorgesehen. Hierfür sind bisher lediglich 1,5 Mio staatsverbürgt worden. Das Schwergewicht ist daher in den nächsten Monaten entschieden auf die Bearbeitung dieser Bürgschaftsfälle im Rahmen des Schwerpunkteprogramms zu legen, zumal hier die Frage der Refinanzierung gesichert ist. Die Flüchtlingsproduktivkredite treten durch die Aktion des Schwerpunkteprogramms und der ERP-Kredite in ihrer Bedeutung in den nächsten Monaten deutlich zurück. 4) Eine unnötige Aufblähung des Bürgschaftsvolumens ist zu vermeiden. Nach dem Stand vom 20. 8. 1950 beträgt die Gesamtverbürgtheit des Staates 290731,000 DM. Hierzu ist zu sagen, daß durch eine zu starke Erhöhung des Bürgschaftsvolumens die Kreditwürdigkeit des Bayerischen Staates beeinträchtigt wird, falls dieser demnächst wegen einer Anleihe an den Geldmarkt herantreten sollte.“ (StK-GuV 102).
3Auch Ministerpräsident Dr. Ehard weist auf die außerordentlich schwierige Haushaltslage des bayerischen Staates hin. Er ersucht darum, die Angelegenheit nochmals eingehend zu überprüfen.
4Ein Beschluß des Ministerrats wird nicht gefaßt.17
17Zum Fortgang s. Nr. 128 TOP V, Nr. 129 TOP IV, Nr. 130 TOP IV.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt den Beschluß des Landtags vom 28. September 1950 bekannt.18 Er weist auf die Schwierigkeit hin, für die Durchführung der gestellten Aufgabe eine entsprechende Persönlichkeit zu gewinnen. Die Organe der staatlichen Rechnungsprüfung zeigten für die Aufgabe wenig Eignung. Sie würden lediglich einzelne Posten nachrechnen und hätten dabei wenig die wirtschaftliche und zweckmäßige Gestaltung des gesamten Staatsapparates im Auge. Darauf aber komme es an und nur hier ließen sich wesentliche Einsparungen erzielen.18Vgl. hierzu: BBd.
IV Nr. 4288 , StB.
VI S. 1044 f. Der vom Landtag in seiner Sitzung vom 28. 9. 1950 angenommene Antrag hatte den Wortlaut: „Die Staatsregierung wird beauftragt, zum Zweck grundlegender Einsparungen in der bayerischen Staatsverwaltung einen Sparkommissar einzusetzen, ihn mit den nötigen Vollmachten auszustatten und ihm die Erstellung von Zwischenberichten an den Landtag nach Abschluß der Prüfungen der einzelnen Ministerien aufzuerlegen. Außerdem hat er bis zum 1. Oktober 1951 einen Abschlußbericht an den Landtag zu erstatten.“
2Staatssekretär Dr. Müller berichtet, er habe im Landtag vorgeschlagen, den Sparkommissar entweder in das Gesetz über die staatliche Rechnungsprüfung einzubauen oder ein besonderes Gesetz für ihn zu schaffen.
3Staatsminister Dr. Hundhammer schlägt als geeigneten Sparkommissar den ehemaligen Ministerialdirektor Deckert19 des Wirtschaftsministeriums vor.19Hier offensichtlich irrtümliche Amtsbezeichnung als Ministerialdirektor. – Dr. oec. publ. Otto Deckert (geb. 1888), Dipl.-Kaufmann, Steuerberater, 1921 Regierungsrat beim Reichsfinanzministerium Berlin, 1922 Landesfinanzamt Stuttgart, 1922–1927 Landesfinanzamt Karlsruhe, 1927–1930 Reichsfinanzministerium Berlin (seit 1929 Oberregierungsrat), 1930–1937 Oberfinanzpräsidium München, 1937/38 Oberfinanzpräsidium Leipzig, 1938 Ruhestandsversetzung, 1939–1945 Tätigkeit als Steuerberater, 30. 6. 1945–13. 3. 1947 RegDir, dann MinRat im StMWi,13. 3. 1947–1. 3. 1949 Geschäftsführender Direktor des bayer. Sparkassen- und Giroverbandes, Geschäftsführender Direktor des Prüfungsverbandes öffentlicher Kassen, 1949 Ruhestandsversetzung.
4Ministerpräsident Dr. Ehard bittet abschließend darum, daß die Mitglieder des Kabinetts sich überlegen möchten, wie dem Beschluß des Landtags am besten Rechnung getragen werden könne.20
20Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 19 TOP IV u. Nr. 66 TOP XI
; ferner die Materialien in StK 11697. Es kam in Folge des Landtagsbeschlusses nicht zur Berufung eines Sparkommissars, statt dessen verfügte eine Entschließung des StMF unter dem neuen Finanzminister Rudolf Zorn vom 20. 2. 1951 Nr. I – 16651 – Cs 136, daß bei „allen Stellen und Behörden, die dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen nachgeordnet sind, [...] unverzüglich Sparkommissionen einzurichten“ sind, die „aus einem Vorsitzenden und drei, höchstens vier weiteren Mitgliedern“ bestehen und vom jeweiligen Behörden- oder Dienststellenleiter zu bestimmen sind. Die Sparkommissionen sollten behördenintern die Wirtschaftlichkeit der Dienststelle überwachen und Vorschläge zu finanziellen Einsparungsmöglichkeiten erarbeiten, hatten de facto allerdings eine primär personalpolitische Stoßrichtung: „Das Hauptaugenmerk", so formulierte die Entschließung des StMF die vordringlichste Aufgabe der Sparkommissionen, „wird aber darauf zu richten sein, daß die notwendigen Arbeiten mit einer geringeren Zahl von Arbeitskräften als bisher bewältigt werden können.“ Der Ministerrat beschloß in seiner Sitzung vom 20. 3. 1951, gemäß den hier zitierten Richtlinien des StMF, die Einrichtung von Sparkommissionen in allen Ministerien und den ihnen unterstellten Behörden. Der im folgenden allerdings sehr schleppende Vollzug dieses Ministerratsbeschlusses aber diente wohl eher nur dazu, der formalen Umsetzung des Landtagsbeschlusses vom 28. 9. 1950 im juristischen Sinne Genüge zu tun: Bis zum Juni 1951 hatten nur das StMF und StMELF eine Sparkommission eingerichtet, das StMI, das StMUK und das StMVerkehr hatten eine entsprechende Einrichtung bis dato nur angeordnet. Das StMJu, das StMWi und das StMArb lehnten die Aufstellung von Sparkommissionen unter Verweis auf deren zu erwartende Erfolglosigkeit ab, eine Haltung, die sich übrigens mit „der von der Bayerischen Staatskanzlei von Anfang an vertretenen Auffassung über die Unzweckmäßigkeit der Einrichtung von Sparkommissionen“ deckte. S. hierzu: Vormerkung für MPr. Ehard, 28. 6. 1951; ferner StM Zietsch an Ehard, 27. 8. 1951; Entwurf eines Schreibens MPr. Ehard an den Präsidenten d. Bayer. Landtags, undatiert (vermutl. Jan. 1952) (StK 11697).
1Staatssekretär Dr. Sattler berichtet, daß der Hohe Kommissar McCloy für den Bau eines Studentenhauses in München 550000 DM zur Verfügung gestellt habe. Dieser Betrag müsse vor dem 1. Dezember in Anspruch genommen werden. Für den Bau eines neuen Studentenhauses komme das Gelände der Neuen Pinakothek in Frage. Dieses Gelände müsse vom bayer. Staat zur Verfügung gestellt werden. Am zweckmäßigsten sei die Bestellung eines Erbbaurechts.21
21Zu den Planungen für den Bau eines neuen Studentenhauses für die Studierenden der Münchner Hochschulen als Ersatz für das frühere, im Krieg zerstörte Studentenhaus in der Münchner Luisenstraße s. im Detail MK 70638. Der amerikanische Hochkommissar McCloy hatte in einer an den Rektor der Technischen Hochschule, Hans Piloty, ausgestellten Stiftungsurkunde vom 2. 7. 1950 für den Bau des Studentenhauses, dessen Träger das Münchner Studentenwerk sein sollte, einen Förderbetrag von 550000 DM aus den Mitteln des McCloy-Fonds (vgl. hierzu Nr. 113 TOP V Anm. 30) bereitgestellt. Voraussetzung der Stiftung war, daß das Baugelände vom Freistaat gestellt würde. Zur Begründung der Entscheidung, das Gelände der zerstörten Neuen Pinakothek für den Bau des Studentenhauses zu verwenden, s. das Schreiben Staatssekretär Sattlers an MPr. Ehard, 5. 10. 1950: „Nach eingehender Überlegung kommt nach Lageund Größe nur der Platz der früheren Neuen Pinakothek (zwischen Barer-, Theresien-, Arcis- und Heß-Straße) infrage. [...] Der Wiederaufbau der Alten Pinakothek als der wichtigste Teil der Bayer. Staatsgemäldesammlung wird erst in etwa 5–7 Jahren möglich sein, wenn andere dringende Bauvorhaben im Bereich des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (Staatsbibliothek, Nationaltheater usw.) durchgeführt sind. Der Wiederaufbau der Alten Pinakothek wird etwa 6–8 Mill. Kosten verursachen und mindestens 3 Jahre dauern. Während bei der Alten Pinakothek noch die Grundmauern erhalten sind, ist die neue Pinakothek völlig abgebrochen. Eine Wiedererrichtung ist weder vom museumstechnischen, noch vom städtebaulichen Gesichtspunkt aus erwünscht.“ (MK 70638).
2Der Ministerrat erklärt hierauf sein grundsätzliches Einverständnis dazu, daß das Gelände der Neuen Pinakothek im Erbbaurecht für die Errichtung eines neuen Studentenhauses in München zur Verfügung gestellt wird.22
22Zu den Konditionen des im Ministerrat gebilligten Abschlusses eines Erbbaurechtsvertrages zwischen dem StMF und dem StMUK, der u. a. bei zweckgebundener Verwendung des Grundstücksareals eine Erbaurechtsdauer von 100 Jahren vorsah, vgl. im Detail das Schreiben von Staatssekretär Ringelmann an StMUK, 20. 12. 1950 (MK 70638). Der geplante Bau des Studentenhauses wurde nicht realisiert. Auf dem Gelände an der Münchner Barer Straße wurde schließlich 1975 der Grundstein für den Neubau der Neuen Pinakothek nach Plänen des Architekten Alexander von Branca gelegt. Das neue Gebäude der Neuen Pinakothek wurde 1981 eröffnet.
23Vgl. Nr. 102 TOP II. S. im Detail StK-GuV 617.
1Ministerpräsident Dr. Ehard trägt den Inhalt der vom Staatsministerium der Finanzen entworfenen Verordnung vor.
2Der Ministerrat stimmt dem Erlaß der Verordnung zu.24
24Verordnung zur Änderung der Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushalts vom 29. März 1950 vom 10. Oktober 1950 (GVBl. S. 208
).
1Nachdem gegen die Notwendigkeit der Verordnung Bedenken erhoben werden, wird die Verordnung mit Zustimmung des Staatssekretärs Sühler zurückgestellt.25
25Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 8 TOP VII
.
26Zum Leitenberg vgl. Nr. 95 TOP VII, Nr. 96 TOP I, Nr. 101 TOP IV, Nr. 103 TOP VIII, Nr. 104 TOP VIII u. X, Nr. 113 TOP XII.
1Staatssekretär Dr. Sattler teilt mit, daß die Übergabe des Leitenberges durch die Schlösserverwaltung an das Landesentschädigungsamt stattgefunden habe. Es sei nun die Frage zu entscheiden, in wessen Obhut künftig der Leitenberg gegeben werden solle.
2Nach eingehender Erörterung der Frage, ob der Leitenberg nicht wieder der Schlösserverwaltung zurückgegeben werden könne, kommt der Ministerrat zu dem Ergebnis, daß dies nicht zweckmäßig erscheint.
3Der Ministerrat beschließt, daß vorläufig der Leitenberg noch in der Verwaltung des Landesentschädigungsamtes bleiben soll, daß aber endgültig das Staatsministerium des Innern den Leitenberg in seine Verwaltung nehmen soll.
4Ministerpräsident Dr. Ehard weist in diesem Zusammenhang auf den früheren Beschluß des Ministerrats hin, wonach die Grabstätten ehemaliger Konzentrationslagerhäftlinge vom Staatsministerium des Innern betreut werden sollen.27 Es erscheine angebracht, diesen Beschluß des Ministerrats neuerdings in Erinnerung zu bringen.28
27S. hierzu Nr. 104 TOP X, Nr. 113 TOP XII.28Zum Fortgang s. Nr. 128 TOP XV, Protokolle Ehard III Nr. 8 TOP XI
.
29Vgl. Nr. 118 TOP I, Nr. 120 TOP XIII.
1Ministerpräsident Dr. Ehard und Staatsminister Dr. Seidel berichten, daß sie im Vollzug der Beschlüsse des Landtags vom 6.30 und 8. September31 Schreiben an den Bundeskanzler und an das Bundesministerium für Wirtschaft und für Ernährung und Landwirtschaft gerichtet hätten,32 ferner, daß vom Wirtschaftministerium die erforderlichen Anweisungen für die Preisüberwachung gegeben worden seien.30Im Zusammenhang mit der erstmals in der Landtagssitzung vom 18. 8. 1950 behandelten Interpellation der SPD-Fraktion betreffend Preissteigerungen hatte der Bayer. Landtag in seiner Sitzung vom 6. 9. 1950 einem Dringlichkeitsantrag der SPD zugestimmt, der lautete: „Die Staatsregierung wird ersucht, 1. bei der Bundesregierung sich mit allen Mitteln und mit größter Entschiedenheit für die Stabilisierung des Preisniveaus, insbesondere für sozial tragbare Preise bei den wichtigsten Lebensmitteln einzusetzen; 2. Die Preisüberwachungsbehörden anzuweisen, die Preise für die wichtigsten Nahrungsmittel und sonstigen Verbrauchsgüter schärfstens zu überwachen und gegen Preisverstöße energisch einzuschreiten; 3. bis zum 10. Oktober 1950 dem Landtag zu berichten, welchen Erfolg die ergriffenen Maßnahmen gehabt haben.“ S. BBd.
IV Nr. 4238 ; StB.
VI S. 827 f.31Der Landtag hatte in seiner Sitzung vom 8. 9. 1950 einem von der SPD-Fraktion im Bayer. Landtag initiierten Antrag des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft betreffend die Stabilisierung des Brotpreises zugestimmt. Vgl. hierzu BBd.
IV Nr. 4049 , Nr. 4195 u. 4252; StB.VI S. 932. Zur Frage der staatlichen Regelung der Brotpreise auf Bundesebene s. auch Nr. 111 TOP II, Nr. 114 TOP II/11, Nr. 117 TOP III/12.32S. die Abschrift des Schreibens von MPr. Ehard an Bundeskanzler Adenauer, 4. 10. 1950: „Anläßlich einer Debatte über die Preisentwicklung im Bayerischen Landtag hat dieser die Bayerische Staatsregierung durch Beschluß ersucht, ‚bei der Bundesregierung sich mit allen Mitteln und größter Entschiedenheit für die Stabilisierung der Preisentwicklung, insbesondere für sozial tragbare Preise bei den wichtigsten Lebensmitteln einzusetzen‘. Er hat ferner die Staatsregierung beauftragt, ‚mit allen Mitteln dafür zu sorgen, daß ein sozial verträglicher Brotpreis sichergestellt wird‘. Die Staatsregierung hat bis zum 10. Oktober dem Landtag zu berichten, welchen Erfolg die ergriffenen Maßnahmen gehabt haben. Indem ich mich beehre, von diesen Beschlüssen des Bayerischen Landtags Kenntnis zu geben, darf ich Sie, Herr Bundeskanzler, auch namens der Bayerischen Staatsregierung bitten, seitens der Bundesregierung nichts unversucht zu lassen, um Störungen der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung von der Preisseite her zu verhindern. Ich wäre Ihnen, Herr Bundeskanzler, zu Dank verbunden, wenn Sie mich wissen lassen wollten, welche Mitteilung über den Standpunkt der Bundesregierung zu den angeschnittenen Fragen ich dem Bayerischen Landtag zukommen lassen kann.“ (MWi 23331).
2Staatsminister Dr. Seidel wird den Entwurf eines entsprechenden Antwortschreibens an den Landtag der Staatskanzlei in den nächsten Tagen übermitteln.33
33S. das Schreiben (Abdruck) von MPr. Ehard an den Präsidenten des Bayer. Landtages, 10. 10. 1950 (MWi 23331); Abdruck auch in BBd.
IV Nr. 4459 .
1Staatssekretär Dr. Sattler macht Mitteilung über die geplante Gründung eines Deutschen Bühnenvereins (Arbeitgeberorganisation der deutschen Bühnen).34 Sofern Bayern seinen Beitritt erkläre,35 werde er zum Vorsitzenden gewählt werden.36 Die Gründung und der Beitritt Bayerns seien notwendig, damit der Deutschen Bühnengenossenschaft37 als Arbeitnehmerorganisation eine für Westdeutschland einheitliche Arbeitgeberorganisation gegenüberstehe. Die für Bayern erforderlichen Aufwendungen würden durch günstige Ergebnisse bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen ausgeglichen.34S. im Detail MK 50711 u. 50712. Der Deutsche Bühnenverein war im Jahre 1846 von Intendanten von 19 Hof-, Stadt- und Privattheatern gegründet worden, vornehmlich mit dem Ziel, Vertragsbrüche von Schauspielhäusern und Darstellern zu verhindern. 1935 aufgelöst, erfolgte 1946 die Neugründung des Deutschen Bühnenvereins zunächst regional in den Ländern der westlichen Besatzungszonen – hier mit Schwerpunkt vor allem in der britischen Zone. In Bayern hatte sich eine Sonderentwicklung insofern vollzogen, als hier 1946 ein eigenständiger „Verband der Theater- und verwandter Unternehmungen“ gegründet worden war. Anders als in den regionalen Bühnenvereinen, denen als Mitglieder die Träger der Theater und die Intendanten angehörten, waren in dem bayer. Verband die Lizenzträger, d. h. die von der Militärregierung als Theaterleiter, aber auch als Leiter von Kabaretts, Varietes und Zirkussen autorisierten Personen organisiert. Diese Personen konnten, mußten aber nicht zwangsläufig gleichzeitig die Träger des Theaters sein. Hierdurch war die Stellung der Intendanten im bayer. Verband deutlich stärker als in den anderen regionalen Neugründungen des Bühnenvereins. Vgl. Schöndienst, Geschichte insbes. S. 81–90; Lennartz, Theater insbes. S. 58–63 u. 121 ff.35Hier liegt eine mißverständliche Äußerung von Staatssekretär Sattler insofern vor, als der Freistaat Bayern als Träger der Staatstheater sowie einige bayer. Städte bereits 1949 dem Deutschen Bühnenverein beigetreten waren. Erst nachdem sich der Deutsche Bühnenverein nach der Verabschiedung einer endgültigen Satzung zum Jahreswechsel 1950/51 als Bundesverband für alle Theater der Bundesrepublik konstituiert hatte, wurde die ehemalige Fachgruppe Bühne des bayer. Verbandes der Theater- und verwandter Unternehmungen endgültig zum Landesverband Bayern des Deutschen Bühnenvereins. Vgl. Schöndienst, Geschichte S. 87–90; Lennartz, Theater S. 123.36Vgl. den Entwurf eines Schreibens von Staatssekretär Sattler an den Generalsekretär der Ständigen Konferenz der Kultusminister, 19. 9. 1950 (m. Vermerk „abgesandt 21. 9. 1950"): „Sehr geehrter Herr Dr. Keim! In Beantwortung ihres Schreibens vom 7. 9. 1950 teile ich Ihnen mit, daß ich trotz gewisser Bedenken wegen zeitlicher Belastung bereit bin, eine eventuelle Wahl zum Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins anzunehmen. Die von Ihnen angebotene Mitarbeit würde ich selbstverständlich dankbar begrüßen. Auch bin ich damit einverstanden, daß Sie als Vertreter Bayerns für den Verwaltungsrat vorgeschlagen werden.“ (MK 50712). Zur Person des hier adressierten Walter Keim s. Nr. 102 TOP VIII. Staatssekretär Sattler war von 1950 bis 1952 in Nachfolge von Gustaf Gründgens Präsident des Deutschen Bühnen Vereins. Vgl. Stoll, Kulturpolitik S. 249 f. u. 252 f.37Gemeint ist die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger.
2Staatssekretär Dr. Müller erklärt, den von Staatssekretär Dr. Sattler angeforderten Betrag nicht zur Verfügung stellen zu können.
3Die Angelegenheit wird bis zum nächsten Ministerrat, am Donnerstag, den 12. Oktober, zurückgestellt.38
38Zum Fortgang s. Nr. 128 TOP VII.
39Zur Person von Alfred Loritz vgl. Protokolle Ehard I S. LXVI; Woller, Loritz-Partei S. 22–32. Zum vorliegenden Fall s. im Detail MJu 23584: Es handelte sich um eine Verleumdungsklage des sudetendeutschen SPD-Politikers und – von 1950 bis 1953 – Leiters des hessischen Landesamtes für Flüchtlinge und Evakuierte, Wenzel Jaksch (1891–1966). Jaksch, später von 1953–1966 MdB (SPD), hatte im Mai 1950 beim Landgericht Bayreuth gegen Loritz Klage eingereicht, da dieser zuvor in zwei Wahlversammlungen am 2. und 3. 5. 1950 die Behauptung aufgestellt habe, Jaksch sei während der Zeit seiner Emigration in England 1939–1949 Mitglied der CSR-Exilregierung in London gewesen. Diese Exilregierung wurde von den Vertriebenen für die Ausarbeitung der Pläne für die Austreibung der Deutschen aus der CSR verantwortlich gemacht. Das Verfahren gegen Loritz wurde schließlich im April 1952 mangels öffentlichen Interesses und mit Einverständnis des Klägers Jaksch eingestellt. Zu den zahlreichen gegen Loritz angestrengten Anklagen und Gerichtsverfahren, schließlich zu seiner Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und sechs Monaten durch das Landgericht Bremen am 13. 2. 1959 wegen Anstiftung zum Meineid und uneidlicher Falschaussage, der sich Loritz durch Flucht nach Österreich entzog, wo er bis zu seinem Tode 1979 in Wien lebte, s. auch die Materialien in MJu 23729–23732 sowie Woller, Loritz-Partei S. 145–148. Zu Jaksch s. Martin, Geschichte; Bachstein, Jaksch.
1Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, der zuständige Ausschuß des Bundestages lehne es ab, einen Beschluß zur Aufhebung der Immunität des Abg. Loritz zu fassen, weil er der Auffassung sei, daß der Ausschuß nur dann tätig werden könne, wenn der Antrag einer Staatsanwaltschaft vorliege. Nachdem aber gegen Loritz ein Privatklageverfahren durchgeführt werden solle, läge ein Antrag einer Staatsanwaltschaft nicht vor.40
40Vgl. den Auszug aus dem Kurzprotokoll über die 48. Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität am Donnerstag, den 14. 9. 1950 (MJu 23584). Der Bayer. Landtag hatte die Immunität des Abg. Loritz wegen der Anklage der üblen Nachrede – entgegen der Empfehlung des Geschäftsordnungsausschusses des Landtags – bereits in seiner Sitzung vom 6. 7. 1950 aufgehoben. Vgl. BBd.
IV Nr. 4025 ; StB.
VI S. 626 . Es handelte sich hierbei bereits um die dritte Aufhebung der Immunität des Abg. Loritz durch den Bayer. Landtag. Die erste Immunitätsaufhebung hatte der Landtag am 15. 7. 1947, kurz nach der Entlassung von Loritz als Sonderminister, wegen des Vorwurfs von Kriegswirtschaftsverbrechen und Anstiftung zum Meineid beschlossen, die zweite war dann in der Landtagssitzung vom 16. 3. 1949 wegen des Vorwurfs der Verleumdung von Beamten im Zusammenhang mit einer von Loritz verbüßten Untersuchungshaft im November 1948 erfolgt. Vgl. Woller, Loritz-Partei S. 74 ff. u. S. 105 f.; Protokolle Ehard I Nr. 27 TOP I
; Protokolle Ehard II Nr. 74 TOP II u. Nr. 78 TOP VII
.
2Stv. Ministerpräsident Dr. Müller ergänzt die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten dahin, daß die Staatsanwaltschaft solange keinen Antrag auf Aufhebung der Immunität stellen könne, als sie keine Ermittlungen durchgeführt habe. Ermittlungen könne sie aber erst durchführen, wenn sie durch einen entsprechenden Beschluß des Bundestages dazu ermächtigt werde. Im Bundesrat41 sei daher beantragt worden, lediglich einen Beschluß über die Aufhebung der Immunität herbeizuführen, damit man Ermittlungen einleiten könne.41Gemeint ist hier wahrscheinlich: „Bundestag“. Eine Beschäftigung des Bundesrates mit dem Fall Loritz ist nicht ermittelt.
3Stv. Ministerpräsident Dr. Müller erklärt, er wolle in der Angelegenheit nochmals entsprechende Schritte beim Bundesjustizministerium einleiten.42
42Betreffend den vorliegenden Fall Loritz ist im Akt MJu 23584 aus dem Zeitraum Juli bis September 1950 ein persönlicher Schriftwechsel zwischen StM Müller und Bundesjustizminister Dehler enthalten, der das Interesse beider an der Aufhebung der Immunität und der juristischen Verfolgung von Loritz bekundet – allerdings findet sich kein entsprechendes Schreiben von Müller an Dehler im unmittelbaren zeitlichen Nachgang an den vorliegenden Ministerrat.
43Vgl. Nr. 93 TOP II, Nr. 102 TOP III, Nr. 106 TOP IV, Nr. 125 TOP VII, Nr. 126 TOP V.
1Nach Vortrag von Ministerialrat Dr. Freudling beschließt der Ministerrat, daß die Vorstandsgeschäfte in der Bayerisch-Österreichischen [sic!] Kraftwerke AG nebenamtlich geführt werden sollen. Für den Beschluß sind die Tatsachen maßgeblich, daß gegenwärtig die Führung der Vorstandsgeschäfte noch keine erhebliche Arbeitslast mit sich bringt, daß durch die nebenberufliche Führung der Vorstandsgeschäfte die Verbindung mit anderen Energieunternehmungen leichter möglich ist und daß die nebenberufliche Führung der Vorstandsgeschäfte einem ausdrücklichen Wunsch der Österreicher entspricht.
2Der Ministerrat ist damit einverstanden, daß als bayerische Vorstandsmitglieder Dipl. Ing. Schmidt44 von den Innwerken und Dr. Schmeller vom Bayernwerk bestellt werden.44In der Vorlage irrtümlich: „Schmitt“. Zur Person s. Nr. 126 TOP V Anm. 65.
3Ferner beschließt der Ministerrat, daß der Aufsichtsrat aus 10 Personen bestehen soll, von denen 5 durch das Land Österreich und 5 durch das Land Bayern bestellt werden. Von den 5 bayerischen Aufsichtsratsmitgliedern soll einer durch das Wirtschaftsministerium, einer durch das Finanzministerium, einer durch die Oberste Baubehörde, einer durch die VIAG benannt werden; das 5. Aufsichtsratsmitglied soll aus der Wirtschaft genommen werden. Die Bestimmung der Person dieses Aufsichtsratsmitglieds bleibt noch offen.
1Aus Anlaß der Erörterung der Österreichisch-Bayerischen Kraftwerke AG erklärt sich das Wirtschaftsministerium damit einverstanden, einen der beiden Aufsichtsratssitze beim Bayernwerk an das Ernährungsministerium abzugeben.
1. Übernahme von kommissarischen Amtsärzten im Angestelltenverhältnis in das Beamtenverhältnis U
1Ministerialrat Dr. Baer trägt den Sachverhalt vor.
2Der Ministerialrat gibt hierauf seine Zustimmung dazu, daß diejenigen Amtsärzte, die 1945 kommissarisch bestellt worden sind und keine Aussicht auf Versorgung haben, auch dann noch ins Beamtenverhältnis zu übernehmen sind, wenn sie die erforderliche Altersgrenze überschritten haben.
3Der Ministerrat stellt fest, daß es sich hier praktisch nur um drei Fälle handelt.
2. Anberaumung eines Termins für die Besprechung der Durchführung des Ministerpensionsgesetzes45
U45Gemeint ist hier der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes und über Maßnahmen zur Senkung der Ausgaben für den öffentlichen Dienst. Zum Fortgang s. Nr. 128 TOP II, Nr. 137 TOP IV,
1Die Besprechung soll am 9. Oktober, 15 Uhr 15, bei Herrn Ministerpräsidenten stattfinden. An der Besprechung sollen die Staatsminister Dr. Hundhammer und Dr. Seidel, Staatssekretär Dr. Müller und Ministerialdirektor Dr. Ringelmann teilnehmen.
1Der Ministerrat erteilt seine Zustimmung zu der Vereinbarung.
46Zur Errichtung der Bayer. Landesbodenkreditanstalt s. Nr. 57 TOP I.
1Der Ministerrat erklärt sein Einverständnis mit dem zwischen dem Staatsministerium der Finanzen und der Landesbodenkreditanstalt geschlossenen Vertrag. Er billigt die Weiterleitung des Vertrags an den Landtag.47
47Grundlage des Vertrages war der Art. 2 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Bayerische Landesbodenkreditanstalt vom 19. April 1949 (GVB1. S. 85): „Mit Zustimmung des Landtags kann das Grundvermögen [der Landesbodenkreditanstalt] erhöht und können weitere Vermögenswerte auf die Anstalt übertragen werden.“ Durch die Übertragung von weiteren staatlichen Darlehensmitteln an die Landesbodenkreditanstalt sollte die Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch Kredite vereinfacht und die staatliche Rechnungsführung verschlankt und effizienter gestaltet werden. Neben den Erträgen aus der bayer. Baunotabgabe sollten der Landesbodenkreditanstalt durch den Vertrag insbesondere Mittel aus dem Soforthilfefonds sowie Finanzzuweisungen des Bundes als Globaldarlehen übertragen werden. MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Vertrag nebst erläuterndem Begleitschreiben am 10. 10. 1950 zu. Der Bayer. Landtag billigte den Vertrag in seiner Sitzung vom 10. 11. 1950. S. BBd.
IV Nr. 4452 ; StB.
VI S. 1333 .
1Ministerpräsident Dr. Ehard fragt, wie weit die Verhandlungen über die Wiederaufnahme der sogenannten freiwilligen Leistungen für die Versorgung der evangelischen Geistlichen fortgeschritten sind.48
48Gemeint ist hier die sogenannte Seelsorgereinkommenergänzung. Vgl. Nr. 113 TOP V, Nr. 114 TOP I, Nr. 115 TOP I.
2Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, die Angelegenheit sei noch nicht im Landtag beraten. Er befürchte jedoch Schwierigkeiten von Seiten der katholischen Kirche, wenn man der evangelischen Kirche zu weit entgegenkomme.
49Vgl. Nr. 60 TOP V, Nr. 104 TOP I/16, Nr. 113 TOP VIII, Nr. 116 TOP XII, Nr. 120 TOP IV.
1Staatssekretär Dr. Schwalher teilt mit, daß der Bund nunmehr den Betrag von etwas mehr als 2 Millionen DM zur Fortführung der Schulspeisung in Bayern zur Verfügung gestellt habe. Die Verhandlungen zwischen den beteiligten Staatsministerien würden zurzeit geführt, ein abschließendes Ergebnis könne noch nicht mitgeteilt werden.50
50Die endgültige Fortführung der sogenannten Schul- oder Kinderspeisung wurde schließlich durch die Gemeinsame Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern Nr. II 2 – 6411/492 und des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Nr. LG 900/50 vom 31. Oktober 1950 (MAB1. S. 377) verkündet. Durch die Zurverfügungstellung eines Pauschalbetrages durch den Bund an die Länder war in Bayern die kostenlose Schulspeisung für rund 112000 bedürftige Kinder und Jugendliche für weitere sechs Monate sichergestellt. Unterstützungsberechtigt waren Kinder, deren Unterhaltsverpflichtete Empfänger öffentlicher Fürsorgeleistungen, von Arbeitslosenunterstützung, von Unterhaltshilfe nach dem Soforthilfe-Gesetz, von Leistungen der Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenversorgung oder Geringverdiener waren. Zum Fortgang der Debatte um die Schulspeisung im Jahre 1951 s. Protokolle Ehard III Nr. 23 TOP XIII, Nr. 24 TOP III
/5, Nr. 67 TOP XIV.
51Gemeint ist der im Jahre 1900 gegründete Deutsche Schulschiff-Verein mit Geschäftsstellensitz in Bremen. Der Verein unterhielt das 1927 gebaute Schulschiff Deutschland, ein Ausbildungsschiff für Seeleute, das nach 1945 zunächst als Lazarettschiff, dann als Büro- und Wohnschiff und als Jugendherberge genutzt wurde, bevor 1952 wieder der Ausbildungsbetrieb aufgenommen wurde. Vgl. Prager, Schulschiff.
1Das Schreiben des deutschen Schulschiffvereins soll an das Kultusministerium weitergeleitet werden, damit dieses im Einvernehmen mit dem Verkehrsministerium einen Vertreter Bayerns für den Verein namhaft machen kann.
52Vgl. Nr. 95 TOP IX, Nr. 100 TOP X, Nr. 102 TOP X, Nr. 104 TOP V, Nr. 109 TOP XIII, Nr. 123 TOP XII.
1Staatssekretär Fischer teilt mit, daß 50000 DM zur Durchführung der Ausstellung von Bayern sofort zur Verfügung gestellt werden müßten.
2Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß ein Beschluß des Ministerrats über die finanzielle Beteiligung Bayerns an der Ausstellung bereits vorliege.53
53Gemeint ist der Ministerrat vom 15. 6. 1950. Vgl. Nr. 109 TOP XIII.
3Staatssekretär Dr. Müller erklärt sich hierauf bereit, die 50000 DM sofort zur Verfügung zu stellen.54
54Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 19 TOP XIII, Nr. 26 TOP X, Nr. 40 TOP XIV
.
1Staatsminister Dr. Seidel erklärt, er halte die Durchführung der vorgesehenen Besprechung am Freitag für unzweckmäßig. Er werde sich selbst mit Direktor Hoesch in Verbindung setzen und die Besprechung absagen.55
55Vgl. das Schreiben von E. Hoesch, Vorstand der Aschaffenburger Zellstoffwerke AG, an MPr. Ehard, 16. 9. 1950 (StK 14548). Die Aschaffenburger Zellstoffwerke beabsichtigten, vom Bayer. Staatsforst über eine Laufzeit von zehn Jahren insgesamt 2 Millionen Raummeter Holz zu kaufen und boten hierfür einen flexiblen Kaufpreis in gleitender Relation zum jeweils aktuell gültigen Zellstoffpreis. Der Vorstand der Aschaffenburger Zellstoffwerke hatte, auf Vorschlag von MD Ringelmann, in dieser Sache um eine direkte Unterredung mit MPr. Ehard gebeten, da von seiten der staatlichen Forstverwaltung kein Interesse an langfristigen Lieferverträgen bestünde.
1Staatsekretär Dr. Schwalber teilt mit, Mr. Clark56 vom US-Landeskommissariat habe Pressemeldungen zufolge im Rundfunk eine Ansprache gehalten, in der er die Wähler aufgefordert habe, keine solchen Kandidaten zu wählen, welche sich im Landtag für die Verzögerung der Verabschiedung der neuen Gemeindeordnung und für die repräsentative Demokratie ausgesprochen haben.57 Der offizielle Bericht über die Ansprache von Mr. Clark liege noch nicht vor. In dem Verhalten Clarks sei eine unzulässige Einmischung in innere Verhältnisse Bayerns zu sehen.56James A. Clark (1898–1950), Juli 1947 bis Juni 1949 Director Information Control Division/Information Services Division (OMGB), 1949/50 im Amt des US-Landeskommissars für Bayern Leiter der Abt. für politische Angelegenheiten (Political Affairs Division); vgl. SZ Nr. 98, 28. 4. 1950, „Fünf Jahre Politik in der Tegernseer Landstraße"; SZ Nr. 251, 30. 10. 1950, „James A. Clark“.†57Vgl. Die Neue Zeitung Nr. 235, 4. 10. 1950: „Clark kritisiert Verschleppung der Gemeindeordnung“. Wörtlich führte dieser Bericht aus: „Der Leiter der Abteilung für politische Angelegenheiten beim US-Landeskommissariat für Bayern, James A. Clark, hat in einem Vortrag, der am Dienstagabend im Bayerischen Rundfunk verlesen wurde, Kritik an der Tatsache geübt, daß der Landtag die Verabschiedung einer Gemeindeordnung in dieser Legislaturperiode endgültig aufgegeben hat. Der amerikanische Beamte knüpfte daran die Forderung, daß die bayerischen Wähler bei den bevorstehenden Landtagswahlen ihre Stimme nur den fortschrittlichen Kandidaten, den Vorkämpfern einer echten Demokratie, geben, gleichgültig, welcher Partei sie angehören. Die Verabschiedung der Gemeindeordnung sei, so führte Clark weiter aus, durch die Verfechter einer repräsentativen Demokratie‘ verhindert worden, die glaubten, daß die Aufgabe des Volkes lediglich in der Wahl der Parlamentsabgeordneten bestehe. ‚Entgegen dieser fast totalitären Regierungsauffassung wollen die Verfechter der unmittelbaren Demokratie das Volk an den Regierungsgeschäften teilnehmen lassen. Gerade in der Gemeinde soll nach ihrer Meinung der Bürger direkt an der Lenkung seiner Geschicke beteiligt werden.‘ “
2Staatsminister Dr. Hundhammer schließt sich den Ausführungen von Staatssekretär Dr. Schwalber an und erklärt, er wolle zu der Sache in aller Öffentlichkeit Stellung nehmen.
3Ministerpräsident Dr. Ehard meint, man müsse den Landeskommissar auf die Sache hin ansprechen.
4Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß der nächste Ministerrat am Donnerstag, den 12. Oktober, nachmittags 16 Uhr, stattfinde. In diesem Ministerrat müßten alle Vorlagen behandelt werden, die dem Landtag noch zugehen sollen, da das Landtagsamt nach dem 20. Oktober keine Gesetzesentwürfe mehr annehme.
5Staatssekretär Dr. Schwalber teilt hierzu mit, daß das Gesetz über die Errichtung des Landesamts für Verfassungsschutz58 auf jeden Fall noch dem Landtag zugehen soll und daher auf die Tagesordnung des nächsten Ministerrats zu setzen sei.58S. Nr. 128 TOP I, Nr. 130 TOP X, Nr. 134 TOP II.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Hans Kellner
Regierungsrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister