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Nr. 139Außerordentliche MinisterratssitzungMittwoch, 21. Januar 1953 Beginn: 19 Uhr 30 Ende: 22 Uhr 15
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirigent Dr. Baer (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirigent Dr. Traßl (Finanzministerium), Ministerialrat Dr. Barbarino (Finanzministerium).

Entschuldigt:

Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium).

I. Haushaltsplan des Bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 19531

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner eröffnet in Abwesenheit des Herrn Ministerpräsidenten die Sitzung und weist darauf hin, daß das Staatsministerium des Innern einem Beschluß des Ministerrats zufolge eine Aufstellung darüber anfertigen sollte, bei welchen Ansätzen der Haushalt des Ministeriums um 50 Millionen DM zu kürzen sei. Diese Aufstellung sei fertiggestellt worden, wahrscheinlich habe aber das Finanzministerium noch keinen Durchschlag, weshalb er jetzt Herrn Staatsminister Zietsch eine Abschrift überreichen wolle.2 Im einzelnen brauche darüber wohl nicht mehr gesprochen zu werden, er schlage deshalb vor, sich mit dem ao. Haushalt zu befassen. Das Staatsministerium der Finanzen habe in einem neuen Schreiben vom 20. Januar 1953 die Gründe zusammengefaßt, die gegen die Aufstellung eines ao. Haushalts sprächen.3

Staatsminister Zietsch führt aus, im Ministerrat vom 19. Januar sei beschlossen worden, daß sich die einzelnen Geschäftsbereiche darüber klar werden sollten, welche Etatansätze in einen ao. Haushalt übernommen werden könnten. Es seien dem Finanzministerium nur Vorschläge des Staatsministeriums des Innern zugegangen, während alle anderen Vorschläge die Einnahmenansätze mit herübernehmen. Damit sei aber nicht gedient. Insgesamt könnten 12,272 Millionen DM in den ao. Haushalt herübergenommen werden, für die keine Deckung vorhanden sei. Das bedeute aber keine Entlastung des Fehlbetrags von 140 Millionen DM, zumal die Punkte, aus denen sich der erwähnte Betrag von 12 Millionen DM zusammensetze, zu den Differenzpunkten des Staatsministeriums des Innern gehörten. Alle anderen Posten würden mit ihren Einnahmebeträgen in den ao. Haushalt hinüberkommen, deshalb werde nach wie vor der Fehlbetrag von 223 547 000 DM bestehen bleiben. Nachdem Deckungsvorschläge in Höhe von 24 859 000 DM angeboten seien, werde sich ein endgültiger Fehlbetrag von 198 688 000 DM ergeben. Die Verbesserungsvorschläge des Innenministeriums könnten zwar mit 50 Millionen DM angesetzt werden, es verbleibe aber immerhin dann auch ein Defizit von rund 150 Millionen DM, wozu noch die 7 Millionen DM für die Ersatzleistung an die Verkehrsbetriebe für die Schwerbeschädigtenfreifahrt dazu käme.4

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt nachdrücklich fest, daß er bereits im Ministerrat vom 19. Januar 1953 den Sachverhalt aufgeklärt und nachgewiesen habe, daß diese 7 Millionen DM in den Einzelpl. XIII, nicht aber in den Haushalt des Staatsministeriums des Innern gehörten. Er sei zwar bereit, hiezu eine Million DM beizusteuern, zu größeren Zugeständnissen sei er aber in keiner Weise bereit. Er müsse seine Verwunderung darüber aussprechen, daß dieser Punkt heute wieder zur Sprache komme, nachdem er die Sache bereits am 19. Januar widerlegt habe.

Staatsminister Zietsch fährt dann fort, der Gesamtfehlbetrag betrage also rund 152 Millionen DM, er werde sich um etwa 12,2 Millionen DM auf 140 Millionen DM ermäßigen, falls ein ao. Haushalt aufgestellt werde, so daß man eigentlich wieder auf dem alten Stand angelangt sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard übernimmt den Vorsitz in der Kabinettssitzung.

Staatsminister Zietsch macht dann längere Ausführungen über die Herübernahme von Einnahmebeträgen in den ao. Haushalt.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, in den o. Haushalt gehörten doch alle laufenden Ausgaben hinein, die unbedingt finanziert werden müßten und könnten, während der ao. Haushalt den Aufgaben vorbehalten sei, die man zwar auch durchführen wolle, bei denen aber die Finanzierung noch nicht in Aussicht genommen werden könne. Wenn tatsächlich nur geringe Beträge in diesen Haushalt hineinkämen, lohne es sich natürlich nicht, ihn aufzustellen. Wenn es sich aber z.B. um 100 Millionen DM handle, müsse dem Parlament auch etwas über die Finanzierung mitgeteilt werden. So sei es doch auch immer in der Vergangenheit der Fall gewesen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, nach den ihm bekannten Merkmalen gehörten in den ao. Haushalt jene Aufgaben hinein, die nicht laufende Verwaltungsaufgaben seien, also insbesondere Neubauten; außerdem könne er nur aus anormalen Einnahmen oder aus Überschüssen des o. Haushalts gedeckt werden. In den letzten Jahren sei es auch vorgekommen, daß in dem ao. Haushalt als Einnahmen Mittel des o. Haushalts aufgeführt worden seien.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, entscheidend sei es, daß beim ao. Haushalt jetzt schon etwas über die Deckung gesagt werden müsse.

Staatsminister Dr. Schlögl bietet dann folgende Posten an:

Baumaßnahmen in Höhe von 1 800 000 DM
dazu noch zusätzlich 2 000 000 DM
von der Forstverwaltung,
sowie aus Baumaßnahmen der Forstverwaltung
454 000 DM
und schließlich noch
aus den Mitteln der Bodenreform,
6 500 000 DM
zusammen also 10 754 000 DM.

Nachdem wahrscheinlich erhebliche Bundesmittel für die Bodenreform bereitgestellt würden, sei der Betrag von 6,5 Millionen DM kein Risiko.

Staatsminister Zietsch bezweifelt, ob die von Herrn Staatsminister Dr. Schlögl gegebene Aufstellung in allen Punkten richtig sei.

Staatsminister Dr. Schlögl fährt fort, das Angebot an das Finanzministerium komme aus dem o. Haushalt in den ao. Haushalt, ohne daß eine Deckung vorhanden sei. Was die 2 Millionen DM Forsteinnahmen betreffe, so könne man darum den o. Haushalt erhöhen, oder, was ihm lieber sei, man könne 2 Millionen DM Mittel für die Aufforstung in den ao. Haushalt herübernehmen.

Er glaube, daß die Einnahmen bei den Forsten ziemlich hoch sein würden, wobei er allerdings bemerken müsse, daß ein in der Bayer. Staatszeitung erschienener Artikel nicht gerade günstig gewirkt habe.5

Staatsminister Dr. Oechsle stellt fest, er habe keineswegs die Illusion, daß alles, was in den ao. Haushalt hineingebracht werde, in diesem Jahr auch realisiert werden könne. Immerhin habe dies eine gute Wirkung nach außen, auch wenn die Möglichkeit, eine Anleihe aufzunehmen nicht verwirklicht werden könne. Allerdings sei zu überlegen, ob man unter diesen Umständen nicht besser gleich den o. Haushalt kürze.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für notwendig, zu einem Beschluß zu kommen, glaubt aber, daß mit einem Betrag von 22 Millionen DM, der bis jetzt höchstens zur Verfügung stehe, die Aufstellung eines ao. Haushalts unmöglich sei.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß im letzten Jahr 30 Millionen DM für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt gewesen seien und zwar zum erstenmal. Die Frage sei nun, ob der soziale Wohnungsbau in den o. oder in den ao. Haushalt gehöre. Wenn es sich nicht um laufende Ausgaben handle, wäre an sich das letztere der Fall.

Staatsminister Zietsch erwidert, das neue Haushaltsschema sehe für den Fall, daß kein ao. Haushalt aufgestellt werde, vor, daß alle an sich hinein gehörenden Aufgaben in einem eigenen Kapitel zusammengefaßt würden. An sich gehöre der Wohnungsbau wohl in den ao. Haushalt, wenn der Landtag darin aber entsprechende Beträge feststelle, werde er auch die Durchführung des Programms verlangen.

Staatsminister Dr. Seidel entgegnet, wenn ein o. Haushalt aufgestellt werde, der ein Defizit aufweise, müsse sich doch der Landtag darüber klar sein, daß dann für 140 Millionen DM keine Deckung vorhanden sei und möglicherweise eine Reihe von Dingen nicht durchgeführt werden könnten.

Staatsminister Zietsch verweist demgegenüber auf sein Schreiben vom 10. Januar 19536 und meint, es sei doch unter Umständen möglich, mit dem Fehlbetrag auf die Summe von 83,6 Millionen DM, also auf den Fehlbetrag von 1950 zurückzukommen; das bedeute, daß der Fehlbetrag leicht zu erklären sei und wenigstens die Garantie bestehe, daß jetzt der o. Haushalt wirklich finanziert werden könne. Wenn man aber einen Teil7 in einen ao. Haushalt hinüberschiebe, bestehe von vornherein die Gewißheit, daß er nicht durchgeführt werden könne.

Auf eine Anfrage von Staatsminister Dr. Seidel erwidert Staatsminister Zietsch, maßgebend sei seine Vorlage vom 10. Januar 1953. Darin sei vorgesehen, daß der Restfehlbetrag von 1950 in Erscheinung trete, das werde sich auch realisieren lassen.

Ministerpräsident Dr. Ehard bemerkt, vorläufig stehe man noch bei einem Fehlbetrag von 140 Millionen DM. Er müsse deshalb fragen, ob eine Möglichkeit bestehe, ihn herabzusetzen und wie das geschehen könne.

Staatsminister Dr. Schlögl wirft ein, im sozialen Wohnungsbau steckten doch Darlehen, die eigentlich in den ao. Haushalt gehörten.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß die Verhandlungen mit dem Innenministerium noch nicht endgültig abgeschlossen seien, wenn dieses beim Straßenbau usw. nachgebe, könne man weitere 25 Millionen DM einsparen.

Staatsminister Dr. Seidel betont, auch er halte es für möglich, auf einen Fehlbetrag von 83 Millionen DM zurückzugehen, dann müßte aber der Ergänzungshaushalt angenommen worden. Er selbst wäre durchaus damit einverstanden, wenn dies möglich wäre, dies sei aber s.E. nicht der Fall.

Staatsminister Zietsch fährt fort, es komme darauf an, eine Vorlage zustande zu bringen, die die Regierung Angriffen politischer Art nicht aussetze. Er bitte doch die Ergänzungsvorlage zu übernehmen, die immer noch abgeändert werden könne, wenn sich die Entwicklung in der nächsten Zeit besser übersehen lasse. Immerhin sei jetzt eine Reihe von Problemen zu lösen, so die Steuerreform8 und der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer.9 Die Steuersenkung werde voraussichtlich 120 Millionen DM betragen, während andererseits die Frage, ob der Bund nun 37 oder 40% erhalte, noch nicht entschieden sei. Wenn man einen Überblick habe, könne man sich wieder zusammensetzen und feststellen, was noch geschehen könne. Inzwischen werde sich auch Klarheit darüber ergeben, ob für 1952 ohne Fehlbetrag durchzukommen sei. Dann könne eine neue Vorlage gemacht werden, die auf der Ergänzungsvorlage aufgebaut sei und Verbesserungen vorsehe.

Staatsminister Dr. Seidel erwidert, man müsse nun einmal mit dem Landtag rechnen, der z.B. unter allen Umständen die um 31 Millionen DM gegenüber dem Vorjahre erhöhten Beiträge der Bezirksverbände zu den persönlichen Volksschullasten nicht hineinnehmen werde.10

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt zu und erklärt, die Steigerung dieser Beiträge von 21 auf 52 Millionen DM sei unmöglich, sie werde den stärksten Widerstand aller Verbände hervorrufen.

Staatsminister Dr. Oechsle schlägt vor, auf der Einnahmenseite eine Erhöhung um 20 Millionen DM Erträge aus den bayerischen Forsten vorzunehmen.

Staatssekretär Dr. Nerreter kommt nochmals auf die Erhöhung der Beiträge der Bezirksverbände zu sprechen und berichtet über eine Besprechung mit den Vertretern der Spitzenverbände.

Staatsminister Zietsch glaubt, wegen dieser Beiträge mit den Städten zurecht zu kommen, worauf Ministerpräsident Dr. Ehard feststellt, daß unter dieser Voraussetzung von einem Fehlbetrag von 140 Millionen DM ausgegangen werden könne. Wenn dann 20 Millionen DM Mehreinnahmen der Staatsforsten hinzukämen, verringere sich dieser auf 120 Millionen DM. Ein ao. Haushalt von 22 Millionen DM habe aber keinen Sinn, deshalb müsse eindeutig geklärt werden, ob der o. Haushalt auszugleichen sei und eine nennenswerte Summe in den ao. Haushalt einge­setzt werden könne. Dabei könne man ruhig sagen, hiefür bestehe als Deckung höchstens eine Anleihe, für die eine Möglichkeit und sogar eine Wahrscheinlichkeit gegeben sei. Wenn man das nicht sagen könne, habe es überhaupt keinen Sinn, damit anzufangen.

Staatsminister Dr. Seidel erkundigt sich, ob es nicht gelinge, einen ausgeglichenen o. Haushalt aufzustellen und einen ao. Haushalt, der zum Teil vorläufig nicht gedeckt werden könne.

Staatsminister Zietsch antwortet, dies sei im Prinzip möglich, man könne z.B. durchlaufende Mittel des Bundes oder Lastenausgleichsmittel hineinnehmen, wozu noch verschiedenes andere, wie z.B. die Mittel für die Rhein-Main-Donau11 kommen könnten.

Ministerpräsident Dr. Ehard bezweifelt es, ob dies sehr zweckmäßig sei.

Staatsminister Zietsch fährt fort, im o. Haushalt seien auch Baumaßnahmen aufgeführt, die nun einmal fortgeführt werden müßten und nicht in den ao. Haushalt gehörten.

Staatsminister Weinkamm erklärt zunächst, daß über den Einzelpl. XIII noch keine genügende Klarheit bestehe und kommt dann auf den ao. [Haushalt] zu sprechen. Er glaube, daß die Forstverwaltung tatsächlich noch 20 Millionen DM mehr aufbringen könne und außerdem eine Anleihe eingesetzt werden dürfe.

Ministerpräsident Dr. Ehard stimmt zu und hält es für durchaus möglich, 100 Millionen einzusetzen, von denen vielleicht die Hälfte finanziert sei.

Staatssekretär Dr. Nerreter macht darauf aufmerksam, daß auch Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann erst kürzlich gesagt habe, ein ao. Haushalt müsse aufgestellt werden, zumal die Möglichkeit einer Anleihe gegeben sei.

Staatsminister Weinkamm empfiehlt weiter, eine Anleihe von 50 Millionen DM als Einnahme im ao. Haushalt unterzubringen. Es müsse dann dafür gesorgt werden, daß in diesem ungefähr 50 Millionen DM finanzierbare Ausgaben seien, Ausgaben, die evtl. noch um ein Jahr verschoben werden könnten. In dieser Form werde es doch überall gemacht.

Was Herr Staatsminister Dr. Schlögl wegen der 30 Millionen DM für den Wohnungsbau ausgeführt habe, sei zweifellos richtig. Nachdem es sich hier um Darlehen handle, wäre durchaus zu überlegen, ob man sie in voller Höhe einsetzen oder lediglich die Zinsverbilligungen hereinnehmen müsse.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, man müsse wohl davon ausgehen, daß nichts wesentliches mehr bei den einzelnen Ressorts abgehandelt werden könne. Deshalb glaube er, es sei richtig, einen ao. Haushalt aufzustellen, bei dem eine Summe von wenigstens 50 Millionen DM im Augenblick nicht herübergenommen und finanziert werden könne. Dabei könne man erklären, vorläufig stünden Mittel nicht zur Verfügung, man habe aber begründete Aussicht auf eine Anleihe. Bestechend für ihn sei, daß durch einen ao. Haushalt im o. Haushalt die Abgleichung herbeigeführt werden könne und im ersteren die begründete Möglichkeit auf eine Anleihe aufgenommen werden dürfe.

Staatsminister Dr. Seidel hält es mit keinerlei Risiko verbunden, 50 Millionen DM einzusetzen, was von Herrn Staatsminister Dr. Oechsle bestätigt wird, der hinzufügt, es würden fortlaufend Gelder des sogenannten „Grauen Marktes“12 angeboten.

Staatssekretär Dr. Nerreter verweist darauf, daß das Staatsministerium des Innern freiwillig bei 50 Millionen DM nachgegeben habe, während noch 43 Millionen DM übrig blieben, die doch in den ao. Haushalt herübergenommen werden und durch eine Anleihe oder die Veräußerung einer Beteiligung finanziert werden könnten.

Staatsminister Weinkamm unterstützt diesen Vorschlag und führt aus, er halte es für durchaus möglich, einen Posten von 50 Millionen DM für eine Anleihe aufzunehmen, dazu kämen noch 20 Millionen DM Mehreinnahmen der Forstverwaltung und evtl. der Erlös aus der Veräußerung einer Beteiligung von etwa 25 Millionen DM, so daß immerhin fast 100 Millionen DM zur Verfügung stünden.

Staatsminister Zietsch zieht daraufhin Herrn Ministerialdirigenten Dr. Traßl und Herrn Ministerialrat Dr. Barbarino bei.

Staatsminister Zietsch kommt dann auf die staatlichen Hochbaumaßnahmen zu sprechen und betont, es handle sich hier ausschließlich um Maßnahmen, die fortgeführt werden müßten und unbedingt notwendig seien. Er halte es nicht für möglich, dort Ansätze zu finden, die verschoben werden könnten.

Ministerialdirigent Dr. Traßl fügt hinzu, die für Hochbaumaßnahmen angesetzten 25 Millionen DM seien das Minimum, das unbedingt geleistet werden müsse. Mit den einzelnen Ressorts sei darüber wochenlang verhandelt worden. Er halte es nicht für zweckmäßig, sie in einen ao. Haushalt herüberzunehmen, da dafür eine Deckung geschaffen werden müsse, die nicht fiktiv sein könne; die Aussichten für eine Anleihe halte er nicht für allzu günstig, nachdem ja im vorigen Jahr eine Anleihe von 200 Millionen DM aufgenommen worden sei, wozu noch das Staatsbankdarlehen von 120 Millionen DM komme.13

Staatsminister Dr. Seidel wirft ein, es gebe auch noch andere Möglichkeiten, Anleihen hereinzubekommen.

Ministerialdirigent Dr. Traßl macht darauf aufmerksam, daß einerseits die Staatsbank ihre Möglichkeiten erschöpft habe, während andererseits bei der Landeszentralbank nur Kassenkredite aufgenommen werden könnten.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt nochmals, ein ao. Haushalt habe nur dann einen Zweck, wenn in ihm größere Beträge aufgenommen werden könnten und gleichzeitig erklärt werde, auf dem Papier sei er zwar jetzt nicht sofort14 zu finanzieren, man habe aber begründete Aussicht, 50 Millionen für eine längere Frist als Anleihe zu bekommen. Im letzten Jahr sei dies doch auch gelungen. Man könne dann auch noch hinzufügen, die Möglichkeit eines Kredits könne nur dann wahrgenommen werden, wenn ein ao. Haushalt überhaupt bestehe.

Staatsminister Zietsch gibt zu bedenken, daß hier nur Maßnahmen in Frage kämen, auf die unter Umständen verzichtet worden könne, die Ressorts hätten aber insoweit keine Vorschläge machen können.

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, die Beteiligung an der Maxhütte könne seiner Meinung nach ruhig veräußert werden, zumal günstige Angebote vorlägen. Soweit ihm bekannt sei, sei die Anlage des Kaufpreises durch Flick15 nicht erfolgt, es stehe nicht einmal fest, ob der Erlös auf bayerischen Banken angelegt worden sei. Er sei dafür, diesen Anteil zu veräußern und das Geld für den sozialen Wohnungsbau zu verwenden.16

Er halte es für möglich, durch diese Veräußerung einen Betrag von 30 Millionen DM zu bekommen. Mit den bereits erwähnten 25 Millionen DM habe man dann immerhin schon 55 Millionen DM, zu denen möglicherweise Herr Staatsminister Dr. Oechsle auch noch 30 Millionen DM dazu legen könnte. Im Laufe des Etatjahres müsse es doch gelingen, einen Betrag von 80 – 90 Millionen DM beizubringen, um das Loch im ao. Haushalt aufzufüllen. Wie die Erfahrungen des letzten Jahres bewiesen haben, könne man sogar noch höher gehen.

Staatsminister Weinkamm weist darauf hin, daß außerdem das Landwirtschaftsministerium in der Lage sei, noch weitere 20 Millionen DM aus den Forsten herauszuholen, ganz abgesehen von der Möglichkeit, die Beträge für den sozialen Wohnungsbau nicht in der bisherigen Höhe einzusetzen. Ganz ähnlich sei man ja z.B. auch in den Städten verfahren, wo man nur die Zinsverbilligungsbeträge in den Haushalt eingesetzt habe.

Staatsminister Zietsch gibt gegenüber den bisherigen Vorschlägen zu bedenken, daß damit die fundierte Schuld weiter erhöht werde, worauf Staatsminister Dr. Seidel auf die hohe Verschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen verweist.

Staatsminister Dr. Schlögl erinnert an die guten Erfahrungen, die beim Wiederaufbau der Bauernhöfe in Unterfranken mit der Bodenkreditbank gemacht worden seien, und empfiehlt, überhaupt den sozialen Wohnungsbau auf eine vernünftige bankmäßige Grundlage zu stellen.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt seine Anregungen und spricht die Überzeugung aus, daß es dem Finanzministerium sicher gelingen werde, eine entsprechende Summe in den ao. Haushalt einzusetzen. Nach wie vor glaube er, daß ein großer Teil durch Kredite gedeckt werden könne.

Staatsminister Zietsch erwidert, er überlege sich, ob bei der Obersten Baubehörde nicht noch etwas eingespart werden könne, dann würde sich der Fehlbetrag von 140 Millionen DM um 25 Millionen DM ermäßigen. Gegenüber 1952 habe nämlich die Oberste Baubehörde 25 Millionen DM mehr zur Verfügung, im Straßenbau könne aber eigentlich nicht mehr geschehen wie 1952, während beim Wasserbau das Tempo der Maßnahmen verzögert werden könne. Wenn dann noch das Landwirtschaftsministerium in der Lage sei, etwa 10 – 20 Millionen DM einzusetzen, komme man zu einem Fehlbetrag von 100 Millionen DM. Dann sei es aber auch nicht notwendig, eigens einen ao. Haushalt aufzustellen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, in diesen Ausführungen vermisse er aber die Möglichkeit, daß im Laufe des Jahres Kredite aufgenommen werden.

Staatsminister Weinkamm stimmt zu und stellt fest, daß das Defizit durch eine Anleihe von 50 Millionen DM, durch die erhöhten Forsteinnahmen von 20 Millionen DM und durch die Veräußerung einer Beteiligung von 25 Millionen DM, insgesamt also rund 100 Millionen DM ausgeglichen werden könne. Außerdem könne ein Teil der Wohnungsbaumittel durch Zinsverbilligungen allein ermäßigt werden, so daß das Defizit noch geringer werde.

Staatsminister Dr. Oechsle hält es für ausgeschlossen, daß von Seiten der Ressorts jetzt gleich17 konkrete Angebote gemacht werden. Seines Erachtens reiche es aus, wenn der Ministerrat grundsätzlich den Beschluß fasse, daß ein ao. Haushalt aufgestellt werde. Die Einzelheiten müßten dann nochmals genau durchberaten werden.

Staatsminister Dr. Seidel erinnert daran, daß das Finanzministerium auch im vergangenen Jahr einen ao. Haushaltsplan aufgestellt habe, der auch realisiert worden sei. Er sei überzeugt, daß dies heuer auch gelingen werde. Den Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle, einen grundsätzlichen Beschluß zu fassen, könne er nur unterstützen.

Staatsminister Weinkamm schließt sich an und betont, daß an Einnahmen 45 Millionen DM hereinzubekommen seien, so daß man nicht allzuweit auseinander sei. Sogar der Fehlbetrag aus dem Jahre 1950 mit 83 Millionen DM könne durch den Ansatz einer Anleihe von 50 Millionen DM verringert werden,

Ministerialdirigent Dr. Traßl gibt zu bedenken, daß nach dem Haushaltsplan, wie er aufgestellt und in Druck gegeben sei, der Fehlbetrag 223 Millionen DM betrage.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, trotzdem einen ao. Haushalt aufzustellen und dabei zu erklären, durch die aufgeführten Mittel könne er wahrscheinlich auch finanziert werden. Wenn nicht alles realisiert werden könne, bestehe immer noch die Möglichkeit, die Dinge, die nicht besonders dringlich seien, zu verschieben?

Staatsminister Dr. Oechsle fügt bei, allerdings müsse man sich darüber klar sein, daß bei einer Verringerung des Fehlbetrags auch weitere Anträge im Landtag gestellt würden.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, wenn der o. Haushalt ausgeglichen sei, die Finanzierung des ao. aber noch nicht unbedingt sicher, könne man im Landtag wohl durchkommen. Auch er sei dafür, heute einen grundsätzlichen Beschluß zu fassen, in den nächsten Tagen könnte dann das Finanzministerium mit den Ressorts weiter verhandeln.

Staatsminister Zietsch zieht sich daraufhin mit Herrn Ministerialdirigenten Dr. Traßl und Herrn Ministerialrat Dr. Barbarino zurück.

Nach Rückkehr in den Ministerrat erklärt Staatsminister Zietsch, das Finanzministerium sei bereit, einen ao. Haushalt aufzustellen und in diesen das herüberzunehmen, was seiner Natur nach auch in den ao. Haushalt gehöre. Morgen früh müßten die Haushaltsreferenten aller Ressorts aufgefordert werden, sich zu überlegen, was herübergenommen werden könne. Bei einer ersten Überlegung habe sich herausgestellt, daß sich dadurch die Situation um etwa 20 Millionen DM verbessern werde. Selbstverständlich müßte auf der Einnahmenseite aufgeführt werden, was das Finanzministerium mit den Beiträgen der Bezirksverbände vorgesehen habe. Ein Betrag von 30 Millionen DM sei diesen zumutbar, dies müsste dann in einem besonderen Absatz des Haushaltsgesetzes gesetzlich festgelegt werden. Natürlich reiche das noch nicht aus, es werde aber wohl möglich sein, noch etwas zu finden, was sich hinausschieben lasse, so daß bis Dienstag zum Ministerrat eine Vorlage ausgearbeitet werden könne.

Staatsminister Dr. Seidel macht darauf aufmerksam, daß der Landtagspräsident in der nächsten Woche eine Plenarsitzung abhalten wolle. Er habe den Herrn Präsidenten gebeten, die Sitzung zu verschieben, weil vorher unbedingt noch eine Koalitionsvereinbarung notwendig sei, bei der erreicht werden müsse, daß sich die Koalitionsparteien an die Vorlage gebunden fühlten. Der Herr Landtagspräsident habe sich damit einverstanden erklärt.

Ministerpräsident Dr. Ehard sichert zu, auch noch schriftlich den Präsidenten des Landtags um die Verschiebung der Sitzung zu ersuchen.

Ministerpräsident Dr. Ehard faßt dann das Ergebnis der Beratung wie folgt zusammen:

1. Es verbleibt bei der Ergänzungsvorlage, wie bisher ausgehandelt;18

2. Ausgaben für den ao. Haushalt müssen gefunden werden;

3. Die Finanzierung soll durch die Erhöhung der Forsteinnahmen, durch eine Anleihe und durch sonstige Möglichkeiten, die im Augenblick noch nicht realisierbar sind, gefunden werden. Dabei sei es aber möglich, daß ein Teil der Pläne nicht verwirklicht werden könne.

Staatssekretär Dr. Nerreter hält es für notwendig, auch noch über das Haushaltsgesetz im einzelnen zu sprechen, worauf Staatsminister Zietsch erwidert, dies werde demnächst geschehen. Im übrigen hoffe er, bis Freitag Abend mit den Ressortbesprechungen fertig zu sein. Er bitte die Herren Minister dafür Sorge zu tragen, daß die Haushaltsreferenten ab morgen 14 Uhr zur Verfügung stünden.19

Rechnungsjahr 1953
Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor