3S. im Detail Bayerische Staatskanzlei, Akt Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz vom 22. November 1950; vgl. Volkert, Handbuch S. 59.
1Ministerpräsident Dr. Ehard trägt die Grundzüge des Gesetzes vor.4
4StM Ankermüller hatte MPr. Ehard den Gesetzentwurf mit Begründung sowie dem vorläufigen Stellenplan mit Schreiben vom 5. 10. 1950 zukommen lassen. Die §§ 1 u. 2 des Entwurfs bestimmten im Grundsatz: „§ 1 In Bayern wird ein Landesamt für Verfassungsschutz errichtet. Es ist eine dem Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgeordnete Behörde. Nach Bedarf können Außenstellen des Landesamts errichtet werden. § 2 Dem Landesamt für Verfassungsschutz obliegen folgende Aufgaben: 1. die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über Bestrebungen, die eine Aufhebung, Änderung oder Störung der verfassungsmäßigen Ordnung im Bund oder in einem Lande oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. die Unterrichtung der Ämter für Verfassungsschutz des Bundes oder der Länder über alle Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, von denen es Kenntnis erhält und die für den Bund oder das betreffende Land von Wichtigkeit sind.“ (Bayerische Staatskanzlei, Akt Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz vom 22. November 1950).
2Staatsminister Dr. Ankermüller ergänzt die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten dahingehend, daß der Entwurf schon lange fertig sei,5 das US-Landeskommissariat habe jedoch die Auffassung vertreten, daß das Gesetz dem Landtag erst zugeleitet werden solle, wenn das Bundesgesetz über den Verfassungsschutz verabschiedet sei. Das entsprechende Bundesgesetz sei nunmehr veröffentlicht worden.6
5Am 20. 2. 1950 hatte die Militärregierung der Bayer. Staatsregierung die Ermächtigung erteilt, „eine kleine Dienststelle zum Zwecke der Sicherstellung von Nachrichten über umstürzlerische Tätigkeiten zu errichen und zu unterhalten.“ Diese Stelle durfte keinerlei polizeiliche Exekutivbefugnisse besitzen, und ihre Kontrolle, Kompetenzen und Aufgaben mußten durch Gesetz geregelt werden. S. hierzu die Abschrift der Übersetzung eines Schreibens von Land Commissioner Bolds an MPr. Ehard, 20. 2. 1950. Ein erster Gesetzentwurf des StMI scheint dann bereits im März 1950 fertiggestellt worden zu sein. Vgl. den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Landesstelle für Verfassungsschutz mit hs. Vermerk „29. 3. 1950“ (beides enthalten in: Bayerische Staatskanzlei, Akt Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz vom 22. November 1950).6Gemeint ist das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 29. 9. 1950. Vgl. Nr. 101 TOP I/15, Nr. 102 TOP I/10, Nr. 117 TOP III/9.
3Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet den Stellenplan des Landesamts für Verfassungsschutz als etwas überbesetzt.
4Der Ministerrat erörtert des längeren die Notwendigkeit der in dem Stellenplan ausgebrachten Stellen.
5Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, die Stelle des Direktors des Landesamts für Verfassungsschutz werde längere Zeit unbesetzt7 sein, da der als Leiter in Frage kommende Beamte sich jetzt noch in der Stellengruppe A2 c2 befinde.8 Auch sei nicht beabsichtigt, alle Stellen in der nächsten Zeit bereits zu besetzen. Bei der Aufstellung des Stellenplans sei davon ausgegangen worden, daß es unzweckmäßig erscheine, Stellenmehrungen oder Stellenhebungen später noch im Landtag beantragen zu müssen.7In der Vorlage hier wohl irrtümlich: „unterbesetzt“.8Zum Fortgang s. Nr. 134 TOP II.
6Ministerpräsident Dr. Ehard beanstandet auch die vorgesehene Aufwandsentschädigung für den Leiter des Amtes. Er erklärt, der Leiter des Amtes brauche keine besondere Aufwandsentschädigung, seine Reisekosten und Auslagen erhalte er ohnedies ersetzt.
7Staatsminister Dr. Ankermüller rechtfertigt die Aufwandsentschädigung für den Leiter des Amtes mit der Begründung, daß das Amt nicht dem Staatsministerium des Innern angehöre und der Leiter trotz seiner verantwortungsvollen Tätigkeit keine Ministerialzulage erhalte.
8Der Ministerrat beschließt daraufhin, daß die Aufwandsentschädigung für den Leiter des Amtes zu streichen ist. Ebenso kommt der Ministerrat nach längeren Beratungen zu dem Ergebnis, daß der vom Staatsministerium des Innern aufgestellte Stellenplan zu umfangreich sei und dem Landtag in der vorgesehenen Weise nicht vorgelegt werden könne. Der Ministerrat einigt sich schließlich dahingehend, daß die Stelle des Leiters in der Besoldungsgruppe Alb und die seines Vertreters A2c 1 ausgebracht werden. Ferner soll der Stellenplan enthalten: 1 Amtmann, 4 Oberinspektoren, 6 Inspektoren, 3 Obersekretäre oder Obersekretärinnen, 3 Sekretäre, 1 Betriebsassistent und 6 Angestellte, davon 4 in Vergütungsgruppe VIII TO A. Schließlich werden die beiden vorgesehenen Kraftfahrzeuge aus dem Stellenplan gestrichen.9 Im übrigen stimmt der Ministerrat dem Gesetzesentwurf zu.10
9Der Stellenplan des StMI mit den im Ministerrat beschlossenen hs. Streichungen enthalten in Bayerische Staatskanzlei, Akt Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz vom 22. November 1950.10MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten Entwurf und Begründung am 13. 10. 1950 zu. Der Landtag billigte das Gesetz in seiner Sitzung vom 8. 11. 1950. S. BBd.
IV Nr. 4423 ; StB.
VI S. 1258 –1260. Zum Fortgang s. Nr. 130 TOP X (Finanzierungsfragen) u. Nr. 134 TOP II (Personalfragen). – Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz vom 22. November 1950 (GVBl. S. 224
).
11S. im Detail StK-GuV 853; MF 72608, 74249 u. 74250. Vgl. auch Nr. 96 TOP V, Nr. 109 TOP XI, Nr. 127 TOP XV.Es handelte sich hierbei um einen Änderungsentwurf zum Bayer. Beamtengesetz vom 28. Oktober 1946 (GVBl. S. 349
). Vgl. zu dessen Entstehung Protokolle Hoegner I Nr. 45 TOP II
. In einem Entwurf eines Schreibens von Staatssekretär Müller an MPr. Ehard, 29. 9. 1950, mit dem der Gesetzentwurf am 3. 10. 1950 an die StK übermittelt wurde, begründete das StMF die Notwendigkeit einer Änderung des Beamtengesetzes: „Das geltende Bayerische Beamtengesetz vom 28. Oktober 1946 ist in einer Zeit entstanden, in der in staats-, verwaltungs- und beamtenrechtlicher Hinsicht noch viele Fragen ungeklärt warten. Die Bayerische Verfassung und das Gesetz Nr. 39 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit [vom 25. September 1946 (GVBl. S. 281
)], die um die gleiche Zeit ergingen, konnten bei der Abfassung des Gesetzes nicht berücksichtigt werden. Bei der Ausarbeitung des Gesetzes mußte zahlreichen Wünschen der Militärregierung, die in der Richtung einer weitgehenden Amerikanisierung des Beamtenrechts lagen, Rechnung getragen werden. Besonders nachteilig wirkte sich aus, daß das Gesetz nicht durch den Landtag gegangen ist, sondern ohne Mitwirkung der Volksvertretung durch den Bayerischen Ministerpräsidenten erlassen werden mußte. So kam es, daß das Gesetz Lükken und Unklarheiten enthält. Der Besoldungsausschuß und ihm folgend das Plenum des Bayerischen Landtags haben nunmehr vor kurzem einen Beschluß dahingehend gefaßt, daß alsbald Entwurf [sic!] eines neuen Beamtengesetzes vorzulegen sei. Nach Auffassung des Staatsministeriums der Finanzen erscheint es noch verfrüht, dem Landtag den Entwurf eines neuen Beamtengesetzes vorzulegen. Der Bund hat vor kurzem für die Beamten des Bundes ein neues Bundesbeamtengesetz erlassen, das in der Hauptsache nur eine Wiedergabe des Deutschen Beamtengesetzes darstellt und dessen Geltungsdauer ausdrücklich bis zum 31. Dezember 1950 befristet ist. Bis zu diesem Zeitpunkt muß dem Bundestag ein neues Beamtengesetz vorgelegt werden. Gemäß Art. 75 Ziffer I des Grundgesetzes hat der Bund das Recht, unter den Voraussetzungen des Art. 72 Rahmenvorschriften zu erlassen über die rechtlichen Verhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen. Da hienach die Wahrscheinlichkeit besteht, daß ein neues bayerischen Beamtengesetz in absehbarer Zeit wieder geändert werden müßte, wird die Schaffung eines solchen zweckmäßigerweise zurückgestellt werden. Dagegen ist es eine unbedingte Notwendigkeit geworden, einzelne Bestimmungen des Gesetzes, die entweder nie durchgeführt worden sind oder bei deren Durchführung sich Schwierigkeiten ergaben, zu beseitigen oder zu ändern und einige neue Bestimmungen, die sich als erforderlich erwiesen haben, neu in das Gesetz aufzunehmen. Der Entwurf beschränkt sich auf solche unbedingt notwendige Änderungen.“ (MF 74249).
1Ministerialdirektor Dr. Metz trägt die Grundzüge der beamtenrechtlichen Bestimmungen des ersten Teils des Gesetzesentwurfs vor.12 Zur Neufassung des Art. 47 Ziff. 1 Satz 2 wird kurz erörtert, ob es notwendig sei, zu bestimmen, wer den Verfassungsgerichtshof anrufen kann und in welchem Verfahren der Verfassungsgerichtshof entscheidet.13
12Der Gesetzentwurf in der hier behandelten Fassung von Ende September/Anfang Oktober 1950 (s.o. Anm. 11) bestand aus drei Teilen und ist enthalten in MF 74249. Der erste Teil des Entwurfs (§§ 1–4) betraf Änderungen des Bayer. Beamtengesetzes, der zweite Teil (§§ 5–34) die Senkung der Ausgaben für den Öffentlichen Dienst (Besoldungsrecht, Pensionsbezüge und Ruhegehälter), der dritte Teil (§§ 35–36) behandelte die Versorgung der Mitglieder der Staatsregierung.13§ 1 Abs. 9 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) betr. die Änderung des Art. 47 Ziff. 1 des Beamtengesetzes lautete: „Das Landespersonalamt hat folgende Aufgaben: 1. die Überwachung der Durchführung dieses Gesetzes; das Landespersonalamt kann den Ministerpräsidenten, die zuständigen Minister und den Landtag auf einzelne oder allgemeine Mißstände hinweisen und Vorschläge zur Abstellung machen. Wenn Mißstände nicht abgestellt werden, kann der Verfassungsgerichtshof angerufen werden.“ Diese Formulierung war gegenüber dem Text des Bayerischen Beamtengesetzes vom 28. Oktober 1946 (GVBl. S. 349
) unverändert geblieben.
2Der Ministerrat sieht die Notwendigkeit einer Änderung dieser Bestimmung des Entwurfs nicht als gegeben an.
3Der Ministerrat beschließt, in Art. 50 den Abs. 2 zu streichen,14 da diese Bestimmung durch das inzwischen verabschiedete Gesetz über die Beamten, Angestellten und Arbeiter des Landtags und Senats überholt ist.15
14Art. 50 Abs. 2 des Beamtengesetzes vom 28. 10. 1946 betraf die Ernennungsmodalitäten und die Beurkundung der Ernennung für Beamte. Dieser Abs. 2 sollte laut § 1 Abs. 10 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) zum neuen Abs. 3 des Beamtengesetzes werden; eingefügt werden sollte dafür ein neuer Art. 50 Abs. 2 mit dem Wortlaut: „Der Präsident des Landtags ernennt die Beamten des Landtags, der Präsident des Senats die Beamten des Senats.“15Gesetz über die Beamten, Angestellten und Arbeiter des Landtags und Senats vom 25. Oktober 1950 (GVBl. S. 220
).
4Staatsminister Dr. Ankermüller macht Bedenken gegen die neue Fassung des Art. 52 Abs. 2 Ziff. 4 geltend.16
16Der § 1 Abs. 11 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) betr. die Änderung des Art. 52 Abs. 2 des Beamtengesetzes lautete: „Eine Ernennung kann angefochten werden, wenn 1. bei einem nach seiner Ernennung Entmündigten die Voraussetzungen für die Entmündigung im Zeitpunkt der Ernennung Vorlagen; 2. nicht bekannt war, daß der Ernannte auf Grund des Art. 88 [des Bayer. Beamtengesetzes] entlassen oder im Wege des Dienststrafverfahrens aus dem Dienst entfernt oder zu Ruhegehaltsverlust verurteilt worden war; 3. wenn der Ernannte die für die Ernennung erforderliche Prüfung nicht abgelegt hat; 4. wenn sie ohne Zustimmung des Landespersonalamts vorgenommen worden ist, obwohl sie nach den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der zu seiner Durchführung ergangenen Bestimmungen dieser Zustimmung bedurft hätte.“ Die zitierten Ziff. 3 u. 4 des Gesetzentwurfs waren Ergänzungen zum bereits bestehenden Gesetzestext. Der Art. 52 Abs. 2 des Beamtengesetzes vom 28. 10. 1946 hatte wortgleich nur die Bestimmungen der Ziff. 1 u. 2. enthalten.
5Der Ministerrat stimmt diesen Bedenken jedoch nicht zu. Dagegen streicht der Ministerrat Art. 64 Abs. 4.17 Der Ministerrat erörtert dann die neu eingeführte Bestimmung des Art. 86c, wonach eine Beamter mit der Begründung eines neuen Beamtenverhältnisses aus dem bisherigen Beamtenverhältnis ausscheidet.18
17Der § 1 Abs. 15 Ziff. 4 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) betr. den Art. 64 Abs. 4 des Beamtengesetzes lautete: „Ein Beamter im Dienst des Bundes oder eines anderen Landes kann mit Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen und des Landespersonalamts in den Dienst des Landes übernommen werden.“18Der gemäß § 1 Abs. 18 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) neu in das Beamtengesetz einzufügende Art. 86c lautete: „Der Beamte scheidet mit der Begründung eines neuen Beamtenverhältnisses aus dem bisherigen Beamtenverhältnis aus.“ Der ursprüngliche Art. 86 des Beamtengesetzes vom 28. 10. 1946 hatte Bestimmungen bezüglich der Behandlung gerichtlich verurteilter Beamter enthalten.
6Staatsminister Dr. Ankermüller meint, dieser Bestimmung solle ein Versorgungsgesetz für die Landräte vorausgehen.
7Ministerpräsident Dr. Ehard ist jedoch anderer Ansicht. Er ist der Auffassung, daß die Aufnahme des Art. 86c in den Gesetzentwurf die Verabschiedung eines Versorgungsgesetzes für die Landräte beschleunigen könne.
8Der Ministerrat beschließt darauf, die Bestimmung in dem Entwurf zu lassen.
9Ministerialdirigent Kallenbach
19 schickt der Erörterung der nun folgenden Änderungsbestimmungen zum Beamtengesetz einige grundsätzliche Ausführungen über das Anwachsen der Versorgungslast und die dadurch gebotenen Sparmaßnahmen voraus.20 Er weist, von Ministerpräsident Dr. Ehard befragt, darauf hin, daß die nachfolgenden Bestimmungen gegenüber den durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen der beiden Währungsverordnungen21 grundsätzlich keine Verschlechterung bedeuten, insbesondere sei die Regelung für die Witwen, die mindestens 15 Jahre jünger sind als ihre verstorbenen Ehemänner, günstiger als nach den Währungsverordnungen.22 Die nunmehr getroffene Regelung stimme mit der Regelung überein, welche im Entwurf des Bundesgesetzes zu Art. 131 GG vorgesehen sei.23
19Zur Person s. die Anwesenheitsliste Nr. 118.20Bezug genommen wird hier auf § 1 Abs. 22–41 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11), die sämtlich Änderungen der Abschnitts XI des Beamtengesetzes vom 28. 10. 1946 betrafen. Dieser regelte die Beamtenversorgung (Ruhegehalt, Hinterbliebenenversorgung, Unfallfürsorge).21Bezug genommen wird hier auf die Erste und Zweite Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen vom 17. 8. 1948 bzw. vom 9. 3. 1949. Zu deren Aufhebung durch den Bayer. Verfassungsgerichtshof s. Nr. 109 TOP XI Anm. 45 sowie unten die Anm. 32.22§ 12 Abs. 5 der Ersten Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen vom 17. 8. 1948 hatte dem Art. 116 des Bayer. Beamtengesetzes vom 28. 10. 1946 bezüglich der Versorgung der Beamtenwitwen folgenden Art. 116a Abs. 1 hinzugefügt: „(1) War die Witwe mehr als fünfzehn Jahre jünger als der verstorbene Beamte, so wird das nach Maßgabe des Artikels 114 und des Artikels 116 Absatz 1 berechnete Witwengeld für jedes angefangene Jahr des Altersunterschieds über fünfzehn bis einschließlich fünfundzwanzig Jahre um ein Zwanzigstel gekürzt. Nach einer die vollen Jahre des Altersunterschiedes übersteigenden Dauer der Ehe wird für jedes angefangene Jahr der weiteren Dauer dem gekürzten Betrag ein Zwanzigstel des nach Maßgabe des Artikels 114 und des Artikels 116 Absatz 1 sich berechnenden Witwengeldes so lange hinzugesetzt, bis der volle Betrag wieder erreicht ist.“ Gemäß § 1 Abs. 33 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) sollte die für die betroffenen Beamtenwitwen nun leicht abgemilderte Neuregelung des Art. 116a Abs. 1 lauten: „(1) War die Witwe mehr als 15 Jahre jünger als der verstorbene Beamte, so wird das nach Maßgabe des Art. 114 und des Art. 116 Abs. 1 berechnete Witwengeld für jedes angefangene Jahr des Altersunterschieds über 15 Jahre um ein Zwanzigstel, jedoch höchstens um zehn Zwanzigstel gekürzt. Nach 15jähriger Dauer der Ehe wird für jedes angefangene Jahr ihrer weiteren Dauer dem gekürzten Betrag ein Zwanzigstel des nach Art. 114 und des Art. 116 Abs. 1 sich berechnenden Witwengeldes solange hinzugesetzt, bis der volle Betrag wieder erreicht ist. Das nach Satz 1 und 2 errechnete Witwengeld darf hinter dem Mindestwitwengeld (Art. 114 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2) nicht Zurückbleiben.“23Gemeint ist hier das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. 5. 1951. Vgl. hierzu Nr. 88 TOP I/10, Nr. 118 TOP III/1, Nr. 119 TOP II, Nr. 120 TOP VIII/4. MinDir Kallenbach nimmt hier Bezug auf den § 39 Abs. 1 des als BR-Drs. Nr. 578/50 abgedruckten Gesetzentwurfs.
10Staatsminister Dr. Ankermüller trägt vor, die Bestimmungen bezüglich der jüngeren Witwen wirkten sich insbesondere zu Ungunsten der rassisch Verfolgten aus.
11Ministerialdirektor Dr. Ringelmann erklärt hiezu, man habe erwogen, in den Gesetzentwurf eine Ermächtigung aufzunehmen, nach der die oberste Dienstbehörde bei rassisch Verfolgten Ausnahmen von der Anwendung der die jüngeren Witwen benachteiligenden Vorschriften bewilligen könne. Man sei jedoch davon wieder abgekommen.
12Ministerpräsident Dr. Ehard spricht sich gegen die Aufnahme einer Ermächtigung in das Gesetz aus, weil man nicht wisse, ob davon der rechte Gebrauch gemacht werden könne.
13Ministerialdirigent Kallenbach trägt weiterhin noch vor, daß durch die mit dem Entwurf beabsichtigte Regelung eine Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand lediglich bei solchen Versorgungsberechtigten eintreten könne, welche erst in einem sehr hohen Alter ins Beamtenverhältnis überführt worden seien.
14Ministerialdirigent Kallenbach meint, man könne in dem Gesetzentwurf in § 2 den Abs. 3 streichen,24 da der Gesetzentwurf, der an die Stelle der Verordnung Nr. 113 trete,25 die gleiche Bestimmung enthalte.26
24§2 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) lautete: „(1) Beamte auf Probe, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes den Vorbereitungsdienst (Art. 7a) ableisten, werden Beamtenanwärter. (2) Beamte auf Probe, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Anstellungsprüfung abgelegt haben, werden vorbehaltlich des Art. 7 d Satz 3 Beamte auf Widerruf. (3) Der Aushändigung einer neuen Urkunde bedarf es in den Fällen des Abs. 1 und 2 nicht.“25Vgl. Nr. 109 TOP XI. Gemeint ist die durch Urteil des Bayer. Verfassungsgerichtshofes vom 10. 6. 1950 aufgehobene Verordnung Nr. 113 zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Beamten vom 29. 1. 1947.26Gemeint ist der unten als TOP III behandelte Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihrer Hinterbliebenen. In diesem Gesetzentwurf ist eine den oben in Anm. 24 zitierten Bestimmungen genau entsprechende Gesetzesstelle nicht nachweisbar. Bezug genommen wird hier aller Wahrscheinlichkeit nach auf § 8 des Gesetzentwurfs: „Beamte, die ohne entfernt zu sein (§ 2), vom Gesetz zur Befreiung des Nationalsozialismus und Militarismus betroffen sind (Art. 162 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 des bayerischen Beamtengesetzes), sind, wenn sie nicht durch rechtskräftige Entscheidung als Minderbelastete, Belastete oder Hauptschuldige erklärt oder als Belastete oder Hauptschuldige erachtet worden sind [...] Beamte auf Probe, wenn sie nach den bis zum Inkrafttreten des Bayerischen Beamtengesetzes vom 28. Oktober 1946 geltenden Vorschriften Beamte auf Widerruf waren.“ (MF 69828).
15Ministerialdirektor Dr. Ringelmann tritt dem entgegen und erklärt, in den verschiedenen heute zur Beratung stehenden Gesetzesentwürfen würden manche Bestimmungen doppelt enthalten sein; denn man habe im Finanzministerium nicht damit gerechnet, daß alle Gesetzentwürfe gleichzeitig dem Landtag zugeleitet würden. Er halte es für das richtige, daß man sich im Landtag eine Ermächtigung geben lasse, solche Bestimmungen, die in mehreren Gesetzentwürfen enthalten seien, in dem Gesetz zu streichen, in dem sie nicht notwendig seien.
16Der Ministerrat billigt diesen Vorschlag.
17Der Ministerrat stimmt im übrigen mit den Vorschriften des ersten Teils des Gesetzentwurfs zu und tritt in die Beratung des zweiten Teils des Gesetzentwurfs ein.
18Ministerialdirektor Dr. Ringelmann schlägt vor dem Eintritt in die Einzelberatung die Aufnahme eines neuen § 6a vor, der folgenden Wortlaut hat: „Soweit bisher auf Grund Verbots der Militärregierung Bezüge nicht gezahlt worden sind,27 werden Nachzahlungen für die Zeit vor dem 1. November 1949 nicht geleistet.“28
27Gemeint ist die zum 1. 11. 1949 aufgehobene Vorschrift Nr. 16–241.1 der amerikanischen Militärregierung in Bayern aus dem Jahre 1945, der zufolge Gehälter an bayer. Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst nur für die Zeit ausbezahlt werden durften, während der die betroffenen Personen auch tatsächlich beschäftigt waren. Vgl. Nr. 109 TOP III Anm. 12.28Dieser Vorschlag eines § 6a im ursprünglichen Gesetzentwurf (wie Anm. 11) nicht enthalten.
19Staatsminister Dr. Pfeiffer hält diese Bestimmung für ungerecht.
20Ministerpräsident Dr. Ehard weist auf die Möglichkeit hin, daß diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärt werden könnte.
21Staatsminister Dr. Hundhammer setzt sich für die Bestimmung ein mit der Begründung, auch andere Bevölkerungskreise hätten infolge zufälliger Ereignisse nach dem Kriege große Schäden erlitten, deren Wiedergutmachung nicht erfolgen könnte.
22Der Ministerrat erörtert die Möglichkeit, an die Stelle des 1. November den 1. April 1949 zu setzen.
23Schließlich faßt der Ministerrat den Beschluß, den vorgeschlagenen § 6a in den Gesetzentwurf aufzunehmen und als Zeitpunkt den 1. November 1949 in der Bestimmung zu belassen.29
29Entgegen dem hier dokumentierten Beschluß des Ministerrats wurde die von MD Ringelmann vorgeschlagene Aufnahme eines § 6a in den Gesetzentwurf dann doch nicht vollzogen. In einen in StK-GuV 853 enthaltenen undatierten, aber offensichtlich nach vorliegendem Ministerrat abgefaßten Text des Gesetzentwurfs, der mit dem handschriftlichen Vermerk „2. Fassung (nach Ministerrat)“ versehen ist, fand der hier diskutierte § 6a keinen Eingang.
24Ministerpräsident Dr. Ehard kommt nunmehr auf die in dem neuen Gesetzentwurf für die Hochschullehrer getroffene Regelung (§ 17) zu sprechen.30
30§ 17 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 11) lautete: „Hochschullehrer, die von den amtlichen Verpflichtungen entbunden worden sind, erhalten nach Ablauf des Monats, in dem sie das 70. Lebensjahr vollendet haben, Bezüge in Höhe des Ruhegehalts, das sie erhalten hätten, wenn sie am Tag der Entpflichtung in den Ruhestand versetzt worden wären. Dabei wird, solange sie den bei der Entpflichtung innegehabten Wohnsitz beibehalten, der vor der Entpflichtung zuletzt bezogene Wohngeldzuschuß der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zugrunde gelegt.“
25Ministerialdirigent Kallenbach bezeichnet die Vorschrift als notwendig, da die Fortzahlung der vollen Bezüge für die Hochschullehrer den Staatshaushalt außerordentlich belaste.
26Staatsminister Hundhammer spricht sich für eine Streichung der Bestimmung aus. Er begründet seine Auffassung damit, daß die meisten Hochschullehrer tatsächlich erst in verhältnismäßig hohem Alter in den Genuß eines angemessenen Einkommens gelangen würden. Außerdem habe, von Hessen abgesehen, kein anderes Land der Bundesrepublik eine derartige Regelung getroffen. Die Folge davon sei, daß Bayern schon bei der Berufung von Professoren den finanziellen Verlust, der den Professoren in Bayern durch die einseitige Regelung entstehe, durch entsprechende höhere Bezüge, insbesondere die Zusicherung von Kolleggeldern, ausgleichen müsse. Insofern trete die vom Staatsministerium der Finanzen errechnete Einsparung tatsächlich nicht ein. Er müsse sich daher stärkstens gegen diese Bestimmung wenden und sei dagegen, daß diese in einen Regierungsentwurf aufgenommen werde.
27Der Ministerrat beschließt daraufhin, den § 17 des Entwurfs zu streichen. Im übrigen wird der 2. Teil des Gesetzentwurfs unverändert angenommen. Dagegen beschließt der Ministerrat, den 3. Teil des Entwurfs (Versorgung der Mitglieder der Staatsregierung)31 dem Landtag nicht zuzuleiten. Es wird festgestellt, daß die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, durch welche der die Versorgung der Mitglieder der Staatsregierung betreffende Teil der 2. Währungsverordnung für nichtig erklärt werde, demnächst zu erwarten sei.32 Damit trete wieder das Gesetz vom 5. September 1946 rückwirkend in Kraft.33
31S.o. Anm. 12.32Bezug genommen wird hier auf die Zweite Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen vom 9. März 1949 (GVBl. S. 61
), die in ihrem dritten Abschnitt Bestimmungen über die Bezüge der Mitglieder der Staatsregierung enthielt. Diese Verordnung wurde in einer Entscheidung des Bayer. Verfassungsgerichtshofes vom 10. 11. 1950 als verfassungswidrig und für nichtig erklärt. Geklagt hatte der ehemalige Staatsminister Rudolf Zorn, vom 10. 1. 1947 bis zum 20. 9. 1947 Wirtschaftsminister im Kabinett Ehard I, dessen Ministerpension auf Grundlage der Bestimmungen des dritten Teils der Verordnung vom 9. 3. 1949 rückwirkend gestrichen worden war: In der Verordnung vom 9. 3. 1949 war die Altersgrenze, von der ab ausscheidende Mitglieder der Staatsregierung Anspruch auf lebenslange Ruhegehälter und Hinterbliebenenversorgung besaßen, vom vollendeten 50. auf das vollendete 55. Lebensjahr angehoben worden. StM Zorn war zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Staatsregierung 53 Jahre alt. S. hierzu im Detail: Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes wegen Verfassungswidrigkeit der 2. Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen vom 9. 3. 1949 (GVBl. S. 61
) vom 10. 11. 1950 (GVBl. S. 259
).33Gemeint ist das Gesetz Nr. 52 über Gehalt, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung der Mitglieder der Bayer. Staatsregierung vom 5. September 1946 (GVBl. S. 369
). Zu dessen Entstehung vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 43 TOP XVI
.
28Der Ministerrat steht auf dem Standpunkt, daß es unzweckmäßig erscheine, im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Neuregelung der Versorgung der Mitglieder der Staatsregierung von Regierungsseite zu beantragen, weil damit in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehe, als wolle die gegenwärtige Regierung für sich selbst noch sorgen. Man ist sich darin einig, daß das Gesetz vom 5. September 1946 einige unbillige Härten aufweise, doch ist nach Auffassung des Kabinetts jetzt nicht der Zeitpunkt, um diese Härten im Wege der Gesetzgebung auszugleichen.
29Der Ministerrat kommt zu dem Ergebnis, daß Änderungen des Versorgungsgesetzes für die Mitglieder der Staatsregierung aus der Mitte des Landtags eingebracht werden müßten. Zu diesem Zweck sollen auch Besprechungen zwischen den Fraktionsführern eingeleitet werden. Die entsprechenden Änderungen sollen vom Staatsministerium der Finanzen bereits in nächster Zeit vorbereitet und besprochen werden, damit nach dem Zusammentritt des neuen Landtags alsbald eine Neuregelung in Angriff genommen werden kann.34
34MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Gesetzentwurf ohne den dritten, die Versorgung der Mitglieder der Staatsregierung betreffenden Teil, am 15. 10. 1950 zu. Der Landtag billigte den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 20. 11. 1950. Vgl. BBd.
IV Nr. 4450 u. Nr. 4631; StB.
VI S. 1347 –1352. Das Gesetz kam in Folge aufgrund des Einspruchs der AHK allerdings nicht zur Veröffentlichung. Vgl. das undatierte Schreiben von Land Commissioner Shuster an MPr. Ehard, Eingangsstempel vom 18. 1. 1951; Land Commissioner Shuster an MPr. Ehard, 29. 1. 1951. Das letztgenannte Schreiben führte – in Übersetzung – zur Begründung der Ablehnung aus: „Sehr geehrter Herr Dr. Ehard! Im Anschluß an unsere Besprechung über das Gesetz zur Änderung des Beamtengesetzes hatten Sie die Liebenswürdigkeit, eine schriftliche Stellungnahme zu diesen Fragen anzukündigen. Insbesondere wird § 1 Nr. 3 des Änderungsgesetzes beanstandet, da er den von der Hohen Kommission der Bundesregierung übermittelten Richtlinien über das Beamtengesetz widerspricht. Nach Grundsatz iii muß ein in eine gesetzgebende Körperschaft gewählter Beamter sein Amt niederlegen. Sie erklärten, daß dieser Grundsatz nach bayerischer Praxis und Tradition für bestimmte Beamtengruppen verbindlich sei. Es würde uns daher helfen, wenn Sie uns diese Gruppen bezeichnen und auch angeben könnten, ob sie von einer Neufassung des beabsichtigten Gesetzes ebenfalls mit erfaßt werden könnten. Selbstverständlich würden zwar noch andere Beamtengruppen übrigbleiben, für die Grundsatz iii auch nach erfolgter Neufassung nicht verbindlich ist; zur Erörterung dieser Fragen wäre es jedoch zweckdienlich, eine klare Abgrenzung zu schaffen. Das Gesetz enthält noch weitere Punkte, die ebenfalls beanstandet werden. Diese ergeben sich größtenteils aus der Einschränkung der Stellung und des Aufgabenbereichs des Landespersonalamtes. So schafft der § 1 Nr. 8 des Änderungsgesetzes den Dreierausschuß zur Entgegennahme von Beschwerden ab und setzt an seine Stelle nur den unmittelbaren Dienstvorgesetzten. Durch § 1 Nr. 11 des Änderungsgesetzes wird das Personalamt mit Beamten überbesetzt, womit die zur Wahrung des öffentlichen Interesses eingebauten Sicherungen entfallen. Weitere Kritik an Einzelheiten kann Ihnen noch nachträglich übermittelt werden.“ (StK-GuV 853 u. MF 74250). Eine Abschrift der hier erwähnten Richtlinien der AHK vom 14. 4. 1950 enthalten in StK-GuV 853. Diese Richtlinien waren der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen vom 17. Mai 1950, des sogenannten Bundesbeamtengesetzes (vgl. Nr. 101 TOP I/5), übermittelt worden. Auch das Bundesbeamtengesetz war, wie das bayer. Änderungsgesetz zum Beamtengesetz, von der AHK zunächst nicht genehmigt worden, da auch hier die Frage des Ausscheidens von in den Bundestag gewählten Beamten aus dem Amt sowie die Frage des Fortbestands der Rechte und Pflichten dieser Beamten nicht zur Zufriedenheit der AHK gelöst war. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 333 f. u. 372 f. Zum Fortgang s. Nr. 137 TOP IV, Protokolle Ehard III Nr. 8 TOP XII
/4.
35S. im Detail MF 69828. Abweichend von der vorliegenden Formulierung dieses Tagesordnungspunktes lautete der Titel des Gesetzentwurfs „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihrer Hinterbliebenen.“
1Ministerialdirigent Dr. Metz berichtet kurz über die Entstehungsgeschichte und den Inhalt der gesetzlichen Bestimmungen.36
36Vgl. Nr. 109 TOP XI. Nachdem die Verordnung Nr. 113 zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Beamten vom 29. 1. 1947 durch Urteil des Bayer. Verfassungsgerichtshofes vom 10. 6. 1950 als verfassungswidrig erklärt worden war, hatte der Bayer. Landtag in seiner Sitzung vom 14. 6. 1950 den Beschluß gefaßt, die Staatsregierung zu ersuchen, „dem Landtag unverzüglich einen Gesetzentwurf über die endgültige Regelung der Rechtsverhältnisse der im Zuge der politischen Säuberung entfernten Beamten sowie der anspruchsberechtigten Angestellten des öffentlichen Dienstes vorzulegen.“ Vgl. BBd.
IV Nr. 3937 ; StB.
VI S. 547 . S. ferner den Abdruck eines Schreibens von MD Ringelmann an MPr. Ehard, 9. 10. 1950: „Durch das Urteil des bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 10. Juni 1950 sind die VO Nr. 113 vom 29. Januar 1947 (GVBl. S. 82
) und die VO vom 14. Juli 1948 (GVBl. S. 112
) zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Beamten im Warteoder Ruhestand und Beamtenhinterbliebenen sowie der entfernten Beamten und ihrer Hinterbliebenen aufgehoben worden. Zwar ermöglicht das vom Landtag beschlossene Gesetz über die vorläufige Gewährung von Leistungen durch den Staat und die seiner Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts vom 27. Juli 1950 (GVBl. S. 107
), Leistungen, die bisher nach Maßgabe der Vorschriften gewährt wurden, welche auf Grund der Art. 162 Abs. 3 und 165 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes ergangen sind, bis auf weiteres im Rahmen der genannten Vorschriften weiter oder neu zu gewähren. Dieses Gesetz kann aber nur als Notbehelf angesehen werden; in wesentlichen Punkten sind die Rechtsverhältnisse der entfernten Beamten ungeklärt geblieben. Die Rechtsverhältnisse der entfernten Beamten werden in dem gemäß Art. 131 des Grundgesetzes ergehenden Gesetze mitgeregelt. Es würde deshalb in Frage kommen, dieses Gesetz abzuwarten und seinerzeit ergänzende Bestimmungen zu diesem Gesetz zu erlassen. Da aber nicht übersehen werden kann, wann das äußerst umstrittene Gesetz ergehen wird, und da der Landtag auf die Vorlage eines Gesetzentwurfs drängt, wurde der Entwurf eines Gesetzes ausgearbeitet. Der Eilbedürftigkeit wegen mußte leider darauf verzichtet werden, den Entwurf mit den übrigen Staatsministerien durchzusprechen.“ (MF 69828).
2Ministerpräsident Dr. Ehard wirft die grundsätzliche Frage auf, ob man mit der Vorlage des Gesetzentwurfs an den Landtag warten solle, bis das Bundesgesetz zur Durchführung des Art. 131 GG37 verabschiedet sei oder ob man den bayerischen Gesetzentwurf unabhängig hiervon jetzt gleich dem Landtag zuleiten solle. Es stehe fest, daß nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes zur Durchführung des Art. 131 Änderungen in dem bayerischen Gesetz notwendig seien. Eine andere Frage sei allerdings, ob man es unterlassen könne, ein solches Gesetz diesem Landtag noch vorzulegen. Er sei der Auffassung, daß dies nicht möglich sei.37Vgl. Nr. 88 TOP I/10, Nr. 118 TOP III/1, Nr. 119 TOP II, Nr. 120 TOP VIII/4, Nr. 129 TOP I/D.
3Der Ministerrat stimmt der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten zu und beschließt, den Gesetzentwurf noch dem jetzigen Landtag vorzulegen.
4Die Grundzüge der gesetzlichen Regelung werden kurz besprochen.
5Ministerialdirektor Dr. Ringelmann weist darauf hin, daß Art. 27 Abs. 238 die Möglichkeit zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages an den ehemaligen Regierungspräsidenten Stock39 eröffne.38Art. 27 des Gesetzentwurfs lautete: „(1) Einem nach § 9 Abs. 1 Ziff. 2 oder § 26 Abs. 2 entlassenen Beamten auf Lebenszeit oder auf Zeit kann die oberste Dienstbehörde, soweit es sich um Beamte des Staates oder einer von ihm übernommenen Verwaltung handelt, im Einvernehmen mit dem Staatsminister der Finanzen einen Unterhaltungsbeitrag bis zur Höhe des nach den §§ 22 und 24 zu gewährenden Ruhegehalts auf Zeit oder lebenslänglich bewilligen. Sie kann ihre Befugnis im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen auf andere Behörden übertragen. (2) Abs. 1 gilt entsprechend für die nach § 9 Abs. 1 entlassenen Beamten auf Probe (Widerruf), denen nach dem im Zeitpunkt ihrer Entlassung für sie geltendem Recht ein Unterhaltsbeitrag hätte bewilligt werden können.“ (MF 69828).39Jean Stock (1893–1965), Buchdrucker, 1911 Mitglied des Buchdruckerverbandes und der SPD, 1918 Arbeitersekretär, 1919 Stadtrat in Aschaffenburg, Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats, des provisorischen Bayer. Nationalrats und des Rätekongresses, 1919–1933 MdL (SPD), 1922–1933 Geschäftsführer Aschaffenburger Volkszeitung, dann Druckereibesitzer (Stock & Körber), 1933 mehrmals verhaftet, 1944 KZ Dachau, 14. 4. 1945 Oberbürgermeister und Landrat von Aschaffenburg, 24. 11. 1945–28. 2. 1946 Lizenzträger Main-Echo Aschaffenburg, 8. 1.-13. 8. 1946 Regierungspräsident von Unterfranken, Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung, MdL 1946–1962, 1946–1950 Vors. der SPD-Landtagsfraktion, 1948/49 MdPR.
6Der Ministerrat billigt den Gesetzentwurf unverändert.40
40MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten Entwurf und Begründung am 13. 10. 1950 zu. Vgl. BBd.
IV Nr. 4424 . Das Gesetzesvorhaben blieb in Folge unerledigt. In thematischem Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 11 TOP II
betr. das Gesetz über die Zahlung von aus öffentlichen Mitteln zu leistenden Pensionen, Renten oder sonstigen Versorgungsbezügen in Fällen einer politischen Belastung. S. hierzu im Detail StK-GuV 858. – Gesetz über die Zahlung von aus öffentlichen Mitteln zu leistenden Pensionen, Renten oder sonstigen Versorgungsbezügen in Fällen einer politischen Belastung vom 3. Juli 1951 (GVB1. S. 101).
41Vgl. Nr. 113 TOP IV.
1Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Laufbahnverordnung nicht dem Landtag zugeleitet zu werden brauche und daß man sie daher zurückstellen könne, da in diesem Ministerrat in erster Linie diejenigen Vorlagen behandelt werden müßten, die dem Landtag noch vor dem 20. Oktober zuzuleiten seien.
2Der Ministerrat beschließt daher die Zurückstellung der Laufbahnverordnung.42
42Im Registraturexemplar war hier der Zusatz „für eine spätere Sitzung“ hs. gestrichen worden (StK-MinRProt 13). Die Debatte um den Erlaß einer neuen bayer. Laufbahnverordnung sollte sich noch bis zum Sommer 1952 hinziehen. Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 59 TOP V
.-Verordnung über die Vorbildung, Ernennung und die Laufbahnen der bayerischen Beamten (Laufbahnverordnung) vom 23. Juni 1952 (GVBl. S. 199
).
43Vgl. Nr. 120 TOP VII, Nr. 127 TOP IV.
1Staatssekretär Dr. Müller gibt bekannt, daß er noch vor dem 20. Oktober ein neues Gesetz über die Übernahme von Staatsbürgschaften vorlegen wolle.44 In dem Gesetzentwurf solle die Staatsbürgschaft für Flüchtlingsproduktivkredite um 30 Millionen DM erhöht werden, jedoch mit der Maßgabe, daß der Staat nur 90 v. H. der Kredite verbürge, während die restlichen 10 v.H. von den Banken zu übernehmen seien. In dem gleichen Gesetz wolle er noch die Übernahme von Staatsbürgschaften bei Krediten für kriegssachgeschädigte Betriebe in Höhe von 30 Millionen DM aufnehmen, ferner die Bürgschaften für die Landesbodenkreditanstalt und für die Bayer. Bauern Vereinsbank in Höhe von je 1 Million DM.44Gemeint ist der Entwurf eines Sechsten Gesetzes über Sicherheitsleistungen des Bayer. Staates. Zum Fortgang s. Nr. 129 TOP IV, Nr. 130 TOP IV.
45Vgl. Nr. 103 TOP IX. S. StK-GuV 774.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erläutert kurz die Bekanntmachung.
2Staatssekretär Dr. Schwalber stellt fest, in der Bekanntmachung sei vorgesehen, daß auch Landtag und Senat das große Staatswappen führen würden.
3Der Ministerrat billigt die Verkündung der Bekanntmachung der bayerischen Staatsregierung durch Ministerpräsident Dr. Ehard.46
46Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Führung des Wappens des Freistaates Bayern vom 12. Oktober 1950 (GVBl. S. 207
).
47Vgl. Nr. 127 TOP XI.
1Staatssekretär Dr. Müller gibt bekannt, daß er sich mit Staatssekretär Dr. Sattler über den finanziellen Beitrag Bayerns zum Deutschen Bühnenverein geeinigt habe.
2Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest,48 daß der Ministerrat sich mit der Angelegenheit nicht mehr zu befassen braucht.48Dieser Passus wurde im Registraturexemplar hs. eingefügt; ursprünglich hieß es hier nur: „Es wird festgestellt“ (StK-MinRProt 13).
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt kurz Erläuterungen zu dem Gesetzentwurf, dessen Vorlage noch in der laufenden Gesetzgebungsperiode dem Wunsch von Landtag und Senat entspreche. Der nunmehr fertiggestellte Entwurf trage den Bedenken Rechnung, welche zur Aufhebung des alten Rechnungsprüfungsgesetzes durch die Militärregierung geführt hätten49
49Gemeint ist das Gesetz über die staatliche Rechnungsprüfung (RprG) in Bayern vom 4. Juni1948 (GVB1. S. 97), das durch den Befehl Nr. 11 der Militärregierung vom 25. Januar 1949 mit Wirkung zum 10. 1. 1949 aufgehoben worden war (GVBl. S. 32). Die Militärregierung sah hier gleichzeitig einen Verstoß gegen die Bayer. Verfassung wie gegen die Richtlinien der Militärregierung, da eine Unabhängigkeit der Rechnungsprüfungsämter nicht gewährleistet schien: durch das Gesetz von 1948 waren die Rechnungsprüfungsämter direkt dem StMF unterstellt worden. Vgl. Volkert, Handbuch S. 179.
2Der Ministerrat beschließt die Vorlage des Gesetzentwurfs an den Landtag.50
50MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten Entwurf und Begründung eines Gesetzes über die Staatskontrolle in Bayern am 13. 10. 1950 zu. S. BBd.
IV Nr. 4448 . Der Gesetzentwurf blieb in Folge unerledigt. An Stelle des aufgehobenen Rechnungsprüfungsgesetzes von 1948 trat schließlich das Gesetz über die staatliche Rechnungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsprüfung (Rechnungshofgesetz RHG) vom 6. Oktober 1951 (GVBl. S. 189
).
1Die Angelegenheit wurde im Ministerrat nicht behandelt.51
51Vgl. Nr. 122 TOP VII/3; zum Fortgang s. Nr. 131 TOP XII.
52Vgl. Nr. 115 TOP II/6, Nr. 124 TOP I, Nr. 125 TOP V, Nr. 126 TOP I.
1Staatsminister Dr. Ankermüllerträgt die Grundzüge des Inhalts des Entwurfs eines Verwaltungsabkommens der Länder vor.53 Der Entwurf gehe von dem Grundsatz aus, daß keine Bundesbereitschaftspolizei geschaffen werde.54 Wenn die Länder sich allerdings nicht über die Errichtung einer Landesbereitschaftspolizei einigen könnten, bestehe die Gefahr, daß der Bund die Sache an sich ziehe. Die in dem Abkommen vorgesehene Bereitschaftspolizei solle neben und unabhängig von den jetzt bereits bestehenden Polizeikräften geschaffen werden.55 Die Bereitschaftspolizei diene jedoch ausschließlich polizeilichen Aufgaben und solle keine Wehrmacht darstellen.53S. die Abschrift „Entwurf (6. 10. 1950) Verwaltungsabkommen über die Errichtung von Bereitschaftspolizeien der Länder“ (NL Ehard 1555 u. NL Schwalber 79). Dieser Entwurf ging zurück auf die Arbeit des Organisationsausschusses, dessen Einrichtung auf der Bonner Konferenz der Innenminister am 30. 9. 1950 (s. Nr. 126 TOP I Anm. 3 u. 4) beschlossen worden war und der unter dem Vorsitz von StM Ankermüller am 6. 10. 1950 in Bonn tagte. Laut Angabe bei v. Lex, Bereitschaftspolizeien S. 129 handelte es sich hierbei bereits um den sechsten Entwurf des Verwaltungsabkommens. In den Akten nachweisbar sind nur ein undatierter „Bayer. Entwurf eines Verwaltungsabkommens über die Aufstellung einer Bereitschaftspolizei", ferner ein Entwurf mit Datierung vom 18. 8. 1950 (NL Schwalber 79) sowie ein weiterer, mit Note vom 29. 9. 1950 von StM Ankermüller an MPr. Ehard übersandter undatierter Entwurf (NL Ehard 1555). Vgl. auch den Abdruck eines Schreibens von StM Ankermüller an die Innenminister und Senatoren der Länder und den Magistrat der Stadt Berlin, 9. 10. 1950 (NL Ehard 1555).54Ziff. 1 des Entwurfs (wie Anm. 53) lautete: „Die Länder errichten zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Ordnung neben den im laufenden Vollzugsdienst vorhandenen Polizeikräften und unabhängig von ihnen besondere, in Sammelunterkünften unterzubringende Polizeieinheiten (Bereitschaftspolizeien) in Höhe von insgesamt 30000 Mann. Sie werden auf die Länder nach der Einwohnerzahl verteilt. Die Länder bestimmen im Einvernehmen mit dem Bund die Standorte der auf sie entfallenden Einheiten nach polizeitaktischen Gesichtspunkten.“55Vgl. die oben in Anm. 54 zitierte Ziff. 1 des Entwurfs.
2Ministerpräsident Dr. Ehard ergänzt die Ausführungen des Staatsministers des Innern dahingehend: Es sei davon auszugehen, daß ein Einsatz der Bereitschaftspolizei durch den Bund nach den Bestimmungen des Grundgesetzes nur beim Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 91 GG56 möglich sei.56Zum Wortlaut des Art. 91 GG s. Nr. 125 TOP II Anm. 15.
3Nun sei die Frage entstanden, ob man diese Voraussetzungen als schon im gegenwärtigen Zustand als gegeben ansehen wolle. Dagegen seien verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht worden, da das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 91 GG den sofortigen Einsatz der Polizei vorsehe, der jedoch jetzt noch nicht notwendig sei. Die Ländervereinbarung sehe nun gewissermaßen die Schaffung einer Voralarmstufe zu Art. 91 vor.57 Die Schaffung dieser Voralarmstufe erfolge im Einverständnis mit den Besatzungsmächten, welche die vom Bundeskanzler geforderte Einrichtung einer Bundespolizei58 ausdrücklich abgelehnt hätten, jedoch bereit gewesen seien, dem Kanzler darin entgegenzukommen, daß er bereits vor dem Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 91 über bestimmte Teile der Bereitschaftspolizei verfügen könne.59 Das Abkommen sei insoweit zu begrüßen, als es die vom Bundeskanzler vorgebrachten Gründe für die Schaffung einer Bundespolizei entkräfte.57MPr. Ehard nimmt hier Bezug auf Ziff. 2 Abs. 2 des Entwurfs (wie Anm. 53), der – ausgehend von der Feststellung einer aktuell und allgemein erhöhten sicherheitspolitischen Bedrohungslage – für die Bundesregierung den schnellen Einsatz von Teilen der Bereitschaftspolizei deutlich erleichtern sollte: „Im Hinblick auf die kommunistische Bedrohung und die Möglichkeit von Sabotageakten, Unruhen und Widerstandsbewegungen versetzen die Länder ein Viertel der jeweiligen Gesamtstärke ihrer Bereitschaftspolizeien in erhöhte Bereitschaft und erklären sich damit einverstanden, daß die Bundesregierung diese Einheiten ihren Weisungen unterstellt. Die Bundesregierung kann diese Einheiten im Bedarfsfälle ganz oder teilweise in andere Standorte verlegen. Die Einheiten sind spätestens nach einem Jahr auszuwechseln. Die Verlegung in andere Standorte ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen auf Verlangen von drei Vierteln der abstellenden Länder aufzuheben.“58Zur Frage der ursprünglich von Bundeskanzler Adenauer anvisierten Errichtung einer Bundespolizei vgl. Nr. 115 TOP II/6.59Vgl. v. Lex, Bereitschaftspolizeien S. 127. Bezug genommen wird auf die entsprechend den Beschlüssen der New Yorker Außenministerkonferenz vom 12.-14. 9. 1950 abgefaßte Denkschrift der AHK betreffend „Mobile Formationen der deutschen Polizei", mit der Bundeskanzler Adenauer am 23. 9. 1950 von den Hohen Kommissaren die Richtlinien für die Aufstellung einer Bereitschaftspolizei erhalten hatte. S. hierzu Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland Bd. 1 S. 241 f. In NL Ehard 1555 u. in NL Schwalber 79 sind jeweils enthalten ein undatiertes hektographiertes und als „geheim“ klassifiziertes Exemplar dieser Richtlinien betr. die „Mobile Formation der deutschen Polizei"; das Exemplar im NL Schwalber ist mit der hs. Anmerkung „Memorandum der Außenminister“ versehen. Nicht letztgültig zu klären ist, ob es sich bei diesem knappen dreiseitigen Manuskript ggf. nur um eine Zusammenfassung der Denkschrift der AHK vom 23. 9. 1950 handelt. MPr. Ehard rekurriert hier auf Punkt 5 dieses Papiers, der lautete: „Im Hinblick auf die kommunistische Bedrohung und die Möglichkeit von Sabotageakten, Unruhen und Widerstandsbewegungen wird die Hohe Kommission keine Einwendungen dagegen erheben, daß die Länder einen Teil der mobilen Kräfte von höchstens einem Viertel der Gesamtstärke besonders in Alarmzustand halten, um die rasche Durchführung aller Anweisungen zu ermöglichen, die die Bundesregierung nach Art. 91 des Grundgesetzes erläßt.“
4Der Ministerrat erörtert nun die Frage, ob die in dem Entwurf des Abkommens gewählte Bezeichnung „Beauftragter der Bundesregierung“ besser sei als die Bezeichnung „Inspekteur“.60
60Ziff. 2 Abs. 4 des Entwurfs (wie Anm. 53) lautete: „Die Bundesregierung kann zur Vorbereitung des Einsatzes nach Art. 91 Abs. 2 GG einen ‚Beauftragten‘ bestellen.“
5Staatsminister Dr. Ankermüller macht geltend, das Wort „Inspekteur“ sei glücklicher, weil es klarstelle, daß der „Beauftragte“ keine Befehlsbefugnisse, sondern nur Aufsichtsbefugnisse habe. Auch könne die Bezeichnung „Beauftragter“ dazu führen, daß der Bundesminister auf den Gedanken komme, die Befugnisse des „Beauftragten“ einfach an sich zu ziehen.
6Der Ministerrat einigt sich dahin, daß bei den weiteren Verhandlungen über das Abkommen versucht werden soll, das Wort „Beauftragter“ durch das Wort „Inspekteur“ zu ersetzen.
7Der Ministerrat erörtert noch besonders die Bestimmungen der Ziff. 5 über die Personalhoheit.61
61Ziff. 5 des Entwurfs (wie Anm. 53) lautete: „Aus den dem Lande oder dem Bunde zur Verfügung stehenden Unterlagen wählen die Beauftragten der Landesregierungen und des Bundesministers des Innern im gegenseitigen Einvernehmen diejenigen Anwärter aus, die der zuständigen obersten Landesbehörde für eine Ernennung oder Beförderung zum Hundertschaftsführer oder einem höheren Dienstgrad vorgeschlagen werden sollen. Ohne solche Vorschläge nehmen die Länder Ernennungen oder Beförderungen auf diese Stellen nicht vor.“
8Staatsminister Dr. Ankermüller teilt mit, er wolle bei den bevorstehenden Verhandlungen versuchen, das Wort „Einvernehmen“ durch das Wort „Benehmen“ zu ersetzen. Dies würde noch mehr wie bisher klarstellen, daß das Recht zur Ernennung ausschließlich bei den Landesregierungen liege.
9Staatsminister Dr. Ankermüller kommt noch kurz auf Ziff. 6 zu sprechen.62 Man werde versuchen, bei den bevorstehenden Verhandlungen die bundeseigenen Schulen etwas zurückzudrängen. Insbesondere soll in Ziff. 6 Abs. 1 der zweite Satz wegfallen.62Ziff. 6 des Entwurfs (wie Anm. 53) lautete: „(1) Die Lehrgänge für Bewerber, die für eine Verwendung vom Hundertschaftsführer an aufwärts oder für eine Spezialverwendung vorgesehen sind, werden in der Regel in den bereits in den Ländern bestehenden Schulen durchgeführt und vom Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit der beteiligten Landesregierung eingerichtet. Der Bundesminister des Innern kann solche Lehrgänge auch in bundeseigenen Schulen, die er im Benehmen mit den Ländern errichtet, abhalten. (2) Zur Beschleunigung des Aufbaus der Bereitschaftspolizeien kann der Bundesminister des Innern zu den ersten Lehrgängen in landeseigenen Schulen auch seinerseits Bewerber entsenden, die nicht im Polizeidienst eines Landes stehen.“
10Der Ministerrat stellt ferner noch fest, daß man in der Frage der Finanzierung großzügig sein müsse.63 Eine der Hauptschwierigkeiten für den Abschluß des Abkommens bestehe darin, daß verschiedene Länder keine Neigung64 zeigten, auch die Kosten zu übernehmen, und daß dann, wenn der Bund die Finanzierung übernehme, es ihm ein leichtes sein werde, auch die Bundespolizei in seine Gewalt zu bringen.63Ziff. 10 des Entwurfs (wie Anm. 53) regelte die Kostenübernahme: „(1) Der Bund trägt die Kosten der Bewaffnung und des Gerätes, insbesondere der Nachrichtenmittel und Kraftfahrzeuge. Die Kosten für die Instandsetzung und laufenden Betrieb tragen die Länder. (2) Die Länder tragen ferner die Kosten für die Unterkünfte einschl. des Unterkunftsgerätes, für die Verbrauchsmittel und die Bekleidung. (3) Die Kosten für den Personal- und Versorgungsaufwand werden von den Ländern getragen. Für die Dauer einer Verlegung des Standortes auf Grund der Ziffer 2) Absatz (2) wird der Mehrbetrag des Personalaufwandes den Ländern vom Bund erstattet.“64Die hs. gestrichene Formulierung im Registraturexemplar lautete hier „Einigung“ (StK-MinR-Prot 13).
11Staatsminister Dr. Hundhammerwirft noch die Frage auf, ob es nicht zweckmäßig sei, das Abkommen zeitlich zu befristen.
12Der Ministerrat verneint diese Frage jedoch im Hinblick darauf, daß das Verwaltungsabkommen im großen und ganzen das günstigste sei, was die Länder unter den gegebenen Umständen überhaupt erreichen können. Befriste man das Abkommen, so schaffe man die Gefahr, daß nach dem Ablauf des Abkommens der Bund die Sache an sich ziehe.
13Der Ministerrat ermächtigt den Staatsminister des Innern, die am darauffolgenden Tage stattfindenden Verhandlungen im Sinne der Besprechung im Ministerrat fortzuführen.65
65Zum Fortgang s. Nr. 130 TOP XI, Nr. 131 TOP XVIII, Nr. 132 TOP IV.
66Vgl. Nr. 106 TOP IV, Nr. 112 TOP V, Nr. 120 TOP V.
1Da das B. Staatsministerium für Wirtschaft im Ministerrat nicht vertreten ist, kann die Angelegenheit nicht erörtert werden67
67Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 2 TOP XIV
.
1Ministerpräsident Dr. Ehardgibt von dem Schreiben des Bundesministers für Vertriebene Kenntnis, wonach der 26. Oktober zum Tag der Kriegsgefangenen erklärt werden soll.68
68S. das Schreiben vom Bundesminister für Vertriebene, Lukaschek, an MPr. Ehard, 5. 10. 1950: „Ich darf Ihnen ergebenst mitteilen, daß die Bundesregierung am 4. Oktober 1950 beschlossen hat, den 26. Oktober 1950 zum Tag der Kriegsgefangenen zu erklären. An diesem Tage sollen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Protestkundgebungen gegen die völkerrechtswidrige Zurückhaltung vieler tausender deutscher Kriegsgefangener und Zivilinternierter stattfinden. Außerdem ist vorgesehen, durch das Läuten aller Glocken und eine Verkehrsstille von 2 Minuten am 26. Oktober, mittags 12 Uhr, dem Gedenken der Bevölkerung auch äußerlich Ausdruck zu verleihen. Die beiden christlichen Kirchen werden in der Woche vom 22. bis 29. Oktober 1950 eine Gebets- und Gedenkwoche für die Kriegsgefangenen durchführen, wie dies bisher in jedem Jahr bereits der Fall war. Im Hinblick auf die Bedeutung dieses Gedenktages darf ich Sie bitten, in geeigneter Form an diesem Tage gegen die Zurückhaltung der deutschen Kriegsgefangenen zu protestieren.“ (StK 14829). Dieses Schreiben sowie weitere Materialien zum Tag der Kriegsgefangenen 1950 auch enthalten in MInn 93029. Vgl. ferner die umfangreiche Presseausschnittsammlung in PA vorl. Nr. 16/1.
2Der Ministerrat ist sich darin einig, daß die vom Bundesminister der Vertriebenen für das gesamte Bundesgebiet angeregten Maßnahmen auch in Bayern durchzuführen sind.69
69Zum Fortgang s. Nr. 129 TOP VI.
70S. im Detail StK 13535. Am 22./23. 9. 1950 hatte die Staatsanwaltschaft München II wegen des Vorwurfs der Verwendung nicht zugelassener Glücksspielgeräte und des illegalen Glücksspiels ein Kasino in einem Bad Kissinger Hotelbetrieb geschlossen. Vgl. auch Main-Post Nr. 152, 30. 9. 1950, „Wildwest-Methoden bei Spielkasino-Schließung"; SZ Nr. 231, 6. 10. 1950, „Staatsanwaltschaft zur Schließung des Kissinger Kasinos“. Zur Spielbankenfrage in Bayern s. auch Nr. 117 TOP XII, Nr. 122 TOP VI.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß sowohl der Stadtrat Kissingen als auch der Abg. Jean Stock71 sich in einem an ihn gerichteten Schreiben über die Umstände beklagt haben, unter denen die Schließung des Spielkasinos in Bad Kissingen durch Beamte des Generalstaatsanwalts in München erfolgt sei.72
71Zur Person s. im vorliegenden Protokoll TOP III.72Schreiben des Bad Kissinger Stadtrates an den Ministerrat und die StK, 2. 20. 1950: „Der Stadtrat in Bad Kissingen bedauert, daß das sogenannte Spiralo-Roulette in Bad Kissingen – keine Spielbank – auf Veranlassung des Staatsministeriums der Justiz am 22. 9. 1950 geschlossen worden ist. Er ist nach wie vor der Ansicht, daß es sich bei dem Spiralo-Roulette nicht um ein verbotenes Glücksspiel, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel handelt; andernfalls hätte er dem Unternehmer nicht die Erlaubnis zum Betrieb des Spiels erteilt. [...] Der Stadtrat wendet sich aber entschieden gegen die Art und Weise, in der die Schließung des Spiels erfolgt ist. Nicht nur, daß 3 Staatsanwälte und 1 Kriminalbeamter von München bemüht wurden, was nicht unerhebliche Kosten verursacht haben dürfte, während der Staatsanwalt am Landgericht Schweinfurt überhaupt nicht unterrichtet wurde. Es wurden auch die Spieler aufgefordert, das Spiel sofort einzustellen und sich an die Wand zu stellen, die Kasse wurde erbrochen und die ganze Aktion in einem Ton vorgenommen, der lebhaft an die Methoden der Gestapo im 3. Reich erinnert. [...] Es bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen darüber, daß durch das Vorgehen der Justiz- und Landpolizeibehörden nicht nur das Ansehen der Stadt, sondern auch deren Kurinteressen und damit die Interessen des Staatsbades Bad Kissingen stark beeinträchtigt worden sind. Es ist zu befürchten, daß die Presse wie der Bayerische Landtag sich mit diesem Fall in einem dem Ansehen der Stadt abträglichen Sinne beschäftigen werden und daß dadurch die Bemühungen der Stadt um Hebung des Fremdenverkehrs durchkreuzt werden. Es ist als ein glücklicher Zufall zu bezeichnen, daß an dem fraglichen Abend keine Angehörigen der Besatzungsbehörde am Spiel beteiligt waren; sonst wäre der Zwischenfall wohl nicht so einfach verlaufen. [...] Der Stadtrat Bad Kissingen hat in seiner öffentlichen Sitzung vom 28. 9. 1950 beschlossen, beim Ministerrat gegen die Art und Weise der Durchführung der Beschlagnahme und Schließung in aller Form Protest zu erheben. Es wird gebeten, den Empfang dieses Schreibens zu bestätigen.“ Schreiben von Jean Stock an MPr. Ehard, 2. 10. 1950: Es seien „Vorwürfe gegen die Beamten, die diese Schließung vorgenommen haben, gemacht worden, so daß ich der Auffassung bin, daß hier eine strenge Untersuchung eingeleitet werden muß. Es wird den Beamten vorgeworfen, daß sie mit fingierten Pässen gearbeitet haben und daß sie mit dem Ruf ‚Der Laden ist geschlossen! Alle Mann an die Wand!‘ in das Spielkasino eingedrungen sind und zum Schluß den Konzessionär der Spielbank, Herrn Stadtrat Riedel, Bad Kissingen, unter polizeilicher Deckung in seine Wohnung gebracht hätten. [...] Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sollte sich der Vorfall so zugetragen haben, wie er in dem Artikel [der Main-Post, s. o. Anm. 70] geschildert wird, so bin ich der Auffassung, daß eine solche Handlungsweise in der heutigen Zeit unter keinen Umständen gerechtfertigt erscheint. Dieses Vorgehen erinnert doch gar zu deutlich an die Zeiten, als die Gestapo Herr der Lage war. [...] Ich werfe hierbei nur die Frage auf, welche Verwicklungen entstanden wären, wenn zufällig Amerikaner sich im Spielkasino aufgehalten hätten und ihnen ebenfalls befohlen worden wäre, sich an die Wand zu stellen.“ (StK 13535).
2Staatssekretär Dr. Konrad erklärt, die Sache sei ihm bereits bekannt, er habe eingehenden Bericht von der Generalstaatsanwaltschaft München eingefordert.73
73Vgl. den Bericht der Oberstaatsanwaltschaft München II an die Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht München betr. Spielkasino im Hotel Büdel in Bad Kissingen, 23. 10. 1950; Schreiben StMJu an StK betr. Schließung der Spielbank in Bad Kissingen, 7. 11. 1950 (StK 13535). Das Schreiben des StMJu attestierte der Staatsanwaltschaft bei der Schließung des Kasinos ein korrektes Verhalten.
3Ministerpräsident Dr. Ehard übergibt Staatssekretär Dr. Konrad die in der Bayer. Staatskanzlei angefallenen Vorgänge mit der Bitte, von sich aus das Weitere zu veranlassen.74
74Mit gleichlautenden Schreiben vom 8. 1. 1951 informierte RegDir v. Gumppenberg den Bad Kissinger Oberbürgermeister und den Abg. Stock von den Ergebnissen des Berichts des StMJu vom 7. 11. 1950 (wie Anm. 73). Abdrucke der beiden Schreiben enthalten in StK 13535.
75S. im Detail StK-GuV 802 u. 803, MWi 13586.
1Staatsminister Dr. Ankermüller hält es auf Grund einer Eingabe der 4 Großnotstädte München, Nürnberg, Augsburg und Würzburg für notwendig, dem Landtag den Entwurf eines Baunotgesetzes noch in der laufenden Gesetzgebungsperiode vorzulegen.76 In diesem Baunotgesetz, das sehr kurz sei, seien lediglich die dringenden Fragen der Beschaffung von Gelände für Straßen und Grünflächen geregelt.76Der Bürgermeister der Stadt München hatte im Namen der vier bayer. Großstädte München, Nürnberg, Augsburg und Würzburg bereits am 20. 12. 1949 dem StMI gegenüber die Dringlichkeit einer baurechtlichen Notgesetzgebung angemahnt. Mit einem Schreiben vom 17. 6. 1950 übermittelte der Nürnberger Oberbürgermeister Otto Ziebill an StM Ankermüller umfassende „Vorschläge zum Inhalt eines Bayer. Gesetzes ‚zur Beseitigung von Verkehrsnotständen und zur Sicherung eines organischen Wiederaufbaues der Städte München, Nürnberg, Augsburg, Würzburg‘“. In einem sehr umfangreichen Antwortschreiben an Ziebill vom 8. 8. 1950 lehnte StM Ankermüller, unter Verweis auf grundsätzliche rechtliche Bedenken, praktische Durchführungsschwierigkeiten sowie auf das noch schwebende Gesetzgebungsverfahren für ein neues Baugesetz (vgl. Nr. 104 TOP II), eine solche Notgesetzgebung ab (StK-GuV 802). Die vier Großstädte beharrten jedoch auf ihrem Standpunkt und legten nach einer gemeinsamen Sitzung in Ingolstadt am 6. 9. 1950 in Form einer Gegenäußerung zum Standpunkt des StMI vom 8. 8. 1950 eine umfassende Stellungnahme zu ihrem eigenen Gesetzentwurf vor. Vgl. Oberbürgermeister Ziebill an StM Ankermüller, 18. 8. 1950; Ziebill an MPr. Ehard, 22. 8. 1950, Ziebill an MPr. Ehard nebst Anlage „Gegenäußerung“ (15 Seiten), 8. 9. 1950 (StK-GuV 803). Der in vorliegendem Ministerratsprotokoll dokumentierte Sinneswandel von StM Ankermüller beruht wahrscheinlich auf einem Beschluß des Bayer. Senats vom 11. 8. 1950, der lautete: „Die Staatsregierung wird ersucht, baldigst eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, die bis zum Erlaß entsprechender bayerischer oder Bundesgesetze gelten soll; dieses Gesetz soll es den schwerkriegsgeschädigten Gemeinden ermöglichen, zur Beseitigung von Verkehrsnotständen und zur Sicherung eines organischen Wiederaufbaus die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Vorschläge der vier Städte vom 17. Juni 1950 sind als Grundlage zu verwenden; die zuständigen kommunalen Stellen sind zur Mitarbeit heranzuziehen. Es wird ersucht, die Arbeiten so zu beschleunigen, daß der Gesetzesentwurf dem Senat bis spätestens 31. Oktober 1950 vorgelegt wird.“ S. Verhandlungen des Bayerischen Senats Bd. 3 Anlage 125.
2Ministerpräsident Dr. Ehardhält eine Verabschiedung des Baunotgesetzes durch den gegenwärtigen Landtag für ausgeschlossen.77
77Vgl. den Durchschlag eines Schreibens MPr. Ehard an den Stadtrat von Nürnberg, 12. 10. 1950: „Nach einer der Bayerischen Staatskanzlei vom Landtagsamt zugegangenen Mitteilung können im gegenwärtigen Landtag nur noch solche Gesetzentwürfe beraten und verabschiedet werden, welche bis spätestens 20. Oktober dem Landtag vorliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Verabschiedung des von den vier Großstädten angestrebten Gesetzes leider nicht möglich. Wenngleich ich die Vordringlichkeit einer landesgesetzlichen Regelung [...] nicht verkenne, so glaube ich doch, daß bis zum Zusammentritt des neuen Landtags in dieser Sache Fortschritte leider nicht mehr erzielt werden können.“ (StK-GuV 803).
3Der Ministerrat beschließt daraufhin vorerst78 die Zurückstellung des Gesetzesentwurfs.79
78Hs. Einfügung von MPr. Ehard im Registraturexemplar (StK-MinRProt 13).79ZumFortgang s. Nr. 129 TOP V, Nr. 130 TOP V.
80Vgl. Nr. 104 TOP X, Nr. 113 TOP XII, Nr. 127 TOP IX.
1Staatssekretär Dr. Sattlerteilt in Ergänzung der Besprechung der Angelegenheit im letzten Ministerrat mit, es sei nunmehr eine volle Einigung dahingehend erzielt worden, daß die Oberste Baubehörde die Baumaßnahmen auf dem Leitenberg durchführe,81 daß das Landesentschädigungsamt die für die baulichen Maßnahmen erforderlichen Mittel zur Verfügung stelle und daß endgültig der Leitenberg in die Verwaltung des Staatsministeriums des Innern übergehen solle.82
81Gemeint sind die Baumaßnahmen für die Gedächtnisstätte auf dem Leitenberg, für die im Februar 1950 eine Wettbewerbsausschreibung stattgefunden hatte und deren Grundsteinlegung am 30. 4. 1950 erfolgt war. Vgl. hierzu Nr. 101 TOP IV, Nr. 103 TOP VIII, Nr. 104 TOP VIII.82Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 8 TOP XI
. Im Jahre 1952 ging die Verwaltung der Konzentrationslager-Friedhöfe und auch die Zuständigkeit für den Leitenberg wieder auf die Bayer. Schlösser- und Seenverwaltung über. Vgl. Marcuse, Konzentrationslager S. 194; Schwenke, Erinnerungspolitik S. 28.
83Vgl. Nr. 127 TOP II.
1Staatssekretär Dr. Müllergibt bekannt, daß der Streik in den Wasserstraßenverwaltungen nunmehr beigelegt worden sei. Man habe sich darauf geeinigt, die Löhne der Arbeiter um 9 Pfg. in der Stunde und die Gehälter der Angestellten, welche nicht mehr als 350,- DM monatlich erhalten, um 20 DM monatlich zu erhöhen. Das Abkommen sei bis zum 31. 1. 1951 befristet. Die Durchführung des Abkommens belaste den Staatshaushalt mit 3,2 Millionen DM.
2Der Ministerrat stimmt der Vereinbarung über die Beilegung des Streiks zu.84
84Zum aus der Perspektive der Staatsregierung positiven Streikverlauf in Bayern und zur konstruktiven Rolle Bayerns beim Tarifabschluß s. das Schreiben von StM Frommknecht an die StK, 18. 10. 1950: „Der Verlauf des nunmehr beendeten Streiks in der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung hat gezeigt, daß die vom Bundesminister für Verkehr in seinem Aufruf [vom 5. 10. 1950, Abschrift enthalten in StK 14741] an die nachgeordneten Dienststellen hervorgehobene bisherige gute Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Belegschaft in Bayern eine Änderung nicht erfahren hat. An den Wasserstraßen Main und Donau konnte fast von der ersten Stunde an ein Notbetrieb eingerichtet werden mit dem Ergebnis, daß sich der Verkehr, wenn auch etwas verzögert, so doch klaglos laufend abwickeln ließ. Die Belegschaft der in Bayern gelegenen Stromgebiete hat – was rühmend hervorgehoben werden muß – zum größten Teil ihre persönlichen Interessen den höheren Gesichtspunkten der Verkehrsbedienung verständnisvoll untergeordnet. Maßgeblich beteiligt bei der Vorbereitung des Notdienstes waren die Wasserstraßendirektoren in Regensburg und Würzburg, deren persönlichem Eingreifen die besonnene Haltung der Belegschaften zum großen Teil mitzuverdanken ist. Es ist anzunehmen, daß die gerade in Bayern an den Tag gelegte Zurückhaltung des Personals ihren Eindruck beim Abschluß der Lohnverhandlungen nicht verfehlt hat und damit einen Weg aufzeigte, der es der Verwaltung ermöglichte, dem Personal auf halbem Wege entgegenzukommen.“ (StK 14741).
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Hans Kellner
Regierungsrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister