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Nr. 4MinisterratssitzungDonnerstag, 9. Januar 1947 Beginn: 14 Uhr 20 Ende: 17 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner, Innenminister Seifried, Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Zorn, Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Arbeitsminister Roßhaupter, Staatsminister für Sonderaufgaben Loritz, Staatsminister Dr. Pfeiffer (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Fischer (Innenministerium, Bauabteilung), Staatssekretär Pittroff (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Wirtschafts ministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Staatssekretär Höltermann (Sonderministerium).1

Tagesordnung:

I. Regierungserklärung. [II. Sprengstoffanschlag auf die Spruchkammer in Nürnberg]. [III. Beseitigung der sogenannten Ehrentempel am Königsplatz]. [IV. Eröffnung der Universität München]. [V. Kohleversorgung]. [VI. Stromversorgung]. [VII. Erklärung der Staatsregierung zur Saarfrage]. [VIII. Beförderung des Oberregierungsrates Meyer]. [IX. Ernennung des Landeszentralbankpräsidenten und des Generalsekretärs des Landespersonalamtes]. [X. Besetzung der Staatssekretäre für Flüchtlinge und für die Schönen Künste]. [XI. Staatsminister a.D. Helmerich und Staatssekretär a.D. Waldhäuser]. [XII. Baubüro für die Aufgaben der amerikanischen Besatzungsmacht].

[I. Regierungserklärung]

Ministerpräsident Dr. Ehard eröffnet die Sitzung mit der Mitteilung, daß die Abschnitte XII, XVIII, XIX und XXIII umgearbeitet vorlägen. Der Abschnitt über die Zuständigkeiten des Kontrollrats, der bizonalen Einrichtungen und des Länderrats bedürfe einer erheblichen Ergänzung auf Grund der Rede, die General Clay gestern im Länderrat gehalten hat.2 Diese Rede werde man zunächst genau studieren müssen.3 Am 23. Januar finde eine Ministerpräsidentenkonferenz in Minden statt.4 Es sei nicht unzweckmäßig, wenn man das eine oder andere Mitglied des Landtags, das besondere staatsrechtliche Kenntnisse habe, zum Studium dieser Rede zuziehen könne, um die Verantwortung auf eine etwas breitere Basis zu stellen. Man müsse alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Landtag so einzuschalten, wie es die Verfassung vorschreibe. Es sehe fast so aus, als ob die Amerikaner mindestens teilweise mit den Ministerpräsidenten allein Weiterarbeiten wollten. Diese Schwierigkeiten kämen aus der englischen Zone. Man werde in die Regierungserklärung in diesem Punkt eine Bemerkung einfügen müssen, daß Clay sich gestern mit diesen Angelegenheiten auch befaßt habe; er bitte, ihm hiefür die Ermächtigung zu geben.5 Anschließend bitte er die einzelnen Ressortminister zu den umgearbeiteten Abschnitten Stellung zu nehmen.

Staatsminister Loritz erklärt, in Abschnitt 23 Abs. 2 sei die Stellungnahme des Sonderministeriums völlig verdreht wiedergegeben. Es sollen nach Zeile 2 dieses Absatzes die Worte „nach der Machtergreifung“ und in Zeile 4 „in die NSDAP oder ihre Gliederungen“ hinzugefügt werden.6

Staatsminister Dr. Baumgartner meint, man solle auch noch das Wort „nachweislich“ einsetzen.

Staatsminister Loritz hält dies nicht für notwendig, da jede Behauptung nachgewiesen werden müsse. Im übrigen halte er auch den Ausdruck „gutschreiben“ nicht für glücklich.

Ministerpräsident Dr. Hoegner und Staatssekretär Pittroff beantragen die Worte „durch Angst“ zu streichen.

Staatsminister Loritz will die Worte „ähnliche Druckmittel“ hinzugefügt haben.

Ministerpräsident Dr. Ehard möchte nicht zu weit in Einzelheiten gehen; man solle die Worte „wirtschaftlich“ und „ihrer Vorgesetzten“ weglassen und einfach sagen „durch Druck oder Drohung“.

Staatsminister Loritz möchte das Wort „gutgeschrieben“ durch „zugutegehalten“ ersetzt haben.

Staatsminister Dr. Pfeiffer weist darauf hin, daß bei der Überarbeitung ein Passus über die Arbeitslager übersehen worden sei, der nach Rücksprache mit Staatsminister Loritz wieder hereinkommen solle.

Staatsminister Loritz schlägt hierzu noch folgende Ergänzung vor: Der Arbeitseinsatz der Internierten ist ausschließlich geplant für Arbeiten, die im öffentlichen Interesse liegen. Keinesfalls darf der Arbeitseinsatz der Internierten in den Arbeitslagern zu einer Konkurrenz für die gewerbliche Wirtschaft führen.

Staatssekretär Höltermann befürwortet die Aufnahme dieser Ergänzung.

Staatsminister Roßhaupter möchte daran erinnern, daß früher gesagt worden sei, daß unter Umständen die weniger Belasteten auch bei privaten Arbeitgebern eingesetzt werden könnten.

Staatssekretär Höltermann erwidert, dagegen sei nichts einzuwenden. Dies ändere auch nichts an dem Grundsatz, daß der Arbeitseinsatz nach Möglichkeit für Aufgaben des öffentlichen Interesses geschehe. Es handle sich hier aber nicht um eine Konkurrenz für die freie Wirtschaft. Eine Konkurrenz für diese bedeute es nur, wenn in den Lagern eigene Industrien entstehen würden.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend folgende Fassung fest: Der Arbeitseinsatz der Internierten ist für Arbeiten geplant, die im öffentlichen Interesse liegen; keinesfalls darf der Arbeitseinsatz der Internierten in den Arbeitslagern zu einer Konkurrenz der gewerblichen Wirtschaft führen.7

Staatssekretär Dr. Müller bemerkt zu Abschnitt XVIII, daß dieser nichts wesentlich Neues bringe; nur im letzten Abschnitt auf Seite 22 Satz 2 solle man sagen anstatt „seinen Gemeinden und Gemeindeverbänden“ „den Selbstverwaltungskörpern“.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt zu Abschnitt XIX, hier sei die ursprüngliche Fassung stark verwässert worden. In Abs. 1 habe es früher geheißen, daß die Sozialisierung in Angriff genommen werde, jetzt heiße es nur, daß eingehend geprüft würde.8

Staatsminister Dr. Zorn möchte darauf aufmerksam machen, daß die Industrie zur Zeit außerordentlich beunruhigt sei. Infolgedessen bitte er zu erwägen, ob es nicht zweckmäßig sei, in der Regierungserklärung behutsame Formulierungen zu wählen. Der Weg an sich sei ja durch die Verfassung vorgeschrieben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, die Regierungserklärung sei das Programm für die Arbeit der Regierung. Die Grundlage der Regierungsarbeit bildeten die Verfassung,9 die 30 Punkte der CSU10 und das Arbeitsprogramm der SPD.11 Darüber bestünden feste Vereinbarungen. Wenn Bedenken geltend gemacht würden, könne man vielleicht in diesem Punkt eine mildere Fassung wählen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, man könne diese Angelegenheit doch nicht gleich in Angriff nehmen. Sie werde sich ganz von selber lösen.12 In der englischen Zone sei vieles schon gemacht worden, in Bayern sei man hier zurück.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, die Sozialisierung in der englischen Zone werde durch die Tatsache der Labour Regierung in England bestimmt.13

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß grundsätzlich Meinungsverschiedenheiten nicht bestehen. Es handle sich nur um die Taktik. Im Ergebnis wolle man genau dasselbe, man dürfe in diesen Dingen nicht zu stark doktrinär werden.

Staatsminister Dr. Zorn erwidert, er sei in diesem Punkte der gleichen Meinung.

Staatsminister Dr. Kraus möchte sich aus den vom Wirtschaftsminister vorgebrachten Gründen dessen Standpunkt anschließen. Man müsse vermeiden, daß jetzt noch weitere Unruhe in die Kreise der Wirtschaft und des Mittelstandes getragen werde. Verschiedene Dinge seien zur Sozialisierung reif geworden z.B. auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung. Er sei gewiß kein Gegner dieser Entwicklung, aber diese Dinge müßten auch in der Öffentlichkeit noch reif gemacht werden.

Staatssekretär Sedlmayr hält es für genügend, wenn an Stelle des Wortes „eingehend“ das Wort „umgehend“ gesetzt werde.14

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält bei Abs. 3 auch die frühere Formulierung für klarer.

Staatsminister Dr. Kraus meint, daß neben Körperschaften oder Genossenschaften des öffentlichen Rechts auch der Staat und die Selbstverwaltungskörper in Betracht kommen sollten.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor zu sagen: Die den Aktivisten und Nutznießern rechtskräftig abgenommenen Vermögen sollen der Allgemeinheit zugute kommen und möglichst in der Form gemeinnütziger Genossenschaften der Allgemeinheit nutzbar gemacht werden.

Staatssekretär Geiger hält es für wichtig, daß diese Vermögen nicht verschleudert werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt folgende Fassung vor: „... Vermögen dürfen nicht verschleudert werden, sondern sollen allenfalls durch Bildung gemeinnütziger Genossenschaften der Allgemeinheit zugute kommen“. Alles übrige könne man dann streichen.

Mit diesem Vorschlag herrscht allgemeines Einverständnis.15

Ministerpräsident Dr. Hoegner weist auch beim letzten Absatz auf die frühere Formulierung hin, daß der planmäßige Wiederaufbau der Gütererzeugung auch eine planmäßige Kredit- und Industriepolitik voraussetze. Dies sei jetzt weggelassen.

Staatsminister Dr. Kraus erwidert, dies stehe nun im Abschnitt XVIII.

Staatsminister Roßhaupter fragt an, ob bei der Tagung in Stuttgart davon Mitteilung gemacht worden sei, daß gewisse Industrien infolge Strommangels eingeschränkt werden müßten.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, eine offizielle Mitteilung sei nicht erfolgt. Er habe nur gerüchteweise etwas gehört.

Staatsminister Roßhaupter erklärt, es bestehe seitens der Militärregierung der Plan, es den einzelnen Landesregierungen zu überlassen, welche Industrien stillgelegt werden können. Er wolle deshalb anheimgeben, einen Passus einzufügen, wonach die Regierung darauf bedacht sein werde, denjenigen Kreisen der Arbeiterschaft, die durch die Stillegung betroffen würden, finanziell unter die Arme zu greifen. Diese Ausführungen paßten in den Abschnitt XIX hinein.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält diesen Gedanken für gut. Er werde bei der schaffenden Bevölkerung große Beruhigung auslösen.

Staatsminister Roßhaupter fährt fort, ihm sei weiter mitgeteilt worden, daß die Arbeiter der stillgelegten Betriebe Arbeitslosenunterstützung erhalten sollten. Die Kurzarbeiter sollten Kurzarbeiterunterstützung bekommen. 16 Darüberhinaus seien Bestrebungen [im Gange], durch Staatsmittel eine Angleichung an die früheren Bezüge zu erreichen. Er möchte nicht Vorschlägen, dies in der Regierungserklärung zu sagen, weil man noch nicht wisse, was hier in den Ausschüssen in Stuttgart beschlossen werde. Es lägen auch Anträge der Gewerkschaften vor, aber es sei vielleicht doch gut, in einem Satz zu sagen, daß der Staat darauf bedacht sein werde, insoweit durch Betriebsstillegungen oder Arbeitszeitverkürzungen wirtschaftliche Schädigungen der Arbeitnehmer einträten, diese tunlichst auszugleichen.

Staatsminister Dr. Zorn hat Bedenken, diese Ausführungen in den Bericht des Wirtschaftsministeriums aufzunehmen.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt sich grundsätzlich einverstanden, obwohl eine solche Sonderpolitik ein Novum bedeute, daß nämlich aus allgemeinen Steuermitteln den Arbeitern Vorteile gewährt werden. Er habe auch die Befürchtung, daß die Arbeitgeber, die sonst zunächst ihre Arbeiter durchgehalten hätten, durch deren Ausstellung sich Vorteile verschaffen könnten. Die Angelegenheit müsse sehr überlegt werden, namentlich im Hinblick auf die Zukunft. Gegenwärtig habe der Staat wohl noch die Mittel dazu; in der Zukunft sei dies aber ganz unmöglich. Es bestehe die Gefahr, daß man den Unternehmern eine Last abnehme.

Staatsminister Roßbaupter erwidert, wenn der Staat die Stillegung der Betriebe anordne, dann stehe es ja nicht im Belieben des Arbeitgebers, die Arbeiter auszustellen. Man dürfe allerdings dem Unternehmer keinen Anreiz geben, für sich Vorteile zu erzielen. Es gehe auch nicht, daß jemand, der nichts arbeite, den gleichen Lohn bekomme. Aber eine gewisse Beruhigung für die Arbeitnehmer müsse man doch herbeiführen bezüglich der Lasten der erzwungenen Arbeitsruhe.

Ministerpräsident Dr. Ehard fragt, ob es überhaupt zweckmäßig sei, jetzt von einer erzwungenen Arbeitsruhe etwas zu sagen.

Staatsminister Roßhaupter erwidert, wenn man nichts sage, werde es einen Sturm der Entrüstung von den Gewerkschaften geben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner glaubt, daß es sich um eine einmalige Naturkatastrophe handle. Hier genügten die normalen Mittel der Versicherung nicht. Die Allgemeinheit müsse eingreifen. Wenn man die Einmaligkeit dieser Notmaßnahmen deutlich zum Ausdruck bringe, entstünden keine Konsequenzen.

Staatsminister Dr. Kraus möchte sich vor jedem Vorwurf einer unsozialen Einstellung schützen. Unternehmer und Arbeiter müßten auch in Zeiten der Depression zusammenstehen. Prinzipiell müsse man den Unternehmer für solche Ausfälle heranziehen. Er habe aber nichts dagegen, wenn es sich hier um eine einmalige Maßnahme handle.

Staatssekretär Krehle erklärt, gestern sei die Anordnung der Militärregierung im Rundfunk verkündet worden. Sie solle heute zugestellt werden.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, unter diesen Umständen sei es zweckmäßig etwas zu sagen. Aber bestehe denn überhaupt eine ernste Besorgnis, daß der Staat nicht helfen werde? Bisher sei dies doch immer geschehen. Schließlich wird folgende Formulierung festgelegt: Den durch die gegenwärtige Kohlen- und Stromknappheit etwa bedingten Notständen wird die Staatsregierung nötigenfalls durch geeignete Mittel zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer zu begegnen suchen. Dieser Satz soll an den Schluß des Abschnittes XIX gesetzt werden.17

Staatsminister Dr. Zorn hat Bedenken gegen die ausdrückliche Erwähnung des Staatssekretariats für Planung in Abschnitt I.

Von Ministerpräsident Dr. Hoegner und Staatsminister Dr. Kraus werden diese Bedenken nicht geteilt. Schließlich wird jedoch die von Staatssekretär Sedlmayr vorgeschlagene Fassung angenommen: Mit der Durchführung dieser Aufgaben wird im Wirtschaftsministerium ein eigener Staatssekretär betraut.

Ministerpräsident Dr. Ehard tritt in eine nochmalige Behandlung des Abschnittes XXIII ein.

Staatsminister Loritz erklärt, auch der 3. Absatz Satz 2 sei umgedreht worden. Er bitte, es bei der von ihm vorgeschlagenen Formulierung zu belassen. Es wäre eine große Ungerechtigkeit, die kleinen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes schlechter zu behandeln wie die Angehörigen der freien Berufe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner warnt dringend davor, nachdem man in der Denazifizierung einiges erreicht habe, gleich mehrere Schritte weiterzugehen. Nach der Besprechung mit General Clay habe er den Eindruck, daß die Amerikaner den größten Wert auf die Durchführung der Denazifizierung legten. Die jetzige Formulierung entspreche diesen Grundsätzen nicht. Es sei nicht möglich, die Beamten so zu behandeln wie die Leute der freien Wirtschaft. Dies sei leider so. Man komme darüber aber nicht hinweg. Er warne davor, daß ausgesprochen werde, daß der Beamte nicht eine besonders strenge Behandlung erfahren solle.

Staatsminister Seifried fügt hinzu, er habe gestern eine Besprechung bei der Militärregierung gehabt. Dort sei ganz eindeutig klargelegt worden, daß künftig die Klärung auch der Wahlbeamten die deutschen Stellen durchzuführen hätten. Wir hätten dann allerdings auch die Verantwortung dafür.

Ministerpräsident Dr. Ehard hat auch Bedenken dagegen, die Beamten zu stark herauszustellen; dadurch schade man ihnen nur. Den letzten Satz solle man überhaupt streichen.

Staatssekretär Höltermann meint, es widerstrebe uns schon, daß eine große Anzahl kleiner Beamter wesentlich schlechter behandelt werde, als die Angehörigen der freien Wirtschaft. Man solle sagen, daß die Angehörigen der freien Wirtschaft nicht besser gestellt sein sollten.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß der letzte Abschnitt des Abs. 3 ganz gestrichen werden solle. Der vorhergehende Satz solle lauten: Es scheint auch notwendig, die Bestimmungen für die Wiederverwendung von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes den Bestimmungen für die Angehörigen des freien Wirtschaftslebens besser anzupassen als bisher.18 Im letzten Abs. von Abschnitt XXIII soll in Satz 2 vor die Worte „je 500“ das Wort „ungefähr“ oder „voraussichtlich“ eingesetzt werden.19 Anschließend wird in die Behandlung des Abschnittes XII eingetreten. Allgemein wird festgestellt, daß anstelle der Ichform eine unpersönliche Ausdrucksweise gebraucht werden soll.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, anstelle des Wortes „Mistgabel“ am Schluß des 3. Abs. zu sagen „jedes Gerät“.20

Ministerpräsident Dr. Ehard möchte sich Vorbehalten, noch das eine oder andere Wort herauszunehmen, ohne sachliche Änderungen vorzunehmen.

Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.

Staatsminister Seifried bittet darum, daß auch die Verwaltungsgerichte erwähnt werden sollen.21

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, daß dies geschehen sei. (Seite 5).

Staatsminister Seifried regt weiter an, auf Seite 19 oben hinter „bessere Schulung“ noch einzusetzen „Ausrüstung“. Weiter habe er noch einen Zusatz zu Abschnitt XV zu überreichen, der als letzter Absatz angefügt werden solle und auf eine Anregung von Staatssekretär Fischer zurückgehe.

Staatsminister Dr. Pfeiffer bemerkt noch, daß er über das Aufgabengebiet des Staatssekretärs für die Post erst heute telefonisch Informationen bekommen habe, die man vielleicht noch etwas umstilisieren müsse. Er könne jetzt den Inhalt dieser Fassung bekanntgeben.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, diese Fassung empfehle er jedenfalls wesentlich zu kürzen.22 Was den Schluß der Regierungserklärung anlange, so dürfe er sich Vorbehalten, diesen noch etwas auszuarbeiten im Sinne einer besonderen Betonung der Zusammenarbeit.

Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.23

[II. Sprengstoffanschlag auf die Spruchkammer in Nürnberg]

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich nach dem Sprengstoffanschlag auf die Spruchkammer in Nürnberg.24

Staatsminister Loritz gibt hierzu Auskunft. Er habe sofort einen Kommissar hinaufgeschickt; er glaube nicht, daß der Anschlag in irgendeinem Verhalten der Spruchkammer selbst begründet gewesen sei, sondern daß es sich um eine allgemeine Demonstration von verbrecherischen nazifreundlichen Elementen handle.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt für die Mitglieder des Kabinetts, was er gestern bei der Pressekonferenz in Stuttgart über diese Angelegenheit gesagt habe.25 Man könne solche Dinge nie ganz aufhalten; daß dahinter eine Organisation stehe, halte er aber für ausgeschlossen.26 Er müsse jedoch folgendes sagen: Es werde uns immer wieder mitgeteilt, daß in Zivil- und Kriegsgefangenenlagern unter Billigung der Besatzungsmacht SS-Leute als Lagerkommandanten bis herunter zum Kameradschaftsführer eingesetzt würden. In diesen Lagern würden richtiggehende NS-Propagandareden gehalten, es gehe so weit, daß einzelne Leute vor dem Terror dieser SS geschützt werden müssen. Dann dürfe man sich aber nicht wundern, wenn eine gewisse Verbindung bestehe zwischen den Leuten, die herausgekommen seien und Morgenluft witterten. Diese Mißstände müßten abgestellt werden, außerdem müsse man einen vernünftigen Einfluß auf die Kriegsgefangenen bekommen. Im übrigen glaube er aber nicht, daß der Anschlag in Nürnberg eine weitere Bedeutung habe.27

Staatsminister Loritz fügt hinzu, die Zustände in den Internierungslagern seien geradezu skandalös. Dort träten Sängerinnen auf, Künstlertournees reisten herum. Höltermann habe deshalb schon eine Differenz mit Offizieren der Militärregierung gehabt. Ein Teil der Lagerinsassen hungere, der andere trinke Champagner. Diese bekämen Liebesgabenpakete, schmierten die Wachmannschaften ab, die charakterlich zum großen Teil um kein Haar besser seien und machten Ausflüge nach München. Die Zustände, die er auf diesem Gebiet bei seiner Amtsübernahme vorgefunden habe, seien einfach skandalös, wie auch in anderen Referaten (Ziebell,28 Risse,29 Schmeisser). Dies müsse raschestens abgestellt werden. Er habe jetzt einen neuen Leiter für die Abteilung 6 gefunden. Er brauche aber noch viel mehr Leute, vor allem auch noch Platz. Für die ganze Organisation der Interniertenlager stünden 3 Räume zur Verfügung und ein einziger Beamter.30 Er werde tun, was er tun könne. So könne es nicht weitergehen. Die Lagerinsassen gingen jetzt schon aus den Lagern heraus und bedrohten anständige Antifaschisten.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, er habe diese Zustände, genau so wie sie gekommen seien, fast in der ersten Stunde bei den Beratungen des Gesetzes in Stuttgart vorausgesagt. Die Schwierigkeiten kämen daher, daß man zwischen diesen geschilderten Gefahren und zwischen der Gefahr eines Konzentrationslagers schwebe. Man hätte die Sache anders machen und die Sache auf einen viel kleineren Kreis beschränken müssen.

Staatsminister Dr. Pfeiffer bemerkt zu den Ausführungen von Staatsminister Loritz, die Feststellung, daß er derartige Zustände bei seiner Amtsübernahme vorgefunden habe, könne den Eindruck aufkommen lassen, als ob er als bisher zuständiger Minister nicht eingeschritten sei. Es werde sich dann als notwendig erweisen, im Ministerrat festzustellen, wie sich das ergeben habe. Er habe gewußt, daß sich Schwierigkeiten ergeben würden, weil es einfach über Menschenkraft hinausgehe, bestimmte Dinge zu bereinigen. Vorerst wolle er zu diesem Punkt nicht mehr sagen.

[III. Beseitigung der sogenannten Ehrentempel am Königsplatz]

Staatsminister Dr. Hundhammer teilt mit, daß der eine sogen. Ehrentempel heute gesprengt worden sei.31

Staatssekretär Fischer gibt hierüber nähere Einzelheiten.32

[IV. Eröffnung der Universität München]

Staatsminister Dr. Hundhammer bringt die Eröffnung der Universität zur Sprache, die Mitte Januar erfolgen soll.33 Kohlen hätten beigeschafft werden können durch unmittelbare Verhandlungen mit Penzberg. In seiner Abwesenheit sei nun als Eröffnungstermin der 8. Januar bekanntgegeben worden. Es habe sich nun gezeigt, daß bis dorthin die Eröffnung nicht möglich sei. Die Räume seien bis dorthin nicht durchgeheizt. Die alten Professoren seien mit dieser frühen Eröffnung auch nicht einverstanden. Außerdem fehle mindestens noch 1/3 der Hörer. In einer heute Vormittag bei Staatsrat Meinzolt stattgefundenen Besprechung sei folgender Vorschlag gemacht worden, der allgemeine Vorlesungsbetrieb solle mit Ausnahme der theologischen Fakultät und der Kliniken bis 16. Februar eingestellt bleiben. Lediglich der Seminarbetrieb solle fortgesetzt werden. Es frage sich nun, ob man darauf bestehen solle, daß die Universität in vollem Umfange arbeite.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, er habe heute selbst eine Vorlesung gehalten. An den Idealismus der Lehrer und Hörer würden dabei große Anforderungen gestellt. Es sei so kalt, daß niemand mitschreiben könne. Er sei an sich bereit zu lesen, den Studenten möchte er es aber wirklich nicht zumuten.34

[V. Kohleversorgung]

Staatsminister Dr. Zorn führt aus, er freue sich, daß sich die Universität selbst geholfen habe. Er habe soeben die Mitteilung bekommen, daß die Kohlenversorgung für die Krankenhäuser und Ernährungsbetriebe gefährdet sei. Im letzten Ministerrat sei der Beschluß gefaßt worden, die Ministerien mit Koks zu versorgen. Nunmehr sei die Koksanfuhr aber so gering geworden, daß er den Krankenhäusern und Ernährungsbetrieben ganz zur Verfügung gestellt werden müsse, da er sonst nicht ausreiche. Es sei daher zu erwägen, ob nicht der Vollzug des letzten Ministerratsbeschlusses gehemmt werden solle.35

Staatsminister Loritz meint, man solle einmal Polizisten bei allen Kohlenhändlern herumschicken.

Staatsminister Seifried führt aus, er habe gestern ein Telegramm von dem Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Erlangen bekommen; dort fehle auch jedes Heizmaterial. Der Oberbürgermeister von Erlangen36 habe die Schließung der Schulen und Universität angeordnet und die Brennstoffe nur mehr an Krankenhäuser und Ernährungsbetriebe zugewiesen. Da diese Situation im ganzen Lande bestehe, scheine es ihm notwendig, daß von Seiten des Ministerpräsidenten eine Besprechung bei der Militärregierung stattfinde, damit diese uns Hilfe leiste.

Ministerpräsident Dr. Ehard fragt, ob Dr. Zorn wegen dieser Angelegenheit mit der Militärregierung in Verbindung stehe.

Staatsminister Dr. Zorn bejaht dies. Er fragt noch einmal, ob der Ministerratsbeschluß nicht sistiert werden solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, die Zentralstellen müßten aber doch auf jeden Fall arbeiten.

Staatsminister Dr. Zorn erklärt, er habe veranlaßt, daß bei Großbetrieben und bei den Kohlenhändlern nachgeschaut werde, wie diese mit Koks bevorratet seien. Die Sache eile aber, da die Krankenhäuser und Bäckereien höchstens noch für 8 Tage Koks hätten.

Ministerpräsident Dr. Ehard fordert Staatsminister Dr. Zorn auf, das entsprechende Material beizuschaffen, das bei der Besprechung in Minden am 23. 1. mit General Clay und Robertson verwertet werden könne.37 Im übrigen müsse man versuchen, die Zentralstellen einigermaßen durchzuhalten, da sonst auch Schwierigkeiten mit der Militärregierung entstehen könnten.

Staatsminister Seifried empfiehlt, einen Katalog der Betriebe und Behörden aufzustellen, die mit einer Zufuhr zu rechnen hätten. Er habe heute erfahren, daß die Staatsoper Sonderverhandlungen mit Penzberg aufgenommen habe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob die Anlieferungen heuer besonders schlecht seien. In diesem Falle solle man doch die Amerikaner ersuchen, sich an die britische Militärregierung zu wenden.

Staatssekretär Fischer erwidert, daß die Schiffahrt auf dem Rhein schon seit Monaten wegen Treibeis gesperrt sei. Was durch die Eisenbahn herangebracht werde, sei zu wenig. Die wenigen Züge, die heraufkämen, würden auch noch von örtlichen amerikanischen Truppen abgefaßt.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, dann müsse man wegen dieser Sache sofort zu General Müller gehen.

Ministerpräsident Dr. Ehard rät hiervon ab. Zunächst solle der Wirtschaftsminister diese Sache bei der zuständigen Stelle der Militärregierung besprechen.

Abschließend wird festgestellt, daß die Ministerien weiterhin mit Koks versorgt werden sollen so gut es gehe.

Staatsminister Dr. Hundhammer wirft noch einmal die Frage der Eröffnung der Universität auf.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, der 16. Februar sei doch sehr spät.

Staatsminister Dr. Hundhammer stellt fest, daß der Termin noch bekanntgegeben werden solle. Die Eröffnung solle aber so bald wie möglich stattfinden.

[VI. Stromversorgung]

Staatsminister Seifried weist in diesem Zusammenhang noch auf die mangelnde Stromversorgung hin, durch die vor allem in den Ernährungsbetrieben die schwersten Schäden einträten.38 Von maßgebender Stelle werde nunmehr vorgebracht, daß infolgedessen eine weitere Absenkung des Walchensees erfolgen müsse, wenn überhaupt auch die heutige Stromversorgung noch aufrechterhalten werden solle. An sich sei nur eine gewisse Absenkung zulässig, weil sonst die an den Ufern liegenden Häuser und die Straße nachrutschen könnten. Die Grenze sei schon um 50 cm unterschritten. Man müsse sich darüber schlüssig werden, ob darüber hinaus noch eine Absenkung zugelassen werden könnte. In diesem Fall müßten die betroffenen Gebäude geräumt werden.

Staatssekretär Fischer gibt hierzu weitere Erläuterungen. Das Bayernwerk könne das Risiko für die weitere Absenkung nicht mehr übernehmen und sei deshalb an das Innenministerium mit dem Antrag herangetreten, eine Absenkung von 6.60 m anstatt der vorgesehenen 4.60 m zuzulassen; gleichzeitig habe es aber erklärt, daß es jegliche Haftung ablehnen müsse. Voriges Jahr sei bis auf 5.10 m abgesenkt worden; damals sei nichts passiert. Man müsse unter den heutigen Verhältnissen abwägen, was man lieber in Kauf nehme: die weitere Drosselung der Stromversorgung oder das Risiko etwaiger Gebäudeschäden.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, in diesem Falle bleibe nichts anderes übrig, als die Notwendigkeiten technisch abzuwägen.

Staatsminister Dr. Kraus führt aus, durch die geplante Rißbachüberleitung werde eine größere Stauhöhe entstehen,39 so daß die Häuser sowieso verschwinden müßten. Er glaube, man könne das Risiko tragen, im Interesse der Stromversorgung bis zur äußersten Grenze zu gehen.

Staatssekretär Fischer macht darauf aufmerksam, daß man dann aber Vorsorge treffen müsse, wo man die Leute unterbringen könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt noch einmal, es bleibe nichts anderes übrig, als eine Abschätzung der Vor- und Nachteile im öffentlichen Interesse vorzunehmen. Eine Verantwortung könne man aber erst übernehmen, wenn man die nötigen technischen Voraussetzungen geschaffen habe. Ein Ministerratsbeschluß über diesen Punkt solle nicht ergehen. Entscheiden solle die zuständige Wasserpolizeibehörde. Der Ministerrat habe von dieser Sache Kenntnis. Er werde auch den Innenminister decken. Man könne der Sache aber nicht von vornherein durch einen Ministerratsbeschluß ein besonderes Gewicht geben.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt, es sei aber eine Rechtsfrage noch nicht geklärt. Das Bayernwerk, das ein unabhängiges Unternehmen sei, könne das Risiko für solche Maßnahmen nicht übernehmen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, das könne man nicht aus dem Handgelenk machen; wenn das Bayernwerk den Auftrag zu einer weiteren Absenkung bekomme und dabei Schäden an privatem Eigentum entstünden, dann müsse das Bayernwerk vielleicht formell diese Schäden tragen. Es habe aber selbstverständlich ein Rückgriffsrecht gegen den Staat.40

[VII. Erklärung der Staatsregierung zur Saarfrage]

Ministerpräsident Dr. Ehard bringt die Frage einer Erklärung der bayerischen Staatsregierung zur Saarfrage zur Sprache41 und verliest den Entwurf einer solchen Erklärung. Es sei nun die Frage, ob man eine solche Erklärung überhaupt an die Presse geben oder ob man abwarten solle. Er habe Hemmungen, eine solche Erklärung abzugeben, da man nicht wisse, wie diese sich in Frankreich und bei den anderen Besatzungsmächten auswirke. Es handle sich immerhin um eine offizielle Erklärung.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, die Außenpolitik gehöre zu den Punkten, die sich die Militärregierung Vorbehalten habe. Die Regierung sei also gar nicht in der Lage, ohne Verletzung der Anweisungen der Militärregierung und ohne deren Zustimmung oder Verständigung eine solche Erklärung abzugeben. Die Presse dagegen sei frei und könne über die Saarfrage schreiben. Er habe die größten Bedenken gegen eine Veröffentlichung.

Staatsminister Loritz erklärt, der Landtag sei selbstverständlich auch frei.

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, mit der Militärregierung wolle er sich wegen dieser Erklärung nicht ins Benehmen setzen. Wenn man nicht von sich aus eine solche Erklärung abgeben könne, solle man es besser unterlassen.

Staatsminister Dr. Kraus schlägt vor, diese Verlautbarung an die Adresse der Militärregierung zu richten; es sei auch sehr wünschenswert, wenn die Sache vom Landtag aus zur Sprache komme.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, daß der Ministerpräsident als Verantwortlicher für die Richtlinien der Politik an den Militärgouverneur einen Brief richten solle, in dem die Besorgnisse der Staatsregierung zum Ausdruck gebracht werden. Wenn dies im Landtag vorgebracht würde,42 könne der Ministerpräsident auf diese Äußerungen Bezug nehmen.

Mit diesem Vorschlag herrscht allgemeines Einverständnis.

[VIII. Beförderung des Oberregierungsrates Meyer]

Staatssekretär Dr. Müller beantragt, Oberregierungsrat Dr. Erwin Meyer43 zum Ministerialrat im Finanzministerium zu ernennen. Der Antrag wird einstimmig genehmigt.

[IX. Ernennung des Landeszentralbankpräsidenten und des Generalsekretärs des Landespersonalamtes]

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Frage der Ernennung des Präsidenten der Landeszentralbank zurückgestellt werden solle.44 Die Frage des Generalsekretärs des Landespersonalamtes müsse auch noch geklärt werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt hierzu fest, daß Dr. Weiß sich geweigert habe, auf die entgegenkommenden Bedingungen des Ministerrats einzugehen.45 Alles müsse aber einmal ein Ende haben. Daher müsse man jemand anderen suchen. Der Vorsitzende des Landespersonalamts, Dr. Konrad,46 würde es am liebsten sehen, wenn Ministerialrat Dr. Metz47 die Sache übernehmen würde.48

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, über diese Sache müsse man noch einmal reden.49

[X. Besetzung der Staatssekretäre für Flüchtlinge und für die Schönen Künste]

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, die Besetzung der Staatssekretäre für die Flüchtlinge und für die Schönen Künste sei noch offen. Der Staatssekretär im Innenministerium werde auf jeden Fall morgen ernannt werden.50 Der von Staatssekretär Höltermann gewünschte Austausch sei zur Zeit nicht möglich. Das Verkehrsministerium sei nun mit Frommknecht und Schuberth besetzt worden.

Staatsminister Loritz erwidert, daß bezüglich Schuberth noch einige Untersuchungen stattzufinden hätten. Er sei von gewisser Seite dahin informiert worden, daß Schuberth in seinem Fragebogen selbst angegeben habe, daß er förderndes Mitglied der SS gewesen sei, allerdings mit einem geringen Beitrag. Es komme jetzt darauf an, ob er unter das Gesetz falle.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, dann müßte er ja jetzt schon unter das Gesetz gefallen sein; er sei doch Präsident der Oberpostdirektion in Regensburg.51

[XI. Staatsminister a.D. Helmerich und Staatssekretär a.D. Waldhäuser]52

Staatsminister Dr. Kraus bringt die Angelegenheit Helmerich zur Sprache.

Staatssekretär Dr. Müller erklärt, eine Ministerialdirektorstelle sei im Verkehrsministerium nicht da. Um eine solche müsse man zuerst den Landtag angehen. Dem Wunsch auf Sicherstellung sei auch dadurch Rechnung getragen, wenn Helmerich Ministerialrat und Waldhäuser Regierungsrat werde. Etwas anderes könne man dem Landtag gegenüber nicht vertreten. Es stehe auch im Widerspruch zu den Grundsätzen, die wir selbst hinausgegeben hätten.53

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält den Unterschied in den vorgeschlagenen Ernennungen für Helmerich und Waldhäuser für zu groß.

Staatsminister Dr. Kraus erwidert, Helmerich sei Oberinspektor, Waldhäuser nur Sekretär gewesen. Er sei aber der Meinung, die Sache, wie sie vorgeschlagen sei, lasse sich besoldungsrechtlich und beamtenpolitisch nicht vertreten. Eine solche Versorgung von ehemaligen Kabinettsmitgliedern werde in der Öffentlichkeit nicht verstanden. Früher sei zwar auch eine Versorgung vorgenommen worden, aber in bescheidenem Rahmen. Er müsse das sagen, selbst wenn eine Freundschaft in die Brüche gehe; als Finanzminister müsse er für Ordnung auf beamtenpolitischem Gebiet sorgen und für Grundsätze, die man vor der Öffentlichkeit vertreten könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Sache zurückzustellen, weil er sich vergewissern müsse, ob nicht schon Zusicherungen gemacht seien.

Staatsminister Dr. Kraus fährt fort, er werde seinen Standpunkt auch nicht ändern, wenn von politischer Seite eingewirkt würde. Es handle sich hier um eine Frage des Rechts. Er lasse sich als Finanzminister auch nicht von politischer Seite auf einen Standpunkt bringen, der von der Öffentlichkeit nicht verstanden werde. Es handle sich um Fragen des Berufsbeamtentums; dessen Grundsätze würden hier durchbrochen.

Ministerpräsident Dr. Ehard faßt den Vorschlag des Finanzministeriums noch einmal dahin zusammen, daß Helmerich Ministerialrat und Waldhäuser Regierungsrat werden sollen, allenfalls Helmerich nur Oberregierungsrat.

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält die Sache für sehr gefährlich.

Ministerpräsident Dr. Ehard fürchtet auch gewisse Konsequenzen.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt, das Verkehrsministerium sei klein gewesen und werde klein gehalten werden. Eine Ministerialdirektorstelle werde dort nicht in Betracht kommen. Es sei ohnehin schwer, den Nachtragsetat durchzubringen.

Staatssekretär Dr. Müller erklärt, eine Oberregierungsrat- und Regierungsratstelle werde man herbekommen.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Sache heute nicht erledigt werden könne und zurückgestellt werden solle.54

[XII. Baubüro für die Aufgaben der amerikanischen Besatzungsmacht]

Staatsminister Seifried teilt mit, die amerikanische Militärregierung habe ihre gesamten Bauvorhaben an seine Bauabteilung übergeben. Wir könnten diese Aufgaben nicht lösen, wenn uns nicht die Genehmigung erteilt werde, ein zentrales Baubüro für die Aufgaben der Besatzungsmacht zu errichten.55

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, sich über den Antrag noch zu unterhalten; aus dem Handgelenk könne man das nicht erledigen.56

Der Bayerische Ministerpräsident:
gez. Dr. Hans Ehard
Der Sekretär des Ministerrats:
gez. Claus Leusser
Ministerialrat
Der Leiter der Bayer. Staatskanzlei:
gez. Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister