Ministerpräsident Dr. Ehard, Innenminister Dr. Ankermüller, Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Krehle, Sonderminister Dr. Hagenauer, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Bauabteilung), Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Lacherbauer (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).
Stv. Ministerpräsident Dr. Müller, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Verkehrsminister Frommknecht, Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium).
I. Entwurf eines Gesetzes über Sterilisierung und Refertilisierung und eines Gesetzes über Schwangerschaftsunterbrechung. II. Wohnungsbau für Flüchtlinge. III. Einladung des Bayer. Gewerkschaftsbundes zur Feier des 1. Mai. IV. Gemeinde- und Kreistagswahlen. [V. Ernährungslage]. [VI. Flüchtlingsfragen]. [VII. Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Verwaltung kontrollierter Vermögen]. [VIII. Zwangsenteignung für die Überlandwerke Unterfranken zur Errichtung eines Schalthauses in Lohr]. [IX. Landtagsbeschluß über Untersagung der Handelstätigkeit bei Behörden]. [X. Sonderzuteilung von Autobereifungen und Benzin an die politischen Parteien]. [XI. Durchführung des Grubenholzprogramms]. [XII. Einladung von deutschen Kindern durch die spanische Regierung]. [XIII. Fragen der Energieversorgung]. [XIV. Personalsachen]. [XV. Ernennung von kommissarischen Schulräten zu planmäßigen Schulräten].
Dr. Aub 3 von der Gesundheitsabteilung des Staatsministeriums des Innern berichtet über diese Gesetzentwürfe, die seit längerer Zeit im Ausschuß für Gesundheitswesen beim Länderrat in Stuttgart beraten werden.4 Das Sterilisierungsgesetz beabsichtige die schwersten Folgen schwerer Erbkrankheiten auszuschalten und sei insoweit eine Fortführung der Gesetzgebung des Dritten Reiches.5 Der bayerische Vertreter beim Länderrat habe noch keine endgültige Stellungnahme abgegeben, was einer früheren Weisung des Ministerrats entspreche.6 Der Entwurf eines Gesetzes über Schwangerschaftsunterbrechung sehe lediglich eine Schwangerschaftsunterbrechung aus medizinischen Gründen vor. Diese solle von einer aus drei Ärzten bestehenden Kommission überwacht werden. Es werde versucht, die früheren Gutachterstellen vor 1927 mit Hilfe der Landesärztekammer wieder aufzurichten. Die Ärzte müßten diese Gutachterstellen benützen; wenn nicht, könnten sie als verdächtig dem Justizministerium gemeldet werden. Auf sein Einwirken in Stuttgart hin sei die Zulassung der Sozial- und Notzuchtsindikation gestrichen worden.7 Wenn die Ärztekammern tatsächlich Gutachterstellen einrichten würden, sei die gesetzliche Regelung, wie sie Stuttgart vorschlage, nicht notwendig.
MedizinaldirektorDr. Ehard spricht sich dafür aus, der bayerische Vertreter in Stuttgart solle die Absetzung der beiden Entwürfe beantragen. Man könne eine solche Sache nicht behandeln,8 ohne die Volksvertretung zu beteiligen.
MinisterpräsidentDr. Lacherbauer erklärt, er sei überrascht, daß sich der Gesundheitsausschuß legislatorisch betätige, was doch eine Angelegenheit des Rechtsausschusses sei.
StaatssekretärDr. Ehard antwortet, das Justizministerium sei beteiligt worden. Im übrigen würde natürlich der Länderrat die Sache noch an den Rechtsausschuß verweisen, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen sei.
MinisterpräsidentDr. Lacherbauer betont nochmals, der Gesundheitsausschuß habe schon gesetzliche Vorlagen ausgearbeitet.
StaatssekretärDr. Ehard erklärt zusammenfassend, eine gesetzliche Regelung werde wohl notwendig sein. Man könne diese aber nicht allein über den Länderrat ohne die Volksvertretung machen.
Ministerpräsident9
Es besteht Einverständnis darüber, daß der bayerische Vertreter eine Absetzung beider Gesetzentwürfe von der Tagesordnung in Stuttgart beantragen solle.Dr. Ehard teilt mit, auf Grund eines Landtagsbeschlusses vom 18. Juli 194711 habe ein Ausschuß 15 Projekte für Flüchtlingssiedlungen ausgearbeitet,12 die man dem Landtag vorlegen, zum mindesten aber zur Kenntnis bringen müsse.
MinisterpräsidentJaenicke macht darauf aufmerksam, daß der Landtagsbeschluß lediglich sage, die Regierung solle die Siedlungsvorhaben so rasch wie möglich ausführen, verlange aber keine Vorlage. Man könnte also ohne weiteres beschleunigt Weiterarbeiten und brauche nicht den Landtag erst zu verständigen. Die Kommission, die die Projekte bearbeitet habe, bestehe aus Vertretern sämtlicher Ministerien, 4 Sachverständigen und Delegierten des Hauptausschusses der Flüchtlinge.13 Er habe schon im Flüchtlingsausschuß des Landtags über diese Dinge Vortrag gehalten.
StaatssekretärDr. Ehard regt an, man könne ja den Stand der Arbeiten dem Landtagspräsidenten zur Kenntnis geben und darauf hinweisen, was weiter geschehen werde.
MinisterpräsidentKrehle rät ab, die Projekte im einzelnen bekanntzugeben, da hiedurch falsche Hoffnungen erweckt werden könnten, die man wegen der Baustoffnot nicht erfüllen könne. Im übrigen sei auch das Bauprogramm des Arbeitsministeriums für 10 000 Wohnungen praktisch ein Programm zu Gunsten der Flüchtlinge.
StaatsministerDr. Ehard entgegnet, seines Erachtens sei es doch wohl notwendig, der Öffentlichkeit etwas zu sagen.
MinisterpräsidentJaenicke fügt bei, es werde großes Ärgernis entstehen, wenn die Sache weiter hinausgeschoben werde; vielleicht könne man der Presse Mitteilung machen, daß die Projekte in Angriff genommen seien, daß sie allerdings praktisch vielfach noch nicht über das Anfangsstadium hinausgekommen seien.
StaatssekretärDr. Sattler meint, wo wirklich schon etwas gemacht sei, könnte man mit Nachdruck darauf hinweisen.
StaatssekretärJaenicke erklärt, er wisse nie, was die Bauabteilung wirklich geben könne. Die Baustoffzuteilungen seien erschreckend gering.
StaatssekretärDr. Ehard meint, der Ministerrat könne jedenfalls billigen, daß die Vorhaben in Angriff genommen werden, wenn es auch praktisch nicht in allen Fällen sofort möglich sei. Wie aber solle man sich dem Landtag und der Öffentlichkeit gegenüber verhalten? Er halte es für das beste, dem Landtagspräsidenten mitzuteilen, daß die Projekte ausgearbeitet seien, daß sie vom Ministerrat gebilligt seien und daß man angeordnet habe, mit der Ausführung zu beginnen; gleichzeitig könne man den Landtagspräsidenten ersuchen, diese Mitteilung dem Landtag zur Kenntnis zu bringen.
MinisterpräsidentDr. Seidel gibt sodann einen ausführlichen Überblick über den Stand der Arbeiten bei den einzelnen Projekten und weist unter anderem darauf hin, daß in Wildflecken bereits 190 Wohnungen im Aufbau begriffen seien, ebenso sei in Kraiburg, Wolfratshausen, Neusäß b. Augsburg usw. schon viel geleistet worden. Man könne also durchaus die Arbeiten schon bekanntgeben.
StaatsministerKrehle meint, er wolle nur vermeiden, daß man vorzeitig etwas ankündige, was vielleicht wegen Baustoffmangel nicht durchgeführt werden könne.
StaatsministerFischer betont, die Baustofflage sei zur Zeit einfach zum Verzweifeln. Es habe bald überhaupt keinen Wert mehr, weiterzumachen. Für ganz Bayern besitze er heute noch 3200 t Zement, am besten höre man gleich mit dem Bauen auf. Auch Eisen habe er nicht mehr. Da nur mehr schwarz gebaut werde, habe er die Weisung herausgegeben, keine Neubaugesuche zu genehmigen und Ausnahmen nur mehr für Wohnungsgenossenschaften, für landwirtschaftliche Zwecke und für Krankenhäuser zu genehmigen, ferner für Bauvorhaben, bei denen die Baustoffe schon vorhanden seien. Im übrigen habe sich auch der Bedarf der Amerikaner in den letzten Wochen außerordentlich erhöht.
StaatssekretärDr. Seidel führt aus, er verstehe die Stimmung des Herrn Staatssekretärs Fischer durchaus, der sich tatsächlich in einer verzweifelten Situation befinde. Trotzdem glaube er, daß dieser etwas zu schwarz sehe. Wenn nicht alles täusche, komme im Laufe des Juni die Währungsreform und nach ihrem Eintreten werde sich jeder überlegen müssen, ob er es sich finanziell leisten könne zu bauen. Zweifellos werde Staatssekretär Fischer schon ab Juli über genügend Baustoffe verfügen können. Interessant sei, daß auf Grund der bizonalen Kohlenzuteilung Staatssekretär Fischer nur etwa 40% der Ziegeleien mit Kohlen versorgen könne, während praktisch alle 100% mit voller Ausnützung ihrer Kapazität arbeiten, d.h. daß sie irgendwo anders her ihre Kohlen bekämen. Jedenfalls würden die produzierten Ziegelsteine auch zu irgendeinem Bau verwendet. Wenn man sich das überlege, so müsse man feststellen, daß immerhin Wohnungen erstellt worden seien. Nach der Währungsreform werde die Industrie nicht mehr das nötige Kapital zur Verfügung haben, um zu investieren, sondern gezwungen sein, aus betriebswirtschaftlichen Gründen ihren Kohlenbedarf möglichst zu drosseln. Er rate deshalb Herrn Staatssekretär Fischer vorerst abzuwarten, wie die Entwicklung vor sich gehen werde.
StaatsministerDr. Ehard wirft ein, er habe Bedenken gegen das Baustoffnotgesetz, das lediglich die Produktion drosseln werde.14
MinisterpräsidentDr. Seidel fügt noch hinzu, seines Erachtens könne man die Siedlungsprojekte ruhig bekanntgeben. Man solle auch die neuen Bauweisen nicht allzusehr überprüfen, sondern einfach genehmigen.
StaatsministerDr. Ehard faßt sodann zusammen und meint, man könne 1. bekanntgeben, daß die Projekte gebilligt seien, zum Teil sogar schon 1948 beendigt werden könnten; 2. man solle dem Landtag Mitteilung über den Stand der Vorhaben machen, zumal diese ja fast alle aussichtsreich seien.
MinisterpräsidentDr. Pfeiffer führt aus, er halte den Vorschlag des Ministerpräsidenten für zwingend. Man müsse auch berücksichtigen, daß innerhalb der SPD seit kurzem Meinungsverschiedenheiten ausgetragen würden, dahingehend, ob nicht die politische Linie der Partei unter Herrn v. Knoeringen falsch sei. Man sehe dort, daß die Regierung zweckmäßige Dinge hier und in Frankfurt eingeleitet habe und sich in den nächsten 4 Monaten sehr viel tun werde. Nun bestehe die Möglichkeit, daß die SPD wieder in die Regierung hineinkommen wolle, ehe die Erfolge der Politik der jetzigen Regierung aufträten. Die Ministerpräsidentenkonferenz im Sommer des vorigen Jahres15 habe zweifellos einen großen Erfolg mit sich gebracht, allein schon dadurch, daß sie die Bilanz gezogen und dadurch für den Marshall-Plan Vorarbeit geleistet habe. Unter diesen Umständen halte er es für notwendig, daß in der Frage der Flüchtlingsbauten ein Dokument herauskomme, das unbestritten sei.
StaatsministerDr. Ehard erklärt sich Staatssekretär Jaenicke bereit, zusammen mit Staatssekretär Fischer den Brief an den Landtag bis Donnerstag, den 29. April zu entwerfen.
Auf Frage von Herrn MinisterpräsidentenFischer meint, er könne selbstverständlich Zuteilungen abzweigen, dann würden aber die heftigsten Angriffe aus den Notstandsgebieten kommen.
StaatssekretärDr. Ehard erklärt, man müsse überhaupt wohl bis Ende Juni hier und in anderen Punkten schwimmen.
MinisterpräsidentDr. Ehard gibt eine Einladung des Bayer. Gewerkschaftsbundes an die gesamte Staatsregierung zur Feier des 1. Mai im Deutschen Museum bekannt.16
MinisterpräsidentDr. Kraus bezeichnet es als besonders wichtig, daß die Staatsregierung möglichst zahlreich vertreten sei. Man müsse das Abgleiten der Gewerkschaften in ein radikales Fahrwasser verhindern.
Staatsminister17
Es wird daraufhin vereinbart, daß die Staatsminister Kraus und Krehle und die Staatssekretäre Sattler, Geiger, Sedlmayr und Lacherbauer der Einladung Folge leisten, Ministerpräsident Dr. Ehard und Staatsminister Dr. Pfeiffer, wenn sie rechtzeitig aus Frankfurt zurück seien.Dr. Ehard ersucht noch die Kabinettsmitglieder, bei Verhinderung darauf bedacht zu sein, daß jedes Ministerium zum mindesten durch einen höheren Beamten vertreten werde.18
MinisterpräsidentDr. Ankermüller gibt einen Überblick über die bisherigen Ergebnisse der Gemeinde- und Kreistagswahlen.19 Die Wahlbeteiligung sei mit 87% erstaunlich hoch gewesen.20 Sehr zu beachten seien die Erfolge der Flüchtlingslisten, die im übrigen vielfach als Union der Ausgewiesenen bezeichnet und daher der CSU zuzurechnen seien21 Die Bayernpartei22 habe vor allem in Ober- und Niederbayern beachtliche Erfolge erzielt,23 in Franken allerdings in der Hauptsache nur im Landkreis Forchheim24
StaatsministerDr. lacherbauer macht auf die sogenannten unpolitischen Listen aufmerksam, die häufig von den Nazis aufgestellt worden seien, dadurch auch Sitze in den Gemeinde- und Kreisvertretungen errungen hätten. Besonders kraß sei der ihm bekannt gewordene Fall Redenfelden,25 wo von 16 Gemeinderatssitzen mittels einer unpolitischen Liste Parteigenossen allein 13 Sitze erhalten hätten. Diese Angelegenheit müsse unter allen Umständen auch der Militärregierung zur Kenntnis gebracht werden.
StaatssekretärDr. Ankermüller erwidert, er hätte von diesen Dingen auch bereits Kenntnis und habe sie der Militärregierung schon mitgeteilt.26
StaatsministerDr. Schwalber wirft ein, Colonel Bums27 habe daraufhin gefragt, wie lange wir noch mit der Rehabilitierung der Nazis warten wollten.
StaatssekretärKrehle bezeichnet es als unglaublich, daß kein PG Betriebsratsmitglied sein könne, wohl aber Bürgermeister.28
StaatsministerDr. Ehard erklärt abschließend, man müsse diese Dinge unbedingt der Militärregierung mitteilen.
MinisterpräsidentDr. Ehard teilt mit, die Staatsminister Dr. Schlögl und Dr. Müller hätten in Frankfurt erreicht,30 daß Bayern ab 1. 5. 48 doch 600 g Fische bekomme, ebenso wie im Juni. Die allgemeine Fischzuteilung für Juli mit Oktober betrage monatlich 1000 g. Bayern erhalte im Juli und August etwas weniger, nämlich 800 g. Außerdem sei erreicht worden, daß die Fleischauflage um 20% gekürzt werde, mit der Möglichkeit, die Lieferung bis Juni zu verschieben. Die Verhandlungen seien sehr schwierig gewesen, zum Schluß aber doch zu einer Klärung gekommen. Auch die Genehmigung der Engländer und Amerikaner liege vor.
MinisterpräsidentJaenicke teilt mit, das Lager Hof-Moschendorf31 müsse zum Teil geräumt werden, weil die Russen jetzt täglich 1000–2000 Kriegsgefangene pro Tag zurückschicken wollten. Er ersuche das Kabinett zu beschließen, das Finanzministerium wolle die aus der Vermögensverwaltung freiwerdenden Projekte grundsätzlich der Flüchtlingsverwaltung zur Verfügung stellen. Die Vermögensverwaltung habe z.B. zwei große Gebäude bei Neu-Ulm an Telefunken verpachtet.
StaatssekretärDr. Seidel entgegnet, man müsse 1 Million Arbeitsplätze schaffen, zum größten Teil in der gewerblichen Wirtschaft und man könne Komplexe, die für industrielle Siedlungen bestimmt seien, nicht lediglich als Wohnstätten allein benützen. Wenn solche Projekte frei würden, müsse sich die Vermögensverwaltung mit dem Wirtschaftsministerium und der Flüchtlingsverwaltung in Verbindung setzen, so daß sich ein Weg finde. Es sei höchst unzweckmäßig, daß die Planungsabteilungen in den verschiedenen Ministerien selbständig ohne gegenseitigen Kontakt arbeiteten.
StaatsministerDr. Hagenauer macht darauf aufmerksam, in der nächsten Zeit werden die Internierungslager Hammelburg, Regensburg und Göggingen aufgelöst und er ersuche Staatssekretär Jaenicke, sich mit Ministerialdirektor Sachs in Verbindung zu setzen.
StaatsministerDr. Ehard erklärt, es sei überhaupt dringend notwendig, für eine Reihe von Sachgebieten eine Koordinierung zu finden. Man müsse sich darüber einigen, daß in einer bestimmten Angelegenheit ein Ministerium federführend sei und da wieder ein bestimmter Referent, daß aber alle übrigen Ministerien beteiligt würden. Die Fürsorge für die entlassenen Kriegsgefangenen und Heimkehrer mache ihm die größten Sorgen, da hier die notwendige Zusammenfassung immer noch fehle.32 Die ganze Sache könne zu einer Katastrophe führen, zumal man damit rechnen müsse, daß die Russen in der nächsten Zeit Hunderttausende von Kriegsgefangenen zurückschicken würden.33 Gerade die richtige Betreuung der Heimkehrer sei von allergrößter Bedeutung.
MinisterpräsidentKrehle entgegnet, diese Frage sei ja an sich schon geregelt, da in den Haushaltsberatungen das Arbeitsministerium schon beauftragt worden sei. Von seinem Ministerium aus würden die Heimkehrer untersucht, in Heimkehrerlagern und Krankenhäusern untergebracht usw.34 Er stehe in bester Beziehung mit Pater Rösch,35 dem Leiter der Arbeitsgemeinschaft.36
StaatsministerDr. Ehard erkundigt sich, ob nicht eine gewisse Ressort-Eifersucht bestehe. Die Heimkehrerbetreuung gehe sämtliche Ministerien an.
MinisterpräsidentKrehle antwortet, die Verbindung mit dem Wirtschaftsministerium sei gut. Leider seien aber zu den Besprechungen andere Ministerien trotz Einladung nicht erschienen. Er werde in Zukunft die Ressortminister verständigen, wenn ihre Vertreter nicht gekommen seien.
StaatsministerJaenicke regt an, das Arbeitsministerium möge alsbald eine Sitzung unter seinem Vorsitz einberufen.37
StaatssekretärDr. Ehard regt an, man solle in der Staatskanzlei eine Liste der Koordinierungsstellen z.B. für Fragen der Heimkehrer, der Währungsreform usw. aufstellen, auf denen die Namen der Referenten bezeichnet seien, damit man wirklich einen Überblick habe.
MinisterpräsidentDr. Kraus führt aus, diese Verordnung sei schon längst unter den beteiligten Ministerien besprochen38 und er müsse Wert darauf legen, daß sie möglichst schnell behandelt werde, da die Gebühren bis zum Jahre 1946 zurückgingen.
StaatsministerDr. Lacherbauer erhebt zunächst Einwendungen39 gegen die Verordnung, so daß beschlossen wird, nochmals eine Besprechung zwischen Finanz- und Justizministerium abzuhalten.
Staatssekretär40
Im Verlauf des Ministerrats erklärt jedoch Staatssekretär Dr. Lacherbauer, seine Bedenken zurückzuziehen. Die Verordnung wird hierauf unverändert beschlossen.Dr. Ehard gibt bekannt, die Überlandwerke Unterfranken hätten über das Innenministerium Antrag gestellt,42 der Ministerrat möge der Zwangsenteignung von Grundstücken der Stadt Lohr zur Errichtung eines Schalthauses zustimmen.
MinisterpräsidentDr. Lacherbauer macht darauf aufmerksam, daß das Gesetz vom 1. 8. 1933,43 nach dem der Ministerrat zu beschließen habe, ein berüchtigtes Nazigesetz gewesen sei und man sich fragen müsse, ob es überhaupt gültig sei.44 Aber auch wenn das Kabinett zustimme, müßte der Beschluß besser gefaßt sein wie in der Vorlage und vor allem auch vollstreckbar sein. Er müsse die Frage stellen, wer die Entscheidung durchzuführen habe.
StaatssekretärDr. Ehard meint, das Kabinett könne nur die Zulässigkeit der Zwangsenteignung aussprechen. Besitzanweisung habe dann durch den Landrat zu erfolgen.
Ministerpräsident45
Die Herren Staatssekretäre Fischer und Dr. Lacherbauer einigen sich über den Wortlaut des Beschlusses, der sodann unverändert einstimmig angenommen wird.Dr. Ehard teilt mit, der Landtag habe auf Antrag des Abgeordneten Stiller46 beschlossen, dem Antrag, den staatlichen und kommunalen Behörden Handelstätigkeit – ausgenommen für den eigenen Bedarf – zu untersagen, zugestimmt.47 Er könne nicht recht feststellen, was mit diesem Antrag überhaupt gemeint sei. Eigentlich bedeute dieser Beschluß einen Eingriff in die Exekutive und der Landtag müsse, wenn er so etwas machen wolle, ein Gesetz erlassen. Zum mindesten müsse er aber genau angeben, was er eigentlich gemeint habe.
MinisterpräsidentDr. Müller macht darauf aufmerksam, aus diesem Antrag spreche der alte Kampf des Gewerbes gegen die Behörden, die für ihre Angestellten Waren einkaufen wollten. Schon früher habe sich der Reichstag mit dieser Sache beschäftigt.
StaatssekretärDr. Lacherbauer führt aus, der Antrag des Abgeordneten Stiller48 habe einen anderen Inhalt wie der Beschluß des Landtags. Er schlage vor, sich noch die nötige Klarheit zu beschaffen.
StaatssekretärDr. Ehard regt an, zunächst den Beschluß zur Kenntnis zu nehmen und sich zu vergewissern, was damit gemeint sei, wobei das Justizministerium die Sache überprüfen solle.
MinisterpräsidentDr. Ehard gibt bekannt, die politischen Parteien hätten sich wegen einer Sonderzuteilung an Bereifungen und Benzin für die Durchführung des Wahlkampfs an ihn gewendet. Er habe die Anträge an das Wirtschaftsministerium weitergegeben und lediglich bezüglich der Bereifung die Mitteilung erhalten, daß der Antrag an das Verkehrsministerium übergeben worden sei. Nun hätten die Parteien sich nochmals wegen des Benzins an ihn gewandt.
MinisterpräsidentGeiger erklärt, es sei ihm neu, daß die Parteien zusätzlich etwas bekommen hätten. Die Regelung sei so, daß jede im Landesrahmen zugelassene Partei im Monat 2000 l erhalte und weiter 10 000 l je nach der Parteigröße verteilt würden. Er bitte, ihm von der Staatskanzlei die Unterlagen zuzuleiten, damit er die Sache überprüfen könne.
StaatssekretärDr. Ehard gibt bekannt, er habe sich an das Landwirtschaftsministerium gewandt, weil die Militärregierung die Bestellung eines Sonderbeauftragten für das Grubenholzprogramm vorgeschlagen habe. An sich sei er nicht dafür, für dieses Gebiet wieder einen besonderen Beauftragten51 einzusetzen.
MinisterpräsidentSühler führt aus, es hätten schon verschiedentlich Besprechungen aller beteiligten Ministerien stattgefunden und er werde neuerdings eine Besprechung ansetzen, um eine möglichst reibungslose Durchführung des Programms zu bewerkstelligen.
StaatssekretärDr. Ehard verliest eine Vormerkung über ein Angebot der spanischen Regierung, bayerische Kinder mehrere Monate nach Spanien einzuladen.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer teilt dazu mit, die Einladung gehe von katholischen Kreisen aus, bei denen man alle notwendigen Voraussetzungen für gegeben betrachten könne. Er würde es begrüßen, wenn der Ministerrat seine Zustimmung zu diesem Angebot erteilen würde.
StaatsministerDer Ministerrat beschließt sodann einstimmig, die Einladung anzunehmen, nach Maßgabe der in der Vormerkung niedergelegten Bedingungen.
Fischer teilt mit, er habe heute eine Besprechung mit Mr. Fitzwilliams gehabt, wobei er feststellen mußte, daß die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) von OMGUS weitgehend unterstützt würden.52 Natürlich habe er alles nur irgend Erdenkliche dagegen eingewandt. Ob es einen Erfolg haben werde, müsse leider dahingestellt bleiben.
Staatssekretär1. Ministerialrat Dr. Friedrich53
Der Ministerrat stimmt der Ernennung des Ministerialrats Dr. Friedrich zum Oberverwaltungsgerichtsrat zu.
2. Professor Dr. Krieg
54 zum ersten Direktor der Staatlichen Sammlung für Naturkunde.55
Der Ministerrat erhebt keine Einwendungen gegen die Ernennung des Direktors der Zoologischen Staatssammlung Professor Dr. Krieg,3. Wiedereinstellung und Versetzung in den Ruhestand des früheren Ministerialrats Mezger56
Dr. Kraus erklärt, er kenne Ministerialrat Mezger gut aus seiner früheren Tätigkeit und habe deshalb schon früher Bedenken geltend gemacht. Zweifellos sei er ein eifriger PG gewesen und habe Wert darauf gelegt, als solcher zu gelten. Er müsse sich auf den Standpunkt stellen, daß Mezger noch zu warten habe. Seiner Ansicht nach könne er noch gut an einer Behörde als Vertragsangestellter arbeiten.
Staatsminister57
Der Ministerrat beschließt daraufhin, die Wiedereinsetzung und Versetzung in den Ruhestand des früheren Ministerialrats Mezger abzulehnen, ferner, daß das B. Staatsministerium des Innern prüfen solle, ob nicht eine Tätigkeit als Vertragsangestellter in Frage komme.4. Aufnahme in das Beamtenverhältnis des Referenten Dr. Michalke58 vom B. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ministerpräsident Dr. Ehard betont, daß Dr. Michalke seit dem Jahre 1945 im Landwirtschaftsministerium tätig sei und dort gute Arbeit geleistet habe.59 Er sei bereits seit dem Jahre 1925 in Schlesien im Behördendienst gewesen. Seine Aufnahme in das Beamtenverhältnis sei dort aus politischen Gründen, insbesondere wegen der jüdischen Abstammung seiner Ehefrau, abgelehnt worden.60
Dr. Kraus entgegnet, er habe die Sache selbst geprüft und es sei nicht nachgewiesen, daß er aus politischen Gründen nicht Beamter geworden sei. Dr. Michalke sei bereits 58 Jahre und er könne die Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht verantworten. Wenn man hier eine Ausnahme mache, müsse man mit einer Unzahl von ähnlichen Anträgen und Beschwerden rechnen.61
StaatsministerSühler weist darauf hin, daß Dr. Michalke eine der besten Fachkräfte in seinem Ministerium sei.
StaatssekretärDr. Lacherbauer gegen die Übernahme gewandt hat, beschließt der Ministerrat mit Mehrheit, den Antrag abzulehnen.
Nachdem sich auch StaatssekretärDr. Ehard erinnert daran, daß diese Frage bereits in der letzten Ministerratssitzung behandelt worden sei.62
MinisterpräsidentDr. Hundhammer weist darauf hin, daß die in Frage kommenden Herren zum größten Teil schon seit 3 Jahren ihre Aufgaben gut erfüllt hätten, so daß sie ein moralisches Anrecht darauf hätten, die Beförderung unabhängig von ihrem Lebensalter zu bekommen. Wenn sie nicht befördert werden könnten, müßte er sie pensionieren, an ihrer Stelle neue Schulräte ernennen und der Staat hätte so auch finanziell keinerlei Vorteil.
StaatsministerDr. Ehard erkundigt sich, ob man bei ihrem Ausscheiden die freiwerdenden Stellen überhaupt mit geeigneten einheimischen Kräften besetzen könne.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer antwortet, man suche in seinem Ministerium krampfhaft nach Schulräten und habe größte Schwierigkeiten, geeignete und zuverlässige Bayern zu finden.
StaatsministerDr. Kraus wendet ein, es handle sich hier um eine grundsätzliche Frage.
StaatsministerBei der Abstimmung erklärt sich die Mehrheit des Kabinetts für die Ernennung der Schulräte zu planmäßigen Schulräten.
Dr. Kraus erklärt darauf ausdrücklich, er müsse den Ministerrat warnen, die Personalpolitik des Finanzministeriums durch solche Beschlüsse zu durchkreuzen.
StaatsministerEs wird sodann ausdrücklich festgestellt, daß die Schulräte ihre Stellen schon lange Zeit inne haben und der Ministerrat nur deshalb der Auffassung sei, hier eine Ausnahme machen zu können.