Ministerpräsident Dr. Ehard, stv. Ministerpräsident Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Krehle, Verkehrsminister Frommknecht, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Oberste Baubehörde), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium), Ministerialdirigent Dr. Adam1 (Staatssekretariat f. d. Flüchtlingswesen), Dr. Lütkes2 (Verkehrsministerium), Ministerialrat Böhm3 (Innenministerium), Ministerialdirigent Brunner4 (Verkehrsministerium), Ministerialdirektor Sachs5 (Sonderministerium), Ministerialrat Brandl6 (Innenministerium).
Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl,7 Sonderminister Dr. Hagenauer, Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium).
I. Fremdenverkehr. II. Fragen des Wohnungsbaues. III. Verkaufsstellen für Flüchtlinge in Lagern. IV. Gesetz über die Bereinigung von Kraftfahrzeugzuweisungen. V. Reichsbahngesetz. VI. Gesetz über die Tragung des Übergangsgeldes für die den Gemeinden und Gemeindeverbänden zugewiesenen Inhaber einer Zusicherung nach dem Gesetz vom 27. März 1948. VII. Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage. VIII. Gesetz über die Aufhebung der Verordnung über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts. IX. Verordnung über die bayerische Landesvermessung. X. Verordnung über die Wiederverleihung der Kreisunmittelbarkeit an die Städte Dillingen, Eichstätt, Günzburg, Neumarkt/Opf., Nördlingen und Weißenburg i. Bayern. XI. Gesetz über das Wappen des Freistaates Bayern. XII. Personalangelegenheiten.
Dr. Seidel weist darauf hin, daß die Lage des Bayer. Fremdenverkehrs außerordentlich schwierig sei und unbedingt von Seiten der Regierung etwas geschehen müsse.9 Bei der kürzlichen Fremdenverkehrstagung in Tegernsee seien eine Reihe von Forderungen an die Regierung gerichtet worden, vor allem die Errichtung eines Staatssekretariats für den Fremdenverkehr. Wenn dies natürlich auch nicht möglich sei, so könnte man vielleicht doch einen Ministerratsbeschluß fassen, wonach Herr Staatssekretär Geiger mit einem Sonderauftrag für alle Fragen des Fremdenverkehrs versehen werde.10
StaatsministerDr. Ehard macht darauf aufmerksam, bereits im letzten Ministerrat habe man vereinbart, daß Staatssekretär Geiger alle Maßnahmen zur Hebung des Fremdenverkehrs in die Hand nehmen solle.11
MinisterpräsidentDr. Seidel meint, es sei doch wohl zweckmäßig, dies offiziell zu tun und es im heutigen Ministerratscommuniqué bekanntzugeben. Der Beschluß könne vielleicht folgenden Wortlaut haben: „Staatssekretär Geiger im Staatsministerium für Wirtschaft wird als besonderen Aufgabenbereich den Fremdenverkehr zugeteilt bekommen.“
StaatsministerDr. Ankermüller stimmt zu und betont, es müsse vor allem auch etwas für die Werbung geschehen, besonders nachdem Österreich und Italien große Anstrengungen in dieser Richtung machten.
StaatsministerDr. Seidel fährt fort, leider sei der Landesfremdenverkehrsverband12 nicht genügend aktiv, da dessen Präsident, Herr Landtagspräsident Dr. Horlacher, zu viele sonstige Ämter habe und auch der Geschäftsführer, Direktor Moosbrugger13, allzusehr in Anspruch genommen sei. Seiner Ansicht nach sei es dringend notwendig, einen Geschäftsführer aufzustellen, der sich auch wirklich den Aufgaben widmen könne. Ferner schlage er vor, daß sich das Finanzministerium überlegen möge, ob man nicht einen gewissen Betrag dem Landesverkehrsverband unter der Bedingung zur Verfügung stellen könne, daß ein geeigneter Geschäftsführer bestellt werde.
StaatsministerDr. Kraus erwidert, Voraussetzung für eine evtl. Hilfe des Finanzministeriums sei, daß die Verhältnisse beim Fremdenverkehrsverband in Ordnung gebracht und ein tüchtiger Geschäftsführer bestellt werde.
StaatsministerDr. Seidel erklärt abschließend, vor allem lege er Wert darauf, daß Herr Staatssekretär Geiger mit den besonderen Aufgaben des Fremdenverkehrs beauftragt werde.
Staatsminister14 zusammenzufassen.15
Der Ministerrat beschließt dann, Staatssekretär Geiger mit dem besonderen Aufgabenbereich zu betrauen, alle erforderlichen Maßnahmen zur Hebung und Förderung des Fremdenverkehrs16
Anschließend wird noch vereinbart, daß Herr Staatssekretär Geiger wegen der Bereitstellung der Mittel mit dem Bayer. Staatsministerium der Finanzen verhandeln soll.Dr. Seidel teilt mit, eine Freilassinger Firma habe 300 fertige Holzhäuser zum Preis von DM 9000 hergestellt, die nicht verkäuflich seien. Die Oberste Baubehörde habe sich bisher nicht entschließen können, diese Häuser zu erwerben, deren Preis man übrigens auf 8000 DM herunterdrükken könne, da sie lediglich eine Lebensdauer von 50 Jahren hätten. Es sei wohl richtig, daß die Beleihungsvorschriften der Banken eine Lebensdauer von 100 Jahren fordern; trotzdem müsse aber ein Weg gefunden werden, diese Häuser aufzustellen und den notwendigen Betrag von 2, 5 Millionen zu beschaffen. Es wäre höchst zweckmäßig, wenn im Einvernehmen zwischen dem Finanzministerium, dem Staatssekretariat für das Flüchtlingswesen und der Obersten Baubehörde eine Möglichkeit gefunden würde, noch vor der Wahl ein paar hundert Häuser aufzustellen.
StaatsministerDr. Ankermüller erwidert, er werde sich sofort der Sache annehmen, ausschlaggebend sei natürlich die Finanzierungsfrage.
StaatsministerDr. Kraus führt aus, es sei unmöglich, Schulden zu machen. Es bereite schon große Schwierigkeiten, die notwendigen 4 1/2 Millionen für Erding aufzunehmen. Staatssekretär Dr. Müller verhandle deswegen mit den Versicherungsgesellschaften.
StaatsministerDr. Ehard eindringlich die Notwendigkeit des Wohnungsbaues betont hat, erklärt Staatsminister Dr. Ankermüller, die Wiederaufbaubank stelle zwar 17 Millionen DM zur Verfügung, aber zu einem kaum tragbaren Zinssatz von 61/4%. Leider sei eine Lockerung der Bestimmungen über die Wohnungsbewirtschaftung unwahrscheinlich, da die Militärregierung vorläufig noch daran festhalte.
Nachdem MinisterpräsidentKrehle teilt mit, das Arbeitsministerium habe schon zahlreiche Wohnungen aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung errichtet. Bis Ende Juli 1949 würden 4000 Wohnungen fertiggestellt sein.
StaatsministerDr. Seidel teilt mit, das Staatsministerium des Innern habe eine Entschließung herausgegeben bezüglich der Ablösung der Gemeinschaftsverpflegung in den Flüchtlingslagern.17 Der Beauftragte für die Lagerversorgung (Organisation Steffen)18 habe danach Verkaufsstellen in den Flüchtlingslagern eingerichtet, die Lebensmittel zu Großhandelspreisen abgegeben hätten. Man habe aber auch außerhalb der Lager Verkaufsläden errichtet, worüber natürlich beim Einzelhandel größte Erregung entstanden sei.19
StaatsministerDr. Ankermüller teilt mit, die Entschließung sei von der Abteilung V Flüchtlingswesen ausgegangen, die die ganze Angelegenheit bearbeitet habe. Insgesamt seien etwa 11000 Lagerinsassen aus der Gemeinschaftsverpflegung herausgenommen worden und in die Selbstverpflegung gekommen. Man wollte diesen Personen, die plötzlich auf eigene Verpflegung verwiesen worden seien, gewisse Erleichterungen durch Verkaufsläden der Organisation Steffen verschaffen, damit sie die Möglichkeit hätten, mit ihrer Wohlfahrtsunterstützung auszukommen. Vorher hätten Besprechungen mit dem Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium stattgefunden, die keine Bedenken geltend gemacht hätten, auch habe natürlich die Fürsorgeabteilung des Innenministeriums zugestimmt. Gegen diese Regelung könne wohl nicht viel eingewendet werden. Die Schwierigkeiten seien aber dadurch entstanden, daß der Regierungsbeauftragte für Oberpfalz/Niederbayern der Meinung gewesen sei, er könne die Sache selbständig durchführen. Infolgedessen habe dieser mit der Organisation Steffen verhandelt und auch Verlaufsläden außerhalb der Lager eingerichtet.
StaatsministerDr. Adam berichtet ergänzend, der Regierungsbeauftragte Lang20 in Regensburg habe die Aktion auf alle Flüchtlinge ausgedehnt, die Fürsorgeunterstützung oder Arbeitslosenunterstützung erhalten, mit der Wirkung, daß im Regierungsbezirk Oberpfalz/Niederbayern 38 Verkaufsläden eingerichtet worden seien.21 Dies habe natürlich einen großen Proteststurm des Einzelhandels zur Folge gehabt, während jetzt Proteste der Ausgewiesenen zu erwarten seien, wenn die Aktion rückgängig gemacht werde. Die Maßnahmen in vollem Umfang aufzuheben, halte er für bedenklich; er habe deshalb mit Regierungspräsident Dr. Wein22 vereinbart, daß jedenfalls keine neuen Verkaufsstellen mehr eingerichtet werden sollten. Außerdem habe Herr Kiesewetter vom Hauptausschuß der Flüchtlinge versucht, eine Vereinbarung mit dem Groß- und Einzelhandel zu treffen, der auch nicht abgeneigt zu sein scheine.
MinisterialdirigentDr. Ankermüller weist noch darauf hin, daß die Schwierigkeiten lediglich in Oberpfalz/Niederbayern bestünden, während sonst überall nur in den Lagern Verkaufsstellen errichtet worden seien. Dagegen wende auch der Einzelhandel nichts ein. Er schlage vor, mit dem Einzelhandel zu verhandeln, um zu einer befriedigenden Lösung zu kommen.23
StaatsministerDr. Seidel erwidert, wenn die Aktion in der Oberpfalz nicht rückgängig gemacht werde, so könnten die übrigen Fürsorgeempfänger mit Recht die gleichen Forderungen stellen. Diese Verkaufsläden seien eine Quelle der Korruption und man müsse mit einem großen Skandal rechnen. S.E. müßten jedenfalls die Verkaufsstellen außerhalb der Lager sofort aufgehoben werden.
StaatsministerDr. Ehard meint, es sei doch wohl bedenklich, nun plötzlich alles rückgängig zu machen.
MinisterpräsidentDr. Seidel sich einverstanden erklärt hat, daß zunächst die Verhandlungen des Herrn Kiesewetter mit dem Einzelhandel abgewartet werden sollten, wird beschlossen, die Verkaufsstellen in der Oberpfalz/Niederbayern vorläufig beizubehalten, jedenfalls aber in den anderen Regierungsbezirken keine neuen Stellen zu errichten.24
Nachdem StaatsministerDr. Adam über die in der letzten Zeit beanstandeten Bauvergebungen der Flüchtlingsverwaltung. Leider seien verschiedene Dinge nicht in Ordnung. So habe sich z.B. der Leiter der Bauabteilung im Staatssekretariat für das Flüchtlingswesen, Herr Fischer,25 unberechtigt ein Haus gebaut, ferner habe man in der Possartstraße ein Wohngebäude errichten wollen, das aber zu teuer geworden und nicht durchgeführt worden sei. Immerhin seien schon 30000 DM verbaut worden. Diese beiden Fälle habe auch Egon Herrmann26 schon aufgegriffen, weshalb er es für richtig halte, daß sie durch die Oberste Baubehörde nachgeprüft würden.
Anschließend berichtet MinisterialdirigentDr. Ehard führt aus, der neue Entwurf des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten,28 der im wesentlichen auf den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Schefbeck vom 15. 6. 1949 zurückgehe, gebe besonders wegen des § 1 zu Bedenken Anlaß.29 Er könne sich nicht recht vorstellen, was mit der Wendung „über deren Rechtmäßigkeit noch keine rechtskräftige Sachentscheidung vorliegt“ beabsichtigt werde. Man müsse sich fragen, ob jetzt eine rechtskräftige Sachentscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Inanspruchnahme überhaupt durchgeführt werden könne. Wenn eine solche Möglichkeit bestehe, brauche man das Gesetz überhaupt nicht.
MinisterpräsidentDr. Böhm vom B. Staatsministeriums des Innern vor, dem § 1 folgende Fassung zu geben: „Die Inanspruchnahmen von Kraftfahrzeugen, die in der Zeit vom 8. 5. 1945 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (15. 10. 46)30 abgeschlossen worden sind, können, soweit nicht ihre Nichtigkeit rechtskräftig festgestellt ist, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verwaltungsgerichtlich nachgeprüft werden.“
Nach eingehender Aussprache schlägt MinisterialratAußerdem wird beschlossen, für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahmen die Straßenverkehrsdirektion München für Südbayern und die Außenstelle Fürth für Nordbayern zu bestimmen.
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Der Ministerrat beschließt sodann, den Entwurf nach der Abänderung, die vom B. Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten im Benehmen mit dem Innenministerium formuliert werden soll, dem Bayer. Landtag zur Behandlung in der nächsten Plenarsitzung zuzuleiten.Frommknecht teilt mit, daß der Entwurf eines Reichsbahngesetzes,32 bei dem Herr Ministerialdirigent Brunner maßgeblich beteiligt gewesen sei, auf der Verkehrsministerkonferenz vom 23. 7. 1949 beraten werden solle. Er wäre dankbar, wenn der Ministerrat eine Stellungnahme dazu abgeben könne, insbesondere zu der Frage der Vertretung der Länder im Verwaltungsrat. Leider habe es sich nicht durchsetzen lassen, daß sämtliche Länder im Verwaltungsrat vertreten seien.
StaatsministerDr. Ehard stellt fest, daß heute eine Stellungnahme des Ministerrats nicht abgegeben werden könne, und schlägt vor, der Verkehrsminister möge auf der Verkehrsministerkonferenz für seine Person den bayerischen Standpunkt vertreten.
MinisterpräsidentDr. Kraus führt aus, die Unterbringung der Inhaber von Zusicherungen nach dem Überführungsgesetz sei sowohl bei den Verkehrsverwaltungen wie bei den Gemeinden34 außerordentlich schwierig und zwar müßten die ersteren 900 die letzteren 700 Inhaber übernehmen.35 Man habe schon wiederholt bei Post und Eisenbahn Vorstellungen erhoben, allerdings bisher ohne großen Erfolg. Die Verhandlungen gingen aber weiter. Der vorliegende Gesetzentwurf36 beziehe sich nur auf die Gemeinden und Gemeindeverbände, denen bis jetzt 597 Personen zugewiesen worden seien. Der bayerische Staat sei nicht in der Lage, die Übergangsgelder von sich aus zu leisten, deren Höhe auf 3 Millionen DM geschätzt werde. Der Art. 3 des Entwurfs, der vorsehe, daß die Schlüsselzuweisungen der Gemeinden, Stadt- und Landkreise einteilig gekürzt würden, sei eine Notmaßnahme. Er bitte dringend, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, ob dieser allerdings auch die Billigung des Landtags finden werde, sei zweifelhaft.
StaatsministerDr. Ankermüller gibt zu bedenken, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände möglichst bestrebt seien, Personal abzugeben, wobei politisch Verfolgte und Kriegsbeschädigte ausgenommen seien ebenso wie die Flüchtlinge. Es sei ihnen also kaum möglich, neue Stellen für die Inhaber von Zusicherungen freizumachen. Auf die Gemeinden, die sich mit allen Mitteln wehren, einen Zwang auszuüben, sei kaum durchführbar. Im übrigen würde auch darauf hingewiesen, daß das Übergangsgeld von den Gemeinden höchstens von dem Tag der Zuweisung an getragen werden könne, nicht aber vom Tag des Ausscheidens an. Er müsse auch darauf hinweisen, daß der Senat und der Entnazifizierungsausschuß des Landtags beschlossen hätten, es müsse in möglichst weitem Umfang die Abfindung gegeben werden. Wenn der Entwurf des Finanzministeriums vorsehe, daß der Staat lediglich Vorschüsse leiste und Abzüge von Schlüsselzuweisungen gemacht werden könnten, so könne man mit Recht entgegenhalten, dadurch würden auch Gemeinden getroffen, die entweder keine Zusicherungsinhaber zu übernehmen oder die Übernahme schon durchgeführt hätten.
StaatsministerDas Staatsministerium des Innern schlage vor, zunächst nur eine Übergangsregelung zu treffen und über die rechtliche Verpflichtung, die verfassungsmäßigen Bedenken und s.w. weiterzuverhandeln. Man müsse wohl die Übergangsgelder vorläufig auf den Staat übernehmen und eine endgültige Regelung vorbehalten.
Sachs betont, das Überführungsgesetz, ein Länderratsgesetz, sehe vor, daß die Gemeinden Spruchkammerpersonal übernehmen müßten; es stehe aber nichts davon darin, daß diese auch die Übergangsgelder zu zahlen hätten. Diese Regelung sei erst durch die Durchführungsvorschriften erfolgt, die der Herr Ministerpräsident auf Grund des § 20 des Gesetzes erlassen habe.37 Er glaube nicht, daß man vor dem Verfassungsgerichtshof mit dem vorliegenden Gesetzentwurf recht behalten werde, ebensowenig wie an eine Zustimmung des Landtags zu denken sei. Im übrigen könnte der Länderrat auch den Verkehrsverwaltungen keine Lasten auferlegen, woran auch die Zustimmung der Militärregierung nichts ändere.
MinisterialdirektorDr. Ehard stimmt zu und erklärt, das Gesetz könne keinesfalls auf Annahme im Landtag rechnen. Auf der anderen Seite gehe es nicht an, daß Zusicherungen gemacht worden seien, die nicht eingehalten werden könnten.
MinisterpräsidentSachs teilt noch mit, auch die Militärregierung, bei der viele Hundert Beschwerden lägen, habe sich schon bei ihm nach den bestehenden Schwierigkeiten erkundigt. Er habe vorläufig die Beantwortung der Anfragen der Militärregierung abgelehnt, da für die Übernahme das Sonderministerium nicht zuständig sei.
MinisterialdirektorDr. Kraus ersucht mit Rücksicht auf die erhobenen Bedenken, die Sache nochmals zurückzustellen. Die Situation für das Finanzministerium sei aber außerordentlich schwierig, da es sich immerhin um einen Betrag von 3 1/2 Millionen Mark handle, ganz abgesehen davon, daß der Staat schon die Übergangsgelder für 1200 Personen stelle. Er sei bereit, den Entwurf nochmals durchzuberaten und neu vorzulegen.
StaatsministerSachs weist darauf hin, die bayerische Durchführungsverordnung weiche vollständig von den entsprechenden Regelungen in Württemberg und Hessen ab. So seien z.B. in Hessen 4 Millionen DM in den Etat des Befreiungsministeriums eingesetzt worden.
MinisterialdirektorDr. Ankermüller macht darauf aufmerksam, daß die Angelegenheit noch in der nächsten Landtagssitzung behandelt werden müsse. Er wiederhole seinen Vorschlag, der noch keine endgültige Verpflichtung enthalte.
StaatsministerDr. Ehard fragt an, ob das Staatsministerium des Innern, der Finanzen und für politische Befreiung in der Lage wären, in den nächsten Tagen den Entwurf nochmals durchzuberaten und eine Vorlage an den Landtag zu machen.
MinisterpräsidentDr. Kraus stellt fest, daß es sich um ein Länderratsgesetz handle, in dem nirgends erwähnt sei, daß der Staat besonders belastet werde; infolgedessen müßten die Gemeinden unter allen Umständen in irgendeiner Form die Lasten mittragen. Die Übernahme der Übergangsgelder vom Ausscheiden bis zur Zuweisung könnte das Finanzministerium aber übernehmen.
StaatsministerDr. Sachs gibt zu bedenken, daß die Gemeinden niemand vor Ablauf der 18 monatigen Frist übernehmen würden. Vielleicht könne man doch einen Kompromiß finden, der auch die Zustimmung des Landtags erhalten könnte.
Ministerialdirektor38 Dabei solle das Finanzministerium durch Regierungsdirektor Bachl,39 das Innenministerium durch Ministerialrat Wolf40 und das Sonderministerium durch Ministerialdirektor Sachs vertreten werden.
Der Ministerrat beschließt sodann, am Freitag, den 15. Juli, die angeregte Besprechung der beteiligten Ministerien abzuhalten. Wenn eine Einigung zustandekomme, solle der Gesetzentwurf dem Landtag zugeleitet, andernfalls nochmals im Ministerrat besprochen werden.Sachs berichtet sodann über die letzte Entnazifizierungskonferenz, wobei Hessen den etwas merkwürdigen Vorschlag gemacht habe, ab 1. 1. 1950 alle Mitläufer in die Gruppe der Aktivisten einzureihen. Die Vertreter der Militärregierung hätten daraufhin erklärt, die Entnazifizierung dürfe keinesfalls in den einzelnen Ländern verschieden gehandhabt werden und sie behielten sich ebenso wie bisher vor einzugreifen, wenn irgendetwas nicht ihre Zustimmung finde. Es sei unmißverständlich von amerikanischer Seite erklärt worden, daß an der Entnazifizierung festgehalten werde.
MinisterialdirektorBei dieser Konferenz habe es sich gezeigt, daß Bayern in der Entnazifizierung am weitesten voran sei. Man habe in Bayern schon so weitgehend abbauen können, daß der Etat des B. Staatsministeriums für Sonderaufgaben nicht höher sei wie der der viel kleineren Länder Württemberg und Hessen. Hessen z. B. habe noch 20000 Minderbelastete, während in Bayern bis auf 3000 Fälle alles erledigt sei.
Dr. Ehard teilt mit, der neue Gouverneur Mr. McCloy41 habe ihm klar gesagt,42 die Amerikaner hielten an der Entnazifizierung fest und würden das Gesetz nicht ändern. Im übrigen ersuche er Herrn Staatssekretär Sachs, ihm einen schriftlichen43 Überblick über den derzeitigen Stand zu geben, besonders im Hinblick auf die anderen Länder.44
MinisterpräsidentSachs sichert zu, die Zusammenstellung bald zu übermitteln und macht noch einige Einzelheiten über den derzeitigen Stand der Entnazifizierung bekannt.
MinisterialdirektorBrandl vom Innenministerium berichtet, auf seine Anregung hin habe der Berichterstatter im Verfassungsausschuß46 beantragt, dem Gesetzentwurf einen § 21 anzufügen,47 wonach die seit dem Inkrafttreten der Bayer. Verfassung erlassenen Bekanntmachungen über die einzelnen Feiertage zu gesetzlichen oder staatlich geschützten Feiertagen nachträglich Gesetzeskraft erhalten. Er ersuche, den Antrag als Antrag der Staatsregierung aufzunehmen.
MinisterialratDr. Ehard äußert Bedenken, ob es richtig sei, wenn die Staatsregierung diesen Antrag einbringe. Im übrigen habe man sich im Ministerrat auf den Standpunkt gestellt, daß das Feiertagsgesetz nicht länger gelten dürfe wie bis zum 31. 12. 1949, an welchem Tag auch das Urlaubsgesetz48 ablaufe. Dann solle die Frage neu geprüft und eine Abgleichung versucht werden.49
MinisterpräsidentKrehle weist darauf hin, der Landtag habe diese Beschränkung des Feiertagsgesetzes auf die Dauer des Urlaubsgesetzes bereits aufgehoben.
Staatsminister50
Es wird daraufhin beschlossen, von Seiten der Staatsregierung aus zu der Frage des Feiertagsgesetzes nicht mehr Stellung zu nehmen und keine neuen Anträge mehr zu stellen.Dr. Ehard teilt mit, die Verordnung über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts vom 10. 11. 194351 sei ausschließlich aus kriegsbedingten Gründen erlassen worden und es bestehe keine Veranlassung mehr, sie weiter aufrecht zu erhalten. Die Bank Deutscher Länder habe sich ebenso wie sämtliche Landeszentralbanken für die Aufhebung ausgesprochen. Gleichlautende Aufhebungsvorschriften würden für die britische Zone sowie für die übrigen Länder der amerikanischen Zone und die französische Zone erlassen.
Ministerpräsident52
Der Ministerrat beschließt, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.Dr. Kraus berichtet über die vorliegende Verordnung53 und teilt mit, daß die Frage, ob im Hinblick auf Art. 77 Abs. 1 Satz 1 der Bayer. Verfassung54 die Angelegenheit auf dem Verordnungswege geregelt werden könne, geprüft und in positivem Sinn entschieden worden sei.
Staatsminister55
Der Ministerrat beschließt sodann, der Verordnung über die Landesvermessung zuzustimmen.Dr. Ankermüller erklärt, die Bedenken des Innenministeriums, die schon vor über einem Jahr erhoben worden seien, hätten sich als berechtigt erwiesen. Die betroffenen Landkreise hätten in ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit Schaden erlitten.57 Man könne aber nicht umhin, den Beschlüssen des Landtags und des Senats Rechnung zu tragen. Andererseits liege ein Landtagsbeschluß vor, wonach neue leistungsfähige Selbstverwaltungskörper gebildet werden sollten.58 Wahrscheinlich werde sich ergeben, daß eine Reihe von Städten bei der Neuregelung ihre Unmittelbarkeit verlieren werde.
StaatsministerJedenfalls müsse er heute feststellen, daß das Innenministerium zwar die Vorlage an den Landtag machen, aber nicht dafür eintreten könne.
Dr. Ehard meint ebenso wie Staatsminister Dr. Seidel, man müsse jetzt endlich zu einem Abschluß kommen und könne bei den einzelnen Städten keine Unterschiede mehr machen.
Ministerpräsident59 unverändert dem Landtag zuzuleiten.60
Der Ministerrat beschließt daraufhin, den EntwurfDr. Schwalber spricht sich dafür aus, den Entwurf des Wappengesetzes, der schon vor längerer Zeit vom Ministerrat verabschiedet worden sei,61 dem Landtag zuzuleiten, nachdem immer wieder Schwierigkeiten wegen der Wappen- und Siegelführung entstanden seien.62
Staatssekretär63
Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf dem Landtag nunmehr zuzuleiten.1. Ernennung des Landforstmeisters Klietsch zum Oberlandforstmeister
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Der Ministerrat beschließt, dieser Ernennung zuzustimmen, nachdem schon vor längerer Zeit beschlossen worden sei, den Landforstmeister Klietsch bei nächster Gelegenheit zum Oberlandforstmeister zu ernennen.2. Ernennung des Oberregierungsrats Dr. Fergg65 zum Ministerialrat in der Obersten Baubehörde
Der Ministerrat stimmt der vom Innenministerium vorgeschlagenen Ernennung einstimmig zu.
3. Fälle Ruf und Brückner
Krehle erklärt, diese beiden Fälle kämen nicht zur Ruhe und es müßte jetzt endlich ein Abschluß gefunden werden. Herr Brückner wäre ebenso wie Herr Ruf66 ohne weiteres in das Beamtenverhältnis übernommen worden, wenn nicht die Nationalsozialisten sie entfernt hätten, trotz der Überschreitung der Altersgrenze. Beide seien hervorragende Fachleute gewesen und man habe sie deshalb auch sofort im Jahr 1945 wieder übernommen. Im Jahre 1945 seien alle Arbeitsamtsdirektoren Beamte geworden und man hätte auch diese beiden Herren ohne weiteres dazu machen können. Er ersuche dringend, ihnen als Wiedergutmachung eine kleine Pension zu geben, zumal keine finanzielle Belastung eintrete, nachdem die Herren aus der Arbeitslosenversicherung bezahlt würden.
StaatsministerDr. Seidel sich diesen Ausführungen anschließt, beschließt der Ministerrat mit Mehrheit Eugen Ruf und Karl Brückner dem Vorschlag des Arbeitsministeriums entsprechend in das Beamtenverhältnis zu übernehmen.
Nachdem Staatsminister4. Regierungspräsident a.D. Jean Stock67
Dr. Kraus teilt mit, der ehem. Regierungspräsident Herr Jean Stock mache immer noch Wiedergutmachungsansprüche geltend und stütze sich darauf, daß er Regierungspräsident auf Lebenszeit gewesen sei. Die Angelegenheit sei schon wiederholt im Ministerrat behandelt worden,68 wobei man festgestellt habe, daß die Ansprüche des Herrn Stock nicht berechtigt seien.69
Staatsminister70
Es wird vereinbart, daß Herr Staatsminister Dr. Kraus den Abgeordneten Jean Stock schriftlich davon unterrichtet, sein Fall sei bereits abschließend im Ministerrat behandelt worden und es bestehe keine Möglichkeit, seinen Anspruch auf Zahlung einer Pension als Regierungspräsident anzuerkennen.