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Nr. 136MinisterratssitzungDienstag, 13. Januar 1953 Beginn: 9 Uhr 10 Ende: 12 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Kultusminister Dr. Schwalber, Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Verhältnisse der Lehrer an wissenschaftlichen Hochschulen. II. Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes über das landwirtschaftliche Pachtwesen (Landpachtgesetz). III. Haushaltsplan des Bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1953. IV. Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des politischen Friedens in Bayern. V. Bezeichnung der sowjetischen Besatzungszone. VI. Ausstellung der Wasserverbände in München 1954 . VII. Bestellung eines neuen Mitglieds des Landespersonalamts an Stelle des am 31. Januar 1953 ausscheidenden Präsidenten des Bayer. Obersten Rechnungshofs, Kallenbach . VIII. Lawinenunglück der Grenzpolizei am Zugspitzgatter. IX. Verbot verfassungsfeindlicher politischer Organisationen. X. Beteiligung Bayerns an der Luftverkehrsbedarfs AG .

I. Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Verhältnisse der Lehrer an wissenschaftlichen Hochschulen 1

Ministerpräsident Dr. Ehard erläutert kurz die vom Senat gewünschte Änderung des Gesetzes über die Verhältnisse der Lehrer an wissenschaftlichen Hochschulen.

Es wird festgestellt, daß gegen den Gesetzentwurf weder seitens des Staatsministeriums der Finanzen noch seitens des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus Bedenken bestehen.

Der Ministerrat beschließt die Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Landtag.2

II. Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes über das landwirtschaftliche Pachtwesen (Landpachtgesetz) 3

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt einen kurzen Überblick über den Inhalt des Gesetzes und weist darauf hin, daß bei dem Gesetzentwurf streitig sei, ob zur Landwirtschaftsbehörde im Sinne des Landpachtgesetzes das Landwirtschaftsamt oder die Kreisverwaltungsbehörde erklärt werden soll.

Staatsminister Dr. Schlögl setzt sich dafür ein, daß das Landwirtschaftsamt zur zuständigen Landwirtschaftsbehörde erklärt wird.

Dieser Vorschlag wird von Staatssekretär Dr. Koch durch den Hinweis unterstützt, daß bei der Beauftragung der Kreisverwaltungsbehörde mit den Aufgaben der Landwirtschaftsbehörde im Sinne des Landpachtgesetzes die von diesem Gesetz vorgeschriebene Frist von vier Wochen nicht eingehalten werden könne. Staatssekretär Dr. Koch macht außerdem geltend, daß die beiden anderen großen Agrarländer der Bundesrepublik, nämlich Baden-Württemberg 4 und Niedersachsen, sich ebenfalls für die Landwirtschaftsämter entschieden hätten.

Der Ministerrat stimmt hierauf dem Gesetzentwurf in der vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Porsten erstellten Fassung zu, wonach zur Landwirtschaftsbehörde im Sinne des Landpachtgesetzes das Landwirtschaftsamt erklärt wird, In der Bezifferung der Abschnitte des Gesetzes sollen die Paragraphen durch Artikel ersetzt werden.5

III. Haushaltsplan des bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 19536

Staatsminister Zietsch leitet die Erörterungen über den Haushaltsplan mit der Feststellung ein, daß nach der nunmehr von seinem Ministerium ausgearbeiteten Vorlage einschließlich der Ergänzungsvorlage der Fehlbetrag sich auf 83,6 Millionen DM belaufe.7 Davon seien 81,6 Millionen DM der Restfehlbetrag aus dem Jahre 1950, welcher im übernächsten8 Haushaltsjahr auszugleichen sei. Der Fehlbetrag werde sich entsprechend erhöhen, wenn die in der Ergänzungsvorlage vorgesehenen Streichungen nicht angenommen würden. Eine Änderung des Haushaltsplans auf der Einnahmenseite sei auf jeden Fall nicht mehr möglich.

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, er habe volles Verständnis für das Bestreben des Finanzministeriums, den Haushalt abzugleichen. Es entstehe jedoch die Frage, ob ein ausgeglichener Haushalt oder auch ein Defizit von nur geringer Höhe politisch wünschenswert sei.9 Einerseits müsse nämlich bei der Haushaltsgestaltung auf den Landtag Rücksicht genommen werden. Der Landtag werde aber Streichungen, welche schlechterdings nicht zu vertreten seien, niemals bewilligen. Andererseits sei bei der Haushaltsaufstellung auch das Verhältnis zum Bund zu berücksichtigen. Hierbei sei festzustellen, daß für unsere Auseinandersetzungen mit dem Bund ein – tatsächlich nötiger – höherer Fehlbetrag von Wert sei.10 Er wolle deshalb die Frage aufwerfen, ob dann, wenn der Haushalt sich schon nicht ohne Fehlbetrag abgleichen lasse, nicht gleich ein höherer Fehlbetrag in Kauf genommen werden solle.

Staatsminister Zietsch weist darauf hin, daß gegen eine Erhöhung des Fehlbetrags doch wesentliche Gesichtspunkte sprächen. Die Einnahmen seien in einer Höhe berechnet, daß mit ihrem Eingang nicht sicher gerechnet werden könne. Die Schätzungen seien mit dem Bund abgestimmt worden und lägen etwa um 10 v.H. über den Schätzungen des Finanzministeriums und des Ifo-Instituts. Der Bund habe die Einnahmen so hoch veranschlagt, um damit die beabsichtigte Steuersenkung zu begründen. Diese Steuersenkung bringe voraussichtlich einen Ausfall von etwa einer Milliarde DM. Es sei daher damit zu rechnen, daß der Fehlbetrag im bayerischen Haushalt sich durch Ausfälle auf der Einnahmenseite noch wesentlich erhöhe. Gewisse Grenzen für den Fehlbetrag seien durch den beschränkten Kredit gezogen, den der Bayerische Staat bei der Landeszentralbank und bei der Bayer. Staatsbank in Anspruch nehmen könne. Die schwebende Schuld könne daher 100 Millionen DM nicht übersteigen.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für unzweckmäßig, daß für das Jahr 1953 auf die Aufstellung eines außerordentlichen Haushalts verzichtet worden sei. Gerade der außerordentliche Haushalt biete doch die Möglichkeit, Ausgaben einzusetzen, welche einerseits vom Landtag gefordert, andererseits aber infolge der schlechten Haushaltslage doch nicht sicher11 vollzogen werden könnten.

Die Staatsminister Dr. Hoegner, Dr. Seidel und Dr. Schlögl schließen sich der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten an, daß von der Aufstellung eines außerordentlichen Haushalts nicht abgesehen werden solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard faßt das Ergebnis der bisherigen Debatte dahin zusammen, daß vom Ministerrat drei grundsätzliche Fragen zu entscheiden seien:

1. Soll der Fehlbetrag bei 83,6 Millionen DM bleiben oder soll er dadurch erhöht werden, daß auf die Einbringung der Ergänzungsvorlage des Staatsministeriums der Finanzen wenigstens teilweise12 verzichtet wird?

2. Soll ein außerordentlicher Haushalt aufgestellt werden?

3. Soll von dem Grundsatz ausgegangen werden, daß das, was bisher bereits zwischen dem Staatsministerium der Finanzen einerseits und den anderen Ministerien andererseits ausgehandelt worden ist, unverändert bleibt?

Die 3. Frage wird vom Ministerrat eindeutig bejaht.

Der Ministerrat stimmt einmütig der vom Herrn Ministerpräsidenten vertretenen Notwendigkeit zu, daß der Haushalt im Landtag und seinen Ausschüssen einheitlich vertreten wird und daß insbesondere nicht von einzelnen Referenten der anderen Ministerien gegen die vom Staatsministerium der Finanzen verfügten Streichungen Stellung genommen wird.

Staatsminister Zietsch warnt vor einer zu starken Erhöhung des Fehlbetrags im Hinblick auf die Einstellung des Landtags. Dieser werde, wenn der Fehlbetrag erheblich sei, erklären, dann spiele eine weitere Erhöhung des Fehlbetrags um einige Millionen auch keine Rolle mehr. Es sei daher wohl die Pflicht der Staatsregierung, den Fehlbetrag möglichst niedrig zu halten.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, es sei wohl die Aufgabe der Staatsregierung, im Landtag gleich von vornherein darauf hinzuweisen, daß der Fehlbetrag nur entstanden sei, weil gewisse Ausgaben ohne Gefährdung des öffentlichen Wohls einfach nicht gestrichen werden könnten, und daß eine weitere Erhöhung des Fehlbetrags durch zusätzliche Bewilligungen des Landtags von der Staatsregierung nicht gebilligt werden könne.

Staatsminister Zietsch macht dann den Vorschlag, daß auf die von seinem Ministerium ausgearbeitete Ergänzungsvorlage verzichtet und der Haushaltsfehlbetrag somit auf etwa 140 Millionen DM festgesetzt werde. Dies setze voraus, daß die Differenz in Höhe von etwa 75 Millionen DM, welche zwischen dem Voranschlag des Staatsministeriums des Innern und den von seinem Ministerium dem Innenministerium zugebilligten Haushaltsbetrag besteht, auf die Hälfte herabgesetzt werde. Diesen Betrag von etwa 35–40 Millionen DM, den man dann noch benötige, um den Fehlbetrag nicht höher werden zu lassen als 140 Millionen DM, müsse man in Verhandlungen mit den einzelnen Ministern durch Zugeständnisse dieser erreichen.

Der Vorschlag des Herrn Staatsministers der Finanzen findet allgemeine Billigung.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er sei zwar nicht in der Lage, bei der Polizei und beim Verfassungsschutz die Ausgaben zu mindern, dagegen könne er beim sozialen Wohnungsbau auf etwa 30 Millionen DM herabgehen, allenfalls auch beim Straßen- und Brückenbau noch Streichungen vornehmen.13 Auch an freiwilligen Ausgaben z.B. für Wohlfahrtszwecke, könnten Einsparungen erzielt werden.

Der Ministerrat einigt sich dann auf der Grundlage des Vorschlags des Staatsministers der Finanzen.

Die endgültige Höhe der Haushaltsbeträge soll in einem außerordentlichen Ministerrat am Montag, den 19. Januar 1953, 15 Uhr, festgelegt werden.

In der Zwischenzeit soll in erster Linie der Haushalt des Staatsministeriums des Innern endgültig festgelegt werden, außerdem sollen die übrigen Staatsministerien dem Finanzministerium entsprechende Vorschläge über die Einsparung jener 40 Millionen DM unterbreiten, um welche sich der Haushalt des Staatsministeriums des Innern noch erhöhen wird. Bei diesen Einzelbesprechungen soll auch die Frage geklärt werden, ob ein außerordentlicher Haushalt aufgestellt werden soll. Insbesondere sollen hierbei die einzelnen Staatsministerien die Ausgaben dem Finanzministerium gegenüber bezeichnen, welche nach ihrer Auffassung durch den außerordentlichen Haushalt finanziert werden sollen.14

Rechnungsjahr 1953

IV. Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des politischen Friedens in Bayern15

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner berichtet über eine Sitzung, welche am Vortage abgehalten wurde und in welcher im wesentlichen eine Einigung über den Gesetzentwurf auch mit dem Staatsministerium der Justiz erzielt worden sei. Nach der nunmehr erzielten Vereinbarung sollen in Art. 2 Abs. 2 Ziff. 2 nach dem Wort „oder“ die Worte „auf rechtswidrige Weise“ und in Ziff. 3 nach dem Wort „sind“ die Worte „auf verfassungswidrige Weise“ eingefügt werden.16 Außerdem soll in der Begründung zu dieser Vorschrift auf die Elemente des Rechtsstaates (Bestehen eines Parlaments, Gewaltenteilung, richterliche Unabhängigkeit usw.) hingewiesen werden.

Art. 20 Abs. 1 Satz 1 soll folgende Fassung erhalten:

„Die Polizei kann zur Wahrnehmung der ihr nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse die Maßnahmen treffen und die Mittel anwenden, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich und unaufschiebbar sind.“17

Schließlich soll in Art. 24 nach Art. 2 Abs. 2 noch das Wort „Satz 2“ eingesetzt werden.18

Staatsminister Weinkamm erläutert nochmals die grundsätzlichen Bedenken seines Ministeriums gegen den Gesetzentwurf, welche in seinem Schreiben an das Staatsministerium des Innern vom 12. Januar 1953 niedergelegt sind.19

Ministerpräsident Dr. Ehard betont demgegenüber, nach seiner Auffassung sei es notwendig, auch die Möglichkeit vorbeugender Maßnahmen zu schaffen. Die Justiz greife immer erst dann ein, wenn strafbare Handlungen bereits begangen worden seien. Es habe sich erwiesen, daß die bisherigen gesetzlichen Grundlagen offensichtlich nicht ausreichten, um verfassungsfeindliche Bestrebungen von vornherein zu unterdrücken. Bei dem Gesetzentwurf habe die Staatsregierung sowohl eine rechtliche als auch eine politische Entscheidung zu treffen. Für die politische Entscheidung sei der Gesichtspunkt maßgebend daß nicht nur im Landtag, sondern auch in der Öffentlichkeit vom Staate Maßnahmen erwartet werden, welche die verfassungsfeindlichen Bestrebungen verhindern. Wenn die Staatsregierung keine Vorlage an den Landtag mache, dann setze sie sich dem Vorwurf aus, daß sie nichts tue. Deshalb sei er auf jeden Fall dafür, dem Landtag den Gesetzentwurf zu unterbreiten.

Staatsminister Weinkamm erklärt, nach seiner Auffassung bedürfe es zu vorbeugenden Maßnahmen gegen verfassungsfeindliche Umtriebe nicht eines neuen Gesetzes, vielmehr reichten hiefür die bereits bestehenden Gesetze aus.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner tritt dieser Auffassung des Justizministers mit dem Hinweis entgegen, daß die Polizei heute für ihre Tätigkeit keine Generalklausel mehr besitze.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, das Gesetz sei gerade auch deshalb notwendig, weil nach den gemachten Erfahrungen die Justiz von sich aus ein Urteil nur dann erlassen könne, wenn ein Tatbestand eindeutig erfüllt sei. Aber selbst in solchen Fällen habe man die Erfahrung gemacht, daß die Gerichte unwirksame Strafen verhängen würden.

Staatsminister Weinkamm kommt nunmehr auf das Strafrechtsänderungsgesetz 20 zu sprechen, welches nach seiner Auffassung ausreichende Möglichkeiten zur Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen biete. Es komme nur darauf an, ob man von dem Gesetz Gebrauch mache. In Niedersachsen habe die Anwendung des Gesetzes ohne Zweifel Erfolge gehabt.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner macht geltend, das Strafrechtsänderungsgesetz sei in Bayern von dem früheren Justizminister21 im Rundfunk sowohl vor seiner Annahme als auch nach seiner Verkündung herabgesetzt worden. Daher sei das Gesetz auch in Bayern von den Staatsanwaltschaften praktisch nicht beachtet worden.

Staatssekretär Dr. Koch erklärt, das Gesetz werde nunmehr auch in Bayern angewendet.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt zu dem vom Staatsministerium der Justiz erhobenen Einwand, das neue Gesetz biete keinen ausreichenden Rechtsschutz, daß gegen jeden Verwaltungsakt, der nach diesem Gesetz erlassen werde, die verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage und lediglich eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zulässig sei. Die vom Herrn Ministerpräsidenten bereits eingangs erwähnte Notwendigkeit, vorbeugende Maßnahmen treffen zu können, mache das Gesetz unbedingt erforderlich.

Staatssekretär Dr. Ringelmann schlägt eine Streichung der Art. 22 und 23 vor, welche jedoch vom Ministerrat nicht gebilligt wird.22 Dagegen soll auf Vorschlag des Staatssekretärs Dr. Ringelmann geprüft werden, ob es nicht notwendig sei, dem Art. 22 einen neuen. Abs. 4 anzufügen mit folgendem Wortlaut:23

„4) Bei Angestellten und Arbeitern der Öffentlichen Verwaltung ist ein Verstoß im Sinne des Abs. 1 oder 2 als wichtiger Grund zur Kündigung anzusehen.“24

Staatssekretär Dr. Koch weist noch auf die möglichen Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz hin und erklärt, wenn er auch zur Frage der politischen Notwendigkeit des Gesetzes keine Stellung nehmen und das Gesetz nicht zu Fall bringen wolle, so halte er es doch für die Pflicht des Justizministeriums, rechtzeitig auf die Folgen hinzuweisen, welche sich aus einer möglichen Aufhebung einzelner Bestimmungen durch das Verfassungsgericht ergeben würden.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, das Gesetz sei nunmehr so sorgfältig formuliert, daß es wohl einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung standhalten werde.

Der Ministerrat billigt darauf grundsätzlich den Gesetzentwurf und beschließt seine Zuleitung an den Landtag in der in der Sitzung am Vortage ausgearbeiteten Fassung.

Auf Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann wird beschlossen, Art. 18 Satz 2 wie folgt zu fassen:

„Sie können sich zum Vollzug ihrer Anordnungen polizeilicher Hilfe bedienen.“25

Staatsminister Dr. Oechsle stellt die Frage, ob der Gesetzentwurf nicht vor seiner Zuleitung an den Landtag noch in einer Koalitionsbesprechung behandelt werden soll, um zu verhindern, daß von den Koalitionsparteien im Landtag zu dem Gesetzentwurf nicht einheitlich Stellung genommen wird.

Staatsminister Zietsch und Staatssekretär Dr. Oberländer unterstützen diesen Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner weist demgegenüber darauf hin, daß der Sicherheitsausschuß des Landtags, in welchem die Regierungsparteien vertreten seien, über den Gesetzentwurf unterrichtet sei und ihn fordere.

Der Ministerrat beschließt hierauf, entsprechend dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten, daß der Gesetzentwurf sofort dem Landtag und dem Senat zugeleitet werden soll, daß aber baldmöglichst gelegentlich einer Koalitionsbesprechung die Fraktionen der Regierungsparteien über den Gesetzentwurf unterrichtet werden sollen.26

Gesetz zur Sicherung des politischen Friedens in Bayern

V. Bezeichnung der sowjetischen Besatzungszone27

Der Ministerrat stimmt den von den Bundesministern der Justiz und für gesamtdeutsche Fragen vorgeschlagenen Bezeichnungen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik als „Sowjetzonen-Regierung“, der Benennung der Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie als „Deutsche Ostgebiete unter fremder Verwaltung“ und der von der Sowjetunion besetzten Gebiete Deutschlands als „Sowjetzone“ bzw. „Sowjetische Besatzungszone“ zu.28 Entsprechend dem Vorschlag der Bayer. Staatskanzlei sollen die Worte „Sowjetzone“ bzw. „Sowjetische Besatzungszone“ zur Unterscheidung von anderen sowjetisch besetzten Gebieten mit dem Zusatz „Deutschlands“ versehen werden. Dem Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen soll eine entsprechende Ergänzung der von ihm vorgesehenen Bezeichnungen und der Gründe hierfür vorgeschlagen werden.29

VI. Ausstellung der Wasserverbände in München 195430

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bringt die Sprache auf den Beschluß des Ministerrats vom 28. Oktober 1952, durch welchen ein Zuschuß des Bayerischen Staates in Höhe von 350 000 DM für die 1954 in München beabsichtigte Ausstellung der Wasserverbände unter dem Motto „Das Wasser als Urquell des Lebens“ in Aussicht gestellt wurde.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner weist auf die Notwendigkeit hin, über diesen Zuschuß nunmehr eine endgültige Entscheidung zu treffen, da am 21. Januar 1953 eine Sitzung über diese Ausstellung stattfinde.

Staatsminister Zietsch erklärt, die Streichung der im Haushalt des Staatsministeriums des Innern aufgeführten 350 000 DM für diesen Zweck in der Ergänzungsvorlage des Staatsministeriums der Finanzen zum Haushalt 1953 beruhe auf einem Irrtum. Er erkläre hiermit, daß seitens seines Ministeriums keine Einwendungen gegen die Einsetzung dieses Betrags im Haushalt des Staatsministeriums des Innern bestehen.

Der Ministerrat beschließt hierauf, den Zuschuß des Bayerischen Staates in Höhe von 350 000 DM für die Ausstellung „Das Wasser als Urquell des Lebens“ bindend zu bewilligen unter der Voraussetzung, daß auch der Bund und die Stadt München Zuschüsse in der gleichen Höhe gewähren.

Ausstellung der Wasserverbände in München 1954

VII. Bestellung eines neuen Mitglieds des Landespersonalamts an Stelle des am 31. Januar ausscheidenden Präsidenten der Bayer. Obersten Rechnungshofs, Kallenbach

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, die 6-jährige Amtszeit des Präsidenten Kallenbach als Mitglied des Landespersonalamts laufe am 31. Januar 1953 ab.31 Er trage Bedenken, Kallenbach wieder zu bestellen, denn Kallenbach sei durch seine Ernennung zum Präsidenten des Rechnungshofs aus der Finanzverwaltung ausgeschieden. Nach Art. 40 Abs. 3 BBG32 solle sich aber unter den Mitgliedern des Landespersonalamts ein Beamter der Finanzverwaltung befinden. Er beabsichtige daher, das Staatsministerium der Finanzen aufzufordern, ihm einen Vorschlag für die Ernennung eines Nachfolgers für Kallenbach aus dem Bereich der Finanzverwaltung zu übermitteln.

Der Ministerrat stimmt der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten zu, daß unter den Mitgliedern des LPA sich ein Beamter der Finanzverwaltung befinden soll und daß daher eine Wiederberufung Kallenbachs nicht angezeigt ist.

Staatsminister Zietsch erklärt, er habe bereits beabsichtigt, an den Herrn Ministerpräsidenten heranzutreten mit der Bitte, an Stelle Kallenbachs den Ministerialrat Rüth 33 seines Staatsministeriums als Mitglied des Landespersonalamts zu berufen.

Es wird vereinbart, daß der Herr Ministerpräsident den Herrn Staatsminister der Finanzen schriftlich um Einreichung eines Vorschlags für die Nachfolge Kallenbachs im Landespersonalamt ersucht.34

VIII. Lawinenunglück der Grenzpolizei am Zugspitzgatter 35

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, daß an die Witwen der drei bei dem Lawinenunglück getöteten Beamten36 der Grenzpolizei ein Betrag von je 1 000 DM aus Verfügungsmitteln der Staatsregierung bewilligt wird.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, er sei bereit, aus seinem Dispositionsfonds 2 000 DM zu bewilligen. Der Restbetrag soll aus den Dispositionsfonds der übrigen Staatsminister aufgebracht werden.

Staatsminister Dr. Oechsle bewilligt 300 DM,

Staatsminister Dr. Schlögl 200 DM.

Die Staatsminister Zietsch und Dr. Seidel erklären ihr Einverständnis, auch aus ihren Dispositionsfonds einen Betrag zur Verfügung zu stellen. Die Höhe des Betrags könne jedoch von ihnen noch nicht angegeben werden, da sie augenblicklich nicht wüßten, wieviel Mittel ihnen noch zur Verfügung stehen.

Die Zuwendung soll über die Bayer. Staatskanzlei abgewickelt werden, diese soll auch durch Rückfrage in den Ministerbüros die Höhe der von den einzelnen Kabinettsmitgliedern noch zu bewilligenden Beträge feststellen.

IX. Verbot verfassungsfeindlicher politischer Organisationen37

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt dem Ministerrat vor, für das Land Bayern den Bund Deutscher Jugend,38 den Stoßtrupp gegen kommunistische Zersetzung einschließlich des Deutschen Heimatschutzes,39 den Demokratischen Kulturbund Deutschlands und die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft 40 wegen ihrer gegen die Verfassung gerichteten Bestrebungen zu verbieten.

Bezüglich der drei zuletzt genannten Organisationen stimmt der Ministerrat dem Vorschlag des Herrn Staatsministers des Innern zu, dagegen wird beschlossen, von einem Verbot des Bundes Deutscher Jugend vorläufig noch abzusehen.

Nach Mitteilung des Herrn Staatssekretärs Dr. Nerreter findet am 15. Januar im Bundesministerium des Innern eine Sitzung statt, in welcher die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Bundes Deutscher Jugend erörtert werden soll.

Der Ministerrat hält es daher für zweckmäßig, eine Entscheidung über den Antrag auf Verbot des Bundes Deutscher Jugend noch bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser Sitzung zurückzustellen.

Dagegen beschließt der Ministerrat auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Schlögl, auch den „Gesamtdeutschen Arbeitskreis für Landwirtschaft“ 41 als verfassungswidrige Organisation zu verbieten.42

X. Beteiligung Bayerns an der Luftverkehrsbedarf AG43

Staatsminister Dr. Seidel verliest ein Rundschreiben des Bundesverkehrsministers, in welchem die Gründung der Luftverkehrsbedarfs AG bekanntgegeben und den Ländern ein Beitritt unter entsprechender finanzieller Beteiligung anheimgestellt wird.

Auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Seidel stellt der Ministerrat die grundsätzliche Bereitschaft Bayerns für eine Beteiligung an der Gesellschaft fest.

Der Ministerrat stellt sich jedoch auf den Standpunkt, daß eine Beteiligung Bayerns an den notwendig werdenden Zuschüssen für die Anlaufjahre nicht in Betracht kommt, weil die Aufwendungen für die bayerischen Lufthäfen München-Riem und Nürnberg schon eine sehr wesentliche Unterstützung der Bestrebungen der Gesellschaft darstellen.44

AG für Luftverkehrsbedarf
Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats
in Vertretung
gez.: Hans Kellner Oberregierungsrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor