Ministerpräsident Dr. Hoegner, Stv. Ministerpräsident und Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Innenminister Dr. Geislhöringer, Justizminister Dr. Koch, Kultusminister Rucker, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Bezold, Arbeitsminister Stain, Staatssekretär Vetter (Innenministerium), Staatssekretär Eilles (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Panholzer (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Simmel (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Weishäupl (Arbeitsministerium), Staatssekretär Dr. Haas (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).
I. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bayer. Ärztegesetzes. II. Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der Dienst- und Versorgungsbezüge der aus Kriegsgefangenschaft heimgekehrten oder noch in Kriegsgefangenschaft befindlichen Beamten, Angestellten und Arbeiter und der Hinterbliebenen von kriegsgefangenen Beamten (Gesetz über Kriegsgefangenenbezüge). III. Pariser Universitätswoche in München vom 14. bis 19. Februar 1955. IV. Ehrensold für die Inhaber der Bayer. Tapferkeitsmedaille, des Bayer. Militär-Max-Josephs-Ordens und des Militär-Sanitätsordens. V. Kur- und Erholungsfreiplätze. VI. Atom-Institut in München. VII. Verkauf der Anteile des Bayerischen Staates an der Maxhütte AG. VIII. Personalangelegenheiten. IX. Interpellation der Fraktion der Christlich-Sozialen Union betreffend Schutz der Beamtenschaft. X. Presseverlautbarungen. XI. Fragestunde des Bayer. Landtags. XII. CSU-Correspondenz vom 6. Januar 1955. XIII. Zeitschrift „Die Anklage“. XIV. Schreiben des Veteranen- und Kriegervereins Steingaden. XV. Bundesverwaltungsgerichtsordnung. XVI. Empfang der Bayerischen Staatsregierung am 11. Januar 1955. XVII. Veranstaltungen. XVIII. Antrittsbesuche des Ministerpräsidenten in Bonn.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß das Staatsministerium des Innern diesen bereits dem alten Landtag vorgelegten Gesetzentwurf2 jetzt neuerdings unverändert dem Ministerrat zur Weiterleitung an Landtag und Senat vorgelegt habe. Allerdings habe Herr Staatssekretär Weishäupl in der Kabinettssitzung vom 21. Dezember 1954 Bedenken geltend gemacht und empfohlen, den Entwurf nochmals zu überarbeiten.
Staatssekretär Weishäupl bemerkt, er habe zwar eine Denkschrift mit den Einwendungen des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge ausgearbeitet, es sei jedoch auch möglich, auf die Bedenken erst bei der künftigen Beratung im Landtag hinzuweisen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, Entwürfe müßten bereits im Ministerrat endgültig geklärt sein, es gehe nicht an, daß die einzelnen Ressorts während der Verhandlungen im Landtag abweichende Meinungen vertreten. Er bitte deshalb Herrn Staatssekretär Weishäupl, die Denkschrift dem Staatsministerium des Innern zur alsbaldigen Stellungnahme zu übermitteln, erst wenn die Äußerung des Innenministeriums vorliege, könne dann im Ministerrat abgeschlossen werden.
Staatsminister Stain fügt hinzu, auch ihm gegenüber seien Einwendungen von Seiten der Berufsvertretung der Zahnärzte gemacht worden.
Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf erst wieder zu behandeln, wenn das Staatsministerium des Innern zu den Vorschlägen des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge Stellung genommen habe.3
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß dieser Gesetzentwurf im Ministerrat vom 10. August 1954 besprochen, aber nicht endgültig verabschiedet worden sei, da man noch einen gemeinsamen Vorschlag des Justiz- und Finanzministeriums über die Behandlung der Landsberger Häftlinge für erforderlich gehalten habe.5
Leider sei der neue Entwurf vom Staatsministerium der Finanzen nun doch vorgelegt worden, ohne daß eine Absprache mit dem Staatsministerium der Justiz stattgefunden habe.6 Infolgedessen sei er der Meinung, daß heute kein Beschluß gefaßt werden könne.
Staatsminister Dr. Koch erklärt, eine Klärung zwischen den beteiligten Ministerien könne ohne große Schwierigkeit innerhalb von acht Tagen erfolgen, sodaß dieser Punkt schon in der nächsten Sitzung behandelt werden könne.
Der Ministerrat beschließt, die Besprechung dieses Gesetzes bis zur Sitzung vom 18. Januar 1955 zurückzustellen.7
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, der Rektor der Universität München, Herr Professor Dr. Marchionini, habe ihm zunächst bei einem Besuch und dann schriftlich mitgeteilt, daß Mitte Februar eine Delegation von 30 Universitätsprofessoren aus Paris unter Führung des Rektors der dortigen Universität einer Einladung der Universität München folgend hier eintreffen werde.9 Die Delegation werde ungefähr eine Woche in München bleiben; vorgesehen seien Vorlesungen an der Universität, Empfänge usw. Der Rektor betone, diese Woche soll nicht nur wissenschaftlichen Zwecken dienen, sondern auch dazu beitragen, die kulturellen und menschlichen Beziehungen zwischen München und Paris enger zu knüpfen. Es werde nun die Bitte an die Bayer. Staatsregierung gerichtet, der Universität München für die Durchführung der Woche einen Betrag von etwa 20 000 DM zu bewilligen. Für eine entsprechende Zahl von Münchner Hochschullehrern sei übrigens in absehbarer Zeit ein Gegenbesuch in Paris vorgesehen, dessen Kosten von den Franzosen übernommen würden.
Der Allgemeine Studentenausschuß der Universität München habe für die gleiche Zeit 25 Vertreter der studentischen Selbstverwaltung der Sorbonne eingeladen, die hiefür anfallenden Kosten würden auf 4375 DM beziffert. Auch der ASTA der Universität bitte nun die Bayerische Staatsregierung um eine finanzielle Unterstützung.10
Staatsminister Rucker fügt hinzu, er habe mit verschiedenen französischen Persönlichkeiten, u.a. mit dem Direktor des Kultusinstituts in München, gesprochen. Das Programm habe sich insofern geändert, als nun zweimal je 10 Professoren nach München kämen, jeder werde in der Universität zwei Vorträge halten.
Er sei deshalb der Meinung, daß sich die Kosten erheblich verringern würden. Vor allem aber habe er dem Rektor der Universität empfohlen, die offiziellen Veranstaltungen möglichst ausfallen zu lassen und sich auf die Vorträge in der Universität zu beschränken.
Staatsminister Zietsch stellt fest, was den Zuschuß betreffe, so könne dieser nur aus zwei Titeln im Einzelplan XIII genommen worden; der erste Titel laute: Außergewöhnlicher Aufwand aus dienstlichen Gründen in besonderen Fällen; seine Höhe betrage 45 000 DM, wovon noch etwa 27 000 DM zur Verfügung stünden.
Der zweite Titel sei bestimmt „für unvorhergesehene Zwecke, für die andere planmäßige Mittel nicht veranschlagt sind.” Dieser Titel sei bereits restlos ausgegeben worden.
Ein Zuschuß von 20 000 DM komme keinesfalls in Betracht, über eine geringere Zuwendung lasse sich dagegen reden. Im übrigen halte er es eigentlich für richtig, wenn diese beiden Titel aus dem Haushalt des Finanzministeriums herausgenommen und auf die Staatskanzlei überführt würden.
Ministerpräsident Dr. Hoegner wendet sich gegen diesen Vorschlag und bemerkt, an sich sei der Plan des Rektors sehr zu begrüßen, seines Erachtens dürfe er nicht an der Kostenfrage scheitern.
Staatssekretär Dr. Meinzolt empfiehlt, sich von Herrn Rektor Dr. Marchionini einen Kostenvoranschlag vorlegen zu lassen, er werde dann selbst zu der Überlegung kommen, welche Veranstaltungen wirklich unbedingt notwendig seien. Er stimme mit Herrn Staatsminister Rucker darin überein, daß allzu viel Repräsentation vermieden werden solle.
Staatsminister Rucker hält einen Betrag von 10 000 DM für ausreichend, aus dem allerdings auch die Studenten bedacht werden müßten.
Staatsminister Zietsch schlägt vor, das Kultusministerium möge sich überlegen, wie diese Woche finanziert werden könne, den Restbetrag könne dann das Staatsministerium der Finanzen aus den schon erwähnten Mitteln übernehmen, jedoch dürfe der Betrag nicht höher als 5000 DM sein.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths meint, wenn der ASTA für seine französischen Gästen die Kosten auf 5000 DM beziffere, müsse ein gleicher Betrag auch für die Professoren ausreichen.
Der Ministerrat stimmt dem Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Dr. Meinzolt, zunächst eine Kostenaufstellung des Rektors der Universität München einzuholen, zu.11
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert an die von Bayer. Landtag am 27. Oktober 1954 auf Grund von Anträgen des damaligen Herrn Abg. Dr. Geislhöringer und des Herrn Abg. Elsen gefaßten Beschlüsse, wonach die Staatsregierung ersucht werde, Gesetzesvorlagen auszuarbeiten, durch welche
a) die im Jahre 1945 eingestellte Zahlung des Ehrensolds von 20 DM im Monat an die Inhaber der Bayer. Tapferkeitsmedaille wieder eingeführt
und
b) die Zahlung des Ehrensolds an die Träger des Bayer. Militär-Max-Joseph-Ordens und des Militär-Sanitätsordens wieder aufgenommen werden solle.13
Die Beschlüsse seien am 5. November 1954 dem zuständigen Staatsministerium der Finanzen zur weiteren Veranlassung übermittelt worden.
Am 23. November 1954 habe das Staatsministerium des Innern in einer Note an das Bundesministerium des Innern festgestellt, daß eine Verpflichtung des Bayer. Staates zur Zahlung des Ehrensolds nicht anerkannt werden könne, die Bayer. Staatsregierung aber bereit sei, entsprechend den Landtagsbeschlüssen eine bayerische Regelung zu treffen, die allerdings nur die Zeit bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Bundesregelung überbrücken könne.14
Staatsminister Dr. Geislhöringer erklärt, die Vertreter der Inhaber dieser Auszeichnungen seien neuerdings zu ihm gekommen mit der Frage, was in der Zwischenzeit geschehen sei.
Er empfehle, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, nachdem vom Bund zunächst doch nichts zu erwarten sei. Allerdings sei einzuräumen, daß die Zuständigkeitsfrage nach wie vor offen sei.
Für die Inhaber der Tapferkeitsmedaille werde jährlich ein Betrag von etwa 200 000 DM benötigt, die Zahl der Inhaber werde sich aber naturgemäß von Jahr zu Jahr verringern.
Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, die grundsätzliche Bedeutung der Frage, ob nun der Bund oder die Länder die Zahlung des Ehrensolds übernehmen müßten, liege darin, daß es sich gleichzeitig um das Verhältnis Bund – Länder hinsichtlich der Orden und Ehrenzeichen überhaupt15 handle. In einem Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums sei eine Bestimmung vorgesehen, auch die Zuständigkeit der Länder auf diesem Gebiet zu regeln, für eine solche Bestimmung fehle aber dem Bund jede Zuständigkeit. Wenn man allerdings die Übernahme der finanziellen Verpflichtungen durch den Bund verlange, werde man nur unter Schwierigkeiten dem Bund die Zuständigkeit auf dem gesamten Gebiet: Orden und Ehrenzeichen verweigern können.
Staatsminister Zietsch meint, es stehe doch fest, daß bei militärischen Orden jedenfalls keine Zuständigkeit der Länder mehr bestehe.
Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, sicher sei an sich der Bund verpflichtet zu zahlen, nachdem er sich aber vorerst weigere, sei es Ehrensache des Bayerischen Staates, den Ehrensold selbst zu übernehmen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer weist darauf hin, daß der Ehrensold für die Inhaber der Tapferkeitsmedaille bis 1925 aus Staatsmitteln gezahlt worden sei, während der Militär-Max-Joseph-Orden eine Stiftung gewesen sei, die über ein eigenes Vermögen verfügt habe. Ab 1925 sei dann die Zahlung durch das Reich mit Zustimmung Bayerns übernommen worden und zwar bis zum Jahre 1945. Eine amerikanische Verordnung, welche die Zahlung eingestellt habe, sei in der Zwischenzeit wieder aufgehoben worden, so daß jetzt praktisch wieder Status quo bestehe.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, zunächst endgültig festzustellen, ob der Bund gewillt sei, die Zahlungen weiter zu übernehmen. Wenn er es nicht tue, müsse auch seiner Auffassung nach der Bayerische Staat diese Ehrenpflicht erfüllen.
Er wundere sich allerdings, daß die Inhaber der Silbernen Tapferkeitsmedaille mit denen der Goldenen Tapferkeitsmedaille gleichgestellt seien. Wenn Bayern die Zahlung übernehme, müsse man wohl auf die frühere bayerische Regelung zurückgehen und zwischen den beiden Arten von Medaillen einen Unterschied machen. Jedenfalls müsse festgestellt werden, wie es früher gehandhabt worden sei. Federführend für die Behandlung dieser Fragen sei das Staatsministerium des Innern.16
Staatsminister Zietsch fügt hinzu, wenn die Belastung nicht mehr wie ¼ Million DM jährlich betrage, werde sich das Finanzministerium nicht dagegen sträuben. Er bitte aber das Innenministerium, sich bei der Prüfung der Fragen mit dem Staatsministerium der Finanzen in Verbindung zu setzen.
Ob wirklich ein Unterschied zwischen den Inhabern der Goldenen und der Silbernen Tapferkeitsmedaille gemacht werden solle, bezweifle er für seine Person.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, der Unterschied habe immer bestanden und er bitte nochmals zu prüfen, wie es früher gewesen sei.
Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.17
Ministerpräsident Dr. Hoegner nimmt Bezug auf einen in der Presse veröffentlichten Aufruf des Verbands der Heimkehrer, Kur- und Erholungsfreiplätze für Frauen und Kinder von Heimkehrern zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang empfehle er, daß sich die beteiligten Ministerien schon jetzt Gedanken darüber machen, auf welche Weise im kommenden Sommer möglichst viele derartige Erholungsfreiplätze auch für Kinder und Jugendliche gefunden werden könnten. Bekanntlich habe die Regierung der Sowjetzone im vergangenen Sommer, besonders in den hochwassergeschädigten Gebieten,19 eine rege Tätigkeit entfaltet und zahlreiche Eltern dazu bewogen, ihre Kinder zur Erholung in die Sowjetzone zu schicken.20 Er bitte das zuständige Staatsministerium des Innern, die Verbindung mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege aufzunehmen und nach Möglichkeit mitzuwirken, daß derartige Dinge vermieden werden.
Staatssekretär Vetter antwortet, das Landesjugendamt überlege schon einen weit gesteckten Plan für das Jahr 1956, es seien aber höhere Mittel als bisher erforderlich. Wenn man nicht selbst für Erholungsplätze sorge, könne man kommunistische Kinderverschickungen21 nicht verhindern. Wichtig sei vor allem die Aufnahme in Familien, nachdem Plätze in Heimen usw. kaum mehr vorhanden seien.
Staatsminister Zietsch bezeichnet es als Aufgabe der Verbände, hier tätig zu werden, der Staat selbst könne und dürfe nicht allzu sehr mit öffentlichen Mitteln einspringen. Die Verbände müßten eben an die Öffentlichkeit herantreten und für solche Zwecke Beiträge sammeln.
Staatssekretär Vetter stellt fest, daß mit den Verbänden bereits gesprochen worden sei. Der im Haushalt des Innenministeriums ausgeworfene Betrag von 80 000,- DM sei aber zu gering, zumal es notwendig sei, auch Personenkreise einzubeziehen, die bisher noch nicht berücksichtigt worden seien. Er stimme der Auffassung des Herrn Staatsministers der Finanzen zu, daß die Schaffung von Erholungsfreiplätzen in erster Linie Sache der Verbände sei, die Mithilfe des Staates, die aber Mittel erfordere, sei jedoch22 unentbehrlich.
Auch Ministerpräsident Dr. Hoegner spricht sich für besonders zweckgebundene Zuschüsse aus und rät, mit der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände, am besten über Herrn Pater Rösch SJ., in Verbindung zu treten.
Staatssekretär Simmel meint, man könne sich auch mit dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen verständigen, das über hohe Mittel verfüge.
Dieser Vorschlag findet allgemeine Zustimmung.
Abschließend bittet Ministerpräsident Dr. Hoegner in der besprochenen Form zu verfahren und festzustellen, welcher Staatszuschuß allenfalls für die vermehrte Beschaffung von Freiplätzen erforderlich sei. Wenn es notwendig werde, müßten eben außerordentliche Maßnahmen ergriffen werden, da alles zu tun sei, um den Mißbrauch der Jugend zu verhindern.23
Staatsminister Zietsch führt aus, die Verhandlungen über das entweder in München oder in Karlsruhe zu errichtende Atom-Institut der Max-Planck-Gesellschaft seien nun soweit gediehen, daß die Entscheidung, die beim Bundeskanzler liege, bald getroffen werden könne, Professor Heisenberg habe sich persönlich für München entschieden. Als Platz für sein Institut sei das Gelände des Universitäts-Sportplatzes an der Ungererstraße vorgesehen, das im Erbbaurecht zur Verfügung gestellt werden könne. Der sogenannte Atom-Meiler selbst könne auf einem Gelände der Stadt München in der Nähe von Ismaning errichtet werden.
Es ergebe sich nun die Frage, ob die Vorarbeiten schon so weit gediehen seien, daß man zu Gunsten Münchens auf die zuständigen Stellen in Bonn verstärkt einwirken müsse?
Staatssekretär Dr. Meinzolt antwortet, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe mit dem Wirtschaftsministerium vereinbart, daß dieses versuchen solle, Herrn Bundesminister Dr. Erhard zu gewinnen, der allerdings als Abgeordneter von Baden-Württemberg mehr zu Karlsruhe neige. Professor Heisenberg sei in der Tat für München und auch mit der Errichtung eines Erbbaurechts einverstanden. Was den Bundeskanzler betreffe, der die letzte Entscheidung fälle, so sei dieser mehr für Karlsruhe, man müsse aber versuchen, noch an ihn heranzukommen. Vielleicht sei es möglich, einen entsprechenden Versuch über Herrn Staatssekretär Prof. Hallstein zu machen.
Staatsminister Bezold teilt mit, er fahre am 15. Januar nach Bonn und werde versuchen, mit dem Bundeswirtschaftsminister Fühlung aufzunehmen, ebenso werde Herr Ministerialdirektor Dr. Heilmann mit ihm bekannten Herren in dessen Ministerium sprechen. Außerdem werde er versuchen, bei einem Besuch bei Herrn Reusch etwas zu erreichen. Ob freilich die Möglichkeit bestehe, Herrn Erhard und Herrn Reusch zu überzeugen, stehe dahin.
Staatssekretär Dr. Guthsmuths fügt hinzu, die Entwicklung sei insofern schon weitergegangen, als jetzt eine Studiengesellschaft gegründet worden sei, in der drei bayerische Vertreter sein sollten. Näheres habe er noch nicht herausgebracht. Offenbar habe aber die Gesellschaft ein weitgehendes Vorschlagsrecht hinsichtlich der Standorte der Atom-Meiler. Es scheine, daß der Bundeskanzler diese Studiengesellschaft ins Leben gerufen habe, um den Wettlauf der Länder zu vermeiden. Er halte es für möglich, über die drei bayerischen Vertreter doch zu einem gewissen Einfluß zu gelangen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner bittet abschließend, die Versuche zugunsten Münchens weiter fortzusetzen und jeweils das Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu verständigen, das in dieser Sache federführend sei.25
Staatsminister Dr. Geislhöringer kommt dann auf die Frage des Verkaufs der Staatsanteile an der Maxhütte AG zu sprechen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, daß der Koalitionsausschuß gestern einen Beschluß über den Verkauf gefaßt habe, der auch die Möglichkeit, die Anteile an Herrn Flick zurückzuverkaufen, vorsehe.27
Staatsminister Zietsch bedauert, an der Sitzung nicht teilgenommen zu haben und bemerkt, bisher liege ihm noch kein Angebot vor. Er müsse überhaupt bezweifeln, ob es zweckmäßig sei, jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt, die Beteiligung an der Maxhütte aufzugeben.
Staatsminister Bezold verweist demgegenüber auf das vom Landtag beschlossene Gesetz.28
Staatsminister Zietsch erwidert, man sei sich offensichtlich doch nicht ganz über die Tragweite klar gewesen. Er habe den Eindruck, daß doch nochmals alle Gründe eingehend geprüft werden sollten, die vorerst gegen eine Veräußerung sprächen.
Er bitte, ihm Gelegenheit zu geben, diese Gründe nochmals vortragen zu können. Wenn der Ministerrat trotzdem den Verkauf beschließe, so sei natürlich die Sache für das Staatsministerium der Finanzen erledigt.
Ministerpräsident Dr. Hoegner schließt sich an und empfiehlt, dem Herrn Staatsminister der Finanzen die Gelegenheit zu geben, die Gründe vor dem Koalitionsausschuß und dem Kabinett vorzutragen.
Es wird vereinbart, am Montag, den 17. Januar 1955, abends 19 Uhr 30, im Ministerratssaal eine Sondersitzung über diesen Punkt abzuhalten, zu der auch die Fraktionsvorsitzenden eingeladen werden sollen.
Eine schriftliche Einladung zu dieser Sitzung wird nicht ergehen.29
1. Ernennung des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Dr. Hermann Miesbach zum Präsidenten des Landessozialgerichts
Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, dieser Punkt müsse zurückgestellt werden, da das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge diesen Ernennungsvorschlag bisher noch nicht wieder eingereicht habe.30
2. Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Georg Müller zum Ministerialrat im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Baumgartner wird beschlossen, den Regierungsdirektor Dr. Georg Müller zum Ministerialrat im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu ernennen.
3. a) Ernennung des neuen Präsidenten des Landesarbeitsamts Südbayern31
b) Wahl eines Nachfolgers für Herrn Staatsminister a.D. Dr. Oechsle als Mitglied des Vorstands der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung32
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Fernschreiben des Bayer. Bevollmächtigten in Bonn, Ministerialdirektor Leusser, über ein Gespräch mit Herrn Bundesarbeitsminister Storch. Dieser habe u.a. erklärt, Vizepräsident May vom Landesarbeitsamt Nordbayern könne nicht mit der vorläufigen Leitung des Landesarbeitsamtes Südbayern betraut werden, da er in Nürnberg unentbehrlich sei. Außerdem habe der Präsident der Bundesanstalt mit der vorläufigen Leitung schon Ministerialrat Dr. Riegler beauftragt, es stehe allerdings nicht fest, ob er endgültig zum Präsidenten ernannt werde.33
Herr Leusser habe außerdem mit dem Bundesarbeitsminister über die Nachfolge des Herrn Staatsministers a.D. Dr. Oechsle gesprochen. Herr Storch habe erklärt, er halte es für durchaus möglich, daß der Bundesrat Herrn Staatsminister Stain als Nachfolger Dr. Oechsles und Herrn Staatssekretär Weishäupl als stellvertr. Mitglied des Verwaltungsrats der Bundesanstalt vorschlage, doch könnten auch Bedenken erhoben werden mit der Begründung, daß die beiden Herren noch nicht über genügend Erfahrung verfügten.
Herr Leusser empfehle, die Angelegenheit mit dem Sozialpolitischen Ausschuß des Bundesrats, der noch in dieser Woche tage, zu besprechen und davon abhängig zu machen, welche Haltung im Plenum des Bundesrats eingenommen werde.
Er bitte, von diesem Fernschreiben Kenntnis zu nehmen. Wie stehe es aber mit Herrn Staatsminister a.D. Dr. Oechsle? Habe er tatsächlich seinen Rücktritt bereits erklärt?
Staatssekretär Weishäupl bejaht diese Frage. Herr Dr. Oechsle habe ausdrücklich gesagt, daß er ausscheiden wolle, dies sei auch der Grund für das Arbeitsministerium gewesen, seinen neuen Vorschlag zu machen.
Staatsminister Zietsch gibt zu bedenken, daß offenbar noch keine schriftliche Rücktrittserklärung vorliege, er halte diese für unbedingt erforderlich.
Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt zu und empfiehlt, erst dann an den Bundesrat wegen der Nachfolge heranzutreten, wenn die Frage des Rücktritts sowohl von Herrn Staatsminister a.D. Dr. Oechsle wie von Herrn Staatssekretär a.D. Krehle eindeutig geklärt sei.34
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, in welcher Weise er beabsichtige, diese Interpellation der CSU zu beantworten. Seine Äußerungen in der ersten Pressekonferenz seien zum Teil in der Presse unzutreffend wiedergegeben worden, zum Teil habe man sie völlig mißverstanden.36
Andererseits habe es den Anschein, als ob die von der CSU in der Vergangenheit betriebene Personalpolitik einseitig gewesen sei.37 Er bitte die Herren Minister und Staatssekretäre, ihm entsprechendes Material zuzuleiten, damit man den Interpellanten entsprechend entgegentreten könne.
Staatsminister Bezold empfiehlt, zunächst die Antwort darauf abzustellen, daß Einzelfälle nicht genannt würden. Man könne ja sehen, wie sich die Aussprache entwickle und dann entsprechende Unterlagen bringen. Im übrigen seien ja bisher Veränderungen überhaupt nicht vorgenommen worden.38
Ministerpräsident Dr. Hoegner ersucht darum, keine Verlautbarungen in die Presse zu bringen, die den Anschein erwecken könnten, als seien sie gegen die Koalitionspolitik gerichtet. So sei z.B. im „Münchner Merkur" vom 10. Januar 1955 unter der Überschrift: „Finanzsorgen um Lehrerbildungsreform” eine Mitteilung erschienen, in der erklärt werde, die Reform der Lehrerbildung werde auf große finanzielle Schwierigkeiten stoßen, nachdem für Baumaßnahmen allein etwa 26 Mio DM erforderlich seien.39
Staatsminister Zietsch erwidert, die Veröffentlichung sei von ihm nicht veranlaßt worden, er werde die Angelegenheit nachprüfen lassen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, die Wirkung dieser Verlautbarung sei gewesen, daß in der heutigen Nummer des Münchner Merkurs bereits eine Gegenäußerung des Lehrerverbands erschienen sei.40 Er bitte nochmals, jede Veröffentlichung sorgfältig zu überlegen und dafür Sorge zu tragen, daß sie in Übereinstimmung mit den Koalitionsgrundsätzen stehe.41
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben des „Landtagsdienstes“, in dem gebeten werde, daß in Zukunft alle Ministerien, wie bisher schon das Staatsministerium des Innern, den Text und die Beantwortung der kurzen Anfragen schon vorher dem Landtagsdienst zugänglich machen möchten.
Er bitte, diesen Wunsch zu erfüllen und dem Landtagsdienst zur Erleichterung seiner Arbeit nach Möglichkeit die auf die Anfragen zu erteilenden Antworten vorher zugänglich zu machen.
Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis
Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf eine statistische Untersuchung des Regierungsrats Schachtner (Statistisches Landesamt), die in der CSU-Correspondenz vom 6. Januar 1955 erschienen sei.42 Man könne diese Abhandlung, die aus dem Wahlergebnis eine Mehrheit für die CSU herauskonstruieren wolle, nur als merkwürdig bezeichnen. Jedenfalls sei eine völlig einseitige und tendenziöse Darstellung festzustellen.43 Nachdem Regierungsrat Schachtner dem Statistischen Landesamt angehöre, halte er es doch für notwendig, daß der Präsident des Amtes mit ihm über diesen Vorfall spreche.
Staatsminister Dr. Geislhöringer sichert zu, das Erforderliche veranlassen zu wollen.
Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert Herrn Staatsminister Dr. Koch daran, daß gegen den Herausgeber dieser Zeitschrift, die in Bad Wörishofen erscheine, seit Monaten ein Strafverfahren schwebe, nachdem sich die englische Regierung wegen eines England beleidigenden Aufsatzes in dieser Zeitschrift an die Bundesregierung gewandt habe.45 Er bitte den Herrn Staatsminister der Justiz, nach Möglichkeit dafür Sorge zu tragen, daß dieses Verfahren bald abgeschlossen werde.
Staatsminister Dr. Koch erwidert, er werde diesen Fall nachprüfen lassen.46
Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest ein Schreiben dieses Vereins, in dem die Frage gestellt wird, wie sich die Staatsregierung zum Problem der Wiederbewaffnung des deutschen Volkes stelle. Wenn überhaupt, werde er antworten, die neue Staatsregierung habe noch keine Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen.
Staatsminister Dr. Geislhöringer macht darauf aufmerksam, daß zur Zeit in den Ausschüssen des Bundestags für Rechtswesen und Verfassungsrecht sowie für Innere Angelegenheiten der Entwurf einer Bundesverwaltungsgerichtsordnung behandelt werde. Er halte es für zweckmäßig, wenn die Länder ihre Wünsche in den Ausschüssen vertreten könnten und schlage deshalb vor, den Präsidenten des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs, Herrn Dr. Kratzer, zu beauftragen, in diesen Ausschüssen die Auffassung der Bayer. Staatsregierung zu dem Entwurf vorzutragen. Allerdings werde sich gegebenenfalls Herr Dr. Kratzer darauf beschränken müssen, den ihm erteilten Weisungen entsprechend lediglich die Meinung der Staatsregierung und keine persönlichen Anschauungen zu vertreten.
Ministerialrat Dr. Gerner fügt hinzu, nachdem die Dienstaufsicht über den Verwaltungsgerichtshof noch bei Herrn Ministerpräsidenten liege, werde dieser den Auftrag erteilen müssen.
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß der Auftrag an Herrn Präsidenten Dr. Kratzer vom Herrn Ministerpräsidenten erteilt wird.48
Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt ein Schreiben des Herrn Kardinals von München-Freising bekannt, der für die Einladung zum Empfang am heutigen Abend danke, aber mit dem Hinweis auf die Ausführungen des Herrn Staatsministers Dr. Baumgartner im Rundfunk am 5. Januar 1955 absage.50
Er müsse diese Absage als einen ungewöhnlichen Vorgang betrachten und beabsichtige, noch heute darauf zu antworten.
Anschließend vorliest Ministerpräsident Dr. Hoegner den Entwurf des Antwortschreibens.51
Staatsminister Dr. Baumgartner stellt fest, er habe in seiner Rundfunkansprache ausdrücklich erwähnt, daß er nur als Landesvorsitzender der Bayernpartei spreche. Was die offenbar durch den Herrn Kardinal beanstandete Bemerkung über das Konkordat betreffe, so habe er sich lediglich auf eine seinerzeit im Gesetz- und Verordnungsblatt erschienene Bekanntmachung des damaligen Ministerpräsidenten Dr. Held bezogen, wonach der deutsche Text des deutschen Konkordats maßgebend sei. Er könne nicht umhin, hinter der Absage allgemeine politische Gründe zu vermuten.52
Der Ministerrat stimmt der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten, daß eine Antwort erteilt werden müsse, zu.
a) Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest eine Einladung des Gewerkschaftsbundes zur Eröffnung der Bundesschule in Niederpöcking.53 Er bitte den Herrn Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge, die Vertretung der Staatsregierung zu übernehmen.
b) Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, die Landeskonferenz des Landesbezirks Bayern des Deutschen Gewerkschaftsbundes werde am 15. und 16. Januar 1955 stattfinden, er werde an der Konferenz teilnehmen, bitte aber auch in diesem Fall Herrn Staatsminister Stain, dort zu sprechen.54 Bei dieser Gelegenheit wolle er Herrn Staatsminister Bezold daran erinnern, daß er es übernommen habe, auf der Kundgebung der Arbeitgeberverbände am 21. Januar 1955 für die Staatsregierung zu sprechen.
c) Staatsminister Dr. Geislhöringer macht auf die Einladung des Landesverbands der Pfälzer zum Pfälzerball am 21. Januar 1955 aufmerksam.55
Es wird festgestellt, daß keine Bedenken bestehen, dieser Einladung Folge zu leisten.
Zum Schluß der Sitzung unterrichtet Ministerpräsident Dr. Hoegner das Kabinett über seine Antrittsbesuche in Bonn. Zunächst habe er Herrn Ministerpräsident Altmeier als Präsident des Bundesrats besucht; bei der Besprechung, an der auch Herr Ministerpräsident Arnold teilgenommen habe, sei auch die Frage der Besetzung der Bundesratsausschüsse angeschnitten worden. Herr Arnold habe durchblicken lassen, daß er Wert auf den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuß lege, beide Herren seien aber durchaus damit einverstanden gewesen, daß der Wechsel im Vorsitz erst dann eintreten solle, wenn die Ausschüsse im Herbst neu verteilt würden.
Am Nachmittag habe er in Begleitung von Herrn Ministerialdirektor Leusser den Herrn Bundeskanzler besucht und sich längere Zeit im besten Einvernehmen über eine Reihe von Fragen unterhalten. Schließlich sei er noch vom Herrn Bundespräsidenten empfangen worden. Bei dieser Gelegenheit habe er auch über dessen Besuch am 20. Januar 1955 in München gesprochen.56 Die Staatsregierung werde übrigens an diesem Tag ein Abendessen geben, zu dem die Herren Kabinettsmitglieder eingeladen würden.