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Nr. 148Ministerratssitzung1 Montag, 16. März 1953 Beginn: 18 Uhr Ende: 21 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Bundesratsangelegenheiten. II. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts. III. Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben und Zuständigkeiten im Wasserbau. IV. Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Ermächtigung des Staatsministeriums der Finanzen zur Aufnahme von Krediten zur Deckung von außerordentlichen Haushaltsausgaben und zur Aufnahme von Kassenkrediten im Rechnungsjahr 1953 (Vorläufiges Kreditermächtigungsgesetz 1953). V. Entwurf einer Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushalts 1953. VI. Ergänzungen zum Entwurf des Haushaltsplans 1953; hier: Kap. 0611, 0617 und 0620. VII. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Oberster Rechnungshof. VIII. Inanspruchnahme eines Teiles der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund. IX. Ernennung eines neuen Generaldirektors der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. X. Ausstellung von Gemälden der Alten Pinakothek in den Vereinigten Staaten von Amerika . XI. Fragen der Energiewirtschaft: 1. Ausbau der Loisach zwischen Beuerberg und Wolfratshausen; 2. Elektrizitätslastverteilung in bayerischen Grenzgebieten, insbesondere im Stadt- und Landkreis Lindau und im Gebiet um Aschaffenburg. XII. Gesetz über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken vom 13.1.1953. XIII. Flüchtlings-Notleistungsgesetz; hier: Einsetzung der Besatzungslastenverwaltung als Vergütungsbehörden im Sinne des § 29 des Gesetzes. XIV. Trauerfeier der KPD im Deutschen Museum . XV. Antrag des Peter Jakob in Würzburg vom 6.2.1952 auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 50 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 25.9.1946 (GVB1. S. 281) und des § 48 Abs. 3 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof vom 22.7.1947 (GVB1. S. 147). XVI. Anorgana, Gendorf .

I. Bundesratsangelegenheiten

1. Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens 2

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, der Vorschlag des Vermittlungsausschusses decke sich mit den Abänderungsvorschlägen des Bundesrats. Trotzdem seien im Koordinierungsausschuß die Vertreter des Wirtschafts- und des Finanzministeriums der Auffassung gewesen,3 Bayern solle sich der Stimme enthalten, da erst ein Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsministerium über die Durchführung des Gesetzes erzielt werden müsse.4

Staatssekretär Dr. Ringelmann fügt hinzu, es sei richtig, daß der Vermittlungsausschuß den Abänderungsvorschlägen des Bundesrats gefolgt sei; trotzdem glaube er, man müsse sich der Stimme enthalten, da sich der Bundeswirtschaftsminister noch keineswegs hinsichtlich der Durchführung des Gesetzes festgelegt habe.

Staatsminister Dr. Oechsle erkundigt sich, ob Bundesminister Dr. Erhard 5 nicht in Aussicht gestellt habe, den Ländern die treuhänderische Verwaltung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens zu übergeben. Soviel ihm bekannt sei, sei dieser durchaus bereit, mit den Ländern zu verhandeln und ihnen entgegen zu kommen.

Staatsminister Dr. Seidel erklärt, für das ehemalige Ufa-Vermögen würden Abwickler bestellt; Bayern habe natürlich ein Interesse daran, daß die Bavaria in die Hand von Leuten komme, die jede Gewähr dafür böten, daß das Filmgelände in Geiselgasteig erhalten bleibe. Er halte das Gesetz für notwendig, nachdem noch kein Verwaltungsabkommen bestehe.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.6

2. Entwurf eines Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften 7

Ministerialrat Dr. Gerner weist darauf hin, daß die bisher bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken durch die Vorschläge des Vermittlungsausschusses ausgeräumt seien.8 Die ursprünglich vorgesehenen Landesprüfstellen seien jetzt weggefallen.9

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.10

3. Entwurf eines Gesetzes über die Ergänzung von Vorschriften des Umstellungsrechts und über die Ausstattung der Berliner Altbanken mit Ausgleichsforderungen (Umstellungsergänzungsgesetz) 11

Unter Berücksichtigung der in der BR-Drucks.-Nr. 88/1/53 enthaltenen Abänderungsvorschläge des Rechtsausschusses werden keine Einwendungen erhoben.12

4. Entwurf eines Gesetzes über das Zweite Protokoll vom 22. November 1952 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Österreich und Bundesrepublik Deutschland) 13

Einwendungen nach Art. 76 Abs.  GG werden nicht erhoben.14

5. Entwurf eines Zweiten Gesetzes betreffend Verlängerung der Geltungsdauer von Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft 15

9. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts22

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, im Finanzausschuß vom 12.3.1953 seien zwar gegen die beabsichtigte Regelung erhebliche Bedenken vorgetragen worden, ein Antrag Schleswig-Holsteins, den Vermittlungsausschuß anzurufen, habe aber keine Mehrheit gefunden.

Der Ministerrat beschließt, den Vermittlungsausschuß nicht anzurufen.

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, der Rechtsausschuß des Bundesrates habe ebenfalls am 12.3.1953 eine Erklärung bezüglich der Richterbesoldung formuliert, in der gefordert werde, daß noch in dieser Legislaturperiode eine Erhöhung der Richtergehälter eintreten müsse.23

Der Ministerrat beschließt, diese Erklärung zu unterstützen.24

10. Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen zwischen den Rheinuferstaaten und Belgien vom 16. Mai 1952 über die zoll- und abgaberechtliche Behandlung des Gasöls, das als Schiffsbedarf in der Rheinschiffahrt verwendet wird 25

Der Ministerrat schließt sich den in Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 91/1/53  enthaltenen Abänderungsvorschlägen an, erhebt aber im übrigen keine Einwendungen.26

11. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl 27

Nach Vortrag von Ministerialrat Dr. Gerner wird beschlossen, in erster Linie für die Absetzung des Gesetzentwurfs von der Tagesordnung einzutreten, wenn sich dies nicht erreichen lasse, das Ergebnis der Beratungen im Wirtschaftsausschuß am nächsten Donnerstag abzuwarten.28

12. Entwurf eines Gesetzes zur Ermäßigung des Aufbringungsbetrages nach dem Investitionshilfegesetz 29

Zustimmung.30

14. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über die von den Krankenkassen den Hebammen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren vom 4. Juli 1941 33

Der Ministerrat beschließt, dem Verordnungsentwurf aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zuzustimmen, ferner, der vom Innenausschuß vorgeschlagenen Empfehlung, daß eine einheitliche Regelung im gesamten Bundesgebiet für dringend notwendig gehalten werde, die Zustimmung nicht zu erteilen.34

15. Entwurf einer Verordnung über die Erhöhung der in der Gebührenordnung für approbierte Ärzte und Zahnärzte vom 1. September 1924 festgesetzten zahnärztlichen Gebühren 35

Der Verordnung wird nicht zugestimmt.36

16. Verwaltungsvereinbarung zur Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Fürsorge für Hilfsbedürftige vom 14. Juli 1952 37

Zustimmung gemäß Art. 84 Abs.  GG.38

17. Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesversicherungsanstalt für Angestellte 39

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet über die in der BR-Drucks.-Nr. 85/1/53 zusammengefaßten Empfehlungen der beteiligten Ausschüsse, worauf beschlossen wird, folgende Empfehlungen zu unterstützen:

Ziff. 1, 2, 4a, b, 5a, b, 6, 7, 8a, b, 9, 10, 11, 13a (S. 6 der BR-Drucks. Nr. 85/1/53 ), 13a, b (S. 7 der BR- Drucks.-Nr. 85/1/53), 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20a, b, 21a, b, 23a, b, 24, 25 und 26.

Eine längere Aussprache ergibt sich hinsichtlich der Empfehlungen unter Ziff. 3, deren Annahme besonders Staatsminister Dr. Oechsle empfiehlt.

Der Ministerrat beschließt, auch diese Empfehlung zu unter­stützen.

Ferner wird unterstützt die Empfehlung unter Ziff. 12a, dagegen nicht diejenigen unter 12b und 22.40

18. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes 41

Ministerialrat Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß dieser Punkt von der Tagesordnung abgesetzt werde.42

20. Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Sozialversicherung vom 21. April 195144

Es wird beschlossen, der Vereinbarung zuzustimmen und den zu erwartenden Antrag Nordrhein-Westfalens nicht zu unterstützen.45

21. Entwurf eines Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Handwerkern 46

Zustimmung.

22. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 47

Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.

23. Entwurf einer Verordnung über die Jagd- und Schonzeiten 48

Zustimmung.

24. Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 49

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, der Bundeskanzler habe ihm wegen des Israel-Abkommens einen Brief geschrieben. Es solle jetzt versucht werden, das Gesetz noch in dieser Woche im Bundestag in drei Lesungen zu erledigen, weshalb der Bundeskanzler auch wünsche, daß der Bundesrat den Gesetzentwurf im Plenum behandle.50 Offensichtlich bestehe großes Interesse daran, daß der Bundespräsident das Gesetz über das Abkommen möglichst bald ausfertige und alles abgeschlossen sei, wenn der Bundeskanzler nach Washington komme.51

Er selbst sehe keine Veranlassung, nochmals den Auswärtigen Ausschuß einzuberufen, nachdem der Bundesrat keine Erinnerung erhoben habe und dies auch weiterhin nicht tun werde. Dabei müsse er aber ausdrücklich feststellen, daß von einer Zustimmung nicht die Rede sein dürfe, sondern lediglich davon, daß der Bundesrat keine Erinnerungen erhebe. Wenn tatsächlich die Frage der Zustimmung auftauche, werde er erklären, wenn überhaupt, könne es sich nur um Einwendungen handeln, die aber vom Bundesrat nicht gestellt würden.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.52

II. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts 53

Staatsminister Zietsch erklärt, mit den Abänderungsvorschlägen der Staatskanzlei sei er einverstanden. Im einzelnen handle es sich um folgendes:

1. Die Paragraphen sind als Artikel zu bezeichnen;

2. in Art. 1 Ziff. 2 müsse es anstelle von „§ 9 Abs. 4 erhält folgende Fassung“ heißen:

„Dem § 9 wird folgender Abs. 4 angefügt“;

3. in Art. 2, zweite Zeile von unten, werden die Worte „für den Bund“ gestrichen;

4. in Art. 9, dritte Zeile von oben, wird hinter der Klammer eingefügt: „sowie der im Besoldungsgesetz vom 16.12.1927 ( RGBl. I S. 349  ) als Anlage beigefügten Besoldungsordnung H (Hochschullehrer)“.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf mit diesen Abänderungen zuzustimmen und ihn sofort zur Behandlung in den Ausschüssen und im Plenum des Landtags an den Landtagspräsidenten zu übergeben.54

III. Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben und Zuständigkeiten im Wasserbau55

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß sich die Staatsministerien des Innern und der Finanzen über den Gesetzentwurf geeinigt hätten.56 Die Staatskanzlei schlage noch vor, nur eine der beiden vorgesehenen Bezeichnungen des Gesetzes zu wählen und den Einleitungssatz wie folgt zu formulieren:57

„Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats hiermit bekannt gemacht wird.“58

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.59

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, die zweite Bezeichnung beizubehalten, so daß das Gesetz nunmehr heiße: „Erstes Gesetz zur Vereinfachung der staatlichen Bauverwaltung“.

Auf Vorschlag von Staatsminister Dr. Weinkamm wird noch beschlossen, in Art. 4 Abs. 1 Ziff. 2 das Wort „versuchsweise“ zu streichen.60

Im übrigen wird dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zugestimmt.61

Erstes Gesetz zur Vereinfachung der staatlichen Bauverwaltung vom 27. Juli 1953

IV. Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Ermächtigung des Staatsministeriums der Finanzen zur Aufnahme von Krediten zur Deckung von außerordentlichen Haushaltsausgaben und zur Aufnahme von Kassenkrediten im Rechnungsjahr 1953 (Vorläufiges Kreditermächtigungsgesetz 1953) 62

Staatsminister Zietsch weist darauf hin, daß die Kreditermächtigung für 1952 am 31. März 1953 erlösche und einer Erneuerung im Haushaltsgesetz 1953 bedürfe. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf solle das Staatsministerium der Finanzen ermächtigt werden, zur Bestreitung von außerordentlichen Haushaltsausgaben vorläufig Mittel bis zum Höchstbetrag von 241 Millionen DM im Kreditweg zu beschaffen, ferner zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel bis zu 200 Millionen DM im Kreditweg aufzunehmen.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.63

V. Entwurf einer Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushalts 1953 64

Der Ministerrat beschließt, diesem vom Staatsministerium der Finanzen vorgelegten Entwurf grundsätzlich zuzustimmen.65

VI. Ergänzungen zum Entwurf des Haushaltsplans 1953; hier: Kap. 0611, 0617 und 062066

Staatsminister Zietsch verweist auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 13. März 1953, wonach sich Ergänzungen zum Entwurf des Einzelplans 06 als notwendig erwiesen hätten.67 Im einzelnen handle es sich um Änderungen des Haushaltsansatzes bei Kap. 0611, sowie bei Kap. 0617; bei letzterem solle Tit. 870 (Landesvermessungsamt) um DM 80 000,- erhöht werden. Schließlich werde noch bei Kap. 0620 (Landesentschädigungsamt) ein neuer Titel 950 mit der Zweckbestimmung „für den Wiederaufbau israelischer Kultusgemeinden“ und einem Ansatz von DM 240 000,- eingefügt.68

Der Ministerrat beschließt, den Ergänzungen zuzustimmen und den Staatsminister der Finanzen zu ermächtigen, die Durchführung dieser Ergänzungen im Haushaltsausschuß des Landtages bei der Beratung des Einzelplans 06 zu beantragen.69

VII. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Oberster Rechnungshof70

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, im Haushaltsausschuß des Bayerischen Landtags am 12. März 1953 sei es zwischen Herrn Staatsminister Dr. Schlögl, der heute leider noch nicht anwesend sei, und dem Herrn Präsidenten des Obersten Rechnungshofs zu einer Auseinandersetzung gekommen, die zu einer lebhaften Diskussion innerhalb des Ausschusses geführt habe. Ausgangspunkt sei eine „Haushaltstudie“ des Bayerischen Obersten Rechnungshofes über die Aufwendungen der Länder Niedersachsen und Bayern für das Rechnungsjahr 1952 gewesen, die zu dem Ergebnis gekommen sei, daß Bayern für die Landwirtschaft fast das Dreifache gegenüber Niedersachsen aufwende.71 Diese Studie sei vom Herrn Finanzminister in der Haushaltsrede vom 11.2.1953 erwähnt worden.72 Dieser Vergleich werde von Herrn Staatsminister Dr. Schlögl als völlig schief bezeichnet, da nur einzelne Haushaltsansätze verglichen worden seien, ohne daß man die Gesamtsumme mitberücksichtigt habe, die nämlich in Niedersachsen wesentlich größer als in Bayern sei.73 Herr Staatsminister Dr. Schlögl sei nun wieder angegriffen worden, weil er dem Präsidenten des Obersten Rechnungshofs mangelnde Sachkenntnis vorgeworfen und ihm das Recht, die Mittelverteilung in der Landwirtschaft zu bemängeln, abgesprochen habe.

Herr Kallenbach habe sich nicht entschließen können, in der Haushaltssitzung zu erklären, die Studie sei nicht richtig bzw. unvollständig; er habe ihm deshalb am 13. März 1953 einen Brief geschrieben, in dem er u.a. um die Übersendung der erwähnten Haushaltstudie gebeten habe.74 Jetzt werde allerdings vom Obersten Rechnungshof erklärt, es seien nur einzelne Positionen herausgenommen und mit den vergleichbaren in Bayern verglichen worden. Es stehe aber fest, daß tatsächlich ganz allgemein behauptet worden sei, Bayern wende das Dreifache für die Förderung der Landwirtschaft auf als Niedersachsen. Er müsse über diesen Vorfall umso mehr sein Erstaunen ausdrücken, als er erst vor kurzem Herrn Präsidenten Kallenbach gebeten habe, ihm offen mitzuteilen, was ihm in der Zusammenarbeit mit den Ministerien noch mangelhaft erscheine. Präsident Kallenbach habe zugesichert, ihm eine schriftliche Zusammenstellung zu geben, die dann im Kabinett besprochen werden solle. Diese Mitteilung sei bis jetzt noch nicht eingelaufen. Trotzdem seien aber im Haushaltsausschuß eingehend alle möglichen Beschwerden dargelegt worden.

Staatsminister Zietsch führt aus, er habe am Dienstag Herrn Staatsminister Dr. Schlögl gebeten, eventuelle Irrtümer aufzuklären; dieser habe aber keine Unterlagen übersandt, sondern lediglich eine allgemeine Bemerkung. Was nun die in der Haushaltsrede zitierte Studie betreffe, so habe er selbst die Unterlagen nachprüfen lassen und festgestellt, daß tatsächlich Bayern für vergleichbare Förderungsmaßnahmen fast das Dreifache von Niedersachsen ausgebe.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, Staatsminister Dr. Schlögl bestreite dies. Er selbst sei übrigens auch der Meinung, daß man nicht einzelne Positionen herausgreifen und vergleichen könne. Jedenfalls sei ihm bis heute die Haushaltsstudie, die so viel Aufsehen gemacht habe und ausdrücklich in der Haushaltsrede erwähnt worden sei, noch nicht bekannt. Er halte es für unmöglich, daß Niedersachsen gerade für die Förderung so wenig ausgebe, wenn es im ganzen weit höhere Mittel für die Landwirtschaft als Bayern verwende.

Staatsminister Dr. Seidel stimmt Ministerpräsident Dr. Ehard zu und wirft die Frage auf, ob es überhaupt zweckmäßig sei, in der Haushaltsrede in eine Kritik anderer Ressorts einzutreten.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß er das Vorgehen des Herrn Präsidenten Kallenbach für unglücklich und unzweckmäßig halte, zunächst aber das Eintreffen der Haushaltstudie abwarten wolle.75

Oberster Rechnungshof, Bayer.

VIII. Inanspruchnahme eines Teiles der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund76

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert an die Besprechung des Vorschlags über die Neuverteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer im letzten Ministerrat und erwähnt u.a., das Kabinett sei der Meinung gewesen, die von einer Kommission das Landtags zusammen mit Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann ausgearbeitete Empfehlung sei durchaus beachtlich und könne weiter verfolgt werden. Allerdings sei man dabei der Auffassung gewesen, daß die Frage, wie hoch der Fehlbetrag des Bundes sei und wer ihn endgültig festsetze, noch geklärt werden müsse.

Er habe nun einen Brief des Herrn Bundesfinanzministers erhalten, wonach dieser in der Finanzminister-Konferenz zwar den Vorschlag zur Sprache gebracht, ihn aber nicht weiter verfolgt habe, nachdem von Herrn Staatsminister Zietsch erklärt worden sei, es handle sich nur um eine Anregung des Herrn Staatssekretärs Dr. Ringelmann und er selbst habe kein Interesse daran, die Sache weiter zu verfolgen.77 Dadurch sei die Anregung nicht mehr weiter erörtert worden, zumal andere Länder keine Veranlassung gehabt hätten, sie wieder aufzugreifen.

Ministerpräsident Dr. Ehard kommt dann auf die bisherigen Auseinandersetzungen über den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer und die Bemühungen zu sprechen, einen Ausgleich zu finden, der vor allem die Interessen der finanzschwachen Länder berücksichtige, aber auch den Bund in die Lage versetze, seine Aufgaben zu erfüllen. Durch die Stellungnahme des Herrn Staatsministers Zietsch in der Finanzministerkonferenz, die doch mit der einmütigen Auffassung des Ministerrats in der Sitzung vom 10.3.1953 in Widerspruch stehe, sei jetzt eine mißliche Situation entstanden.

Staatsminister Zietsch entgegnet, der erwähnte Vorschlag sei in der Konferenz diskutiert worden; als sich aber herausgestellt habe, daß das Defizit des Bundes 5 000 Millionen DM betrage, habe man ihn fallen lassen, da bei einem solchen Fehlbetrag für die Länder keine Vorteile zu erwarten seien.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt, daß sich Bundesfinanzminister Schäffer durchaus bereit erklärt habe, sich für die Verwirklichung des Vorschlags einzusetzen, allerdings unter der Voraussetzung, daß sich dafür eine Mehrheit im Bundesrat finde. Die Angelegenheit hätte eingehend von den Finanzministern im Beisein des Herrn Bundesministers Schäffer besprochen werden müssen, sie sei aber doch mehr oder weniger unter den Tisch gefallen. Unter diesen Umständen werde jetzt Schäffer auf die Regierungsvorlage zurückgehen.

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß der Vorschlag durchaus behandelt worden sei,78 Finanzminister Flecken 79 von Nordrhein-Westfalen habe sich aber sofort ablehnend geäußert, ebenso die Vertreter Baden-Württembergs, Hamburgs und Bremens. Er selbst habe erklärt, wenn das Bundesfinanzministerium von einem Fehlbetrag von 5 000 Millionen DM ausgehe, könne man überhaupt nicht weiter verhandeln.

Ministerpräsident Dr. Ehard betont, es hätte jedenfalls eingehender über den Vorschlag gesprochen werden müssen. Er werde infolgedessen einen Brief an den Bundesfinanzminister richten und ihn bitten, ihn nochmals zu prüfen und in der nächsten Finanzminister-Konferenz zu behandeln. Es handle sich doch immerhin um eine Möglichkeit, Bayern in eine bessere Situation zu bringen und ihm erhebliche Mittel zu ersparen; eine solche Chance dürfe man nicht einfach ablehnen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, die Sache sei im letzten Ministerrat sehr ernsthaft erörtert worden mit dem Ergebnis, daß Bayern bei einem Fehlbetrag von 4 000 Millionen DM 35,7% zu entrichten hätte, bei einem Fehlbetrag von 5 000 Millionen DM etwa 42%. Es sei dann weiter überlegt worden, welche Aussichten bestünden, den Vorschlägen zur Annahme zu verhelfen. Dabei habe man gehofft, etwa Hamburg und Bremen als Bundesgenossen zu gewinnen. Der Herr Ministerpräsident habe schon mit Recht darauf hingewiesen, daß die Höhe des Fehlbetrags noch festgestellt werden müsse, ferner wie diese Festsetzung erfolge und welchen Einfluss der Bundesrat darauf habe.

Staatsminister Zietsch begründet nochmals seine Stellungnahme im Finanzausschuß.

Abschließend erklärt Ministerpräsident Dr. Ehard, jedenfalls werde er jetzt ein Schreiben an den Bundesfinanzminister richten, damit die Sache wenigstens in Fluß bleibe.80

Einkommen- und Körperschaftsteuer

IX. Ernennung eines neuen Generaldirektors der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

Staatsminister Dr. Schwalber gibt bekannt, Abg. Bezold 81 (FDP) habe ihn verständigt, daß er eine Anfrage wegen des als Nachfolger des bisherigen Generaldirektors Dr. Hanfstaengl vorgesehenen Dr. Ernst Buchner 82 an ihn richten werde. Die Entscheidung, ob Dr. Buchner wieder Generaldirektor werden solle, sei schwierig, da sich eine Reihe Leute sowohl für wie gegen ihn ausgesprochen hätten. Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe alle Vorwürfe, die sich vor allem mit dem Verhalten Buchners während der nationalsozialistischen Zeit befaßten, eingehend geprüft und festgestellt, daß nichts wirklich Belastendes gegen ihn vorgebracht werden könne.
Auch Staatssekretär Dr. Brenner legt dar, daß von den Vorwürfen so gut wie nichts übrig geblieben sei, so z.B. wegen der Verkäufe von Bildern, der Sicherung des Genter Altars usw. Deshalb habe auch das Kultusministerium den Antrag an den Ministerrat gerichtet, Dr. Buchner wieder zu verwenden.

Der Ministerrat beschließt, die Entscheidung über den Antrag des Kultusministeriums im Hinblick auf die zu erwartende Anfrage oder Interpellation im Landtag bis zur nächsten Kabinettsitzung zurückzustellen.83

X. Ausstellung von Gemälden der Alten Pinakothek in den Vereinigten Staaten von Amerika 84

Staatsminister Dr. Schwalber gibt dann bekannt, daß die Bayernpartei eine Interpellation wegen der geplanten Ausstellung der Pinakothek-Bilder eingebracht habe.85 Auch von anderer Seite würden übrigens gegen die Verschickung der Bilder Bedenken geltend gemacht, so von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.86 Wie er dem Herrn Ministerpräsidenten in seinem letzten Brief mitgeteilt habe, sei auch insofern eine neue Schwierigkeit entstanden, als sich die Versicherungsgesellschaften nicht bereit gefunden hätten, zur Abwendung eines etwaigen Arrestes den Versicherungsschutz zu übernehmen.87

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Aussprache über die Interpellation abzuwarten, jedenfalls aber in der Antwort nicht durchblicken zu lassen, welche Entscheidung die Staatsregierung getroffen habe. Es sei wohl am zweckmäßigsten, auf die Notwendigkeit und die Bedeutung der Ausstellung im Rahmen des Kulturaustausches mit anderen Ländern, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, hinzuweisen. Dazu könne man sagen, es gebe noch Schwierigkeiten rein technischer, unter Umständen auch rechtlicher Natur. Infolgedessen sei es notwendig, die beiden Gesichtspunkte abzuwägen, wobei nicht übersehen werden dürfe, daß sich wohlmeinende Kenner Deutschlands und insbesondere Bayerns lebhaft um das Zustandekommen bemüht hätten und noch weiter bemühten.

Staatsminister Dr. Schwalber verliest dann Auszüge aus einem Brief des amerikanischen Hohen Kommissars, Mr. Conant.88

Generaldirektor Dr. Hanfstaengl habe keinerlei Bedenken, inzwischen hätten sich aber andere Fachleute gemeldet, die doch auf eine gewisse Gefahr für die Gemälde, vor allem die Holztafeln, hingewiesen hätten.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, dieser Punkt sei schon wiederholt erörtert worden, jetzt komme es wohl im wesentlichen nur darauf an, die Interpellation abzuwarten.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.89

Leihgabe ins Ausland

XI. Fragen der Energiewirtschaft

1. Ausbau der Loisach zwischen Beuerberg und Wolfratshausen 90

Ministerpräsident Dr. Ehard nimmt Bezug auf das Schreiben des Herrn Staatsministers Dr. Seidel vom 7.2.1953, wonach das Bayernwerk zur Zeit kein Interesse am Ausbau der Loisach-Stufe habe, wohl aber die Isarwerke.91

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, es habe sich jetzt herausgestellt, daß die Isarwerke den Ausbau nicht übernehmen wollten.92

Staatsminister Zietsch fügt hinzu, weder das Bayernwerk noch die Isarwerke zeigten Neigung, den Ausbau zu übernehmen, solange die Oberste Baubehörde auf ihren Auflagen bestehen bleibe.

Staatsminister Dr. Seidel meint, unter diesen Umständen könne vielleicht auf die Vorschläge der Triebwerksbesitzer Niederlechner 93 und Wolf 94 zurückgegriffen werden.95 Nachdem diese allerdings die Auflagen der Obersten Baubehörde auch nicht erfüllen könnten, sei es wohl richtig, diese Angelegenheit vorerst nicht weiter zu behandeln.

Der Ministerrat stimmt diesem Vorschlag zu.96

Energiewirtschaft

2. Elektrizitätslastverteilung in bayerischen Grenzgebieten, insbesondere im Stadt- und Landkreis Lindau und im Gebiet um Aschaffenburg 97

Staatsminister Dr. Seidel erklärt, der Ministerrat müsse eine Entscheidung über die Frage treffen, ob das Gebiet um Aschaffenburg, das von dem RWE versorgt werde, für den bayerischen Elektrizitätsbezirk in Anspruch genommen werden solle oder nicht. Im Ministerrat vom 27.1.1953 sei diese Frage noch offen geblieben. Er mache darauf aufmerksam, daß dieses Gebiet auch in Zeiten der Stromknappheit nie irgendwelche Beschränkungen gehabt habe, vom RWE vielmehr immer in vollem Umfange beliefert worden sei. Diese günstige Lage könne dadurch verschlechtert werden, wenn man, mehr oder weniger aus Prestigegründen, auch dieses Gebiet für den Landeslastverteiler in Anspruch nehme.

Vielleicht sei es aber doch am besten, wenn die Frage heute zurückgestellt und in der nächsten Sitzung dem Landeslastverteiler Gelegenheit gegeben werde, seinen Standpunkt vorzutragen.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.98

Elektrizitätsversorgung

XII. Gesetz über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken vom 13.1.1953 99

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat am 20.1.1953 beschlossen habe, wegen dieses Gesetzes, das gegen das Grundgesetz verstoße, eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Außerdem sei beschlossen worden, das Bundesgesetz vom 13.1.1953 vorläufig in Bayern nicht anzuwenden und nach wie vor nach dem bayerischen Apothekengesetz zu verfahren. Daraus seien nun erhebliche Schwierigkeiten entstanden, vor allem seien die Regierungen der Auffassung, daß ein ordnungsgemäß beschlossenes und verkündetes Bundesgesetz angewendet werden müsse, auch wenn seine Verfassungsmäßigkeit angefochten worden sei. Er könne sich diesen Gründen nicht verschließen und glaube, es sei nicht möglich, den Beschluß vom 20.1.1953 aufrecht zu erhalten, zumal unter Umständen auch Schadenersatzansprüche zu erwarten seien. Er schlage deshalb vor, den erwähnten Beschluß aufzuheben und bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das Gesetz vom 13.1.1953 anzuwenden.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.100

XIII. Flüchtlings-Notleistungsgesetz. Hier: Einsetzung der Besatzungslastenverwaltung als Vergütungsbehörden im Sinne des § 29 des Gesetzes101

Staatssekretär Dr. Ringelmann führt aus, das Flüchtlings-Notleistungsgesetz vom 9.3.1953 unterscheide zwischen Anforderungs- und Vergütungsbehörden, die beide von den Länderregierungen zu bestimmen seien. Das Bundesfinanzministerium habe gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß die Behörden der dem Finanzministerium unterstellten Besatzungslastenverwaltung als Vergütungsbehörden im Sinne des § 29 eingesetzt würden. Er bitte deshalb, einen entsprechenden Ministerratsbeschluß zu fassen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, Abt. V des Staatsministeriums des Innern 102 bitte, noch keinen Beschluß zu fassen, da wahrscheinlich in Bayern Anforderungsbehörden überhaupt nicht benötigt würden; entsprechende Verhandlungen mit dem Finanzministerium sollten in dieser Woche stattfinden.

Staatssekretär Dr. Ringelmann meint, es sei auch nicht notwenig, die Verordnung heute schon zu verabschieden, das Finanzministerium müsse aber wegen der Besatzungskostenämter mit dem Bundesfinanzministerium in Verbindung treten und möglichst schnell eine Regelung treffen.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, sich grundsätzlich mit dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen einverstanden zu erklären.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt in diesem Zusammenhang bekannt, daß in Bad Reichenhall keine Sowjetzonen-Flüchtlinge untergebracht werden könnten, weil die dort in Aussicht genommenen Kasernen von den Amerikanern beansprucht würden.103 Er halte es nicht für unmöglich, daß man sich von Bad Reichenhall aus selbst an die Amerikaner gewandt habe, nur um keine Sowjetzonenf-Füchtlinge aufzunehmen.104 Jedenfalls habe er nach Bonn mitteilen müssen, daß Bayern über seine Quote hinaus keine Flüchtlinge, auch nicht als Pensionäre, aufnehmen könne.105

XIV. Trauerfeier der KPD im Deutschen Museum 106

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, die KPD habe am 12. März 1953 im Kongreß-Saal des Deutschen Museums eine Trauerfeier für Stalin abgehalten. Wenn die zuständigen Referenten des Innen- und des Kultusministeriums sich miteinander in Verbindung gesetzt und auch den Verwaltungsdirektor des Deutschen Museums entsprechend verständigt hätten, wäre vermieden worden, daß diese Feier ausgerechnet im Kongreß-Saal stattgefunden habe.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er sei lediglich gefragt worden, ob diese Feier vom polizeilichen Gesichtspunkt aus verhindert werden könne, eine Frage, die er natürlich habe verneinen müssen.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, der Referent des Innenministeriums habe an sich recht gehabt, auf Anfrage mitzuteilen, daß ein Verbot der Veranstaltung nicht möglich sei, er hätte aber immerhin dem Deutschen Museum abraten müssen, den Kongreß-Saal dafür zur Verfügung zu stellen.

XV. Antrag des Peter Jakob in Würzburg vom 6.2.1952 auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 50 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 25.9.1946 ( GVBl. S. 281 ) und des § 48 Abs. 3 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof vom 22.7.1947 ( GVBl. S. 147 )107

Der Ministerrat beschließt, als Vertreter der Staatsregierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof über den Antrag des Peter Jakob Ministerialrat Dr. Hermann Feneberg 108 (Staatsministerium des Innern) zu benennen.109

XVI. Anorgana, Gendorf 110

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob heute schon eine Entscheidung über die Anorgana, Gendorf, getroffen werden könne, die im Ministerrat vom 3.3.1953 noch zurückgestellt worden sei. Er frage deshalb, weil heute ein Schreiben der IG Farben-Industrie i. Liqu. eingetroffen sei, in dem erklärt werde, eine weitere Verzögerung der Übertragung der Geschäftsanteile der Anorgana G.m.b.H. auf den bayerischen Staat werde zu schwerwiegenden Nachteilen führen.111

Staatssekretär Dr. Ringelmann erwidert, die Besprechungen seien noch nicht ganz abgeschlossen, er glaube aber, daß diese Angelegenheit im nächsten Ministerrat entschieden werden könne.112

Anorgana

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt noch fest, er habe in der letzten Zeit wiederholt beobachten müssen, daß sich Referenten, ohne ihren Minister zu befragen, an die Presse wendeten, wann im Ministerrat eine Entscheidung gefallen sei, die ihren Wünschen oder Ansichten widerspreche. Er bitte, diesen Vorfällen besonderes Augenmerk zu widmen und dafür Sorge zu tragen, daß sie sich nicht wiederholten.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor