1Zu Beginn der Sitzung beglückwünscht Ministerpräsident Dr. Ehard Staatssekretär Dr. Müller im Namen des Kabinetts zum 65. Geburtstag.5
5Vgl. das Dankschreiben Müllers an Ehard, 26. 6. 1949 (NL Ehard 189).
2Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich dann, wie der Dienst am Peter- und Paultag eingeteilt sei.
3Staatsminister Dr. Ankermüller erwidert, der 29. Juni sei ein staatlich geschützter Feiertag, an dem normaler Dienstbetrieb sei, nur müsse den Beamten und Angestellten katholischer Konfession die Gelegenheit zum Besuch des Gottesdienstes gegeben werden.
4Eine entsprechende Verlautbarung sei im Bayer. Staatsanzeiger veröffentlicht worden.6 Er bitte dringend, es bei dieser Regelung zu belassen und nicht bloß einen Jourdienst einzuführen.6Bekanntmachung der Bayer. Staatsministerien des Innern und für Unterricht und Kultus vom 7. Juni 1949 Nr. 2549 d 34 betr. Feier des St. Peter- und Paulstages 1949, Bayer. Staatsanzeiger 10. 6. 1949.
5Staatssekretär Dr. Sattler bemerkt, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe bereits den ganzen Tag freigegeben.
6Der Ministerrat stellt fest, daß es bei der im Staatsanzeiger veröffentlichten Regelung zu verbleiben habe und ersucht das Kultusministerium, seine Verfügung entsprechend abzuändern.
7Vgl. Nr. 68 TOP I und Nr. 69 TOP II.
1Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, der Rechts- und Verfassungsausschuß habe die Errichtung von Flüchtlingswahlkreisen mit Stimmenmehrheit bei Stimmenthaltung der SPD und FDP beschlossen.8 Gegen diese Errichtung seien verschiedene Bedenken geltend gemacht worden, vor allem, daß man dadurch die Bevölkerung in zwei Gruppen aufteile. Es handle sich aber ausschließlich darum, daß man den Flüchtlingen eine Vertretung, die ihrer Zahl entspreche, garantieren wolle. Daß § 20 des Bundeswahlgesetzes gewisse Schwierigkeiten mache, sei allerdings nicht zu bestreiten.8Vgl. diesen Beschluß in BBd.
III Nr. 2607 .
2Staatsminister Dr. Ankermüller bemerkt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hätten in den letzten Tagen die Bildung von Flüchtlingswahlkreisen abgelehnt.
3Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, trotz des Wortlauts des § 20 BWG9 glaube er nicht, daß die bayerische Regelung einen Verstoß gegen diese Bestimmung darstelle. Die Errichtung von Flüchtlingswahlkreisen diene nur den Interessen der Flüchtlinge und sei weniger eine formell-rechtliche wie eine politische Frage. Man müsse dabei überlegen, daß unter Umständen das bizonale Obergericht10 zu der Auffassung kommen könne, Bayern habe gegen § 20 BWG verstoßen, damit sei die Wahl ungültig und müsse nachgeholt werden. Es sei aber auch denkbar, daß die bayerischen Abgeordneten allein aus dem Bundestag ausscheiden müßten und dieser dann seine Arbeiten ohne die bayerischen Abgeordneten beginnen könne. Dazu sei aber Voraussetzung, daß man die Flüchtlingswahlkreise rein formell-rechtlich als mit dem Gesetz nicht in Einklang stehend bezeichne.9Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Bundesgesetzblatt S. 21) vom 15. Juni 1949 (GVBl. S. 145
). Art. 20 lautete: „(1) Die Wahlkreise müssen ein zusammenhängendes Ganzes bilden; bei ihrer Bildung sollen die Stadt- und Landkreisgrenze möglichst erhalten bleiben. Sie sollen eine annähernd gleichgroße Einwohnerzahl umfassen. (2) Die Abgrenzung der Wahlkreise in jedem Land erfolgt durch einen vom Landesparlament zu berufenden Ausschuß.“10Das Deutsche Obergericht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet war am 9. 7. 1948 in Köln errichtet worden; Rechtsgrundlage war die sog. Obergerichtsverordnung, in der US-Zone Anhang zur Proklamation Nr. 8: Errichtung eines Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet vom 9. Februar 1948 (WiGBl. Nr. 4, 26. 2. 1948, S. 8); vgl. im Detail Vogel, Westdeutschland I S. 110–113; HB pol. Inst. S. 215f.
4Vor allem müsse man sich jetzt im Ministerrat darüber klar werden, ob man den Vorschlag der Flüchtlingswahlkreise jetzt überhaupt noch zurückziehen könne; er bitte um Äußerungen.11
11Die Formulierung geht auf hs. Korrekturen von MPr. Ehard zurück. Im Registraturexemplar hatte es zunächst geheißen: „…, ob man die Flüchtlingswahlkreise jetzt überhaupt noch abschaffen könne und er bitte um Äußerungen“ (StK-MinRProt 12).
5Ministerialdirektor Ritter v. Lex faßt sodann die gegen die Bayerische Regelung geltend gemachten Einwendungen zusammen und erklärt, man sei nach unbefangener Prüfung aller Einwendungen zu dem Ergebnis gekommen, daß die vorgeschlagene Lösung auch rechtlich haltbar sei.
61. Was den Einwand des Herrn Abgeordneten Dr. Dehler12 betreffe, daß der Parlamentarische Rat es mit Mehrheit abgelehnt habe, Flüchtlingswahlkreise zu schaffen, so müsse man entgegenhalten, daß lediglich der Parlamentarische Rat eine solche Einrichtung nicht selbst habe herbeiführen wollen, sie aber auch nicht verboten habe.12Dr. jur. Thomas Dehler (1897–1967), Jurist und Politiker, 1946–1949 MdL (FDP), 1948/1949 MdPR, 1949–1967 MdB, 1949–1953 Bundesjustizminister, 1954–1957 Bundesvorsitzender der FDP; s. Kempf/Merz S. 198–202 sowie Wengst.
72. Auch den Bedenken, daß durch die Einrichtung der Heimatvertriebenen-Wahlkreise eine nach § 20 des Wahlgesetzes unzulässige Aufspaltung der Einwohnerschaft vorgenommen würde, könne nicht beigepflichtet werden. Es handle sich ja nicht um eine Aufspaltung nach Ständen oder Klassen, oder eine Bevorzugung irgendeines Teils der Bevölkerung, sondern lediglich um ein wahltechnisches Mittel, einer neu hinzugekommenen Minderheit, die mit der einheimischen Bevölkerung noch nicht restlos verwachsen sei, die gleichen Chancen in der Wahl wie den Altbürgern zu sichern. Auch die Vorschrift des § 20 Abs. 2 des BWG, wonach die Wahlkreise annähernd gleich hohe Einwohnerzahlen umfassen sollen, werde durch den Regierungsentwurf beachtet.
83. Was den Vorwurf betreffe, der Grundsatz der allgemeinen Wahl sei verletzt, so stehe dem gegenüber fest, daß kein Staatsbürger, der die allgemeinen Voraussetzungen erfülle, vom Wahlrecht aus besonderen Gründen ausgeschlossen sei.
94. Das Argument, das Prinzip der freien Wahl sei verletzt, sei ebenfalls nicht stichhaltig. Jeder Staatsbürger sei in gewissem Sinn gezwungen, in dem für ihn zuständigen Wahlkreise einen derjenigen Bewerber zu wählen, der von den Kandidaten aufgestellt sei. Es gebe keinen Grundsatz, wonach jeder Wähler jeden Bewerber, wo er auch im Lande aufgestellt sei, wählen könne. Im übrigen hätten die Heimatvertriebenen ja die Möglichkeit, einheimische Vertreter mittels eines Wahlscheins zu wählen.
105. Der Grundsatz der gleichen Wahl bedeute lediglich, daß es keine Stände, Klassen oder Plural-Wahlrechte geben dürfe, daß jede Stimme gleiches Gewicht besitzen müsse. Dieser Grundsatz sei bei der Abgrenzung der Wahlkreise für die Heimatvertriebenen völlig gewahrt.
116. Schließlich werde noch geltend gemacht, durch die Einrichtung der Flüchtlingswahlkreise werde der Grundsatz der geheimen Wahl verletzt, indem nämlich ein bestimmter Teil der Bevölkerung gezwungen werde, bekanntzugeben, ob er zu den Einheimischen oder zu den Neubürgern gehöre. Dagegen könne man mit Recht sagen, daß die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bevölkerungsteil, nämlich zu den Flüchtlingen, in der Öffentlichkeit längst bekannt sei. Ausschlaggebend sei allein, daß sich die Entscheidung des Flüchtlingswählers innerhalb der Wahlvorschläge seines Wahlkreises vollkommen unter dem Schutz der Geheimhaltung vollziehe.
12Zusammenfassend müsse er feststellen, daß am wichtigsten zweifellos der Einwand aus § 20 BWG sei. Der Sinn der Flüchtlingswahlkreise bestehe aber nicht darin, Privilegien zu schaffen, sondern nur in dem Bestreben, den Flüchtlingen eine entsprechende Vertretung zu garantieren.
13Staatsminister Dr. Ankermüller spricht sich ebenfalls dafür aus, den Plan beizubehalten, wenn man natürlich auch die Möglichkeit, daß die Wahl in Bayern für ungültig erklärt werde, berücksichtigen müsse.
14Ministerpräsident Dr. Ehard meint, man könne sich auch vorstellen, daß das Obergericht entscheide, der gesamte Bundestag sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und zusammengesetzt, mit der Wirkung, daß überall Neuwahlen abgehalten werden müßten.
15Ministerialdirektor Ritter von Lex bestätigt diese Auffassung und verweist auf § 8 BWG, der vorsehe, daß der Bundestag aus mindestens 400 Abgeordneten bestehe, die in den einzelnen Ländern zu wählen seien. Wenn die bayerischen Abgeordneten ausscheiden müßten, sei das Erfordernis des § 8 nicht mehr erfüllt.
16Staatsminister Dr. Ankermüller führt sodann noch aus, man habe jetzt in der Wahlordnung vorgesehen, daß ein Flüchtling nur einen Flüchtlingskandidaten und ein Einheimischer nur einen Einheimischen wählen könne. Im übrigen scheine die Militärregierung in Bayern mit der Einrichtung der Flüchtlingswahlkreise einverstanden zu sein.13 Er schlage zusammenfassend also vor, es bei der vorgeschlagenen Regelung zu belassen, insbesondere auch mit Rücksicht auf die politischen Gründe, die die geplante Einrichtung erforderlich machten.13Dies war jedoch nicht der Fall; vgl. Nr. 71 TOP I.
17Ministerpräsident Dr. Ehard weist noch darauf hin, daß das Wahlgesetz sowohl aus den Beschlüssen des Parlamentarischen Rates bestehe, wie auch aus den Anregungen der Ministerpräsidenten und den Anordnungen der Militärregierung.14 Im übrigen gelte es ja nur für diese erste Wahl. Notwendig sei es jetzt nur noch einerseits mit den Vertretern der CSU im Rechts- und Verfassungsausschuß Fühlung zu halten und die notwendigen Änderungen in die Wahlordnung einzubauen.15
14Vgl. Nr. 68 TOP I.15StMI Ankermüller leitete MPr. Ehard am 30. 6. 1949 den Entwurf einer Verordnung der Bayer. Staatsregierung zur Wahl des 1. Bundestages zu, der entsprechend der in diesem Ministerrat beschlossenen getrennten Abstimmung „für die alteingesessene Bevölkerung und für die Heimatvertriebenen“ in einigen Bestimmungen geändert worden war. MPr. Ehard unterzeichnete die Verordnung am 6. 7. 1949 (MInn 79826). – Verordnung der Bayerischen Staatsregierung zur Wahl des ersten Bundestages vom 6. Juli 1949 (GVBl. S. 148
). Zum Fortgang s. Nr. 71 TOP I.
1Staatsminister Dr. Schlögl teilt mit, die im letzten Ministerrat16 gewünschte nochmalige Besprechung zwischen dem Landwirtschafts- und dem Innenministerium über die Frage der Jagdbehörden habe inzwischen stattgefunden und es sei eine völlige Einigung erzielt worden.17
16Gemeint ist die vorletzte Ministerratssitzung; vgl. Nr. 68 TOP II.17Vgl. die Vormerkung von MinRat Böhm, StMI, 17. 6. 1949, über diese Besprechung am 14. 6. 1949; Teilnehmer RegDir Gumppenberg (StK), MinRat Böhm (StMI), ORR Engelhardt und Jagdbeauftragter Gauderer (beide StMELF). Darin hieß es u. a.: „Die gegenseitigen Auffassungen trafen in alter Schärfe aufeinander, wobei leider Regierungsdirektor Frhr. v. Gumppenberg ziemlich offen auf die Seite des Landwirtschaftsministeriums trat (trotz der gegenteiligen Stellungnahme des Herrn Ministerpräsidenten im Ministerrat). ORR Engelhardt bot als Entgegenkommen seinerseits lediglich an, statt ‘Bearbeitung der Jagdangelegenheiten’ zu sagen ‘Bearbeitung der jagdfachlichen Angelegenheiten’. Ich erklärte schließlich als Grenze des Entgegenkommens des Innenministeriums unter Wegfall der beiden den Hauptanlaß des Streites bildenden Ausdrücke ‘Bearbeitung’ und ‘Beratung’ nur etwa zu sagen ‘Bei den Jagdbehörden werden als Sachverständige für jagdfachliche Angelegenheiten … Jagdbeauftragte … bestellt’. Im übrigen sei gegen den Zusatz, wonach ihre Stellung und Aufgaben durch eine gemeinsam vom Landwirtschafts- und Innenministerium zu erlassende Dienstanweisung geregelt werden, nichts einzuwenden. Der Entwurf dieser Dienstanweisung könne vom Landwirtschaftsministerium aufgestellt werden. ORR Engelhardt wandte sich gegen das Wort ‘Sachverständige’, aus dem der beratende Charakter ihrer Aufgaben hervorgehe. Regierungsdirektor Frhr. v. Gumppenberg schien der Vorschlag eher einzuleuchten; er erklärte aber am Schluß der Besprechung, daß über die immer noch verbliebene Meinungsverschiedenheit zwischen Innen- und Landwirtschaftsministerium wohl zunächst der Ministerrat werde entscheiden müssen. […] Am 17. ds. nachmittags teilte Herr Gauderer mit, daß ORR Engelhardt nunmehr etwa folgende Fassung in Aussicht genommen habe: ‘Bei jeder Jagdbehörde werden … Jagdbeauftragte … bestellt; ihre Aufgaben und Stellung werden durch eine Dienstanweisung bestimmt, die von den Staatsministerien für E. L. u. F. und des Innern erlassen wird“. Ich bat, im ersten Satz wenigstens die Worte ‘für jagdfachliche Angelegenheiten’ im Gesetzestext zu belassen“ (MInn 79680).
2Der Ministerrat beschließt sodann, den Gesetzentwurf18 in der vorliegenden abgeänderten Form zu verabschieden und dem Landtag zuzuleiten.19
18StMELF Schlögl hatte den Ressorts den Entwurf des Bayer. Jagdgesetzes in der endgültigen Fassung am 23. 6. 1949 mit Begründung zugeleitet (MInn 79680).19MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Bayer. Jagdgesetzes mit Begründung, den Leitsätzen der Militärregierung (OMGB) betr. Jagd und Fischerei, 31. 1. 1949, sowie einer Denkschrift zu den Leitsätzen der Militärregierung für Bayern vom 31. Januar 1949 betr. die Jagd am 29. 6. 1949 dem Landtagspräsidenten zu; vgl. BBd.
III Nr. 2606 . Der zwischen dem StMI und dem StMELF strittige Passus lautete in Art. 46 (3) des Entwurfes nunmehr: „Bei den Jagdbehörden werden nach Anhörung des Jagdbeirates (Art. 47) aus dem Kreise der privaten Jäger oder der Forstbeamten Jagdbeauftragte für drei Jahre bestellt; ihre Aufgabe und Stellung innerhalb der Behörde wird durch Dienstanweisung geregelt, die vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern erlassen wird. Die Jagdbeauftragten dürfen kein wichtiges Amt in einer Organisation der Forst- oder Landwirtschaft oder der Jäger bekleiden.“ Der Landtag beschloß nach der 1. Lesung, den Entwurf an den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft zurückzuverweisen; StB.
IV S. 647 (16. 9. 1949). Am 8. 11. 1949 stimmte der Landtag dem Entwurf in der Fassung der Beschlüsse in der 2. Lesung einmütig zu; StB.
V S. 117 (8. 11. 1949). S. im Detail auch MInn 79681 sowie StK-GuV 681. – Bayerisches Jagdgesetz vom 15. Dezember 1949 (GVBl. 1950 S. 33
) nebst Berichtigung (S. 48).
20Vgl. Nr. 58 TOP I.
1Staatsminister Dr. Seidel legt die Grundgedanken eines Gesetzentwurfs dar, demzufolge die Errichtung von Gewerbebetrieben einschließlich von Handwerksbetrieben frei sei und keiner Zulassung bedürfe (Art. 1).21 Die Fortführung könne jedoch untersagt werden, falls sich die persönliche Unzuverlässigkeit des Leiters des Betriebs herausstelle (Art. 6);22 die Untersagung sei jedoch nur zulässig, falls ein rechtskräftiges Strafurteil, aus dem die persönliche Unzuverlässigkeit hervorgehe, vorliege.23
21Dieser neue Entwurf war der StK vom StMWi am 5. 5. 1949 zugeleitet worden und am 12. 5. 1949 Gegenstand einer Referentenbesprechung im StMWi gewesen; vgl. den Entwurf eines Gesetzes über Gewerbefreiheit (Gewerbefreiheitsgesetz) mit hs. Korrekturen, die vermutlich auf die Referentenbesprechung am 12. 5. 1949 zurückgehen, in: StK-GuV 92. Art. 1 (Grundsatz der Gewerbefreiheit) lautete in der Fassung des der StK am 5. 5. 1949 zugeleiteten Entwurfs: „Jedermann kann ein gewerbliches Unternehmen errichten, erweitern, verlegen oder übernehmen, soweit nicht dieses Gesetz oder die Gewerbeordnung anderes bestimmen.“22Art. 6 (Untersagung von Gewerbebetrieben) lautete in der Fassung des der StK am 5. 5. 1949 zugeleiteten Entwurfs (vgl. Anm. 21): „(1) Die Fortführung eines gewerblichen Unternehmens kann untersagt werden, wenn der Leiter des Unternehmens sich als persönlich unzuverlässig erwiesen hat. Die Fortführung eines gewerblichen Unternehmens nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 kann ferner untersagt werden, wenn der Leiter des Unternehmens die erforderliche fachliche Eignung nicht mehr besitzt. (2) Ist der Mangel nach Absatz 1 behebbar, so kann die Untersagung erst ausgesprochen werden, wenn eine angemessene Frist zu seiner Beseitigung gesetzt und fruchtlos verstrichen ist. (3) Für die Beurteilung der persönlichen Unzuverlässigkeit als Voraussetzung für die Betriebsuntersagung gelten Art. 2 Abs. 2 Ziff. 2 und Art. 3 Abs. 2 Ziff. 2 entsprechend. (4) Die Vorschriften des Abs. 1 ersetzen die bisherigen Bestimmungen, die aus gleichem Anlaß den Entzug der Befugnis zur Gewerbeausübung vorsehen. Sie greifen nicht Platz, wenn Art. 4 Abs. 2 anwendbar ist.“23Vgl. die Vormerkung von Henle zu diesem Entwurf für MPr. Ehard, 16. 5. 1949. Darin hieß es unter II.: „Bedenklich erscheint Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes, wonach die Fortführung eines gewerblichen Unternehmens untersagt werden kann, wenn der Leiter des Unternehmens sich als persönlich unzuverlässig erwiesen hat. Die Unzuverlässigkeit muß aus einer rechtskräftigen Bestrafung des Unternehmens zu folgern sein. Sie wird jedoch von der Kreisregierung festgestellt. Gegen die Entscheidung der Kreisregierung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Es ist zu hoffen, daß die Militärregierung dieser nach der deutschen Tradition und dem Verwaltungsbedürfnis sehr wohl begründeten Konstruktion keine Bedenken entgegenstellt. Das Schreiben der Militärregierung läßt das allerdings als zweifelhaft erscheinen. Nach der amerikanischen Konzeption darf grundsätzlich jedermann jedes Gewerbe betreiben. Diese Freiheit kann ihm nur durch ein richterliches Urteil, das das Verbot ausspricht, genommen werden (due process).“; ferner Leusser an StMWi, 20. 5. 1949: „Nach Art. 6 und 7 des Entwurfs des Gesetzes über die Gewerbefreiheit sollen Verwaltungsbehörden die Befugnis erhalten, die Fortführung eines Gewerbebetriebes dann zu untersagen, wenn ein rechtskräftiges Strafurteil vorliegt, aus dem sich die Unzuverlässigkeit des Unternehmers für das betreffende Gewerbe folgern läßt. Gegen diesen Vorschlag hat der Vertreter des Staatsministeriums der Justiz bei der Referentenbesprechung vom 12. Mai 1949 Bedenken grundsätzlicher Natur vorgebracht, die in einer Note des Staatsministeriums vom 16. Mai niedergelegt sind [Note ebd.]. Der Vertreter der Staatskanzlei hat damals ausgeführt, daß nach seiner Auffassung mit einer Zustimmung der Militärregierung zu den Bestimmungen, die den Grundgedanken des Schreibens der Militärregierung vom 5. April 1949 [Van Wagoner an Ehard, 5. 4. 1949, ebd.; sowie Van Wagoner an Landtagspräsident Horlacher, 5. 4. 1949, BBd.
III Nr. 2468 ] entgegenlaufen, kaum zu rechnen sein wird. Er hat deshalb angeregt, schon jetzt einen Alternativvorschlag für den Fall vorzubereiten, daß die Zustimmung der Militärregierung bei den Vorbesprechungen nicht in Aussicht gestellt wird. Bei einer neuerlichen Überprüfung erscheinen die betreffenden Bestimmungen jedoch von solcher rechtspolitischer Bedeutung, daß empfohlen werden darf, die Frage nochmals aufzugreifen und sie unabhängig von dem Ergebnis zu entscheiden, das eine Fühlungnahme mit der Militärregierung haben wird. Für die Regelung scheinen drei verschiedene Möglichkeiten gegeben. Die eine ist durch die Fassung des Entwurfs aufgezeigt. Eine andere Möglichkeit dürfte darin bestehen, die Untersagungsmöglichkeiten des Art. 6 und 7 auf die lizenzierungspflichtigen Unternehmen zu beschränken und es im übrigen bei den hier zuschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung, des Strafgesetzbuches und des Bewirtschaftungsnotgesetzes über die Untersagung von Gewerbebetrieben zu belassen. Der Vorschlag des Staatsministeriums der Justiz geht einen mittleren Weg. Die Staatskanzlei, die die Gedankengänge des Staatsministeriums der Justiz teilt, bittet deshalb, den neuen Vorschlag zu überprüfen. Sie sieht in ihm einen unter den gegebenen Verhältnissen geeigneten Kompromiß. Falls die beteiligten Staatsministerien sich diesem Vorschlag jedoch nicht anschließen könnten, wird nichts anderes übrig bleiben, als den Entwurf des Wirtschaftsministeriums mit einem Alternatiworschlag zu den fraglichen Artikeln dem Ministerrat zu unterbreiten und diesem die Entscheidung in dieser Frage von großer rechtspolitischer Bedeutung zu überlassen“ (StK-GuV 92). Art. 6 lautete in der dem Landtag am 30. 6. 1949 zugeleiteten Fassung des Entwurfs (vgl. Anm. 26): „(1) Die Fortführung eines gewerblichen Unternehmens kann untersagt werden, wenn der Leiter des Unternehmens sich als persönlich unzuverlässig erwiesen hat und die Belange der Volksgesundheit, der öffentlichen Sicherheit oder des Gemeinwohls die Untersagung erfordern. Für die Beurteilung der persönlichen Unzuverlässigkeit als Voraussetzung für die Betriebsuntersagung gelten Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 und Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 entsprechend. Die Fortführung eines Unternehmens kann nicht untersagt werden, wenn das Strafgericht mit ausdrücklicher Begründung von einem Berufsverbot abgesehen hat. (2) Die Fortführung eines gewerblichen Unternehmens der in Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 genannten Art kann ferner untersagt werden, wenn der Leiter des Unternehmens die erforderliche fachliche Eignung oder Sachkunde nicht mehr besitzt. (3) Ist der Mangel nach Abs. 1 oder 2 behebbar, so kann die Untersagung erst ausgesprochen werden, wenn eine angemessene Frist zu seiner Beseitigung gesetzt und fruchtlos verstrichen ist. (4) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 ersetzen die bisherigen Bestimmungen, die aus gleichem Anlaß den Entzug der Befugnis zur Gewerbeausübung vorsehen.“
2Von besonderer Wichtigkeit sei der Art. 14,24 wonach das Gesetz auf eine Reihe von gewerblichen Betätigungen keine Anwendung finde. Die Prüfung der Bedürfnisfrage dürfe jedoch in Zukunft nur noch für den Ausschank geistiger Getränke und für Beförderungsunternehmen vorgenommen werden.24Art. 14 lautete in der Fassung des der StK am 5. 5. 1949 zugeleiteten Entwurfs (vgl. Anm. 21): „Nicht mehr anzuwenden sind 1. §§ 30 c, 33 a Abs. 2 Ziff. 3, 34 Abs. 1 Satz 2, 35 b, 42 b Abs. 1 Satz 2 und 57 Abs. 1 Ziff. 5 der Gewerbeordnung, 2. die Verordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 (RGBl. I S. 706 ) nebst Änderungen, 3. § 1 des Dritten Teiles der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932 (RGBl. I S. 121 ) in der Fassung des Art. 1 Ziff. 1 der Verordnung des Reichspräsidenten über Wirtschaft und Finanzen vom 23. Dezember 1932 (RGBl. I S. 571 ) und des Art. 1 § 1 des Gesetzes zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 (RGBl. I S. 262 ), 4. das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 (RGBl. I S. 262 ) nebst Ergänzungen und Änderungen sowie die Verordnung zur Beseitigung der Übersetzung im Einzelhandel vom 16. März 1939 (RGBl. I S. 498 ), 5. die Verordnung über den Abbau der selbständigen Handwerksbetriebe in Warenhäusern vom 11. Juli 1933 (RGBl. I S. 468 ), 6. die Verordnung über die durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichneten Geschäfte vom 24. Juli 1939 (RGBl. I S. 1320 ) nebst Änderung, 7. die Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan über die Ausübung des Wandergewerbes und des Stadthausierergewerbes vom 25. Juli 1939 (RGBl. I S. 1327 ), 8. die Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet des Handwerksrechts vom 17. Oktober 1939 (RGBl. I S. 2046 ), 9. die Verordnung über die Errichtung, Übernahme, Erweiterung und Stillegung forst- und holzwirtschaftlicher Bearbeiter- und Verteilerbetriebe vom 24. Juli 1941 (RGBl. I S. 445 ), 10. das Gesetz über die Errichtung gewerblicher Unternehmen vom 23. September 1946 (GVBl. S. 299
), 11. alle sonstigen diesem Gesetz entgegenstehenden Vorschriften über die Zulassung von gewerblichen Unternehmen.“
3Bei dem Entwurf des Gesetzes sei auch die Frage aufgetaucht, ob überhaupt noch Landesgesetze nach dem Inkrafttreten der Bundesverfassung erlassen werden können. Nachdem aber die Dekartellisierungsbestimmungen der Militärregierung noch in Kraft seien und diese auf Grund dieser Bestimmungen den Erlaß dieses Gesetzes verlangt habe, sei die Rechtslage wohl klar.
4Ministerpräsident Dr. Ehard meint, der Bund könne natürlich das vorliegende Gesetz unter Umständen aufheben, man sei aber jetzt jedenfalls zum Erlaß ermächtigt.
5Auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Kraus wird beschlossen, Art. 13 Abs. 2 Satz 2 folgende Fassung zu geben: „Gebühren können ermäßigt oder außer Einsatz gelassen werden.“
6Staatssekretär Dr. Müller schlägt sodann vor, die Frage der Versicherungsaufsicht zu prüfen und nochmals eine Besprechung zwischen dem Vertreter des Wirtschaftsministeriums und dem Leiter des Versicherungsaufsichtsamtes, Herrn Ministerialrat Bernhard,25 herbeizuführen, da das in § 14 geforderte öffentliche Interesse die Bedürfnisfrage einbeziehe.25Zu seiner Person s. Nr. 55 TOP IX.
7Der Ministerrat beschließt sodann, dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung zu erteilen, unter der Voraussetzung, daß eine Einigung zwischen dem Wirtschafts- und dem Finanzministerium über diesen strittigen Punkt zustandekomme.26
26MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten am 30. 6. 1949 den Entwurf eines Gesetzes über Gewerbefreiheit (Gewerbefreiheitsgesetz) mit ausführlicher Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2622 . Zum Fortgang s. Nr. 91 TOP I.
27
Protokolle Ehard II (Band 1 1947/1948) Einleitung S. CXVIII. Vgl. auch Hürten, Faulhaber S. 307, 312. S. im Detail StK-GuV 68. Die Zahl der ehemaligen berufsmäßigen Wehrmachtsangehörigen etc. in Bayern belief sich auf 40155; vgl. Bayern in Zahlen 1950 S. 264.
1Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, die Militärregierung habe den Art. 12 des Gesetzes beanstandet,28 der folgendermaßen laute: „Das Bayer. Staatsministerium der Finanzen erläßt die zur Ergänzung und Durchführung des Gesetzes erforderlichen Vorschriften“, und habe die Streichung der Worte „zur Ergänzung“ verlangt. Das Staatsministerium der Finanzen habe deshalb einen Gesetzentwurf vorgelegt,29 der den Artikel 12 insoweit ändere.28Vgl. Van Wagoner an Ehard, 20. 5. 1949: „Es wird auf Art. 12 des obigen Gesetzes und insbesondere auf die Verwendung des Wortes ‘Ergänzung’ (supplement) in diesem Artikel hingewiesen. Das Wort ‘Ergänzung’ bedeutet eine Hinzufügung oder Änderung und die dem Staatsministerium der Finanzen erteilte Befugnis zur ‘Ergänzung dieses Gesetzes …‘ stellt eine Übertragung gesetzgeberischer Gewalt dar, die dem demokratischen Prinzip, wonach gesetzgeberische Gewalt nicht von der Exekutive der Regierung ausgeübt werden soll, widerspricht und gleichzeitig gegen Art. 70 (3) der bayerischen Verfassung verstößt. Dieser Grundsatz ist bereits früher bei zahlreichen Gelegenheiten mit Nachdruck betont und erst kürzlich in einer Stellungnahme des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 1948 (GVBl. 1949 S. 39
), in dem [sic!] § 33 des Reichsleistungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt wurde, sehr zwingend zum Ausdruck gebracht worden. Aus den obengenannten Gründen ist es erforderlich, Art. 12 dieses Gesetzes dahin zu ändern, daß das Wort ‘Ergänzung’ gestrichen wird. Ich wäre daher dankbar, wenn Sie das zur Durchführung dieser Abänderung Erforderliche veranlassen und mir über die Ergebnisse Ihrer Maßnahme bis 1. Juni 1949 Mitteilung machen würden; andernfalls sehe ich mich gezwungen, Maßnahmen zur Wahrung des durch Art. 12 des obigen Gesetzes verletzten Grundsatzes zu ergreifen“ (StK 30832 und StK-GuV 68).29StMF Kraus an Ehard, 25. 5. 1949, in der Anlage der Entwurf des Änderungsgesetzes mit Begründung (StK-GuV 68).
2Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen und ihn dem Landtag zuzuleiten.30
30MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zahlung von Unterhaltsbeträgen an berufsmäßige Wehrmachtsangehörige und ihre Hinterbliebenen vom 12. August 1948 (GVBl. S. 147
) am 30. 6. 1949 mit Begründung dem Landtagspräsidenten zu; vgl. BBd.
III Nr. 2623 . – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zahlung von Unterhaltsbeträgen an berufsmäßige Wehrmachtsangehörige und ihre Hinterbliebenen vom 12. August 1948 (GVBl. S. 147
) vom 28. September 1949 (GVBl. S. 271
). Zum Fortgang s. Nr. 91 TOP IV.
31Vgl. Nr. 59 TOP II und Nr. 61 TOP II.
1Staatsminister Dr. Kraus teilt mit, die Militärregierung habe nunmehr erklärt, entgegen ihrem ursprünglichen Standpunkt,32 daß eine Genehmigung für die Bürgschaftsübernahme für die Verbindlichkeiten der Bayernwerk AG, der Rhein-Main-Donau AG, der Innwerk AG usw. nicht mehr erforderlich sei.33 Mit Rücksicht auf den Standpunkt der Haushaltsausschüsse des Landtags und des Senats und die Wünsche der Militärregierung habe das Finanzministerium einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt,34 [der] die Verbindlichkeiten der Energieversorgungs-AG,35 der Neuen Technik GmbH in Augsburg36
und des Banken-Konsortiums in München, das die Luftwaffensiedlung in Ramersdorf errichte,37 im einzelnen aufführe.38 Das Finanzministerium werde darnach ermächtigt, für die Verbindlichkeiten dieser Unternehmen durch Übernahme von Bürgschaften Sicherheit zu leisten.32Vgl. Nr. 59 TOP II.33Vgl. Bolds an Ehard, 7. 5. 1949, betr. Genehmigung von Staatsanleihen und staatlichen Bürgschaften: „In meinem Schreiben vom 5. Mai 1949 mit obigem Betreff habe ich Sie davon in Kenntnis gesetzt, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt weitere Mitteilungen erwartet und Ihnen nach Eingang unverzüglich zugeleitet würden. Weiterhin ist hier die Nachricht eingegangen, daß die Genehmigung der vom Bayerischen Staat übernommenen Anleihebürgschaften durch die Militärregierung nicht mehr erforderlich und jede Beschränkung hinsichtlich der Übernahme von Anleihebürgschaften seitens deutscher Länderregierungen widerrufen worden sei. Die Übernahme von Anleihebürgschaften durch die Länderregierungen liegt alsdann ganz im Ermessen der jeweiligen Regierungen. Bayern kann daher die Bürgschaft der Anleihe der Rhein-Main-Donau und des Bayernwerkes übernehmen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Bestimmungen des Artikels 28 des Gesetzes Nr. 63 der Militärregierung durch diese so ausgelegt worden sind, daß Anleihen öffentlicher Behörden der Genehmigung der Militärregierung unterliegen, wenn solche Anleihen aus anderen Mitteln als denjenigen von Landesbehörden mit öffentlichen Einnahmen stammen. Anleihen öffentlicher Behörden von Geldinstituten oder auf dem Kapitalmarkt bedürfen daher der Genehmigung der Militärregierung. Art. 28 verbietet keine Anleihen zwischen öffentlichen Behörden des Landes; derartige Anleihen können ohne Verweisung auf die Militärregierung durchgeführt werden. Hiermit genehmigt die Militärregierung den Antrag der Bayernwerk AG auf Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 101,5 Millionen DM aus anderen Mitteln als denjenigen von Landesbehörden. Diese Genehmigung wird eigens zur Finanzierung der vom Bipartite Control Office genehmigten Kapitalprojekte für 1949 gewährt“ (StK-GuV 101).34Kraus an Ehard, 18. 6. 1949, in der Anlage Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Sicherheitsleistungen des Bayerischen Staates mit Begründung (StK-GuV 101).35Gemeint ist die Bayernwerk AG.36In der Begründung des Entwurfs (BBd.
III Nr. 2621 ) hieß es dazu: „Die Neue Technik GmbH in Augsburg hat sich die wirtschaftliche Großfertigung von Gebäuden in der Messerschmitt-Bauart zur Aufgabe gestellt. Die Bauart hat die oberste technische Zulassung gefunden und soll im großen angewendet werden. Um die Bauelemente herzustellen, bedarf die Gesellschaft eines Investierungskredits von 1,4 Millionen DM und eines Betriebsmittelkredits von 800000 DM. Der Kredit ist zu den üblichen Bedingungen (zur Zeit 9% Zinsen und Provision) gegeben; Rückzahlung ist bis Ende 1951 in Aussicht genommen.“37Es handelte sich um 600 Wohnungen, die auf Veranlassung der Besatzungsmacht für deren Angehörige an der Claudius-Keller-Straße in München errichtet werden sollten; vgl. SZ 9. 7. 1949. Zum Fortgang s. Nr. 93 TOP VI.38Der Entwurf umfaßte ferner auch Verbindlichkeiten der Rhein-Main-Donau AG und der Innwerk AG.
2Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf seine Zustimmung zu erteilen und ihn sodann dem Landtag zuzuleiten.39
39MPr. Ehard leitete den Entwurf eines zweiten Gesetzes über Sicherheitsleistungen des bayerischen Staates am 30. 6. 1949 mit Begründung dem Landtagspräsidenten zu; vgl. BBd.
III Nr. 2621 . – Zweites Gesetz über Sicherheitsleistungen des Bayerischen Staates vom 30. Juli 1949 (GVBl. S. 194
). Das StMF wurde durch das Gesetz schließlich ermächtigt, durch die Übernahme von Bürgschaften zu Lasten des bayer. Staates Sicherheit für Verbindlichkeiten in einer Gesamthöhe von 161,5 Millionen DM zu leisten. Das Gesetz umfaßte allerdings nicht mehr die Sicherheitsleistung für die Verbindlichkeiten der Neue Technik GmbH in Höhe von 2,2 Millionen DM, die im Entwurf noch enthalten gewesen war.
40Vgl. Protokolle Ehard I Nr. 3 TOP II
.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, es handle sich hier um eine Materie, die schon seit Jahren vom Länderrat in Stuttgart behandelt und jetzt endgültig abgeschlossen worden sei. Bedenken bestünden wohl nicht und man könne ohne weiteres den Gesetzentwurf41 dem Landtag zuleiten.41StMJu Müller hatte dem MPr. den Entwurf am 25. 5. 1949 mit Begründung zur Beschlußfassung im Ministerrat zugeleitet (StK-GuV 765).
2Der Ministerrat beschließt, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.42
42MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtswirkungen des Ausspruchs einer nachträglichen Eheschließung am 28. 6. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2624 . Durch Erlaß Hitlers vom 6. 11. 1941 hatte der Reichsminister des Innern die Ermächtigung erhalten, die nachträgliche Eheschließung von Frauen mit gefallenen oder im Felde verstorbenen Wehrmachtsangehörigen anzuordnen. Bayern vertrat zwar weiterhin den Standpunkt, daß es sich dabei um Nichtehen handelte. Andererseits war man aus „Billigkeitsgründen“ bereit, bestimmte Rechtswirkungen dieser nachträglichen Eheschließungen anzuerkennen. Insbesondere standen der Frau die öffentlich-rechtlichen Versorgungs- und Versicherungsansprüche und Ansprüche aus einer betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung wie einer Witwe zu. Ferner billigte der Gesetzentwurf den Kindern die Rechtsstellung ehelich geborener Kinder zu. – Nachdem eine bundesgesetzliche Regelung angekündigt worden war, bat MPr. Ehard den Landtagspräsidenten, die Behandlung des bayer. Gesetzentwurfs zurückzustellen; vgl. Ehard an Horlacher, 2. 12. 1949 (StK-GuV 765). – Gesetz über die Rechtswirkungen des Ausspruchs einer nachträglichen Eheschließung vom 29. März 1951 (BGBl. I S. 215 ). Dazu s. MInn 90355.
1Staatsminister Dr. Schlögl teilt mit, daß der vorliegende Gesetzentwurf43 zur Änderung der Pachtschutz-Ordnung wörtlich einem Landtagsbeschluß entspreche.44
43S. im Detail StK-GuV 766.44Beschluß des Landtags über den Antrag der Abgeordneten Weiglein (CSU) und Genossen betreffend Ergänzung des § 6 der Pachtschutzordnung vom 30. Juli 1940 (RGBl. I S. 1065 ), 2. 6. 1949; vgl. BBd.
III Nr. 2537 .
2Nachdem Ministerpräsident Dr. Ehard feststellt, daß Bayern ein solches Gesetz verabschieden könne, solange der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch mache, beschließt der Ministerrat, dem Entwurf beizustimmen.45
45MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten am 28. 6. 1949 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Pachtschutzordnung mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2629 . – Gesetz zur Änderung der Pachtschutzordnung vom 30. Juli 1949 (GVBl. S. 217
).
1Ministerialrat Dr. Böhm berichtet, über den vom B. Staatsministerium des Innern am 19. 4. 1949 vorgelegten Gesetzentwurf46 sei in allen Punkten eine Einigung erzielt worden, mit Ausnahme des Punktes, ob die Abteilungen der inneren Verwaltung und der Wirtschaftsverwaltung „Hauptabteilungen“ genannt werden sollten. Es drehe sich hier nur um die Bezeichnung dieser Abteilungen.47
46Vgl. das Rundschreiben des StMI an die Kabinettsmitglieder, 19. 4. 1949, mit der Verordnung als Anlage (StK-GuV 120). S. ferner MF 70615.47Vgl. die Vormerkung von Henle für Ehard, Pfeiffer und MinRat Baer, 13. 6. 1949, zur Beratung dieses TOP im Ministerrat: „Die Gliederung der Geschäftsverteilung der Regierungen ist in einer Verordnung vom Jahre 1920 festgelegt. Diese Verordnung ist längst durch die Entwicklung überholt. Eine Neuorganisation der Kreisregierungen nach einheitlichen Gesichtspunkten erscheint dringend erforderlich. Dieser Aufgabe will sich die ‘Verordnung über die Bildung von Abteilungen und die Verteilung der Geschäfte bei den Regierungen’ unterziehen. Zu ihr gehört ein Mustergeschäftsverteilungsplan, der aber nicht ein Bestandteil der Verordnung selbst, sondern nur als Modell gedacht ist, das nach Geschmack und Bedürfnis der einzelnen Regierungspräsidenten abgeändert werden kann. Über den Grundplan der Organisation sind sich sämtliche Ministerien einig. Danach sollen die Regierungen in a) eine Präsidialabteilung, b) je eine Abteilung ‘Allgemeine innere Verwaltung“ und ‘Wirtschaft’, c) in Fachabteilungen (Schulabteilung, Bauabteilung, Wohnraumbewirtschaftung samt Flüchtlingswesen) gegliedert werden. Während in einem früheren Entwurf die beiden unter b) aufgeführten Abteilungen als ‘Hauptabteilungen“ bezeichnet wurden, hat ein neuer Entwurf auf eine Hervorhebung verzichtet. Er kennt nur ‘Abteilungen“. Dagegen hat das Wirtschaftsministerium protestiert. Der neue Entwurf laufe darauf hinaus, daß das Innenministerium drei Abteilungen (Allgemeine innere Verwaltung, Bauabteilung und Wohnraumbewirtschaftung), das Kultusministerium die Schulabteilung hätte, während die Aufgaben von vier anderen Ministerien, nämlich vom Wirtschafts-, Ernährungs-, Verkehrs- und Arbeitsministerium in einer Abteilung bearbeitet würden. Das Wirtschaftsministerium müßte unter diesen Umständen auf die Bildung einer Abteilung ‘Gewerbliche Wirtschaft’ Wert legen, dem Ernährungs- bzw. Verkehrsministerium könnte dann die Bildung eigener Abteilungen nicht versagt werden. Das Argument des Wirtschaftsministeriums erscheint zutreffend. Die Rückkehr zu der alten Bezeichnung ‘Hauptabteilung“ dürfte der Sachlage entsprechen. Die Ministerien konnten sich aber über diese Frage nicht einigen. Infolgedessen wird der Ministerrat die Entscheidung zu treffen haben. Dabei kommt es allerdings nicht so sehr auf die Wahl der Bezeichnung, als darauf an, daß die Abteilung ‘für Angelegenheiten der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Verkehrs“ zusammengefaßt bleibt“ (StK-GuV 120).
2Staatsminister Dr. Kraus, dem sich Staatsminister Dr. Ankermüller anschließt, tritt dafür ein, die Bezeichnung „Hauptabteilung“ fallen zu lassen und einfach von „Abteilungen“ zu sprechen.
3Staatsminister Dr. Seidel macht Bedenken geltend und hält es für notwendig, von einer „Hauptabteilung Innere Verwaltung“ und einer „Hauptabteilung Wirtschaftsverwaltung“ zu sprechen.
4Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, den Verordnungsentwurf zu verabschieden, mit der Maßgabe, daß es bei der Bezeichnung „Abteilung“ bleibt.48
48Verordnung über die Bildung von Abteilungen und die Verteilung der Geschäfte bei den Regierungen vom 4. Juli 1949 (GVBl. S. 176
) nebst Berichtigung (GVBl. S. 188). Die Bezeichnungen lauteten darin: „Abteilung ‘Allgemeine innere Verwaltung’“ und „Wirtschaftsabteilung“.
49Vgl. Nr. 54 TOP II. S. StK-GuV 722 sowie NL Hoegner 143.
1Ministerialdirigent Brunner vom Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten führt aus, der Zweck des Gesetzes sei der, einen Schlußstrich unter die leidige Frage der Kraftfahrzeugzuweisungen in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch zu ziehen. Er habe vorgesehen, daß Form- und Verfahrensmängel für unbeachtlich erklärt würden und andererseits Tatbestände aufgestellt, welche die Betroffenen zur Anfechtung ermächtigen sollten.50 Im Rechts- und Verfassungsausschuß sei dieser Schlußstrich nicht für radikal genug gehalten worden, weshalb man dort einen Entwurf auf Anregung des Herrn Staatsrats Dr. Hoegner51 aufgestellt habe,52 der in Art. 1 bestimme, daß in der Zeit vom 1. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über den Verwaltungsgerichtshof alle Kraftfahrzeugzuweisungen rechtsgültig gewesen seien.53 Gegen diesen Entwurf seien in den Fraktionen erhebliche Bedenken aufgetaucht, weshalb das Plenum des Landtags beschlossen habe, ihn ohne Besprechung wieder an den Rechts- und Verfassungsausschuß zurückzuweisen.54 Auch die Militärregierung habe Stellung genommen und Bedenken angemeldet, die sie mit rechtsstaatlichen Gesichtspunkten begründet habe.55 Der Rechts- und Verfassungsausschuß habe daraufhin eine Unterkommission, bestehend aus den Abgeordneten Dr. Hoegner, Dr. Lacherbauer,56 Bezold57 und Schefbeck,58 eingesetzt,59 mit dem Auftrag, eine neue Lösung zu finden. Nachdem diesem Unterausschuß seine Aufgabe nicht geglückt sei, habe der Herr Abgeordnete Schefbeck einen Abänderungsantrag vorgelegt, der ein völliges Novum sei.60 Darin werde vorgeschlagen, bei der Staatsanwaltschaft des Verwaltungsgerichtshofs einen Ausschuß zu bilden, der zur Nachprüfung der Kraftfahrzeugzuweisungen in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 15. 10. 1946 auf Antrag als Schiedsstelle entscheide. Die SPD sei zwar mit diesem Vorschlag nicht einverstanden gewesen, habe aber auch keine Lösungsmöglichkeiten aufzeichnen können. Es erscheine an sich nicht erforderlich, besondere Schiedsstellen einzurichten, wenn, wie in dem Antrag Schefbeck vorgesehen, nachträglich doch die Verwaltungsgerichte tätig werden könnten. Das Verkehrsministerium habe deshalb einen neuen Entwurf ausgearbeitet, der den Gedanken des Herrn Abgeordneten Schefbeck zwar aufgreife, aber mit der Maßgabe, daß keine Schiedsstellen, sondern Abwicklungsstellen im Bereich der Verkehrsverwaltungen und zwar für Süd- und Nordbayern je eine eingerichtet würden. Er empfehle dem Ministerrat, den Regierungsentwurf zurückzuziehen und dem Antrag Schefbeck mit den vom Verkehrsministerium vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen.50Im Anschluß an die Beratung im Ministerrat am 22. 12. 1948 (Nr. 54 TOP II) hatte MPr. Ehard den Entwurf eines Gesetzes über die Bereinigung von Kraftfahrzeugzuweisungen mit Begründung am 15. 1. 1949 dem Landtagspräsidenten zugleitet; vgl. BBd.
III Nr. 2152 .51Vgl. Nr. 55 Anm. 38.52Dieser Entwurf in: BBd.
III Nr. 2224 .53§ 1 dieses Entwurfs (vgl. Anm. 52) lautete: „Die Inanspruchnahme von Kraftfahrzeugen, die in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 39 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 25. September 1946 (GVBl. S. 281
) durch Behörden erfolgt ist, ist rechtsgültig; sie kann nur nach Maßgabe dieses Gesetzes aufgehoben werden.“54
StB.
III S. 654 (23. 2. 1949).55Dazu hieß es in der Vormerkung von Henle für MPr. Ehard und Pfeiffer, 27. 6. 1949, zur Beratung dieses TOP im Ministerrat: „Die Militärregierung (Mr. Oberry) hält den Entwurf für verfassungswidrig und mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, weil er unter Außerachtlassung eines ordentlichen Gerichtsverfahrens in das Eigentum eingreift“ (StK-GuV 722).56Dr. jur. Carljörg Lacherbauer (1902–1967), Jurist, seit 1. 12. 1945 kommissarischer 3. Bürgermeister von München, 18. 7. 1947–1. 12. 1948 Staatssekretär im StMJu in den Kabinetten Ehard I und Ehard II, 1946–1958 MdL (bis 1953 CSU, anschließend BP), 1954–19. 6. 1957 Vors. der BP-Fraktion; vgl. Protokolle Ehard II (Band 1 1947/1948) Einleitung S. XLIIIf.57Otto Bezold (1899–1984), Jurist, 1945 Oberlandesgerichtsrat, 1954 Senatspräsident beim Oberlandesgericht München, 14. 12. 1954–8. 10. 1957 StMWi und Verkehr im Kabinett Hoegner II, 16. 10. 1957–5. 12. 1958 StMI im Kabinett Seidel I, 1946–1966 und 1970–1974 MdL (FDP), 1950–1954, 1958–1962 und 1970–1972 Fraktionsvorsitzender, 1946–1950, 1965/1966 und 1972–1974 stellv. Fraktionsvorsitzender, 1962–1966 Vizepräsident des Bayer. Landtags.58Otto Schefbeck (1900–1972), Jurist, 1928–1930 im StMELF, Abt. Bayer. Landessiedlung; seit 1930 Rechtsanwalt, 1946 Mitglied der Bayer. Verfassunggebenden Landesversammlung, 1946–1950 MdL (CSU), Vors. des Wirtschaftsausschusses des Landtags und stellv. Vors. des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen.59Vgl. Hoegner, Außenseiter (S. 305): „Otto Bezold von der FDP, Dr. Lacherbauer von der Bayernpartei, Otto Schefbeck von der CSU und ich bildeten im Landtag den ‘Gehirntrust’, der sich um eine einwandfreie Gestaltung der Gesetze bemühte. Wir arbeiteten besonders an dem freiheitlichen bayerischen Pressegesetz, dem Rundfunkgesetz, dem bayerischen Betriebsrätegesetz, dem Schulorganisationsgesetz und machten diese und zahlreiche andere Entwürfe für den Verfassungsausschuß des Landtags erst beratungsreif.“60Am 14. 6. 1949 hatte MinDirig Brunner (StMVerkehr) der StK den Abänderungsantrag von Schefbeck zugeleitet (StK-GuV 722). Dazu hieß es in der Vormerkung von Henle für MPr. Ehard und Pfeiffer, 27. 6. 1949, zur Beratung dieses TOP im Ministerrat: „Von dem Abgeordneten Schefbeck ist nun ein Antrag eingebracht worden, der auf eine Anregung von Oberverwaltungsgerichtsrat Ziegler und Generalstaatsanwalt Koch zurückgeht. Danach sollen bei den Staatsanwaltschaften der Verwaltungsgerichte Schiedsstellen errichtet werden, die eine gütliche Einigung versuchen sollen. Erst wenn eine solche nicht zustandegekommen ist, soll Anfechtungsklage erhoben werden dürfen. Gegen diesen Plan sind verschiedene Bedenken erhoben worden: 1. Die Staatsanwaltschaften bei den Verwaltungsgerichten werden im Hinblick auf ihre spätere Rolle im Anfechtungsprozeß als ungeeignet betrachtet. 2. Eine gütliche Einigung kann jederzeit auch vor dem Verwaltungsgericht versucht werden. Die Einrichtung besonderer Stellen erscheint nicht erforderlich. 3. Das Verhältnis zum ordentlichen Rechtsweg ist nicht ganz klar. Die Erhebung der Eigentums-Herausgabeklage ‘mit der Behauptung, die Kraftfahrzeugzuweisung sei nichtig’, wird nicht ausgeschlossen werden können. Diese Bedenken dürften starkes Gewicht besitzen. Die vorgesehenen Schiedsstellen werden wohl nur dann mit einiger Aussicht auf Erfolg arbeiten können, wenn ihnen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie Ansprüche ausgleichen können. Die Zurverfügungstellung solcher Mittel könnte mit Rücksicht darauf gerechtfertigt werden, daß andernfalls der Staat Gefahr läuft, hohe Schadenersatzansprüche befriedigen zu müssen. Es wird also im wesentlichen eine Finanzfrage sein, ob man sich von dem Gesetz einen Erfolg verspricht oder nicht. Falls die Einwände gegen das Gesetz das Übergewicht behalten sollten, gäbe es als einzige gesetzgeberische Möglichkeit wohl nur die, die Jurisdiktion der Verwaltungsgerichte in die vergangene Zeit hinein vorzuverlegen. Diese Lösung dürfte völlig unpraktisch sein, weil sie die Verwaltungsgerichte aktionsunfähig machen würde. Unter diesen Umständen erscheint es rätlich, auf eine gesetzliche Regelung überhaupt zu verzichten“ (StK-GuV 722).
2Ministerpräsident Dr. Ehard meint, Schiedsstellen hätten doch nur dann einen Sinn, wenn sie größere Möglichkeiten als jedes Gericht hätten, bei dem sowieso Güteverfahren durchgeführt werden könnten. Außerdem halte er es für bedenklich, die Staatsanwaltschaften bei den Verwaltungsgerichten einzuschalten, im Hinblick auf ihre evtl. spätere Rolle in Anfechtungsprozessen. Außerdem erscheine ihm das Verhältnis zum ordentlichen Rechtsweg nicht als geklärt.
3Ministerialdirigent Brunner macht darauf aufmerksam, daß der Wert des Antrags Schefbeck darin bestehe, daß überhaupt eine Möglichkeit zur Nachprüfung der alten Verwaltungsakte geschaffen werde, insofern nämlich, als nur auf diesem Weg die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch auf Akte ausgedehnt werden könne, die sich vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Verwaltungsgerichtshof ereignet hätten.
4Staatsminister Dr. Ankermüller regt an, nochmals eine Aussprache zwischen dem Innen- und dem Verkehrsministerium anzusetzen und betont, daß die Verwaltungsgerichte unmöglich alle Kraftfahrzeugzuweisungen nachprüfen könnten.
5Ministerialrat Dr. Böhm berichtet, die anderen Länder hätten sich entschlossen, kein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Man begnüge sich vielmehr dort, alle Kraftfahrzeuge gutwillig wieder den Eigentümern zurückzugeben. Er halte es auch für günstig, wenn ein Weg gefunden werden könne, der die Verwaltungsgerichte entlaste.
6Staatsminister Dr. Ankermüller stellt nochmals fest, es sei dringend notwendig, eine Lösung zu finden, da alles ins Stocken geraten sei. Wenn der Ministerrat sich entschließen könne, heute noch eine Entscheidung zu treffen, bestehe die Möglichkeit, das Gesetz noch vor den Landtagsferien zu verabschieden. Auf alle Fälle schlage er vor, den bisherigen Regierungsentwurf zurückzuziehen.
7Auf Vorschlag von Staatsminister Dr. Ankermüller wird beschlossen, nach Möglichkeit die Angelegenheit bis zum nächsten Ministerrat zu klären und die Staatsminister des Innern und für Verkehr zu beauftragen, einen neuen Entwurf zu entwerfen.61
61Zum Fortgang s. Nr. 72 TOP IV.
62Vgl. Nr. 57 TOP III und Nr. 61 TOP VII.
1Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, bekanntlich sei grundsätzlich allen Flüchtlingsobleuten bis zum 31. Mai 1949 gekündigt, die Frist aber bis 30. 6. verlängert worden.63 Es müsse unbedingt jetzt eine Entscheidung getroffen werden, ob die beschlossene Kündigung aufrecht zu erhalten sei.63Vgl. MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 345; ferner Bauer, Flüchtlinge S. 296f.
2Ministerialdirigent Dr. Adam
64 berichtet, es seien noch 518 Flüchtlingsobleute im Amt; wenn ihre Zahl auf 3½ Obleute pro Landkreis verringert würde, so bedeute das eine Entlassung von ungefähr 25, eine Verringerung auf 3 pro Landkreis eine Entlassung von 90.64Dr. jur. Robert Adam, geb. 1894, Direktor Arbeitsamt München, 1929 Direktor Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung, Oberverwaltungsgerichtsrat, 1947/1948 MinDirig und Stellv. des Staatssekretärs für das Flüchtlingswesen, 1952–1957 Mitglied des Bayer. Verfassungsgerichtshofs, 1953–1957 2. Vertreter des Präsidenten.
3Staatsminister Dr. Kraus betont, die Flüchtlingsverwaltung gehe sehr widerstrebend beim Abbau vor, weite Kreise der Verwaltung seien der Auffassung, daß die Flüchtlingsobleute überflüssig seien oder zum mindesten in die allgemeine Verwaltung eingebaut werden müßten.
4Ministerialrat Dr. Böhm erklärt, die Verordnung, den Gemeinden die Gebühren aus den Wohnungsangelegenheiten zu überlassen, sei fertig, so daß die Gemeinden auch die Möglichkeit hätten, Flüchtlingsobleute in die Wohnungsämter zu übernehmen. Soweit dies nicht durchführbar sei, müßten sie in die Flüchtlingsämter übernommen werden.
5Ministerialdirigent Dr. Adam erwidert, die Übernahme in die Flüchtlingsämter könne nur geschehen, soweit Stellen frei seien. Was die Wohnungsämter betreffe, so seien diese Kreisbehörden und könnten also nicht gezwungen werden, Flüchtlingsobleute einzustellen. Er halte es aber durchaus für möglich, wenigstens auf 3 Obleute pro Landkreis herunterzugehen.
6Ministerialrat Dr. Böhm schlägt vor, einen Beschluß zu fassen, daß die Zahl der Flüchtlingsobleute pro Landkreis ab 1. 7. 1949 nicht höher als drei sein dürfe, wobei die Verteilung den Regierungen überlassen bleibe. Dabei sollten die abgebauten Obleute möglichst in die Wohnungsämter und, soweit dies nicht gehe, in die freien Stellen der Flüchtlingsämter übernommen werden. Bei den nicht-ausgeschiedenen Obleuten möge die Kündigung rückgängig gemacht werden.
7Der Ministerrat beschließt sodann, diesem Vorschlag entsprechend die Zahl der Flüchtlingsobleute auf drei pro Landkreis zu verringern und die verbleibenden wieder in das normale Dienstverhältnis zu überführen.65
65Vgl. aufgrund dieses Ministerratsbeschlusses die Anordnung des StMI, 28. 6. 1949, betr. Flüchtlingsobleute an die Regierungen, Stadträte und Landratsämter (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 345).
1Staatssekretär Dr. Müller führt aus, die sofortige Erhebung der Baunotabgabe66 und der Soforthilfe für den Lastenausgleich67 erfordere eine Vermehrung des Personals der Finanzämter, die im Entwurf des Haushaltsplans 1949 in EPL.68 VI vorgesehen sei. Da jedoch der EPL. VI dem Landtag noch nicht vorgelegt sei, erweise es sich als notwendig, den Landtag zu bitten, von den genannten Stellen zunächst 500 vorweg zu nehmen.66Vgl. Nr. 62 TOP VIII.67Rechtsgrundlage waren das Erste Gesetz zum Ausgleich von Kriegs- und Kriegsfolgeschäden (Erstes Lastenausgleichsgesetz) vom 15. Dezember 1948; vgl. Nr. 51 TOP I sowie die Erste Durchführungsverordnung zum Ersten Lastenausgleichsgesetz; SZ 22. 1. 1949.68Einzelplan.
2Der Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag zuzustimmen, und den Staatsminister der Finanzen zu ermächtigen, den Antrag dem Haushaltsausschuß des Bayer. Landtags zur Beratung in seiner nächsten Sitzung am 6. Und 7. Juli zuzuleiten.
1Staatssekretär Geiger teilt mit, es sei geplant, in München im Oberammergaujahr 1950 eine repräsentative Bayer. Landesausstellung zu veranstalten. Notwendig sei ein Zuschuß des Bayer. Staates von 600000 DM sowie die Übernahme einer Ausfallbürgschaft in Höhe von 900000 DM.
2Staatssekretär Dr. Sattler unterstützt den Vorschlag von Staatssekretär Geiger und weist darauf hin, daß München seinen Rang als Ausstellungsstadt unbedingt behalten müsse.
3Staatsminister Dr. Kraus macht mit Rücksicht auf die gegenwärtige Finanzlage Bedenken geltend und meint, auch die Ausfallbürgschaft von 900000 DM werde wohl verloren sein.
4Ministerpräsident Dr. Ehard hält den Gedanken, eine solche Ausstellung zu veranstalten, an sich für gut, meint aber, die Angelegenheit sei wohl noch nicht genügend geklärt. Er schlage deshalb vor, das Staatsministerium für Wirtschaft möge unmittelbar die Verbindung mit den beteiligten Ministerien aufnehmen.
1Der Ministerrat beschließt:
2a) Auf Vorschlag des B. Staatsministeriums für Arbeit und Soziale Fürsorge Geheimrat Dr. Kerschensteiner69 zum Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Bayern,69Dr. med. h. c. Anton Kerschensteiner (1884–1972), Neffe des Pädagogen Georg Kerschensteiner und Schwiegersohn des MPr. und Staatskommissars Gustav v. Kahr, 1910 große juristische Staatsprüfung, Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, März 1919 Übernahme in das Reichsarbeitsministerium, 1921 MinDirig, 1927–1933 Präsident des Landesarbeitsamts Bayern in München, 29. 3. 1933 Beurlaubung, 1934 Präsident des Landesarbeitsamts Ostpreußen in Königsberg, 1. 11. 1943 aus pol. Gründen Versetzung auf Wartegeld, Verwendung als Reichsinspekteur für den Arbeitseinsatz, 22. 5. 1945 Präsident des Landesarbeitsamtes Ober- und Mittelfranken, 1. 10. 1945 Amtsenthebung durch die Militärregierung, 28. 10. 1945 – 24. 6. 1946 Internierungslager Hammelburg, 6. 12. 1946 lt. Entscheidung der Spruchkammer Ansbach vom BefrG nicht betroffen, 10. 5. 1947 Beschäftigungsverbot durch die Militärregierung für den Stadt- und Landkreis Ansbach, 8. 1. 1948 nach einem durch den Kassationshof angestrengten neuerlichen Spruchkammerverfahren Aufhebung dieses Verbots, 5. 3. 1947 – 30. 9. 1948 Abteilungsleiter beim Stuttgarter Länderrat (Koordinierung und Politik und Verwaltungsrecht), 14. 6. 1948 Ernennung zum MinRat auf Lebenszeit im bayer. Staatsdienst unter weiterer Abordnung zum Länderrat in Stuttgart, 4. 10. 1948 – 30. 6. 1949 MinDirig bei der Verwaltung für Arbeit des VWG, 1. 7. 1949–30. 6. 1952 Präsident des Landesarbeitsgerichts Bayern (Behörde bestand bis 1973).-Vgl. Nr. 31 TOP VIII.
3b) auf Vorschlag des Wirtschaftsministeriums Regierungsdirektor Dr. Drexl70 zum Ministerialrat im Wirtschaftsministerium,70Dr. rer. pol. Josef Drexl (1895–1975), 1925–1945 Reichswirtschaftsministerium, seit 1939 als MinRat, vor 1933 Mitglied des Zentrums, 1. 5. 1937 NSDAP-Mitglied, 1945/1946 Wirtschaftssachverständiger für die amerikanische Militärregierung (u. a. Ministerial Collecting Center, Hessisch Lichtenau), seit 15. 8. 1947 Verwendung im StMWi, zunächst als Angestellter, Referent in der Gruppe Querschnittplanung der Rohstoffe für die Sachgebiete Nichteisenmetalle, Holz und Papier, 17. 2. 1948 RegDir mit der Amtsbezeichnung MinRat, gleichzeitig Ernennung zum Leiter der Abt. VI (Wirtschaftsabteilung) des StMWi, 1. 6. 1949 Beamter auf Lebenszeit, 8. 7. 1949 MinRat, mit Ablauf des Jahres 1951 auf eigenen Wunsch Entlassung aus dem Staatsdienst, Wechsel in die Privatwirtschaft (Direktor der Firma E. Schwenk Zement- und Steinwerke Ulm/Donau). – Vgl. Nr. 19 TOP XIII.
4c) auf Vorschlag des Kultusministeriums Prof. Dr. Baethgen71 zum Direktor des Deutschen Instituts zur Erforschung des Mittelalters zu ernennen,71In der Vorlage fälschlich „Baedgen“. – Prof. Dr. Friedrich Baethgen (1890–1972), Historiker, 1947–1958 Präsident der Monumenta Germaniae Historica, 1950 o. Mitglied der Bayer. Akademie der Wissenschaften. Vgl. Grundmann S. 11.
5d) auf Vorschlag des Innenministeriums Ministerialrat Dr. Kneuer72 zum Präsidenten des Verwaltungsgerichts München zu ernennen, hier unter der Voraussetzung, daß das Finanzministerium seine Zustimmung erteilt.72Dr. jur. Heinrich Kneuer (1887–1959), Jurist, 1930 RR I. Kl. Bayer. Statistisches Landesamt, 1934 Bezirksoberamtmann Bad Aibling, 1938 aus pol. Gründen an die Regierung von Schwaben in Augsburg versetzt, 1939 bei Kriegsausbruch Abordnung in das StMWi zum Aufbau der Abt. B. des Landesernährungsamtes, gegen Kriegsende Abordnung ins Reichsernährungsministerium Süd, 8. 5. 1945 Landrat Dachau, 1946 dort zum Landrat gewählt, 1. 10. 1946 Rücknahme der Genehmigung seiner Wahl zum Landrat durch die Militärregierung und Anweisung an den Kreistag zur Neuwahl, 7. 11. 1946 von der Spruchkammer Dachau in die Gruppe der Entlasteten eingereiht, 1947 MinRat und Abteilungsleiter im StMI, 1948 als Sachverständiger Teilnahme am Verfassungskonvent von Herrenchiemsee, Verf. eines Hdb. des Bayer. Verwaltungsrechts, 1949 Präsident des Verwaltungsgerichts München, 1. 2. 1951 Regierungspräsident von Oberbayern, 1. 8. 1952 Ruhestandsversetzung. – Vgl. Nr. 2 TOP XVI.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister